Standpunkte für Wirtschaft und Gesellschaft
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Standpunkte für Wirtschaft und Gesellschaft
Standpunkte für Wirtschaft und Gesellschaft
Über neue Konzepte und die Zukunft des Handels in Vorarlberg. Seite 8
Dorfgasthäuser
Wie dem Strukturwandel am Land begegnet werden soll. Seite 16
Ein Stück Zeitgeschichte. Seite 34
„Der Mensch neigt zur Anpassung“
Die Professorin Susanne Schröter warnt vor der Verengung von Debattenräumen. Seite 44
Über Künstliche Intelligenz
Lenken uns in Vorarlberg die Erfolge der alten Welt ab? Seite 46
Das Dorfgasthaus
Das Dorfgasthaus ist ein wichtiger sozialer Treffpunkt einer jeden Gemeinde. Aber wie in vielen gesellschaftlichen Bereichen macht der Strukturwandel auch davor nicht halt. Seit 2013 ist die Zahl der klassischen Gasthäuser in Vorarlberg von 180 auf 143 gesunken. Mit einem Aktionsplan wollen der Fachgruppenobmann Gastronomie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Mike P. Pansi, und Tourismuslandesrat Christian Gantner nun gegensteuern. „Wir wollen dieser Entwicklung Einhalt gewähren und die Dorfgasthäuser stärken“, sagen die beiden. Wie das geschehen soll, das berichtet Herbert Motter.
Der Alemannen-Erlass
Historiker Peter Melichar erinnert an ein aus heutiger Sicht recht seltsames Stück Zeitgeschichte: An den „Alemannen-Erlass“ von 1961. Den hatte der damalige Landesamtsdirektor Elmar Grabherr (im Bild) verfügt, um Aufnahmen in den Landesdienst in seinem Sinne steuern zu können.
Künstliche Intelligenz
Digital-Experte Johannes Moser geht in seinem Essay der Frage nach, ob uns die aktuelle Entwicklung in Sachen Künstlicher Intelligenz bereits sorgen muss. „In Vorarlberg“, sagt Moser jedenfalls, „sind wir abgelenkt von den Erfolgen der alten Welt.“
„Thema Vorarlberg“ jetzt einfach auf Ihrem Tablet oder Smartphone lesen. Mit der kostenlosen App read.it oder auf www.myreadit.com können über 770 Magazine und Zeitungen gelesen werden – auch Vorarlbergs Monatszeitung „Thema Vorarlberg“ ist selbstverständlich im Online-Kiosk erhältlich.
Der Brief des Herausgebers. Über die Bedeutung der Regionalbanken. Kurz & bündig. Aktuelles aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Künstliche Intelligenz. Vorarlberger Erfindergeist. Marke Vorarlberg. Ein unverändert spannender Prozess.
Handel im Wandel. Der Handel in Vorarlberg verändert sich, sowohl stationär als auch online. Im Schwerpunkt sprechen Unternehmerinnen und Expertinnen über neue Konzepte, andere Innenstädte – und die Zukunft des Handels.
Putins Ziele. Der Historiker und Russland-Experte Wolfgang Mueller spricht mit Gerald Matt über den Krieg in der Ukraine – und die Frage, was Putin will.
Lieferkettengesetz. Eine ungünstige Entwicklung. Wirtshauskultur. Wie dem Schwund von Dorfwirtschaften entgegengewirkt werden soll.
Klima und Politik. David Stadelmanns Analyse.
Stellenanzeigen. Matthias Sutter berichtet aus seiner Forschung. Kipp-Punkte. Was Systeme ins Wanken bringt.
Im Rückspiegel. Vorarlbergs Wirtschaft im März. Vorarlberg in Zahlen. Wissenswertes aus unserem Land. Stürmische Zeiten.
Kunst. Carmen Pfanner. Nachgedacht. Kommentare. Bodensee-Schifffahrt. Alexandro Rupp im Porträt.
Ein Idyll. Mythos Nenzinger Himmel.
Im Ausland. Hanna Denk, im Dienst der Nachhaltigkeit. Artenvielfalt. J. Georg Friebe macht auf eine besondere Aktion aufmerksam. Medizin. Wenn Kinder Spitalsbesuche machen.
In aller Kürze. Wissenschaftliche Erkenntnisse.
Der Alemannenerlass. Heute zum Schmunzeln, damals aber: Ernstgemeint.
Paula Ludwig. Zur Eingemeindung einer Dichterin, ein Text von Jürgen Thaler. Leserforum. Der gespaltene Berg polarisiert.
Andreas Unterberger. Ein Blick auf die Sozialdemokratie.
Vom letzten Moment. Bestatter Alexander Burtscher.
Kant. Was man vom Philosophen der Aufklärung heute noch lernen kann: Ein Interview mit Otfried Höffe.
Die VWA. Ein Plädoyer für die vorwissenschaftliche Arbeit.
Künstliche Intelligenz. Ein literarisches Experiment.
Klare Worte. Ethnologin Susanne Schröter lässt sich den Mund nicht verbieten.
Künstliche Intelligenz. Ein Fachmann ordnet die aktuellen Entwicklungen ein. Gedankenhappen. Was andere in anderen Medien schreiben. Abgehakt. Viele Sprüche, wenig Zeit.
„Wir brauchen Mut und Verstand, um uns gegen jeden Versuch einer Moralpolizei zu wehren“ – das sagt der Philosoph Otfried Höffe.
IN DIESER
AUSGABE VON
Unter dem Titel „Handel im Wandel“ beschreiben die Redakteurinnen Eva Niedermair und Sabine Barbisch, wie sich der Handel in Vorarlberg verändert – sowohl stationär als auch online. Mit Handelsvertretern und Unternehmern sprechen die beiden über neue, erfolgsversprechende Konzepte und damit über die Zukunft des Einzelhandels in unserem Land. Theresa Schleicher, ein renommierte deutsche Handelsforscherin, sagt im Interview übrigens: „Wir erleben die qualitative Neuordnung der Innenstädte.“
Auch anschließend geht es um Neuordnung, wenngleich in einem anderen Sinn. Denn DigitalExperte Johannes Moser widmet seinen Essay der heute bereits allgegenwärtigen Künstlichen Intelligenz und dabei der Frage, ob uns die entsprechende Entwicklung Sorge bereiten muss. Mit Blick auf unser Bundesland stellt Moser jedenfalls fest: „In Vorarlberg sind wir abgelenkt von den Erfolgen der alten Welt.“ Doch wie bemerkt man eigentlich, ob ein System ins Kippen gerät? Im Negativen wie im Positiven? Politikwissenschaftler Markus Rhomberg erklärt in seinem Beitrag, was es mit den sogenannten Kipppunkten auf sich hat, und wie diese Punkte komplexe Systeme in der Gesellschaft beeinflussen können.
Apropos Gesellschaft. Warum der Mensch immer wieder den Mut braucht, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, auch im Umgang mit der sogenannten Moral-Polizei, das verrät der Philosoph Otfried Höffe. Vom 1724 geborenen Immanuel Kant könne man auch heute immer noch lernen „wie man selbständig und gründlich denkt“, sagt Höffe in einem Interview unter dem Titel „Provokationen einen Denkers“.
Was die Ethnologin Susanne Schröter wiederum in Sachen Islamismus zu sagen hat, das provoziert die sogenannten Woken. Mit massiven Kampagnen hatten die über längere Zeit versucht, die Frankfurter Universitäts-Professorin mundtot zu machen. Doch Schröter lässt sich den Mund nicht verbieten. Im Interview warnt sie vor einer Verengung der Debattenräume, sie warnt vor vorauseilendem Gehorsam, sie sagt auch: „Der Ansatz, alles zu tabuisieren, damit Rechtspopulisten nicht stärker werden, der ist ja nun krachend gescheitert.“ Auch Zeithistorisches ist in dieser Ausgabe zu lesen: Historiker Peter Melichar erinnert an den Alemannen-Erlass von 1961, Jürgen Thaler wiederum an die Dichterin Paula Ludwig. Literaturwissenschaftler Thaler fragt dabei einleitend: Wer ist eigentlich ein Vorarlberger? Plakativer gesprochen: Wer gehört dazu? Spannende Fragen … Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen im Namen der gesamten Redaktion …
Andreas Dünser Chefredakteur
IMPRESSUM
Herausgeber und Medieninhaber: Wirtschaftskammer Vorarlberg, Wichnergasse 9, 6800 Feldkirch Internet: www.themavorarlberg.at
E-Mail: info@themavorarlberg.at Verlagsort: Feldkirch Chefredakteur: Andreas Dünser Redaktion: Herbert Motter (stellvertretender Chefredakteur), Sabine Barbisch, Eva Niedermair, Julia Schmid, Daniela Vonbun, Nora Weiß, alle Wichnergasse 9, 6800 Feldkirch Ständige Autoren: Kurt Bereuter, Klaus Feldkircher, Christian Feurstein, Thomas Feurstein, J. Georg Friebe, Wilfried Hopfner, Christoph Jenny, Edgar Leissing, Andrea Marosi-Kuster, Gerald A. Matt, Peter Melichar, Christina Meusburger, Manuela de Pretis, Martin Rümmele, Angelika Schwarz, David Stadelmann, Matthias Sutter, Andreas Unterberger Gastautoren dieser Ausgabe: Sabine Benzer, Elmar Hartmann, Manfred Hämmerle, Michael Kasper, Magdalena Meusburger, Johannes Moser, Carmen Pfanner, Markus Rhomberg, Tobias Riedmann, Marie-Rose Rodewald-Cerha, Hanno Schuster, Jürgen Thaler Fotografen: Markus Gmeiner, Lisa Mathis Layout/Grafik/Umsetzung: Michael Türtscher Grafisches Konzept/Design: Ralph Manfreda Druck: Russmedia Verlag GmbH Herstellungsort: Schwarzach. Nachdruck nach Absprache gestattet, Fotos ohne Bildnachweis stammen aus unserem Archiv. Erscheinungsweise: jeden ersten Samstag im Monat, ausgenommen Jänner und August. Leserbriefe an leserbrief@themavorarlberg.at Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Druckauflage: 61.500 Offenlegung der Eigentumsverhältnisse nach § 25 Mediengesetz: Wirtschaftskammer Vorarlberg, siehe auch http://themavorarlberg.at/ offenlegung Grundlegende Richtung: Informationen zu aktuellen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Themen Anzeigenannahme: Media Team Kommunikationsberatung, 6840 Götzis, Hauptstraße 24, www.media-team.at, markus.steurer@media-team.at, ✆ 05523 52392
Wolfgang Mueller
Was will Putin? Russland-Experte Mueller im Interview.
Klaus Friesenbichler
Das EU-Lieferkettengesetz tritt 2029 in Kraft, der Ökonom übt Kritik.
Hanna Denk
Im Auftrag der Nachhaltigkeit: Das Porträt einer Führungskraft.
Susanne Schröter
Wie mit Intrigen versucht wurde, eine mutige Professorin mundtot zu machen.
„THEMA
Brief des Herausgebers
Es ist wohl unbestritten, dass Banken systemrelevante gesamtwirtschaftliche Aufgaben übernehmen und die Vorarlberger Wirtschaft starke Regionalbanken braucht. Regionalbanken, welche die Unternehmen mit einem für die heutigen Erfordernisse optimalen Produkt- und Dienstleistungsangebot versorgen. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität und nachhaltigen Entwicklung unserer Region. Dabei gilt es, Kundenwünsche, aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen, bankindividuelle Strategie und Risikoappetit unter einen Hut zu bringen.
Manche Banken agieren daher sehr fokussiert auf den heimischen Markt, manche mit dezidierten Angeboten für spezifische Kunden und wenige auch mit einem „internationalen“ Zugang, bei welchem sie insbesondere unsere weltweit tätigen Unternehmen in ihre Märkte begleiten. Gerade eine langjährige, partnerschaftliche Zusammenarbeit im Finanzierungsgeschäft ist dabei für unsere Firmen von großer Bedeutung. Das dabei über Jahre aufgebaute Vertrauen ist eine wichtige Basis, damit die Unternehmen bei den für die zukünftige Entwicklung unseres Wirtschaftsstandortes bedeutenden Investitionen entsprechend handlungsfähig sind.
Kreditgeschäft bedeutet das Eingehen von Risiken im Rahmen einer von jeder Bank zu definierenden Risikostrategie. Das heißt aber auch, dass man künftige Entwicklungen antizipieren muss und bedeutet manchmal, dass gewährte Kredite nicht zurückgeführt werden können. Das führt dazu, dass die Bank diese Verluste tragen muss. Diesen Verlusten stehen – jedenfalls bei langfristigen Kundenbeziehungen – aber auch Zinserträge gegenüber! Und im Fall der Hypo Vorarlberg und der anderen Vorarlberger Regionalbanken können die sehr gute Eigenkapitalausstattung und
getroffene bilanzielle Vorkehrungen solche Abschreibungen abfedern. Tatsächliche Kreditausfälle lassen sich übrigens meistens nicht wirklich vorhersagen, weil sich die Verwertung von Sicherheiten oft über einen langen Zeitraum erstreckt. Dabei kann politischer oder medialer Druck schadenerhöhend wirken, weil dann Verwertungen unter Umständen unter großem Zeitdruck erfolgen müssen. Was eine Bank daher mehr schädigen kann als der eigentliche Kreditausfall, ist ein Reputationsschaden.
Richtlinien ganz genau die Aufgaben und Verantwortlichkeiten für Vorstand, Aufsichtsrat und Eigentümer. Und diese sind meines Erachtens klar und jedenfalls ausreichend, damit die Stabilität des österreichischen Finanzsystems nachhaltig sichergestellt ist. Die Aufsicht schaut im Übrigen auch mit wachsamem Auge darauf, dass diese Rollen auch wahrgenommen werden.
„Banken-Bashing schadet dem gesamten Wirtschaftsstandort und den hier ansässigen Regionalbanken.“
Eine bewusst oder unbewusst herbeigeführte Diskussion, ein Schlechtreden-/ schreiben banktechnischer Zusammenhänge und/oder Einmischen in die Geschäftspolitik führen zu Vertrauensverlust und wirken damit massiv geschäftsschädigend.
Das Bankgeschäft ist extrem reglementiert, was einerseits die Systemsicherheit erhöht, gleichzeitig aber auch einen hohen bürokratischen Aufwand verursacht. Auch regeln das österreichische Bankwesengesetz und die europäischen
Wer, wenn nicht die Banken, können die unbesicherten Risiken aus Projektund Objektfinanzierungen tragen und damit die Unternehmen entlasten. Die Firmen ihrerseits tragen die unternehmerischen Risiken und beides zusammen stellt sicher, dass sich unser Wirtschafts- und damit auch unser Lebensraum weiterentwickeln und uns allen die Geschäfts- und Lebensgrundlage ermöglicht.
Darüber hinaus engagieren sich die Vorarlberger Regionalbanken aktiv in der Gemeinschaft durch verschiedene soziale und kulturelle Initiativen. Sie unterstützen lokale Veranstaltungen, Vereine und gemeinnützige Organisationen, was zur Förderung des sozialen Zusammenhalts und zur Verbesserung der Lebensqualität in der Region beiträgt.
Banken-Bashing schadet jedenfalls dem gesamten Wirtschaftsstandort und im Speziellen den hier ansässigen und mit großer Umsicht agierenden Regionalbanken.
Wilfried Hopfner Präsident der Wirtschaftskammer VorarlbergVon charismatischen Schwiegersöhnen und einer dünnen Bilanz.
1 | Fundament Mittelstand
Ann-Kristin Cordes ist Stiftungsprofessorin für Digital Business Transformation an der FHV, sie hilft hiesigen mittelständischen Unternehmen auf dem Weg in die Digitalisierung. Die Deutsche wurde nun in der „Presse“ porträtiert, dort hieß es, die Expertin komme überall dort ins Spiel, wo kleinere und mittlere Firmen in Sachen IT selbst nicht mehr weiterwüssten. Cordes selbst sagte, es sei ihr wichtig, mit den Mitarbeitern der betreffenden Firmen zusammen zu arbeiten: „Man darf die Dinge nicht im stillen Kämmerlein entwickeln und dann auf einen Schlag etwas Neues präsentieren. Ideen müssen einfließen können, dann identifizieren sich die Leute leichter und man hat weniger Widerstand.“ Mit ihrer Arbeit will Cordes „den Mittelstand als Riesenfundament des Landes stärken“. Die Dringlichkeit ist unbestritten, Ende 2023 hatte die Expertin Thema Vorarlberg mit Blick auf den KMU-Digitalisierungsgrad am Wirtschaftsstandort gesagt: „Holt der Mittelstand nicht auf, wird das zu einem Problem.“
2 | KI im Radio
Sind KI-gesteuerte Radioprogramme die Zukunft? Werden im Radio bald nur noch Moderatoren-Stimmen zu hören sein, die von Künstlicher Intelligenz erzeugt wurden? „Die Salzburger Nachrichten“ gingen dieser journalistisch interessanten Frage jüngst in einem Artikel nach, sie sprachen dabei unter anderem auch mit ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher. Deren unmissverständliche Antwort? Künstliche Intelligenz könne die Arbeit der Radiomacher im Hintergrund natürlich unterstützen, etwa bei Recherchen oder der Aufbereitung von Daten: „Aber was auf Sendung geht, ist das Ergebnis der Arbeit von Journalisten und Gestaltern, also von Menschen, die zwischen wahr und falsch unterscheiden können.“ Das Fazit der gebürtigen Bludenzerin: „Wir stehen dieser neuen Technologie aufgeschlossen, aber mit der nötigen kritischen Distanz gegenüber.“
3 | Köhlmeier im Interview
Anlässlich seines neuen Romans „Das Philosophenschiff“ stand Schriftsteller Michael Köhlmeier in diesen Tagen mehren Medien in Interviews Rede und Antwort. Mit der „Presse“ sprach der Hohenemser dabei unter anderem auch über Politik; er sagte dabei, dass man als Politiker „kompromissreich und völlig unsexy“ sein müsse. Auch empfahl er den Wählern: „Habt Angst vor allen Charismatikern!“ Gerade deswegen sei er ja so ein Fan der deutschen Alt-Kanzlerin Angela Merkel: „Nicht, weil sie alles richtig gemacht hat. Sondern weil sie Politik betrieben hat, wie man halt seine Arbeit zu Hause macht. Man trägt den Müll runter, und wenn man den Müll runterträgt, müssen nicht gleich die Posaunen von Jericho angestimmt werden.“ Mit Blick auf die österreichische Politik der vergangenen Jahre fügte der Schriftsteller trocken an: „Mit den charismatischen Schwiegersöhnen sind wir immer in den Matsch gefahren.“
4 | Doppelmayr und die USA
Wie der „Trend“ berichtete, profitiert Doppelmayr massiv von jenen Rekordsummen, die in den USA derzeit in den Ausbau des Wintertourismus investiert werden. Über 30 Projekte hat der Seilbahnhersteller demnach 2023 in den USA abgeschlossen, mehr als jeder andere Mitbewerber. Auch soll die Auftragslage für heuer und für kommendes Jahr „sehr gut“ sein. Doppelmayr-CEO Thomas Pichler sagte dem Magazin: „Der Investitionsschub, den die US-Seilbahn-Infrastruktur jetzt erlebt, ist einzigartig.“ Geschildert wurde in dem Bericht auch eine Anekdote: Als Pichler einst eine Ski-Reise in die USA unternommen hatte – der Südtiroler war damals noch Chef der italienischen Doppelmayr-Tochter –, hatten ihn seine Freunde ob der veralteten Infrastruktur ständig damit geneckt, er solle doch in die USA ziehen, „hier bräuchte man dringend ein paar gescheite Lifte“. Heute ist die USA zum größten Einzelmarkt des 1893 in Wolfurt gegründeten Unternehmens geworden.
5 | Doris Knecht und Social Media
Autorin Doris Knecht schrieb dieser Tage in ihrer Kolumne im „Falter“, sie habe da noch etwas zu sagen zu Social Media, sie wolle erklären, warum sie mittlerweile raus sei aus Facebook und aus X, vormals Twitter. „Ich habe mich für Beschränkung entschieden“, erklärte die Kolumnistin, „weil ich langsam komplett panisch werde angesichts der Manipulationspower von Social Media.“ Wie die Welt da von Leuten mit Social-Media Macht gesteuert werde, wie es längst keine Rolle mehr spiele, „ob es wahr ist, sondern nur, wie viele es glauben“. Im großen Kontext betrachtet, schrieb die gebürtige Vorarlbergerin, sei es natürlich vollkommen unerheblich, ob sie dabei sei oder nicht. Aber im Kleinen betrachtet, sei es ihr eben nicht egal: „Und gerade, was Elon Musks X betrifft, möchte ich auch nicht mehr der kleinste Teil dieser Maschine sein.“
Mit Robotern, digitalen Zwillingen und KI im Gepäck zog das Unternehmen Eberle Automatische Systeme Ende 2022 in das Betriebsgebiet Dornbirn Nord. Auf komplett durchdachten 3000 Quadratmetern werden sowohl Sonderlösungen für die Herausforderungen heimischer Betriebe entwickelt als auch innovative Projekte mit Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen realisiert. Wer neugierig ist, darf am 24. Mai bei der Langen Nacht der Forschung in das quasi schalterlose Gebäude und die spannende Arbeit der Automatisierungsexperten blicken. eberle.at und langenachtderforschung.at/vorarlberg Text von MANUELA DE PRETIS Wirtschafts-Standort Vorarlberg, Dornbirn
Mit dieser Frage sind wir vor sechs Jahren in einen Prozess gestartet, der spannend bleibt.
Von Christina MeusburgerWir haben definiert, wofür dieses Land stehen soll und welche Vision uns antreibt. „2035 ist Vorarlberg der chancenreichste Lebensraum für Kinder“ – dieses Zukunftsbild gewinnt immer mehr Partnerschaften und Netzwerke.
Elf Schlüsselprojekte werden in diesem Jahr beispielsweise vom Amt der Vorarlberger Landesregierung mit 7,3 Millionen Euro finanziert. Sie zahlen alle auf die Vision der Marke Vorarlberg ein. Hinter diesen Projekten stehen hunderte engagierte Menschen, die sich für eine gute Zukunft einsetzen.
In einer Kommunikationskampagne wollen wir diese Menschen vor den Vorhang holen. Es sind Pädagogen, Lernbegleiter, Naturvermittler, Köche, die vorwiegend regionale Lebensmittel verarbeiten oder auch Bewegungscoaches. Sie, die Kinder und Jugendlichen, mit denen sie arbeiten, sind Botschafter für den „chancenreichen Lebensraum“. In dieser Kommunikationskampagne werden sie uns daran erinnern, dass unsere eigene Haltung mitentscheidend ist, ob wir dieses Land als chancenreich erleben.
Gleichzeitig erhalten diese Projekte die oben erwähnte finanzielle Unterstützung. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die sehr erfolgreichen Caritas Lerncafés sind
aktuell an 16 Standorten im Land tätig. 480 Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 14 Jahren aus einkommensschwachen und armutsgefährdeten Familien lernen und üben dort regelmäßig. Durch die fortlaufende Betreuung in einem fachlich pädagogischen Umfeld verbessert sich bei 90 Prozent der Kinder die Note in den Hauptfächern um mindestens eine Stufe. 96 Prozent aller Schüler schaffen einen positiven Abschluss des Schuljahres auf Anhieb. Es ist geplant, das Angebot an drei weiteren Standorten auszubauen, wodurch weitere 70 Lernplätze für Kinder und Jugendliche angeboten werden können.
Doch zurück zur Ausgangsfrage „Wer sind wir und wohin wollen wir“? Wir haben im vergangenen Monat dazu zwei interessante Perspektiven vorgestellt. Zum
Ein Rückgang von mehr als 25 Prozent bei der Zahl baubewilligter Wohnungen und Häuser im Jahr 2023, ein Einbruch der Wohnbaukredite um 45 Prozent: Die Baubranche steckt weiter in der Krise. Eine aktuelle Erhebung des Arbeitsmarktservice Vorarlberg bestätigt, dass die Zahl der Arbeitslosen mit einem Berufswunsch im Bauwesen um 52,7 Prozent auf 510 Arbeitslose gestiegen ist.
Umso wichtiger ist daher das im Nationalrat beschlossene Wohnbaupaket, in dem wesentliche Forderungen der Sozialpartner enthalten sind.
Dazu zählen erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten in den ersten drei Jahren, die Streichung der Grundbucheintragungsgebühren für das erste Eigenheim und die Möglichkeit zinsgünstiger
Wohnbaudarlehen: Der Bund setzt mit einer Wohnraum-Bau-Offensive wichtige Impulse für leistbares Wohnen einerseits und konjunkturelle Belebung andererseits. Mit einem Zweckzuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro (davon 390 Millionen Euro für leistbares Eigentum, 390 Millionen Euro für leistbare Miete und 220 Millionen Euro für Sanierungen) wird rasch leistbarer zusätzlicher Wohnraum geschaffen beziehungsweise zusätzlich ausgebaut. Überdies werden Sanierungen vorangetrieben, die auch dem Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner dienen, die künftig weniger Energiekosten tragen müssen.
Positiv ist auch der erweiterte Handwerkerbonus mit bis zu 2000 Euro pro Kalenderjahr 2024 und 2025 zu sehen, der für Rechnungen ab 1. März 2024
„The body“ – ein Besprechungsraum bei Omicron electronics. Wir haben ihn gemeinsam bei „Wissen verbindet“ – einer Veranstaltungsreihe der Marke Vorarlberg – entdeckt.
einen den Blickwinkel der heimischen Getreidebauern, die mit ihrem Urdinkel schon recht erfolgreich sind, nicht ungern aber noch mehr Ackerflächen zur Verfügung hätten. Dinkel wurde in Vorarlberg schon vor über 100 Jahren angebaut und gilt als eine der wenigen Getreidesorten, die robust genug sind, um den zahlreichen Niederschlägen standzuhalten. Bei der Brotpräsentation haben wir jedenfalls gemerkt, wie wichtig für viele die Frage „Was wächst denn eigentlich in unserem Land?“ ist. Schließlich gab es im vergangenen Monat noch ein „Wissen verbindet“ bei Omicron electronics. Das Unternehmen
wurde 1984 gegründet und hat inzwischen über 1000 Mitarbeitende auf allen Kontinenten, wobei allein am Standort in Klaus 49 Nationen zusammenkommen. Die strategische Initiative „Diversität und Inklusion“ zielt darauf ab, die Unterschiedlichkeiten der Mitarbeitenden als Innovationspotenzial zu nutzen. Dafür ist es wichtig, in Besprechungen „sichere Räume“ zu schaffen, in denen wertschätzend miteinander kommuniziert wird. Hier hilft auch die Architektur, für die Omicron bekannt ist. Wertschätzung bemerkt man auch gegenüber der Natur. Offene Böden, heimische Pflanzen und Wassergräben umgeben das Firmengelände. Die Diskussionen an diesem Abend waren besonders lebhaft. Es haben wohl alle gespürt, dass dieses Bild vom „chancenreichen Vorarlberg“ sehr viel mit jedem einzelnen von uns zu tun hat.
www.vorarlbergchancenreich.at
Zur Person
CHRISTINA MEUSBURGER Kommunikation
Marke Vorarlberg
gilt. Gemeinsam mit einem Zuschuss an die Länder zur Förderung der Errichtung und Sanierung von Wohnraum kann so die Baukonjunktur belebt, Beschäftigung gesichert und leistbarer Wohnraum geschaffen werden.
Diese Schritte sind sinnvoll und sehr begrüßenswert. Die Förderung von leistbaren Mietwohnungen aber auch die Erleichterung beim Erwerb der eigenen Wohnimmobilie sind wichtige Signale für die Menschen, dass hier etwas getan wird. Das Thema Sanierung bedarf jedoch noch größerer Unterstützung und Förderung, da es positiv auf die Themen Energieeffizienz und Bodenversiegelung einzahlt. Gemeinsam mit weiteren Maßnahmen kann so frischer Wind in die so wichtige Baukonjunktur gebracht und Arbeitsplätze geschaffen werden.
Das Wohnbaupaket hilft all jenen, die bauen oder sich Wohnraum schaffen wollen. Es ist zudem ein Impulsgeber für die strauchelnde Baubranche und alle davon abhängigen nachgelagerten Gewerke. Wichtig wie bei so vielem ist nun, dass es rasch umgesetzt wird. Die nun gesetzten Schritte kommen keinen Moment zu früh.
Um aber den Wohnbau nachhaltig anzukurbeln, braucht es darüber hinaus eine dauerhafte Entschärfung der Kreditvergaberichtlinie.
Der Vorarlberger Handel befindet sich im Wandel – sowohl stationär wie auch online, tut sich da gerade einiges. „Die Konjunkturverläufe der einzelnen Vorarlberger Handelssektoren waren 2023 höchst unterschiedlich, sowohl was die Umsätze als auch die Preisentwicklung anbelangt“, sagt Handelsforscher Peter Voithofer vom Institut für Österreichs Wirtschaft (iföw). Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie Menschen einkaufen, drastisch verändert. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher bevorzugen den Komfort des Online-Shoppings, wo Produkte mit nur wenigen Klicks direkt verglichen und an die Haustür geliefert werden können. Dieser Trend hat zweifellos Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel in Vorarlberg, bestätigt Theresa Schleicher, bekannt als führende Handels-Zukunftsforscherin in Deutschland, die im Interview von einem „veränderten Einkaufsverhalten“ spricht. Schließlich biete das Onlinegeschäft auch zahlreiche Vorteile: wenige Schritte, Lieferung frei Haus und anderes. Die Fakten sind bekannt.
Nicht mithalten bei diesem Trend können – beispielsweise – viele Buch- und Schreibwarenhändlerinnen und -händler im Land. „Zahlreiche Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand“, erklärt die Obfrau der Vorarlberger Buch- und Medienwirtschaft, Rebekka von der Thannen. Neben den ohnehin hohen und nicht nachvollziehbaren Steuersätzen für Bücher – in Österreich sind es rund zehn Prozent, in der Schweiz und in Liechtenstein hingegen nur 2,6 Prozent – beklagen die Händler den zusätzlichen Kostendruck durch einen bekannten Onlinegiganten. Die oft sehr hohen Kosten für den Versand und die dazugehörige Logistik im Verhältnis zum Warenwert sorgen dafür, dass ein Online-Standbein vor allem für kleine Buchhandlungen oft nicht umsetzbar ist. Die Branche fordert daher, die Schlechterstellung der österreichischen Buchbranche seitens der Politik umgehend zu beenden. Wie den Buchhändlerinnen und Buchhändlern geht es vielen Ladenlokalen im Vorarlberger Ortsbild. Ein Lokalaugenschein in Feldkirch –einer der beliebtesten Einkaufsstädte in
Vorarlberg – zeigt, dass man sich auch hier seit vielen Jahren mit dem Thema Onlinehandel auseinandersetzt. Geschäftsführerin Katharina Feurstein führt mit „Yomabi“ einen Laden für faire und ökologische Baby-,Kinder-, Mama- und Yoga-Artikel in der Feldkircher Innenstadt. Sie setzt sich damit aktiv gegen den „fast-fashion-trend“ ein. Sie bietet ihren Kundinnen und Kunden damit nicht nur wunderschöne und praktische Kleidungsstücke an, sondern wählt ihre Marken nach einem hohen ökologischen und sozialen Standard aus. „Seit meiner Geschäftsgründung setzte ich mich mit dem Thema Onlinehandel auseinander“, erzählt die selbstständige Einzelhändlerin. Nach langen Überlegungen widerspreche dieses Konzept aber ihren Vorstellungen, sagt die Mutter von drei Kleinkindern.
