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Amerikareise mit einem Charismatiker

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Latin Music

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Bei Joshua Redman klingt die Jazz-Tradition faszinierend frisch und lebendig. Er gastiert mit einem neuen Album und einer Vokalistin im Quintett

VON WERNER ROSENBERGER

In den 1990er-Jahren eroberte er die Bühnen der Welt im Sturm. Aber Saxophonist Joshua Redman hasste das ihm angeheftete Etikett »Young Lion«. Schließlich sah sich der Sohn von Jazzlegende Dewey Redman (1931–2006) nicht auf einer ideologischen Mission: »Ich liebe die JazzTradition – aber nur als lebendige Sprache. Beim Jazz geht es darum, im Hier und Jetzt zu improvisieren.«

Der mittlerweile 54-Jährige, der einer Linie von Tenor-Giganten wie Sonny Rollins oder Joe Henderson folgt und überzeugt ist, dass man »ohne Bach Jazz gar nicht spielen kann«, stellt im Wiener Konzerthaus seine neue Band mit der Sängerin Gabrielle Cavassa vor. Auf dem Programm steht »where are we«: Das im September beim legendären Blue-Note-Label erschienene Album mit Balladen und Standards feiert Amerika – und kritisiert es zugleich.

»Streets of Philadelphia« von Bruce Springsteen, »Manhattan« von Rodgers & Hart, »Alabama« von John Coltrane und »Chicago Blues«, eine Art moderne Neuinterpretation des Klassikers »Goin’ to Chicago« von Count Basie und Jimmy Rushing mit Elementen von Sufjan Stevens’ »Chicago«: Für Redman ergeben diese Songs über Orte in den USA »ein Album der romantischen Sehnsucht, der sozialen Reflexion, der melodi- schen Erfindungen, improvisierter Abenteuer und, ja, vielleicht sogar eine Art Tributealbum.«

Auf Tour ist der Jazzer mit einem Summa-cum-laude-Abschluss der Harvard University in Sozialwissenschaften aktuell mit dem Pianisten Paul Cornish, der auch schon mit Kanye West, John Legend, Herbie Hancock, Dee Dee Bridgewater und Kamasi Washington aufgetreten ist. Bassist Philip Norris gastierte zuletzt mit dem Jazz of Lincoln Center Orchestra im Wiener Konzerthaus. Und der 24-jährige Perkussionist Nazir Ebo aus Philadelphia, u. a. Sideman von Wynton Marsalis, Christian McBride und Tim Warfield, ist ein großes Talent der Next Generation.

Erstmals findet sich im Line-up der Joshua Redman Group auch eine Sängerin: Die in Kalifornien geborene Gabrielle Cavassa hat italienische Wurzeln und wohnt in New Orleans, dessen Jazzszene sie als Performerin, Bandleaderin und Komponistin belebt. Die Einflüsse ihrer Musik reichen von Billie Holiday, Dinah Washington und Amy Winehouse über Phyllis Hyman, Ornella Vanoni und Jeff Buckley bis zu Hip-Hop und italienischer Oper.

Redman schätzt die 29-Jährige »als Vokalistin mit ungewöhnlichem Stil, Aufrichtigkeit und Seele«. Er habe die Herausforderung genossen, »neue musikalische Rollen für sich zu entdecken und auszufüllen – nicht nur als Solist und ›Hauptdarsteller‹, sondern auch als unterstützender Begleiter und Gesprächspartner«. Der Zauber an »where are we« habe darin bestanden, dass alle »von weither an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit zusammenkommen konnten, um mit voller Fantasie und ohne den geringsten Vorbehalt den Liedern zu dienen«. In diesem Sinne sei »where are we« vielleicht »vor allem eine Meditation über die Kraft und Bedeutung eines bestimmten Ortes«.

Wenn man einander vertraut, dann kann die Musik fliegen.

Dabei kann Magie entstehen. Und, so Redmans Credo: »Wenn man einander vertraut, dann kann die Musik fliegen.«

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Konzerttipp

08/11/23
Mi, 19.30 Uhr · Großer Saal

Joshua Redman Group feat. Gabrielle Cavassa

»where are we«

Joshua Redman, Tenorsaxophon
Gabrielle Cavassa, Gesang
Paul Cornish, Klavier
Philip Norris, Kontrabass, E-Bass
Nazir Ebo, Schlagzeug

Karten:

https://konzerthaus.at/konzert/eventid/60657

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