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Gerald Clayton »White Cities«

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Mahlers Sechste

Mahlers Sechste

Virtuoser Jazz als musikalisches Mahnmal: Pianist Gerald Clayton widmet sich mit seinem klangstarken Quintett dem Künstler und Menschenrechtler Charles White

VON THOMAS SCHÖFFNER

Gerald Clayton ist gerade mal 28 Jahre alt und zählt zu den großen Jazzpianisten unserer Zeit – dank seiner bereits sechs Grammy-Nominierungen, dank seiner hypnotischen Projekte mit Jazz-Legende Charles Lloyd, aber auch dank seines Wirkens an der Seite von Ikonen wie Diana Krall, Roy Hargrove und John Scofield. Der Sohn von Bassist und Komponist John Clayton, der selbst in vielen Auftritten im Wiener Konzerthaus glänzte, bringt ein einzigartiges Projekt für sein Debüt mit nach Wien: In »White Cities« widmet sich Clayton dem amerikanischen Künstler und Menschenrechtler Charles White (1918–1978), einem der bedeutendsten schwarzen Künstler der USA. White erschuf in seinem Gemälde »Five Great American Negroes« 1938 ein ausdrucksstarkes Mahnmal für das schwarze Leben in den USA. Für jeden der fünf Protagonist:innen dieses Werkes hat Clayton ein Stück komponiert, sich dabei sowohl von den Porträtierten (Sojourner Truth, Booker T. Washington, Frederick Douglass, George Washington Carver und Marian Anderson) als auch von seinen Emotionen gegenüber dem Werk leiten lassen. So ist eine große Suite mit fünf Sätzen entstanden.

Clayton ist ein meisterhafter Schöpfer von zauberhaften Stimmungen und mitreißenden Melodien. Zuletzt erhielt er etwa für seine Aufnahme »Happening: Live At The Village Vanguard« (2020) zwei GrammyNominierungen: eine für das beste instrumentale Jazz-Album und eine für das beste improvisierte Solo des Jahres. Aber auch als Komponist macht er von sich reden: Bereits 2010 wurde sein Stück »Battle Circle« als beste instrumentale Komposition für den Grammy nominiert. Beim Ensemblewerk »White Cities« setzt Clayton auch auf die Erfahrungen seiner grandiosen Mitstreiter. Menschlich wie musikalisch. Denn »White Cities« handelt auch von den Städten, in denen Charles White gelebt und gewirkt hat: Chicago, New York und Los Angeles. Der starke Trompeter Marquis Hill stammt aus Chicago, so wie der vom Down Beat Magazin bereits als Rising Star am Vibraphon ausgezeichnete Joel Ross. Der fantastische Altsaxophonist Logan Richardson ist seit Jahrzehnten fest in der New Yorker Szene verwurzelt. Der enorm routinierte Gitarrist Jeff Parker kommt schließlich aus Los Angeles –wie Gerald Clayton selbst. Diese drei brodelnden Jazz-Metropolen der USA bilden also das besondere Rückgrat des Quintetts, sind aber auch Bezugspunkte zwischen den Musikern und White. Die »White Cities« bezeichnen für Clayton aber gleichzeitig die weißen Städte mit all ihrer Unterdrückung der Schwarzen. So wird das Werk zur klangstarken Annäherung an den Künstler White und zu einem musikalischen Mahnmal. Gerald Clayton spielt neben dem Klavier auch die Hammondorgel und man darf sich auf einen Abend mit vielen emotionalen Facetten, aber auch einzigartiger Virtuosität freuen.

Charles White: Five Great American Negroes (1939)

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Mo, 06/03/23, 19.30 Uhr · Großer Saal

Gerald Clayton Klavier, Hammond B3

White Cities. A musical tribute to Charles White

Karten: https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60017

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