Ihre Vision, Kundinnen und Kunden vor Ort zu beraten, die verschiedenen Marken und Faserzusammensetzungen zu besprechen, sowie die Größen zu zeigen, gehöre für sie einfach dazu. „Meine Kinder prüfen die Kleidungsstücke
In Vorarlberg prägt eine reichhaltige Mischung aus Tradition und Innovation die lokale Handelslandschaft. Doch wie überall auf der Welt steht auch hier der Einzelhandel vor großen Umstrukturierungen, insbesondere durch die stetige Präsenz von Onlineangeboten. Von leeren Ladenlokalen hin zu Mixed-Store-Konzepten und einer Debatte über die Zukunft des Einzelhandels.
Von Eva Niedermair>> regelmäßig auf Bequemlichkeit und Belastbarkeit, daher kann ich meinen Kundinnen und Kunden ein wertvolles Feedback aus eigener Erfahrung weitergeben“, sagt die Gründerin. Außerdem, betont die Geschäftsinhaberin von Yomabi, dass sie ihre Preise an die von Online-Produkten anpasse.
Aktive Gestaltung und innovative Konzepte Der stationäre Einzelhandel befindet sich in einem stetigen Wandel. Im Interview spricht Handels-Zukunftsforscherin Theresa Schleicher von einer qualitativen Re- und Neustrukturierung der Innenstädte. Leerstehende Ladenlokale sind natürlich ein trauriger Anblick, der viele besorgt. Einig sind sich die Händlerinnen und Händler darin, dass eine aktive Gestaltung der Innenstädte und innovative Konzepte erforderlich sind, um dem Trend der Verödung entgegenzuwirken. „Ich sehe nach wie vor viele Vorteile im stationären Handel gegenüber dem Online-Handel“, betont Katharina Feurstein und führt weiter aus: „Feldkirch ist eine sehr belebte Stadt, die im Vergleich zum Onlineshopping sehr viel zu bieten hat. Nicht nur Besorgungen von Alltäglichem, sondern insbesondere die kleinen, feinen Geschäfte, die meist mit viel Herzblut von den Eigentümerinnen und Eigentümern geführt werden und die vielen gemütlichen Cafés und Restaurants schaffen eine Atmosphäre, mit dem der Onlinehandel nicht mithalten kann.“
Für den stationären Handel ist es wichtig, dass die Stadtverwaltungen und die Gemeinden Maßnahmen ergreifen, um die Attraktivität der Innenstädte zu erhöhen.
Veranstaltungen, temporäre Pop-upStores und eine vielfältige Gastronomie können jedenfalls dazu beitragen, mehr Menschen in die Innenstädte zu locken. „Ich finde die Stadt Feldkirch ist sehr engagiert, die Innenstadt lebendig zu halten“, sagt „Yomabi“-Chefin Katharina Feurstein. Es gäbe immer wieder tolle Events und Aktionen seitens des Stadtmarketings, Endverbraucher auf den
lokalen Handel aufmerksam zu machen. Handelsexpertin Theresa Schleicher betonte in diesem Zusammenhang: Es seien die einfachen Dinge, wie, vor dem Laden Schilder aufzuhängen, Flyer auszusenden oder über soziale Medien kommunizieren, bevorzugt bei ihnen einzukaufen, wie Händlerinnen und Händler ihr lokales Geschäft zusätzlich ankurbeln können. Das würde nicht nur ein nachhaltigeres Einkaufserlebnis sichern, sondern auch die lokale Gemeinschaft stärken.
„Das haben wir auch in Corona-Zeiten gemerkt“, sagt Schleicher, ganz viele sind zusammengerückt und haben lokal kommuniziert und damit ihren Umsatz gestärkt. Auch die Feldkircher
„Seit meiner Geschäftsgründung setzte ich mich mit dem Thema Onlinehandel auseinander“, erzählt die selbstständige Einzelhändlerin Katharina Feurstein. Nach langen Überlegungen widerspreche dieses Konzept aber ihren Vorstellungen, sagt die Mutter von drei Kleinkindern.
Ladenbesitzerin sieht das so: „Die lokale Gemeinschaft ist sehr wichtig. Wir Wirtschaftstreibende in der Innenstadt sind gut vernetzt und schicken unsere Kundinnen und Kunden auch gerne mal weiter zu einem anderen Geschäft, wenn sie bei uns nicht fündig werden“, hält Feurstein fest.
Reale Zuwächse kannn der Einzelhandel mit Bekleidung/Schuhen, mit Uhren/Schmuck und im Drogerie/Apotheken-Segment erzielen, wenngleich das Absatzvolumen 2023 um -3,3 Prozent gesunken ist. Obfrau der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Carina Pollhammer ist wichtig zu betonen, dass diesem Trend die treuen Vorarlberger Kundinnen und Kunden entgegenwirken, die den Handel auch in schwierigen Zeiten mit ihren Besuchen und Einkäufen sehr unterstützen. Sie betont weiter: „Auch wenn es über das Handelsjahr 2023 nicht nur Positives zu berichten gibt, haben wir erste Anzeichen, die uns vorsichtig optimistisch auf 2024 blicken lassen.“ Auch die Zahl der Erwerbstätigen im Vorarlberger Handel ist 2023 um +0,3 Prozentpunkte leicht gestiegen und verzeichnet damit eine positive Bilanz hält die Spartenobfrau fest.
Alte Lokale – neue Konzepte
Ein vielversprechendes Konzept, das auch in Vorarlberg zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind die sogenannten Mixed-Store-Konzepte. Was damit gemeint ist, erklärt Theresa Schleicher folgendermaßen: „Abgeleitet von MixedUsed-Konzepten, also der Mischung einer Immobilie aus Gastronomie, Dienstleistungen wie Ärztezentren, Kindertagesstätten, Fitnessstudios, einem kulturellen Angebot sowie einem Ladenlokal geht es darum, lebendige Flächen zu schaffen, um mehr Menschen zu erreichen. Dieses Kombinieren verschiedener Angebote unter einem Dach, oft ergänzt durch Gastronomie, Veranstaltungsräume oder kulturellen Einrichtungen, führt dazu, das Einkaufserlebnis für Kunden zu bereichern und die Attraktivität der Innenstädte zu steigern. Gleichzeitig
werden Leerstände reduziert. Damit können hohen Kosten für Ladenfläche und den großen Personaleinsatz aufgeteilt und Synergien geschaffen werden. Ähnlich wie ein Kaufhaus – aber anders inszeniert –würden mehrere Händler zusammen, Kooperationen anbieten und Flächen teilen. Dies trägt zu einem vielfältigen Einkaufserlebnis vor Ort bei.
„Viele speziell nachhaltige Konzepte oder Marken, die sich derzeit noch in einer Nische bewegen, bekommen damit auch die Möglichkeit, mehr Menschen zu erreichen“, betont Schleicher. Das sieht auch die lokale Ladenbetreiberin in Feldkirch so: „In unserem Ladenlokal habe ich mich mit zwei weiteren Kooperationen zusammengetan, in dem wir nun mit „KleiderGrün“ und „Windlkind“ unter gleicher Philosophie, fair produzierte Textilien und Produkte anbieten können und damit ein entsprechend vielfältigeres Angebot mitten in der Stadt abdecken“.
In der Debatte über die Zukunft des Einzelhandels in Vorarlberg ist also klar: Eine einfache Lösung wird es nicht geben. Sowohl der Online-Handel als auch der stationäre Einzelhandel haben ihre Vor- und Nachteile. Letztendlich liegt es aber an den Städten, sowie den Händlerinnen und Händlern, denen sich mit einfach Tricks und kreativen Lösungen oft Chancen bieten, sich an die aktuellen Herausforderungen anzupassen. Nicht zuletzt sind natürlich auch wir als Einkäuferinnen und Einkäufer gefragt, denn wie Katharina Feurstein abschließend betont, „können das Onlinegeschäft und stationärer Handel durchaus koexistieren, aber die Menschen, die einkaufen, müssen wissen, dass wir Händler vor Ort Arbeitsplätze schaffen und hier Steuern zahlen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wohin er sein Geld gibt und wen er damit fördert, oder eben nicht.“
Zu guter Letzt heißt es wohl für alle Seiten, flexibel zu bleiben und bereit zu sein, sich anzupassen. Nur so können wir auch in Zukunft erfolgreich sein und unsere Innenstädte lebendig halten.
„Wir erleben die qualitative Neuordnung der Innenstädte“
Theresa Schleicher, eine der renommiertesten Zukunfts- und Handelsforscherinnen Deutschlands, im Interview über die Entschleunigung des Onlinehandels und die Entwicklung der Innenstädte.
Von Sabine BarbischFrau Schleicher, Sie definieren einen entschleunigten Onlinehandel als einen der zentralen Trends im Handel. Woran machen Sie das fest?
In den vergangenen zehn Jahren haben wir einen enormen Onlineboom hinter uns. Speziell die Onlineplattformen und der E-Commerce, sprich die Umsätze über Digitalkanäle, sind jedes Jahr gewachsen; und das sowohl in der Stadt wie auch auf dem Land. Jetzt erleben wir zum ersten Mal, dass das Wachstum stagniert, teilweise sehen wir eine negative Entwicklung. Auch online kommt an die Grenzen und muss sich mit dem Thema Fokus, sowohl im Sortiment wie auch mit dem Thema Profitabilität, auseinandersetzen. Das führt zu einer gewissen Entschleunigung. Es geht nicht mehr unbedingt darum, alles wahnsinnig schnell und in einzelnen Paketen zu liefern und eine maximale Vielfalt von Marken und Produkten zu haben, sondern tatsächlich zu schauen, was Kundinnen zukünftig brauchen: Welche Produkte und Marken machen Sinn? Und wie kann ich sie nachhaltig integrieren – sowohl im Sinne des Planeten wie auch aus wirtschaftlicher Sicht?
Wie kommt diese Entschleunigung bei der Kundschaft an?
Ich habe 2023 eine Erhebung gemacht, die zeigt, dass viele Kunden – auch in den urbanen Gegenden – gar nicht mehr so stark das Bedürfnis haben, dass eine Lieferung innerhalb kürzester Zeit ankommen muss. Solange der Liefertermin verlässlich eingehalten wird und die Lösung nachhaltiger ist, genügt die Lieferung zwei, drei Tage später. Ausnahme ist die Lieferung von Lebensmitteln.
Apropos nachhaltiger: das wäre auch der stationäre Einkauf bei regionalen Händlern…
Realistisch gesehen, hat der E-Commerce immer mehr Menschen – vor allem in ländlichen Regionen – auf digitale Plattformen gebracht, dementsprechend wurde weniger stationär eingekauft. Reine Onlinehändler wie Amazon, Zalando oder Otto und jetzt auch asiatische Plattformen versuchen die Kundschaft mit sehr günstigen Preisen zu locken. Das verändert auch das Einkaufsverhalten. Allerdings sind das nur kurze Bewegungen und Wellen. Denn letztendlich fordert das die Mitbewerber im Gesamtmarkt heraus, zu schauen, was den Kunden eigentlich wichtig ist. Wenn Händlerinnen das beste Angebot, und das meine ich nicht preislich, in Form von relevanten Produkten anbieten, dann kreieren sie einen starken Gegenpol zu reinen Online-Wettbewerbern.
Viele Händlerinnen versuchen dennoch im Onlinegeschäft aktiv zu sein oder zu werden.
Mittlerweile ist es so, dass fast jeder Händler ab einer gewissen Größe in einen Onlineshop und in die Präsenz im Internet investiert. Das heißt, sie verkaufen bereits hybrid. Natürlich sind Onlineshops vor allem für die jüngeren Generationen ein wichtiger Kanal. Aber wir sehen auch, dass der Trend, Produkte online zu suchen und digital zu stöbern und dann stationär einzukaufen, weiterhin da ist. Momentan sehen wir, dass die großen reinen Onlineplattformen zumindest in den größeren Ballungsgebieten immer mehr ins Straucheln geraten: Ihre Relevanz sinkt, denn letztendlich sind sie nur ein Abbild eines digitalen Warenhauses; und wie sich Warenhäuser in den letzten zehn Jahren entwickelt haben, brauche ich Ihnen ja nicht zu erzählen …
Der Handel befindet sich insgesamt in einem Wandel. Wird die Frage nach „online oder stationär“ in Zukunft überhaupt noch relevant sein?
Nein, letztendlich müssen wir – im Handel und in der Wirtschaft generell – davon wegkommen, über Formate und Kanäle zu sprechen. In Zeiten von Konsumbewusstsein und Nachhaltigkeit lautet die zentrale Frage: Was wollen Kundinnen künftig kaufen und konsumieren? Wir unterhalten uns im Handel gerne darüber, wie wir alles maximal attraktiv gestalten können, sei es mit Preisaktionen, mit Kommunikation, mit neuen Filialkonzepten oder mit digitalen Kanälen und Aktionen in den Sozialen Medien. Aber nochmal: Die generellen Anforderungen an Produkte und Konsumformen verändern sich, das wird in der aktuellen Diskussion zu wenig thematisiert.
Welche Folgen hat das für die (Einkaufs-)Städte der Zukunft? Innenstädte entwickeln sich sehr evolutionär, über deren Entwicklung und Zukunft sprechen wir seit zwanzig Jahren. Die aktuellen Herausforderungen sind Städte, die zum Teil nur noch größere Warenhäuser oder Flagshipstores von bekannten
Marken haben und gleichzeitig von extrem vielen In solvenzen geprägt sind. Ich will nicht unterschlagen, dass es letztendlich eine Bewegung ist, durch die wir eine qualitative Neuordnung der Innenstädte erleben. Jetzt ist die Zeit, genau zu schauen, wie Konsum funk tioniert, jetzt ist die Zeit, das Thema Dienstleistungen in Städten anzugehen: was wird gebraucht, wie viel Wohnraum gibt es, was wollen die Menschen dort? Diese qualitative Re- und Neustrukturierung sehe ich positiv; sie führt aber auch dazu, dass manche bei den Veränderungen nicht mithalten können. Das klingt sehr dramatisch, aber Konsum, Wirtschaft und Handel in In nenstädten sind sehr wichtig – auch in Zukunft.
Was bedeutet das konkret?
Aktuelle Zahlen zeigen, dass stationäres Flanieren und Einkaufen im Vergleich zum Online einkauf zunimmt. Durch Phänomene wie Homeoffice oder die Souverä nität bei der Work-Life-Balance ist die Zeit und Lust da, mehr in der eigenen Region einzukaufen oder im Café zu sitzen. Dement sprechend fangen die Händler jetzt schon an, die Aufenthalts qualität in den Filialen und Lä den schöner zu gestalten, sie so zu arrangieren, dass Menschen sehr gerne reingehen. Das un terstützt die Entwicklung, dass mehr vor Ort eingekauft wird.
Wenn sich dadurch die Kauf kraft in einer Region erhöht, gibt es auch wesentlich mehr Händler, die sich trauen zumindest testwei se neue Handelskonzepte zu er öffnen.
Welche Vorteile hat das?
Der Einkauf vor Ort ist nach haltiger, unterstützt die Region, fördert eine lebendige Gemein schaft. Wenn Menschen darauf aufmerksam gemacht werden und sie auch den Mehrwert dahinter sehen, dann kau fen sie dort auch ein. Und dann zählt nicht die eine Sekunde, die sie gespart haben, weil sie dann doch online oder bei einem großen Filialis ten gekauft haben.
Danke für das Gespräch!
Zur Person
THERESA SCHLEICHER
* 1989, ist eine der renommier testen Handelsexpertinnen Deutschlands. Die Autorin der Re tail-Report-Reihe war Geschäfts führerin in der Hirschen Group, einer der größten Beratungs- und Kreativunternehmen im deutsch sprachigen Raum, und entwickelt als Zukunftsforscherin innova tive Handelskonzepte und neue Strukturen mit den führenden Mobilitäts- und Handelskonzer nen in Asien und Europa. Sie ist seit 2015 Jurymitglied zahlreicher Handels-Innovationspreise und treibt gemeinsam mit Politik, Verbänden und Stadtentwicklern neue Innenstadtkonzepte voran.
Wolfgang Mueller (54) ist Professor für russische Geschichte an der Uni Wien und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine ist er ein hochgefragter Experte. Gerald A. Matt traf ihn zum Gespräch.
Hat der ominöse Tod Nawalnys Ihren, aber auch den Blick der Welt auf Putin und Putins Regime geändert? Hatte Joe Biden recht, als er sagte: „I think Putin is a killer“?
Der frühe Tod Alexei Nawalnys in sibirischer Lagerhaft hat viele erschüttert und sicher auch das Bild von der Lage in Russland beeinflusst. Ich muss gestehen, dass er mich nicht überrascht hat. Die vom Kreml ausgehende Gewalt hat verschiedene Formen angenommen, gegen Oppositionelle, gegen einfache Menschen, zuoberst natürlich jene des Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Sind Haft und Tod Nawalnys und die Niederschlagung des versuchten Marsches Prigoschins inklusive dessen „Flugzeugabsturz“ Zeichen der Schwäche oder Stärke von Putins Herrschaft? Ist der Überfall der Ukraine auch der Versuch, die innere Herrschaft zu sichern?
zarische Autokratie, die Leibeigenschaft, die sowjetische Diktatur, das Blutbad an der eigenen Bevölkerung im Stalinismus, die Überwachung und Manipulation haben den meisten Menschen die Vorstellung, politische Verantwortung zu tragen und etwas bewirken zu können, ausgetrieben. Später kamen die teils gescheiterten Reformen der 1990er Jahre und schließlich deren Rückbau unter Präsident Putin.
Wie hat der Krieg die russische Gesellschaft verändert? Die Sanktionen scheinen bislang wenig Wirkung zu zeigen, dennoch fallen viele junge Männer, wo bleibt der Protest der Mütter?
Wolfgang Mueller, *1970 in Wien, forscht unter anderem zur sowjetischen Geschichte, zum Kalten Krieg und zur Geschichte des Politischen Denkens in Russland.
Eine Meuterei von Söldnern würde wohl auch in demokratischen Staaten niedergeschlagen werden – allerdings würde der Anführer dann vor Gericht gestellt. Die generelle Unterdrückung der Meinungsfreiheit hingegen kann man als Zeichen des Unsicherheitsgefühls eines autoritären Regimes interpretieren, das die eigene Bevölkerung fürchtet. Auch den russischen Überfall auf die Ukraine kann man als den Versuch werten, eine eher demokratisch inspirierte Alternative vor der Haustüre Russlands auszuschalten und dadurch das autoritäre System in Russland zu stabilisieren. Das erscheint mir als die plausibelste Erklärung.
Wie sehen Sie die Entwicklung Russlands seit Gorbatschow, gab es jemals die Chance für eine funktionierende Demokratie und wenn nein, warum
Eine Chance bestand durchaus, aber die Voraussetzungen waren schlecht und die Zeit war kurz. Russland hat wenig Erfahrungen mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die
Die westlichen Finanzsanktionen zeigen Wirkung; die Wirtschaftssanktionen werden teils mit Hilfe anderer Staaten umgangen. Dass sie Russland zum Ende des Krieges bewegen, ist jedoch derzeit nicht abzusehen. Einen öffentlichen Aufstand gegen den Krieg haben sie ebenfalls nicht hervorgerufen. In den vergangenen sechs Jahren wurden in Russland mehr Menschen für politische Delikte wie Kritik am Krieg und Teilnahme an Demonstrationen verhaftet als je zuvor seit Stalins Tod vor 70 Jahren. Protest, auch von Soldatenmüttern und -frauen, wird rigoros unterdrückt – zudem kommt ein Gros der Soldaten nicht aus Kernrussland. In den Medien regiert die Kriegshetze. Hunderttausende Menschen haben das Land verlassen, viele ziehen sich ins Private zurück.
Barack Obama bezeichnete Russland – etwas arrogant – als eine Mittelmacht. Seit geraumer Zeit versucht Russland, seinen Einfluss auf Staaten und politische Akteure in Europa, im Nahen Osten und in Afrika auszuweiten. Ist Russland zurück auf der politischen Weltbühne oder zeigt die Tatsache, dass Russland bislang den Krieg gegen Ukraine nicht gewinnen konnte, seine Schwäche auf? Hatte Obama recht? Obama sprach 2014 von einer Regionalmacht, deren äußere Aggression ein
Ich war vom russischen Angriff schockiert und von der großen ukrainischen Bereitschaft und Fähigkeit, sich zu verteidigen, überrascht.
Ausdruck innerer Schwäche des Regimes sei. Helmut Schmidt bezeichnete die Sowjetunion gar als „Obervolta mit Atomraketen“. Beides ist unhöflich, aber versucht, den seltsamen Widerspruch zwischen dem Supermachtanspruch Moskaus, der wenig innovativen Wirtschaft und der schwachen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fassen. Auf der Weltbühne war Moskau damals wie heute sehr aktiv. Der Rückzug der 1990er Jahre ist eher eine Ausnahme.
Chinas Modell basiert auf einem von der Partei kontrollierten Kapitalismus, wie legitimiert sich Russlands System, was ist der ideologische Kitt der Herrschaft Putins?
Der Kitt war lange Zeit ebenfalls das Wirtschaftswachstum, verbunden mit der Überwindung der Unsicherheit der 1990er Jahre. Spätestens 2012 kam eine ultrakonservative Gesellschafts- und imperialistische Außenpolitik dazu, die den „liberalen“ Westen als Feind darstellt.
Waren Sie überrascht und schockiert über den Angriff Russlands auf die Ukraine oder hat Sie die Erfolglosigkeit Russlands, die Ukraine im Handstreich zu nehmen, noch mehr überrascht?
Ich war vom russischen Angriff schockiert und von der großen ukrainischen Bereitschaft und Fähigkeit, sich zu verteidigen, überrascht.
Der Konflikt mit der Ukraine schwelt ja schon länger – warum setzte Putin gerade Anfang 2022 seine Drohungen in die Tat um? Und hat der Krieg nicht schon mit der Krimbesetzung begonnen?
Ja, der Krieg hat 2014 begonnen –nicht nur auf der Krim, sondern auch im Donbass, im Internet, in der Propaganda und bei verdeckten Operationen an vielen Orten. Möglicherweise war die „große“ Invasion bereits damals eine Option. Warum sie 2022 passierte, können wir nur spekulieren: Hohe Rohstoffpreise, neue Regierungen in den USA und Deutschland, bevorstehende Wahlen in
Frankreich, sinkende Umfragewerte in der Ukraine und in Russland sowie die ideologische Radikalisierung im Kreml während COVID werden oft als mögliche Faktoren genannt.
Putin hat im Wesentlichen immer wieder drei Kriegsgründe vorgebracht. Zum einen, die NATO habe zugesagt, sich nicht nach Osten auszudehnen, Russland sei von der NATO betrogen worden. Zum anderen, die russischsprachige Bevölkerung werde von der „Naziregierung“ in Kiew unterdrückt, ja einem Genozid ausgesetzt. Darüber hinaus sprach er der Ukraine ab, eine eigene Nation zu sein. Ist dies für Sie plausibel?
Keiner der Gründe trifft zu. Ein Einschreiten ansatzweise rechtfertigen könnte nur ein Genozid, aber der fand bekanntlich nicht statt. Westliche Politiker, sprachen wohl 1990-91 von einer Nichtausdehnung der NATO, aber es kam nie zu einem entsprechenden Vertrag. Als später die mitteleuropäischen Staaten wie etwa Polen aufgrund ihrer historischen Erfahrungen mit Russland den Schutz der NATO suchten, wurden sie aufgenommen. Boris Jelzin und Wladimir Putin erkannten das öffentlich als bilaterale Angelegenheiten der betroffenen Staaten an. Als die russische Aggression gegen die Ukraine 2014 begann, war diese neutral. Erst in Reaktion auf die russische Aggression sprach sich die Ukraine mehrheitlich für einen NATO-Beitritt aus. Eine Unterdrückung der russischsprachigen Volksgruppe gab es nicht, obwohl die ukrainische Sprache gefördert wurde. Die 2012 eingeführte regionale Gleichstellung beider Sprachen wurde 2019 als verfassungswidrig aufgehoben. Die Regierung der Ukraine ist demokratisch gewählt, gemäßigt und nicht nazistisch ausgerichtet und umfasst auch Angehörige der russischsprachigen, krimtatarischen und jüdischen Minderheiten. Dass die Ukrainer eine Nation sind, beweisen sie seit zwei Jahren durch ihren einhelligen Widerstand gegen die Aggression – über alle Sprachgrenzen hinweg.
Welche politische Logik und welches Geschichtsbild treibt Putin an? Retour zur Sowjetunion? War und ist sein Ziel letztlich die Auslöschung der Ukraine als eigenständiger freier Staat?
Ja, es ist die Logik einer Autokratie, die eine eigenständige, basisdemokratisch motivierte Alternative in der Ukraine auslöschen möchte. Faktisch ist das Ziel die Rückkehr zu einer, ideologisch allerdings eher rechtsradikalen, Sowjetunion.
Die Reaktion des Westens ist bis heute zwiespältig, militärische Unterstützung, aber in Grenzen. Gilt bislang „zuviel zum Sterben, zu wenig, um zu leben“?
Die westliche Unterstützung ist für die Ukraine überlebensnotwendig und entspricht der Verpflichtung der Staatengemeinschaft zur kollektiven Sicherheit. Richtig ist, sie kommt oft in zu geringem Umfang und zu spät, um den Krieg rasch beenden und die Ukraine nachhaltig sichern zu können.
Wie beurteilen Sie den bisherigen Kriegsverlauf? Ist nicht das Gegenteil eingetreten, was Putin wollte? Stichwort: NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens, die NATO-Grenze rückte direkt an Russland und die Ukraine wurde zum kampfbereiten, einigen Staat. Hat sich Putin verkalkuliert?
Auf die westliche Erleichterung über den ukrainischen Abwehrerfolg 2022 folgte nun der Katzenjammer über die gescheiterte Gegenoffensive 2023. Die westlichen Gesellschaften werden von Wladimir Putin als schwach eingeschätzt – es bleibt abzuwarten, ob er Recht hat. Der Widerstand der Ukraine und der NATO-Beitritt Finnlands sprechen tatsächlich für eine Fehlkalkulation. Der Fall Finnlands zeigt auch, dass es Präsident Putin beim Krieg gegen die Ukraine nie um die NATO ging. Wenn man bedenkt, dass das BIP der NATO das Zwanzigfache jenes Russlands darstellt, kann der Westen eine zentrale Rolle spielen. Aber natürlich spielt auch der politische Wille eine Rolle.
Zum einen erhielt der Ruf nach Friedensverhandlungen, nunmehr durch den Sager des Papstes, die Ukraine solle die weiße Fahne hissen, weitere Unterstützung. Zum anderen schloss Präsident Macron den Einsatz von Bodentruppen nicht aus. In Deutschland wurde gar der Ruf nach eigenen Atomraketen laut. Ist Europa zunehmend kriegsmüde oder bereit und in der Lage zunehmend selbst die Verantwortung für die eigene Sicherheit zu übernehmen?
Friedensforderungen sind legitim. Die Chance auf einen nachhaltigen Frieden im Sinne von Sicherheit, Selbstbestimmung und Freiheit ist am größten, wenn die westliche Unterstützung für die Ukraine hoch ist. Großbritannien und Frankreich sind Atommächte und zum Beistand gegenüber anderen NATOStaaten verpflichtet. Mit oder ohne USUnterstützung sollte Europa jedenfalls mehr in die eigene Verteidigung investieren als bisher, wenn es verteidigungsfähig sein will.
Ist eine Verhandlungslösung aufgrund der diametral entgegengesetzten Standpunkte von Russland und Ukraine überhaupt möglich?
Positiv ist, dass für den Krieg kein jahrzehntealtes, kompliziertes Problem verantwortlich ist, sondern „nur“ der Wille des Präsidenten Russlands. Zwischen der völkerrechtlichen Existenz einer souveränen Ukraine und deren Leugnung gibt es aber keinen Kompromiss. Selbst territoriale Fragen sind schwierig: Einerseits, weil es um die Schicksale der Menschen in den besetzten Gebieten geht, wo viele getötet, gefoltert, unterdrückt, deportiert und umerzogen werden. Andererseits, weil die Staatengemeinschaft kein Interesse daran haben kann, dass Eroberungskriege durch territoriale Zugeständnisse belohnt werden.
Wie ernst sind die Drohungen Putins eines Atomkriegs (auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen) zu nehmen und was sind die globalen Folgen dieser Drohgebärden?
Sie sind ein Teil der psychologischen Kriegsführung. Das bedeutet nicht, dass man sie nicht ernst nimmt. Die Folgen wären schwer – auch für Russland. Global ist eine neue Welle der atomaren Rüstung zu erwarten – jeder kann sehen, dass Staaten ohne Atomwaffen von solchen mit Atomwaffen erpresst werden können.
Joe Biden warnt vor Putins Imperialismus und sagt, dass sich Putin nicht mit der Ukraine zufriedengeben würde. Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass er tatsächlich ein NATO-Land angreifen würde?
Das wird vom Kriegsverlauf in der Ukraine, aber auch vom Zustand der NATO abhängen. Ein gespaltener Westen wäre ein leichteres Ziel als ein geeinter. Zuvor sind aber eher Länder außerhalb der NATO bedroht. Im Cyberspace und in den Medien finden Angriffe bereits statt – auch auf Deutschland und andere westliche Staaten. Präsident Putin und seine Gehilfen haben den ganzen Westen als Kriegsgegner genannt.
Und noch eine Bitte um eine Prognose: Wird es eine souveräne Ukraine in fünf Jahren noch geben? Ist ein Friede beziehungsweise ein andauernder Waffenstillstand ohne NATO-Schutz – was quasi einer NATO-Mitgliedschaft gleichkommt – vorstellbar?
Historisch gesehen, sind die expansiven Imperien in Europa Nationalstaaten gewichen. Ich gehe daher davon aus, dass es eine souveräne Ukraine auch in Zukunft geben wird. Um den Krieg zu beenden, Frieden zu schaffen und künftige Kriege möglichst auszuschließen, wäre eine westliche Beistandsgarantie oder NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine zweckmäßig.
Zur Person
GERALD A. MATT
* 1958 in Hard, ist Kulturmanager, Publizist und Gastprofessor an der Universität für angewandte Kunst Wien.
SPAR ist mit vielen heimischen Betrieben in langjähriger, enger Partnerschaft verbunden. Und davon haben alle etwas: Tolle Produkte und regionale Vielfalt in Top-Qualität.
Die EU-Lieferkettenrichtlinie tritt ab 2029 in einer entschärften Variante in Kraft. Es sind nun zwar weniger Unternehmen betroffen, aber die Sache bleibt bürokratisch. Der Ökonom Klaus Friesenbichler sieht den „schalen Beigeschmack fehlender Effektivität“.
Von Andreas DünserLange wurde verhandelt, nun ist es fix: Die Europäische Lieferkettenrichtlinie kommt, sie tritt ab 2029 in Kraft. Allerdings in einer abgemilderten Variante: Die Mehrheit der EU-Staaten hat Mitte März dafür gestimmt, Österreich und Deutschland enthielten sich.
Unverändert bleibt das Ziel: Europäische Unternehmen sollen mit dieser Richtlinie verpflichtet werden, auf die Einhaltung von Menschenrechten und von Umweltschutz entlang ihrer gesamten Lieferkette zu achten und bei Verstößen tätig zu werden.
