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Geheimer als geheim.
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Danke an: Meinen strengsten Leser und Kritiker, meinen Göttergatten
1. Auflage November 2015 Veröffentlicht im rittberger+knapp Verlag, Wien Copyright © 2015 by rittberger+knapp Autorin: Bibi Mahony Korrektorat: T. R. Brandt (Downwrighter) Umschlaggestaltung und Satz: Jine Knapp Satz aus der Times, Opens Sans und Sigmund Freud Typeface Vorlage zur Umschlagillustration: studiostoks - Fotolia.com Vorlage zur Illustration »Romeo«: lenka - Fotolia.com Druck und Bindung Drukarnia dimograf Sp.z o.o. Printed in Poland ISBN: 978-3-902999-12-2
Bibi Mahony
YPPIES.
Geheimer als geheim. Original WIENER Schundroman
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DIE YPPIES Kathrin Schober, 36, ist ein Mensch, der sich selbst immer wieder ausbremst. Sie lebt mit ihrer 15-jährigen Tochter, deren Vater sie nach der Zeugung nie wieder gesehen hat, in einer Einzimmerwohnung. Für ihre ausgeflippte Mutter schämt sie sich, ihre pubertäre Tochter hat sie nicht im Griff. Sie erfüllt zwei schlecht bezahlte Jobs, aber träumt von Erfolg und Liebe. Lara Schober, 15, hasst die Schule, ist genervt von ihrer Mutter, aber liebt ihre extravagante Großmutter. Sie ist immer auf der Suche nach Möglichkeiten ihr Taschengeld aufzubessern und bewegt sich dabei nicht ungern an der Grenze der Legalität. Langsam, aber nicht schmerzlos entdeckt sie die Liebe für sich. Hilde Schober, 56, war eine brave Ehefrau und Mutter, bis sie vor einigen Jahren zur Witwe wurde. Seitdem lebt sie ihren Traum und führt ein Tattoostudio. Sie ist die einzige, die ahnt, welche Geschichte ihre Familie hinter sich hatte und sie sucht einen Abschluss der Vergangenheit. Anastasia Komarow, 33, alias Nasti, legt großen Wert auf ihre Erscheinung, trägt teure Markenklamotten und schreckt nicht vor Schönheits-OPs zurück. Sie castet Menschen für eine tägliche TVTalkshow und trifft dabei auch auf interessante Promis. Ihre bulgarischen Eltern haben ein Geheimnis. In der Liebe hat sie viele Bewerber, aber leider wenig Glück. 6
DIE YPPIES Paco de Sousa, 29, Sohn brasilianischer Einwanderer, ist der Quotenmann der WG. Seine Freundinnen haben ihm das Prädikat »Ehrenfrau« verliehen, was mit seiner Vorliebe für starke Männer und seinem Erfolg als Visagist zu tun hat. Sein Herz gehört Romeo, aber bis er mit ihm glücklich werden kann, müssen noch viele Hürden überwunden werden. Romeo, ca. 26 (sein genaues Alter kennt er nicht), stammt aus Kenia. sieht so gut aus, dass sich jede Frau auf der Stelle in ihn verliebt. Die wohlhabende Gisela hat ihn nach Österreich geholt und mit einer kleinen Wohnung ausgestattet. Um Geld zu verdienen, welches er seiner Familie schicken kann, bietet er »Massage« für Damen an. Sein Herz jedoch hat er an Paco verloren. Renate Miller, 38, alias Rennie, stammt eigentlich aus der Stadt Salzburg, aber arbeitet seit einer gefühlten Ewigkeit in einem Wiener Finanzamt. Um ihr Karma zu verbessern, an das sie genauso glaubt wie an Feng Shui oder Astrologie, arbeitet sie ehrenamtlich für viele soziale Projekte. Ihr Kater Einstein bringt Leben in die WG. Peter Wenger, 42, alias Pezi, kommt ursprünglich aus dem Weinviertel und hat eine schöne, kluge Frau aus einer einflussreichen Familie geheiratet. Jetzt versucht er sich als Lokalpolitiker. Trotzdem kann er die Frauen nicht lassen und stürzt sich von einer Affäre in die nächste.
