Wohn!Design 4/2016
Wohn!Design 4/2016 Juli/August
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EDITORIAL !
Giovanni Gastel fotografierte Parma für einen Geburtstagsband, Seite 55. Links mein „Selfie“.
Vielleicht wird das Ihre Urlaubslektüre. Vor ein paar Tagen bin ich ganz happy aus Parma zurückgekehrt: liebenswürdige Menschen, nette Begegnungen und faszinierende kulturelle Eindrücke. Das Dufthaus Acqua di Parma hatte Journalisten aus aller Welt zu einem großen Jubiläum eingeladen und zeigte allen Gästen, was Italiener unter Luxus verstehen: ein Stück der eigenen Kultur (ab Seite 54). In Deutschland wird das Thema viel kritischer wahrgenommen – und doch sind wir Deutschen beim Thema Luxuskonsum weltweit Trendsetter, findet Expertin Petra-Anna Herhoffer in unserem Gespräch (ab Seite 52). Woher kommt das? Erstmals überhaupt gibt unser neuer Trendscout Antworten auf Fragen wie diese. Unsere Gesellschaft unterliegt einem ständigen Wandel, der von Politik, wirtschaftlichen Entwicklungen und von unserer Wahrnehmung bestimmter Phänomene geprägt wird. Wie wirken sich unsere Erfahrungen auf die Produktwelt von morgen und übermorgen aus? Die vorliegende Ausgabe präsentiert vier Megatrends, die unser Konsumverhalten und die Art und Weise des Zusammenlebens prägen: das sind Digitalisierung/Virtualisierung (ab Seite 9), Polarisierung/Kontraste (ab Seite 37), Fokussierung/ Individualisierung (ab Seite 71) sowie Mobilität (ab Seite 107). Interviews, Expertenmeinungen, Reportagen und Produktgeschichten zeigen Zukunftsszenarien auf, die für Sie als Leser nachvollziehbar sind und jede Menge Anregungen liefern. Wie leben wir 2025? Um diese Themenstellung zu beantworten, waren wir für Sie in ganz Europa unterwegs. Angefangen von den wichtigsten Einrichtungsmessen in Mailand, Paris und Frankfurt, von denen wir viele Eindrücke „verarbeitet“ haben, insbesondere unsere Impressionen vom Salone Internazionale del Mobile, der Mailänder Möbelmesse. In dieser Woche traf Kollegin Elena Deeg den New Yorker Stararchitekten Daniel Libeskind und war vollkommen überrascht von dessen Sanftmut und angetan von seinem ganzheitlichen Denken (das Interview lesen Sie ab Seite 42). Marie-Luise Mugrauer widmete sich dem Thema Mobilität und nahm eine Installation von Mini zum Thema Wohnraumverknappung und effektivere Raumnutzung unter die Lupe (ab Seite 126). Bei Mercedes interviewte sie einen Zukunftsforscher und eine Designerin zum Thema autonomes Fahren (ab Seite 114). Unser neuer Kollege Wolfram Hülscher machte währenddessen Paris unsicher (ab Seite 50). Aber das sind nur einige von vielen lesenswerten Geschichten. Es wäre uns eine Freude und Ehre, wenn Sie unseren Trendscout mit in die Ferien nehmen. Bleiben Sie uns gewogen,
Dr. Stephan Demmrich
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INHALT !
Wohn!Design
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Impressum
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Bezugsquellen
9 VIRTUALISIERUNG
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VIRTUALISIERUNG
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PRODUKTE Die Küche der Zukunft ist eine Scheibe
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PRODUKTE Wie wir schon heute Morgen erleben können
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INTERVIEW Patrick Schwarzhaupt über Smart Home
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EXPERTENGESPRÄCH Digitale Kochschule für zu Hause
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TREND Wasser ganz nach Ihren individuellen Vorlieben
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DIGITALISIERUNG Perfekter Sound und optimales Bild
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REPORTAGE Beflügelnde Architektur in Korea
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POLARISIERUNG
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PRODUKTE Licht, Sammlung, Textil-Wanne und Silber
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ARCHITEKTUR Daniel Libeskind im Porträt
42
LEUTE Die jungen Kreativen von Istanbul‘dan
48
DESIGN im Grünen: Landschaftsgestalter Louis Benech
50
EXPERTENGESPRÄCH Alles über das böse L-Wort: Luxus!
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37 POLARISIERUNG
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PROJEKT Luxus heißt auch, seine Güter zu teilen
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REISE Voller Kontraste: heißer Oman und kaltes Island
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KOCHEN Wie Kochbücher neue Trends aufzeigen
58
REPORTAGE Multi-Kulti in London
62
FOKUSSIERUNG
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PRODUKTE Für Taschen-Tiger und Champagner-Fans
72
EXPERTENGESPRÄCH Trend-Profis über den Weg zum Ich
78
LEUTE Couchgeflüster: auf Kuschelkurs mit Sebastian Labs 84 LEUTE Wolfram Beck über individualisierte Oberflächen
88
REISE Auszeit auf dem Rücken der Pferde in Umbrien
90
INTERVIEW Andreas Gerecke über Rosenthals Abwege
92
REPORTAGE Toskana-Landsitz der Napapijri-Modemacherin 94 MOBILITÄT
107
PRODUKTE Geschichten für unterwegs
108
PRODUKTE Zu Fuß, zu Wasser, zu Land
112
INTERVIEW Die automobile Zukunft
114
DESIGN Clevere Lösungen für kleine Räume
118
INTERVIEW Wohnkonzept einer Automarke
126
LEUTE Zwei Turbo-Frauen kreieren ein mobiles Sofa
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REPORTAGE Design-Hausboot in Amsterdam
130
SHOWDOWN Alle Megatrends in einem: Hermès Maison
142
71 FOKUSSIERUNG
107 MOBILITÄT
Titelphoto: Auch zukünftig bleiben Dinge mit Patina ein Traum im Raum. Den Druck auf Leinwand erwarb die Gestalterin dieses Stilllebens bei Boknäs Interior Shop in Helsinki. © Krsita Keltanen/ Living Inside.
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IMPRESSUM
Wohn!Design Internationales Magazin für Architektur, Wohnen und Design Redaktion und Anzeigenverwaltung Mörikestraße 67 70199 Stuttgart Tel. 0711 96666-999 Fax 0711 96666-415 www.wohndesign.de Verlagsleiter Klaus Vetterle Chefredaktion Dr. Stephan Demmrich (sd) Mitarbeiter dieser Ausgabe Helenio Barbetta, Elena Deeg (ed), Francesca Giovanelli Javotte Gustaffson Wolfram Hülscher (wh), Suzanna Knight Marie-Luise Mugrauer (mlm), Irmhild Tieck, Henry van Belkom Elsa Young
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Grafik Saskia Schweitzer Lösch MedienManufaktur GmbH & Co. KG, Stuttgart Redaktion Elena Deeg Tel. +49 711 96666-414 E-Mail: elena.deeg@wohndesign.de Wolfram Hülscher Tel. +49 711 96666-423 E-Mail: wolfram.huelscher@wohndesign.de Marie-Luise Mugrauer Tel. +49 711 96666-413 E-Mail: marie-luise.mugrauer@wohndesign.de Anzeigenverwaltung Tel. +49 711 96666-410 Anzeigenleitung Ulrike Ehlers Tel. +49 711 96666-411 Fax +49 711 96666-415 E-Mail: ulrike.ehlers@wohndesign.de Shopping-Guide Martin Lindner Tel. +49 711 96666-410 Fax +49 711 96666-415 E-Mail: shopping@wohndesign.de Anzeigendisposition Mara Ristic Tel. +49 711 96666-985 Fax +49 711 96666-415 E-Mail: anzeigen@wohndesign.de Abonnementverwaltung Martin Lindner Tel. +49 711 96666-999 Fax +49 711 96666-980 E-Mail: abo@wohndesign.de Vertrieb MZV, Moderner Zeitschriftenvertrieb, Eching Verlag Family Home Verlag GmbH Mörikestraße 67 70199 Stuttgart Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion gestattet. Für eingesandtes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Abonnementpreis: 6 Ausgaben frei Haus: 35 Euro, Ausland zzgl. Porto. © Family Home Verlag GmbH ISSN 1664-1760
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Virtuelle Welten Menschen sind heute über verschiedenste Medien miteinander verbunden. Der Austausch von Informationen intensiviert und beschleunigt sich. Das Internet ersetzt die Fernbedienung, und längst lassen sich viele Abläufe im Haus über das Mobiltelefon regeln. Wie das Smart Home von morgen aussieht? Lassen Sie sich faszinieren.
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Produkte von und für morgen. Wohin führt die Hausautomation? Brauchen wir Connectivity bei Hausgeräten? Wasser wird jetzt digital. Unterhaltung zu Hause. W!D 4/2016
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VIRTUALISIERUNG PRODUKTE !
Kulinarische Grüße aus der Zukunft: Die Studie „The Invisible Kitchen“ gibt eine Vorstellung davon, wie Kochen in 15 Jahren ablaufen könnte: entspannter, interaktiver und kreativer. Was aussieht wie ein leuchtendes Ufo voller Köstlichkeiten, ist die materialisierte Vision des Kreativteams von Miele zum Thema vernetztes Kochen: Ein virtueller Assistent berücksichtigt den Kenntnisstand des Benutzers und greift dann ein, wenn etwas Gefahr läuft, schiefzugehen. Willkommen in der unsichtbaren Küche. Der Hausgerätehersteller interpretiert sie als häuslichen Hotspot voller Hochtechnologie, mit dem der Konsument nicht mehr interagiert, indem er viele Programme durchnavigiert – via 10
Sprachsteuerung werden Prozesse aktiviert und von der Technik selbstständig begleitet. „Das Ganze ist rund geworden, weil wir von einem Prozess ausgehen“, erklärt Chefdesigner Andreas Enslin. „Wir haben einen Kochkreis entwickelt.“ Er bildet sämtliche Szenarien ab, in denen sich Nutzer täglich wiederfinden: „Vom Impuls «ich habe Hunger», über die Planung, Vorbereitung der Speisen und deren Zubereitung bis zum Aufräumen, Lagern und Resümieren: Hat es geschmeckt oder nicht? Was kann ich
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besser machen? All das bildet einen Kreis.“ Die optische Umsetzung für die Präsentation zur Mailänder Möbelmesse verzichtet auf Geräte und selbst Küchenmöbel. „Sie sehen nur den Inhalt. Die ganzen Utensilien, mit denen wir uns umgeben“, so Enslin. „Ein moderner Mensch besitzt heute etwa 20.000 Gegenstände, darunter im Schnitt 14 Kochgeräte, also Pfannen und Töpfe.“ Doch der Leuchtring hat auch eine symbolische Ebene: „Das Ganze ist ja Zukunft. Es ist noch nicht angekommen, deswegen schwebt es. Man muss nach oben schauen und sich selbst bewegen, damit man alles sieht. Das heißt: Die Zukunft ist offen. Wir können sie mitgestalten, aber wir müssen dafür tätig werden.“ Kochen wird anspruchsvoller und einfacher zugleich. |sd
Das nennt man wohl Science Kitchen. Während der Mailänder Möbelmesse im April beeindruckte Miele mit einer Off-Veranstaltung im Design-Destrict Zona Tortona. „The Invisible Kitchen“ ist eine ringförmige Installation von acht Metern Durchmesser und mehreren Tonnen Gewicht. Mit Unterstützung eines virtuellen Kochassistenten bereiteten dort zwei Köche ein 3-Gang-Menü zu. Das Programm komponiert die Speisenfolge, wiegt die Zutaten ab und unterstützt mit Tipps beim Kochen und für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. W!D 4/2016
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UHD-TV, also megascharfe Bildauflösung bei Fernsehern (oben zwei Samsung-TVs), wirkt sich positiv auf die elektrische Gehirnaktivität aus. Das belegt eine neuro-
psychologische Studie von Mindlab International: „Ein Quantensprung im visuellen Erlebnis“, findet Vorstand David Lewis. „Der technologische Fortschritt ruft signifikante, physiologische Reaktionen hervor und verändert unser Erleben von Inhalten und Unterhaltung.“ Fußballschauen macht also ab sofort cleverer. |sd
WOHLFÜHLSZENARIEN wie Lieblingsmusik, die gewünschte Raumtemperatur und dazu innovatives Farblicht lassen sich bei Jung mit der Software „Facility-Pilot“ in die KNX-Haustechnik integrieren. Vitales Licht bringt dabei die Leistungskurve des Menschen in Einklang mit seinem Biorhythmus und stimuliert seinen Hormonhaushalt. Auf dieser wissenschaftlichen Erkenntnis basiert die Entwicklung von „vitaLED“ (rechts), die von der Fachhochschule Südwestfalen begleitet wurde. Vordefinierte Lichtszenarien (rechts) kreieren angenehme Stimmung, stimulieren uns, und sind Wellness für die Seele. |sd
PERFEKTE ZUBEREITUNG von Panna Cotta oder einem Gugelhupf hängt künftig nicht mehr von Ihrer Tagesform ab. Bosch hat innovative Sensoren in die Backöfen und Kochfelder integriert, mit denen alles besser gelingt: Der „PerfectCook Kochsensor“ lässt die Sahne nicht überkochen, und der „PerfectBake Backsenor“ gart den Kuchen auf den Punkt. |sd 12
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Elektrosuperdorado Vernetzte Hausautomation ist eines der Megathemen. Aber welche Anwendungen sind zukunftsweisend? Diese und weitere Fragen stellten wir Patrick Schwarzhaupt, dem Leiter Spezialisierter Fachhandel media@home bei Euronics Deutschland – einem Frontmann in Sachen Vernetzung. Beim Thema Konnektivität stehen wir erst am Anfang. Wie könnte ein Wohnumfeld in zehn Jahren aussehen? Als „Next Big Thing“ sehen wir das Internet der Dinge. Es wird zunehmend selbstverständlich sein, dass die unterschiedlichsten, intelligenten Geräte sich vernetzen lassen und miteinander kommunizieren. Das „eine“ Szenario für den Wohnraum wird es dabei nicht geben, da die technische Infrastruktur individuell auf die Bedürfnisse der Bewohner zugeschnitten werden
muss. Denken Sie nur an unsere Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, die via Sprachbefehl oder Touchpanel das Lichtszenario verändern, die Jalousien steuern, die Raumtemperatur regeln oder die Gegensprechanlage bedienen können ohne hierfür aufstehen zu müssen. Ein Trend ist jedoch klar und deutlich erkennbar: die intelligente Technik wird unsichtbar und kundenindividuell in den Wohnraum integriert. Und ganz wichtig: Sie muss bequem, einfach und intuitiv für jede Altersgruppe (2 bis 99 Jahre) zu bedienen sein. Wir haben jetzt Produkte wie den Kühlschrank mit Kamera, der Journalisten zu denken gibt. Brauchen wir Produkte wie dieses? Sie werden lachen, das Thema diskutieren wir schon länger im Kollegenkreis – seit den ersten Produktvorstellungen von vernetzten Hausgeräten. Die Meinungen hierzu sind breit gefächert. Es wird auch hier den Gadget-verliebten Nutzer geben, der
Für Vernetzungsexperte Patrick Schwarzhaupt ist eine Standardisierung für eine flächendeckende Smart-Home-Verbreitung „zwingend erforderlich“. Oben: Sicherheitskamera, Wetterstation und Thermostat entwarf Philippe Starck für Netatmo. Links: „Divus Touchzone“, ein Vollglas-Multi-Touchpanel, vereint die Funktionen eines Smartphones mit sichheitsrelevanten Ansprüchen der Gebäudewelt. Divus. Seite 140. 14
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dieses Feature mitbestellt. Aus meiner Sicht wird es nicht beim vernetzten Kühlschrank bleiben – Lebensmittel lagern ja nicht nur hier. Um den Mehrwert tatsächlich zu transportieren müssten auch sämtliche weiteren Aufbewahrungsstellen und -räume mit erfasst werden. Wir dürfen also gespannt sein. Welche Applikationen machen für Sie persönlich wirklich Sinn? Wir merken am Point of Sale, dass die aktuellen Mittfünfziger zunehmend Lösungen für ihre Eltern nachfragen, damit diese länger im gewohnten Wohnumfeld leben können. Technik kann hierbei unterstützen. Sogenanntes Ambient Assisted Living (AAL). Auf Deutsch: Altersgerechte Assistenzsysteme für ein selbstbestimmtes Leben durch innovative Technik. Das können Notfall-, Kommunikationssysteme oder Systeme für die Hausautomation zur Steuerung der Haustechnik sein. In naher Zukunft wird es auch medizinisch zugelassene Wearables geben, die beispielsweise Daten an den Hausarzt zur Optimierung der Medikation senden. Es gibt Systeme, die Überwachen ob eine Person
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nach dem nächtlichen Gang ins Badezimmer wieder ins Bett zurückgekehrt ist oder Module, die die Wasserzufuhr und Temperierung für die Wanne überwachen und rechtzeitig abschalten. Das zweite Segment umschreibt einen geschlossenen Kreis aus Energiegewinnung und Nutzung im eigenen Haushalt, etwa durch Solarpanels – von der Speicherung und Verwendung im eigenen Haushalt bis hin zur Fortbewegung im Individualverkehr. Sinnvolle Lösungen zur Energiespeicherung drängen
„Neben Komfort, Energiesparen und Entertainment ist Sicherheit der Branchen-Wachstumstreiber schlechthin“, so Schwarzhaupt. Oben: Mit dem Smart-Home-System „TaHoma“ von Somfy können selbstverriegelnde Türschlösser auch aus der Ferne angesteuert werden. Mitte: Schauen, wer an der Tür klingelt, die Siedle-App macht‘s möglich, genauso wie die Bedienung der Siedle-Lieferbox für Sendungen.