Gemessen an ihrer ursprünglichen Fassung beinhaltet dieser finale Kompromissvorschlag allerdings weniger strengere Regeln: Von der Richtlinie erfasst werden jetzt nur noch europäische Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Von der ursprünglichen Variante wären weitaus mehr Unternehmen getroffen gewesen. Das Nachrichtenportal „Euractiv“ schätzt die Zahl der nun betroffenen Unternehmen europaweit auf 5400, das sind laut den Daten des Portals lediglich 0,05 Prozent aller Firmen in der Union. Auch wurden im finalen Vorschlag zuvor noch definierte Risikosektoren wie die Textil- und die Landwirtschaft gestrichen, zudem wurde das Klagerecht in Drittländern, insbesondere auch von
Nichtregierungsorganisationen, eingeschränkt.
Doch auch die abgeschwächte Fassung – in Österreich sind ab 2029 rund 200, in Vorarlberg nach Angaben der IV rund 15 große Unternehmen betroffen – sorgte für Debatten. Während die Befürworter der ursprünglich weit strengeren Fassung scharfe Kritik an einer „jetzt zahnlos gewordenen Richtlinie“ übten, fanden Vertreter der Wirtschaft auch für die abgemilderte Variante unverändert kritische Worte. So sagte etwa Karlheinz Kopf, der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich: „Die EU lässt ein Bürokratiemonster von der Leine.“ Man bekenne sich zu verantwortungsvollem und nachhaltigem Wirtschaften, habe deswegen das grundsätzliche Vorhaben, soziale und ökologische Standards international zu verbessern, von Beginn an unterstützt: „Die Ziele der EU, eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Bürokratieabbau, werden nun jedoch meilenweit verfehlt.“ Kopfs Nachsatz: Entscheidend sei jetzt, „dass es bei der nationalen Umsetzung zu keiner übermäßigen bürokratischen Belastung der Unternehmen durch eine Übererfüllung von EUVorgaben kommt“.
Doch ist die neue Richtlinie nun zu bürokratisch, wie die einen kritisieren? Oder ist sie zahnlos, wie die anderen mo-
nieren? „Beide haben recht“, sagt Klaus Friesenbichler, stellvertretender Direktor des Lieferketteninstituts ASCII und Senior Economist beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung.
„Ein schaler Beigeschmack“ Ihm zufolge ist die Richtlinie zwar ein gutes Signal, dass die Union etwas unternehmen wolle gegen Menschenrechtsverstöße und Umweltschäden in Drittstaaten. Gleichzeitig aber bleibe ein „schaler Beigeschmack fehlender Effektivität“: „Ob diese abgespeckte Richtlinie in den Drittländern wirklich wirksam wird, ist fraglich. In der ursprünglichen Variante hätte sie mehr Biss gehabt. Dennoch haben die von der Richtlinie betroffenen großen Unternehmen hohe administrative Kosten zu tragen.“ Und
komme es tatsächlich zu Verstößen und zu Klagen, würden in die Lieferkette involvierte kleinere und mittlere Unternehmen mit in die Verantwortung gezogen: „Das liegt schon in der Logik der Richtlinienkonstruktion.“
Ein anderes Modell
Das Lieferketteninstitut ASCII hätte ohnehin ein anderes Modell vorgeschlagen, das Komplexität reduziert und zielgerichtet ist: „Von vornherein alle Länder ausnehmen, die ein hinreichend gutes Rechtssystem haben – das träfe etwa die gesamte EU, Nordamerika, Japan und Südkorea. Und für alle anderen Länder sollte ein Versicherungssystem und ein Zertifizierungssystem eingeführt werden: Lieferanten in den betreffenden Ländern werden geprüft, sind sie sauber, bekommen sie einen Stempel, der Versicherer übernimmt das Risiko. In Screenings vor Ort, in die Prüfung der jeweiligen Produktionsbedingungen, könnten auch die NGOs eingebunden werden.“
Aber nun kommt eben die Lieferkettenrichtlinie. Friesenbichlers Fazit: „Man hat nun eine Richtlinie, die zwar ein gutes Signal ist, aber wenig Biss hat und vor Ort wenig effektiv sein wird; die gleichzeitig einigen Firmen viel Geld kosten wird und auch involvierte KMU treffen kann. Die Sache hat letztlich eine sehr ungünstige Entwicklung genommen.“
Wissenschaftsbotschafter an Schulen
Jungen Menschen die Wissenschaft und ihre Protagonisten näher bringen, um damit der in Österreich offenbar weit verbreiteten WissenschaftsSkepsis entgegenzuwirken: Mit diesem ambitionierten Ziel hatte Bildungsminister Martin Polaschek Anfang 2023 das Projekt „Wissenschaftsbotschafter“ gestartet, in dessen Rahmen Wissenschaftler Schulen besuchen, um dort über sich und ihr Arbeitsfeld zu berichten.
Wie der Minister nun mitteilte, haben sich bislang rund 450 Wissenschaftsbotschafter zur ehrenamtlichen Teilnahme bereit erklärt. Österreichweit
wurden etwa 7700 Kinder und Jugendliche erreicht. Allerdings zeigen sich regional deutliche Unterschiede. Demnach hat es seit Start der Aktion österreichweit 309 Schulbesuche gegeben, in Wien beispielsweise 88, in Kärnten immerhin noch sieben, in Vorarlberg aber gerade einmal drei. Die Bilanz der guten Aktion ist aus Vorarlberger Sicht also äußerst mau. Man wolle, so hieß es in einer sehr höflichen Formulierung, „noch mehr ermuntern“.
In einer ministeriellen Beschreibung des Projekts heißt es übrigens, die Erfahrungen der Corona-Pandemie und die
Bildungsminister Martin Polaschek
Von Andreas DünserEurobarometer-Umfrage zur Einstellung der europäischen Bevölkerung zu Wissenschaft und Technologie (2021) hätten gezeigt, „dass es in Österreich ein tieferes Verständnis sowohl für Wissenschaft und Forschung als auch für demokratische Prozesse braucht“. Es sei daher eines besonders wichtig: „Bereits bei der jungen Generation anzusetzen, um das Vertrauen in Wissenschaft und das Bewusstsein für Demokratie in der Gesamtbevölkerung nachhaltig zu stärken.“ Warum das gute Projekt in Vorarlberg derart wenig Zuspruch genießt, wäre zu klären.
Die traditionelle Wirtshauskultur bröckelt. Schon seit Jahrzehnten werden die klassischen Wirtschaften weniger, Dorfgemeinschaften verlieren ihren Mittelpunkt; das verschärfte sich schon lange vor Corona dramatisch. Stichworte sind Bürokratie, Personalmangel oder verändertes Freizeitverhalten. Doch die Fakten sprechen auf den ersten Blick eine andere Sprache. Aber eben nur auf den ersten.
Trotz der österreichweiten Zunahme von Gastronomieunternehmen –Restaurants/Gaststätten, Catering, Bars, Kaffeehäuser sowie Betriebe mit Ausschank von Getränken – sinkt die Zahl der klassischen Wirtshäuser beziehungsweise Dorfwirtschaften. 1978 gab es in Österreich noch 15.000 Gasthäuser, 2016 waren es nur noch 8500 – Tendenz weiter sinkend. 2023 verfügte Vorarlberg laut Statistik der Wirtschaftskammer über 1603 gastgewerbliche Berechtigungen, die die Verabreichung von Speisen und den Ausschank von Getränken zum Gegenstand haben. Klassische Gasthäuser waren 143 gelistet, Restaurants 359. Fünf Jahre zuvor, 2018, waren es insgesamt 1619 „Gastro“-Betriebe, davon 191 klassische Dorfgasthäuser. Die Gründe für das Verschwinden der dörflichen Wirtshäuser sind vielfältig.
Da wären zum einen die gestiegenen Kosten. In vielen Gemeinden sind die Mieten hoch, die Lohnkosten der Mitarbeiter steigen jedes Jahr. Dazu kommen hohe Investitionen, um den Bedürfnissen der Gäste gerecht zu werden: Barrierefreiheit, moderne Küchenausstattung, hochwertige, regionale Lebensmittel und ausreichend Parkmöglichkeiten.
Das gesellschaftliche Problem der steigenden Landflucht spielt ebenso eine Rolle. Viele Menschen arbeiten in der Stadt, leben aber auf dem Land. Diese Menschen haben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in den Dörfern, ihnen fehlt der Bezug zu den ortsansässigen Gasthäusern und Vereinen. Trotz Zunahme der Beschäftigten – sie stieg in der Vorarlberger Gastronomie von 2010 bis 2021 von 3933 auf 4610 Personen (+17,2 Prozent) – gehört der Personalmangel zu den aktuell größten Herausforderungen der Gastronomie, ebenso wie der demographische Wandel, sich verändernde Gästeanforderungen und Essverhalten, eine fehlende Differenzierung von der
Konkurrenz und Probleme bei der Übernahme von Betrieben. Damit spiegeln die Probleme der dörflichen Wirtshauskultur einen Prozess wider, hinter dem sich ein Wandel, eine Erneuerung, eine Anpassung der Wirtshauskultur an die veränderten Lebensbedingungen der Menschen und ihrer Bedürfnisse im 21. Jahrhundert verbirgt.
Initiativen auf Bundesländerebene
Niederösterreich nahm sich vergangenes Jahr Tirol zum Vorbild. Seit 2019 gibt es dort neben einer Investitionsförderung für Tiroler Wirtshäuser auch
die sogenannte Wirtshausprämie. Bis zu 20.000 Euro können Gastronomen vom Land bekommen, sollten sie ein Wirtshaus übernehmen oder neu eröffnen wollen und die Verpflegungssituation in der Gemeinde „ernsthaft gefährdet“ sein. Ob damit das Ende des Wirthauses aufgehalten werden kann, bleibt fraglich, zumal in Tirol laut „profil“-Recherchen seit Einführung der Wirtshausprämie nur sieben Betriebe mit insgesamt 70.000 Euro gefördert wurden.
Mit Programmen wie „Vorarlberg isst“ und der Arbeitgebermarke „Top Tourismus Jobs“ wurden auch bei uns
Von Herbert Motter
in jüngerer Vergangenheit versucht, erste Akzente für eine Stärkung der heimischen Gastronomie zu setzen. „Es geht um die Hingabe zur kulinarischen Vielfalt und Küche Vorarlbergs, in Richtung saisonale, nachhaltige und traditionelle österreichische sowie Vorarlberger Küche, aber auch mit dem zeitgemäßen, kreativen und modernen Input der Küchenchefs“, schlägt Gastro-Fachgruppenobmann Mike P. Pansi vor.
Es gäbe verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können, um das Wirtshaussterben in Österreich zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen.
Tirol hat es 2019 getan, die Steiermark und unser Nachbar Bayern auch, Niederösterreich vor gut einem Jahr. Jetzt setzt auch Vorarlberg Akzente gegen den weiteren Niedergang der Dorfgasthaus-Kultur. Bis in den Sommer soll ein Maßnahmenund Förderprogramm vorliegen.
Eine Möglichkeit sieht Pansi darin, die Betriebskosten für Wirtshäuser zu senken. „Dazu könnten Steuererleichterungen – etwa Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen nach dem deutschen Vorbild – oder spezielle Förderungen für Wirtshausbesitzer beitragen. Eine weitere Möglichkeit ist, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung von Wirtshäusern zu erhöhen. Auch neue Konzepte müssen angedacht werden“, sagt der Obmann der Vorarlberger Gastronomie. So gibt es zum Beispiel Überlegungen, Wirtshäuser stärker als Treffpunkte für die lokale Gemeinschaft zu
GastroFachgruppenobmann Mike P. Pansi: „Sinkt die Zahl der Wirtshäuser, so hat das kulturelle wie auch wirtschaftliche Auswirkungen.“
positionieren. Durch die Organisation von Veranstaltungen, wie Quiz- oder Spieleabende, wird das Wirtshaus zu einem Ort, an dem sich Menschen gerne aufhalten und austauschen. Auch die Möglichkeit, das Wirtshaus als Coworking-Space zu nutzen, gehöre diskutiert. Pansi plädiert auch für lokale Gemeinschaftsinitiativen, die sich aktiv für den Erhalt und die Förderung der Wirtshäuser einsetzen. Mehr Mut, Angebote zu diversifizieren, Partnerschaften mit lokalen Bauern und Produzenten oder die Integration in lokale touristische Routen gehören auch dazu. Letztlich könnten Marketingkampagnen, um Wirthäuser als touristische Attraktionen und Markenzeichen lokaler Authentizität hervorzuheben, ebenso dienlich sein wie die Nutzung digitaler Technologien.
Neues Maßnahmenpaket für Vorarlberg
Mit der Initiative „Unser Dorfwirt –Wirtshauspakt für Vorarlberg“ soll nun ein weiteres Maßnahmenpaket dazukommen. Nach einer Analyse von bestehenden Instrumenten und Möglichkeiten steht als nächster Schritt eine Umfrage unter Gastronomiebetrieben an. Auf Grundlage dieser beiden Komponenten werden zielgerichtete Maßnahmen ausgearbeitet, die die Bereiche Gründung und Übernahme, Modernisierung und Attraktivierung sowie Beratung abdecken sollen.
Für Landesrat Christian Gantner steht die Bedeutung von Dorfgasthäusern außer Frage: „Das Gasthaus ist die Seele einer Gemeinde. Denn gerade das Wirtshaus mitten im Dorf steht für vieles, was uns ausmacht: Vorarlberg ist ein Land der Gastfreundschaft und des Genusses. Wirtshäuser sind soziale Treffpunkte und Kulturräume. Das wollen wir stärken.“
Auch Fachgruppenobmann Pansi stellt klar: „Die Gastronomie ist mehr als nur Essen und Trinken. Sinkt die Zahl der Wirtshäuser, so hat das kulturelle wie auch wirtschaftliche Auswirkungen.“ Einerseits als Träger von Tradition und (Dorf-)Geschichte, andererseits als Arbeitgeber und Anker für den Tourismus sind die Funktionen von Dorfgasthäusern vielfältig.
Land und Wirtschaftskammer wollen das finale Maßnahmen- und Förderprogramm noch vor dem Sommer vorstellen.
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Serious Gaming ermöglicht es, die Realität zu simulieren und alternative Zukunftsszenarien durchzuspielen.
Willy C. Kriz, FHV-Hochschullehrer und Leiter des Centers for Business Management Simulation, Serious Gaming and Gamification (CSG), über den Einsatz von Planspielen zur Simulation für den Ernstfall.
Serious Gaming bezeichnet den Einsatz von Spielen für ernsthafte Zwecke, jenseits von reinem Unterhaltungswert. Diese Anwendungen kommen in Bereichen wie Bildung, Teamtraining, Gesundheitswesen, Unternehmens-, Militär- und Regierungssimulationen sowie bei Problemlösungsszenarien zum Einsatz. „Serious Gaming eröffnet die Möglichkeit, in einer fehlerfreundlichen Umwelt zu lernen und Zusammenhänge zu erkennen. Ausgehend vom eigenen Handeln und den getroffenen Fehlentscheidungen beim Testszenario werden diese im Ernstfall minimiert“, gibt Willy C. Kriz, Hochschullehrer für Führung und Leiter des Centers for Business Management Simulation, Serious Gaming and Gamification (CSG) an der FHV, einen Einblick.
Vorbereitung auf Krisen
„Im Unternehmenskontext wird Serious Gaming auf vielfältige Weise eingesetzt, darunter im Führungskräftetraining, im Change Management, im Team-Building, in der Rekrutierung oder der strategischen Planung“, erläutert Kriz. Ein konkretes Beispiel ist die Vorbereitung von Führungskräften und ihren Teams auf Krisensituationen. Während der Anwendung von Serious Games treffen die Teilnehmenden wichtige Entscheidungen und lernen, mit deren Auswirkungen umzugehen. Dadurch verbessern sie ihre Fähigkeiten im
„Ausgehend von den getroffenen Fehlentscheidungen beim Testszenario werden diese in einem Ernstfall minimiert.“
Willy C. Kriz, FHV-Hochschullehrer und Leiter CSG
Krisenmanagement und bereiten sich auf reale Szenarien vor. „Wichtig ist dabei das Debriefing, also die Nachbearbeitung und Reflexion der Spielsituationen. Damit keine Fehlkonzepte entstehen, öffnen wir die Black Box des Spiels. Nur so werden die Zusammenhänge reflektiert. Das Spiel kann auch frustrierend sein, weil eben Fehler passieren. Das löst Emotionen aus und benötigt Aufarbeitung“, betont der Experte, der sich in seiner Forschungsarbeit dem Thema Debriefing widmet.
Transformationsprozess durchspielen
Scheitern ist beim Spielen erwünscht. Durch den Einsatz von Serious Games sind die Beteiligten nah an der Praxis. „Beispielsweise beim Durchspielen eines digitalen Transformationsprozesses. Aufbauend auf den Erfahrungen und auch den getroffenen Fehlentscheidungen in der Simulation nehmen die Beteiligten die Erkenntnisse als Transfer in den
echten Prozess mit“, erläutert Kriz. Auch in der Hochschullehre an der FHV wird Serious Gaming als Managementmethode eingesetzt und vermittelt den Studierenden beispielsweise die Grundlagen des Unternehmertums. Sie gründen und leiten virtuelle Unternehmen, treffen Entscheidungen über Produktion, Marketing und Finanzen und erleben die Auswirkungen auf den Erfolg ihrer Firma. „Die Studierenden sammeln damit Erfahrungen ganz nah an der Praxis und doch in einem sicheren Raum“, unterstreicht Kriz die Vorteile.
Blickpunkt Wirtschaft
Beim Event „Blickpunkt Wirtschaft“ an der FHV am 9. April 2024 stehen Serious Games und ihre Unterstützung bei Transformationsprozessen im Mittelpunkt. Ivo Wenzler, Professor für Serious Gaming an der NHL Stenden University of Applied Sciences, hält eine englische Keynote zum Thema.
Event Blickpunkt Wirtschaft
Thema Why is change difficult and how can serious gaming help?* mit Ivo Wenzler, Professor für Serious Gaming an der NHL Stenden University of Applied Sciences *Die Veranstaltung findet auf Englisch statt Wann Di, 9. April, 19 – 21 Uhr Wo FHV, Raum W2 11/12
Anmeldung www.fhv.at/events
FHV – Vorarlberg University of Applied Sciences
Standpunkte
Kürzlich berichtete der EU-Klimadienst Copernicus, dass die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2023 um 1,48°C höher war als im historischen Vergleichszeitraum von 1850 bis 1900. Mehr noch, die globale Durchschnittstemperatur in den zwölf Monaten von Februar 2023 bis Jänner 2024 überschritt mit 1,52°C das 1,5-GradZiel des Pariser Klimaabkommens. Damit wäre ein zentrales Ziel der internationalen Klimapolitik verfehlt worden.
Dynamisierung des 1,5-Grad-Ziels
Zur Person
DAVID STADELMANN
* 1982, ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth; Fellow bei CREMA –Center for Research in Economics, Management and the Arts; Fellow beim Centre for Behavioural Economics, Society and Technology (BEST); Fellow beim IREF-Institute for Research in Economic and Fiscal Issues; Fellow am Ostrom Workshop (Indiana University) und Mitglied des WalterEucken-Instituts; E-Mail: david.stadelmann @uni-bayreuth.de
Für all jene, die einen nüchternen Blick auf die Welt haben, war klar, dass ein striktes 1,5-Grad-Ziel nie wirklich zu erreichen war. Vielleicht wäre dieses Ziel bei seiner Ausrufung im Jahr 2015 rein physikalisch betrachtet realisierbar gewesen, vorausgesetzt, die Treibhausgasemissionen wären weltweit sofort und sehr drastisch reduziert worden. Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen einer Treibhausgasreduktion zur Erreichung des 1,5-GradZiels wären verheerend gewesen und hätten sich in Form von Armut und Leid geäußert. So haben die globalen Emissionen seit dem Pariser Klimaabkommen zugenommen. Eine Erhöhung des wirtschaftlichen Wohlstands und damit oft auch der sozialen Wohlfahrt ist nämlich in vielen Ländern der Welt weiterhin mit einer Zunahme der Treibhausgasemissionen verbunden.
Manche politischen Entscheidungsträger mögen das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens als realistisch betrachtet haben. Sie und andere scheuen sich zurecht, ein neues Ziel zu proklamieren. Zu sehr haben sie auf das 1,5-Grad-Ziel gesetzt, um echte und vermeintliche Klimaschutzmaßnahmen und andere ihnen genehme Regulierungen und Fördermaßnahmen zu rechtfertigen. Bei Zielverfehlung wurden Katastrophen, mithin gar das Ende der Menschheit, an die Wand gemalt. Wer so vorgeht, kann eine Zielverfehlung nicht eingestehen. Deshalb dürfte das 1,5-Grad-Ziel bestehen bleiben – als dynamisches 1,5-GradZiel. „Dynamisch“ bedeutet dabei, dass die Erderwärmung längerfristig betrachtet und im Durchschnitt unter 1,5°C bleiben solle. Denn längerfristig unter 1,5°C zu bleiben wäre „sicherer“ als beispielsweise eine Erwärmung von rund 2,0 °C oder gar 3,0°C längerfristig. Dem würde nahezu kein Klimawissenschaftler widersprechen.
Doch lässt sich ein dynamisches 1,5-GradZiel weniger gut politisch bewirtschaften und dient weniger gut der Rechtfertigung für neue politische Eingriffe und Subventionen. Denn ein dynamisches 1,5-Grad-Ziel ermöglicht es, ohne sofortige Moralisierung über zusätzliche Kosten und zusätzlichen Nutzen von Klimaschutz zu sprechen und Alternativen ins Auge zu fassen, die mittelfristig zu höheren Emissionen führen, dafür aber in anderen Bereichen für die Bürger nutzenstiftend sind.
Von der unmittelbaren zur dauerhaften Priorität
In der Vergangenheit wurde gerne behauptet, die Reduktion von Treibhausgasemissionen hätte gesellschaftliche Priorität. Doch gibt es immer andere behauptete und reale Zwänge, sodass Emissionsreduktionen faktisch keine Priorität hatten. Mit Verfehlen eines strikten
1,5-Grad-Ziels und der erwartbaren Verfehlung anderer unrealistischer Ziele beim globalen Klimaschutz, dürfte klarer werden, dass es neben Emissionsreduktionen auch Möglichkeiten zur Anpassung an die erwartbaren Herausforderungen des Klimawandels gibt: geeignete Baumaßnahmen reduzieren Sturmschäden, robustere Baumarten erhalten den Wald, Klimaanlagen schützen vor Hitze.
Die politischen Entscheidungsträger dürften sich an die Situation anpassen. So könnte Klimaschutz bald der Status einer „dauerhaften Priorität“ zugewiesen werden. Das ist sogar sinnvoll. Der Klimawandel ist nicht vergleichbar mit einem drohenden Meteoriteneinschlag, der die Menschheit auszulöschen droht. Er ist eher vergleichbar mit einer chronischen Erkrankung, einer Art Rheumatismus, die die Menschheit noch für Jahrzehnte mehr oder weniger plagen könnte. Unmittelbare Prioritäten verdrängen kurzfristig immer die dauerhaften Prioritäten. Tatsächlich beobachten wir bereits jetzt, dass im Vergleich zu vor nicht allzu langer Zeit deutlich weniger über das Weltklima gesprochen wird und sogenannter Klimanotstand einfach fortlaufend herrscht – dauerhafte Prioritäten sind politisch schlechter bewirtschaftbar.
Weniger naiver Blick auf die Welt
Zuletzt hat sich die naive Weltsicht mancher Milieus etwas gewandelt. Klar war immer allen, dass Klimaschutz global erfolgen muss. Deshalb wurden internationale Klimaverträge, wie beispielsweise das Abkommen von Paris, mit einer überwältigenden Anzahl an Nationen geschlossen. Manche hofften, die Vertragsparteien würden sich an das Abkommen halten. Doch viele Politiker in Regierungen, die Vertragsparteien des Pariser Klimaabkommens sind, würdigen diesen Vertrag ähnlich, wie sie in ihren Ländern Demokratie, Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechte würdigen – gerade mal auf dem Papier. So hat der Angriffskrieg auf die Ukraine unmissverständlich klar gemacht, dass das russische Regime nicht besonders vertrauenswürdig ist und sich vermutlich wenig um das Weltklima im Jahr 2060 oder 2100 schert. Mehr noch, vielen leuchtet ein, dass bei einem nicht völlig unwahrscheinlichen militärischen Konflikt zwischen China und Taiwan, globaler Klimaschutz vollends ein esoterisches Randthema würde.
Realistischerweise sollte festgehalten werden, dass auch demokratisch geprägte Länder nicht immer die zuverlässigsten Vertragspartner beim Klimaschutz sind. Generell verfolgen politische Entscheidungsträger nicht nur die Interessen der zukünftigen Bürger der Erde, sondern auch die Interessen ihrer Partei, ihrer Lobbygruppen oder ihre ganz ureigenen Interessen. Anders gesagt ging es auch demokratischen Regierungen in der bisherigen Klimapolitik nicht nur um Klimaschutz, sondern auch darum, mit Klimapolitik die Unterstützung von den für sie wichtigen Wähler- und Interessengruppen aufrecht zu erhalten. Sie haben das Klima politisch bewirtschaftet und deshalb unrealistische Ziele gesetzt. Die Zielverfehlung macht die politische Bewirtschaftung des Klimas schwieriger. Vielleicht bietet sich nun die Chance, Klimaschutz endlich effizienter auszugestalten und im Sinne der Bürger an echter Kostenwahrheit zu orientieren?
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Heutzutage gilt es als selbstverständlich (als auch rechtlich verpflichtend), dass bei offenen Stellenanzeigen keine Einschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht vorgenommen wird. Das war nicht immer so, denn noch bis vor wenigen Jahrzehnten wurden viele Stellen für ein bestimmtes Geschlecht ausgeschrieben. Hat die Abschaffung einer solchen Einschränkung aber überhaupt etwas an der Geschlechterdiversität in Unternehmen verändert?
STELLENANZEIGEN OHNE GESCHLECHTSPRÄFERENZ IN UNTERNEHMEN
Zur Person
MATTHIAS SUTTER
* 1968 in Hard, arbeitet auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung und Verhaltensökonomik, ist Direktor am Max Planck Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn und lehrt an den Universitäten Köln und Innsbruck. Der Harder war davor auch an der Universität Göteborg und am European University Institute (EUI) in Florenz tätig. Bekannt wurde er durch seine Bestseller „Die Entdeckung der Geduld“ und „Der menschliche Faktor oder worauf es im Berufsleben ankommt“.
In den 1980er-Jahren habe ich viele Sommer in der Glaserei meines Onkels gearbeitet. Im Produktionsbereich stellten wir doppelglasige Fenster her, die oft sehr schwer waren und darum bei der Verladung auf die Lastwagen viel Kraft – und Vorsicht – erforderten. Damals habe ich nicht weiter darüber nachgedacht, dass in diesem Bereich der Firma ausschließlich Männer angestellt waren, während beim Empfang ausschließlich Frauen arbeiteten. Diversität in Arbeitsteams war damals noch kein Thema.
Allerdings wurde in den späteren 1980er Jahren erstmals in Österreich gesetzlich verankert, dass Stellenausschreibungen keine explizite Geschlechtspräferenz enthalten dürfen. Solche Gesetze wurden zu dieser Zeit in vielen europäischen Ländern erlassen. In den USA geschah das in der Mitte der 1970er-Jahre. Die politische Absicht hinter solchen Gesetzen bestand darin, dass die Segregation des Arbeitsmarktes in Branchen mit fast nur Männern oder andere mit fast nur Frauen verhindert werden sollte. Die vielfach beobachtbare Segregation ist nämlich auch ein wichtiger Grund für Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen. Deshalb versprach man sich auch in dieser Hinsicht mehr Gleichheit durch eine Vorschrift, dass Stellenausschreibungen nicht explizit für ein bestimmtes Geschlecht gemacht werden durften.
Anfänglich gab es in Österreich keine Strafen, wenn man entgegen dieser Vorschriften doch eine Person bestimmten Geschlechts in einer Stellenausschreibung suchte. Erst in den 1990er-Jahren und 2004 wurden schrittweise Strafen eingeführt. Im Jahr 2005 startete dann die Gleichbehandlungsanwaltschaft eine große Kampagne und klärte Unternehmen, Arbeitsmarktorganisationen und auch Zeitungen (in denen Stellenausschreibungen veröffentlicht wurden) darüber auf, dass es illegal wäre, in einer Stellenausschreibung eine Person bestimmten Geschlechts zu suchen. Während 2004 noch fast 50 Prozent aller Stellenausschreibungen ein bestimmtes Geschlecht suchten, waren es aufgrund dieser Kampagne im Jahr 2006 nur mehr weniger als fünf Prozent. Seither haben wir uns in Österreich daran gewöhnt, dass Stellenausschreibungen in der Regel allen Geschlechtern offenstehen.
Hat dieser Wandel bei Stellenausschreibungen aber überhaupt etwas an den tatsächlichen Einstellungsentscheidungen von Firmen verändert? Das muss nicht automatisch der Fall sein. Wenn eine Firma beispielsweise eine bestimmte Stelle mit einem Mann besetzen will, dann macht es möglicherweise keinen Unterschied aus, ob die Firma in der Stellenausschreibung das explizit kundtut (wie das vor 2005 häufig der Fall war) oder eben eine vermeintlich offene Ausschreibung (wie nach 2005 üblich) macht. Selbiges Argument gilt auch für Stellen, bei denen Firmen eine Frau suchen.
Darum ist es eine interessante empirische Frage, ob geschlechteroffene Ausschreibungen die Geschlechterverhältnisse in Firmen überhaupt beeinflusst haben. David Card (Wirtschaftsnobelpreisträger von der University of California in Berkeley), Fabrizio Colella (von der Universität in Lugano) und Rafael Lalive (von der Universität Lausanne) haben sich deshalb österreichische Daten von 2000 bis 2010 angeschaut, also fünf Jahre vor dem massiven Wandel in der Ausschreibungspraxis und fünf Jahre danach. Dabei kombinierten sie Daten des Arbeitsmarktservices (AMS) mit Sozialversicherungsdaten. Vor 2005 wurde für circa 20 Prozent aller offenen Stellen eine Frau gesucht und für circa 25 Prozent der Stellen ein Mann.
auf die Nennung eines gewünschten Geschlechts verzichtet, weshalb Card und Koautoren aus den Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen eine Schätzung erstellten, ob für eine bestimmte Stelle, die nach 2005 veröffentlich wurde, vor 2005 ein bestimmtes Geschlecht gesucht worden wäre (was beispielsweise bei Krankenschwester oder Automechaniker fast immer der Fall gewesen wäre). Diese Schätzung wurde dann auf Stellenausschreibungen nach 2005 angewendet, um zu sehen, welches Geschlecht tatsächlich eingestellt wurde.
Die Ergebnisse der Studie zeigen sehr klar, dass die Abschaffung einer Geschlechtspräferenz in den Stellenanzeigen dazu führte, dass mehr Frauen für Stellen eingestellt wurden, für die vor 2005 ein Mann in der Stellenausschreibung gesucht worden wäre. Umgekehrt wurden für Stellen, die früher für Frauen offen gewesen wären, mehr Männer eingestellt. Die Effekte sind statistisch klar nachweisbar, sie sind aber nicht riesig (was auch nicht zu erwarten war). Frauen werden bei „männlichen“ Stellenausschreibungen (für die vor 2005 explizit ein Mann gesucht worden wäre) im Schnitt um drei Prozentpunkte häufiger eingestellt, während Männer bei „weiblichen“ Stellenausschreibungen ebenfalls um circa drei Prozentpunkte häufiger eine Stelle bekamen.
