2 minute read
Die Geopolitik ist zurück Dr. Florian Toncar MdB
Foto: AdobeStock©tomertu
Die Geopolitik ist zurück
Im 21. Jahrhundert werden die Fragen des 20. Jahrhunderts neu gestellt: Freiheit oder Diktatur? Recht oder Gewalt? Diese Fragen stellen unsere Gesellschaftsordnung vor eine neue Bewährungsprobe. Dabei erkennt man, dass sich das Verhältnis von Wirtschaft und Politik fundamental verändert. Plötzlich haben Geopolitik, die Sicherung unserer Existenz und unserer freiheitlichen Lebensweise politisch wieder eine Priorität, die vor wirtschaftliche Interessen gestellt wird.
Zugleich bedanke ich mich im Namen der Bundesregierung bei den vielen Menschen, die in der Wirtschaft dafür Verantwortung tragen und auch haften. Sie unterstützen die Bundesregierung bei den Sanktionen gegen Russland und tragen diese mit. Die hohe Akzeptanz ist richtig. Sie zeigt, dass es den Entscheidungsträgern in der Wirtschaft um mehr geht als nur Profit. Dafür ganz herzlichen Dank, das hat der Bundesregierung politisch sehr geholfen.
In autoritären Staaten wie Russland oder China beobachten wir schon länger die Tendenz, dass die Politik, der Machterhalt der dort herrschenden, nicht demokratisch legitimierten Eliten, vor wirtschaftliche Interessen gestellt wird. Meine Prognose für Russland ist pessimistisch. Ich erwarte eine „Nordkoreanisierung“ des Landes: Die Wirtschaft wird weiter geschwächt werden, und der Repressionsapparat wird zugunsten der Eliten und zu Lasten der Mittelschicht weiter an Bedeutung gewinnen. Das ist der Weg der Diktatur, die im Zweifel immer auf eskalierende Repressionen im Inneren setzt; und als Großmacht eben auch auf expansive Politik nach außen.
In China gab es eine Modernisierungsphase, die bei uns im Westen große Hoffnungen auf eine dauerhafte Veränderung des Verhältnisses zu China geweckt hat. Spätestens seit 2012 sehen wir in China, trotz anhaltenden wirtschaftlichen Erfolgs, dass die Repressionen zunehmen. Wir sehen, dass auch dort die politischen Eliten die wirtschaftlichen Eliten dominieren. Ähnlich wie in Russland verschwinden in China plötzlich Milliardäre wie der Alibaba-Gründer Jack Ma. In China scheint der Apparat ebenfalls zunehmend Repressionen zum Machterhalt einzusetzen. Die Diktatur aber ist nach meiner Überzeugung keine Staatsform, mit der man auf Dauer wirtschaftlichen Erfolg haben kann. Der Repressionsapparat verschlingt sie am Ende alle.
Im Hinblick auf die Staatsfinanzen in Deutschland stehen wir vor einem Mentalitätswandel. Nach der Pandemie benötigen wir für die öffentlichen Haushalte eine ganz andere Herangehensweise als bisher. Wir müssen die Haushalte konsolidieren, damit wir in der nächsten Krise handlungsfähig sind. Daran arbeiten wir. So sinkt die Schuldenquote trotz der Notlage und hoher Kreditaufnahme bereits in diesem Jahr von über 69,3 auf 66,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Finanzplanung dieser Bundesregierung sieht für 2023 eine Rückkehr zur Einhaltung der Schuldenbremse vor – daran hat sich nichts geändert. l
Foto: Bundesfinanzministerium
Dr. Florian Toncar MdB
Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen