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Europa muss in schwierigen Zeiten solidarisch sein Jozef Síkela
Wir stecken in einem Krieg zwischen der zivilisierten und der nicht zivilisierten Welt. Jeder, der glaubt, die Invasion Russlands in die Ukraine sei nicht sein Krieg, muss sich die Frage stellen, wohin er gehören will. Russland setzt Energie als Waffe gegen den Westen ein. Die gesamte EU befasst sich nun mit Fragen der Energiesicherheit und der Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die aus der russischen Föderation importiert werden. In diesem Zusam-
Foto: European Union 2014 - Source EP.
Europa muss in schwierigen Zeiten solidarisch sein
Hohe und volatile Energiepreise sind ein großes Problem und könnten die hohen Investitionen in die Transformation der Volkswirtschaft gefährden.
menhang sehen wir die Bedeutung einer gemeinsamen EU-Position und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Den gemeinsamen Einkauf von Erdgas auf der EU-Ebene und die gerechte Umverteilung betrachten wir als sehr wichtiges Instrument. Fragen der Solidarität sind für uns als Binnenland von großer Bedeutung.
Im Sport heißt es, jede Mannschaft ist nur so gut wie ihr schwächster Spieler. Der Rest der Mannschaft muss ihn unterstützen und helfen besser zu werden. Die EU ist jetzt in einer ähnlichen Situation. Im Bereich Erdgas ist Tschechien sehr eng mit Deutschland verflochten, der größte Teil unseres Erdgases kommt aus Deutschland zu uns. Allerdings haben wir keine Möglichkeit für direkte Flüssiggas-Lieferungen. Daher ist es für uns sehr wichtig, diese Lieferungen indirekt zu sichern, entweder durch den Besitz eigener Kapazitäten von LNG-Terminals oder alternativ durch die Umverteilung von Gas innerhalb einer gemeinsamen Einkaufsplattform.
Hohe und volatile Energiepreise sind ein großes Problem. Besonders für einkommensschwache Haushalte und energieintensiv produzierende Unternehmen. In dieser Hinsicht bemühen wir uns um gezielte Lösungen. Für den Green Deal sind relativ große Investitionen in die Transformation unserer Volkswirtschaft erforderlich. Deshalb machen wir uns in der derzeitigen Situation ein bisschen Sorgen, wie viele Unternehmen und Haushalte über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um diese Investitionen zu stemmen.
In Tschechien sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der russischen Aggression gegen die Ukraine in vielen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes spürbar. Die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrt sind ebenfalls betroffen. Was die künftige wirtschaftliche Entwicklung angeht, sehe ich einige Risiken. Diese Risiken ergeben sich vor allem aus der unsicheren politischen Entwicklung in der Ukraine, den hohen Preisen, der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt und aus den Problemen in den globalen Lieferketten. Nicht zu vergessen, dass Covid 19 im Herbst wieder stärker zurückkommen könnte. Diese neuen Bedrohungen machen es erfor-
derlich, dass sich die Volkswirtschaften darauf einstellen. Deutschland und Tschechien sind wirtschaftlich eng miteinander verbunden. Diese enge Verbindung kann für unsere beiden Länder in schwierigen Zeiten von Vorteil sein. l
Jozef Síkela
Minister für Industrie und Handel Tschechische Republik