Mit anderen Worten, die Arbeitgeber waren offener für Personen des anderen Geschlechts, wenn sie in der Stellenausschreibung nicht mehr explizit ein bestimmtes Geschlecht suchten. In Summe haben diese Effekte zu einer etwas höheren Diversität der Belegschaft im Hinblick auf den Anteil von Männern und Frauen geführt, und zwar sowohl in traditionell männlichen als auch traditionell weiblichen Berufen. Es kann also sein, dass ich heute in der Glasproduktion nicht nur mehr männliche Kollegen hätte.
Zur Person
MARKUS RHOMBERG
* 1979 in Bregenz, ist Geschäftsführer des Wissenschaftsverbunds Vierländerregion Bodensee, einer internationalen Allianz von 25 Universitäten und Hochschulen.
Wann bemerkt man, dass etwas ins Kippen gerät? Eine Freundschaft, eine Beziehung, ein Unternehmen, ein Ökosystem, die Demokratie oder eine Gesellschaft? In der Regel leider erst, wenn es zu spät ist. Denn das ist es, was einen Kipppunkt ausmacht: Die Beziehung ist nicht mehr zu retten, das Unternehmen bankrott, das Ökosystem gekippt und die Demokratie dahin.
Tipping Points nennt der Autor Malcolm Gladwell diese entscheidenden Momente, nach denen alles anders wird als zuvor. Solche Kipppunkte führen mitten hinein in die Wissenschaft komplexer Systeme. Und solche Systeme gibt es allerorten. Unser Körper ist ebenso ein System, wie die Organisation, in der wir arbeiten, unsere Familie, unser Sportverein, die Demokratie, in der wir leben oder das Wirtschaftssystem, in dem Güter produziert und versandt werden und dafür monetäre Gegenleistungen erfolgen.
Wenn aber ein Teilelement einen bestimmten Wert überschreitet, verändert sich das gesamte System scheinbar plötzlich stark. Und das hat gravierende Folgen. Im Klimasystem werden von der Wissenschaft immer wieder das Abschmelzen des arktischen Meereises beziehungsweise der Eisschilde in Grönland, auftauende Permafrostböden oder das Absterben des Amazonas-Regenwaldes als Kipppunkte genannt.
Gerade durch diese Beispiele aus der Klimawissenschaft ist das Konzept der Kipppunkte einem breiteren Publikum bekannt geworden. Tipping Points kennen wir aber schon länger und vor allem auch aus gesellschaftspolitischen Fragestellungen. Die ersten empirischen Untersuchungen hatten ihren Ursprung in Fragen der Segregation in Wohnvierteln in Städten in den USA.
Bereits in den 1950er Jahren stellte der Soziologe Morton Grodzins fest, dass in vielen Stadtvierteln weiße und afro-amerikanische Bürgerinnen und Bürger so lange in derselben Nachbarschaft lebten, bis der Anteil der afro-amerikanischen Bevölkerung auf 20 bis 30 Prozent anstieg. In dem Moment, in dem dieser Schwellenwert erreicht war, begann die weiße Bevölkerungsgruppe massenweise wegzuziehen. Grodzins bezeichnete diesen Moment als Tipping Point, denn der Wandel in der Bevölkerungsstruktur erwies sich als nicht mehr umkehrbar. Schon kleinste Ereignisse können also zu
gut vernetzte Schlüsselpersonen mit einem sehr großen Verbreitungspotenzial können also für einen Kipppunkt sorgen. Auf diesen Effekt setzen beispielsweise Klimaaktivisten, wir kennen ihn aber auch aus unserem privaten Umfeld: Wir gehen zum Beispiel in Restaurants, in denen schon viele andere Menschen sitzen, oder installieren eine Solaranlage, wenn unsere Nachbarn auch schon eine auf dem Dach haben. Das ist das Gesetz der Wenigen.
2. Kippen kann aber nur etwas, das in der Gesellschaft auf einen Nährboden stößt. Eine potenzielle Bereitschaft zum Wandel muss also bereits vorhanden sein. Und diese gilt es, mit den richtigen Signalen kommunikativ zu „verankern”. Kampagnen, die in den USA Teenagern das Rauchen abgewöhnen sollten, scheiterten deshalb, weil sie diese Verankerung falsch setzten. „Nicht das Rauchen, der Raucher gilt als cool” schildert Gladwell. Also müsse weniger der Nikotingehalt oder der Tabakpreis korrigiert werden, sondern das Image von Rauchern und Raucherinnen.
Raupen fressen Blätter von Bäumen. Die Raupen werden von Vögeln gefressen und die Blätter wachsen nach. Kleine Veränderungen kann das System selbst ausgleichen: Vermehren sich die Raupen zu stark, finden die Vögel sie leichter und der „Überschuss“ wird gefressen. Gibt es hingegen zu wenige Raupen, zahlt sich die Suche für die Vögel nicht mehr aus und die Raupen können nachwachsen.
1. Der Kommunikationsforscher Damon Centola konnte zeigen, dass es keine Mehrheit braucht, um eine Stimmung zum Kippen zu bringen. Vielmehr reiche eine kritische Masse von 20 bis 30 Prozent. „Eine engagierte Minderheit kann, wenn sie gut vernetzt ist, Normen verändern und gesellschaftliche Dominanz erlangen”, erklärt Ilona Otto von der Universität Graz. Wenige
Sie kennen das vermutlich selbst: Ein Fahrrad ist an einem Ort abgestellt, an dem es eigentlich nicht abgestellt sein sollte. In der Regel passiert dann das: Wo ein Fahrrad steht, kommen rasch weitere dazu. Die Regelverstöße einzelner begünstigen die Regelverstöße von weiteren Menschen und, zugegeben, auch unsere eigenen. Dieses Beispiel ist nicht konstruiert, damit prüfte der Sozialpsychologe Kees Seizer in den Niederlanden die Broken Window-Theorie.
Die Umgebung hat also einen Einfluss darauf, wie wir uns verhalten. Ist es offensichtlich, dass andere bereits kleine Vergehen begangen haben, die nicht geahndet wurden, verleitet dies mehr Personen dazu, ebenfalls gegen Regeln zu verstoßen. Das ist also die Macht der Umstände.
Diese Beispiele zeigen: Gesellschaftliche Kipppunkte können zwar eine negative Schlagseite haben, sie können aber durchaus auch dazu führen, dass sich etwas zum Positiven wendet.
Ganz gleich aber, ob wir bestimmte Kipppunkte als positiv oder negativ wahrnehmen: Wir müssen sie verstehen und vorhersagen können, wenn wir komplexe Systeme in der Gesellschaft beeinflussen möchten.
Tipping Points nennt Autor Malcolm Gladwell entscheidende Momente, nach denen alles anders wird als zuvor.Das Europäische Patentamt (EPA) bestätigt Tridonic und Zumtobel Lighting, beides Marken der Zumtobel Group, erneut als führende Innovatoren Öster reichs. Mit 60 Patentanmeldungen 2023 belegt Tridonic den zweiten Platz im EPA-Ranking. Zumtobel rangiert mit 36 neuen Patentanmeldungen auf Platz sieben des jährlichen Rankings, das Mitte März 2024 veröffentlicht wur de. Damit zählt das Unternehmen zu den innovationskräftigsten Österreichs.
Um Ressourcen zu schonen, überholt IMA Schelling ihre Gebrauchtmaschinen und bietet sie als „Second Hand Machi nes“ wieder an. Das betrifft sowohl Ma schinen für die Holzverarbeitung als auch für Metalle und Kunststoffe. Das Schwarzacher Unternehmen agiert da mit nach dem Motto „verschrotten ist nicht nachhaltig“.
Der CAMPUS V in Dornbirn wächst. Die Welt der Garne hält mit Schoeller GmbH & Co KG Einzug am Stand ort in der Hintere Achmühlerstraße 1. Das weltweit tätige Textilunternehmen Schoeller GmbH & Co KG hat mit dem CAMPUS V den idealen Standort gefun den, um im urbanen Umfeld die internationale Vertriebspräsenz weiter stark zu vertreten. Die Schoeller GmbH & Co KG ist ein globaler Anbieter von Garnen mit Schwerpunkt Kammgarn und ein Unternehmen der international agierenden Indorama Ventures Company
Doppelmayr setzt den Erfolgslauf mit fünf weiteren neuen urbanen Anlagen in Bogotá, Mexico City (im Bild), Uruapan und Santiago de Chile fort.
V-Trion entwickelte mit mehreren Millionen Euro an Innovationskapital aus Hongkong eine Salzwasser-Batterie mit Elektroden und Nano-Separatoren, die aus textilen Komponenten bestehen – die unbrennbare und umweltfreundliche Batterie kann es mit Lithium-Ionen-Batterien aufnehmen und zur Gänze in der EU produziert werden – ab Herbst 2024 ist die Serienherstellung möglich, die Produktion soll in Vorarlberg angesiedelt sein.
HERBERT MOTTER Stellvertretender Chefredakteur Thema Vorarlberg
Die Liebherr-Werk Nenzing GmbH konnte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 ein Umsatzniveau von 691,5 Millionen Euro erzielen. Dies entspricht einer Steigerung von mehr als 30 Prozent gegenüber dem Niveau des Vorjahres und bedeutet aus Baumaschinensicht auch einen neuen Rekordwert. Das Umsatzwachstum ist in erster Linie das Ergebnis der erfolgreichen Differenzierung in unterschiedlichen Geschäftsfeldern wie auch einer weltweiten Marktdurchdringung und war trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in der Baubranche möglich.
Das internationale Transport- und Logistikunternehmen Gebrüder Weiss hat das Geschäftsjahr 2023 mit einem Nettoumsatz von 2,47 Milliarden Euro abgeschlossen (2022: drei Milliarden Euro). Trotz dieses Rückgangs liegt das Unternehmen über seinem Wachstumstrend von 2015 bis 2020. Aufgrund hoher Frachtraten der Reedereien und Fluggesellschaften erwirtschaftete Gebrüder Weiss in der Sparte Air & Sea im Vorjahr 1,27 Milliarden Euro. Stabil
satz in den Geschäftsbereichen Landverkehr und Logistik mit 1,45 Milliarden Euro (2022: 1,48 Milliarden Euro), bei rückläufigen Energieund Treibstoffpreisen. Die Eigenkapitalquote erhöhte sich auf 63 Prozent (2022: 60 Prozent), womit das Unternehmen krisenresistent und als sicherer Arbeitgeber aufgestellt ist.
In Lateinamerika schätzt man schon seit vielen Jahren die Vorteile von Seilbahnen als ÖPNV-Verkehrsmittel im urbanen Raum. Doppelmayr hat in der Region bereits zahlreiche Seilbahnprojekte realisiert, darunter auch das größte urbane Seilbahnnetz der Welt zwischen den Städten La Paz und El Alto in Bolivien. Nun setzt der Marktführer den Erfolgslauf mit fünf weiteren neuen urbanen Anlagen in Bogotá, Mexico City, Uruapan und Santiago de Chile fort.
Fünf Kategorien in neun Bundesländern und 50 Vorreiterprojekte verortet die Österreich Werbung als Inspirationsquelle auf dem Weg hin zu einem nachhaltigen Tourismus. Drei davon
stammen aus Vorarlberg: Das Restaurant Mangold in Lochau, der Biosphärenpark Großes Walsertal und das Skigebiet Golm im Montafon wurden von der Österreich Werbung für das Bundesland Vorarlberg als zukunftsfähige Vorzeigeprojekte mittels der Broschüre „Nachhaltigkeit in Österreich“ ins Schaufenster gestellt.
Das Greentech-Startup mo energy systems hat gemeinsam mit ArchiGerold Strehle und PR Stromkreis Elektrotechnik eine standardisierte PVLösung für Radwege entwickelt. Das modulare System ist dank Vorfertigung schnell realisierbar und eignet sich damit für den flächendeckenden Ausbau des Vorarlberger Radwegnetzes.
Eine Vergrößerung und Sanierung des Firmensitzes strebt das Unternehmen Bentele Transporte an. Das seit 40 Jahren bestehende Transportunternehmen mit Sitz in Hohenems befördert europaweit Speditionsgüter sowie Palettenwaren, Holz, Baumaterialien und Seecontainer. In den kommenden 14 Monaten realisiert der Generalübernehmer eine weitere Werkstatthalle mit Ölund Technikraum, einer Waschstraße für Sattelschlepper sowie eine Tankstellenanlage, die zwei Fahrzeuge gleichzeitig nutzen können. Die Sanierung und Erweiterung sollen im Frühjahr 2025 abgeschlossen sein.
Die diesjährige 16. Jobmesse Vorarlberg mit „Work & Study“ hat nicht nur 100 ausstellende Arbeitgeber aus Industrie, Wirtschaft, sozialen Einrichtungen sowie Institutionen angelockt, sondern auch mehr als 2300 interessierte Besucherinnen und Besucher, die sich über insgesamt 1000 Jobangebote informieren konnten. Das ist ein neuer Besucherrekord.
Seit 20 Jahren ist das salvus-Unternehmensnetzwerk BGF eine bewährte gemeinsame Initiative der Vorarlberger Landesregierung, der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer. 15 Unternehmen, die erfolgreiche Gesundheitsprojekte für ihre Mitarbeitenden umsetzen, wurden heuer mit dem BGF-Gütesiegel ausgezeichnet.
Von ersten Siedlungen, sicheren Fahrgästen, untauglichen Stellungspflichtigen, dem Vorarlberger Radbudget, finanzfitten Schülerinnen und Schülern und Meistern in Sachen Holzbau – Fakten zu Vorarlberg.
Von Herbert MotterBunt gemischt
06
ihr Ziel kommen.
Zum fünften Mal geht heuer der Musikpreis „Sound@V“ des ORF Vorarlberg über die Bühne.
Für den mit 4000 Euro dotierten 1. Vorarlberger Frauenpreis waren insgesamt 41 Frauen nominiert.
Fast 170 Vorarlberger Arbeitgeber unterstützen die Aktion „Vorarlberg radelt“.
Hochwasserschutzprojekt
RHESI: Vorarlberg beteiligt sich über 25 Jahre mit rund 274 Millionen Euro an den Gesamtkosten.
Laut Umfrage wollten die Vorarlberger rund 50 Euro pro Person für Ostergeschenke ausgeben.
BREGENZ
Die ersten Siedlungen im Gebiet der heutigen Stadt entstanden etwa 1500 vor Christus.
RANKWEIL
1985 wurde die Liebfrauenbergkirche zur Basilika erhoben.
STADT FELDKIRCH
EINWOHNERZAHL
DER STADTTEILE Haupt- und Nebenwohnsitze, Stand 31.12.2023
[1] GISINGEN 9957
6676
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SCHRÖCKEN
In der Gemeinde gibt es 14 land- und forstwirtschaftliche Betriebe.
Die Zahl der untauglichen Stellungspflichtigen nimmt weiter zu. Im Jahr 2022 waren 23,1 Prozent der gemusterten Vorarlberger nicht für den Wehrdienst geeignet, mehr als in jedem anderen Bundesland. Psychische Probleme sowie Über- und Unterernährung spielen dabei eine Rolle. Mittlerweile hat mehr als jeder Zehnte Adipositas. Im Bundesschnitt waren 16,9 Prozent des gemusterten Geburtenjahrganges 2004 untauglich.
ENTWICKLUNG DES RADVERKEHRSBUDGETS
in Millionen Euro
2021
VORARLBERGER HOLZBAU_KUNST
4565
Preisträger Vorarlberger Holzbaupreis 2023 – Revitalisierung Hinterhaus
Insgesamt 52 Holzbaumeisterbetriebe beziehungsweise Zimmereien, 50 Architekten, Planer und Experten sowie 65 Betriebe in der Holzbauindustrie und im Baustoffhandel sind Partner im Netzwerk vorarlberger holzbau_kunst. Sie pflegen den offenen Austausch, betreiben gemeinsames Marketing und gemeinsame Weiterbildung und engagieren sich für gelebte Regionalität, hochwertige Architektur und umweltschonendes Bauen mit Holz.
VORARLBERGER
Obstbäume für Vorarlbergs Gärten und Streuobstwiesen – das war das Ziel einer Aktion der Landwirtschaftskammer Vorarlberg. Das erfreuliche Ergebnis: 429 Obstinteressierte haben insgesamt fast 1500 Obstbäume
Der Wolf, der Ende Jänner durch Bludenz gestreift ist, darf nicht geschossen werden. Das Landesverwaltungsgericht gab der Beschwerde von zwei Umweltorganisationen statt.
Einer Erhebung des VCÖ zufolge sind rund ein Drittel der versiegelten Flächen in Vorarlberg Straßen oder Parkflächen.
Die Stadtvertretung Bregenz hat die „Variante 4a“ für die Neugestaltung des Bregenzer Bahnhofs bestätigt. Bei dieser Variante bleibt der Bahnhof an seinem jetzigen Standort.
Mit einem Küchenmesser hat ein 16-jähriger Syrer dieser Tage vor einer Asylunterkunft in Hohenems auf einen gleichaltrigen Landsmann eingestochen Die beiden hatten sich nach Angaben der Polizei um ein Paar Turnschuhe gestritten.
Im Februar gab es zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen keinen einzigen Frosttag in Bregenz.
Um den Rückstau auf der A14 zu reduzieren, soll die AutobahnAnschlussstelle Hohenems ab 2025 umgebaut werden.
Jener vorerst unbekannte Geisterfahrer, der auf der Rheintalautobahn zweimal sein Auto gewendet hat, hat sich nun bei der Polizei gemeldet. Der 59-Jährige wird bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Zudem wird ihm der Führerschein entzogen.
In Vorarlberg wurden im Vorjahr rund 3400 Tonnen Altkleider an die Caritas gespendet.
Die Gemeinde Hard will bei der Verpachtung von gemeindeeigenen Flächen für die Landwirtschaft künftig biologischen Betrieben den Vorrang geben.
Aus fünf Metern Höhe abgestürzt ist dieser Tage eine ParagleiterFlugschülerin in Andelsbuch. Die 31-Jährige zog sich dabei eine schwere Beinverletzung zu.
Die südliche Marktstraße in Dornbirn wird ab Herbst zur Begegnungszone und Einbahnstraße.
CARMEN PFANNER
* 1957 in Dornbirn, lebt in Bregenz, arbeitet in Dornbirn. Objekte und Wandarbeiten auf textiler Basis www.carmen-pfanner.at „Radio Hansawelle“
Kann denn Sehnsucht Sünde sein?
In den grünen Gärten unserer Gedanken gedeiht eine einzigartige Frucht: die Sehnsucht, zerteilt durch den Stachel der Unzufriedenheit. In unseren Händen halten wir stets nur eine Hälfte, während die andere im Reich der Träume verweilt. Diese unerreichte Hälfte der Orange erscheint uns süßer, saftiger, unwiderstehlicher. Wir erträumen ihren Geschmack und ihre Textur, während das, was wir bereits besitzen, nicht mehr genügt.
Vielleicht birgt die Unzufriedenheit die Magie des Lebens.
Unsere Sehnsucht gilt oft dem, was wir nicht haben. Sehnsucht heißt eben auch Verlockung und Versprechen. Aber in jeder Verheißung lauert auch der Rausch der Unordnung einer Trunkenheit, in der die Realität in einem rosa Nebel verschwindet und auch die nüchternste Seele zum Veitstanz auffordert.
Ist die „Sehnsucht nach der anderen Hälfte der Orange“ (Spanisches Sprichwort) daher dumm oder verwerflich?
Ich meine nicht. Vor allem dann nicht, wenn sie uns als Antrieb für Wachstum und Veränderung anspornt, wenn sie uns neue Pfade weist und unentdeckte Geschmäcker zeigt. Wir strecken uns, wachsen und träumen, manchmal sogar bis hin zu dem Schritt ins Ungewisse. So gesehen fungiert die Sehnsucht als Verbündete auf unserer Reise zu neuen Erkenntnissen, zu neuen Entdeckungen.
Nie vollends zufrieden zu sein, mag für viele paradox erscheinen, doch vielleicht birgt gerade diese Unzufriedenheit die Magie des Lebens. Max Frisch schreibt: „Nur ein Mensch, der mit der Welt nicht eins ist, braucht Ordnung, um nicht unterzugehen“. Vielleicht ist es die Sehnsucht, die uns lebendig erhält oder um es mit Hans Blumenberg zu sagen: „Leben erhält sich, indem es Energie verschwendet“.
In einer Zeit, in der die Gesellschaft im Wandel begriffen ist und neue Herausforderungen an das kulturelle Erbe gestellt werden, sollten sich Museen laufend neu erfinden. Wie können museale Einrichtungen diese Phase des Übergangs nutzen, um sich zu verändern und gesellschaftliche Relevanz zu festigen? Traditionell haben Museen sich auf der Grundlage der Sammlung um die Kernaufgaben, das Erwerben, Bewahren, Erforschen, Ausstellen und Vermitteln, zu kümmern.
Doch zugleich erweitern sich – völlig zurecht – die Anforderungen, denn es gilt all dies barrierefrei und inklusiv sowie unter Berücksichtigung von Diversität und Nachhaltigkeit umzusetzen. Außerdem sollten Beteiligung, Fair-Pay und Digitalisierung keine leeren Worthülsen sein, sondern in die vielfältigen Aktivitäten integriert werden. Nur unter Berücksichtigung all dieser Aspekte können Museen gesellschaftlich relevant sein.
Angesichts der gesteigerten Komplexität an Ansprüchen wird es immer wichtiger, die tatsächlichen Möglichkeiten und Ressourcen im Auge zu behalten. Um dem weit gefassten Aufgabenspektrum in entsprechender Qualität gerecht zu werden, könnte Mäßigung eine wichtigere Tugend werden. Die Anzahl an Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen – und somit auch die Zahl der Zutritte – sollte nicht als Maßstab gelten. Sind denn weniger, aber dafür intensivere Kontakte nicht wertvoller?
Der Wandel und eine gewisse Verlangsamung bergen auch erhebliche Chancen: Es besteht die Möglichkeit, Museen noch mehr zu lebendigen, dynamischen Zentren der Bildung, des Dialogs und der Inspiration zu entwickeln. Dazu benötigt es weiterhin Flexibilität und Innovation, um sich an veränderte Bedürfnisse und Erwartungen anzupassen und aktiv auf die Herausforderungen der Gegenwart zu reagieren.
MagdalenaMeusburger
Director & Co-Founder startupstube FH VorarlbergDie Furcht vor dem unternehmerischen Scheitern ist oft der unsichtbare Feind, der uns daran hindert, unsere Startup-Ideen in die Tat umzusetzen. Die Global Entrepreneurship Monitor Studie enthüllt, dass weltweit beinahe die Hälfte aller angehenden Unternehmer:innen von dieser Furcht geplagt wird. Furcht ist eine Erwartungsemotion, die entsteht, wenn erwartet wird, dass etwas Negatives eintreten wird. Die Furcht vor dem Scheitern ist ein natürliches menschliches Gefühl, das uns manchmal vor Schaden oder Verlusten bewahren kann. Jedoch kann sie auch zu einem lähmenden Hindernis für den Erfolg werden. Wir fürchten uns vor finanziellen Verlusten, sozialer Blamage und Enttäuschung. Diese Furcht vor dem Misserfolg ist das, was unseren Unternehmungen schadet, beziehungsweise schon an der Umsetzung des unternehmerischen Vorhabens hindert.
Furcht existiert nirgendwo, außer im Kopf.
Eine aktive Auseinandersetzung mit dem „Worst-Case-Szenario“ verhilft uns wach und präsent zu sein. Die Überlegungen: „Was ist das schlimmste Szenario, das passieren könnte?“ „Was kann ich tun, um diese Situation zu vermeiden?“ und „Was ist nötig, um von einem möglichen Rückschlag zurückzukommen und den Ursprungsstatus wiederherzustellen?“ helfen uns, Klarheit zu finden, die Furcht zu relativieren und ins Tun zu kommen. Vor allem schafft dieses Gedankenspiel Deutlichkeit über die möglichen Auswirkungen unseres Handelns. Eine gesunde Furchtlosigkeit ist als Voraussetzung zu sehen, um unsere unternehmerischen Vorhaben weiterzuverfolgen und nicht sofort im Keim zu ersticken. Denn: „Furcht existiert nirgendwo, außer im Kopf.“ (Dale Carnegie)
Das Gegenteil von gut ist oft nicht schlecht, sondern gut gemeint. Natürlich ist die Intention der EU löblich, verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten entlang aller globalen Wertschöpfungsketten zu fördern und EU-weit einheitliche Standards zu schaffen. Kein Unternehmer möchte, dass Kinderarbeit und Umweltzerstörung Teil auch nur irgendeiner Lieferkette sind.
Der am 15. März von den EU-Unterhändlern angenommene Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz schießt aber deutlich über das Ziel hinaus und schafft dabei nur ein weiteres Bürokratiemonster –zusätzlich zur bereits bestehenden Überregulierung. Unternehmen in Österreich und Europa werden durch Zwangsmaßnahmen und unverhältnismäßige Sanktionsmechanismen für Unzulänglichkeiten in ihrer Lieferkette haftbar gemacht, ohne sie direkt verursacht zu haben. Ein mittelständischer Betrieb hat oftmals nicht die administrativen Kapazitäten, permanent alle Missstände in den globalen Lieferketten – die mitunter aus tausenden von Lieferanten und Sublieferanten bestehen – zu beobachten.
Betroffen werden Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von über 450 Millionen Euro sein. In Vorarlberg sind das in Summe rund 15 Unternehmen mit insgesamt rund 23.000 Beschäftigten. Und auch die kleineren Betriebe werden indirekt gezwungen, diese Berichtspflichten zu erfüllen, denn wenn sie größeren Betrieben zuliefern, benötigen diese die Informationen.
Es kann nicht sein, dass auf die Unternehmen zum wiederholten Mal Aufgaben abgewälzt werden, die Regierungen oder internationale Organisationen vernachlässigen. Schade, dass nach dem wochenlangen Ringen auf EU-Ebene kein vernünftiger Kompromiss gefunden werden konnte, der die Deindustrialisierung Europas nicht noch weiter beschleunigt.
„Vintage“, nicht „Retro“
Vorarlberg Lines – zwei Wörter, die Emotionen auslösen. Gute Emotionen. Wer war nicht schon einmal mit einem der Schiffe dieses Unternehmens auf dem See. Vielleicht zur Firmung oder am „Weißen Sonntag“ in seiner Jugend? Oder anlässlich einer gemütlichen Rundfahrt bei strahlendem Wetter in der Bregenzer Bucht und darüber hinaus?
Von Klaus FeldkircherZur Person
KLAUS FELDKIRCHER
* 1967 in Bregenz, hat als Autor, Texter und Konzepter diverse Sachbücher veröffentlicht. Der ausgebildete Germanist und klassische Philologe ist in der Erwachsenenbildung tätig, lehrt(e) an der AHS und an der FH Vorarlberg. Daneben ist er als Agenturpartner in der Kommunikationsbranche tätig.
Jetzt ist das Unternehmen in Privatbesitz, genauer gesagt in den Händen von Alexandro Rupp. Und das seit gut einem Jahr, seit 2023. Überraschend war dieser Deal aber nicht, denn der Bregenzer fungiert schon seit vielen Jahren als Geschäftsführer der Vorarlberg Lines. Rupp, vormals im Bankengeschäft zu Hause, übernahm diese Aufgabe in der Walter Klaus Gruppe 2008 und prägt seither die Geschicke der österreichischen Schifffahrt am Bodensee maßgeblich mit.
Zukunftsperspektiven
Was vor einem Jahr ohne großes Getöse über die Bühne ging, war gut vorbereitet, wie Rupp erklärt. Die Gedanken an eine Übernahme hätten ihn schon länger beschäftigt. Dabei hätten mehrere Überlegungen eine Rolle gespielt: Zum einen habe er das Unternehmen immer schon wie ein Unternehmer geführt, zum anderen kristallisiere sich mit Sohn Nikolai eine potenzieller Nachfolger heraus. Nach Rücksprache mit der Familie und mit dieser Perspektive habe er den Schritt gewagt. Angemerkt sei, dass alle drei Kinder Wirtschaft studiert haben.
Nicolai Rupp, der an der Universität Liechtenstein den Studiengang Entrepreneurship absolvierte, stieg im Februar 2023 ins Unternehmen ein, und zeichnet seither für die Bereiche Social Media, Marketing und IT verantwortlich. Dass die Schifffahrt der Familie Rupp offensichtlich im Blut liegt, zeigt weiters die Tatsache, dass sich alle Kinder regelmäßig bei den Vorarlberg Lines ihre Sporen verdient haben. So haben Tochter Tatjana und Sohn Maximilian in der Welle, dem Verwaltungsgebäude im Bregenzer Hafen, unter anderem die Kundenbetreuung übernommen.
Die Dauer des Übernahmeprozesses gibt Rupp mit rund zwei Jahren an, nach einem grundsätzlichen Kommittent sei aber alles sehr schnell gegangen. Mit
den Vorarlberg Lines hat Rupp nicht nur sechs Schiffe übernommen, sondern auch 30 Mitarbeiter, von denen acht in der Verwaltung beschäftigt sind, 22 stehen im Hafen ihren Mann und ihre Frau. In der Hochsaison wird das Personal um vier weitere Mitarbeiter aufgestockt. Die gute Zusammenarbeit mit den Machern des Pier 69 und mit MO-Catering hebt Rupp ausdrücklich hervor, sodass den Fahrgästen eine anspruchsvolle Gastronomie angeboten werden könne.
Generationenwechsel
Was sich seit der Übernahme denn für ihn geändert habe? „Die Aufgabenbereiche sind im Großen und Ganzen gleich geblieben, da ich ja schon bisher sehr selbständig agieren konnte.“ Was aber anstehe, sei der Generationenwechsel. Welcher Generationenwechsel? „Wir beschäftigen sechs Kapitäne, dazu fünf weitere Schiffführer für die kleineren Schiffe.“ Und gerade diese sechs Kapitäne sind es, die den Generationenwechsel verursachen. „Denn alle treten in den nächsten Jahren in den Ruhestand“, sagt Rupp. Und er betont, dass unter seiner Ägide bisher kein Bedarf geherrscht habe, im Bereich Personal etwas zu unternehmen, denn die Fluktuation bei den Vorarlberg Lines sei marginal bis nicht existent und die Kapitäne versehen alle schon seit 35 und 45 Jahren ihren Dienst bei den Vorarlberg Lines. „Sie kennen See und Schiffe aus dem Effeff“, erklärt Rupp. Deshalb seien die Vorarlberg Lines auf dem Personalmarkt auch so gut wie nie existent gewesen. Doch da dieses Thema absehbar gewesen sei, haben er und sein Betriebsleiter Hans Wüstner das Unternehmen schon frühzeitig darauf vorbereiten können.
Die Ausbildung zum Kapitän geschieht betriebsintern, die Abnahme der erforderlichen Prüfungen erfolge unter Aufsicht der BH Bregenz. Die theoretischen Prüfungen können laut Rupp relativ rasch absolviert werden, die Betriebsmonate auf den Schiffen erfordern aber einen größeren Zeitraum. „Wir fahren zwar das ganze Jahr, aber die Saison dauert eigentlich nur neun Monate“, und so dauere es eben etwas länger, „bis ein Kapitän fertig ausgebildet ist.“ Rupp spricht von fünf bis sieben Jahren.