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zunehmend auf den Markt. Ergänzend dazu schalten sich intelligente Haushaltsgeräte dann ein, wenn ausreichend eigenproduzierter Strom für den Wasch-, Trockengang oder die Kühlung zur Verfügung steht. Bei Bedarf stehen außerhalb der Lastzeiten günstigere Tarife über die großen Energieversorger als Reservesystem zur Verfügung. Alle diese Prozesse sind entsprechend mit der Haustechnik zu synchronisieren, abzustimmen und auf die jeweiligen Nutzergewohnheiten der Bewohner zu „orchestrieren“. Intelligente, abgestimmte und bedarfsorientierte Energiegewinnung, Speicherung und Verwendung werden einen erheblichen Beitrag zur Co2-Reduzierung und angestrebten Energiewende leisten. Wie sieht es mit der Haussicherheit aus? Sicherheit ist der Wachstumstreiber. Auch außerhalb der zertifizierten Systeme kann man mit kleineren Lösungen meist eine abschreckende oder zumindest hemmende Wirkung erzielen. Für Sicherheit und Komfort sorgen darüber hinaus Sensoren in Fenster- und
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Türgriffen, die Informationen über den Zustand „offen“ oder „zu“ liefern und dabei unterstützen, Schäden z. B. durch ein offenes Dachfenster bei Dauerregen zu vermeiden. Oder denken Sie an moderne Zutritts- und Zugangssysteme – kein Kind kann mehr den Schlüssel verlieren (etwa bei biometrischen Systemen, eine Sperrung ist durch eine schnelle Deaktivierung des verlorenen „Datenschlüssels“ möglich). Eltern können so auf den „obligatorischen Kontrollanruf“ verzichten, da sie direkt via Smartphone informiert werden, sobald ihr Kind zu Hause ist. |sd
Check vom Sofa, oben: Warema „WMS Web Control“ und „Climatronic“-Station für perfekte Hausautomation. Mit einer Gira „HomeServer App“ (Mitte) lassen sich Gebäudefunktionen wie Licht auch vom Garten oder von unterwegs steuern. Zukunftsweisend: „Tesla Powerwall“ unten ist eine Home Battery, um den selbsterzeugten Solarstrom zwischenzuspeichern und für ihr Elektro-Auto zu nutzen. Tesla.
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Die reinigende Kraft des Wassers Smarte Technik macht den Alltag angenehmer, nun hält sie auch im Bad Einzug. Mit dem Dusch-WC Sensia Arena von Grohe erhält jedes Badezimmer mehr Hygiene und Komfort. Clevere Technik begleitet uns heute von morgens bis abends und erleichtert uns das Leben. Nun trifft man sie öfter auch in den privatesten Zonen an, wie dem eigenen Badezimmer. Denn mit dem Wandel von der ungeliebten „Nasszelle“ zur beliebten „Wellness-Oase“ verbunden, erlebt kein Raum so eine Modernisierung wie das Badezimmer. Immer häufiger findet man dort auch Dusch-WCs – eine hygienische Kombination aus WC und Bidet. Das Dusch-WC Sensia Arena reinigt die Haut ohne Berührung und nur mit der Kraft des Wassers. Nach dem Waschvorgang wird die Haut mithilfe von warmer Luft getrocknet. Das ist nicht nur angenehm, sondern auch extrem hygienisch. Mehrere Stärken des Wasserstrahls stehen zur Verfügung, vor und nach jeder Benutzung wird der Duscharm automatisch gespült. Damit folgt Sensia Arena gleich mehreren Trends. Einerseits dem gewachsenen Bedürfnis nach Sauberkeit und Hygiene, andererseits der wachsenden Nachfrage nach smarter Technik, die durch ihre kluge Ausführung intuitiv bedienbar und damit nutzerfreundlich ist. Intelligente Alltagshelfer, verständliche Technik, hochqualitative Fertigung und formschönes Design – das sind die Anforderungen eines modernen Badentwurfs. Sie alle erfüllt Sensia Arena spielend. | wh
Das Dusch-WC Sensia Arena ist nicht nur hygienisch und pflegeleicht, sondern setzt auch optisch Akzente. Durch die elegante Linienführung fügt es sich optimal in jedes Badezimmer ein. Technikfreunde begeistert die Grohe Spalet App: die Wunscheinstellungen kann man individuell wählen und überall hin mitnehmen – zu jedem Sensia Arena weltweit. Bei Nacht weist das Licht den Weg.
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Sinn und Sinnlichkeit Beim Kochen können Konnektivität und Emotionen perfekt zusammenspielen. Das stellt sich im Gespräch mit dem Designer Simon Bradford heraus. In heutigen Zeiten müssen sich Hausgerätehersteller richtig anstrengen, um sich auf dem Markt mit ihren Produkten zu positionieren und die Gunst der Endverbraucher zu gewinnen. „Das Internet hat unsere Welt kleiner gemacht. Konsumenten tauschen sich über ihre Erfahrung mit Produkten aus, können Preise vergleichen und Bewertungen sehen. Es gibt die totale Transparenz“, sagt Simon Bradford, Vice President Electrolux für EMEA. Als Chefdesigner für den Bereich Hausgeräte ist er auch in technologische Entwicklungen involviert, die mehr denn je
die Wünsche und Vorstellungen der Verbraucher reflektieren. „Sie haben viel mehr Macht als früher. Wenn man an den Kundenbedürfnissen vorbei entwickelt, kommen sie nie wieder.“ Um diesen Verlust nicht zu riskieren, betreibt Electrolux als Konzern, der hierzulande seine Produkte unter der Marke AEG führt, aufwendige Studien. „Unsere Entwickler gehen in die Haushalte und untersu20
chen die Gewohnheiten der Menschen. Wir sind in Deutschland, Frankreich, Italien und Russland unterwegs und beschäftigen uns mit den unterschiedlichen Zubereitungsritualen.“ Ein Phänomen aber ist überall gleich: der Zeitfaktor und eine wachsende
Belastung durch den Arbeitsalltag. Spätestens an diesem Punkt kommt das Thema Konnektivität aufs Tableau. „Wir wissen, dass heute bereits 80 Prozent der Verbraucher ihre Rezepte online finden. Vernetzung wird unsere Industrie verändern“, prophezeit Bradford. Auch bei AEG/Electrolux ist dafür alles startbereit. Es gibt bereits einen vernetzten Backofen mit Kamera, der ein Bild vom Braten auf Ihr Tablet senden kann, während Sie mit Gästen auf dem Sofa lümmeln. Das schafft ein Stück Freiheit, die dem Selbstverständnis des Konzerns entspricht. „Es geht nicht darum Technologie als Selbstzweck zu entwickeln. Sie muss Sinn machen und die Konsumenten beim Kochen unterstützen, etwa um das bestmögliche Essen an einem Familienwochenende auf den Tisch zu bringen.“ Längst weiß man aus eigenen Studien, dass unter der Woche wegen des Zeitfaktors eher auf Convenience-Gerichte zurückgegriffen wird, während man in seiner
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Freizeit neue Rezepte ausprobiert und sich die Zeit nimmt. Das wird auch in zehn Jahren nicht anders sein, aber das Szenario ist anders, weiß der Entwickler: „Stellen Sie sich eine Person vor, die bei der Arbeit ist und es geht darum, ein leckeres Essen für Samstagabend zusammenzustellen. Es ist Freitag und Sie haben keine Idee, was Sie im Kühlschrank haben. Aber vielleicht können Sie über Ihr Smartphone sehen, was Sie im Kühlschrank haben und was Sie noch an Zutaten bestellen müssen. Sie senden diese Liste zum Supermarkt, und wenn Sie um 18:00 Uhr nach Hause kommen, ist bereits alles vor die Türe geliefert. Die App hat bereits Ihr Rezept an den Backofen geschickt und dieser weiß, was Sie kochen werden. Und die App meldet sich, dass Sie um 10:00 Uhr aufstehen sollten, um das alles zuzubereiten. Und
dann fängt man an zu kochen, und die Technik assistiert, ohne zu übernehmen.“ Zukünftig wird es darum gehen, die Geräte diesen unterschiedlichen Gepflogenheiten anzupassen. Für Bradford ist das die kommende Revolution in der Küche, die mit dem Wechsel vom Röhrenfernseher zum Flatscreen vergleichbar ist. „Konnektivität wird unseren Umgang mit Hausgeräten verändern.“ Die Küche an sich hat bereits einen grundlegenden Wandel von einem Arbeitsraum zum Wohnbereich und kommunikativen Zentrum durchlaufen. Nun folgt ihre Vernetzung. „Das bedeutet nicht zwingend Automatisierung und Digitalisierung. Konnektivität kann ganz vieles bedeuten, im besten Fall ist sie unsichtbar. Kochen bleibt etwas Emotionales. Die Menschen lieben es zu riechen, Dinge zu sehen und auszuprobieren.“ |sd
Trends wie Globalisierung und Nachhaltigkeit prägen die Entwicklung von Hausgeräten. Doch einen grundlegenden Wandel läutet das Thema Konnektivität ein: AEG/Electrolux präsentierte bereits 2015 den ersten vernetzten Dampfgarer mit Kamera (linke Seite). Technische Features wie die Temperaturfühler (diese Seite rechts und unten) sowie der „Blastchiller“ kommen aus dem Profibereich, in dem der schwedische Konzern gleichermaßen aufgestellt ist. Oben ein Kochfeld, das Temperatur, Zeit und Energie im Blick behält und eigenständig mit der passenden Dunstabzugshaube kommuniziert.
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Intelligente Wasseranwendungen scheinen eine Spezialität deutscher Hersteller zu sein. Zu den Innovationstreibern gehören Grohe, oben mit „F-Digital“, speziell Dornbracht, unten die „Comfort-Shower“, sowie Axor/Hansgrohe, links das interaktive Bedienelement „Axor One“.
Post-Digitalismus Was kommt nach dem Einzug von hochkarätiger Elektronik im Bad? Die Antwort kennt vor allem einer: Andreas Dornbracht: „Man kann drei Themen sehen. Zum einen die Nachhaltigkeit, also Wassereffizienz. Ich würde nicht von Wassersparen reden, sondern von Effizienz. Das gilt besonders für Warmwasser. Wir arbeiten ständig daran, das gleiche Ergebnis mit weniger Wassereinsatz zu erreichen. Wenn ich den Wasserdurchlauf eines Duschkopfes auf die Hälfte reduziere, dann dauert das Duschen doppelt so lang, und ich verbauche genauso viel Wasser wie vorher. Ich muss mir also überlegen, wie ich den Wasserstrahl verändere. Das zweite Riesenthema ist Gesundheit. Wasser wird zum Teil über digitale Steuerung, über neue Arten des Wasseraustritts, 22
der Wasserverformung und Gestaltung als therapeuthisches Medium eingesetzt. Zum einen für die Gesundheitsprävention und gegebenfalls auch zur Linderung, ich möchte nicht sagen Heilung, aber zur Linderung von Schmerzen. Auch beim dritten Punkt wird die Digitalisierung helfen, das ist die Individualisierung von Produkten – nicht in ästhetischer Sicht, sondern auf den Konsumenten konzipiert. Zum Beispiel eine genau vorprogrammierte Benutzertemperatur, eine individuelle, vorprogrammierte Badewannenbefüllung. Oder mechanische Dinge, dass ich eine Wanne auf eine kindgerechte Größe verstellen kann.“
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Beste Aussichten für Cineasten Sprachsteuerung, hohe Konnektivität, SUHD, kabellose Vernetzung, Eleganz und Intelligenz, unsichtbare Lautsprecher – das sind nur einige Features, die das TV der Zukunft prägen. Zu den gelisteten Details kommt ein entscheidender Kaufanreiz beim Thema Fernsehen hinzu: das spektakuläre Aussehen vieler Geräte, zumindest dieser drei Musterbeispiele. Allen voran dem „S9W“ von Samsung, ein „SUHD“-TV mit 207 Zentimetern Bildschirmdiagonale in dem derzeit angesagten „Curved Design“ – es soll ein superräumliches TV-Erlebnis garantieren. „Es reißt den Betrachter förmlich mit. Der „S9W“ bietet ein 21:9 Bildformat (Kino-
Ganz ehrlich, wer will da noch ins Kino, wenn Sie zu Hause vor Geräten wie diesen sitzen und mit der Welt in Kontakt stehen? Von oben: Samsung-TV um 22.000 E, Panasonic (58 Zoll) und Loewe „One“, ab 990 E. 24
format) – optimal für Filmfans, da keine schwarzen Balken unten und oben sichtbar sind.“ Doch wer würde diese Streifen angesichts der super gelungenen Fußlösung überhaupt bemerken? Auch das Panasonic-Gerät (Foto Mitte) überzeugt mit einer guten Basis. „Das «Freestyle-Design» dieses Modells gibt jedem Wohnzimmer eine einzigartige stilvolle Note. Und dank der 4K-Protechnologie sieht jedes Bild garantiert so aus wie es sich der Regisseur vorgestellt hat“, heißt es bei Panasonic. Loewe kontert mit einem neuen Einstiegsmodell: „Zum ersten Mal gelang es bei One, in das rahmenlose Monitordesign ein äußerlich nicht sichtbares Lautsprechersystem zu integrieren.“ Bei allen drei Modellen erfolgt die Filmauswahl via Surfen aur der Couch. |sd
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Die neue Denon Design Serie. Seit mehr als 100 Jahren ist Denon für erstklassige Audioqualität bekannt. Jetzt erobert der typische Denon Sound die Häuser, Wohnungen, Lofts oder Büros von Design-Liebhabern – in kompakten Gehäusen, die ebenso so gut aussehen wie sie klingen. Die eindrucksvolle Design Serie macht Musik aus digitalen und analogen Quellen zum Rundum-Genuss. Wie z.B. der DRA-100, ein autarker Netzwerk Receiver mit eigenem Verstärkerblock. Auch der PMA-50 Class-D Verstärker sowie der CD-Player DCD-50 zeigen sich in Topform. Die Geräte bestechen mit ihren matten Aluminiumoberflächen, den silbernen Akzentuierungen und den glänzend schwarzen Fronten. Und natürlich mit Ihrem grandiosen Klang.
Der PMA-50, ein Wolf im Designer-Pelz.
Der DCD-50, die formschöne Ergänzung.
Der DRA-100, der stilsichere Netzwerk-Receiver.
Mit dem digitalen Stereo-Vollverstärker ist das drahtlose Musik-Streaming von Smartphones oder Tablets dank Bluetooth® ein Kinderspiel. Aber auch mit allen anderen digitalen und analogen Anschlüssen spielt der PMA-50 in der ersten Liga. Über den USB-B-Input können Sie Musikdateien vom Mac oder PC abspielen, und zwar hochauflösend. Denn wie es sich für ein Premiumprodukt der Marke Denon gehört, verfügt der Verstärker über das erstklassige Advanced AL32 Processing. Der PMA-50 leistet dabei satte 50 Watt pro Kanal und ist mit nahezu allen Lautsprechern kompatibel. Garantiert auch mit Ihren.
Als passendes Pendant zum PMA-50 ist auch der CD-Player gespickt mit exzellenten Features. Der leichtgängige Slot-in DiscMechanismus nimmt es nicht nur mit AudioCDs auf, auch MP3-, WMA-Dateien oder andere Daten werden erkannt. Der hochwertige D/A-Wandler mit 32 Bit und 192 kHz sorgt für einen weiten Dynamikbereich, extrem geringes Rauschen und eine verzerrungsarme Wiedergabe. Alles da also für ein rundum ungetrübtes Hörvergnügen. Mit der übersichtlichen Fernbedienung haben Sie dabei stets alles unter Kontrolle, sogar die Helligkeit des Displays. Und selbstverständlich auch jede Funktion am PMA-50.
Nie zuvor war Musikstreaming so schön wie mit dem DRA-100. Dieses Schmuckstück bringt mit Bluetooth®, AirPlay, Internet Radio, Network Audio Streaming und Spotify Connect alles mit, um im Handumdrehen zum Nabel Ihrer Musikwelt zu werden. Der kraftvolle Vollverstärker mit 70 Watt pro Kanal verwandelt jedes Signal dank seines AL32 Prozessors in grandiosen HiFi-Klang. Selbst anspruchsvollste Lautsprecher können mit dem DRA-100 ihr ganzes Spektrum ausspielen. Vor allem natürlich bei High-ResolutionTiteln. Der DRA-100 Netzwerk-Receiver ist Ihr Solitär für ein reines Klangerlebnis.
Wenn Sie sich für klares und elegantes Design gepaart mit Spitzenklang begeistern, dann sollten Sie sich die Denon Design Serie genau anhören. Und echtes HiFi für den Lifestyle von heute hautnah erleben.
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Beflügelnde Baukunst In diesem außergewöhnlichen Haus vereinen sich traditionelle asiatische Formen mit experimentellen Konstruktionen. FOTOS: SERGIO PIRRONE TEXT: BLANCA ESCODA AGUSTI / WH
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Im Neubaugebiet des Wohnviertels Gyeongseo-dong – also genau zwischen der südkoreanischen Hauptstadt Seoul und dem Incheon International Airport gelegen – befindet sich eines der faszinierendsten Häuser weltweit. Fluglärm wird den Hausherrn wohl nicht stören, ist er doch selbst von Beruf Pilot. Ausdrücklicher Wunsch an den Architekten war es, das Konzept des Fliegens und die traditionelle koreanische Bausprache im Haus deutlich zu machen. Beides vereint sich in den dynamisch anmutenden Rundungen des Baus.
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Grundrisse, Aufrisse und Animationen sind nicht nur für Bauherren unerlässliche Hilfsmittel, sondern helfen auch dem Betrachter komplexe Gebäude wie dieses zu verstehen. Entgegen der Animation oben wurde der Eingang zum Garten nicht eckig, sondern als spitze Form gebaut, nicht umgesetzt wurde ebenfalls die Teichanlage, der Aufriss unten zeigt die durchbrochenen Wände mit dem Autoparkplatz und dem Durchblick in den Garten. Optisch dominant ist durchgehend der fliegende Pavillon. Er schwingt sich auch ins rechte Bild hinein, welches die Treppe zeigt, die zum Berg als höchstem Teil des Gebäudes führt. Einmal kann man somit auf dem ganzen Haus seine Runde gehen, vom Erdgeschoss bis auf das Dach des zweiten Stocks.
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Nein, wer es lieber konventionell mag, sollte sie wohl besser nicht rufen, das Team rund um HyoMan Kim. Denn als IROJE KHM Architects bauen die Koreaner ganz schön schräge Sachen. Und „schräg“ ist hier wortwörtlich zu verstehen – Giebel, die sich in den Himmel schwingen, Dachgärten, die an Urwälder erinnern, und dann eine ganz traditionelle Begrünung: nur eben mit weißen Wänden aus Sichtbeton, die einen herrlichen Kontrast zum satten Grünton des Rasens ergeben. Ein Herzstück des Portfolios des Architekturbüros ist seit Januar 2016 das „Flying House“, das – wie sollte es anders sein –, einem Piloten und seiner Familie gehört. Das Haus liegt im Wohngebiet Gyeongseodong, genau zwischen Seoul und dem Incheon International Airport, dem wichtigsten Flughafen Südkoreas. „Er war noch ein junger Luftwaffenpilot, als wir mit der Planung des Hauses begannen“, erinnert sich HyoMan Kim, „nach seinem Ausstieg dort, begann er für die koreanische Luftfahrtgesellschaft „Asiana Airlines“ zu arbeiten.“ Nicht zuletzt deshalb ist dem Hauseigentümer die Nähe zum Flughafen wichtig. Nur 20 Kilometer entfernt, ist man bequem in einer halben Stunde mit dem Auto da. Der Pilot und seine Frau hatten schon lange die Arbeiten des Architekturbüros bewundert und waren überzeugt: wenn wir bauen, dann mit IROJE KHM Architects. Wer das fertige Gebäude heute betritt, steht dabei unmittelbar im gartenähnlichen Innenhof, der das wahre Zentrum des Hauses zu sein scheint. Und so modern alles wirkt, ist es komplett durchdrungen von den Denkweisen traditioneller koreanisch-asiatischer Wohnkultur. Das Haus sollte gleichermaßen die Identität des Bewohners und Koreas enthalten, das war die Idee des zukünftigen Hausherrn. Und so findet sich auch im Konzept, von welchem die Architekten ausgingen, permanent der Gedanke des „Fliegens“ – einerseits natürlich als Verbildli30
chung des Berufs des Piloten, andererseits als schwunghaftes Standardelement asiatischer Dachbauten. Bereits der Innenhof, oder „Madang“ wie er auf koreanisch heißt, ist ein unerlässliches Element typischer Häuser der traditionellen Architektur der Gegend. Im Garten erwartet einen ebenso wie im Wohnzimmer ein „Ondol“, eine Kissengruppe, welche das traditionell-koreanische Auf-dem-Boden-sitzen ermöglicht. Im Wohnzimmer liegt die Sitzgruppe zudem noch in einer Betonvertiefung, was dem Raum Struktur gibt und einen unvermittelten und direkten Ausblick in das grüne Wohnzimmer garantiert. Im Garten finden sich „Rumaru“ – schwebend – und „Jungja“, Pavillons, welche das gemütliche Zusammenkommen ermöglichen sollen. Den massigen Eindruck des Hauses intensiviert ein Berg, auf welchen die Bewohner steigen können um den Alltag hinter sich zu lassen. Besonders am Pavillon erkennt man die schwerelosen Giebel wieder, wie man sie von alten Tempeln kennt, doch wird man vom fließenden und schwebenden Charakter des Hauses im Unklaren darüber gelassen, welcher Raum wo liegt, die Treppe im Garten lässt mit ihrem Knicks die Strecke länger erscheinen als sie ist. Und tatsächlich verschwimmt alles nicht nur architektonisch. Wer einmal das Konzept des „Fliegens“ verinnerlicht hat, kann bei schräger Betrachtung des Pavillons einen Tower oder sogar ein Flugzeugcockpit erkennen. Wer von innen herausschaut muss sich wie ein Pilot fühlen, denn noch eher als in den Garten blickt man in die Ferne – die dank des Neubaugebietes zumindest in manche Richtungen noch von Hochhäusern verschont blieb. HyoMan Kim ist ein Experte wenn es darum geht außerhalb der Reihe zu bauen. Nicht jeder mag sie, die schwungvollen, weißen und eckigen Bauten, welche der Gründer von IROJE KHM Architects entwirft, doch zahlreiche Bauherren schätzen sie.
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Der „Rumaru“-Pavillon ist ein klassisches Element koreanischer Baukunst, in seiner schwebenden Form greift er noch einmal die Luftfahrt auf – aus dem richtigen Blickwinkel betrachtet, muss man fast an das Cockpit eines Flugzeuges denken. Direkt darunter lädt der „Jungja“-Pavillon zu gemütlichem Verweilen ein. Wer genug Pause hatte, kann den Berg besteigen.
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Deutlich geprägt ist das Haus von den Kontrasten aus großzügiger Raumgebung und platzsparenden Ideen. Die in den Boden eingelassene Sitzgruppe oben steht im direkten Bezug
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zu einer ebenfalls großzügig bemessenen Treppe, welche man durch ein Fenster des ersten Stocks sehen kann, ganz oben. Die Küchenzeile darunter ist mit dem Esstisch verbunden, gegenüber der Betonwand eröffnen große Fenster den Blick in den Garten. Wenn Raum gespart werden muss, kann eine Treppe auch mal etwas steil ausfallen, gegenüberliegende Seite, darunter findet ein Büro seinen Platz.
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Kim baut Galerien ebenso wie Privathäuser und Kaufhäuser, doch alle sind unverwechselbar durch seinen Stil. Die Häuser sollen sich in die Umgebung einfügen lautet das Motto, so wie bei unserem Beispiel die gebirgsähnliche Struktur das Element der nahen Hügel aufgreift, dennoch ist das Haus ein absoluter Blickfang. Nicht nur das strahlende Weiß des Neubaus blitzt aus der sonst unbebauten Erde hervor, viel eher ist es die Silhouette, die das Gebäude einzigartig macht. Zudem sieht das Ganze von oben wie eine einzige Grünfläche aus. Das ziemlich verschlossen wirkende Haus – der Eingang wirkt wie ein rausgebrochenes Dreieck – zeigt sich aber auch als klug, was die Raumnutzung betrifft. Eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass durch den Innenhof Fläche für weitere Zimmer verloren geht. HyoMan Kim hat sie gemeistert. Die Garage zeigt, dass man durch ein nach oben Verlegen der Wohnfläche unten Platz für Zimmer hat, die dank gigantischer Fenster kaum natürlichen Lichts bedürfen. Im Erdgeschoss, welches vor allem als Treffpunkt für die Familie vorgesehen ist, befindet sich die in den Boden eingelassene Sitzgruppe. Eine breite Treppe, die dank ihrer Sitzgelegenheiten an eine Open-Air-Arena denken lässt, bietet Platz für Bücher und verbindet das Wohnzimmer mit dem ersten Stock. Hier sind Schlafzimmer und Bäder. Von dort führen wiederum Treppen hoch auf den Höhepunkt der Freiflächen. Für eine vierköpfige Familie eignet sich das Gebäude bestens, es gibt neben den Kinderzimmern noch ein Schlafzimmer für das Ehepaar und ein Gästezimmer im unteren Pavillon, der im Sommer meistens als Aufenthaltsraum dient. Was die Wiederentdeckung der alten Stilformen betrifft, liegt der Architekt interessanterweise voll im Trend, denn erst in letzter Zeit begann man „Hanok“, wie der klassische koreanische Baustil heißt, wiederaufleben zu lassen. Dass Seoul einer der relevantesten Ballungsräume des ganzen asiatischen Raumes ist, brachte leider auch mit sich, dass immer mehr Bürger in die Hauptstadt strömten. Weite Teile der klassischen Wohnviertel wurden dabei abgerissen und durch dem Plattenbau nicht unähnliche Hochhausansammlungen ersetzt. Denkmalschutz spielte nicht nur keine Rolle, sondern wurde auch bewusst in den Hintergrund gespielt, um die Investitionen des gigantischen Baubooms fortsetzen zu können. Was für die Baufirmen, die Bauherren und ihre zukünftigen Mieter ein Segen war, bedeutete einen Rundumschlag, in dem aus traditionellen und klassischen Stadtvierteln anonyme Hochhauszentren wurden. Erst um die Jahrtausendwende herum besann man sich auf das kulturelle Erbe und begann die restlichen Stadtviertel zu sanieren – ein Anlass für viele Architekten, sich mit alten Baustilen zu beschäftigen. Und so erlebt der alte Hanokstil ein modernes Revival, sei es im vermehrten Sanieren der Gebäude oder bei einer Neuinterpretation an aktuellen Bauprojekten – und natürlich auch in der höhreren Wertschätzung der eigenen Bauidentität. Denn vieles, was sich in der koreanischen Alltagskultur ganz selbstverständlich wiederfindet, resultiert aus dem Hanok. So gründet der Sitzstil des Ondol in den oftmals kalten Wintern der Gegend: Die meisten Häuser verfügten früher über einen röhrenartigen Hohlraum unterhalb des Bodens, durch welchen der Rauch eines Feuers geleitet werden konnte, eine frühe Form der Fußbodenheizung. Um der Heizquelle näher zu sein, aß, schlief und saß man bevorzugt auf dem Boden. Mit Ondol wurde aus dem Begriff für Fußbodenheizung ein ganzer Lebensstil. 34
Im Gegensatz zu klassischer Architektur bedeckt aber im Falle des „Flying House“ mit Confloor ein grau glänzender Kunststoffbelag den Boden, die Wände bestehen aus grauem Sichtbeton, wenn sie nicht von farbigen Platten bedeckt sind. Von außen erhält das Haus sein strahlendes Weiß durch einen Putz der Firma Dry-vit, auch hier an der Außenwand partiell aufgelockert durch Aluminiumbögen. Getragen wird die Gesamtkonstruktion aus präzise gefertigen Betonwänden. Innen wie außen wurde darauf geachtet, das einzigartige Design nicht durch weitere Accessoires oder Objekte zu verfälschen. Innen lockern einige farbige Elemente wie die bunten Sitzkissen im Ondol die Substanz auf, damit der Grauton der Wände nicht allzu kalt wirkt. Ein roter Waschtisch im Bad oder die bunten Stühle am Esstisch, der nahtlos an die Kochinsel angebaut ist, haben den gleichen Zweck. Dass die entscheidenden Möbel bereits eingebaut sind ergibt sich bei einem so maßgeschneiderten Haus von selbst. Um Platz für das Wohnzimmer und die breite Treppe zu finden, wird auch der Stauraum unter einer extrem steilen Treppe genutzt: genügend Fläche für einen Schreibtisch, ein Bücherregal und einen Bereich für Büromaterial. Um die Fläche im ersten Stock zu minimieren ist dort nur der Lernbereich für die Kinder; die drei Schlafzimmer – zwei für die Kinder, das andere für die Eltern – sind ins Dachgeschoss ausgelagert. Zudem hat jedes Schlafzimmer einen individuellen Ausgang zum Dachgarten, sodass nächtlichen Wanderungen nichts im Wege steht. Überhaupt fällt auf, dass hier jedes kleinste Detail genauestens geplant wurde. Bei einem Dachgarten muss sorgsam darauf geachtet werden, dass kein Wasser in die Wohnräume dringt, auch das Gewicht der whirlpoolartigen Badewanne muss mit einkalkuliert werden, zusätzliches Planungsgeschick verlangt der aus einem kleinen Beet wachsende Baum im Badezimmer. Dass die Natur die Basis allen Lebens darstellt, darin waren sich der Bauherr und der Architekt einig: eine Reduktion auf das Minimum an Einrichtung, um die Architektur und den Garten voll zur Geltung kommen zu lassen. So steht der Garten nicht nur geometrisch betrachtet im Mittelpunkt, sondern auch von seiner Bedeutung her. Und nicht die Baumaterialien in erster Linie, sondern vor allem der Stellenwert, welcher dem Innenleben des Hauses zukommt, zeigt inwiefern sich der Architekt am alten Hanok orientiert hat. Wer traditionelle koreanische Häuser sieht, dem wird auffallen, dass sie nach außen hin einen geschlossenen Charakter haben, genau wie unser Haus hier. Licht kommt vor allem durch den Innenhof herein, das Haus wird damit praktisch von innen erleuchtet und der Garten wird zu einem privaten Raum. Um den Innenhof herum gruppiert liegen die Zimmer. Diese sind bei traditionellen Häusern oft nur durch dünne transportable Papierwände unterteilt, was Flexibilät erlaubt und Raum für Gäste schafft. Auch im Haus des Piloten fällt auf, dass viel Wert auf Raum für Gemeinschaft gelegt wurde. Die Sitzgelegenheiten im Wohnzimmer und im Garten sind auf Besuch vorbereitet, das Gästezimmer mit Blick in den Garten gibt dem Gast das Gefühl, ein echter Hausbewohner zu sein. Wer denkt schon, dass alte Bautheorien so modern aussehen. Ein Konzept, welches die Elemente des Fliegens, der traditionellen klassischen Architektur und eines naturnahen Lebensstils harmonisch in sich vereint. Kein alltägliches Projekt, doch inspirierend und spannend – und auf jeden Fall ein Trendsetter.
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Während das Haus tagsüber aus der Vogelperspektive betrachtet vor allem grün wirkt, erstrahlt es nachts in spektakulärem Glanze. Im Gegensatz zu konventionellen Häusern kommt hier das Licht nicht durch die Außenwände, sondern durch den Innenhof in die Räumlichkeiten. Das Haus wird dadurch von seinem Zentrum her erleuchtet, was den traditionellen Innenhof aufwertet.
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XXXXXXXXX ! DISKREPANZEN
Polarisierung schafft Kontraste Es wird alles, außer langweilig: Mehr Reiche und Arme. Mehr Alte als Junge. Mehr Multikulti als Einheitstristesse. Gegensätze prägen unsere Gesellschaft von morgen und die kommende Produktwelt. Diversifizierung steht im Raum, mehr Waren. Und mehr denn je werden Sie als Konsument von allen Seiten verführt. Es wird also spannender.
Ganz schön cool ist die Entwurfsskizze von Tobia Scarpa (oben im Bild sein Signet) für diesen Kochtopf. Sein Innenraum ist aus Feinsilber. Wie er aussieht, sehen Sie auf Seite 39.
Überraschungseffekte. Daniel Libeskind schlägt Brücken mit seiner Architektur. Neues aus Altem in der Türkei. Was heißt hier Luxus aus und in Deutschland? W!D 4/2016
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Yin und Yang sind die gegensätzlichen Kräfte, die laut chinesischer Philosophie das Leben bestimmen. Nur im Zusammenspiel kommt das Ganze zur Geltung. Wie anziehend. TRADITION UND FORTSCHRITT bilden in diesem Raum eine Einheit. Aber nicht wegen der Schrankwand in der Farbe eines der Ferraris, sondern weil ihr Inhalt die Leidenschaft ihres Besitzers widerspiegelt: Sammeln. Egal ob Bücher, Modelleisenbahnen, alte Blechdosen und Porzellan. Collectables aller Art finden ein adäquates Zuhause in den Maßanfertigungen von Grange aus Frankreich. Mit ihnen lassen sich Räume individuell
gestalten, dafür stehen mehr als 80 Farben, verschiedene Looks und sehr besondere Dessins zur Auswahl. So werden „Platzangebot und Gestaltungsangebot schnell in Einklang gebracht“, stellt die Manufaktur in Aussicht. „Grange verewigt Tradition und Stil des französischen Kunsttischlerhandwerks mit Möbeln, die jahrhundertealtes Können und seltene Oberflächenbehandlungen bewahren.“ Da staunen selbst Italiener ... |sd
MASKULIN UND FEMININ präsentierte sich Bette als Spezialist für Badobjekte zur Mailänder Möbelmesse und begeisterte das Publikum mit zwei gegensätzlichen Konzepten. Für die Happy Hour im Leben gab es „BetteLux“ mit einem perfekt abgestimmten Cocktail an Accessoires ganz in Black. Das Bonbon war jedoch eine Stahl/Email-Badewanne mit textilem Outfit, das Tesseraux + Partner dem Objekt auf den Leib geschneidert hatten. Die Idee des Designers Dominik Tesseraux aus Potsdam war ein echter Publikumsmagnet, denn der textile Mantel schafft Wohnlichkeit im Bad. Alles leicht zu reinigen, denn der Bezug stammt von Outdoormöbeln. Es gab ihn auch in einem Oliv. „Wichtig bei der Entwicklung war es, alle Denkverbote über Bord zu werfen und den Wannenplatz neu zu definieren“, erklärt Thilo C. Pahl, geschäftsführender Gesellschafter von Bette. Und ob sie nun Schwarz und er Rosé nimmt, wird sich zeigen. 38
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LUXUS UND ESSENZIELLES könnte man mutmaßen, wenn man Korpussilber, Schmuck und Kochtöpfe gegenüberstellt. Alle drei kommen hier jedoch aus der Edelschmiede San Lorenzo, die seit 1970 Silberwaren produziert und seit 1992 in 999er-, also nahezu reinem Silber – das ist einzigartig. „Ein Produkt hat nur Wert und Würde, wenn es den Zeitgeist verkörpert“, findet der Inhaber Ciro Cacchione. 1999 lancierte er ein Kochgeschirr mit Feinsilberauflage, das Stardesigner Tobia Scarpa (oben rechts) in Form brachte. „Mit Silber zu kochen ist gesund, weil es antibakteriell ist und gegen Pilze und Viren wirkt.“ Und mal ehrlich: die Serie „Pan999“ ist der Hammer.
MIKRO- UND MAKRO-Kosmos prallten mit den beiden Mailänder Off-Veranstaltungen von Ingo Maurer aufeinander. Die Lichtgestalt illuminierte eines der außergewöhnlichsten Hochhäuser der Stadt, den Torre Velasca (rechts), als Beitrag zur Programmreihe „Open Borders“. Sein Objekt „Mickey‘s Manifesto“ (oben) erleuchtete ein Kircheninterieur. Die Mäuse entstanden für eine Walt-Disney-Ausstellungen und werden wohl versteigert. W!D 4/2016
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SCHICK UND SCHOCK liegen manchmal ganz nahe beieinander. Oder in diesem Fall: Manchmal liegt man direkt neben diesen Antipoden (unten). Schwarz und Weiß oder schaurig schöne Mosaik-Gefährten, die das belgische Designer-Duo Studio Job für das italienische Mosaik-Imperium Bisazza gestaltete. Neun Jahre nach der ersten Kooperation bringen Job Smeets und Nynke Tynagel Journalisten und hoffentlich auch Konsumenten zum Schmunzeln. „Jedes Bild lässt sich aus bis zu vierzig oder fünfzig Einzelmotiven zusammensetzen. Sie tanzen und schlängeln sich umeinander, um Aufmerksamkeit zu erregen“, erklären die beiden. Hersteller Bisazza hat damit ein Höchstmaß an Beachtung erreicht. Für zarter besaitete Glasmosaikliebhaber gibt es alternative Motive wie eine Industrielandschaft oder ein Verkehrschaos-Szenario. Unser Favorit ist der Totentanz. „Es geht um eine höchste Qualität. Die Skelette sind brutal und gleichzeitig unschuldig – und sie stehen für unsere Gesellschaft: Extravaganz einer-, Gewalt andererseits.“
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ALT UND DOCH NEU ist der „Kubus“ von Josef Hoffmann, der aus dem Jahr 1910 stammt. Die geometrische Linienführung des Sessels und sein Leitmotiv „Quadrat“ sind eine Referenz an den Jugendstil der Wiener Sezession. Und doch kündigt sich in Hoffmanns Gestaltung auch eine neue Ära an: die Wiege des Designs. So steht die Möbelikone in vielen Museen, selten im Original hinter Glas, oft jedoch in den Publikumsräumen zum Verweilen vor den Exponaten – genauso wie in mancher Zigarren-Lounge für Genussmomente in exklusiven Clubs. Zur Mailänder Möbelmesse hatten die Wittmann Möbelwerkstätten den Sessel in handschuhweichem Leder in elegantem Cognacton dabei (Foto oben). Kaum ein Besucher konnte sich der Magie der Oberflächenhaptik entziehen, und fast jeder landete intuitiv auf der samtigen Kuhhaut. Der AhaEffekt stellte sich umgehend ein: Die Manufaktur aus dem österreichischen Etsdorf pflegt vollendetes Handwerk. Und: Der Sessel wird noch nach weiteren hundert Jahren ein echter Hingucker sein – die neue Erkenntnis. |sd
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Der Stararchitekt und Weltbürger Seine Entwürfe polarisieren und Daniel Libeskind musste viele Hürden überwinden, um an den Punkt zu gelangen, an dem er jetzt steht. Doch genau das hat ihn stark gemacht.
Er gehört zu den bedeutendsten Architekten der Gegenwart. In Deutschland ist Daniel Libeskind (*1946) vor allem durch den Bau des jüdischen Museums in Berlin bekannt geworden, bevor er 2003 als Masterplaner zum Wiederaufbau von Ground Zero nach New York berufen wurde. Doch auch im Produktdesign kann Libeskind inzwischen auf zahlreiche Kooperationen zurückblicken und seine neuste Kreation für Alessi stellte er auf der Möbelmesse in Mailand vor. Dort trafen wir den Stararchitekten zum Gespräch: Sie haben lange Jahre in Berlin gearbeitet und gelebt. Wie ist Ihre Beziehung zu Deutschland? Daniel Libeskind: Ich mag Deutschland sehr gerne. Noch immer habe ich häufig in Berlin, Frankfurt oder Hamburg zu tun. Ich 42
mag die deutschen Städte im Allgemeinen, denn Deutschland ist in vielerlei Hinsicht ein hochmodernes Land. Das ist sicher auch auf die Tragödie des 20. Jahrhunderts und dem damit verbundenen Zusammenbruch zurückzuführen. Dieses Land musste sich nach dem zweiten Weltkrieg komplett neu definieren. Und wie steht es um die deutschen Gebäude? Daniel Libeskind: Deutschland gehört zur Spitze, was Technologie betrifft, und auch was Design angeht stehen sie meiner Meinung nach gut da. Ich habe sehr zukunftsweisende Erfahrungen gemacht, wenn ich an das Apartmenthaus in Berlin denke (Sapphire, Bild nächste Seite); es ist wirklich ein feines Land. Sie stellen in diesem Jahr Ihre erste Zusammenarbeit mit Alessi vor, die Wanduhr „Time Maze“ …
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Daniel Libeskind wurde 1946 in Lodz, Polen, geboren. Die jüdische Familie wanderte nach einem kurzen Israel-Aufenthalt 1959 schließlich in die USA aus. Zunächst begann Libeskind eine musikalische Ausbildung und entschied sich dann für ein Architekturstudium an der New Yor© STEFAN RUIZ ker Universität Cooper Union, das er 1970 abschloss. Erst Jahre später stellte sich sein weltweiter Erfolg mit Bauten wie dem Denver Art Museum (Innenansicht des Hamilton Buildings oben rechts) ein. Das Haus 18.36.54 (18 Ebenen, 36 Ecken, 54 Linien) wurde 2010 fertiggestellt und steht in Connecticut, USA. Weitere Informationen: www.libeskind.com
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Bei der Expo 2015 in Mailand wurde Daniel Libeskind von Vanke China mit dem Bau des Pavillons beauftragt. Unter dem Motto „Feeding the Planet, Energy for Life“ entstand der rote, drachenförmige Bau mit einer Höhe von 12 Metern. Im Innern wurde ein authentischer Speisesaal realisiert. Unten links: Das Neubauprojekt „Sapphire“ entsteht zur Zeit in Berlin-Mitte und zwar genau in der Chauseestraße, Ecke Schwartzkopfstraße. Dabei handelt es sich um futuristische Eigentumswohnungen in bester Lage. Bereits letzten Herbst wurde das Richtfest mit vielen prominenten Besuchern wie etwa Otto Schily gefeiert. Foto rechts: 2006 entstand beim Denver Kunstmuseum das „Hamilton Building“ mit prägnanter Spitze. Libeskind hat inzwischen Erfahrung auf diesem Gebiet und bereits zahlreiche Museen rund um den Globus gebaut. 44
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Daniel Libeskind: Ja, aber wahrscheinlich nicht die letzte. Ich bin großer Fan dieser Objekte. Und so habe ich die Chance ergriffen, diese Wanduhr für sie zu kreieren und es war wirklich eine fantastische Zusammenarbeit. Alessi gehört zu den besten italienischen Firmen für Design, das sieht man zum einen an ihrer Geschichte und zum anderen daran, wie viele große Leute, Designer und Architekten schon für sie gearbeitet haben. Die Idee hinter der Uhr ist, dass Zeit einfach nicht rund ist und auch nicht linear. Sie ist eher wie ein Irrgarten, ein Gewirr, was „Maze“ auch übersetzt bedeutet. Klar haben wir meist irgendwo ein Display und können sagen, wie spät es ist; doch Zeit ist doch viel mehr: Reflexion, ja fast schon Meditation, und ich habe es noch nie gemocht auf runde Uhren zu schauen. So wollte ich etwas anderes erschaffen und außerdem ist sie rot, was „Stopp“ bedeutet: Halte für einen kurzen Moment inne und werde dir über deine Zeit bewusst. So viel Zeit haben wir nicht, wir sind keine Götter, diese Uhr ist eher die Geschichte über die Zeit. 46
Gab es in Ihrem Leben einen besonderen Moment, an dem Sie entschieden, dass Sie ihren Fokus auf Architektur setzen werden? Auch Musik spielte ja von jeher eine wichtige Rolle. Daniel Libeskind: Ich bezeichne mich weder als Designer, Architekt oder Musiker; für mich gehört alles zusammen. Auch Musik kann Architektur sein und auch eine Uhr ist Architektur, ein Stadtplan ist Architektur; die Kategorie existiert gar nicht. Also macht der Mensch diese Einschränkungen selbst? Daniel Libeskind: Wahrscheinlich schon. Mein persönlicher Ansatz ist eher der eines Suchenden; ich habe in vielen Ländern gelebt, weiß wie es ist ein Immigrant zu sein. Ich will nicht der Sklave von Zeit sein sondern viel mehr die Freiheit haben meine Zeit selbst zu bestimmen. Was ist denn Ihre Faszination hinter Ihren Arbeiten? Was wollen Sie mit ihren Projekten bewirken? Daniel Libeskind: Freude bringen und darüber reflektieren, was denn die Stärken dieser Erde wirklich sind. Ich meine, die Welt ist so viel unglaublicher als wir wissen. Wir gehen zwar mit offenen Augen durchs Leben, doch trotzdem entgeht uns so vieles und zwar oft genau das, was sich direkt vor unserer Nase abspielt.
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Wie wichtig ist Familie für Sie? Daniel Libeskind: Sehr wichtig, ganz besonders deshalb, weil ich selbst ohne Familie großgeworden bin. Keine Onkels, keine Tanten … meine Eltern waren die einzigen Holocaust-Überlebenden der Familie. Daher ist der Begriff Familie für mich äußerst wertvoll geprägt und extrem wichtig. Was bedeutet demnach der Begriff Heimat für Sie? Der Ort an dem Sie wohnen? Daniel Libeskind: Eine wirkliche Heimat habe ich eigentlich nicht. Zurzeit wohne ich in New York, aber ich wohne auch in Mailand oder in Berlin, denn meine Kinder sind auf drei Länder verteilt. Auch in Israel oder Polen habe ich schon gelebt … Das ist für mich alles sehr variabel. Es ist albern zu denken, dass ein Punkt auf der Landkarte als Zuhause bezeichnet werden kann. Zuhause ist wo Liebe ist; wo Kommunikation stattfindet, wo etwas „Echtes“ ist, und keine Täuschung. Das lässt sich meiner Meinung nach nicht an Materiellem sondern eher am Spirit festmachen. Was verbirgt sich für Sie hinter aktuellen Trends? Und wer macht sie? Daniel Libeskind: Den Ausdruck Trend würde ich gar nicht unbedingt nutzen, das ist zwar vielleicht etwas für Design oder einfach ein populäres Wort. Ich würde es mehr als Tendenzen bezeichnen, Tendenzen in unserer Welt voll von Technologien. Um uns herum verändert sich sehr vieles ganz schnell. Und meine ganz eigene Tendenz ist der Versuch das Leben mehr zu genießen. So viele Menschen genießen ihr Leben nicht, weil sie zu viele Diskrepanzen erleben, es gibt so viele Probleme auf der Welt – aber wir müssen darüber hinaus blicken und schauen, was die Welt verbindet und einfach leben, sich dem Unglaublichen bewusst werden, was wir Leben nennen. Und nicht alles, was am Leben ist, lebt auch wirklich, genauso wie nicht alles, was tot ist, wirklich tot ist. Auch wenn das Leben hart ist, so war es doch noch nie einfach. Wir sind 18 Mal umgezogen, ohne Jobs oder Geld von Zuhause oder einem Bankkonto … Aber man stellt fest, dass die Welt immer wieder im Wandel ist und es gibt eine Menge Dinge, die es zu entdecken gilt. Wie wichtig war das Studium für Sie? Haben Sie dort das gelernt, was Sie nun brauchen? Daniel Libeskind: Das Studium war sehr wichtig für mich. Ich war so glücklich, die Möglichkeiten zu haben zur Schule gehen zu können und zu lernen. Der Kontakt zu bekannten Architekten wie etwa Richard Meier, hat mich in meinem fünfjährigen Studium stark geprägt. Es ist sehr wichtig, gute Lehrer oder sogar einen Mentor zu haben oder auch von anderen Studenten zu lernen. Das merke ich auch immer wieder in meiner Arbeit als Professor, es ist wirklich raffiniert, was ich alles von meinen Schülern lernen kann. Das macht mich sehr glücklich. Was ich nicht mag, sind Experten. Sie werden oft überschätzt, das sind Menschen, die denken sie wüssten schon alles. Wenn du ein Experte bist, hörst du auf zu denken. Wir haben genug Experten in
dieser Welt; Marketing-Experten; Design-Experten; wissen Sie, ich glaube nicht an diese Experten. Ihr Weg ist es also immer weiter zu lernen? Daniel Libeskind: Ich versuche immer naiv zu bleiben. Wie bei der Uhr, wie soll eine Uhr aussehen? Du musst immer offen sein. Wobei können Sie wirklich entspannen? Ihre Arbeit macht Ihnen Freude … Müssen Sie sich überhaupt davon erholen? Daniel Libeskind: Gute Frage. Wenn ich arbeite, arbeite ich nicht. Wenn ich nicht arbeite, arbeite ich. Heißt, wenn es so aussieht als würde ich arbeiten, mache ich gar nichts und wenn es so aussieht als tue ich eigentlich gar nichts, bin ich richtig am Schuften. Das ist verrückt. Doch genauso fühlt es sich für mich an. Gab es in den letzten Jahren ein favorisiertes Projekt? Daniel Libeskind: Für mich hat jedes Projekt gleich viel Bedeutung. Ob Bauprojekt oder Produktdesign: alle machen mir Freude. Ich mag die Abwechslung. Das erste Haus war etwas Besonderes, zuvor hatte ich nur Großprojekte, Museen und größer und dann habe ich festgestellt wie nett es ist ein Haus zu konzipieren. Dinge sind nicht besser, nur weil sie teurer sind. Was ist Ihr Rat an Ihre Studenten? Daniel Libeskind: Schlechter Rat ist schlecht, aber guter Rat ist tödlich! Das Einzige, was ich ihnen auf den Weg geben kann sind persönliche Erfahrungen und Gedanken: Glaube nicht immer alles, was die Leute zu dir sagen oder was man in der Zeitung und im Internet liest, gehe Risiken ein, mache verrückte Dinge. Gehe deinen eigenen Weg. Das ist um einiges interessanter, aber auch deutlich schwieriger als der großen Masse zu folgen. Vielleicht versuche ich es mit diesem: Wenn das Glück zu dir kommt, biete ihm einen bequemen Stuhl an! | ed
In Mailand war Daniel Libeskind mit insgesamt sieben Neuvorstellungen auf dem Salone vertreten. (Linke Seite) Die Wanduhr „Time Maze“ entstand für Alessi, Couch und Sessel gehören zur Serie „Gemma“ für Moroso und auch der skulpturale Radiator „Android“ für Antrax (oben) ist in den letzten Monaten in seinem Studio entstanden. Formsprache und Architektur scheinen sich also bestens zu ergänzen. Infos Seite 140. W!D 4/2016
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Neues aus Altem Bei Istanbul'dan zeigen sechs Jungdesigner ihre Liebe zur traditionellen Handwerkskunst und setzen auf frische Ideen gepaart mit interkulturellem Einfluss. Der Startschuss für das Projekt fiel im letzten Frühjahr: Initiator Pierre Kracht aktivierte die Newcomer-Gruppe: Jonathan Radetz lernte er auf den „Passagen 2014“ kennen, Jonathan kannte Dorothee durch eine Zusammenarbeit bei e15, und so weiter. Bald darauf folgte eine zweiwöchige Reise nach Istanbul, genau gesagt in die historischen Handwerksviertel Sishane und Galata. „Sechs Designer, die sich untereinander teilweise gar nicht kannten, mit dem Ziel etwas entstehen zu lassen“, erzählt Jungmann. „Ein Projekt, das sich mit Istanbul und traditionellem Handwerk beschäftigt, selbst finanziert und selbst organisiert ... das klang nach viel Arbeit und jeder Menge Spaß.“ Mit gr0ßem Engagement setzt die Gruppe auf alte Handwerkstechniken, und die sind in der Metropole am Bosporus zahlreich zu finden. Jeder entwickelt seine eigenen Entwürfe, doch lassen sich alle gerne inspirieren und legen Wert auf Synergie. Und die ist bei einem solchen Projekt ergebnisreich. Verstreut auf ganz Deutschland erfolgt die Kommunikation über Skype und regelmäßige Treffen. Gerade kommen sie aus Berlin von der „State of Design“ zurück, und da wurden viele Ideen um die weitere Zusammenarbeit diskutiert; es wird weitergehen – wie genau das aussehen mag, zeigt die Zeit, doch erstmal wird die nächste Reise nach Istanbul geplant – vermutlich gegen Ende des Jahres. | ed 48
Laura Jungmann
Hoch die Flaschen: Laura Jungmann gewann mit „samesame“ in diesem Jahr den Red Dot Award in der Kategorie Produktdesign. Eine Kooperation zwischen ihr und Glasmacher Cornelius Réer, bei der standardisierte Flaschen in exklusive Einzelstücke verwandelt werden. Ihr Entwurf für Istanbul´dan sind die zylindrischen Gefäße „Kap“, hergestellt nach altem Verfahren des Metalldrückens. Pierre Kracht rief Istanbul´dan 2015 ins Leben, er selbst arbeitet als Designer und Künstler. Bei Serie „Wrapped II“ entstehen aus alten Möbeln neue Formsilhouetten ganz einfach, indem sie umwickelt werden.
Pierre Kracht
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Florian Saul
Jonathan Radetz
Michael Konstantin Wolke Dorothee Mainka
Hinter Istanbul´dan verbergen sich kreative Newcomer mit vielen eigenen Ideen, auch über die Grenzen der türkischen Metropole hinaus: Florian Saul entwickelte die Gardarobe „Pe“ aus einem Holzkonstrukt plus Gurt aus Rindsleder. Jonathan Radetz bringt gerne Ideen von Reisen mit nach Hause: oben zu sehen die Teppichserie „RealNepal“. Michael Konstantin Wolke entwarf den Beistelltisch „Yok“, mit einer Platte in Tablettoptik und Stahlfüßen. Dorothee Mainka designte Leuchte „Trumpet“ aus Lochmetall und einem Schirm aus Messing und Kupfer. W!D 4/2016
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Der Herr der Gärten Louis Benech gilt als der renommierteste Landschaftsgestalter unserer Zeit, nun entwarf er eine Möbelkollektion – wir haben ihn getroffen. Sonnenschein, Rosenduft und das ganze vor dem Hintergrund eines mondänen Schlosses – Royal Botania hatte eigentlich alles richtig gemacht, auf den „Journées des Plantes“ der Domaine de Chantilly die neue Kollektion zu präsentieren. Doch über Nacht hatte ein gewaltiges Unwetter das gesamte Gelände in ein einziges Schlammbad verwandelt. Und so treffen wir Louis Benech in Gummistiefeln, dunkelbrauner Stoffhose und einem lindgrünen Wildleder-Trachtenjanker. Benech ist Landschaftsarchitekt von Weltruf – und steht dennoch fest auf dem Boden. Von der Unruhe der PR-Leute, Photographen und Messebesucher lässt er sich nicht mitreißen, sondern nimmt gemütlich in den breiten Holzstühlen der von eigener Hand gezeichneten Serie Platz und sofort ist man mit ihm im Gespräch. „Mein erster Arbeitgeber hier war ein Glücksfall”, meint der sympathische Franzose, der nach seinem Jura-Studium erstmal zum Gärtnern nach Großbritannien ging, zurück in der Heimat arbeitete er für einen al50
ten Aristokraten. Der Besitzer des Landsitzes war nämlich mit seinem großen Garten alles andere als zufrieden. Und so ließ er Benech komplett eigenständig „machen“ – mit viel gestalterischem Freiraum. Den nutzt Benech so geschickt, dass immer mehr Freunde des Gartenbesitzers den jungen Benech auch in ihren Gärten „machen“ lassen wollen – das spricht sich herum. 1990 gestaltet er die Gärten der Tuilerien mit, darauf folgten Aufträge für den Elysée-Palast, den Quai d´Orsay, den Rosengarten des Pavlosk-Palastes nahe St. Petersburg, das Achilleion auf Korfu, ein Portfolio, welches weltweit einmalig sein dürfte. Parallel dazu werden Wünsche von Privatkunden realisiert und hin und wieder auch mal eine Ausstellung für namhafte Firmen wie Hermès. Und vielseitig wie er ist, gestaltet er eben auch eine Möbelkollektion für einen exklusiven Gartenmöbelproduzenten wie Royal Botania. Dass japanische Toriis – bekannt als wuchtige Eingangstore eines Schreins – die Entwürfe inspirierten, zeigt
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sich deutlich an den Motiven der Rückenlehnen. Der Name Nara erinnert an den Ort in Japan mit seinen jahrhundertealten Tempeln. „Die Idee für die Kollektion hatte ich schon lange“, erinnert sich Benech, „als erstes entstand die Bank als ich von einem Japanaufenthalt zurückkam“. Mit verschiedenen Einflüssen einen stimmigen Gesamteffekt zu erzeugen, das liegt Benech. So zeigen sich seine Gärten auch klar und geordnet, aber immer voller Effekte. Gewächse, welche sich farblich nur um Nuancen unterscheiden, so aber in einem harmonischen Kontrast gegenüberstehen, eingerahmt vom satten Grün, welches die Gärten Nordeuropas bestimmt. Benech ist Chevalier de la Légion d´Honneur und Chevalier des Arts et Lettres, überrascht nicht wirklich. Und dennoch: ebenso gut kann man ihn sich im Garten vorstellen, im Arbeitsanzug mit einem Spaten in der Hand. Und Benech
zeigt sich überraschend. Was sein Lieblingsgarten ist? Die Antwort kommt sofort, der Garten von Glenveagh Castle im Norden von Irland: „Stundenlang wandert man durch steinige Täler und Moore, kaum Bäume oder Pflanzen. Und dann auf einmal steht man mitten in einer Oase.“ Einer Oase, mit italienischen, französischen und japanischen Einflüssen. Benech ist Autodidakt, doch hat er ein intuitives Gespür für Gestaltung. „Gut ist ein Garten dann, wenn man nicht sieht, dass er verändert wurde“, meint Benech. Er schätzt eine zurückhaltende Gestaltung. Was die Zukunft bringt? „Vieles wird technisiert, doch gestalten können nur Menschen“, meint Benech. Und wenn es einer wissen muss, dann wohl er. |wh
Die Möbel der Serie „Nara“ aus der Black Label Collection von Royal Botania zeichnen sich vor allem durch ihr hochwertiges Design aus, zudem wird für die Kollektion nur Teakholz allerbester Qualität verarbeitet. Das Design unterstreicht die besondere Strenge dieses Holzes und verbindet auf anspruchsvolle Weise klassische Elemente mit kantigen Entwürfen. Ziel war es, eine Symbiose aus moderner Formsprache und traditionellen Mustern zu schaffen.