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DIE YPPIES Betty Wenger, 32, hat sich trotz gesellschaftlicher Hürden – sie stammt altem Adel ab – in Peter verliebt und ihn geheiratet. Jetzt managt sie seine Karriere. Dass er ihr nicht treu ist, nimmt sie hin, da sie weiß, dass er sie schon wegen des Renommèes ihrer Familie niemals verlassen würde. Mit allen Mitteln kämpft sie um die Ehre ihrer Familie und Peters Liebe. Disa und Junuz Kapo, die bosnischen Hausmeister, wohnen im Souterrain, wissen alles, sehen und hören alles, brennen Slibo und verkaufen ihn schwarz. Ansonsten arbeiten sie nicht so viel, weil er es mit dem Herzen und sie es mit dem Rücken hat. Sie kann gut delegieren, jammern und Leute ausrichten. Er ist – vielleicht gerade, weil er es mit dem Herzen hat – ein ausgesprochen hilfsbereiter Kerl. Gisela Huber, 64, hauptberuflich vernachlässigte Ehefrau, hat Romeo nach Wien geholt. In den Stunden mit ihm fühlt sie sich jung und lebendig. Ansonsten ist ihr Leben eintönig und grau.
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EINS November. Dunkelste Zeit des Jahres. Hochnebel über Wien. Raureif auf Dächern und Autos. Schlüpfrige Gehwege. Kaum wurde es hell, setzte schon wieder die Dämmerung ein. Kathrin überlegte, ob November wirklich der passende Monat für eine neue Liebe war. Nur der Nebel kaschierte etwaige optische Mängel, doch in einem Lokal gab es keinen Nebel. Kritisch betrachtete sie ihr Spiegelbild im großen Fenster des Café Engländer. Kinnlanges, braunes Haar, das gerade ihr blasses Gesicht umrahmte, schmale Schultern, burschikose Figur. Keine Frau, um große Leidenschaften zu entzünden, befand sie. Nun, das hatte sie ja schon lange gewusst. Sie zögerte einzutreten. Nun hatten sie und Maroniherz, der Mann aus dem Internet, sich schon seit zwei Monaten per Mail ausgetauscht und dabei war eine angenehme Vertrautheit in einer schönen, verlässlichen Regelmäßigkeit entstanden. Kathrin hatte sich daran gewöhnt, ihre Gedanken mit jemandem zu teilen, der außerhalb ihres Freundeskreises stand, der ihr unvoreingenommen Aufmerksamkeit schenkte, der sich täglich meldete, ohne Spielchen zu spielen, ohne sie warten und bangen zu lassen. Sie hatte ein etwas schmeichelhafteres Bild von sich zu zeichnen versucht, als es ihrer Meinung nach der Wahrheit entsprach. Wenn sie ihn jetzt träfe, würde dann diese Freundschaft nicht ein plötzliches Ende finden? Sicher war sie nicht attraktiv, nicht interessant genug für seine Vorstellung. Das Wort attraktiv war ihr im Zusammenhang mit sich selbst ohnehin noch nie in den Sinn gekommen, und interessant mochte sie zwar sein, doch üblicherweise wurde ihr reiches Innenleben von anderen nicht wahrgenommen. Als schüchterner Mensch hielt man das eigene Licht doch immer unterm 11
Scheffel verborgen. Und was, wenn Maroniherz ihr selbst gar nicht gefiele? In seinen Mails wirkte er sensibel und warmherzig. Das hieß noch lange nicht, dass sie ihn körperlich anziehend finden würde. Wie käme sie dann aus der Situation wieder heraus? Kathrin versuchte durch das Fenster auszumachen, welcher der Anwesenden Maroniherz sein konnte. Auf dem einzigen Foto, das sie von ihm kannte, war er nur unscharf abgebildet. Doch der Ausdruck seiner blaugrünen Augen hatte sie seltsam berührt. Jetzt fürchtete sie dennoch, ihn gar nicht zu erkennen. Sie ihrerseits hatte es noch nicht gewagt, ihm ein Foto von sich zu schicken. Der Gedankenaustausch war einfach zu nett gewesen und Kathrin wollte Maroniherz, von dem sie noch nicht einmal einen Vornamen kannte, lieber zuerst als Persönlichkeit überzeugen. Vielleicht war er ja dann bereit zu akzeptieren, dass sie nicht die umwerfende Frau war, die er möglicherweise erwartete. Auch sie hatte ihren Namen noch nicht preisgegeben. Auf der Partnerplattform waren sie Blümchen und Maroniherz und nun sollte die Stunde der Wahrheit schlagen. Wie würden sie einander gefallen? Wie würde er sprechen, wie riechen? Kathrin fühlte ihr Herz bis zum Hals hinauf klopfen. Langsam ging sie ein paar Schritte weiter und lugte durch die beschlagenen Fensterflächen. Sie konnte niemanden mit diesem faszinierenden Blick ausmachen. Plötzlich hielt sie inne und schnappte nach Luft. Dieser Kopf! Der Mann saß mit dem Rücken zu ihr, aber der Hinterkopf war ihr so vertraut wie der ihrer Tochter Lara. Sechzehn Jahre hatte sie den Erzeuger ihrer Tochter nicht mehr gesehen, seit sie einen leidenschaftlichen Tag und eine noch leidenschaftlichere Nacht mit dem unbekannten Handwerker verbracht hatte, der damals die Küche 12
in ihrer ganz neuen Studentenbude montiert hatte. Als sie bemerkt hatte, dass sie schwanger war, hatte sich niemand mehr an den Namen oder die Kontaktdaten der Aushilfe in der Tischlerei erinnern können. So hatten sie sich nie wieder gesehen. Kathrin war verwirrt. Jetzt sollte sie ihren Internet-Bekannten treffen, und gerade zur gleichen Zeit am gleichen Ort begegnete sie möglicherweise dem Vater ihrer Tochter! Sie konnte doch nicht zwei schwierige Begegnungen auf einmal … Nein, zu viel ist zu viel, entschied sie, wandte sich hastig um und floh zur nahe gelegenen U-Bahn-Station. Sie sprang beinahe in den soeben hereinfahrenden Zug und wartete mit pochendem Herzen das Schließen der Türen ab, als ob einer ihrer beiden Beziehungskandidaten hinter ihr her wäre. Doch kaum war der Zug abgefahren, schalt sie sich selbst eine dumme Gans. Was wollte sie eigentlich? Wie sollte sie jemals auch nur eine Affäre haben, wenn sie vor jedem in Frage kommenden Mann davonlief wie ein scheues Reh? Sie überlegte, bei der nächsten Station auszusteigen, zurückzufahren und sich der Situation zu stellen. Doch bei der Vorstellung, zwei Begegnungen, von denen jede womöglich peinlich verlaufen konnte, gleichzeitig zu managen, verließ sie ein letztes Mal der Mut. Kathrin wickelte ihre Jacke fest um sich. Dann würde sie eben doch Single bleiben. Schließlich lebte sie nicht allein. Ihre Tochter, ihre Mutter und die Freundinnen in der WG waren ihr Familie genug.