Spürbare Grenzen
Auf Corona angesprochen meint der Eigentümer: „Diese Zeit war eher eine Bestärkung in meinem Entschluss.“ Sie sei zwar herausfordernd gewesen, mit den Förderungen sei es aber möglich geworden, diese Phase zu überstehen. Dabei erinnert er sich an die eine oder andere kuriose Situation: „Die vorher beinahe nicht mehr existenten Grenzen wurde in diesen Monaten neu bewertet: Oft stellte sich die Frage: Können wir fahren oder nicht? Dürfen wir anlegen oder nicht?“ Erschwert worden sei die Schifffahrt durch die unterschiedlichen
Regelungen in den einzelnen Ländern. „Wir mussten die Verordnungen Vorarlbergs, Bayerns, Baden Württembergs und der Schweiz unter einen Hut bringen.“ Und dann habe sich die Frage gestellt: Machen wir Veranstaltungen, Passagierfahrten, Ausflugsfahrten. Sind wir als Transporteur unterwegs?
Und so habe man eben flexibel reagieren müssen und beispielsweise einen Zwischenstopp in Lochau eingelegt, um den Bestimmungen Genüge zu tun, wenn es hieß, dass der öffentliche Verkehr wieder aufgenommen werde, eine Schiffsrundfahrt aber nicht. An dieser Stelle betont Rupp, dass die Vorarlberg Lines nichts mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die von Bund und Land gestützt werden, gemeinsam habe, die Vorarlberg Lines seien zu 100 Prozent in privater Hand.
Auf die Zielsetzungen und die Bilanz nach einem Jahr als Eigentümer sagt Rupp: „Klar war, dass die ersten beiden Jahre durchaus eine Umstellung sein werden, aber in erster Linie wegen des vorher angesprochenen Generationenwechsels.“ Doch alles in allem seien die ersten zwölf Monate durchaus zufriedenstellend verlaufen.
Im Bereich der Verwaltung sei die Digitalisierung ein wichtiges Thema, das vorangetrieben werden müsse und sich auf einem guten Weg befinde. Daneben erwähnt er die hohen Investitionskosten von 600.000 Euro in das größte Passagierschiff, die Austria mit Platz für 1200 Personen, die 1939 gebaut wurde und noch immer zuverlässig ihren Dienst versieht. Die Schwierigkeit sei, dass die benötigten Ersatzteile alle sondergefertigt werden müssten.
Das Schiff sei eben „Vintage“ und nicht „Retro“ und damit ein echter Oldtimer. Dass sich die Vorarlberg Lines aber in sicheren Gewässern befinden, zeigen die Perspektiven, mit denen Rupp sein Unternehmen zukunftsfit gemacht hat.
Der „Nenzinger Himmel“ ist ein Naturjuwel, das seinesgleichen sucht. Ist es doch ein malerisches Idyll, eingebettet in das Kalksteinmassiv des Rätikons. Von den Einheimischen wird er als Ort der Erholung von Frühling bis Herbst genutzt und für einige wenige auch im Winter. Touristisch ist das Gebiet, im Vergleich zu den umgebenden Tälern, jedoch wenig erschlossen. Für Thomas Gamon, Gemeindearchivar der Marktgemeinde Nenzing, ist es ein wichtiges Zeichen, dass das Trinkwasser nach wie vor am Brunnen geholt werden muss, den sich mehrere Hütten gemeinsam teilen. Hier kommen Nenzinger zusammen, die im Dorf meist nichts miteinander zu tun haben. Kinder spielen mit dem Wasser und finden Spielkameraden. So sieht Gamon den Brunnen als Treffpunkt der Gesellschaft mit einem hohen ideellen Wert, den es hochzuhalten gilt. Auch an anderem Komfort mangelt es in den circa 180 Ferienhütten. Beispielsweise wird noch mit Hilfe von Holz gekocht. Befahren werden darf die Alpe lediglich mittels Zubringerbussen oder mit dem Kauf eines Mautscheines, wenn man in Nenzing wohnt. Was aber steckt hinter diesem strikten Verteidigen der Ruhe im Nenzinger Himmel? Woher kommt der Gedanke, dass ein vorsichtiger Umgang mit der Natur in Gamperdond angebracht ist? Denn diesen gibt es im „Himmel“ schon seit über 100 Jahren.
Das Gemeindegebiet von Nenzing umfasst 110 Quadratkilometer, 80 Prozent davon gehören in Form von Alpen und Wäldern den beiden Agrargemeinschaften Nenzing und Beschling-Latz. Bei ersterer stehen heute rund 700 Mitglieder auf der Liste. Aber, und das ist das Spannende, niemandem gehört im Speziellen etwas, sondern allen gehört alles. Dies ist eine primitive Form von Kommunismus, in Form einer Dorfgemeinschaft. Im Jahr 1513 wurden alle Alpen von Nenzing auf die verschiedenen Ortsteile endgültig aufgeteilt. Das ist bis heute so geblieben. Eine Besonderheit ist, dass alle Mitglieder dieselben Nutzungsrechte an Alpen und Wäldern haben und so kein Einzelner Privilegien genießen kann. Dass man nur ein Nutzungsrecht für eine Ferienhütte hat und der Boden selbst der Agrargemeinschaft gehört, bezeichnet Gemeindearchivar Gamon wiederum als Stärke der Alpe. Er berichtet auch, dass der Jesuit und Professor Anton Ender bereits
1890 geschrieben hatte, dass „der Nenzinger Himmel eine große Zukunft vor sich habe. Die Nenzinger müssten nur ihre Einstellung zum Nenzinger Himmel aufgeben, nämlich, dass der Nenzinger Himmel nur für die Nenzinger und sonst für niemandem sei.“ Die Namensgebung Nenzinger Himmel ist eigentlich ein Spottname der Nachbargemeinden. Die Nenzinger waren immer stolz auf „ihr“ Gamperdond und schwärmten davon. So kamen die Nachbargemeinden zu dem Schluss, dass Gamperdond der Himmel für die Nenzinger sei. Eine als Spottname gedachte Bezeichnung mit Langzeitwirkung war entstanden. In der Literatur sind, zusätzlich zur Namensgebung Nenzinger Himmel, zwei weitere Schreibarten zu finden: Gamperdond und Gamperdona, welche beide stimmen. Früher erfolgte die Bewirtschaftung der Alpe im Juni und wurde daher statt als Maisäß als Junisäß bezeichnet. Die Alpe liegt zu hoch, um früher bewirtschaftet werden zu können. Im Juli/August wurden die Tiere auf die vier Hochalpen Setsch, Panüel, Güfel und Stafeldon verteilt. Mit externen Hirten und Sennen gab es einen Vertrag für die Bewirtschaftung, welcher bis September lief. Erst 1899 wurde die Alpe Gamperdona zur Sennalpe und die vier Hochalpen rundum wurden dadurch zu Rinder- und Galtviehalpen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. In den Jahren davor war Gamperdond in den Monaten Juli und August meist menschenleer. Ab der Zeit, als der Alpinismus begann, änderte sich das langsam.
Da es im 19. Jahrhundert bereits einen gewissen Reichtum durch die Industrie gab und die Bevölkerung erstmals Freizeit hatte, kam das Wandern in Mode. Durch den Alpenverein, den ersten Kümmerer um den Tourismus, wurde in Nenzing der Antrag eingebracht, die Lindauer Hütte in Gamperdond bauen zu dürfen. Dieses Gebiet sollte neu erschlossen werden. Der Grund: Es wurde eine Verbindung, der Straußsteig, der 1890 erbaut wurde, und weiter zur Schesaplana und hinab zum Lünersee und zur Douglashütte, erstellt. Die Schesaplana war damals schon ein begehrter und sehr viel besuchter Berg und konnte nunmehr überschritten werden. Das Versprechen des Alpenvereins war, dass der Nenzinger Himmel profitieren würde. Die Gemeindevertretung lehnte diesen Antrag jedoch
Wie eine Alpe den Massentourismus ohne Schaden überlebte oder vielleicht noch gar nicht entdeckt wurde.
einstimmig ab. Man wollte Fremden keinen Besitz im Himmel geben. In Nenzing kam die Überlegung auf, diesbezüglich selbst aktiv zu werden. So wurde selbst ein Gasthaus errichtet und dies gleich dreistöckig. Im Gegensatz zu den Hütten, die nur einstöckig waren. Im Dorf wurde wegen der Größe gemunkelt, dass die Gemeinde kein Gasthaus baue, sondern ein Hotel. Dadurch blieb der Name „Hotel“ für das Alpengasthaus Gamperdona bestehen und der zweite Spottname hatte sich etabliert. Bis in die 1950er-Jahre war die Alpe Gamperdond mit den typischen Arbeiten einer Alpe verbunden. Durch den wirtschaftlichen, landwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel änderte sich die Funktion der ehemaligen Privatsennhütten. Alte Hütten wurden umgebaut und die ersten reinen Ferienhütten entstanden. In weiterer Folge änderten sich die Eigentumsrechte: Von der Gemeinde gingen sie in die 1965 gegründete Agrargemeinschaft Nenzing über. In deren Statuten ist verankert, dass keine „Auswärtigen“ Hütten kaufen dürfen. Das damit einhergehende Bürgerrecht kann nur vererbt werden. Laut Thomas Gamon soll die Alpe nicht dem Tourismus anheimfallen – was mit der heutigen Einstellung im Vorarlberger Tourismus auch gar nicht mehr möglich wäre. Der „Nenzinger Himmel“ ist nach wie vor einzigartig, schützens- und sehenswert. Zu allen Jahreszeiten hat das Gamperdonatal seinen unbestreitbaren Charme. Tourismus ist im kleinen Maße erwünscht oder geduldet. Ansonsten gehört die Alpe den Nenzingerinnen und Nenzingern, die das Erbe der Schönheit bewahren, aber auch voller Stolz ihren „Himmel“ gerne Gästen zeigen.
Hanna Denk lebt seit fünf Jahren in München, sie ist Führungskraft bei einem global agierenden Konzern. Seit ihrer Kindheit, in der sie zwischen Vorarlberg und Tirol pendelte, begleitet sie das Thema Nachhaltigkeit.
Hanna Denk: „Wir haben mitEnde2023über
Aufgewachsen ist Hanna Denk in einem stetigen Wechsel zwischen Vorarlberg und Tirol: „Den Kindergarten besuchte ich in Bregenz, die Volksschule in Scheffau, die Unterstufe wiederum in Bregenz, die Oberstufe in St. Johann in Tirol. Gefühlt habe ich mich aber immer als Vorarlbergerin: Es war immer mein Zuhause, ein Großteil meiner Verwandtschaft lebt hier und ich liebe den Bodensee und die Berge.“ Ihre Eltern leiteten zu der Zeit ein Familien- und Seminarhotel am Wilden Kaiser; sie hatten bereits beim Bau viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt, was zu der Zeit sehr fortschrittlich war. Die heute 35-Jährige erinnert sich mit Humor zurück: „Ich bin vom Sacré-Cœur Riedenburg jedes Wochenende zu meiner Familie nach Scheffau gependelt. Das Hotel hatte unter anderem einen Pool und einen Beachvolleyballplatz, lag aber in einem 1000 Einwohner Dorf – für Teenager eine halbe Katastrophe.“
Der Schritt ins urbane Wien folgte dann mit dem Bachelorstudium der Internationalen Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien. Parallel dazu arbeitete sie in Nebenjobs, war Mitglied einer internationalen Studentenorganisation und gründete 2009 ein Startup. „Ich importierte Bademode aus Südamerika und verkaufte sie online in der Vierländer-Region. 2012 musste ich die Entscheidung treffen, ob ich das Unternehmen groß aufziehe oder mein Studium abschließe“, blickt die Wahlmünchnerin auf eine intensive Zeit zurück. Die junge Frau entschied sich für den akademischen Abschluss. „Und ich hatte damals schon im Hinterkopf, dass es mich doch in Richtung Nachhaltigkeit zieht.“
Auch deshalb studierte sie Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement in Krems, wohnte aber weiterhin in Wien und begann, beim Versicherungskonzern ERGO Austria International zu arbeiten. Sie wurde vor allem bei internationalen Strategieprojekten eingesetzt, was auch Dienstreisen und Verantwortlichkeiten vorrangig nach Bukarest und Brüssel mit sich brachte. Gleichzeitig verantwortete sie das Umweltmanagement in Österreich, entwickelte und führte eine neue Umweltstrategie für das Unternehmen ein.
Absicherung von Risiken Von dort aus wechselte die Vorarlbergerin 2019 zur Konzernmutter Munich
Re nach München – in die Nachhaltigkeitsabteilung. Munich Re ist ein DAXUnternehmen und einer der weltweit führenden Risikomanager. Hanna Denk ist eine von knapp 43.000 Mitarbeitenden, die beim Konzern beschäftigt sind, der an 50 Standorten auf sechs Kontinenten tätig ist. Das Konzernergebnis lag 2023 bei 4,597 Milliarden Euro.
Das Tätigkeitsfeld des Konzerns beschreibt sie folgendermaßen: „Sehr simpel könnte man sagen, es ist die Versicherung von Versicherungsunternehmen.
Lebenslauf
Hanna Denk *4. Juli 1988, wurde in Bregenz geboren und ist an verschiedenen Orten in Vorarlberg und Tirol aufgewachsen. Die Unterstufe hat sie am Sacré-Cœur Riedenburg in Bregenz absolviert, die Matura in Tirol gemacht. Ein Studium der Internationalen Betriebswirtschaft folgte an der WU Wien, den Masterabschluss hat sie beim IMC Krems erlangt. Hanna Denk ist Head of ESG Governance & Disclosure beim DAX-Unternehmen Munich Re und lebt mit ihrem Verlobten in München.
Aber nach acht Jahren im Konzern bin ich trotzdem immer wieder überrascht, was Munich Re alles macht.“ Die Globalisierung, der gesellschaftliche Wandel, geopolitische Risiken, neue Technologien, Klimawandel und Cyberrisiken und sich fortwährend wandelnde Märkte würden die gesamte Branche immer wieder vor neue Herausforderungen stellen, sagt Denk. Sie sieht die Rückversicherung als spannendes Feld, „da es sich um die Absicherung von Risiken handelt, die oft sehr komplex und teilweise schwer vorhersehbar sind“.
Ambitionierte Ziele erfüllt
Vor einem Jahr hat die 35-Jährige das interne Entwicklungsprogramm absolviert, ist damit nun Führungskraft im Konzern und leitet die Abteilung für ESG-Governance und Offenlegung. ESG steht im Deutschen für Umwelt, soziale Verantwortung und gute Unternehmensführung. Die Nachhaltigkeitsmanagerin und ihr vierköpfiges Team, das sie selbst rekrutiert hat, wissen, was sich im Konzern in Bezug auf Nachhaltigkeit tut und wer, wann und in welcher Form darüber
informiert werden muss. „Das kann die interne Kommunikation, den Vorstand oder Aufsichtsrat betreffen, aber auch die externe Kommunikation über Kanäle wie unseren Nachhaltigkeitsbericht, die Website oder Pressemeldungen.“ Außerdem bilden sie die Schnittstelle zu Ratingagenturen für Nachhaltigkeit: „Wir versorgen sie mit relevanten Informationen und analysieren regelmäßig, wo Munich Re noch Verbesserungen vornehmen kann. Dabei stoßen wir dafür notwendige Maßnahmen und Projekte an.“ Auch Anfragen von externen Personen, etwa Investoren, sowie Dialoge zu Nachhaltigkeitsthemen gehören zum breit gefächerten Aufgabengebiet. Ein übergeordnetes Ziel ist es auch funktionierende und entscheidungsfähige Gremien zu haben, die das Nachhaltigkeitsthema weiter vorantreiben.
Im April wird, wie jedes Jahr der Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns veröffentlicht – dem ist die monatelange und intensive Arbeit von Hanna Denk und ihrem Team vorangegangen. Sie kann jetzt schon verraten, dass die Fortschritte im Bereich der Klimastrategie zum Teil übererfüllt wurden: „Wir haben mit Ende 2023 über drei Milliarden Euro in erneuerbare Energien investiert. Und auch den Deutschen Nachhaltigkeitspreis im Bereich Versicherungen gewonnen. Außerdem sollen bis 2025 40 Prozent der Managementpositionen unterhalb der Vorstandsebene mit Frauen besetzt sein.“
Das alles macht deutlich, wie vielfältig und ambitioniert ihre Aufgaben und Ziele als Führungskraft bei einem globalen Unternehmen sind. „Das macht meinen Job nicht nur sehr interessant, sondern auch sehr erfüllend.“ Der einzige Nachteil, „einen Job zu haben, den man wirklich gerne macht, lässt mich tendenziell etwas zu viel Zeit dort verbringen“. Als Kontrast und Ausgleich sind ihr die Natur, Bewegung und Zeit mit lieben Menschen, wichtig – „das würde ich in der Zukunft auch gerne wieder etwas stärker priorisieren“.
Zur Person
J. GEORG FRIEBE
A* 1963 in Mödling, aufgewachsen in Rankweil. Studium der Paläontologie und Geologie in Graz. Seit 1993 Museumskurator an der inatura Erlebnis Naturschau in Dornbirn.
m Anfang stand ein freundschaftlicher Wettstreit zwischen Los Angeles und San Francisco. Los Angeles ist mit knapp 2,9 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Vereinigten Staaten. San Francisco ist ungleich kleiner, hat aber mit rund 875.000 Menschen immer noch mehr als doppelt so viele Einwohner wie Vorarlberg. Beide Städte sind dicht besiedelt. Hören wir ihre Namen, so denken wir an Straßenschluchten und Wolkenkratzer. Für die Natur scheint in diesen Großstädten kein Platz mehr zu sein. Was soll es hier schon zu entdecken geben? Wie so oft, führen Vorurteile in die Irre. Doch welchen Stellenwert die Artenvielfalt in solch einem Ballungsraum tatsächlich für sich beanspruchen kann, blieb im Dunkeln. Menschliche Ansiedelungen – und speziell in dieser Dimension – gehören nicht zum primären Zielgebiet der Biologie. Die California Academy of Sciences und das Natural History Museum of Los Angeles County beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Fachleute mit der Kartierung der Tier- und Pflanzenarten im Siedlungsraum zu betrauen, schien aussichtslos. Aber warum nicht die Bevölkerung selbst in die Forschung mit einbeziehen? 2016 riefen die beiden Institute erstmals zur gemeinschaftlichen Artenzählung in Los Angeles und San Francisco auf. Die Idee war so einfach wie genial: Mobiltelefone mit Kamerafunktion sind heute allgegenwärtig. Mit iNaturalist stand eine geeignete Beobachtungsplattform zur Verfügung, auf der auch Laien ohne Artenkenntnis ihre Beobachtungen festhalten konnten. Die Bestimmung der fotografierten Lebewesen wurde der Künstlichen Intelligenz überantwortet, aber bereits bei der ersten City Nature Challenge waren Fachleute dazu angehalten, die so ermittelten Namen auf Plausibilität zu prüfen. Das Ergebnis übertraf die Erwartungen: 1018 Menschen dokumentierten in 19.742 Beobachtungen insgesamt
3152 Arten – für ein erstmals durchgeführtes Experiment durchaus beachtliche Zahlen: Das Konzept kam an, und im Folgejahr stellten sich bereits 16 Städte innerhalb der USA dem Wettbewerb.
2018 wurde die City Nature Challenge international, und seit 2020 ist auch Österreich beim freundschaftlichen Wettstreit vertreten. Für heuer haben sich 715 Städte und städtische Regionen weltweit für dieses Festival der Artenvielfalt registriert – und Österreich ist mit 14 Regionen dabei. Vorarlberg ist auf der Teilnehmerliste sogar zweimal zu finden: Gleich wie das Haus der Natur in Salzburg setzt die inatura auf die Internetplattform Observation.org
War die Dokumentation der Natur in früheren Zeiten wissenschaftlichen Kreisen vorbehalten, so ist heute die Mithilfe der Bevölkerung aus dieser Monsteraufgabe nicht mehr wegzudenken. Artenkenntnis war nie ein Lehrgegenstand der Universitäten, doch mit der Verschiebung der inhaltlichen Schwerpunkte hin zu Mikrobiologie und Genetik nimmt die Zahl derer, die sich der Naturdokumentation verschrieben haben, kontinuierlich ab. Gleichzeitig verlangt der internationale Naturschutz die langfristige Beobachtung der Schutzgebiete. Die Kräfte der wenigen verbliebenen Fachleute sind dort gebunden. Sie können sich nicht vervielfältigen, können nicht das ganze Land flächendeckend beforschen. Sie erheben über kleine Gebiete vieles, doch es bleiben große, nicht unter besonderem Schutz stehende Gebiete, über deren Lebewelt nur wenig bekannt ist. Und der Siedlungsraum war schon immer ein Stiefkind der Forschung. Wie sollten dort auch systematische Erhebungen durchgeführt werden? Am besten gelingt dies noch durch nächtliche Begehungen: Fliegende Insekten – in erster Linie Nachtfalter – die vom Licht angezogen werden, werden im Umfeld mancher Lampen angetroffen. Bei Bodenbewohnern wird es bedeutend schwieriger: Auf
Verkehrsflächen und Gehwegen Fallen zu installieren, ist kaum möglich. Und synanthrope Arten, die sich die menschlichen Behausungen als Lebensraum auserkoren haben, entziehen sich fast völlig der Dokumentation. Es sind Zufallsbeobachtungen und Anfragen besorgter Mitmenschen angesichts eines ihnen unbekannten Tieres, die uns über ihre heimlichen Untermieter informieren.
Genau hier setzt Citizen Science mit Beobachtungsplattformen wie Observation.org an. Gute Fotos, wie sie heute mit jedem besseren Mobiltelefon erzielt werden können, wurden längst als dem musealen Beleg ebenbürtig erkannt. Künstliche Intelligenz schafft es, eine erstaunliche Menge an Arten selbst auf schwachen Fotos korrekt anzusprechen. Satellitenbasierte Ortsbestimmung fasst die Fundorte mit Koordinaten in Zahlen, um sie jederzeit wieder lokalisieren zu können. In der Masse sind Zufallsbeobachtungen bei statistischer Auswertung ähnlich aussagekräftig, wie systematische Erhebungen. Und vor allem. Naturdokumentation macht Spaß. Überall gibt es Neues zu entdecken, und manchmal sind die beobachteten Arten auch für die Wissenschaft des Landes überraschend und vielleicht sogar neu.
Von 26. bis 29. April 2024 also gilt es, Naturbeobachtungen aus ganz Vorarlberg auf Observation.org zu melden. Danach bleibt für die inatura und externe Fachleute eine Woche Zeit, um die Fotos zu sichten und zweifelhafte Fälle neu zu bewerten. Am 6. Mai 2024 schließlich werden die Ergebnisse verkündet. Für die weltweite Vergleichbarkeit fließen die Fläche des Beobachtungsraumes und die Bevölkerungszahl in das Ranking mit ein. Zeigen wir der Welt, wie artenreich Vorarlberg ist – jede Beobachtung zählt!
Von 26. bis 29. April 2024 sind Sie, liebe Leserin, lieber Leser aufgerufen, Wissenschaft und Naturschutz bei der Dokumentation der Tierund Pflanzenwelt unseres Landes zu unterstützen. An diesem verlängerten Wochenende ist es unser Ziel, im gesamten Bundesland so viele Arten wie möglich zu dokumentieren. Denn Vorarlberg stellt sich der City Nature Challenge 2024, einem Naturwettbewerb der Städte.
Es gilt, Naturbeobachtungen aus ganz Vorarlberg auf Observation.org zu melden.
Zur Person ANGELIKA SCHWARZ
* 1975 in Feldkirch, ist Journalistin, studierte Germanistin und Anglistin, langjährige ORF-Redakteurin und -Moderatorin (Radio und Fernsehen). Angelika Schwarz arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Landeskrankenhäuser Vorarlberg.
„Kinder tun sich leichter, das Geschehene zu verstehen, wenn sie die Realität sehen.“
Maria Brauchle, DiplomGesundheits- und Krankenpflegerin
Wer schon einmal eine liebe Angehörige oder einen lieben Angehörigen auf der Intensivstation besucht hat, der kann sich bestimmt noch an die eigenen starken bis überwältigenden Gefühle erinnern, die dieser Besuch ausgelöst hat. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Kinder auf eine Intensivstation mitgenommen werden können, ist daher berechtigt.
Seit vielen Jahren wird darüber entsprechend kontrovers diskutiert. „Und das wird es nach wie vor – wie überhaupt über die familienzentrierte Betreuung auf Intensivstationen kontrovers diskutiert wird“, weiß Maria Brauchle.
Die Diplom-Gesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivpflege am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch setzt sich seit langem auch wissenschaftlich mit diesem Thema auseinander. Gemeinsam mit ihrem Arbeitskollegen Julian Rudolph war sie etwa federführend am Publikationsprojekt „Kinder als Besuchende auf Intensivstationen“ beteiligt. 2023 hat die „European Society of Intensive Care Medicine“ die daraus entstandenen „Zehn Empfehlungen für den Besuch von Kindern auf Intensivstationen“ zum „Paper of the Year“ in der Rubrik „Nurses and Allied Healthcare Professionals“ gekürt. Kernpunkt des 57-seitigen Papers sind Empfehlungen, die Kinder als Angehörige und Besuchende quasi „an der Hand nehmen“ sollen.
Die Empfehlungen richten sich an Mitarbeiter aller Professionen sowie an Eltern und Begleitpersonen. Sie sind auch als Hilfestellung angelegt, um zukünftig einheitliche Besuchsregeln für Kinder entwickeln zu können.
Insgesamt war ein 33-köpfiges interdisziplinäres Experten-Team aus Österreich, Deutschland und der Schweiz an der wissenschaftlichen Aufarbeitung beteiligt.
Über drei Jahre hinweg haben unterschiedlichste Disziplinen und Professionen mitgewirkt.
Behutsam
Die Arbeit lässt dabei genügend Spielraum für individuelle Entscheidungen. Sie berücksichtigt auch, was zu beachten ist, wenn ein Kind von sich aus nicht auf die Station mitgehen möchte. Die jeweilige Situation fließt jedes Mal mit ein: „Man muss sich vorstellen, dass es immer einen ganz persönlichen Grund gibt, warum Kinder als Besuchende auf die Intensivstation kommen“, erklärt Julian Rudolph, Diplom-Gesundheitsund Krankenpfleger für Intensivpflege. „Meist liegt ein enger Angehöriger in einem Intensivbett. Manchmal waren die Kinder beim Ereignis dabei, das zum Aufenthalt auf der Intensivstation geführt hat. Kindliche Vorstellungskraft und Fantasie können ein Ereignis mitunter noch schlimmer werden lassen, als es tatsächlich ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich Kinder leichter tun, das Geschehene zu verstehen, wenn sie die Realität sehen, wenn sie beispielsweise sehen, wie es dem Unfallopfer geht. Mit kindergerechten Erklärungen natürlich, aber ehrlich. Behutsames Hinführen und Aufklärung helfen sehr dabei, nicht noch zusätzliche, schlimmere Bilder im Kopf zu erzeugen.“ Mit den Empfehlungen sollten die gröbsten Bedenken hinsichtlich eines Besuches von Kindern entkräftet werden können, so das Ziel der Arbeit. „Skepsis wird es immer geben, sie ist sogar erwünscht, weil in ihrer jeweiligen Umgebung mitunter auch berechtigt. Gerade der allererste Besuch ist immer auch mit großem Zeitaufwand aller Beteiligten verbunden“, betont Maria Brauchle. Was alle gemeinsam haben, ist der Wunsch nach Information. Vor allem bei Menschen, die zuvor nie mit einer Intensivstation konfrontiert waren. „Wichtig ist es, Aufklärung zu betreiben“, bringt es Julian Rudolph auf den Punkt, „Ängste zu nehmen, Personal, Angehörige und Kinder vorzubereiten und anzuleiten“. Die angeführten zehn Empfehlungen thematisieren alle für einen Besuch relevanten Punkte: Von der genauen Planung eines Kinderbesuches im interprofessionellen Team über die Stärkung elterlicher Kompetenzen, die
Aufbereitung kindgerechter Informationen, psychosoziale Unterstützung und die Einbindung von Qualitäts- und Risikomanagement bis hin zur Dokumentation von Kinderbesuchen. „Es ist kein Leitfaden im Sinne von Regeln oder Richtlinien. Wir haben bewusst Empfehlungen erarbeitet, Orientierungshilfen, die beim Treffen von Entscheidungen unterstützen“, erklärt Maria Brauchle. Nicht zuletzt profitieren auch die Patienten davon, wenn sie unter professioneller Anleitung die Nähe ihrer Angehörigen und (Enkel-)Kinder spüren dürfen.
Pionierarbeit
Das Team hat jene Punkte verarbeitet, die es aus eigener Erfahrung heraus sowie dem derzeit wissenschaftlichen Stand entsprechend als am wichtigsten erachtet hat: „Unsere Arbeit ist nach evidenzbasierten Kriterien und mit zahlreichen Experten – etwa aus dem Hygienebereich – entwickelt worden“, betonen die beiden Pflegefachkräfte das sorgfältige Bestreben, der Arbeit wissenschaftlichen Konsens zugrunde zu legen. „Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Und das bedeutet, dass offenbar sowohl die Menschen zu Hause als auch das Personal in den Einrichtungen unsere Empfehlungen gut umsetzen können“, freuen sie sich.
„Es war uns wichtig, unsere Arbeit so zu formulieren, dass sie jede und jeder verstehen kann und in der Praxis auch tatsächlich Anwendung findet.“ Klare Empfehlungen erleichtern nicht nur den Besuchern und den Angehörigen die Vorbereitung, sondern auch dem interprofessionellen Fachteam auf der Station: „Das merken wir bei unseren eigenen Kollegen, die sehr offen und gleichzeitig sensibel auf Kinderbesuche reagieren“, freuen sich Maria Brauchle und Julian Rudolph über die gute und einfühlsame Zusammenarbeit auf der Intensivstation am LKH Feldkirch. „Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas gibt zusätzliche Sicherheit, die sich natürlich auch verstärkt je häufiger Besuche mit Kindern stattfinden. Wir sind stolz darauf, dass wir hier von Feldkirch aus erneut Pionierarbeit leisten konnten. Wenn man für ein Thema brennt und engagierte Kollegen findet, die ebenso dafür brennen, ist viel möglich.“
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Kinder auf eine Intensivstation mitgenommen werden können, ist berechtigt.
Das ausgezeichnete Paper ist eine englische Kurzfassung der deutschsprachigen Publikation „Kinder als Angehörige und Besuchende auf Intensivstationen, pädiatrischen Intensivstationen und in Notaufnahmen“.
Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse – kurz zusammengefasst.