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Der deutsche Standpunkt Was hierzulande unter Premium läuft, wird im Ausland als Luxus betrachtet. Nobelmarken aus „good old democratic“ Germany? Luxusexpertin Petra-Anna Herhoffer kennt jede Menge. „Wir sind eine Vorzeigenation, wenn es um Luxuskonsum geht. Das finde ich das Allertollste“, sagt Petra-Anna Herhoffer und erklärt: „Wir haben einen souveränen Umgang mit den Produkten und fragen immer stärker nach, wo diese eigentlich herkommen und was sie uns geben. Auf Marketingbotschaften reagieren die meisten Deutschen inzwischen völlig resistent und abwehrend.“ Das ist nur einer von insgesamt fünfzehn Punkten ihres aktuellen Thesenpapiers zu Herausforderungen und Trends des Luxusmarkts, das den „LBD Luxury Business Day 2016“ im Juni begleitet. Mit Herhoffer als Frontfrau hat sich die jährliche Veranstaltung des Inlux Instituts seit 2011 als federführende Luxuskonferenz in Deutschland etabliert. „Ein Artikel im Lufthansa Business Magazin über die „L‘Ecole Internationale de Marketing du Luxe de Paris“ war 2007 der erste Impuls, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, erinnert sich die Unternehmerin. „Die Mutter aller Luxusschulen wurde Mitte der Neunziger von Cartier ins Leben gerufen und ich fand das sehr spannend und wollte das erste Studienprogramm für Luxus in Deutschland etablieren. Die Franzosen haben die Mode und Fine Jewellery, großartige Marken und ein ebensolches Selbstverständnis, und mein Ansatz war immer, dass wir so etwas wie die «German Attitude» finden müssen. Was ist eigentlich deutscher Luxus? Das war eigentlich meine große Frage, und wie kann man das in die Branche hineintragen?“ Dieses Konzept läuft inzwischen sehr erfolgreich. Um die 150 Teilnehmer, darunter Unternehmer, CEOs und Führungskräf52
te aus den Bereichen Marketing, Vertrieb und Digital kommen zum Austausch von marktrelevanten Themen in München zusammen. „So viele Luxusmarken aus Deutschland?“ – möchte man da sofort fragen und ist mitten in der Selbstverständnisdebatte. Natürlich, die deutschen Luxusfahrzeuge, über die der deutsche Luxusmarkt sicher definiert und angetrieben wird – Platz 1 und 2 auf dem aktuellen Thesenpapier. Aber dann? „Wir haben sehr genau geschaut, wer denn die Produzenten und Hersteller von Luxusgütern Made in Germany sind. Es gibt sehr viele Manufakturen. Die Manufakturszene ist riesengroß, ob das Porzellan, Besteck oder Messerschmieden sind. Wir haben einiges zu bieten, aber auch das ingenieursgetriebene Qualitätsprodukt“, so Herhoffer, die zusammen mit Ernst & Young ein Ranking der Top 50 deutschen Luxusunternehmen initiierte. Manche Firmen aus der Liste, würden sich selbst vielleicht gar nicht dort einordnen. In Deutschland wird nach wie vor ein eher verspannter Umgang mit dem Terminus gepflegt, der sich aus unserer Geschichte erklärt. Stichworte wie Bauhaus oder Ulmer Hochschule für Gestaltung erinnern daran, dass es bei Neuanfängen weniger um Luxus als um eine Demokratisierung von Design gehen sollte. Herhoffer möchte denn auch Luxus heute als Business-Strategie verstanden wissen: „Sie ist daran gekoppelt, dass man innerhalb der Wertschöpfung das Beste gibt. Ob bei der Auswahl der Materialien, oder der Art und Weise wie produziert wird. Idealerweise nachhaltig, aber wenn ich ein hochwertiges Produkt habe und nur seine Qualität betone
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und seine technische Raffinesse, tut sich bei mir als Verbraucher nichts.“ Luxus muss sexy sein und ein Erlebnis. „Luxusprodukte, die man an einem besonderen Ort erwirbt, gewinnen eine größere Bedeutung für das Individuum“, lautet eine weitere These des diesjährigen LBD-Papiers, das auch Themengebiete wie Immobilien, Reisebranche und die ominpräsente Digitalisierung behandelt: Letztere „prägt den Luxusmarkt in Form eines Konsumenten-Paradoxes. Einerseits wollen Luxuskonsumenten persönlich, auf ihre Bedürfnisse abgestimmt und auf Augenhöhe angesprochen werden. Andererseits ist die Berechenbarkeit durch die Möglichkeiten der Digitalisierung unerwünscht. Luxusmarken müssen mehr denn je die Wünsche von den Lippen ablesen, dürfen aber gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden nicht verspielen.“ Eine Gefahr, der weniger deutsche Marken als die Global Player der europäischen Luxusmode ausgesetzt sind. Einige Labels haben ihren Zenit längst überschritten und versuchen nun, Begehrlichkeiten auf asiatischen Märkten zu wecken. Anderen wie beispielsweise Prada prophezeit Herhoffer
weiterhin Erfolg. „Das ist ja nicht so eine «durchgemarketingte» Gelddruckmaschine. Bei ihr geht es immer wieder um das Neudenken von Mode.“ Und wie sieht es mit den deutschen Luxusbrands aus? „Wen ich wirklich toll finde, ist Tamara Comolli mit ihrem Schmuck. Und eine Entdeckung, die ich neulich gemacht habe, ist Freifrau, bei der ich mir dachte: toll, was für ein Schatz! Auch E15 hat viel Potenzial, die entwickeln sich wahnsinnig“, überlegt die Luxusfrau. Und sagt dann fast ganz nebenbei etwas sehr Entscheidendes: „Ich glaube, die Deutschen sollten sich wagen, nach den Sternen zu greifen. Das vermisse ich manchmal. Dieses Selbstverständnis, einfach groß aufzutreten.“ Und doch schlägt Herhoffers Herz heimlich für den Luxus-Underground, so möchte man mutmaßen. „Mykita, die Brillenmarke aus Berlin gefällt mir gut. Ein tolles Konzept, alles in Berlin gefertigt, alles lockere Typen. Vollbart. Sie lieben es, im Kiez zu wohnen und mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Das hat eine sehr menschliche Komponente. Trotzdem haben sie jetzt Investorengeld aufgenommen, um zu wachsen. Das finde ich ganz legitim. Sie wollen nach Südamerika expandieren, weil: «Die Menschen dort gerne Sonnenbrillen tragen». Das finde ich sehr bestechend in der Einfachheit“, so Herhoffer, die noch einige Beispiele nennt, die eines gemeinsam haben: „ ... ein deutsches Qualitätsmerkmal, nicht ins Massengeschäft zu drängen und die Marke nicht mit zu viel Marketing nach vorne zu treiben.“ Warum auch? Jeder Hype ist endlich. „Das ist jetzt ein sehr großes Wort, aber man darf es sich wünschen: einfach zu erkennen, dass wir mit der Art und Weise dieser zahlenversessenene Wirtschaften auch uns selbst entleeren und die Produktwelt entmenschlicht haben.“ |sd
Zu den Neuentdeckungen von Petra-Anna Herhoffer linke Seite gehört Freifrau. Der Stuhl ist das Ergebnis einer Kooperation des deutschen Labels mit der Textildesignerin Sandra Schollmeyer, die bekannt ist für ihre Wandteppiche. Herhoffer moderiert den jährlich in München stattfindenden „LBD Luxury Business Day“ und gibt den Luxury Business Report heraus, linke Seite. Zu ihren Lieblingen gehört das Berliner Brillenlabel Mykita, aus der Kollektion 2016 stammt das Modell „Mallory“, um 445 E. Kaufinfos Seite 140. W!D 4/2016
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KONTRASTE PROJEKT !
Luxus war und ist Kultursponsoring Den 100. Geburtstag der Marke Acqua di Parma begeht der LVMH-Konzern mit einer großen Party voller hochkarätiger Programmpunkte und mit einem extravaganten, limitierten Flakon. Am Ende der fast zweistündigen Pressekonferenz zum großen Jubiläum von Acqua di Parma ruft Gabriella Scarpa „Viva Italia“ aus und erntet dafür von der Menge tosenden Applaus. Ja, das können die Italiener – sich selbst inszenieren und ihre Erzeugnisse ins rechte Licht rücken. Zu Recht, denn italienische Handwerkskunst liegt bei kaufkräftigen Konsumenten ganz weit vorne. Dieser Meinung ist auch Scarpa, die Präsidentin der hundertjährigen Marke, die in puncto Luxus ganz „italienisch“ denkt: „Seit Menschengedenken ist Luxus mit Kunst und Kultur verbunden. Kunst ist Luxus. Alle Aristokraten haben sie gefördert: die Paläste, die Dekoration, die Gärten. Luxus entstand in Italien: die Art und Weise sich zu kleiden, die Sartoria. Italienische Schneiderkunst ist in der ganzen Welt berühmt. Besonders die italienischen Männer sind sehr elegant gekleidet, selbst am Wochenende – das gilt zumindest für die älteren. Die Millenials müssen erst noch angeleitet werden. Das ist die Aufgabe von Marken wie der unseren. Wir müssen die nachfolgenden Generationen lehren, 54
wie man Luxus interpretiert.“ Wie man ihn lebt, zeigt sich in diesen Tagen in Parma. In Kooperation mit der Stadt und LVMH entstand ein umfassendes Veranstaltungsprogramm, um Musik, Theater, Tanz und Architektur sowie die Kunstwerke der Stadt auf internationaler Ebene zu promoten und vorzustellen. Zu den Höhepunkten gehören Tanzveranstaltungen mit Italiens Premier danseur Roberto Bolle und eine exklusive Performance über Giuseppi Verdi mit dem Schauspieler Massimiliano Finazzer Flory und dem Operntenor Tiziano Barontini im berühmten Teatro Farnese. „Im Jahr des hundertjährigen Bestehens von Acqua di Parma sind wir stolz darauf, unser Jubiläum mit einem Großprojekt von hohem kulturellem Wert feiern zu können. Dies bedeutet gleichzeitig, Werte wie Schönheit, Kunst und Kultur, die die Marke schon immer kultiviert hat, zu feiern“, erklärt die Präsidentin. Bei Verdi schließt sich der Kreis zu Acqua di Parma, denn der Großvater des Gründers der Marke war Mitte des 19. Jahrhunderts unter dem Komponisten
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Zum 100. Geburtstag ihres „Colonia“ oben investiert die Marke Acqua di Parma groß in Kultur. Aus dem Jubiläums-Prachtband „Essere Parma“ stammen die Bildpaare links, mit denen der Fotograf Giovanni Gastel die Stadt ins Bild setzt. Hauptakteure der zahlreichen Events sind Gabriella Scarpa, Präsidentin des Brands, linke Seite und ein limitierter Flakon von „Colonia“, das 1916 von Baron Carlo Magnani unten initiiert wurde. Info Seite 140.
Maler, Regisseur und Bühnenbildner am Teatro Regio. Die gesellschaftliche Herkunft aus einer der ältesten Adelsfamilien und der kultivierte und feinsinnige Lebensstil prägten das Selbstverständnis seines Enkels, Baron Carlo Magnani, von Anfang an. Inspiriert von seinen Englandreisen, gab er 1916 bei einem erfahrenen Parfümeurmeister einen Duft in Auftrag, der für seine Zeit ungewöhnlich frisch und modern war. „Colonia“ von Acqua di Parma war das erste wirklich italienische Eau de Cologne, dessen Rezeptur bis heute unverändert blieb: Bergamotte, Zitrone und Blutorange entfalten sich über Lavendel, Bulgarischer Rose, Verbene, Muskatellersalbei und Rosmarin, untermalt von Zedern- und Sandelholz, Patschouli, Vetiver und Eichenmoos. „Magnani hat dieses Fluidum wie ein Accessoire für die elegante Kleidung betrachtet. Düfte waren damals ziemlich schwer und er war davon überzeugt, ein Accessoire zu kreieren – wie eine Uhr, eine Krawatte oder ein Schreibgerät. 1930 entwickelte er einen Flakon im Stil des Art déco, der bis heute formale Gültigkeit besitzt. Magnani hat in die Zukunft geblickt“, so Scarpa und ergänzt: „Das gilt auch für die Verpackung in Parma-Gelb, es findet sich in den Palästen des Adels wieder und ist wirklich
einzigartig.“ Parmas ausgefallenes Kolorit hat der Starfotograf Giovanni Gastel für die zweiteilige Publikation „Essere Parma“ in eindrucksvolle Bilder gebannt. Der luxuriöse Bildband wird von einem Roman von Antonella Boralevi begleitet. Beides erscheint zum hundertjährigen Bestehen des Dufthauses bei Mondatori Electa. Nur ausgesuchte Buchhandlungen werden es anbieten. Unbestrittener Mittelpunkt ist jedoch die „Colonia Edizione Centenario“, ein auf 100 Exemplare limitierter Flakon mit aufwendiger Silber-Montur im Stil der Zwanzigerjahre. „Hinter dem Thema Luxus steht immer ein Künstler, der sich ein besonderes Produkt ausdenkt. Und es gibt einen weiteren Künstler, den Kunsthandwerker, der die Ideen umsetzt. Er hat die Aufgabe, etwas qualitativ Perfektes abzuliefern. Aber er muss dazu fähig sein, deswegen unterstützen wir auch Kunstschulen. Dort entsteht unsere Kreativität von morgen. Vor allem heutzutage, wo es immer stärker um Nachhaltigkeit geht, sind diese Überlegungen entscheidend. Wir müssen die Erde retten! Umso wichtiger ist es, dass unsere Lieferanten die alten Arbeitstechniken beibehalten und so produzieren, wie sie es schon immer gemacht haben: von Hand und das in bester Qualität.“ Brava! Complimenti per il discorso. Es lebe Italien! |sd W!D 4/2016
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Das „101 Hotel“ liegt im historischen Viertel von Reykjavik. Eine coole Außenfassade beherbergt darin ein eigenes Restaurant – ausgestattet mit schwarzen Tulip-Stühlen von Eero Saarinen; sowie ästhetisch möblierte Zimmer und Suiten. Die Inneneinrichtung der Junior-Suite samt freistehender Badewanne schafft trotz überschaubarer Farbpalette Gemütlichkeit. Designliebhaber kommen hier auf ihre Kosten.
Kontrastreich Die Landschaft Islands wird bestimmt durch saftig grüne Wiesen und aschfarbene Flächen. Die Fassade des „101 Hotels“ in der Hauptstadt Reykjavik ist in kühlem Grau gehalten. Nahe dem Konzert- und Kongresszentrum „Harpa“ gelegen, ist die kleine Herberge mit 38 Zimmern in die Sparte der Boutique-Hotels einzuordnen. Inhaber und Designer Ingibjörg S. Pálmadóttir verwandelte das ehemalige Bürogebäude in eine überschaubare und luxuriöse Herberge für Touristen und Geschäftsleute. Und obwohl sich die Farbpalette auf Weiß, Grau und Schwarz reduziert, wirken die Räume keinesfalls unterkühlt, sondern gemütlich. Isländische Kunst hängt an den Wänden, klare Linien und stilvolle Designmöbel sprechen eine nordische und internationale Sprache. Mit seiner Lage im Herzen des historischen Viertels ist das Hotel bestens geeignet die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erlaufen. Keine zehn Gehminuten entfernt liegt das Wahrzeichen der Stadt: die Hallgrimskirche. Auch das Hafengelände befindet sich in unmittelbarer Nähe des „101“. Doch wer auf diese Insel kommt, will bestimmt auch die Natur erleben: Geysire sehen und in den warmen Quellen der blauen Lagune baden oder durch die Vulkanlandschaft der Insel fahren. Also raus 56
ins Hinterland und ab auf den Golden-Circle. Das Hotel bildet dafür eine komfortable Ausgangslage. Nach einem Tagesausflug in die Natur nimmt man abends entspannt im Restaurant auf zeitlosen Designer-Stühlen von Philippe Starck oder Eero Saarinen zum Abendessen Platz. Nach einem ereignisreichen Tag findet man in der Junior-Suite Erholung bei einem heißen Bad. Mit dem Mix aus glatten, schwarzen Oberflächen und weißem italienischem Leinen vereint das Interieur Extreme. So hat man die perfekte Ergänzung aus Natur, Abenteuer und Luxus. Mehr Informationen zur Unterkunft auf Seite 140.