Nasti zog, aus der Dusche kommend, den Gürtel ihres seidenen Morgenmantels fester und steuerte direkt auf die Kaffeemaschine zu. »Ist 13
schon fertig«, murmelte ihre Mitbewohnerin Rennie und zeigte auf den gedeckten Frühstückstisch. »Haben wir einen Feiertag heute?«, fragte Nasti und zog einen Küchenstuhl für sich heran. Rennie fuhr mit den Fingern durch ihren roten Meckihaarschnitt. »Nicht wirklich. Ich wollte nur ein bisschen Gesellschaft an meinem freien Vormittag haben und hab gehofft, dass du bald aufstehst.« Nasti seufzte. »Falls du jemanden suchst, der dich unterhält, bist du heute bei mir an der falschen Adresse.« »Wieso?«, fragte Rennie. »Gibts schon wieder neue Probleme mit deinem verheirateten Kerl?« »Du sollst über Peter nicht so despektierlich reden«, fauchte Nasti. »Er wird sich schon noch scheiden lassen. Das Ganze dauert halt seine Zeit.« Rennie zuckte mit den Achseln. Als Nasti ihr den Porzellanbecher hinschob, schenkte sie schweigend Kaffee ein und deutete auf die Zuckerdose. »Danke, aber Zucker geht gar nicht. Ich glaube, ich habe ein halbes Kilo zugelegt«, sagte Nasti traurig und strich sich über die schmale Taille. Rennie rümpfte die Nase. »Kannst ja dann wieder was absaugen lassen, wenn du meinst, dass eine Wespentaille von fünfzig Zentimetern zu breit ist«, sagte sie verächtlich. Nasti warf ihr einen genervten Blick zu und griff nach einer Reiswaffel. »Du mit deiner Bauernfigur brauchst dich gar nicht über mich zu mokieren«, sagte sie, während sie ein kleines Stück davon abbrach und nachdenklich betrachtete. Den Krümel steckte sie in den Mund und lutschte lustlos daran herum. »Schmeckt wie Styropor«, sagte sie unzufrieden und brach ein weiteres Stück ab. »Mit meiner Bauernfigur wirke ich wenigstens nicht wie ein Magnet auf verheiratete Männer«, murmelte Rennie. »Apropos Männer«, sagte Nasti und griff nach der Reformmargarine. »Pacos Freund, Romeo, also der ist 14
doch wirklich …« Sie zuckte bedeutsam mit den Augenbrauen. Rennie warf ihr einen unergründlichen Blick zu. »Ich freu mich, wenn Paco mit ihm glücklich ist, ist es das, was du mir sagen willst?« »Geil schaut er aus«, ließ sich da eine helle Stimme vernehmen und Lara kam in die Küche geschlurft. »Was verstehst du mit deinen fünfzehn Jahren schon von geilen Männern?«, fragte Nasti aufgebracht. Auch wenn Lara sich bewegte wie ein Bierkutschengaul, so konnte Nasti jetzt schon sehen, dass das Mädchen in wenigen Jahren zu einer gefährlichen Konkurrentin heranwachsen würde, was das Aussehen betraf. »Wenn er nicht gerade mit Paco zusammen wäre …«, sagte Lara bedeutungsvoll und strich sich eine widerspenstige Haarsträhne hinter das linke Ohr. »So abgebrüht? Schon in deinem Alter?«, empörte sich Nasti. »Lass sie doch reden«, kalmierte Rennie. »Ihr habt beide keine Chance bei ihm.« Lara holte sich ein Glas Wasser und schlurfte grußlos wieder in ihr Zimmer. »Viel mehr Gedanken mache ich mir über Kathrin«, begann Rennie. »Ach ja, die trifft sich ja gerade mit ihrem Mailfreund. Wenn das nur gut geht«, erwiderte Nasti. »Warum sollte es nicht gut gehen?