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Kein Zurück zur Normalität Manfred Weber
Kein Zurück zur Normalität
Für uns als Europäer kann es angesichts der dramatischen Bilder aus der Ukraine kein Zurück mehr zur früheren Normalität geben. Wer eine bipolare Weltordnung mit den Autokratien China und Russland auf der einen und demokratischen Gesellschaften auf der anderen Seite vermeiden will, muss jetzt handeln und mit Peking Klartext reden. Diese geopolitische Dimension des Angriffskriegs Russlands mitten in Europa muss uns bewusst sein. Zu dieser geopolitischen Dimension gehört auch die Aufgabe, zwischen den Staaten der freien Welt vernünftige Handelsbeziehungen aufzubauen. Als Europäer haben wir wirtschaftlich nur dann eine Zukunft, wenn es uns gelingt, gute Wirtschaftsbeziehungen mit den Wachstumsmärkten der Welt zu pflegen.
Dazu gehört auch China, natürlich. Aber wir denken aus meiner Sicht zu wenig an Indien, an Australien und auch an afrikanische Staaten. Wir müssen unseren Fokus verändern und mehr Handelsverträge mit den Demokratien der freien Welt abschließen. 60 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft sind Demokratien. Eine Koalition der freien Welt zur wirtschaftlichen Entwicklung ist eine der großen Botschaften, die wir setzen müssen, um unsere Souveränität zu stärken. Souveränität sollte aber auch nicht falsch verstanden werden. Wenn alle Staaten und Weltregionen wieder mehr selbst produzieren wollen, wird der Welt-
Manfred Weber MdEP
Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament
handel gebremst. Die Diskussion um mehr Souveränität darf nicht soweit führen, dass wir Handel und Offenheit grundsätzlich in Frage stellen. l
Foto: Arhitecte Association des architectes du CIC Vanden Bossche sprl,C.R.V.sa.,CDGsprl,Studiegroep D.
Große Chancen nutzen
Bis 2050 wollen 130 Länder Klimaneutralität erreichen. Das ist ein sehr positives Zeichen. Das heißt aber auch, dass bis 2050 rund 50 Billionen Euro
Dr. Christian Bruch
Vorstandsvorsitzender Siemens Energy AG an Investitionen in die Klimaneutralität fließen müssen. 70 Prozent davon entfallen auf Entwicklungsländer. Wir sehen also das größte Investitionsprogramm seit der Industrialisierung vor uns. Auch das ist grundsätzlich positiv. Aber: Wir haben heute an vielen Stellen noch überhaupt kein Modell, mit dem wir die Investitionen an die richtige Stelle lenken können. Wir haben auch keine Antwort auf die Frage, wie wir die 70 Prozent der benötigten Investitionen in die Entwicklungsländer bringen. Zugleich müssen wir feststellen, dass wir mit 36 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen im vergangenen Jahr einen neuen Rekord aufgestellt haben. Trotz aller Anstrengungen also gehen die Emissionen nicht zurück. Die Herausforderungen sind also groß. Große Herausforderungen bedeuten aber auch immer große Chancen. Wenn wir es in Deutschland schaffen, dass wir Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit einem positiven Narrativ der Veränderung belegen, dann kann die Klimaneutralität für uns als Land eine einmalige Chance bieten. l