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„Glamping“ ist, wenn Camping zum Luxus wird. Im Canvas Club lässt sich auf diese Weise die Wüste des Omans entdecken. Nobel nächtigt man in einem vollausgestatteten Deluxe-Zelt mit eigenem Wohnbereich auf einem Boxspringbett.
Der Traum von 1001 Nacht wird zur Realität. Eine erstklassige Reise durch den Oman. Am liebsten würden Sie gerne einmal in einem Zelt in der Wüste übernachten, doch auf Luxus einfach ungern verzichten? Dann ist Glamping die Antwort. Der Luxus-Reiseveranstalter Art of Travel bietet mit dem Canvas Club die Möglichkeit, ein 15 Quadratmeter großes Zelt, ausgestattet mit Kingsizebett und solar beheizter Regendusche, Waschbecken und Toilette zu
bewohnen. Mitten in den Wüsten Rhub Al Khali oder Wahiba Sands stellen Sie ihr Zelt an beliebiger Stelle auf. Ein Urlaubstag im Sand könnte wie folgt verlaufen: Tagsüber fährt man quer durch die Wüste oder reitet auf Beduinen-Kamelen in den Sonnenuntergang, bevor dann ein privater Koch das 3-Gang-Menü zubereitet. Serviert wird entweder bei Kerzenlicht unter freiem Himmel oder gemütlich im Zelt. Später lässt man am Lagerfeuer den Tag ausklingen. Auf Wunsch wird das Zelt für Familien auf 22 Quadratmeter erweitert und für bis zu vier Personen bewohnbar gemacht. Luxus pur, auch in der Wüste. | ed W!D 4/2016
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Was kochen wir denn morgen? Zu dieser Frage gibt es die Idee. Wir leiten sie an Friederike Harr und Horst Grabensberger vom Christian Brandstätter Verlag weiter. Die beiden Frontfiguren wissen, was zukünftig auf den Tisch kommt: beispielsweise Gerichte, die Ihr Leben verändern. Das wollten wir genauer wissen.
Ihr aktueller Titel „Life Changing Food“ ist Zeichen der Zeit. Früher hatte man eher allgemeine Themenkochbücher. Seit einiger Zeit gibt es eine starke Differenzierung. In welchem Kontext steht diese Publikation? Gesundheitstrip? Individualismus? Kirche? Dieses Buch ist definitiv eine Weiterentwicklung des Genres Ernährungsratgeber. Das Glücksversprechen heißt nicht „weniger Gewicht“ sondern „Ich fühle mich wohler“. Das LCF-Prinzip ist ein ganzheitliches Ernährungskonzept: Es geht um das Thema Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper und die Auswahl der richtigen Lebensmittel, die uns erstrahlen lassen, verjüngen, Energie schenken und uns vitaler, leistungsfähiger und aktiver machen. Einseitigen Diäten wird ganz klar eine Absage erteilt – Genuss und Geschmack und damit das eigene Wohlbefinden stehen im Mittelpunkt. Beim 21-Tage-Programm geht es um ein neues Körperbewusstsein und Selbstaktivierung – eingebettet in die Geschichte der Autorin Eva Fischer. Sie haben sehr viele vegetarische Kochbücher im Programm. Ist das ein Trend, dass Menschen hierzulande weniger Fleisch konsumieren möchten und wenn ja, warum? Der Trend geht eher in Richtung „Gut & Gesund“, wobei nicht nur der Verzicht auf Fleisch das Thema ist, sondern eine aus58
gewogene Gemüseküche mit sehr bewusstem Fleischkonsum kombiniert wird. Die komplette Verwertung möglichst aller Teile des Tieres und die Frage nach Haltung und Herkunft sind zentral, Massenware ist verpönt. Gesundheit, Regionalität und Nachhaltigkeit spielen die entscheidende Rolle.
Body-Mass-Index war gestern! Eva Fischer sagt einseitigen Diäten den Kampf an und stellt unser Wohlbefinden in den Mittelpunkt. „Unser Körper ist unser höchstes Gut“, so die Ernährungsexpertin, die auf Vielseitigkeit setzt. Ihr geht es um Nahrungsmittel, die das Gemüt positiv beeinflussen. „Life Changing Food“ ab September im Buchhandel, um 25 E, Christian Brandstätter Verlag. Für den Food-Bereich generell ist Stefanie Neuhart verantwortlich. Vorschläge zu Buchideen macht das ganze Verlagsteam und dikutiert regelmäßig über Trends.
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Unsere Suche nach dem Authentischen zeigt sich auch in Büchern wie „Selbstgemacht im Glas“. Gleichzeitig bieten Küchenhersteller immer höher technisierte Herde und Öfen an, die man vielleicht gar nicht braucht, weil man lieber auch was selbst ausprobieren möchte und nicht elektronisch angeleitet werden will. Oder ist es anders? Die tätige Liebe zum Selbermachen begründet sich auch in dem Wunsch nach Selbstverwirklichung. Mit dem Geschaffenen beweist man Talent, sich selbst und anderen. Wir wollen wieder etwas in der Hand haben: die Zutaten riechen und schmecken, den Brotteig kneten und spüren, die Dinge sinnlich erfahren. Im Beruf spüren viele oft nicht mehr die Bedeutung ihres Tuns. Sie können dort kaum Einfluss nehmen, in ihrer Küche aber haben sie die Dinge buchstäblich „in der Hand“. Dem Experimentieren sind keine Grenzen gesetzt! Niemand braucht einen SUV in der Stadt, aber trotzdem ist die Dichte dieser Fahrzeuge im urbanen Raum am höchsten. Hochtechnisierte Küchenhelfer braucht man wahrscheinlich nicht, um gut zu kochen, sondern um seine Gäste zu beeindrucken. Und möglicherweise gibt es auch Geräte wie den Thermomix, der den Alltag einer Familie erleichtert. Welche Kochtitel mögen Sie beide besonders gerne und warum? Eschi Fieges „Lovekitchen. Rezepte für zwei“ ist unser absoluter Favorit. Es ist nicht nur das schönste Geschenkbuch für zwei, die sich lieben, sondern liefert neben verführerischen Rezepten wundervolle Ideen und Geschichten für einen liebevolleren Alltag. Ein wahres Fest für die Sinne wird das „Obst“ Kochbuch von Bernadette Wörndl. Ein richtiges Standardwerk zum Thema Kochen mit Obst – süß und salzig. Bisher hat man Obst hauptsächlich in süße Rezepte integriert. Dabei lässt sich Obst so vielfältig kombinieren, mit Fleisch oder dem Lieblingsgemüse. Und die Foodfotografie von Gunda Dittrich ist grandios! 60
Wie gestalten Sie das kommende Programm? Schauen Sie sich Trends an? Wie informieren Sie sich über die Szene? Unser Verlag hat sich auf drei Kernbereiche spezialisiert: Auf Kulinarik, Kunst-, Kultur- und Lifestyle-Bücher sowie Sachbücher. Im Kochbuchbereich sind viele Faktoren für die Programmplanung verantwortlich: Zielgruppenorientierung, Recherche in einschlägigen Medien, Social-Media-Kanälen wie Instagram, Pinterest; Austausch mit BloggerInnen beziehungsweise mit Menschen am Puls der Zeit. Natürlich spielt auch der Blick über den Tellerrand, vor allem nach England und USA eine entscheidende Rolle. Nicht zuletzt sind es natürlich auch einzelne Köche, die im Bereich Kochen am Rädchen drehen. |sd
Weil Liebe durch den Magen geht: In „Lovekitchen“ geht es um Rezepte für zwei, die sich mögen. „Man könnte sie natürlich auch für mehr Leute kochen oder für jemanden, den man nicht ausstehen kann. Vielleicht wird es dann ja besser: Denn Kochen ist sichtbar gemachte Liebe.“ Ab September im Handel, um 30 E. Bei „Obst“ geht es um 100 Ideen, zum Beispiel die Kombination von Entenbrust mit Blaubeeren und Mangold. Von salzig bis süß, aber immer ungewöhnlich. Um 35 E ab Mitte August. Beides im Christian Brandstätter Verlag.
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Die schlichte Fassade verbirgt mehr, als sie im ersten Moment vermuten lässt. Inmitten des Londoner Stadtteils Shoreditch verwandelten die Hausherren Nina Tolstrup und Jack Mama ein altes Fabrikgebäude in ein vielseitiges Loft voller Protagonisten ihres Schaffens. Gemeinsam bilden sie das Designbüro Studiomama, dessen Entwürfe „Einfachheit, Wärme und Persönlichkeit“ ausstrahlen. Rechte Seite: Die Schlafzimmer der Kinder Otto und Lula befinden sich hinter Glasschiebetüren.
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Neue Offenheit Diese designverrückte Londoner Familie erteilt eine Lektion in Sachen Flexibilität. FOTOS: ELSA YOUNG/FRANK FEATURES/LIVING INSIDE TEXT: MARIE-LUISE MUGRAUER
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Linke Seite: Der Blick aus dem Schlafbereich in Richtung Küche führt geradewegs zum Designerduo Nina Tolstrup und Jack Mama (oben links). Den Schuhlöffel „Routine“ entwarfen sie für das japanische Möbellabel E&Y. Diese Seite: Das Loft steckt voller Prototypen und Produkten, die das Paar in der Vergangenheit selbst entworfen hat. Nur ein Beispiel ist der Schrank aus Ahornholz, dessen Türen geöffnet als Raumteiler dienen und den Schlaf- vom Wohn-, Essbereich und der Küche abtrennen. Sind sie geschlossen ist der Raum lichtdurchflutet. „So können wir die Bereiche optimal nutzen“, findet der Hausherr Jack Mama.
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Der offene Wohn- und Essbereich ist durch die bodentiefen Fenster und zurückhaltenden Materialien extra hell. „Wir wollten natürliche Werkstoffe verwenden. Der Boden besteht, wie ein Bücherregal und die Türen aus massiver Eiche“, erklärt Jack Mama. Bei dem rosafarbenen Raumtrenner handelt es sich – genau genommen – um einen Schrank mit weit ausragenden Türen. Er ist ein Entwurf der beiden Designer, um das dahinterliegende Schlafzimmer zu verbergen. Rechts davon: Der Stuhl stammt aus dem Projekt „Re-Imagine“ von 19 Greek Street, das weggeworfenen Stühlen ein neues Leben schenkt.
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Ein verstohlener Blick unter den Tisch bestätigt: Nina Tolstrup trägt grün-weiß geringelte Socken. Spätestens jetzt wird klar: Die Dänin hat eine hohe Farbaffinität und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind sie und ihr Mann Jack Mama kreative Köpfe. Der erste Hinweis auf letztere Vermutung war der Treffpunkt. Es ist Sonntag, unzählige Menschen quetschen sich durch die Brick Lane im Stadtteil Shoreditch. Inmitten dieses Trubels sitzt das Designerpaar in einem klitzekleinen indischen Imbiss. „Es gibt einfach keinen besseren Ort als diese Straße an einem Sonntag. Der Markt, der hier stattfindet, ist etwas ganz Besonderes. Alle sozialen Schichten verschmelzen miteinander“, erklärt Jack Mama seine Wahl. Antiker Trödel liegt neben Krokodilen aus alten Autoreifen und gefühlt nach jedem Meter präsentiert ein anderes Land seine kulinarischen Highlights. Heruntergekommene Fabrikhallen stehen neben teuer sanierten Stadthäusern; nahezu keine Wand bleibt weiß, denn unzählige Graffitikünstler, unter ihnen auch Banksy, verewigten sich auf den Fassaden. Die Bewohner von Shoreditch sind ebenso bunt und abwechslungsreich wie das Straßenbild. „Dieser Stadtteil ist durch die vielen verschiedenen Kulturen und seine Geschichte einzigartig. Es war immer ein armer Stadtteil und die Wellen von Einwanderern haben ihn geprägt und diese ganz besondere Atmosphäre verliehen“, erzählt Jack Mama. Fast ein wenig Enttäuschung macht sich breit, als wir vor dem Zuhause des Designerduos inmitten dieser Szenerie ankommen. Über Kopfsteinpflaster geht es zu einem in schlichtem Schwarz-Braun gestrichenen Fabrikgebäude. Groß ist allerdings das Aha-Erlebnis beim Betreten des dreistöckigen Hauses. Im Erdgeschoss befindet sich ein abgeschlossenes Apartment, das vermietet ist. Die beiden oberen Stockwerke bewohnt das Paar mit seinen beiden Kindern Otto und Lula (15 und 13 Jahre). Als Erstes gelangen Besucher in das Wohnzimmer im unteren der beiden Geschosse. Es ist ein lichtdurchflutetes, großes Zimmer mit bodentiefen Fenstern. Fortgeführt wird der Raum durch einen Balkon, der sich auf ganzer Länge erstreckt. „Die Grund68
fläche ist nicht gerade groß, daher gestalteten wir die Räume offen und flexibel. Es sollte so viel Tageslicht wie möglich in das Haus fallen“, erklärt Jack Mama. Im eng bebauten London ist es ein mutiger Schritt den gesamten Wohnbereich mit bodentiefen Fenstern zu versehen. „Mich stört es ehrlich gesagt nicht, wenn unsere Nachbarn uns im Wohnzimmer herumlaufen sehen“, überlegt seine Frau mit einem Lächeln. „Andererseits haben die meisten Nachbarn ihre Fenster mit Vorhängen verbarrikadiert – deshalb stellte sich die Frage eigentlich nie.“ Eine Aussage, die sicherlich viele nachvollziehen könnten – sofern die Rede von einem Wohnzimmer wäre. Überraschung macht sich allerdings beim Blick hinter den „Raumtrenner“ breit, der sich als multifunktionaler Schrank inmitten des Schlafzimmers entpuppt. „Wir kamen aus Stockholm zurück und entschieden, dass unsere Wohn-, Schlafsituation überdacht werden musste. Wir zeichneten einen Entwurf, der mehr Stauraum schuf und zugleich ein flexibler Raumteiler war“, erinnert sich die Dänin. „Statt einer Mauer, die den Raum dauerhaft trennt, entsprach diese temporäre Trennwand mehr unseren Vorstellungen“, ergänzt der Hausherr. Praktisch, dass das Paar ein Designatelier namens Studiomama besitzt und seine Vorstellungen im Handumdrehen umsetzen konnte. Ein Schrank aus Ahornholz bildet das Gerüst für zwei ausladende, rosafarben bezogene Panele, die gleichzeitig als Türen dienen. In geöffnetem Zustand trennen sie das Schlafzimmer vom restlichen Raum. Der oberste Stock steht ganz im Zeichen der Kinder. „Das war nicht ganz uneigennützig“, lacht Jack Mama. „Wenn beide Kinder die Musik auf volle Lautstärke drehen, können wir ihre Türen schließen.“„Früher war ihr Schlafzimmer ein kleines Holzhaus inmitten des Raumes“, erinnert sich Nina Tolstrup und zeigt auf den Platz, an dem nun das weinrote Sofa der Kinder steht. „Aber ich schätze sie brauchen jetzt etwas mehr Privatsphäre.“ Ein großzügiges Zimmer mit zwei durch Glasschiebetüren abgetrennten Schlafräumen bildet nun ihren Bereich. Mal sehen wie lang die Türen der Teenager noch ohne Sichtschutz bleiben.
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Diese Seite: Das Arbeitszimmer der Hausherrn darf unter „kreatives Chaos“ verbucht werden. Prototypen stehen hier dicht an dicht mit bereits produzierten Objekten und Erinnerungsstücken aus Ottos und Lulas Kindheit. Das Bücherregal fertigten sie aus 96 selbsttragenden Eichebrettern. Trotz Einfachheit wird das Möbelstück durch die unregelmäßigen Fächer zum visuellen Spektakel. Linke Seite: Das Wohnzimmer entspricht Jacks Maximen für gutes Design: „Einfach, aktuell, aussagekräftig“.
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Individualität zählt Fühlen Sie sich wie ein Rädchen in einem großen Uhrwerk? Willkommen im Club. Immer mehr Menschen haben das Gefühl, zu wenig Zeit für sich selbst zu haben. Und immer häufiger stellt sich die Frage: Was ist eigentlich mit mir? Zukünftig geht es verstärkt um persönliche Bedürfnisse, Auszeiten und einzigartige Erfahrungen.
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Weil Sie es sich wert sind: Produkte mit Persönlichkeit. Alles über den Megatrend. Das neue Wohlfühl-Interieur. Oberflächen als Erfahrungshorizont. Traumhaus. W!D 4/2016
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SCOPOPHILIA ist ein Zustand, in den die Künstlerin Boyarde (Bild links) „alles außer Papier“ versetzt. Ihre Pop-Idiome zieren den weiblichen Körper als Body Paintings oder nachhaltiger die Taschen bekannter Luxuslabels, die anspruchsvolle Kundinnen weltweit nach London zum Veredeln schicken. Ob Kelly Bags, Shopper von Louis Vuitton oder Koffer von Goyard – nach der Bemalung, die von Lichtenstein-like bis zum Stil der englischen Präraffaeliten reicht, haben Fans in aller Welt ein wirkliches Unikat. Boyarde studierte Kunst an der Bedales und Wimbledon School of Art und machte ihren Abschluss in Fotografie am Bournemouth Arts Institute. Längst ist sie Galeristen-Liebling und Fashion-Magazine-Star.
Entschleunigen. Bewusster auswählen. Was passt wirklich zu mir? Weniger, aber wirklich besser konsumieren! Und allen überflüssigen Ballast über Bord werfen! Mein Programm für morgen.
TEAMWORK ist eine essenzielle Voraussetzung für Erfolg. Das zeigen Andreas Steng und Stephan Haubner als Geschäftsleitung von Steng Licht. Die Stuttgarter punkteten in diesem Jahr mit gleich sechs neuen Produktfamilien, die mit renommierten Designern (etwa mit dem Architekten Hadi Teherani) entwickelt 72
wurden. Auch Haubner selbst spitzte den Bleistift und entwickelte die Zylinderleuchte „WL 1“, die er mit einer Edition von Heather Gillespie veredeln ließ. Ihr Glasschliff ist unglaublich und dynamisch. Die zwölfteilige Serie ergibt nebeneinander gehängt ein Landschaftsmotiv, das den Namen „Nordurljós“ trägt: Nordlicht.