«, fragte Rennie erstaunt. Nasti krümelte wieder an ihrer Reiswaffel herum, bevor sie verlegen meinte: »So wie sie herumrennt, ist sie ja nicht gerade der Bringer. Ich weiß …«, sie hob die Hand, um einen Einwand Rennies abzuwehren. »So etwas spricht man nicht aus. Ich würde es auch niemals zu ihr selbst sagen. Aber sie würde weit besser aussehen, wenn sie sich nur ein bisschen herrichten würde.« »Du redest wie meine Mutter«, grummelte Rennie. »Manche Menschen schätzen eben Natürlichkeit.« »Dann hoffen wir, dass ihr Maroniherz einer von dieser Sorte ist«, seufzte Nasti. Ihre Freundinnen waren einfach unbelehrbar, was die 15
Arbeit an dem äußeren Selbst betraf. Kein Wunder, dass keine von beiden bisher einen Mann abbekommen hatte. »Was das Aussehen betrifft, müsstest du ja der glücklichste Mensch auf Erden sein«, sagte Rennie zynisch. »Peter liebt mich, wie ich bin, und ich bin eben schön«, sagte Nasti schnippisch. »Trotzdem behandelt er dich nicht gut. Immerhin ist er verheiratet und steht nicht zu eurer Beziehung.« »Meine Freunde auf Twitter sagen das auch«, meine Nasti traurig. »Aber ich weiß, dass er mich liebt, ich weiß das ganz genau. Nur seine Frau will das nicht einsehen.« »Was sagen denn deine TwitterBerater noch alles?«, fragte Rennie belustigt. »Sie sagen, er hat mit seiner Frau vielleicht noch gar nicht über Scheidung gesprochen.« Nasti senkte den Kopf. Rennie wusste, wenn sie jetzt nicht schnell das Thema wechselte, gäbe es eine tränenreiche Szene, die ihr schnell über den Kopf wachsen würde. Deshalb suchte sie krampfhaft nach einem neuen Thema. »Was macht eigentlich deine Sendung über Schönheits-OPs?«, fragte sie deshalb eilig. »Wird cool!«, rief Nasti, die so leicht von Kummer abzulenken war wie ein kleines Kind. »Ich habe schon einen Politiker fix drin, den Heutaschl, der wird erzählen, dass Botox und Aufspritzen in Amerika gang und gäbe sind. Dann lade ich meinen eigenen Beauty-Doc ein, den Andi Sengsbratl, und dann will ich noch ein, zwei Seitenblicke-Promis, aber von denen hat noch niemand zurückgerufen. Dazu, weißt eh, Menschen aus dem Volk, die das eine oder andere richten haben lassen. Die erzählen dann, ob es ihrer Karriere oder in der Liebe geholfen hat.« »Und sicher hast du jemanden, wo eine OP total schiefgegangen ist und dessen oder deren Leben jetzt zerstört ist?« »Versteht sich von selbst. Man muss immer alle Seiten des Lebens 16
zeigen. Aber natürlich keine Patientin vom Sengsbratl, den möcht ich mir warmhalten, der macht mir immer wieder einmal einen guten Preis.« »Und den Arzt, der deinen Gast verhunzt hat?« »Versuche ich auch einzuladen. Er darf natürlich nicht wissen, dass er dann am Pranger steht. Aber da ist noch nix fix.« Sie hielt inne und beide sahen einander gespannt an, denn die Eingangstür wurde gerade aufgesperrt. Das konnte nur …
»Kathrin!«, rief Rennie. »Was machst du denn schon da?« »Hat der Maroniherz dir nicht gefallen?«, fragte Nasti fürsorglich und schob der Freundin, die ziemlich erschöpft aussah, einen Sessel hin. Über Kathrins Kopf warf sie Rennie einen Blick zu und bildete stumm mit den Lippen ein »Sch…« Dabei riss sie die Augen so entsetzt auf, dass Rennie sich abwenden musste, um nicht laut aufzulachen. »Sag schon, was ist passiert«, forderte sie Kathrin zum Erzählen auf. Diese vergrub das Gesicht in den Händen und brach in haltloses Schluchzen aus. »Ich bin so ein Loser!