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Längst lebe ich vergessen im Gedicht
Katharina Sommer und Bernd Kuschmann, Foto: Willi Barzcat
Live-Hörspiel mit Video-Bühnenbild über Else Lasker-Schüler von Heiner Bontrup
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Gemeinsam mit Günter „Baby“ Sommer und Bernd Kuschmann lässt die frisch gekürte ELS-Preisträgerin Nora Gomringer Leben und Lyrik der Dichterin Else Lasker-Schüler lebendig werden. Was für ein Leben! Sie geht
noch zur Schule, da wird sie schon als Jüdin von den Mitschülern gemobbt. Ihre beiden Ehen scheitern, Liebesbeziehungen zu anderen Männern halten nicht lang. Sie ist 58 Jahre alt, als ihr einziger Sohn an Tuberkulose stirbt. 1933 wird sie auf offener Straße vom SA-Mob geschlagen. Sie geht in die Schweiz ins Exil. Dort erhält sie – für die Schreiben wie Atmen ist – Publikationsverbot. Dreimal fährt sie in dieser Zeit nach Jerusalem, von der letzten Reise wird sie nicht zurückkehren. Am 22. Januar 1945 stirbt Else Lasker-Schüler.
Nora Gomringer, frisch gekürt mit dem Else-Lasker-Schüler Preis, begann ihre literarische Karriere als Slam-Poetin. Durch ihre große Sprechkunst haucht sie Texten Leben ein und lässt Gedichte strahlen wie Edelsteine. Hier schlüpft sie in die Rolle der jungen Else Lasker-Schüler, die in ihren Gedichten, aber auch Prosatexten Zeiten und Räume zu einem magischen und dunklen Amalgam verdichtet. Dieser Ästhetik folgt auch die Konzeption des Live-Hörspiels,
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Günter „Baby“ Sommer, Foto: Willi Barzcat
das die Momentaufnahmen aus dem Jerusalemer Exil der Dichterin in einer Art literarischen Fuge mit den Bildern ihrer Kindheit und Jugend in Elberfeld verschränkt. Bernd Kuschmann spricht die „alte Else“, Nora Gomringer die „junge Else“.
Die literarische Collage wird von den Klangwelten des Dresdener Duos Günter „Baby“ Sommer und Katharina Sommer begleitet und zu einem Bühnenkunstwerk gestaltet. Günter Baby Sommer ist einer der bedeutendsten Vertreter des zeitgenössischen europäischen Jazz. Als Teil der jungen Wilden startete Sommer seine Jazzer-Karriere in der DDR; Konzertreisen führten ihn erst in das osteuropäische Ausland, später auch in den Westen, wo er Kontakt zu Musikern wie Schlippenbach, Brötzmann, Evan Parker, Peter Kowald oder Leo Smith fand.
Für das Textkonzert „Längst lebe ich vergessen im Gedicht“ komponierten Günter Baby Sommer und die Flötistin Katharina Sommer eine ebenso zarte wie variantenreiche Klangwelt. Mit den Spielpraktiken der zeitgenössischen ethnischen Musik und des Jazz vertraut, lassen die Musiker die verschiedenen Flöten in einen Dialog mit dem Schlagwerk treten. Es entstehen archaische, düstere oder lyrische Töne - Klangflächen von expressiver Breite, die das Kaleidoskop der Erfahrungen, Gefühle und Dichtungen der Else Lasker-Schüler in Töne übersetzen.
Wiederholt arbeitet Theater Anderwelten in dieser Produktion mit dem renommierten Wuppertaler Medienkünstler Gregor Eisenmann zusammen. Das Video-Bühnenbild greift auf die Zeichnungen der Dichterin, auf Fotos von Freunden und Wegbegleitern der Schriftstellerin zurück, die zu einem den Text und die Musik selbständig begleitenden Film werden. Ihr Fluss ist wie das Vergehen der Lebenszeit der Dichterin. Jan Dieker
Live-Hörspiel mit Video-Bühnenbild
Samstag, 21. Mai 2022, 17 Uhr, Zentrum für Verfolgte Künste, Wuppertaler Straße 160, 42653 Solingen
Konzeption und Textcollage: Heiner Bontrup Rezitation: Nora Gomringer, Bernd Kuschmann Perkussion, Schlagwerk: Günter „Baby“ Sommer Flöten: Katharina Sommer Licht- und Videoinstallation: Gregor Eisenmann Die Pariser Komponistin und Sängerin Caroline Tudyka eröffnet die Veranstaltung mit drei Vertonungen von Else Lasker-Schüler Gedichten.