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KONZENTRATION auf das Wesentliche lautet das neue Erfolgsrezept von Bulthaup. Die deutsche Marke brillierte mit ihrer Off-Veranstaltung zur Mailänder Möbelmesse und stellte selbst die italienischen Kompetitoren ganz lässig in den Schatten. Im Fokus stand besonders die „bulthaup b1“. „Es ist die Antwort auf die heutige Lebensweise der Menschen, deren Lebenssituationen sich immer wieder verändern: Plug and Play – ein einfaches
Baukastensystem, das sich dem Benutzer anpasst“, heißt es von Herstellerseite. Doch die aktuelle Einfachheit gilt nicht nur für die Zusammenstellung der Komponenten (oben eine klassische Werkbank mit Versorgungseinheit), sie gilt auch für deren Handhabung. Innovativ ist die Stauraumlösung, die sich von oben bedienen lässt. Das Brett lässt sich zur Seite schieben und gibt den Griff in übersichtlich gestaltete Fächer frei. Bücken war gestern. GEHEIMTIPPS gehört die ungeteilte Aufmerksamkeit von Hanno Schneiders (links). Sein Online-Shop „Mein Champagner“ listet die Kleinodien unabhängiger Winzer. Derzeit sind es rund 20 Marken, die jede für sich eine Entdeckung wert sind. Und das zu anständigen Preisen ohne Markenfirlefanz-Aufschlag: „Meine persönliche Leidenschaft gehört seit einiger Zeit den zuckerarmen Champagnern. Der «Zero Dosage» oder «Brut integrale», ein Naturchampagner, der komplett von der Hefe genommen wurde und keinen Likörzusatz erhält, ist sehr trocken, hat aber geschmacklich unheimlich viel zu bieten“, schwärmt Schneiders, der immer wieder durch die Champagne reist auf der Suche nach neuen Geschmackserlebnissen. Da ist es doch eigentlich schade, dass hierzulande die Korken nur zu besonderen Anlässen poppen. Wir sollten uns vielleicht ein Beispiel an den Franzosen nehmen, die es auch im Bistro um die Ecke mal krachen lassen. Oder wie die Engländer. „Die haben nach Frankreich den höchsten Umsatz.“ |sd W!D 4/2016
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PARTNERSCHAFTEN zwischen Designern und Herstellern sind in der Möbelbranche gang und gäbe. Doch diese hier zwischen Colombostile, einer Topmarke der Stilmöbelbranche, und dem holländischen Studio Job ist eher eine Ausnahme – genau wie ihre Ergebnisse: Die Wandapplike trägt den Namen „Adam & Eva“, ist limitiert, aus verschiedenen Materialien von Hand gefertigt und mit modernster LED-Technik ausgestattet. Gerade dieser Mix macht sie zu einer Antiquität von morgen und zu einem Objekt der Begier-
KUNST TRIFFT EINRICHTER, und daraus entsteht ein echter Hingucker. Den Stoff für diese Geschichte liefern die comichaften Skizzen, mit denen Coen Blankwaard (*1965) sein Tagebuch führt. Der Künstler (oben beim „Omm“) bannt sie bisweilen auf Leinwände. Für Leolux entstand aus den ausdrucksstarken Bil-
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de von heute. Als Job Smeets von Studio Job zum ersten Mal die italienische Firma besuchte, war er „für alles offen und doch eingeschüchtert“ von dem historischen Setting, dem unglaublichen Know-how und von der großen Anzahl an Kunsthandwerkern: „Sie sind mit der gleichen Kunstfertigkeit und Leidenschaft am Werk, wie wir uns ganz unserem Studio verschrieben haben.“ Smeets glaubt, dass die Grenzen zwischen den Künsten irrelevant sind und Techniken interdisziplinär anwendbar sind. Es lebe die Renaissance.
dern ein Möbelstoff, der den New-Wave-Spirit der Eighties atmet. Unten ziert er den Sessel „Parabolica“, einen Stefan-Heiliger-Entwurf. „Es war eine Wahl des Unterbewusstseins, jedoch die perfekte Bestimmung und Symbiose zwischen dem Motiv und der Leolux-Ikone“, so der Blanwaard, der zu dem Sessel den Beistelltisch „Lippz“ sowie einen passenden Teppich „My Journey“ mit Makro-Motiven kreiierte. Ein tolles Trio namens „Parabels“.
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BETTELUX SHAPE Das neue Designkonzept aus feinstem Stahl/Email, gepaart mit offenem Stahlrahmen, der das Innerste nach auĂ&#x;en kehrt. Design: Tesseraux + Partner
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GEMÜTLICHKEIT entsteht besonders dann, wenn Objekte in einem Raum aufeinander treffen, die dem Charakter eines Menschen und seiner Persönlichkeit entsprechen. Wer sich für den Beistelltisch „Ycks“ in Walnuss entscheidet, den Detlev Fischer für die Firma KFF entwickelte, der legt größten Wert auf Material, Handwerk und Design. Bezieht man die Sitzmöbel des Unternehmens aus Lemgo ein, kommen Komfort und das Thema Nachhaltigkeit dazu, denn alle Produkte entstehen in deutschen Werkstätten. Und das Beste an diesem Tisch ist, dass er in Würde altern kann, mit den Jahren durch täglichen Gebrauch eine tolle Patina bekommt und so zu einem langen Weggefährten wird. Mehr kann man von einem guten Möbel nicht erwarten. |sd
PERSÖNLICHKEIT erhält eine Tafel nicht durch eine Dekoration mit beliebig austauschbaren Hip-Labels, die in Schickeriakreisen mal kurzfristig zu einem Must-have avancieren, sondern durch eine unverwechselbare Handschrift: Im besten Fall Ihre eigene. Bei dem Service „Vocatio“ können Sie selbst kreativ werden und Form, Maße und Glasur ab einer Bestellung von zehn Teilen vorgeben. „Sie sind von höchster Qualität und werden nach alter Tradition frei auf der Scheibe gedreht“, erklärt Annett Geithe von der Porzellanmanufaktur Reichenbach. Kein Objekt gleicht exakt dem anderen, aber jedes passt selbst zu Stücken derselben Linie mit einer anderen Glasurfarbe. Das garantiert eine mit sehr viel Feingefühl abgestimmte Palette, die wie das Konzept Paola Navone kreierte. |sd
ENTSPANNUNG ist tatsächlich das, wonach sich immer mehr Menschen nach einem harten Arbeitstag sehen. Infrarotlicht arbeitet mit Tiefenwärme, die positive Effekte wie die reflektorische Lockerung der Muskulatur, Schmerzlinderung und Lösung von lokalen Verspannungen bewirkt. Repabad hat gerade „Bilbao“, ein Infrarotmodul für pure Wellness lanciert. Das kompakte, frei zu positionierende Paneel passt in jede Dusche, und der Wohlfühl-Spezialist aus Wendlingen bietet Hocker oder Klappsitze gleich mit an. Bequeme Rückenlehnen schaffen den perfekten Abstand zwischen Körper und Infrarotquelle und gewährleisten so eine optimale Wirkung auf ihren Organismus. Das Element besteht aus einem lackierten Paneelrahmen in Aluoptik und einem Glasaufsatz mit integrierter Wärmequelle und ist in diversen Farben erhältlich. |sd 76
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Und jetzt geht‘s ans Eingemachte Die einen nennen es Individualisierung, die anderen bezeichnen das gesellschaftliche Phänomen als Fokussierung. Aber was steckt hinter diesem Megatrend? Wir sprachen mit drei Experten. „Fokussierung ist das, was uns persönlich am meisten tangiert, und wir sehen diesen Trend ganz klar im Produkt“, sagt Claudia Herke vom stilbüro bora.herke.palmisano mit Sitz in Berlin und Frankfurt. Jährlich inszeniert das Trio für die Frankfurter Messe Stilwelten, die beispielsweise den Besuchern der Konsumgüterschau „Ambiente“ im Februar Orientierungshilfe bei der Auwahl 78
neuer Produkte bieten. Es versteht sich von selbst, dass man für diesen Job vor allem zwei Dinge haben muss: eine genaue Beobachtungsgabe und ein Gespür für große, gesellschaftsübergreifende Themen wie die neue Beschäftigung mit sich selbst. Sie bringt einen veränderten Konsum mit sich: weniger und selektiver. Doch liegt diese Zurückhaltung am Überdruss von Nullacht-
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Annetta Palmisano, Claudia Herke und Cem Bora rechts sind Trendwatcher. Für ihr stilbüro bora.herke.palmisano ist Fokussierung ein Megatrend, das heißt auch weg vom Massenprodukt: Reisetasche von Hardgraft, Handtasche von Louboutin und Louis Vuitton, gesehen bei jamdeluxx.de Kommode nach Kundenwunsch von Pinch. Eames-Ikone und Innovationen in der Mailänder „Casa Vitra“ 2016 linke Seite oben.
fünfzehn-Produkten oder sogar am Frust darüber, dass immer mehr Menschen in der Gesellschaft das Gefühl haben, zu kurz zu kommen? Oder außen vor zu sein? „Das ist auf jeden Fall ein ganz wichtiger Aspekt. Wir alle erleben in ganz unterschiedlicher Weise an uns selbst, dass wir von vielem genervt sind“, antwortet Annetta Palmisano. „Vom Design über die Informationsflut bis zum täglichen Dauerstress. All das erzeugt auf unterschiedlichste Weise einen Verdruss und belastet.“ Die Folgen der Reizüberflutung äußern sich bei jedem Menschen anders. Manchmal möchte man sich von der Omnipräsenz eines Designobjektes dann befreien. Sei es der Egg-Chair von Arne Jacobsen oder der Eames-Chair von Vitra. „Im Prinzip ist das ja gutes Design, da sind wir uns alle einig, aber es ist einfach eine Überflutung, Überpräsenz und Überbewertung“, meint Palmisano. Denkt man an die vielen Wohnreportagen der letzten Jahre mit gerade diesen Möbeln, mag da schon etwas Wahres dran sein. „Umso wichtiger ist die Wahrhaftigkeit von Design. Wir haben viel darüber referiert: Um was für ein Produkt handelt es sich, wie wird es produziert? Was hat es für eine Oberfläche? Welch eine Geschichte steckt dahinter? Eigentlich mag ich es gar nicht sagen: Aber man wünscht sich, dass Produkte eine tiefere Bedeutung haben und klare Aussagen. Darüber freue ich mich, wenn ich Neues entdecke. Im besten Fall drückt das Äußere die Idee aus, die dahinter steckt“, ergänzt Herke, die vor allem die wachsende „Überproduktion“ an vermeintlichen Innovationen in der Konsumwelt kritisiert: „All diese schnelllebigen Dinge und diese wahnsinnig großen Kollektionen. Das wird auch so beliebig – und es kann nicht immer alles gut sein.“ Denkt man an die Modelabels mit mindestens zwei Kollektionen im Jahr und an die Einrichtungsbranche – Moroso hat in Mailand über 30 Neuheiten präsentiert, lässt sich der Druck nachvollziehen, dem Kreative ausgesetzt sind. Er beherrscht genauso die Automobilindustrie. Mode und Fahrzeuge sind im Alltag präsenter als Einrichtungsgegenstände. „Bei der Kleidung ist es sehr auffällig, wo es ganz schnell zu einem Einheitslook kommt – etwa die Leggins, in die sich jeder presst. Es sind bestimmte Schlüsselzeichen. Bei Autos sind es die SUVs, die unsere Straßen überfluten und von denen ich mich bedrängt fühle“, findet Palmisano und ihre Kollegin stimmt ein: „Sie sind groß, sie sind plakativ und sie sind einfach zu viele.“ Doch welche Reaktionen resultieren daraus? Könnte es nicht sein, dass der „Herdentrieb“ sich noch verstärkt, weil viele Produkte identitätsstiftend sind? Und weil viele Menschen außerdem die Befürchtung haben, ausgeschlossen zu werden. „Da
tut sich eine andere Schere auf“, sagt Herke. Viele, die Orientierung suchen, hängen sich an etwas an, ohne sich eigene Gedanken zu machen – beispielsweise was es für die Umwelt bedeutet, so einen SUV zu fahren. Und andererseits erleben wir in den Großstädten, dass der Status von Autos total in Frage gestellt wird, weil Car Sharing angesagt ist – eine Art Polarisierung.“ Pampas-Bomber, wie die Stadtgeländewagen gerne genannt werden, treffen auf Car-To-Go. Auch in der Mode zeichnen sich diese Gegensätze ab. Logos verlieren ihre Strahlkraft. In dem Maße, in dem sich die Luxusfirmen auf den lukrativen asiatischen Markt einstellen, zieht eine wohlhabende und kritische Käuferschicht hierzulande verstärkt kleine Labels mit guter Story vor. Zu den Newcomern gehört Hardgraft aus London, bei denen der Name Programm ist. „Doch es gibt auch einen spielerischen Umgang, etwa bei Alessandro Michele mit dem Gucci-Logo“, weiß Fashionista Palmisano. „Es ist nicht verschwunden, aber er übermalt und verfremdet es – eine Art von Selbstironie.“ Auf- und Anlehnung auf der einen Seite und auf der anderen steht der komplette Rückzug: „Im konsumigen Spektrum erleben wir ihn aus dem Überdruss
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am Überfluss, das ist eine ganz automatische Folge“, so Herke, die den aufpoppenden Do-It-Yourself-Markt der vergangenen Jahre auch als eine Trotzreaktion auf die Sinnentleerung vieler Bereiche sieht. „Auch eine Abkehr vom Vorgefertigten und von der Norm.“ Und einer Normierung, die den Käufer berechenbarer machen möchte. „Für unsere Auftraggeber haben wir einen Aufhänger für die Thematik Fokussierung herausgegriffen und zwar die Gruppe „The Liberators Born Free“. Das sind Individualisten, denen es darum geht, Menschlichkeit und Frohsinn in die Welt zu tragen. Ihre Aktionen sind teilweise ergreifend“, freut sich Palmisano, der es vor allem die Aktion „Get in Contact with a Stranger“ angetan hat (www.liberators.com.au). „Die Mitglieder setzen sich auf die Straße und fordern Passanten auf, ihnen eine Minute lang in die Augen zu schauen. Es ist sehr rührend zu sehen, was da passiert. Das hat nichts Sektenmäßiges. Bei dieser Dauerflut von Hiobsbotschaften, Dramen, schlechten Nachrichten und Dauerstress am Arbeitsplatz möchten sie einen Gegenpol bilden.“ Good Vibrations gibt es auch in der Mode: Palmisano begeistert sich für das japanische Label Kolor (www.kolor.jp), Herke findet, dass nach wie vor gute Impulse von Gucci und Prada ausgehen. „Derzeit arbeiten sie mit einem Sammelsurium von Stilen, so schrill und so detailverliebt. Das ist ganz deutlich zu sehen.“ Der Wunsch nach mehr Individualismus liegt in der Luft, und gleichzeitig gibt es diese wahnsinnige Wirtschafsgetriebenheit, die irgendwann an ihre Grenze kommt. Immer mehr Menschen wehren sich gegen soziale Ungerechtigkeit und demonstrieren, weil sie fürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. „Wohin soll das führen? Wo stehen wir selbst und wie möchten wir leben“, fragt Herke und gibt selbst die Antwort: „Wir stehen an einer Stelle, an der die Leute es selbst merken und spüren, dass sie an ihr Limit kommen. Viele sind gestresst von ihrem Leben, und gleichzeitig wissen sie warum. Die Aufklärung ist da und selbst im Fernsehen wird viel darüber berichtet bis hin zu Podiumsdiskussionen, die überhandnehmen. Und mit dieser Erfahrung steht man nicht in einer gesellschaftlichen Nische, es ist ein allgemeiner Fakt. Ich erlebe, dass viele meiner Freunde sich neu orientieren und sich auf andere Dinge konzentrieren und sei es das Thema Ernährung. Wie soll unsere Gesellschaft enden, wenn wir so weitermachen? Diese Frage ist omnipräsent und wir können davor die Augen nicht mehr verschließen.“ Seien Sie als Leser(in) versichert, dass es hier nicht um Schwarzmalerei geht, sondern darum, wie gesellschaftliche Entwicklungen sich in der Produktwelt von morgen auswirken. Die Hersteller sind gut beraten, sich auf eine Diversifizierung einzustellen. Der Wunsch, individuell zu leben, wird auf ganz unterschiedliche Weise und in jedem Segment abgedeckt werden. Bestes Beispiel ist das Thema vegane Ernährung. Erst waren davon ein paar „Spinner“ überzeugt – und selbst wenn viele Menschen gar nicht so genau wissen, was Veganer sind, ist es angekommen, dass es besser ist, nicht zu viel Fleisch zu konsumieren. Zumindest für die Umwelt. „Es ist aber schon zu einer Marketingmaschine geworden. Auf vielen Produkten steht «vegan» drauf, weil sie sich dann besser verkaufen und darin sowieso keine anderen Inhaltsstoffe deklariert sind. Doch neu ist daran, dass Konsumenten diese Mode mitmachen, sich aber damit auseinandersetzen.“ „Im Designbereich sehen wir das Thema Wohlbefinden, das eine Reaktion auf den Trend Fokussierung ist. Vor allem in den Arbeits80
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Das stilbüro bora.herke.palmisano inszeniert Konsumwelten für die Frankfurter Messe, zum Beispiel auf der „Ambiente“, die als Einkaufshilfe für Händler gedacht sind. Tatsächlich werden die entsprechenden Begleitpublikationen als Geheimtipps in der Kreativbranche gehandelt, weil sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. Es geht nicht nur um das Was, sondern auch um das Warum. Wie erklären sich Massenphänomene wie die SUV-Schwemme (oben ein Concept für den Rolls Royce „Ghost“ von Ares) auf unseren Straßen oder das Thema Leggins in der Mode? Linke Seite Jeansleggins von Alberto, Sommer 2017. Nach wie vor richtungsweisend ist Prada, ganz oben die Bar „Luce“, ein Konzept der Mailänder Fondazione Prada. W!D 4/2016
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Stücke mit Story haben die besten Chancen, gekauft zu werden: Rechts Schale von Cristal Saint Louis, der Gartenstuhl entstand 1923 für den Jardin du Luxembourg, heute bei Fermob. Revolution beim Thema Beleuchtung: Sonnenlichtleuchte auf LED-Technik von CoeLux.
und Officewelten. Man beschäftigt sich ganz stark mit dem Thema Lichtqualität.“ In Mailand kam Herke und Palmisano die Erleuchtung, als sie CoeLux entdeckten. Künstliches Licht, das wie Sonnenstrahlen anmutet. „Wir waren fassungslos. Mir hat die Sonne ins Gesicht geschienen. Ich hätte schwören können, das ist echt. Das hat wirklich etwas mit Wohlbefinden zu tun.“ Mal ganz ehrlich, bessere Aussichten als diese kann es nicht geben. |sd
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Wunderbar modular ist das Sofa „Tondo“ von Sebastian Labs, mit dem man als Baukastensystem kleinere und große Räume bespielen kann. „Ein Wohlfühlzentrum und idealer Ort für eine Familie“, so der Designer. Rolf Benz.