«, rief sie verzweifelt. Rennie reichte ihr geduldig eine Packung Taschentücher und tätschelte ihre Schulter, während Nasti zustimmend nickte. »Also hat er dir nicht gefallen«, stellte sie lakonisch fest, denn warum gerade Kathrin, die ja selbst kaum etwas zu bieten hatte, so wählerisch in ihrem Männergeschmack war, war ihr schon lang ein Rätsel. »Es war mir einfach zu viel«, begann Kathrin. »Zwei auf einmal, das hätte ich nicht geschafft.« Nasti bekam wieder große Augen. »Was? Er wollte dich gleich beim Kennenlernen zu einem Dreier überreden?« Kathrin 17
blickte erschrocken auf. »Was redest du?«, fragte sie peinlich berührt. Nasti zuckte mit den Schultern. »Missverständnis?«, schlug sie vor. Kathrin tupfte sich die Tränen ab und sagte kategorisch: »Ich werde nie einen Freund haben, ich bin sogar zu blöd, um mich mit einem zu treffen, den ich wirklich mag. Ich bin gar nicht ins Café hineingegangen.« »Aber warum nicht?«, fragte Rennie verständnislos. »Hat er dir schon durchs Fenster nicht gefallen?« »Ich hab ihn gar nicht gesehen«, stotterte Kathrin. »Da ist jemand anderer gesessen, der mir bekannt vorkam, und dann hab ich mich nicht reingetraut.« »Ach, du Schaf«, sagte Nasti freundlich und umarmte Kathrin. »Manchmal denke ich, du brauchst psychologische Hilfe.« »Übertreib nicht immer gleich so«, erwiderte Kathrin beleidigt. »Süße, ich glaube, in dem Fall hat Nasti ausnahmsweise einmal recht«, sagte Rennie langsam. »Dass du dich nicht ins Café traust, weil du jemand Bekannten treffen könntest, das kommt mir schon etwas extrem vor«, fügte sie hinzu. »Ihr wisst ja nicht, wen ich dort gesehen habe«, sagte Kathrin verzweifelt, »oder geglaubt habe zu sehen.« Die Freundinnen blickten sie gespannt an. Als Kathrin nicht weitersprach, sondern wieder still in ihr Taschentuch weinte, wurde Nasti ungeduldig. »Sag schon.« Sie stupste Kathrin am Oberarm an. »Sag schon, wen hast du gesehen? Den Bundespräsidenten? Tom Cruise? Heath Ledger?« »Ist der nicht tot?«, fragte Rennie erstaunt. »Dann hätte ich mich vielleicht auch nicht hineingetraut«, meinte Nasti. Kathrin schüttelte nur den Kopf. »Ich weiß ja nicht, ich hab ja nur geglaubt, aber er hatte die gleiche Kopfform wie Lara …«, stammelte sie. »Den Namenlosen hast du gesehen? Laras Vater?« Rennie sprang auf. »Und du hast ihn nicht angesprochen?« Sie fasste Kathrin bei 18
der Hand und versuchte, sie aus dem Sessel zu ziehen. »Komm, wir fahren sofort wieder hin und reden Tacheles mit dem Kerl!« Kathrin schüttelte ihre Hand wild ab. »Auf keinen Fall! Ich will ihn nicht sehen!« »Er ist doch gar kein böser Kerl, oder?«, wandte Nasti ein. »Er weiß doch nichts von Lara, wenn ich mich recht erinnere?« »Eben«, sagte Kathrin fest. »Und ich will auch nicht, dass er es weiß. Jetzt hab ich mein Kind schon so lange für mich allein. Das gäbe nur Probleme, wenn plötzlich ihr Erzeuger in unser Leben treten würde.« »Aber vielleicht wäre es gut für Lara?«, meinte Rennie, die sich nur halb entspannt wieder hingesetzt hatte. »Wir wissen ja nicht, wie er auf die Nachricht reagieren würde, plötzlich eine fünfzehnjährige Tochter zu haben«, sagte Nasti. »Ich weiß ja nicht einmal, ob er es wirklich war«, sagte Kathrin. »Aber ich bin so erschrocken, dass ich deshalb meinen Maroniherz hab sausen lassen.