Von Sabine BarbischWas der Psyche gut tut
Onyoo Yoo und Forschende der südkoreanischen Konkuk-Universität konnten erstmals anhand der Gehirnströme von Patienten die positive Wirkung von Therapiehunden auf die Psyche von Menschen nachweisen. Wie das wissenschaftliche Team im Magazin „PLos One“ berichtet, trugen 30 Probanden Elektroden, um die elektrische Aktivität im Gehirn aufzuzeichnen, während sie die Hunde streichelten, sie fütterten oder mit ihnen spazierten. Bei einer Elektroenzephalographie wurde sichtbar, dass die Alpha-Wellen im Gehirn zunahmen, wenn die Teilnehmer mit dem Hund spielten oder spazierten – Gehirnströme, die auf eine „entspannte Wachheit“ hindeuten. Streichelten die Studienteilnehmer die Tiere, stiegen hin-
Was sozial erworben wird
Im Fachmagazin „Cognitive Development“ berichten Markus Paulus und Forschende von der Ludwig-Maximilians-Universität München über ihre aktuelle Studie zur Entwicklung von Mitgefühl bei Kleinkindern. Dazu führten sie mit 127 Mutter-Kind-Paaren Verhaltensexperimente durch: Dieselben Kinder wurden im Alter von sechs, zehn, 14 und 18 Monaten in einem spielerischen Umfeld beobachtet und ihre Zeichen des Mitgefühls dokumentiert. Es gab Situationen, in denen eine andere Person Schmerz zum Ausdruck brachte,
Was krank machen kann
Gesundheit, Zufriedenheit und Lebensqualität können durch diskriminierende Erfahrungen negativ beeinflusst werden, und sogar ein Einsamkeitsgefühl hervorrufen. Eine englische Studie aus der Fachzeitschrift „PLos One“ zeigt, dass davon zunehmend ältere und alte Frauen betroffen sind. Psychologin Ruth Hacket vom King’s College in London analysierte dazu mit einem Team an Forschenden Aussagen von rund 3000 Frauen aus England, die über 52 Jahre alt waren. Anhand eines Fragebogens beantworteten die Studienteilnehmerinnen Fragen zu Diskriminierungserfahrungen,
gegen die Beta-Wellen an – ein Hinweis für eine erhöhte Konzentration.“ In der Studie aus Südkorea heißt es außerdem, dass die Stresslevel der teilnehmenden Personen bei allen Aktivitäten mit tierischen Begleitern deutlich niedriger waren. Demnach erhöhe der Umgang mit den Hunden die Aktivität des Gehirns und löste Entspannung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Kreativität aus. Allesamt Dinge, die der Psyche guttun.
Was ein Warnsignal darstellt
L autes und unregelmäßiges Schnarchen ist für Zimmergenossen mitunter eine nervende Angelegenheit; für Betroffene kann das nächtliche Schnarchen, das durch Atemaussetzer ausgelöst wird, durchaus gefährlich sein. Von einer Schlafapnoe spricht man, wenn die Atmung beim Schlafen wiederholt aussetzt, unbehandelt kann diese Herz-Kreislauf-Probleme verursachen. Bis zu acht Prozent der Menschen in Österreich haben
Was den Schlaf verbessert
ein anderes Mal lachte sie. So konnte die Reaktion der Kinder verglichen werden. Dabei zeigte sich laut Markus Paulus und seinem wissenschaftlichen Team, dass die Empathie von Kindern in einem starken Zusammenhang mit der Feinfühligkeit ihrer Bezugsperson steht: Demnach waren Kinder, deren Mütter in der Studie auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingingen, besser in der Lage, fremden Personen Empathie entgegenzubringen. Die Conclusio der Münchner Forschenden: Mitgefühl wird bereits im Kleinkindalter sozial erworben.
Schlaf ist für eine optimale Regeneration essenziell. Doch in Österreich sind 25 bis 30 Prozent der Menschen von Schlafproblemen betroffen. Erla Björnsdottir, Psychologin an der Universität Reykjavik, nennt die „Strapazen des modernen Alltags“ sowie eine ungesunde Lebensweise als Gründe für Schlafstörungen. Björnsdottir forscht schon länger zum Thema Schlaf und hat mit einem internationalen Team untersucht, wie sich regelmäßige körperliche Bewegung auf die Schlafqualität auswirkt. Im Fachjournal „BMJ Open“ berichten sie, dass sie
Was die Blutgefäße schädigen kann
etwa fehlender Respekt und Höflichkeit oder einer schlechteren Behandlung in Lokalen, Geschäften oder bei Ärzten. Auch die körperliche und psychische Gesundheit wurde erhoben; und die Frauen machten Angaben zu ihrer Zufriedenheit mit dem Leben im Allgemeinen. „Wir fanden heraus, dass Frauen mittleren und höheren Alters, die Diskriminierung wegen ihres Geschlechts wahrgenommen hatten, eher depressiv und einsam waren als Frauen, die Sexismus nicht wahrgenommen hatten“, bringt Psychologin Hacket das zentrale Forschungsergebnis auf den Punkt.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt je nach Alter täglich 0,8 bis 1,0 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Sportbegeisterte Menschen, denen der Aufbau der Muskelmasse wichtig ist, nehmen in der Regel deutlich mehr Proteine zu sich. Eine Studie der University of Worcester zeigt, dass eine zu proteinreiche Ernährung nicht gesund ist; bei Männern gar den Testosteronspiegel reduzieren kann. In „Nature Metabolism“, einem Fachmagazin, schreiben die Wissenschaftler, dass 23 gesunde Probanden mit Übergewicht an der Studie teilnahmen: Sie konsumierten ent-
eine solche Atemstörung; Männer und Schwangere sowie Menschen, die eine gekrümmte Nasenscheidewand haben, tragen ein höheres Risiko. Medikamente gegen Schlafapnoe gibt es noch nicht, „aber“, sagt Lungenfacharzt Sabin Handzhiev, Leiter der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, „medikamentöse Ansätze werden gerade in laufenden Studien überprüft. Die publizierten Daten geben Hoffnung auf eine baldige Zulassung.“ Zu den häufigsten Behandlungsmethoden zählt die Überdrucktherapie, bei der die Betroffenen eine spezielle Atemmaske tragen, wenn sie schlafen; auch ein Zungenschrittmacher oder eine Schnarchschiene sind Behandlungsmethoden einer Atemapnoe.
im Rahmen einer Studie die Daten von knapp 4400 Menschen aus neun europäischen Ländern über zehn Jahre hinweg analysierten: Dabei zeigte sich, dass jene Personen, die über den gesamten Zeitraum regelmäßig Sport trieben, weniger Probleme beim Einschlafen hatten, die Wahrscheinlichkeit für Schlafstörungen war geringer und sie kamen eher auf die empfohlenen sechs bis neun Stunden Schlaf. Auch jene, die erst im Laufe der Studie mit Bewegung starteten, hatten im Vergleich zu den unsportlichen Probanden eine deutlich bessere Schlafqualität.
weder Mahlzeiten mit einem sehr hohen oder sehr geringem Proteingehalt. Bei der Blutuntersuchung nach dem Essen fanden die Forschenden heraus, dass die eiweißreiche Ernährung den Aminosäurenspiegel im Blut stark erhöht. Einen besonders großen Einfluss hatte das Eiweiß auf die Leucinkonzentration: Die Aminosäure Leucin kann – bei einer sehr hohen Konzentration – die Immunzellen des Menschen stören. Defekte Zellbestandteile im Blut können so nicht mehr im gewohnten Umfang entsorgt werden. Ist der Leucin-Spiegel langfristig zu hoch, lagert sich Plaque an den Blutgefäßen ab.
Der Landesamtsdirektor Elmar Grabherr (1911–1987) war als oberster Beamter Vorarlbergs 1955 bis 1976 der Herr über damals etwa 1600 Bedienstete. Er wachte auch über die Aufnahme in den Landesdienst, die er selbstverständlich nicht in jedem Einzelfall kontrollieren konnte. Und so suchte er nach einer Möglichkeit, das Ausleseverfahren, das einer Aufnahme vorausging, nach seinen Vorstellungen zu reglementieren und juristisch abzusichern. Grabherr war in den 1950er und 1960er Jahren von der Sorge bewegt, Vorarlberg könnte von einer allzu großen Überfremdung bedroht werden. Damals waren allerdings noch kaum ausländische Gastarbeiter im Land tätig, das Anwerbeabkommen mit der Türkei existierte noch nicht. Arbeitskräfte, die von außerhalb kamen, stammten meist aus anderen Bundesländern, etwa aus der Steiermark oder Kärnten.
Doch das genügte, um die Befürchtung auszulösen, dass die Kultur Vorarlbergs durch fremde Einflüsse vor allem aus dem Osten von Zersetzung bedroht werde. Und so kam der oberste Landesbeamte auf die Idee, in seinem Wirkungsbereich ein verwaltungsrechtliches Instrument zu entwickeln, um gegenzusteuern. Dabei ging es in erster Linie um die Aufnahme in den Landesdienst, aber auch um alle Möglichkeiten der Bevorzugung bei Ausschreibungen, bei Förderungen oder Auszeichnungen. Grabherr formulierte also zur Vorbereitung seines Vorhabens ein internes Rundschreiben, von ihm selbst als Erlass bezeichnet. Dieses Rundschreiben ging am 16. Mai 1961 an alle Abteilungen der Landesregierung, aber auch an alle nachgeordneten Dienststellen des Landes, auch an die Bezirkshauptmannschaften. Anlass war, dass es aus der Sicht seines Verfassers an einer rechtlichen Definition des „Vorarlbergers“ mangelte. Von einer „Vorarlbergerin“ war nicht die Rede. Der Versuch des Landes Vorarlbergs, eine Vorarlberger Landesbürgerschaft durchzusetzen, war 1952 vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt worden mit der Begründung, sie wäre verfassungswidrig, da jeder Bundesbürger nach Artikel 6 der Bundesverfassung „in jedem Lande gleiche Rechte und Pflichten habe wie die Bürger des Landes selbst.“ Neun Jahre später sollte hier nun der Begriff der „landsmannschaftlichen Herkunft“
Abhilfe schaffen. Gemeint war damit nach Grabherr, „ein engeres Verhältnis einer Person zu einem Bundesland.“ Dies werde, so der Verfasser, „in erster Linie bestimmt durch objektive Tatsachen wie Abstammung (siehe hier unter anderem auch Familiennamen), Geburtsort, einem Besitz des Heimatrechtes, langjähriger Aufenthalt, Beherrschung der Mundart usw.“
Das Rundschreiben forderte also die Ämter und nachgeordneten Dienststellen auf, „im Sinne föderalistischer Staatsauffassung“, den „Begriff der landsmannschaftlichen Herkunft in Zukunft überall dort zu verwenden, wo eine Beachtung der Bodenständigkeit von Personen sachlich gerechtfertigt erscheint.“ Außerdem wurden die Dienststellen des Landes gebeten, „die Anwendungsmöglichkeit des Begriffes der landsmannschaftlichen Herkunft zu prüfen und dem Präsidium vom Ergebnis Mitteilung zu machen.“ In dem Rundschreiben wurde der Begriff „Alemannen“ oder das Attribut „alemannisch“ nicht verwendet. Die Antworten der Dienststellen war einigermaßen ernüchternd und zeigten eine sehr beschränkte Einsatztauglichkeit des Begriffs und der damit verbundenen Durchführungspraktiken.
Eine Möglichkeit bot sich 1962 bei der Ausarbeitung eines Ehrenzeichengesetzes. Hier legte der Landesamtsdirektor Grabherr einen Entwurf vor, in dem
die Entscheidung über die Verleihung von Orden und Auszeichnungen einem Gremium überantwortet sein sollte, das folgendermaßen zusammengesetzt sein sollte: „Der Landesehrenzeichenrat besteht aus dem Landtagspräsidenten, zwei Mitgliedern der Landesregierung, einem Bürgermeister und vier weiteren Mitgliedern, die mindestens 40 Jahre alt und ihrer landsmannschaftlichen Herkunft nach Vorarlberger sein müssen. Der Landesamtsdirektor hat das Recht, an den Sitzungen mit beratender Stimme teilzunehmen.“ Das löste Empörung aus. Die Salzburger Nachrichten reagierten am 30. Oktober 1962 mit der Schlagzeile: „Ehrenzeichengesetz in veränderter Form. Antrag der nichtalemannischen Vorarlberger unberücksichtigt?“ Der Abgeordnete Herbert Keßler (1925-2018, Landeshauptmann 1964-1987) musste den Entwurf rechtfertigen, konnte aber auch berichten, dass der Rechtsausschuss des Landtages einstimmig festgestellt habe, dass eine derartige Bestimmung zur Auswahl der Mitglieder des Ehrenzeichenbeirates gar nicht nötig sei. Der Bregenzer Bürgermeister Karl Tizian (1915-1985, Bürgermeister 1950-1970) – kein Freund von Grabherr – konnte wenig später in seinem Tagebuch befriedigt notieren: „Man wirft des LAD [Landesamtsdirektor] Formulierung der landsmannschaftlichen Zusammensetzung des Ehrenzeichenrates […] und seine ‚beratende Stimme‘ aus dem Gesetz heraus.“
Doch 1964 setzte Grabherr noch einmal nach und forderte neuerlich dazu auf, dem Erlass von 1961 nachzukommen. Wiederum waren die Reaktionen zurückhaltend. Das Landesarchiv antwortete, dass man bei Buchbinderarbeiten „seit je die landsmannschaftliche Herkunft der Auftragnehmer berücksichtigt“ habe. Die Abteilung für Seilbahn- und Aufzugstechnik bemerkte allerdings, dass der „Gedanke nur so lange zweckmäßig und sinnvoll“ sei, „als hiesige Arbeitskräfte noch aufzutreiben sind.“ Die Abteilung für Finanzen sah eine Anwendungsmöglichkeit nur bei den Wohnbauförderrichtlinien. Andere Ämter wiesen auf die Schwierigkeiten der Anwendung hin oder reagierten ablehnend.
Elmar Grabherr (1911–1987) war von 1955 bis 1976 Landesamtsdirektor –im Hintergrund Siegfried Gasser.
Ende Juli 1964 kam es zur Entscheidung, den Erlass „als gegenstandslos“ zu erklären. Was war geschehen? Vermutlich dürfte es innerhalb der ÖVP harte Kritik an dem neuerlichen Vorstoß von Grabherr gegeben haben. Die öffentliche Blamage von 1962 war noch gut in Erinnerung. Zudem dürfte sich die Begeisterung der Dienststellenleiter in Grenzen gehalten haben. Es war klar: Die Auslese konnte viel flexibler ohne juristisches Korsett durchgeführt werden und ein Regelwerk für Einstellungen und Förderungen hätte Möglichkeiten zur Beeinspruchung geboten, die nun entfielen. Landeshauptmann Ulrich Ilg (1905-1986, Landeshauptmann 1945-1964) ordnete an: „Dieser Erlaß soll entweder schriftlich oder telephonisch als gegenstandslos erklärt werden. Ilg“
in einer Anfrage am 17. Dezember 1979 das Rundschreiben Elmar Grabherrs von 1961 erstmals – selbstverständlich in polemischer Absicht und nicht ohne Ironie – als „Alemannenerlass“ bezeichnete und die nicht unberechtigte Frage stellte, ob „tatsächlich keine wie immer geartete Benachteiligung von Mitbürgern nichtalemannischer Herkunft“ bestehe. Landeshauptmann Keßler reagierte empört, musste sich allerdings vorhalten lassen, dass er selbst noch 1962 im Landtag die Ansicht vertreten habe, es sei „im Interesse des Landes“ gelegen, wenn „der Begriff ‚landsmannschaftliche Herkunft‘ auf bestimmte Gebiete der Verwaltung, die für die Erhaltung des Vorarlberger Volkscharakters von Bedeutung sind, noch Verwendung findet.“
Die Geschichte hatte jedoch ein Nachspiel. Landesamtsdirektor Elmar Grabherr trat 1976 in den Ruhestand und initiierte in den Jahren danach die Bürgerinitiative „Pro Vorarlberg“, die 1980 eine Volksbefragung zu ihrem Forderungskatalog durchführen ließ. Im Rahmen der Debatte über Sinn und Zweck der Forderungen dieser Initiative nach größerer Autonomie des Landes kam es auch zu einer Diskussion im Vorarlberger Landtag, ausgelöst durch den Abgeordneten Arnulf Häfele (geb. 1946, 1974-1999 für die SPÖ im Landtag), der
Zur Geschichte dieses als „Alemannenerlass“ bekannt gewordenen Rundschreibens gehört auch, dass es jahrelang nur als Kopie unter Historikern kursierte, immer wieder ohne Beleg zitiert und sogar als Faksimile abgedruckt wurde, allerdings im Landesarchiv als nicht auffindbar galt. So kam sogar zeitweilig der Verdacht auf, es könnte sich um eine Fälschung handeln. Erst Manfred Tschaikner hat den entsprechenden Akt vor einigen Jahren gefunden und zugänglich gemacht. Eine Fälschung war der Erlass keineswegs.
Dieter Zehentmayr (19412005): Grabherr’s Evolutionslehre, 1979 (vorarlberg museum). Franz Ortner (19221988), damals Chefredakteur der VN, wird als Prototyp des Alemannen präsentiert.
… ist Historiker und Archivar im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz.
Spielkarten aus dem Urbar des Gotteshauses Bregenz, 1571
Bucheinbände sind etwas Besonderes, umgeben sie doch den Buchblock mit einer schützenden und oftmals verzierenden Hülle. Meistens ließen Buchbinder bei der Gestaltung dieses Schutzes ihrer Kreativität freien Lauf, indem sie manche Handschriften mit feinem Maroquin (Ziegenleder), andere wiederum mit Prachteinbänden aus Elfenbein einbanden. Da derartige Einbände jedoch teuer waren, verwendeten die Buchbinder zur Verstärkung der Buchdeckel hin und wieder „Makulatur“, also nicht mehr verwendetes, nutzloses Material aus der Buchproduktion.
Dass sich die Zuschreibung von „nutzlos“ im Lauf der Zeit wandeln kann, beweist ein Zufallsfund bei der 1999 durchgeführten Restaurierung des Urbars des Gotteshauses Bregenz (1571). Für den dunkelbraunen, blindgeprägten Ledereinband wurde bei der Bindung Makulatur verwendet. In dieser kamen bei der Instandsetzung neben anderen Fragmenten rund 85 Spielkarten zum Vorschein, die mindestens 450 Jahre alt sein dürften. Die vom damaligen Landesarchivar Karl Heinz Burmeister angedachte und vom Buchbinder Werner Obermeier durchgeführte Restaurierung des Buches, brachte daher zufälligerweise eine Bestandserweiterung. Die Presse bezeichnete die Spielkarten kurzum als „älteste Jasskarten“ Vorarlbergs, obwohl damit kaum „gejasst“ worden sein dürfte.
Die Erhaltung von Archivalien ist und bleibt eine der aufwendigsten Aufgaben eines Archivs. Grundsätzlich gilt dabei: Besser vorab Schäden vermeiden, als später Schäden beheben. Leider ist das nicht immer möglich, weshalb Archivalien unter großem Einsatz restauriert werden müssen, bevor sie verloren gehen. Zufallsfunde wie die Spielkarten entschädigen diesen Aufwand zumindest emotional. www.landesarchiv.at
Alles nahmst du mit dir im Taumel deiner Liebe rissest es mit als du gingst brennend vom brennenden Fest −
In deinen Knien sind nun all meine Tänze begraben
In deinem Haar all meine Düfte versenkt –In deinem Munde ruhen die Küsse des Jahres Wie eine Grille sitz ich im Stoppelgrase und schreie mein Lied, das einzige was du mir ließest, in das verödete Land.
Aus: Paula Ludwig: „Dem dunklen Gott.
Ein Jahresgedicht der Liebe“. Mit einem Nachwort von Volker Weidermann.
Zur Eingemeindung einer Dichterin
Von JürgenThaler
Zur Person JÜRGEN THALER hat in Wien, Berlin und Jerusalem studiert und ist Literaturwissenschaftler.
Wer ist ein Vorarlberger? Eine müßige Frage, eine langweilige Frage, eine politische Frage, eine Frage, die über Einschluss und Ausschluss, über Inklusion und Exklusion entscheidet. Formal sind es Staatsbürgerschaft und Wohnsitz, die darüber Auskunft geben, ob man einer ist oder nicht. Ob ja oder nein, ob Vorarlberger oder nicht, wirkt sich aber nicht nur auf die Möglichkeit politischer Partizipation aus, sondern auch auf historische Einordnungen, wenn es darum geht, Identitäten zu konstruieren. Zum Beispiel in der Literaturgeschichtsschreibung, die in ihrer regionalen Variante immer mit der Frage konfrontiert ist und war: Wer gehört dazu? Diese Frage verschärft sich, wenn es darum geht, die Geschichte der Literatur, die Literatur überhaupt, mit dem Land, aus dem die Dichterinnen und Dichter kommen, engzuführen. Manch einer ist schon mit der Frage nach dem „Wesen der Vorarlberger Literatur“ in eine Einbahnstraße eingebogen. So notwendig es ist, das Feld der Literatur zu unterteilen, meinetwegen auch in nationale Literaturen, so unbarmherzig der Literatur gegenüber sind jene Versuche, Schriftstellerinnen und Schriftsteller nur deshalb in eine Reihe zu stellen, weil sie in den Grenzen eines kleinen Gebietes geboren wurden. Hier macht Not erfinderisch. Denn es versteht sich von selbst, dass das schlichte Ereignis der Geburt manchmal nicht ausreicht, zur Vorarlberger Literatur zu gehören. Auch das vorliegende Werk muss, wie auch immer, dem Wesen der Vorarlberger entsprechen und es muss als solches zunächst entdeckt werden. Offensichtlich ist, dass Fragen dieses Zuschnittes immer dann forciert gestellt werden, wenn die Landesidentität nach politischen Umbrüchen in Frage steht, neu justiert werden muss.
Diese Bewegungen lassen sich sehr schön anhand der „Eingemeindung“ von Paula Ludwig darstellen, deren 50. Todestag im März 2024 Anlass war, sich im Rahmen einer Tagung mit dem Leben und Werk der Dichterin zu beschäftigen. Ausgerichtet wurde die international besetzte Veranstaltung vom FranzMichael-Felder-Archiv der Vorarlberger Landesbibliothek, das auch den umfangreichen Nachlass der Dichterin verwahrt. Man kann sich heute kaum mehr vorstellen, mit welchem Elan und Eifer in der Zwischenkriegszeit Schriftstellerinnen
und Schriftsteller ins Visier genommen wurden, als es galt literarische Traditionen so fantasievoll wie eindimensional zu bilden. Vor allem das „Vorarlberger Tagblatt“ machte sich mit der Aufarbeitung und Entdeckung von Schriftstellerinnen und Schriftstellern einen Namen. Das war auch dringend nötig. Es gab im bäuerlich geprägten Vorarlberg eine äußerst geringe literarische Produktion, so dass man wohl sagen muss: Vorarlberg war in diesen Jahren auf der Suche nach der Dichtung.
Dies alles vorausgesetzt, kann man sich ausmalen, was für einen „Gänsehautmoment das Erscheinen von Paula Ludwigs Autobiographie ihrer Kindheit „Buch des Lebens“ in den Redaktionsstuben des Landes ausgelöst hatte. Wer war Paula Ludwig? Geboren am 5. Jänner 1900 im zerfallenen Schlösschen Amberg oberhalb von Feldkirch als Tochter eines schlesischen Tischlers und einer österreichischen Näherin, durch Zufall, weil der Vater hier Arbeit gefunden hatte. Nach zwei Jahren verließ die Familie das Schlösschen Amberg, zog hinunter nach Altenstadt. Als Paula Ludwig neun war, übersiedelte sie mit ihrer Mutter nach der Scheidung nach Linz, nach dem Tod der Mutter 1914 ging es zum Vater nach Breslau. Als junge Frau zog sie nach München, wurde Schriftstellerin und Malerin, veröffentlichte schon 1920 ihren ersten Gedichtband, dann folgten noch zwei Bände mit expressionistischer Lyrik. Einer davon trägt den Titel „Dem dunklen Gott“, in der sie
ihre leidenschaftliche wie verhängnisvolle Liebe zum verheirateten Lyriker Iwan Goll in Gedichten literarisierte. Große, zeitgenössische Lyrik lag hier vor, von der man in Vorarlberg nichts mitbekam. Ludwig lebte – als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen – in Berlin mit ihrem Sohn Friedel in prekären Verhältnissen als Teil der künstlerischen Bohème, die es nicht mehr lange geben sollte. 1935 erschienen ihre Traumaufzeichnungen unter dem Titel „Traumlandschaft“. Sie flieht aus Deutschland in die Tiroler Künstlerkolonie nach Ehrwald, weil sie sich kein Leben im Nationalsozialistischen Deutschland vorstellen konnte. In Österreich schrieb sie das „Buch des Lebens“, der Leipziger Staackmann-Verlag, spezialisiert auf oftmals konservative Landlebenliteratur, hatte sie dazu aufgefordert. In diesem Buch schildert sie ihre Kindheit, die in Vorarlberg begann. Ein Buch wie entworfen für die Bedürfnisse des damaligen öffentlichen Kulturbewusstseins Vorarlbergs. Das „Tagblatt“ widmete zwei Nummern seiner Beilage „Feierabend“ Paula Ludwig. Hans Nägele, der deutschnationale Redakteur der Zeitung, 1938 trat er in die NSDAP ein, eröffnete seinen biografischen Artikel mit dem Satz: „Die einzige Vorarlberger Dichterin unserer Zeit, die man in Innerösterreich seit Jahren kennt und schätzt, während meines Wissens noch nie in der Presse ihres Heimatlandes von ihr die Rede war, ist Paula Ludwig.“ Und endete mit der Feststellung: dass die in Tirol lebende Vorarlbergerin es verdiene, zu den
besten deutschen Dichterinnen unserer Zeit zu gehören. Eine Vorarlberger Dichterin wurde so inauguriert. Warum Ludwig in Ehrwald lebte, warum man die vorhergehenden Bände nicht registrierte, darüber freilich kein Wort. In der nachfolgenden Ausgabe des „Feierabends“ findet sich ein Stück moderner Journalismus: Hans Nägele entsandte seinen Mitarbeiter Alfred Längle, der in Seefeld lebte und in Tirol zuvor als Redakteur des von 1922 bis 1927 erscheinenden Blattes „Der Nationalsozialist“ wirkte, zur neuentdeckten Vorarlberger Dichterin. Er kam mit der Reportage „Bei der Dichterin Paula Ludwig in Ehrwald“ zurück von seinem Besuch. Es hat schon etwas Bizarres an sich, dass die aus dem nationalsozialistischen Deutschland geflüchtete Paula Ludwig gerade von einem ehemaligen Redakteur einer Nationalsozialistischen Postille besucht, interviewt und porträtiert wird. Dass im charmant geschriebenen Artikel heftig gegen Emil Ludwig, ein jüdischer Schriftsteller, angeschrieben wurde, störte Paula Ludwig, so weit man weiß, ebenso wenig, wie der Umstand, dass Nägele und Längle Paula Ludwig zu einer von ihnen machten, zu einer deutsch-österreichischen Dichterin.
Nach dem Einmarsch der Deutschen in Österreich flüchtete Paula Ludwig auf vielen Wegen und Nebenwegen nach Brasilien, wo sie bis zur ihrer Rückkehr
Diskutieren Sie mit! Leserbriefe bitte an die Redaktion unter leserbrief@themavorarlberg.at
nach Europa 1953 viel zu lang blieb, als dass ihr der Neuanfang gut gelang. In Vorarlberg war sie seit 1936 aber als Vorarlberger Dichterin bekannt und blieb es auch. Längle starb 1946 in russischer Kriegsgefangenschaft, Nägele schrieb nach 1945 weiter, auch über Paula Ludwig. Später übernahm Walter Lingenhöle die Aufgabe, zu Paula Ludwig Kontakt aufzubauen und sie nachhaltig in das wieder auf der Suche nach einer neuen Identität sich befindende Vorarlberg aufzunehmen. In Anthologien Vorarlberger Dichter, in Lesungen, in Artikeln und Rundfunkbeiträgen. Über ihre schwierige Situation, über den Grund ihrer Flucht nach Brasilien, über ihr mehr als prekäres Leben in Wetzlar und später Darmstadt liest man nichts. Man schmuggelte sich über diese historischen und sozialen Tabus hinweg. Die Vereinnahmung erzeugte auch überraschende Blüten. Als Paula Ludwig 1974 starb, schaltete der Felder-Verein eine Todesanzeige in den „Vorarlberger Nachrichten“. So wurde die Staffel von einer Person zur nächsten, von einer Generation zur anderen weitergegeben. Als 1982 das Franz-Michael-Felder-Archiv als Abteilung der Vorarlberger Landesbibliothek gegründet wurde, war es der erste Direktor der Bibliothek, Eberhard Tiefenthaler, der bei Paula Ludwigs Sohn Friedel anfragte, ob er Interesse hätte, den Nachlass seiner Mutter nach Bregenz in das neu eingerichtete Archiv zu geben, was 1988 dann auch tatsächlich geschah.
Leserbrief zum Artikel „Der gespaltene Berg“ aus Thema Vorarlberg, Ausgabe Nr. 96, März 2024: Nichts gelernt aus der Vergangenheit …
Ich beziehe mich auf die Märzausgabe, Seite 25. Dort heißt es unter dem Bild des Kummenbergs „Der gespaltene Berg“ „… symbolhaft für den früheren, zerstörerischen Umgang mit Landschaft und Natur …“
Aus meiner Sicht hat sich nichts gebessert und aus dem zerstörerischen Umgang mit Naturraum für Mensch und Tier wurde nichts gelernt.
Der Bau der Tunnelspinne in Feldkirch zerstört Naturraum und bringt keine Verkehrsentlastung für die Region.
Dieses Monsterprojekt bringt mehr Verkehr nach Tosters, Gisingen, Frastanz und Liechtenstein – dies wird auch von den Verkehrsplanern der Tunnelspinne bestä tigt. Die Entlastung an der Bärenkreuzung wird mit circa 25 Prozent an genommen. Das heißt statt 45000 Fahrzeuge pro Tag, 33750 Fahr zeuge pro Tag. An der Bärenkreuzung wird auch mit einer Tunnel spinne keine Lebens qualität erreicht wer den, so ehrlich muss man sein. In Tosters, Gisingen … geht durch den Bau aber Lebensqualität ver loren.
Der vom Land Vorarlberg ausgeru fene Klimanotstand erfordert dringend eine enkeltaugliche Verkehrspolitik, aber leider: Die Verantwortlichen haben aus der Vergangenheit nichts gelernt!
Friederike Egle, Frastanz
Schreiben Sie uns! leserbrief@themavorarlberg.at WirlegenWertaufIhre MEINUNG!
Leserbrief zum Artikel „Der gespaltene Berg“ aus Thema Vorarlberg, Ausgabe Nr. 96, März 2024
Beitrag und Fotos sind typisch für einen Grünen ohne Hausverstand! Soweit ich mich erinnern kann, hatte dieser Bau sehr kluge Beweggründe. 1.) Kürzeste Strecke, ohne Lebensraum der Menschen zu beeinträchtigen. 2.) Der Abbau konnte für den Unterbau der Autobahn verwendet werden. 3.) Vor allem konnten dadurch lange Anfahrtswege für Gesteinstransporte vermieden werden! Also alles sehr grün durchdacht, eben mit der geistigen Kapazität von Menschen für Menschen mit Hausverstand!
Helmut Thür, DornbirnZur Person ANDREAS UNTERBERGER
75, ist Kolumnist und schreibt unter www. andreas-unterberger.at, Österreichs meistgelesenen Internet-Blog. Er ist Jurist und hat zehn Jahre an der Universität Wien Politikwissenschaft vorgetragen. Er war 20 Jahre Außenpolitik-Journalist und 14 Jahre Chefredakteur von „Presse“ und „Wiener Zeitung“. Sein jüngstes Buch heißt „Schafft die Politik ab“.
Beinahe müsste man mit der SPÖ Mitleid haben. Sie findet als größte Oppositionspartei deprimierend wenig Unterstützung bei den Wählern.
Trotz der Dauerunterstützung durch die ORF-Redaktionen; trotz der Erschütterung der regierenden ÖVP nach dem Abschuss von Sebastian Kurz durch die Zadic-Justiz; trotz der Schwäche der Regierung in Zeiten einer globalen Wirtschaftsflaute, des schlimmsten Krieges seit vielen Jahrzehnten und der ökonomischen Nachwirkungen einer ebenfalls historischen Pandemie, und trotz der sich täglich stärker herausstellenden Unvereinbarkeit von Schwarz und Grün liegt die SPÖ bei den Umfragen mit 22 bis 24 Prozent und deutlicher Abwärtstendenz frustrierend schlecht.