« Erneut begann sie zu schluchzen. »Das lässt sich alles regeln«, sagte Nasti überlegen. »Du mailst ihm einfach, dir ist was dazwischengekommen und machst einen neuen Termin aus.« »Vielleicht war es aber auch ein unbewusster Widerstand und du wolltest ihn gar nicht treffen«, sagte Rennie versonnen. »Geh, bitte«, murmelte Kathrin und hörte auf zu schluchzen. »Jetzt stellt mich nicht so als Psycherl hin.« »Kathrin, ich sags dir noch einmal, ein Besuch bei einem Psychologen ist keine Schande«, sagte Nasti. Rennie nickte zustimmend. »Es ist schon ungewöhnlich, dass du solche Probleme hast, eine Beziehung einzugehen«, referierte Nasti weiter. »Na, du musst was reden«, sagte Kathrin bissig, »mit deinen Affären und Verehrern und Verheirateten …« »Nur kein Neid«, sagte Nasti erhaben. »Nicht jede Frau kann so attraktiv sein wie ich.« Zufrieden zupfte sie ihren Morgenmantel 19
zurecht, sodass ihre vollen Brüste in einem schmalen Ausschnitt andeutungsweise zu sehen waren und bestens zur Geltung kamen. »Uns brauchst nicht beeindrucken mit deinem Silikon«, sagte Rennie trocken. »Aber, was den Psychologen betrifft, Kathrin, ich kenn einen über die Gruft, der manchmal ehrenamtlich mit den Obdachlosen arbeitet. Der ist richtig nett. Ich könnte dir seine Mailadresse geben.« »Ist das dieser Dr. Karl?«, fragte Nasti und sprach weiter, als Rennie nickte: »Den hab ich ein paar Mal in der Show als psychologischen Berater gehabt. Der ist wirklich sehr nett. Und relativ normal«. »Was soll das denn heißen, ›normal‹?«, fragte Rennie. »Naja, man merkt ihm den Beruf nicht gleich an. Er wirkt wie ein lieber, geduldiger Onkel, nicht selber verrückt oder so.« Rennie warf ihr einen ihrer Geh-red-keinen-Blödsinn-Blicke zu. »Psychologen sind ungefähr genauso verrückt wie Finanzbeamte Steuerhinterzieher«, meinte sie. »Warum sollten Finanzbeamte keine Steuern hinterziehen?«, fragte Kathrin. »Ich würde nicht einmal für alle Finanzminister meine Hand ins Feuer legen.« »Lassen wir das«, sagte Rennie«, »war ein blöder Vergleich. Aber was ich sagen will: Frag den Dr. Karl einmal um Rat. Der ist wirklich nett. Und du håst echt an klan’n Wuam in deiner Marülln.« Sie tippte Kathrin bedeutungsvoll gegen die Stirn. Kathrin seufzte: »Also gut, dann her mit der Adresse.«
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BAND 2
YPPIES.
Geheimer als geheim. Kathrin hat sich endlich durchgerungen, ihren Mailfreund persönlich kennenzulernen, da begegnet sie am vereinbarten Trefffpunkt f einem alten Bekannten. Zwischen zwei Männern zu stehen ist nicht, was das Mauerblümchen sich zutraut, deshalb flüchtet sie ohne Umschweife zurück in die Arche Ypppen. Ihre Freundinnen drängen sie, herauszufinden, warum sie sich so sehr scheut, Beziehungen einzugehen. Dass Kathrin dabei auf Geheimnisse ihrer Voorfahren stößt, ist das letzte, was sie erwartet hätte. Alle 2 Monate neu! Fortsetzung im nächsten Band: YPPIES Einmal ist Zweimal YPPIES. Zweimal. B bi Mah Bib Bibi Mah hony ony y | Alle Alle e 2 Mo M Monate nate e ne neu! u!
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Preis: rei € 7 7,90 90
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