Sie liegt nur noch ganz knapp über ihrem letzten, desaströsen Wahlergebnis. Sie ist binnen 18 Monaten von 30 auf diese Werte abgestürzt. Dabei war sie fast das ganze Jahr 2022 noch mit großem Abstand bei zahllosen Umfragen Nummer eins, muss jetzt aber bangen, dass sie von der seit einiger Zeit (auf sehr tiefem Niveau knapp über 20 Prozent) stabilisierten ÖVP an die dritte Stelle verdrängt wird.
Die Hauptursache dieser Entwicklung trägt einen Namen: Andreas Babler. Er konnte sich nach seinem Amtsantritt in jenem Jahr 2023 nur einige Wochen auf hohem Niveau halten (als die gesamten Mainstreammedien voller orgiastischer Jubelberichte über den neuen Mann an der Parteispitze waren, und niemand ihn kannte). Er musste aber danach hilflos hinnehmen, dass sich die SPÖ in einem ständigen Gleitflug nach unten befindet.
Ganz eindeutig ist Andreas Babler selbst Hauptursache dieses Abstiegs und nicht die Reaktion einiger frustrierter Parteiexponenten, die mit ihrer Kritik an dem Parteichef zunehmend nach außen gehen.
Aus der Entwicklung ist ganz eindeutig ablesbar: In den letzten zwei Jahren verläuft der steile Aufstieg der KicklPartei, die bis 2022 zwischen zehn und zwanzig Prozent Wählerunterstützung
gependelt ist, auf 27 bis 30 Prozent total komplementär mit dem Abstieg der SPÖ. Es müssen zuletzt vor allem rote Wähler gewesen sein, die zu Blau gewechselt sind.
Der spätere Aufstieg der FPÖ auf Kosten der SPÖ hat aber noch weitere Ursachen als das Versagen Bablers:
1. Eine ist darin zu finden, dass die FPÖ außen- und sicherheitspolitisch eine für sie völlig neue Linie gefahren ist, die früher eigentlich SPÖ-typisch gewesen ist: Das ist die mit einer erkennbaren Sympathie für Moskau und viel Antiamerikanismus verbundene Behauptung, dass die Neutralität ein positiver oder gar entscheidender Beitrag für die Sicherung der österreichischen Unabhängigkeit und Freiheit sein könne.
2. Die zweite Ursache der Babler-Krise ist die tiefe innere Spaltung in der SPÖ, die an die 60er-Jahre mit den verfeindeten Protagonisten Pittermann und Olah erinnert.
Diese innere Uneinigkeit ist im Lauf der letzten Jahre schon vielfach öffentlich sichtbar geworden. Vor allem sind bis heute die Wunden des Dreikampfs Bablers mit Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil noch in vielen giftigen Äußerungen etwa aus dem Burgenland nachweisbar.
Den Gipfelpunkt an innerparteilichem Giftverspritzen hat Babler aber selbst zu verantworten. Er hat dieser Tage in einem Fernsehinterview Unglaubliches über all seine Vorgänger, aber auch über die Stimmung in der Partei gesagt: „Wir haben zwanzig, dreißig Jahre miteinander gelitten: Funktionäre, Mitglieder.“ Wer seine eigene Partei und all seine Vorgänger als Quelle des Leidens hinstellt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sich viele, für die ihre Partei immer alles gewesen ist, innerlich von einem solchen Parteichef abwenden.
Babler scheint völlig zu vergessen, dass er als ursprünglicher Außenseiter aus jenem Dreikampf am Ende nur deshalb als Sieger hervorgegangen ist, weil viele Anhänger Rendi-Wagners letztlich für ihn gestimmt haben, da sie den undisziplinierten Stänkerer Doskozil und seine FPÖ-Freundlichkeit bestrafen wollten.
3. Zumindest signifikant für den Zustand der SPÖ, aber wohl auch ein wenig
kausal für diesen sind die Peinlichkeiten rund um Alfred Gusenbauer.
Der in Wahrheit erfolgreichste SPÖPolitiker der letzten 30 Jahre hat sich nach seiner politischen Karriere so intensiv aufs Geldverdienen konzentriert und dabei so intensiv mit einigen unappetitlichen Figuren kooperiert, dass er und damit auch die Partei für einstige SPÖWähler aus der Unterschicht total widerlich geworden ist.
4. Die vierte Ursache der sozialdemokratischen Krise ist die innere Desorientierung in zahlreichen zentralen Politikpunkten.
Zwischen dem linken und rechten Flügel gibt es fast keine Konsensbereiche mehr außer der gemeinsamen Sehnsucht, wieder an die Macht zu kommen. Siehe etwa:
›› Da ist der größte innerparteiliche Streitpunkt zweifellos die Migration, wo die Bandbreite von großer Migrationsbefürwortung bis zur massiven Restriktion geht.
›› Da hat ein Flügel alle grünen Klimapanik-Positionen übernommen, während Gewerkschaft oder die RathausSPÖ etwa die Notwendigkeit von Straßenbauten sehen.
›› Da gehen viele SPÖ-Menschen begeistert mit allen möglichen „woken“ Moden mit.
In all diesen (und vielen anderen) Punkten vertritt Babler eindeutig die radikale Seite. Damit hat er zwar gute Chancen – zumindest bis zu den Wahlen – auf eine mehrheitliche Zustimmung unter den roten Aktivisten. Bei den (früheren) SPÖ-Wählern stößt das aber vielfach auf Ablehnung.
5. Und damit sind wir beim fünften Punkt: Auch viele andere sozialistische Parteien haben ein ganz ähnliches Problem. Linke Begeisterung erreicht zwar parteiintern oft eine klare Mehrheit. Die Parteien stürzen mit einer linksradikalen Führung aber absolut immer steil ab. Nur dort, wo es ein rechter Exponent an die Parteispitze schafft, ist die Partei erfolgreich. Gewiss gibt es in jedem Land viele nationale Besonderheiten. Gewiss spielen einzelne Politikerpersönlichkeiten immer eine Rolle. Aber dennoch ist die Tendenz eindeutig beweisbar: Es sind europaweit keine guten Zeiten für Sozialisten; und wenn sie irgendwo reüssieren, dann mit einem rechten Kurs.
Alexander Burtscher führt in Wien ein Bestattungsunternehmen. Mit „Benu“ pflegen Burtscher und sein Team einen transparenten Umgang mit dem Tod und mit Bestattungen. Ein Gespräch mit einem Quereinsteiger in einer traditionellen Branche.
Die Bestattungsbranche ist eines der ältesten Gewerbe, Bestattungsinstitute werden meist von Generation zu Generation weitergegeben, oder in Fällen fehlender familieninterner Nachfolge mitunter von langjährigen Mitarbeitenden übernommen. Der gebürtige Feldkircher Alexander Burtscher, sein Wiener Compagnon Stefan Atz gemeinsam mit den weiteren Benu-Mitgründern sind einige der wenigen Quereinsteiger in der Branche: Vor etwa fünf Jahren haben sie das Bestattungsunternehmen „Benu“ in Wien gegründet, der Name geht auf den altägyptischen Totengott zurück. Dabei kommt Burtscher aus einem anderen Bereich: Der 39-Jährige hat in St. Gallen studiert, sein Interesse galt der Politikwissenschaft und dem Management im öffentlichen Sektor. Er engagierte sich an der dortigen Uni und bei der Hochschülerschaft, war Geschäftsführer der HSG-Stiftung und studierte in London und Paris „Public Management“. Vor zehn Jahren zogen er und seine Frau nach Wien, der Feldkircher arbeitete zunächst bei einem internationalen Consulting-Unternehmen mit Schwerpunkt auf dem öffentlichen Sektor. „In diesem Zuge haben wir viele Organisationen beraten, die bei meiner aktuellen Tätigkeit in der Bestattungsbranche eine Rolle spielen, Krankenhäuser, Pflegeheime, die Kirche, die Caritas und andere.“ Mit der Zeit entstand die Idee für ein eigenes Bestattungsunternehmen mit modernem Auftreten und Service. Durch persönliche Anlassfälle wurde dieser Plan konkreter, denn die „Benu“-Gründer haben bei Trauerfällen ähnliche Erfahrungen gemacht: „Ein Trauerfall ist eine schwierige und mitunter stressige Zeit für die Betroffenen. Uns fehlte die Transparenz; das wollten wir mit unserem eigenen Unternehmen anders machen – auch wenn die Menschen nicht explizit danach fragen“, erklären die „Benu“-Geschäftsführer.
Kundenverhalten verändert Branche
Die Jungunternehmer starteten mit einer Informationsseite, ohne aber selbst zu bestatten. Die Zugriffe stiegen rasch an, bald erreichten sie auch konkrete Anfragen für Bestattungen, deshalb arbeiteten sie zunächst mit Partnern aus der Bestattungsbranche zusammen. Schließlich entwickelten die „Benu“-Geschäftsführer die Informations- und Vermittlungsplattform zu einem modernen Bestattungsunternehmen weiter.
„Bestattung ist eine Dienstleistung, die man braucht – und die aus unserer Sicht empathisch, einfühlsam und transparent sein muss“, ist der Feldkircher überzeugt. Aber auch ein guter Onlineauftritt ist wichtig, deshalb informieren sie 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche, auch über Messenger-Dienste. „Wir Menschen sind es mittlerweile gewohnt, uns digital über sensible und heikle Themen zu informieren, ein Großteil der Menschen erkundigt sich zuerst im Internet – natürlich auch bei einem Todesfall. Deshalb war auch die Gründung kein Zufall: Das Kundenverhalten ändert sich und damit auch die Branche“, erklärt Alexander Burtscher.
Der „Benu“-Geschäftsführer weiß, dass die Kosten für eine Bestattung ein großes Thema sind, über das aber nicht gerne gesprochen wird. „Es gibt mehr Google-Anfragen zu Bestattungen als zu Gebrauchtwagen, aber nur sehr wenig Informationen
und Angebote zu Trauerfällen! Als wir „Benu“ gegründet haben, hatte nur die Hälfte der etwa 500 Bestatter eine Website und nur fünf Prozent der Bestatter boten online eine Preisinfo an.“ Lange habe es als pietätlos gegolten, zum Beispiel den Preis eines Sarges zu besprechen, „aber“, sagt der Experte, „das Gefühl danach, wenn der Preis so hoch ist, ist noch schlechter“. Aber nicht nur das Informationsverhalten, auch die Kunden und Kundinnen selbst verändern sich: „Die Menschen sind generell selbstbestimmter und informieren sich aktiv“.
Einen neuen Ansatz verfolgen die „Benu“-Geschäftsführer auch bei ihren Mitarbeitenden: Für Betreuung und Begleitung der Trauernden setzen sie auf Mitarbeitende aus Serviceberufen, etwa der Hotellerie. Warum das? „Sie sind gut geschult, können auf Menschen zugehen und gut mit ihnen umgehen. Es ist eine besondere Art der Kundenbetreuung am Friedhof für die Trauernden da zu sein. Rezeptionisten zum Beispiel haben ein feines Gespür dafür, was gebraucht wird.“
Selbstbestimmung und Naturbestattungen
Ein Thema liegt Alexander Burtscher nach seiner nunmehr fünfjährigen Tätigkeit in der Bestattungsbranche am Herzen: „Ein Trauerfall ist eine schwierige Entscheidungssituation, da ist Vorsorge hilfreich, das sage ich auch ohne geschäftliches Interesse. Es ist zu klären, was die verstorbene Person gewollt hätte und auch, wer bezahlt. Wenn sich die Hinterbliebenen einig sind, ist es kein Problem – aber, wenn nur eine Person sagt, ‚die Verstorbene hätte es anders gewollt‘, dann geht der Streit los.“ Dem kann man mit einer Bestattungsplanung vorgreifen; so kann festgehalten werden, wie man den Abschied gerne hätte, etwa durch einen Brief oder eine vorbereitete Rede, Musiklisten mit den eigenen Lieblingsliedern bis hin zu detaillierten Abläufen. Was die meisten Menschen aber eint, ist das Verdrängen der eigenen Vergänglichkeit. Alexander Burtscher hingegen sagt: „Niemand ist je einen Tag früher gestorben, wenn man über den (eigenen) Sterbefall gesprochen oder eine Vorsorge gemacht hat. Dafür hat man seine Familie entlastet und das gute Gefühl, für den Fall der Fälle inhaltlich und finanziell vorgesorgt zu haben.“
Dazu gehört auch die Bestattungsart. Von der Erd- zur Feuerbestattung, sieht der „Benu“-Geschäftsführer aktuell Naturbestattungen, etwa im Wald oder auf der Donau, als größ ten „Trend“ in der Bestattungsbranche. In Vorarl berg sind solche seit Anfang April 2024 im Klos terwald in Bludesch möglich. „Aus meiner Sicht ist es ein Thema der Zukunft, aktuell verzeich nen wir bis zu 20 Prozent Naturbestattungen, im Bereich der Bestattungsvorsorge wählen aber noch mehr Menschen diese Bestattungsart für sich selbst aus. Unserer Einschätzung nach werden daher künftig fast die Hälfte der Menschen in der Natur bestattet werden“, prognostiziert Burt scher: „Es ist ruhig und friedlich, deshalb sagen viele, dass sie dort ihre letzte Ruhe haben wollen.“
Bestattungsunternehmen in Wien gegründet, das
Was hat uns Immanuel Kant, 300 Jahre nach seiner Geburt am 22. April 1724, heute noch zu sagen? Philosoph Otfried Höffe (80), von der NZZ in Fragen von Moral und Ethik „eine große akademische Instanz“ genannt, rät im Interview, Kant mit einer offenen Neugier zu lesen, für dessen auch heute noch provokative Gedanken. Von Kant, dem Philosophen der Aufklärung, könne man lernen, selbstständig und gründlich zu denken, sagt Höffe: „Aufklärung ist und bleibt eine nie abgeschlossene Aufgabe.“
Von Andreas DünserHerr Professor, wenn sich jemand mit Kant, 300 Jahre nach dessen Geburt, auseinandersetzen will: Wo beginnen, wo ansetzen?
Zu empfehlen sind mehrere Ansätze. Kants Lebensweg zum Beispiel: Ein Handwerkersohn wird Kosmopolit. Oder Kants geradezu überwältigende Wissbegier, die in Verbindung mit gedanklichem Bohren und immer TieferBohren damals wie heute zu provokativen Gedanken führt. Oder der zutiefst demokratische Grundzug seines Denkens: Keine Privilegien für niemanden, keine Diskriminierung der Vernunft jedes Menschen. Man sollte Kant mit einer offenen Neugier für seine oft ungewohnten Gedanken lesen.
Sie sprechen von Kants unbändiger Wissbegier. Ist uns heute diese Neugier, diese Wissbegier abhandengekommen?
Einer pauschalen Schelte unserer Zeit schließe ich mich nicht an. Sowohl bei Kindern als auch in den Wissenschaften findet sich glücklicherweise immer noch eine unbegrenzte Neugier. Die Gegenphänomene gibt es leider auch, Menschen, die im eigenen Erfahrungshorizont verbleiben. Zum Beispiel interessieren sich Sozialwissenschaftler heute mehr für die Faktoren, die den Zusammenhalt der Gesellschaft gefährden, als dass sie auf jene Mechanismen neugierig wären, die trotz aller Herausforderungen unsere Demokratie zusammenhalten. Wir alle sollten im Lebensweg und im Denken des Weltbürgers Kant auf Entdeckung gehen, statt alles schon zu wissen, und natürlich besser zu wissen.
schönes Gedankenexperiment entworfen: Man stelle sich vor, von einem Fürsten aufgefordert zu werden, wider eines ehrlichen Mannes ein falsches Zeugnis abzugeben. Verweigert man das falsche Zeugnis, so werde man am Galgen aufgehängt. Wie wir tatsächlich handeln würden, wissen wir nicht; das müssen wir schlicht einräumen. Aber wir wissen, dass zu lügen moralisch falsch wäre. Und in diesem Wissen realisieren und bekräftigen wir unser moralisches Bewusstsein. Wir haben dieses Bewusstsein, allen moralischen Verstößen, die wir begehen, zum Trotz. Wenn wir uns hinreichend Mühe machen und ehrlich genug sind, statt uns etwas vorzumachen, wissen wir, was moralisch geboten und verboten ist. Das ist heute nicht anders als es vor Jahrhunderten war und in Jahrhunderten sein wird.
Kants berühmte Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Ergänzt um: Was ist der Mensch? Sind es diese Fragen, mit denen sich der Mensch auch heute noch beschäftigt? Beschäftigen sollte?
„Aufklärung ist und bleibt eine nie abgeschlossene Aufgabe.“
Beide Antworten treffen zu. Jede dieser Fragen drängt sich im Verlaufe unseres Lebens immer wieder auf, gelegentlich mit einer existenziellen Wucht. Besser ist, sich die Fragen frühzeitig gründlich überlegt zu haben. Und für kluge Antworten empfiehlt sich, bei Kant in die Lehre gegangen zu sein.
Zur Person OTFRIED HÖFFE
* 1943 in Leobschütz, ist emeritierter Ordinarius für Philosophie an der Universität Tübingen, hat aber noch eine Teilprofessur an der renommierten Tsinghua Universität in Peking inne. Seine Forschungsschwerpunkte sind Aristoteles und Kant sowie Moralphilosophie, angewandte Ethik und Politische Philosophie. Von ihm sind mehr als dreißig Monographien erschienen.
Kant sagt: „Es ist so bequem, unmündig zu sein.“ Aus Faulheit und Feigheit nicht selbst zu denken, daran hat sich in den 300 Jahren seit seiner Geburt wohl nur wenig geändert.
Schon der Gedanke des mündigen Bürgers müsste ein Gegenargument sein. Auch bleibe ich bei meiner Skepsis gegen pauschale Gegenwartskritik. Wenn ich auf die Generation meiner Enkel schaue, auf mancherlei Gespräche mit diesen Zehn- bis Zwanzigjährigen, so sehe ich viel Mut und Mühen, selbst zu denken. Auch in Zeitungen, manchmal auch in Diskussionsrunden des Fernsehens kommen unbequeme Zeitgenossen, die noch selbst denken, zu Wort. Lässt man sie aber häufig genug und prominent genug zu Wort kommen? Hier setze ich ein Fragezeichen.
Die selbsternannt Korrekten unserer Zeit mühen sich trotzdem, den Philosophen zu desavouieren, schimpfen ihn – gemessen an heutigen Moralmaßstäben – einen Rassisten und Frauenfeind…
Bei der Kant-Lektüre bringen diese Zeitgenossen nur vorgefasste Meinungen mit, Kant muss also Rassist, Frauenfeind und Verteidiger des Kolonialismus gewesen sein. Dass diese Ansichten falsch sein könnten, wollen sie nicht wissen. Und vor allem sind sie nicht hinreichend neugierig auf die für Kant eigentümlichen Gedanken und deren mögliches Provokationspotenzial. Diese Zeitgenossen wollen nicht etwa von einem der größten Denker des Abendlandes lernen. Allen Ernstes glauben sie, eine der bedeutendsten geistigen Persönlichkeiten der Menschheit mit ihrer kleinlichen Besserwisserei beurteilen zu können, noch lieber, sie vor ein geistiges Strafgericht zu zerren, in dem aller Unparteilichkeit zum Trotz der Schuldspruch schon vorab feststeht.
Sollen wir den Philosophen selbst nochmals bemühen? „Der Mangel an Urteilskraft ist eigentlich das, was man Dummheit nennt, und einem solchen Gebrechen ist gar nicht abzuhelfen.“
Urteilskraft ist etwas anderes. Man kann die richtigen Grundsätze haben, und trotzdem unfähig sein, sie hier und jetzt sachgerecht anzuwenden.
Leben wir heute, um den Philosophen sinngemäß zu zitieren, in einer bereits aufgeklärten Zeit, oder nach wie vor in einer Zeit, in der Aufklärung Not tut?
Aufklärung ist und bleibt eine nie abgeschlossene Aufgabe. Der Mensch braucht immer wieder den Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Ferner brauchen wir Mut und Verstand, um uns gegen jeden Versuch einer Moralpolizei zu wehren.
Apropos. Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Kants Fragen und Antworten „auch heute noch provokativ und radikal“ seien. Beispielsweise?
Der Mensch verdankt die Gebote und Verbote der Moral keiner äußeren Autorität, auch keiner Gottheit, sondern seiner eigenen Vernunft.
Was hat Kant in Sachen Moral denn heute noch mitzuteilen?
Kant bringt unser aller moralisches Bewusstsein auf den Begriff. Den berühmten kategorischen Imperativ hält er nicht für eine neue Moral, sondern lediglich für eine neue Formel der uns allen vertrauten Moral. Dazu hat er ein
Nehmen wir die beiden bekanntesten Zitate Kants. „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Und: „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.“ Übersetzen wir seine Zitate in eine heute passende Sprache? Und illustrieren beide an einem gegenwärtigen Problem?
Für das erste Zitat, den kategorischen Imperativ, drängt sich das Lügen-Verbot auf. Man kann vernünftigerweise keine Welt wollen, in der die vorsätzliche Unwahrheit zum Gesetz geworden ist. Man kann keine Welt wollen, in der Aussagen, sowohl die eigenen als auch die der Mitmenschen, ausnahmslos und grundsätzlich Lügen sind. Die Glaubwürdigkeit würde zerstört. Diese Zerstörung würde uns zutiefst treffen, und Kommunikation nicht mehr möglich machen.
Und was ist mit dem zweiten Zitat?
Man möge den Mut haben, sich auch in dieser weithin säkularen Gesellschaft zu überlegen, ob es nicht doch Argumente zugunsten der Annahme einer Gottheit geben kann, und dann fragen, um welchen Gottesbegriff es sich dann handelt. Auch das ist eine von Kants Provokationen: Selbst in unserem angeblich nachmetaphysischen Zeitalter kann weder die Existenz Gottes noch seine Nichtexistenz bewiesen werden.
Kant, 1724 im preußischen Königsberg, heute Kaliningrad, geboren, hat seine Geburtsstadt respektive die nähere Umgebung niemals verlassen. Und doch nennen Sie ihn einen Weltbürger, einen Kosmopoliten, warum?
Auch darin liegt eine erhebliche Provokation: Weltbürger ist nicht, wer als Geschäftsmann an vielen Orten der Welt derselben Tätigkeit nachgeht, oder als Tourist rund um die Welt fliegt. Weltbürger wird man nicht durch den JetSet, sondern durch Neugier und Wissen. Entscheidend ist, sich für die globalen Verschiedenheiten zu interessieren. In seiner unbändigen Wissbegier hat sich Kant für die Verschiedenheiten der Flora und Fauna, der Geografie und für unterschiedliche Lebensgewohnheiten und Mentalitäten genauso interessiert wie für die Französische Revolution und für spezielle Naturphänomene wie etwa das Erdbeben von Lissabon, die Monsunwinde oder die Saturnringe. Er hat sich in Königsberg, einem damals bedeutenden Handelshafen, in Gesprächen mit ausländischen Kaufleuten kundig gemacht, hat wissenschaftliche Veröffentlichungen und Reiseberichte studiert. Auf diese Weise ist Kant Vorbild, wie man ortsgebunden und doch ein Kosmopolit sein kann.
Ist es denn überhaupt zulässig, zu fragen, was uns Kant heute noch sagen kann? Oder reißt man den alten Philosophen damit aus einer Zeit, aus seinen Umständen?
„Weltbürger wird man nicht durch den Jet-Set, sondern durch Neugier und Wissen.“
Wir müssen uns sogar fragen, was Kant uns heute noch zu sagen hat. Das ist doch der Sinn von Klassikern sowohl in der Literatur und der Musik als auch in der Philosophie. Kant ist schon menschlich ein überzeugendes Vorbild. Vor allem aber ist er ein Denker, der in seiner unbändigen Wissbegier, in seiner von keiner Autorität – außer der gemeinsamen menschlichen Vernunft – beirrbaren Forschungslust und in zahlreichen, bis heute überzeugenden Einsichten, immer wieder Staunen und Bewunderung erregt. Nach Schopenhauer ist Kants „Kritik der reinen Vernunft“ das bedeutendste Buch, das jemals in Europa geschrieben wurde. Von Kant, diesem wunderbaren Geschenk an die Menschheit, können wir lernen, wie man selbstständig und gründlich denkt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Weiterlesen!
Otfried Höffe, „Immanuel Kant heute. Der Weltbürger aus Königsberg“, S. Marix Verlag, Wiesbaden, 2023
Schon die Einführung der Vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) als Teil der Reifeprüfung der Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) ist auf Widerspruch gestoßen. Viele Lehrpersonen und Vertreter der Gewerkschaft sahen schon damals mehr Risiken als Chancen. Jetzt wurden die neuesten Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz (KI) von den Kritikern der VWA als Anlass genommen, sie als verpflichtenden Teil der Reifeprüfung abzuschaffen. Das ist erstaunlich. Wir haben in den Handelsakademien sehr gute Erfahrungen gemacht. Bereits mit dem Lehrplan 1994 wurde die verpflichtende „Projektarbeit“ als Abschlussarbeit eingeführt. Die Abschaffung wurde nie diskutiert. Im Gegenteil: Bei vielen Diplomarbeiten – so die Bezeichnung der Abschlussarbeit in den BHS heute – wurden und werden großartige Leistungen erzielt, die oft auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gefunden haben. Besonders bewährt haben sich Arbeiten mit ganz konkreten Aufgabenstellungen, die einen Mehrwert im weitesten Sinn schaffen, sei es bei Vereinen, bei Unternehmen oder auch bei Einzelpersonen.
Bei der Einführung wurde der Betreuungsaufwand als Argument gegen die VWA genannt. Dazu ist anzumerken, dass die Betreuung nicht so schlecht bezahlt ist. Wir haben auch viele Lehrpersonen erlebt, die sich sehr über die Leistung ihrer Schüler gefreut haben. Die Ablehnung wurde beziehungsweise wird auch damit gerechtfertigt, dass es sozial benachteiligte Schüler schwerer haben, weil die Unterstützung zu Hause geringer ist. Es wurde auch formuliert, dass die Schüler überfordert seien. All diese Argumente lassen sich entkräften. So würde eine stärkere Eingliederung in den Unterricht sowohl die Schüler als auch die Lehrpersonen entlasten und die soziale Benachteiligung reduzieren, Schüler könnten sich stärker gegenseitig austauschen und voneinander lernen. Lehrpersonen könnten diejenigen Schüler, die zu Hause weniger Hilfe erfahren, stärker unterstützen. Da in den AHS – im Gegensatz zu den Berufsbildenden höheren Schulen (BHS) – ein breiteres Themenspektrum bearbeitet werden kann, müsste sich die Arbeit in der Schule vor allem auf methodische Fragen, aber auch auf die zur Verfügungstellung von Hilfsmitteln reduzieren. Ein Heranführen an das
Ein Plädoyer für die „Vorwissenschaftliche Arbeit“
forschende Arbeiten könnte ebenfalls ein Teil der Arbeit in der Schule sein. Die unverbindliche Übung „Einführung in die Praxis wissenschaftlichen Arbeitens“ ist eine Möglichkeit, dies zu tun. Außerdem könnte durchaus überlegt werden, ob nicht auch in den AHS eine Arbeit im Team möglich sein könnte. Das Argument „KI“ ist sehr schwer nachvollziehbar. Es wird begründet, dass die Eigenständigkeit nicht mehr so leicht überprüft werden kann. Eine gute Betreuung und ein entsprechendes Thema, vielleicht mit einem regionalen Bezug, reduzieren die Möglichkeiten von ChatGPT und Co. auf ein Minimum. Entsprechende Methoden, wie
Zur Person MANFRED HÄMMERLE Direktor der BHAK/BHAS Bregenz im Ruhestand, ist Lehrbeauftragter an der WU Wien und der Bildungsdirektion Bozen.
beispielsweise ein Experteninterview, die Arbeit mit historischen Materialien oder eine kleine Befragung, jedenfalls eine Methode, die neue empirische Daten zu Tage bringt, ermöglichen eine fruchtbare Arbeit „neben der Welt des Internets“. Sollte etwas „kopiert“ worden sein, dann muss es auch noch verstanden und argumentiert werden. Ein gut geführtes Gespräch im Rahmen der Präsentation und Diskussion mit entsprechenden Fragen deckt diesen Mangel gnadenlos auf. Darauf müssen Schüler frühzeitig(!) hingewiesen werden.
Viel zu wenig werden die Vorteile der Abschlussarbeiten (VWA in den AHS, Diplomarbeit in den BHS) diskutiert:
›› Das selbstständige und eigenverantwortliche Arbeiten wird gefördert.
›› Die Schüler können sich in ein Thema vertiefen, das sie besonders interessiert und damit vielleicht sogar eine Basis für ihre berufliche Zukunft schaffen.
›› Sie lernen methodisches Wissen und Können, das Strukturieren und sie üben das Formulieren. Auch die formale Gestaltung der Arbeit ist eine große Lernchance.
›› Die Schüler kommen in Kontakt mit der „realen Welt“. Dieser Kontakt ist in mehrfacher Hinsicht lehrreich, weil die jungen Menschen mit Fragen und Problemen konfrontiert werden, die sie noch nicht kennen. Idealerweise entsteht sogar ein „Produkt“ in Form eines Büchleins, eines Leitfadens, eines Computerprogrammes, einer Dienstleistung für ein Unternehmen, für einen Verein und so weiter.
›› Die Kommunikationsfähigkeit wird gefördert, weil die Abschlussarbeit präsentiert werden muss.
›› Abschlussarbeiten schaffen sehr oft Erfolgserlebnisse, wenn es gelungen ist, eine gute Leistung zu erbringen.
Vielleicht ist der Begriff „Vorwissenschaftliche Arbeit“ etwas unglücklich gewählt. Denn: Was ist „vorwissenschaftlich“? Aber all die Argumente gegen die VWA lassen sich entkräften. Die großen Chancen dürfen aber nicht übersehen werden. Schließlich braucht eine Gesellschaft Menschen die „handeln und tun“, sei es in der Familie, der Politik, der Wirtschaft, in sozialen Berufen, im Verein oder wo auch immer. Das Handeln und das Tun lernt man vor allem dann, wenn ein persönliches Projekt, wie eben eine Abschlussarbeit, mit Erfolg umgesetzt wird.
Experten und Expertinnen der Sprache experimentieren mit sprachbasierter KI und kommen auf verblüffende Ergebnisse. Von Marie-Rose Rodewald-Cerha und Sabine Benzer
Die KI, das ist ein „Prometheus 2.0“, die digitale Variante des griechischen Helden, der den Menschen einst das Feuer brachte“, behauptet die Journalistin Eva Konzett in ihrem im „Falter“ erschienen Artikel „Licht und Leid“ und stellt in Aussicht, dass „Künstliche Intelligenz schon bald den menschlichen Geist überflügeln“ könnte: Ist angesichts der „digitalen Apokalypse … diese Angst also berechtigt?“
Aktivitäten der Künstlichen Intelligenz, für die bislang komplexe Programmiersysteme notwendig waren, können nun schon mithilfe kurzer Texteingaben ausgelöst werden. Seitdem sich durch diesen niederschwelligen Zugang eine solch überschießende Nachfrage ergeben hat, dominiert die berechtigte Furcht vor der Macht der KI und der Durchsetzungskraft seiner Algorithmen. In Anbetracht dieser Entwicklung empfiehlt der kluge Alexander Kluge, dass „wir uns gleich jetzt dranmachen können, als Patrioten der klassischen Öffentlichkeit Gegenalgorithmen zu bilden, die die Lücken ausfüllen“.
Ursprünglich wurde das gigantische Datenarchiv, auf das die KI zugreift, von Programmierern geprägt, die die westlichen Werte ihrer Gesellschaften in das aufregende neue System einpflegten. Die Folge davon ist nun, dass die Künstlichen Intelligenzen Klischees reproduzieren und dadurch bestehende Stereotype verstärken. Um Vielfalt, um komplexere Menschenbilder und ihre unterschiedlichen Interessen in dieses Universum einzuschreiben, wird daher ein offener und niederschwelliger Zugang für möglichst viele Menschen gefordert. Der deutsche Ethikrat formuliert in der „FAZ“ die einfache ethische Faustregel: „Künstliche Intelligenz soll die Handlungsmöglichkeiten von Menschen erweitern und sie nicht verringern.“
Die große Herausforderung in Bezug auf dieses mächtige digitale Instrument ist die Diskussion und die Regelung von Themen wie Urheberrechten, Kontrolle von Eingabe und Konsum der Daten, ihre Qualität und deren ethische Standards. Aber auch die Ausbeutung von Menschen beim Einpflegen der Inhalte ist, in Anbetracht der unvorstellbaren Wertschöpfung von Firmen wie OpenAI, inakzeptabel. Journalistin Eva Konzett berichtete beispielsweise von Mophat Okinyi aus Kenia, der drei Dollar pro
Stunde dafür erhielt, dass er täglich 700 Textpassagen las und Gewaltverherrlichung und sexuellen Missbrauch aus diesen Passagen herausfilterte.
Der bekannte Philosoph Konrad Paul Liessmann zitiert in diesem Zusammenhang immer wieder den einflussreichsten Medientheoretiker des 20. Jahrhunderts, Günther Anders, „von dem die beunruhigende These stammt, dass die immanente Logik aller Technik lautet: ohne uns“.
Tatsächlich aber hat die EU gerade eine KI-Verordnung einstimmig gebilligt, die darauf abzielt, „Innovationen zu fördern, gleichzeitig das Vertrauen in KI zu stärken und sicherzustellen, dass diese Technologie in einer Weise genutzt wird, die die Grundrechte und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der EU respektiert“.
Trotzdem befürchten viele Menschen, dass die KI unkontrollierbar wird. Die Autorin Doris Knecht betitelt ihre bekannte Kolumne im „Falter“ mit „Ich will keine Maschine sein“ und bekennt: „Kein Krümel KI soll in meine Texte bröseln und nie soll der Verdacht aufkommen, ich hätte mir beim Schreiben davon helfen lassen.“
Wie man diesem „Prometheus 2.0“, diesem gigantischen digitalen Potenzial tatsächlich als Gesellschaft aber eben auch als Individuum begegnet, das ist sicherlich ein Schlüsselthema unserer Zeit. Die Expertinnen dafür sind die Künstlerinnen, deren Werkzeug die Sprache ist. Für das aktuelle Literaturmagazin V#40 hat literatur:vorarlberg, die Inter-
Ein literarisches Kooperationsprojekt von literatur:vorarlberg und Theater am Saumarkt mit 26 Beiträgen von:
Linda Achberger, Muhammet Ali Baş, JürgenThomas Ernst, Christine Hartmann, Felix Kalaivanan, Udo Kawasser, Katharina Klein, Günter Köllemann, Isabella Krainer, Erika Kronabitter, Christian Kühne, Arina Molchan, Daniel Nachbaur, Martin Piekar, Slata Roschal, Siljarosa Schletterer, Clemens Setz , Franz Schuh, Lisa Spalt, Michael Stavariˇc, Marlene Streeruwitz, Ines Strohmaier, Günter Vallaster, Alexander Wachter, Clara Cosima Wolff und Christian Zillner.
Herausgeberinnen:
MarieRose RodewaldCerha und Sabine Benzer; Bestellungen: Verlag editionv Peter Wehingers Zeichnungen illustrieren das Projekt.
essensvertretung der Vorarlberger Autoren und Autorinnen, daher gemeinsam mit der Kulturinitiative Theater am Saumarkt, Schreibende um Beiträge zum Thema gebeten.
Die vorliegende Publikation umfasst nun 26 Texte von österreichischen und deutschen Autoren und Autorinnen, die unterhaltsame, witzige, intelligente, anspruchsvolle Literatur über Künstliche Intelligenz verfasst haben und dabei eine unglaubliche Fülle an unterschiedlichsten Aspekten in der Begegnung mit KI aufzeigen können: Manipulation, Kommerzialisierung, Klischees und Vorurteile, Entzauberung, Widerstand, Unfähigkeit zur Ironie, „Selbstreflexion“, neue „Gottheit“, Verweigerung, Emotionen, Absurditäten und Selbstbewusstsein sind die Quintessenz für eine wichtige Diskurserweiterung.
Eine bildkünstlerische Ebene ergänzen den literarischen Band. Peter Wehingers liebevoll-ironische Zeichnungen älterer nackter Personen und ungelenker Roboter in sexuell konnotierten Verstrickungen liefern einen überraschenden künstlerischen Kommentar zum digitalen Thema.
Aber nicht alle begrüßen das unheimliche Potenzial der KI, manche verweigern sich auch: „Sei begrenzt“, nennt Linda Achberger ihren Prompt an ChatGPT, „Erspare mir deine Antwort“, lautet die Ansage von Muhammet Ali Bas und Daniel Nachbauer fordert harsch „Sag mir nichts“. Franz Schuh spottet gar über unsere „Verknalltheit ins Digitale“.
Zur Person MARIEROSE RODEWALDCERHA geboren in Radolfzell/D, lebt in Feldkirch. Studierte Germanistik, Anglistik und Vergl. Literaturwissenschaften. Lehrtätigkeit an verschiedenen Schulen. Seit über 40 Jahren Kulturarbeit im Theater am Saumarkt. GF der Literatur Vorarlberg und im Vorstand der Theaterfreundinnen des Landestheaters.
Zur Person SABINE BENZER Studium Kunstgeschichte und Kulturmanagement in Wien, GF Theater am Saumarkt, Wahlpflichtfach Kulturvermittlung und Kulturmanagement am Gymnasium Schillerstraße in Feldkirch, Lehrveranstaltungen zu Kulturvermittlung an der Pädagogischen Hochschule.
„Vielmehr
„Der Ansatz, alles zu tabuisieren, damit Rechtspopulisten nicht stärker werden, der ist ja nun krachend gescheitert.“
Zur Person
SUSANNE SCHRÖTER
* 1957 in Nienburg/Weser, lehrte und forschte unter anderem an der University of Chicago, der Yale University und an der Universität Passau. 2008 wurde sie auf die Professur für „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“ an die Goethe-Universität Frankfurt berufen. Dort leitet die Ethnologin seit 2014 das „Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam“. Sie hat Anthropologie, Soziologie, Kultur- und Politikwissenschaften sowie Pädagogik studiert. Von Schröter sind mehrere Bücher erschienen. Das Interview beruht auf ihrem aktuellen Buch „Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht“, Herder, Freiburg im Breisgau, 2024.
Weil sich die Frankfurter Universitäts-Professorin Susanne Schröter (66) weigerte, in ihrer Forschung und in ihren Aussagen den Islamismus zu beschönigen, forderten woke Aktivisten mit einer Social-Media-Kampagne und in offenen Briefen vehement die Entlassung der Islam-Expertin. Doch die Ethnologin hielt der Intrige stand. In ihrem neuen Buch lässt sie die Ereignisse Revue passieren, im Interview sagt die Wissenschaftlerin: „Die Woken üben systemischen Gesinnungsterror aus.“ Ein Gespräch über eine neue totalitäre Ideologie, immer stärker werdende Rechtspopulisten – und fehlende Zivilcourage. Von Andreas Dünser
Frau Professorin, Sie rechnen in Ihrem Buch „Der neue Kulturkampf“ mit den Woken ab. Was ärgert Sie denn so an den Woken und an deren Agieren?
Woke bedeutet, aus dem US-amerikanischen kommend: Wach sein gegenüber Rassismus. Das ist ein ehrenhaftes Anliegen. Aber Wokismus ist keine Theorie der Gerechtigkeit, sondern genau das Gegenteil. Woken Aktivisten geht es um Einschränkung, um Verengung von Debatten-Räumen, um Verengung von Forschungsräumen an den Universitäten und um Verengung von Meinungsfreiheit in der Öffentlichkeit. Realität wird dort auf Ausschnitte des Erwünschten reduziert, das gleichzeitig als einzig moralisch Akzeptables präsentiert wird. Und deswegen ist dieses Versprechen, man handle im Namen der Gerechtigkeit und möchte die Welt zu einem besseren, offeneren Ort machen, lediglich ein hohler Spruch.
Das sind harte Worte …
Aber das ist die Realität. Woken Protagonisten geht es um die Durchsetzung einer totalitären Ideologie. Sie zielen auf eine vollkommene Umgestaltung der Gesellschaft ab, sie üben systemischen Gesinnungsterror aus, und das in einer absoluten Verdrehung der Sprache. Im Rahmen der gendergerechten Sprache wird beispielsweise automatisch alles als nicht gerecht abqualifiziert, was nicht gendert. Und das ohne Rücksicht auf die große Mehrheit der Bevölkerung, die davon überhaupt nichts hält. Aber wenn, wie in Deutschland, der Begriff der Mutter im Behördendeutsch zum Teil bereits durch den Begriff „gebärende Person“ ersetzt worden ist, dann ist das doch in Wahrheit eine Unsichtbarmachung von Frauen. Das richtet sich also tatsächlich gegen Frauen! Das ist weder gerecht noch akzeptabel. Und doch wird das durchgesetzt mit dem ultimativen Anspruch, man habe die Wahrheit gepachtet; und in der Annahme, man müsse das einer widerspenstigen Bevölkerung mit unterschiedlichen Zwangsmaßnahmen aufoktroyieren.
Aber es ist nicht jeder, der sich um eine gendergerechte Sprache bemüht, automatisch auch ein Woker.
Nein, selbstverständlich nicht. Es gibt Menschen, die freiwillig gendern, es gibt Menschen, die das machen, weil es alle anderen machen, es gibt Menschen, die gendern müssen, weil es beispielsweise an Universitäten bereits so vorgeschrieben ist. Aber diejenigen, die das Gendern auf Teufel komm raus durchsetzen wollen, das sind die Woken.
Wer gegen diese aufoktroyierten Meinungen verstößt, hat es schwer, vor allem an den Universitäten. Sie schildern das in Ihrem Buch.
An den Universitäten hat das alles begonnen, dort ist man der Ansicht, man könne die Gesellschaft verändern, indem man die Sprache verändert. Und wer dagegen verstößt, der hat es in der Tat sehr schwer. Vor allem junge Wissenschaftler sind aufgrund ihrer prekären Beschäftigung in vielfacher Hinsicht stark abhängig, sie brauchen Unterstützung, ihre Projekte müssen bewilligt werden. Also verhält man sich, wie man sich in woken
Augen eben verhalten sollte. Alles andere bedeutet das rasche Ende der Karriere. Aber der Hang zur Unterwerfung ist ja nicht nur auf die Personengruppen beschränkt, die tatsächlich Grund zur Anpassung haben, weil sie vulnerabel und gefährdet sind. Der ist auch bei den Beamten, bei den Festangestellten genauso sichtbar. Auch die passen sich an …
Obwohl sie gar nicht müssten …
Man will nicht durch übermäßige Zivilcourage aus der Masse derjenigen herausstechen, die sich im Schweigen verbarrikadiert haben. Wir reden immer von Zivilcourage, und tun immer so, als ob das einer unserer großen Werte wäre. Aber tatsächlich können wir nicht davon ausgehen, dass der Mensch grundsätzlich Zivilcourage hat. Das viel beschworene eigenständig denkende und handelnde Individuum, das sich jedem Unrecht widersetzt, ist ein Sonderfall, der in der Realität selten auftritt. Vielmehr neigt der Mensch zur Anpassung. Die Mehrheit fügt sich. Aber das hat auch evolutionäre Gründe.
Sie schreiben: „Dass mir heute das Etikett eines antimuslimischen Rassismus angehängt wird, hat seine Ursprünge in meiner Verweigerung, den Islamismus zu beschönigen.“
Ich hab mich in meiner Forschung und auch als Leiterin eines Forschungsinstitutes mit allen Formen des Islam beschäftigt. Fakt ist: Der Islamismus neigt zur Expansion, er will die politische Herrschaft übernehmen, das können wir in vielen Staaten der muslimisch geprägten Welt sehen. Und er ist in seinem jihadistischen Zweig extrem gewalttätig. Doch musste ich feststellen, dass fast alle meiner Kollegen dazu neigen, selbst die rigidesten Formen des Islamismus zu beschönigen und zu verschleiern.
Wie ist das zu verstehen?
Diese Beschöniger sprechen auch bei salafistischen Akteuren und Einrichtungen von Frömmigkeit. Von Frömmigkeit! Was für ein Euphemismus! Was in langen Kämpfen erreicht worden ist, und was auch die westlichen Werte ausmacht, wird vom Islamismus negiert: Frauen, Homosexuelle und Nichtmuslime haben nicht die gleichen Rechte, es gibt keine Trennung zwischen Politik und Religion, das Mittel der Gewalt wird begrüßt. Ich habe da nicht mitgemacht bei dieser Beschönigung. Und als ich dann begonnen habe, mit meinen Mitarbeitern auch in Deutschland zu forschen, nicht nur bei Salafisten, sondern auch bei VerbandsMuslimen, die in ganz starkem Maße auslandsabhängig sind – vom Iran, von Katar, von der Türkei – und mich auch dort weigerte, die rosarote Brille aufzusetzen, da wurde ich immer stärker isoliert. Ich wurde zu einer Umstrittenen, weil der Islamismus eben eines dieser Felder ist, in dem der Wokismus seine Pflöcke eingeschlagen hat.
Aufgrund Ihrer Forschung wurden Sie also zur Umstrittenen.
Weil ich eben nicht in dasselbe Horn gestoßen habe, in das alle anderen stießen. Und dass ich nicht nur muslimische Organisationen, sondern auch
bestimmte Formen der Einwanderungspolitik, die ich für naiv halte, kritisiert habe, das hat man mir dann endgültig und tatsächlich erhebliche Feindschaft eingebracht.
Ihre Feinde machten mobil, starteten Kampagnen, forderten ihre Entlassung.
Ja. Immer wieder. Das erste Mal so richtig massiv, als ich eine Konferenz mit dem Titel „Das islamische Kopftuch, Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ einberufen habe. Da hatte ich Referentinnen und Referenten eingeladen, die unterschiedliche Positionen vertreten haben, wobei zwei der Referentinnen und auch meine moderierende Mitarbeiterin selbst Kopftuch tragen. Trotzdem hat man mir da antimuslimischen Rassismus vorgeworfen. Es war eine Verschwörung auf der digitalen Hintertreppe, eine Gruppe hat im Internet unter dem Hashtag „Schroeter raus“ massiv meine Entlassung gefordert, „Schröter raus aus der Uni“, hieß es. Doch der Allgemeine Studentenausschuss und die Universitätspräsidenten waren auf meiner Seite, Medien hatten mich breit unterstützt. Also dachte ich, es sei vorbei.
Aber?
Aber da ging es erst richtig los. Ich wurde an Universitäten erst eingeladen, dann wieder ausgeladen, es gab ständig Protest. Und eine zweite Konferenz, die ich einberufen habe, unter dem Titel „Migration steuern, Pluralität gestalten“, die hätte mir dann beruflich gesehen fast das Genick gebrochen. Mit offenen Briefen wurde gegen mich protestiert, gegen diese Rassistin, ein Antrag, den ich auf eine zweijährige Forschungsprofessur nach meiner Pensionierung gestellt habe, wurde liegengelassen, es sah so aus, als ließe man mich fallen. Aber ich hatte Glück: Medien unterstützen mich, Wissenschaftler unterstützen mich, in einem offenen Brief wurde ich von 900 Unterzeichnern verteidigt, prominente Politiker, Wissenschaftler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens solidarisierten sich mit mir. Ich habe sehr viel Unterstützung bekommen. Und das macht meinen Fall besonders. Denn andere Kollegen haben das nicht, die verschwinden einfach sang- und klanglos von der Bühne.
Die wollen das komplett unter der Decke halten. Sie wollen nicht, dass Migration auch nur irgendwie mit einem Problem in Verbindung gebracht wird. Weil dann möglicherweise eine Begrenzung der Migration stattfindet. Das aber ist in diesen Kreisen nicht gewollt; in diesen Kreisen, die ja ohnehin davon ausgehen, dass weite Teile der einheimischen Bevölkerung latent rechts, latent rassistisch sind.
Ihre Kritiker werfen Ihnen vor, Wasser auf rechtspopulistische Mühlen zu gießen … Genau. Das werfen die mir vor. Aber da muss ich jetzt mal scharf zurückschießen. Also der Ansatz, alles zu tabuisieren, damit Rechtspopulisten nicht stärker werden, der ist ja nun krachend gescheitert. Von Jahr zu Jahr erhält die AfD bessere Zustimmungswerte in Umfragen. Da muss man sich vielleicht einmal überlegen, ob die Tabuisierung die richtige Methode ist. Im Übrigen: Wenn alles jenseits eines woken Weltbildes rassistisch oder rechtsradikal ist, dann verschwimmen die Grenzen zu wirklichen Rassisten und Rechtsradikalen….
Das heißt, dass von dieser Weigerung, Probleme offen anzusprechen, letztendlich nur die AfD in Deutschland und die FPÖ in Österreich profitieren?
„Als ich mich weigerte, die rosarote Brille aufzusetzen, wurde ich immer stärker isoliert.“
Genau. Das wäre meine These. Wie soll man sich sonst erklären, dass Rechtspopulisten immer stärker werden? Die Bevölkerung ist ja nicht von einem Virus befallen. Die Bevölkerung reagiert nur auf das, was sie sieht, und sie sieht auch, dass andere Parteien wegsehen. Also würde ich diesen anderen Parteien raten, mal schleunigst die Probleme zu benennen, zu diskutieren und zu lösen. Das kann man auch von Politikern erwarten. Die sollten ja nicht für sich selbst, sondern nur als Repräsentanten ihrer Wähler regieren.
Die Medien spielen da eine gewichtige Rolle, indem sich einige – es sind Ihre Worte – „als Erzieher der Nation“ verstehen.
In dem Moment, in dem sich Journalismus als Haltungsjournalismus versteht, wird es problematisch. Dann wird nicht mehr die ausgewogene Berichterstattung, sondern nur noch die subjektive – in diesem Fall: woke – Botschaft an den Leser, Hörer und Zuschauer gebracht.
Ein Zitat von Ihnen lautet: „Nichts löst bei woken Linken einen solchen Hass aus wie Vorschläge zur Steuerung der Migration oder Kritik an den Schattenseiten der Einwanderung.“ Es ist aber klar, dass derart Angesprochene solche Sätze nicht begrüßen … Nein, natürlich nicht. Ich erwarte ja auch nicht, dass das begrüßt wird, sondern ich hoffe darauf, dass man sich ertappt fühlt. Es ist ja evident, dass es auch Schattenseiten der Zuwanderung gibt. Aber diese woken Akteure tun nach außen hin so, als hätten sie noch nie etwas von Gewalt im Namen der Ehre, von Clan-Kriminalität, von der Unterdrückung von Frauen oder anderem gehört.
„Die freie Gesellschaft ist nicht verloren, solange es Menschen gibt, die sie verteidigen.“ So lautet der Schlusssatz in Ihrem Buch, ist das zugleich auch das Fazit unseres Gesprächs?
Ja. Ich hoffe darauf, dass es genügend Menschen gibt, die sich nicht weiter bevormunden lassen möchten. Ich hoffe sehr, dass wir auf einen Peek zulaufen, der dann auch wieder eine Korrektur möglich macht. Wobei ich da durchaus optimistisch bin: Viele Menschen sehen mittlerweile, dass das alles wirklich zu weit geht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die aktuell viel diskutierte Künstliche Intelligenz erweckt viele Ängste und Sorgen. In diesem Text möchte ich aktuelle Entwicklungen einordnen und Folgen abschätzen. Vorneweg nur so viel: (Noch) müssen wir uns keine existenziellen Sorgen machen.
In den vergangenen Jahren haben drei Entwicklungen dazu beigetragen, dass die Künstliche Intelligenz einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Die Modelle dahinter haben sich durch Forschung und viele Investitionen stark verbessert. Die Prozessoren, die diese Modelle anwenden, haben einen Entwicklungssprung gemacht. Mit der generativen Künstlichen Intelligenz hat sich ein greifbarer, verständlicher Anwendungsfall etabliert, der das Thema für die breite Masse zugänglich macht. Künstliche Intelligenz selbst wurde seit Jahrzehnten entwickelt. Sie ist in unterschiedlicher Form und in unterschiedlichen Abstufungen heute schon fester Bestandteil unseres Alltags. Künstliche Intelligenz ist in Geräten und Programmen, die wir direkt und indirekt verwenden. Medizin, Mobilität oder gar Haushalt wären nicht dort, wo sie sind, ohne Künstliche Intelligenz und deren Abstufungen.
Die Ergebnisse und Erfahrungen, die im Moment gemacht werden, sind beeindruckend. Dies verstärkt sich durch hypothetische Zukunfts-Szenarien, die durch die Medien gespielt werden. Von denen ist die Realität und Technologie aber deutlich entfernt.
So ergibt sich die Situation, dass die Technologie bereits mehr Einfluss auf viele Bereiche unseres Lebens hat, als wir wahrnehmen. Aber in spezifischen Bereichen stehen noch entscheidende Entwicklungen vor uns. Diese werden auch nicht so einfach zu bewerkstelligen sein.
Vergleichbar dazu sind Cyborgs, wie sie in Science-Fiction Filmen der 80er-Jahre als Mischung zwischen Mensch und Maschine oft dargestellt wurden. Während dadurch erwartet wird, dass wir Wesen aus Metall und Fleisch mit leuchtenden Augen begegnen, sind wir eigentlich schon Cyborgs. Es hat sich lediglich für die Schnittstellen „Auge-Bildschirm“ und „Hand-Knopf“ noch keine bessere Alternative gefunden.
Die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz spielen sich nicht auf existenzieller Ebene ab. Es ist schlicht ein Kultursprung, der gerade stattfindet. Der Abstand von Kultursprung zu Kultursprung wird immer kürzer. Es kann argumentiert werden, dass Internet (einfach frei zugängliches Wissen), die Sozialen Medien (jeder wird zum Autor) und nun Künstliche Intelligenz (die Maschine
In Vorarlberg sind wir abgelenkt von den Erfolgen der alten Welt.
bereitet Wissen auf) jeweils einen Kultursprung darstellen. Es passiert nun mehrfach in wenigen Jahrzehnten, was früher Jahrhunderte (Buchdruck-Industrialisierung) gedauert hat. Die Künstliche Intelligenz ist einmal mehr eine massive Technologie, die letztendlich unsere Kultur verändert. Sie wird verändern, was wir als real sehen, wie wir produzieren, wie wir Wissen verstehen, wie
Eine Handvoll Meinungen, zitiert aus anderen Medien
wir (an unsere Kinder) Wissen vermitteln und wie wir unser Zusammenleben politisch regeln.
„Wissen“ wird sich grundlegend verändern, weil es nicht mehr nur darum geht, Wissen zu vermitteln. Es geht darum, die richtigen Wissensquellen zu finden, die richtigen Fragen zu stellen, Fakten und Antworten richtig einordnen zu können und die Wissens-Werkzeuge –wie Künstliche Intelligenz – richtig anzuwenden. Hier droht die Gefahr, dass wir das Bildungssystem und die Politik nicht schnell genug auf das neue Verständnis zu „Wissen“ anpassen können.
Als Menschheit werden wir uns Gedanken machen müssen, wie wir mit der gesteigerten Produktivität umgehen. Sie hat sich in den vergangenen 50 Jahren 3,5-fach mehr erhöht als die Löhne. Durch die Produktivitätssteigerung, die mit der Künstlichen Intelligenz kommt, wird sich diese Schere weiter auftun. Wir alle werden von den technologischen Entwicklungen auch weiterhin profitieren, wie wir es in der Vergangenheit gemacht haben. Die Frage ist letztendlich, wie gleich wir davon profitieren oder ob wir den Unterschied zwischen den Gesellschaftsschichten weiter erhöhen. Dies wird zu weiteren Spannungen führen. Auch Konservative werden sich über kurz oder lang mit dem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigen müssen. Dank der KI.
In Vorarlberg sind wir abgelenkt von den Erfolgen der alten Welt. Unser Wohlstand basiert auf Industrien, die zukünftig starkem Wandel unterliegen werden. Wir sind so erfolgreich, weil wir politische Entscheidungswege, Bildung und Forschung auf diese Industrien optimiert haben. Es droht nun die Gefahr, dass wir den neuen Themen zu wenig Aufmerksamkeit und Raum geben. Richtig schade ist, dass wir verbissen am Bestehenden festhalten und nicht unsere privilegierte Position nutzen, voranzugehen und die Zukunft unserer Welt mitzugestalten.
Wir sind angetreten, um mit Wissen, Forschung und Technologie unser Leben einfacher zu machen. Jetzt liegt es an uns, dass wir die gesteigerte Produktivität und Effizienz, die nun in der Künstlichen Intelligenz ihre Spitze findet, auch fair verteilen. Letztlich ist es die Leistung unserer Menschheit und nicht einzelner Helden.
I
ch habe sehr früh erkannt, dass ich mir eher merken kann und will, wie viele Gnus im Schnitt auf Wanderschaft gehen, als wie viel Geld ich wo habe oder nicht.
Gregor Seberg, Schauspieler, im „Trend“.
W
er schlechte Nachrichten sammelt, hat zurzeit große Auswahl. Für die guten muss man sich mühen.
Gabriele Fischer, Journalistin, in „Brand eins“.
Heute steht die Öffentlichkeit unter Dauerbeschuss von Lügen, und das verwirrt unser Vertrauen in die Wahrheit.
Miriam Meckel, Kommunikationswissenschaftlerin, im „Spiegel“.
Das Zulassen eines eigenen Stils ist viel wichtiger, als Regeln zu folgen, die andere aufgestellt haben.
Sven Regener, Musiker, im „Standard“.
M
an darf wirklich gespannt sein, wann der Erste auf die Idee kommt, dass man Erwachsene wie Erwachsene behandeln könnte.
Anna Schneider, Journalistin, in der „Welt“.
E
s liegt leider in der menschlichen Natur, dass man sich die schlechten Kommentare länger merkt.
Cedric Engels, Moderator eines YouTube-Kanals, im „Tagesspiegel“.
E
s gibt keinen Bachelor in Erfahrung. Erfahrung ist realitätsgesättigtes Wissen.
Ludwig Hasler, Philosoph, in der „NZZ“.
E
igentlich war „1984“ ja als dystopischer Zukunftsentwurf gemeint, nicht als Gebrauchsanweisung.
Martin Sonneborn, Satiriker, in der „Welt“.
Es ist fürchterlich, wenn man den Koalitionspartner einfach ignoriert.
Auch das dumme Wort ist frei.
Denis Yücel, Schriftsteller
Der Ästhetik kann man nicht entgehen.
Matthias Sauerbruch, Architekt
Vorwärts, wir blicken zurück!
Dirk Schümer, Journalist
Es muss geklärt werden, wie viele Gendersternchen man für den Eigenverbrauch besitzen darf.
Hans Zippert, Satiriker
Wer vor dem Leben davonläuft, hat auch keines.
Reinhard Mohr, Publizist
Der Überhang an Moral hat zu ihrem Ausverkauf geführt.
Ich mag Bücher. Menschen mag ich nur in Grenzen.
Einen Schritt zurückzutreten, um Abstand zu gewinnen, und damit bessere Entscheidungen treffen zu können, so ließe sich zusammenfassen, was der Arbeitsforscher Hans Rusinek uns im Umgang mit der Zeit rät. Und das führt uns dann direkt zur Politik. Denn dort regiert der Hang zur schnellen Antwort, auch wenn die gestellte Frage eine noch so komplexe Materie betrifft. Warum das so ist? „Nicht gefragt zu werden, heißt nicht gebraucht zu werden“, sagt Rusinek, „es ist ein Bedürfnis, einen Unterschied ausmachen zu wollen.“ Und den Unterschied macht da die Schlagzeile. Wer nicht sofort zu allem etwas sagt, geht leer aus, weil er in der politisch-medialen Logik offenbar generell nichts zu sagen hat.
Gelegentlich heißt es, dass gute Politik darin besteht, dass Richtige zu tun und nicht das Bequeme zu machen; aber unerwähnt bleibt dabei, dass auch die Politik der Beschleunigung unterliegt, und es mitunter Zeit braucht, die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Wir warten also auf den ersten Politiker, der um Zeit bittet und auf den ersten Journalisten, der diese Bitte auch akzeptiert. Nützen würde das beiden Seiten: Politiker hätten bessere Antworten und diverse Artikel mitunter mehr Substanz.
Man ist ja umgeben von ermahnenden Zeigefingern – äußeren und inneren.
„Hirne statt Handys –sonst droht Verdummung“
Wozu noch selbst denken, wenn Handys, Chat-GPT und Konsorten ständig griffbereit sind? Unter dem netten Titel „Hirne statt Handys – sonst droht Verdummung“ warnte der deutsche Erziehungswissenschaftler und Hochschullehrer Klaus Zierer dieser Tage in den „NZZ“, dass uns der alltägliche Gebrauch der eingangs erwähnten Technologien Freiheit und Vernunft rauben werde. Mit Blick auf den Philosophen Kant schrieb Zierer: „Auch heute versinken Menschen in einer selbstverschuldeten Unmündigkeit. Freiwillig geben sie sich der technischen Revolution hin, zücken das Handy beim Anflug von Langeweile, bei Gedächtnislücken, bei Lernaufgaben. Noch bevor das eigene Denken überhaupt in Gang gekommen ist, liefern Chatbots auch schon eine Antwort.“ Faulheit und Feigheit seien auch heute noch die Ursachen einer selbstverschuldeten Unmündigkeit: „Es ist bequem, woanders denken zu lassen und unmündig zu sein.“ Zierers abschließende, folgerichtige Empfehlung: „Leg das Handy beiseite!“
„Dauergrinsende, gutgelaunte Leute mit ColgateGartenzaun erträgt niemand lange.“
Patti Basler, Schweizer Satirikerin
Red‘ ghörig!
„Ein gewaltiges Loch in diese Region schneidet im Besonderen die ,Enklave‘ Lustenau, die sich sowohl durch einen überdurchschnittlich guten Senf als auch durch überdurchschnittliche Unverständlichkeit auszeichnet.“ Aus dem Büchlein „Red‘ ghörig!“ von Emanuel Lampert.
Kabarettist Hader: „Eine naive Idee“
„Ich gehöre zu einer Generation, wo man eine Zeit lang geglaubt hat, wir hätten uns irgendwie weiterentwickelt. Nicht, weil wir bessere Menschen geworden wären, aber doch klüger, weil uns jetzt viel mehr Informationen zur Verfügung stehen als früheren Generationen. Das war die Wiederholung der ganz naiven Idee der Aufklärung. So wie man im 19. Jahrhundert geglaubt hat, wenn alle Leute Bücher lesen, dann wird es keine Dummheit mehr geben …“