Willkommen in der neuen Lässigkeit Lange galten Polstermöbel aus Deutschland als ziemlich piefig und zu steif. Doch im Norden der Republik weht eine erfrischend kosmopolitische Brise – aus dem Studio von Sebastian Labs. „Die Idee ist, ein emotionales, einladendes Möbel zu konzipieren, das den Menschen aufnimmt, empfängt und umarmt“, erzählt Sebastian Labs über sein neues Sofa „Tondo“ für Rolf Benz. „Das klare Briefing war, ein Möbel mit internationalem Charakter und einladenden Momenten zu entwickeln.“ Mission gelungen. Diese gestalterische Treffsicherheit avancierte zum Markenzeichen seines 1995 in Hamburg gegründeten Büros „Labsdesign“. Das Portfolio der neunköpfigen Mannschaft reicht von klassischem Produktdesign über Interior-Konzepte im öffentlichen und privaten Bereich bis zu interessanten Einfamilienhäusern. Allen gemeinsam ist der behutsame Umgang mit den stilistischen Möglichkeiten, die sich aus der jeweiligen Situation ergeben. Das zeigt sich auch an seinem neuen Sitzmöbelprogramm, dessen Gestaltung 84
jedem internationalen Vergleich standhält – gerade mit den großen italienischen Mitbewerbern, die als Global Player gelten. „Deren Formensprache gefällt mir, aber ganz ehrlich: Ich habe mich komplett davon gelöst und versucht, mich in die Welt von Rolf Benz hineinzudenken. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es eigentlich sehr gut ist, einfach mal loszulassen.“ In der Nagolder Traditionsmarke hat Labs dafür einen idealen Partner gefunden: „Wir pflegen eine extrem offene und professionelle
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Gewünscht war ein Möbel mit „einladenden Momenten“. Labs entwickelte ein Systemprogramm, das „eine starke Cosiness erzeugt. Vor allem hat es eine minimal organische Struktur und stellt weiche Linien in den Raum“, so der Designer, der sich über das neue RolfBenz-Shooting für „Tondo“ diese Seite freut.
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man es heute wohnlicher haben. Es soll gemütlich und lebendig wirken und nicht so stramm gepolstert, dass es gleich platzt“, amüsiert sich Labs. „Es gibt nicht mehr diesen wahnsinnigen Drang zur Perfektion, sondern eher einen Mix nach Lust und Laune.“ Gerade in diesem Punkt äußert sich unser Wunsch nach Individualität. Anders als beim Cocooning steht dabei jedoch mehr der Wohlfühlaspekt im Vordergrund. „Wohnen hat eine neue Sensibilität erfahren“, findet der Hamburger und ergänzt: „Vor zwanzig Jahren war es schick, ein vorzeigbares Interieur zu haben mit entsprechender Klarheit und Perfektion. Es war eher ein Repräsentationsort als ein privater Raum zum Entspannen. Sicher geht es heute auch um Design und formale Sprache, um qualitative Herstellung, aber es ist ja mein Sofa. Ich will darauf sitzen, liegen, kuscheln, Fernsehen gucken. Es soll ein Wohlfühlort sein.“ |sd
Kommunikation. Was ich besonders schätze, ist die perfekte Produktentwicklung.“ Sie zeigt sich in der minimal organischen Struktur von „Tondo“, die Gemütlichkeit erzeugt, weil die Linien weich und nicht exakt wirken. Dieses Konzept findet seine Entsprechung in Labs Sessel (Foto oben) und Essstuhl (rechts), deren Umrisse knautschig wirken. „Es wäre viel leichter gewesen, es perfekt aussehen zu lassen“, sagt der Designer über die neue Lässigkeit und denkt an die typisch deutschen Sitzgefährten à la Achtzigerjahre. Stoffe funktionieren übigens dabei besser als Leder und wirken sich angenehm auf den Verkaufspreis aus. Rolf Benz geht mit Produkten wie diesen einen neuen Weg und trifft das Lebensgefühl einer jüngeren Generation, die auf der Suche nach identitätsstiftenden Begleitern ist. „Wenn es um Rückzugsorte geht, möchte
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Genuss hat viele Seiten: Oben den Esstuhl „606“ und den Sessel „394“ oben links präsentierte Rolf Benz im letzten Jahr. „Stellen Sie sich ein geknicktes, superweiches, wohliges Kissen vor, und das hat ganz zufällig Beine darunter“, so Labs, der auch die Sitzbank und den Tisch für die Einrichtungsmarke entwickelte. Kaufinfos Seite 140.
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Schlicht. Struktur. Bunt. Retroschuss. Das sind die wichtigsten Eindrücke, die der Farbgestalter Wolfram Beck von der Mailänder Möbelmesse mitbringt. Warum ihn dieser Facettenreichtum so begeistert? Das erfahren Sie jetzt. „Es war der Wahnsinn! So viele verschiedene Oberflächen, Strukturen und Charaktere“, erzählt Wolfram Beck ganz beglückt über seinen diesjährigen Besuch der Mailänder Möbelmesse. „Ich habe mehr Oberflächen gesehen als Möbel. Das ist neu. In den letzten Jahren bin ich aus Italien meist mit Fotos von Objekten zurückgekehrt. Für meine Themen Farbe und Oberfläche war nichts dabei.“ Dieses Mal hat der Farbgestalter Hunderte Aufnahmen gemacht und dabei Besonderes aus den Bereichen Einrichtung, Bad und Küche eingefangen – doch genauso spannende Details von Showrooms und Shops in der City. „Zukünftig hat die Industrie unglaubliche Möglichkeiten beim Thema Individualisierung von Oberflächen.“ Das ist die Spezialität seiner Manufaktur mit Sitz in Dettingen und Stuttgart. Den Aktionsradius eines klassischen Malerbetriebs haben Beck und seine Mannschaft längst gesprengt. Auszeichnungen wie der „red dot Award 2015“ für seine Oberfläche „MetalX2“ und der „Interior Innovation Award 2014 best of best“ sowie der „Iconic Award 2015“ für eine Betonoberfläche legen nahe, dass es bei Beck um Farbe in einer anderen Dimension geht. Eigentlich geht es um Oberflächen und Materialien, die besondere Architektur haptisch untermalen und um Möbeloberflächen, für die Becks Firma deutschlandweit ein Renommee hat. „Mailand hat mir einen weiteren Punkt vor Augen geführt: Bisher hatte ich den Eindruck, dass industriell gefertigte Oberflächen nicht schön und auch nicht interessant sind.“ Das ändert sich, meint Beck, der beispielsweise die Herstellervideos von Cedit anführt (http://scopri.ceditceramiche.it): „Cedit stellt große Plattenformate mit Künstlern her. Am Ende der Fertigungsstraße sitzen diese zusammen mit Handwerkern und bearbeiten die Oberflächen final und individualisieren diese.“ In Mailand gab es einige Beispiele für diese Herangehensweise. „Unser Leben wird zu virtuell und findet immer mehr auf Glasbildschirmen statt – sei es auf einem iPhone oder einem Pad. Das ist ein Gegentrend. 88
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Man möchte wieder «begreifen». Es ist eine Übersättigung an Perfektion. Unser Leben verläuft nicht so glatt wie viele Oberflächen. Das Übercleane und Überzogene ist vorbei. Es muss rau sein, haptischer und persönlicher.“ Beck sieht in diesem Bereich eine Parallele zu unserer Ess- und Gastrokultur, in der es schon seit Jahren verstärkt um gute Geschichten geht – um Authentizität und Kreativität. Die findet der Unternehmer in seiner Branche eher in Mailand als hierzulande. „Deutschland ist stark geprägt von den Produkten der Industrie, speziell beim Thema Farbe. Alles, was Hersteller präsentieren, setzt der Handwerker genau so um. Was man in Mailand sieht, hat damit gar nichts zu tun. Dort geht es um Freiheit im Design, die Dichte an Kreativität ist viel höher.“ Fasziniert zeigt sich der Farbexperte von der Strichlasur einer Boffi-Küche. „Das ist wirklich hohe Kunst. Überall spürt man, dass die Hersteller etwas so Schönes entwickeln und produzieren möchten. Aber dafür muss man Strukturen schaffen.“ Man benötigt entsprechend gut ausgebildete Fachkräfte. Beck verfügt über dieses Potenzial und ist stolz darauf: „Wenn wir alles zeigen würden, was wir können, ließe sich eine ganze Messehalle mit Manufakturmöbeln füllen.“ Neben diesen „Charakteren“, wie der Schwabe die unterschiedlichen Strukturen nennt, gibt es für ihn noch ein weiteres zukünftiges Thema: „Farbe. In der City konnte man es am Schaufenster von Dolce & Gabbana sehen. Das ist ein Vorreiter. Eine Vorstufe. Vielleicht Stufe 1 von 3“, findet Beck, dem es nicht um eine knallige Palette geht. Sondern um Raffinesse: „In der Mode ist das einfacher, weil Stoffe keine Lackschicht haben. Unschöne Stoffe kennen wir weniger. Aber was macht eine Farbe auf Oberflächen schön?“ – fragt Beck und zieht erneut eine Parallele zur Sterneküche: „Ohne gute Zutaten wird das nichts. Schöne Farbkonzepte zu entwickeln, ist wie mit guten Inhaltsstoffen, also mit hochwertigen Gewürzen beim Kochen zu arbeiten. Wer hochwertiges Essen genießen kann, der weiß, was bunt im übertragenen Sinn bedeuten muss: leise und gehaltvoll. Dann ist man auf der sicheren Seite.“ |sd
Wolfram Beck oben links hatte in Mailand alles im Blick; auf der Messe genauso wie auf den Off-Veranstaltungen: Im Möbelbereich fand der Farbexperte die Stände von Leolux und Adrenalina gut, oben. Die mittlere Fotoreihe zeigt das Schaufenster der Fliesenmarke Sicis, die Dekoration bei Dolce & Gabbana sowie ein Detail im Showroom von Laufen-Kartell. Unten richtet sich sein Fokus auf eine Küchenarbeitsplatte bei Boffi, auf den Boden im Showroom von Foscarini und das Finish eines Henge-Schranks.
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Eine Auszeit nehmen Fern von Stress, Sorgen und Stadtgetümmel findet man in Umbrien Ruhe und genießt die Landschaft.
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Linke Seite: Außenansicht der Villa Arrighi und Bronzeskulptur des Künstlers Nic Fiddian-Green. Diese Seite: Der Infinity Pool befindet sich im Garten der Villa Palazzo; das Badezimmer zeigt einen Teil des Interieurs der Villa Arrighi und die Küche gehört zum Brusceto-Haus. Insgesamt sechs der Häuser auf dem Castello wurden zu Feriendomizilen ausgebaut. Die restlichen Häuser werden privat bewohnt.
Einst als Grenze zwischen der Toskana und dem Nachbarland erbaut, liegt auf den malerischen Hügeln Umbriens das Castello di Reschio. Die Burg bildet den Eingang zu einem 1200 Hektar großen Anwesen. Es ist von Olivenhainen, Weinbergen und Kastanienwäldern umgeben. Insgesamt 50 Häuser gehören zum Gut. Davon sind inzwischen 20 nach Renovierung in privatem Besitz. Bei den Umbauarbeiten wurden die individuellen Wünsche der neuen Eigentümer fürs Interior-Design berücksichtigt. Trotzdem wurde die ursprüngliche Architektur beibehalten. Doch auch ohne Eigentum lässt sich hier Urlaub machen, denn sechs der Villen werden als Feriendomizil vermietet: Arrighi, Barco, Brusceto, Noci, Palazzo und Spinaltermine. Jede Villa verfügt über einen eigenen Garten mit Pool und einem 24-Stunden-ConciergeService. Traditionelle Küche wird in der privaten Osteria von Küchenchef Rosario und seinem Team serviert. Auf Wunsch kann man bei ihm sogar einen Kochkurs buchen. Wer Ruhe sucht, schwimmen,
joggen oder reiten möchte – der ist hier genau richtig. Letzteres sollte durch das Andalusier-Gestüt auf dem Gelände mehr als gewährleistet sein. Den Themen Kunst und Pferde wird auf dem Castello ein großer Platz eingeräumt: der britische Künstler Nic Fiddian-Green stellt noch bis Oktober dieses Jahres seine beeindruckenden Pferdekopfskulpturen auf dem Anwesen aus – 15 Stücke aus Bronze sowie einige Kohlezeichnungen sind zu sehen. 1994 wurde das Anwesen vom Kunstbuchverleger Graf Antonio Bolza erworben, der damit den Grundstein für das nun äußerst etablierte Familienunternehmen legte. Inzwischen wird das Castello von Sohn Benedikt geleitet, er lebt und arbeitet mit seiner Familie auf dem Gut. Als Architekt ist er für die Restaurierung der Häuser verantwortlich und entwirft außerdem unter der Marke „BB for Reschio“ Möbel und Leuchten. Unterstützung bekommt er dabei von seiner Frau Nencia, die Künstlerin schmückte einige der Häuser mit Wand- und Bodengemälden. Mehr Infos auf S. 140. | ed W!D 4/2016
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Das Imperium schlägt zurück Falls Sie demnächst beim Bummeln ein zeitgemäßes Möbel entdecken, und es trägt das Logo der Porzellanmarke Rosenthal, wundern Sie sich nicht ... Andreas Gerecke steht Rede und Antwort. Wie kommt ein Porzellanimperium dazu, Wohnmöbel aufzulegen beziehunsgweise neu aufzulegen? Für uns steht der Kunde im Mittelpunkt und für den geht es nicht mehr nur um den Tischbereich, sondern den gesamten Lebensraum und dazu gehören auch Möbel. Wir kreieren heute nicht mehr nur Produkte, sondern ein zusammenhängendes Ambiente mit einer Geschichte. Dabei greifen wir auf eine lange Tradition zurück, denn Rosenthal hat Möbel und Unikate mit den Designern in Kombination mit Porzellan bereits seit den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts hergestellt. Was macht die Möbelkreationen von Rosenthal so besonders, dass Konsumenten sie anderen Objekten vorziehen würden? Die Möbel reflektieren den Rosenthal Zeitgeist von heute, eine Geschichte mit Vergangenheit, ohne alt zu sein. Eine besondere Haptik, zu der wir durch die Verwendung von Porzellan ein besonderes Verhältnis haben. Porzellan ist zum Anfassen da und den Tastsinn haben wir in unserer Möbel-Kollektion besonders ansprechen wollen. Viele der neuen Sitzmöbel haben einen Retro-Touch. Wie stehen Sie zu diesem Thema? Geht es um Emotionen? Um die Suche nach der verlorenen Zeit oder um einen neuen Mainstream? Der Retro-Touch ist eine ganz deutliche Tendenz, die sich in vielen aktuellen Designs widerspiegelt. Die meisten Entwürfe unserer Zeit stehen in Verbindung mit Emotionen und Individualität, Rosenthal geht in seinen Entwicklungen auf diesen 92
Trend ein. Sinnlich elegante Formen waren ein Markenzeichen der 50er-Jahren, die sind aber immer noch aktuell und in den Details haben wir zu hundert Prozent zeitgemäß gearbeitet. Wie sieht das Zusammenspiel von Rosenthal-Porzellanen und Rosenthal-Möbeln aus? Werden manche Dinge optisch oder thematisch aufeinander abgestimmt? Oder sind beide Sparten entwicklungstechnisch eher getrennt zu betrachten? Im Entwicklungsprozess spielt die visuelle Gesamtausstrahlung eine wichtige Rolle und wird gesamt betrachtet. Die Kollektion gibt dem Kunden somit die Möglichkeit, miteinander zu kombinieren und individuell zu gestalten. Wie gesagt war die Nähe zur Hand erst mal wichtig, dann haben wir aber auch mit Merkmalen wie zum Beispiel dem Kontrast glatt/rau gearbeitet. Daher hat zum Beispiel „Up&Down“ diesen Kontrast zwischen Glattleder und Wildleder. Wie ein Porzellanobjekt. Oder die Betonung mit Linien, was sehr viel im Geschirr benutzt wird findet man in den gesteppten Kanten von Modular wieder, die hier die Geometrie verstärken ... Welche generellen Trends sehen Sie in der Gesellschaft, die sich auf die Wohnwelt von morgen auswirken werden? Eine neue Definition von Luxus mit sehr viel Bedürfnis nach Individualität. Es geht nicht mehr um Opulenz und das protzige Zurschaustellen. Es geht um die Gestaltung des Alltags mit Dingen, die einem persönlich gut tun. So wie in der Mode von genderless gesprochen wird, sehen wir es auch im gesamten Li-
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festyle-Gebiet für die Zukunft. Für die eher kurzfristigen Trends sehen wir eine Kombination aus weichen Formen mit Pastelltönen und klaren praktischen Anwendungen. Marken und ihre Versprechen sind heute wichtiger denn je. Wie sieht die Markenbotschaft von Rosenthal aus? Hat sich die Message in den letzten Jahren verändert? Nein – die Botschaft ist immer noch in den Grundelementen geblieben – gutes und einzigartiges Design, verbunden mit Funktionalität und zugleich einem sehr hohen qualitativen Anspruch. Wir sind mit unseren Kunden internationaler geworden und die internationalen Designthemen sind für uns wichtiger geworden als die Bewahrung der erfolgreichen Serien aus der Vergangenheit. Leider sieht das bei einigen Händlern in Deutschland noch anders aus … Sie arbeiten vermehrt mit jungen Designern zusammen. In diesem Punkt gibt es einen Unterschied zu den „Glanzzeiten“ der Studio Line, in denen große Namen favorisiert wurden. Wäre es nicht auch interessant, mit einigen Architektenstars ein neues
Service auf die Beine zu stellen? Wer wäre ein Wunschkandidat dafür? Mit wem würden Sie das gerne realisieren? So wie Sie Glanzzeiten betonen, wollen Sie wohl sagen das wäre vorbei. Wir haben auch seit Beginn der Rosenthal Studio-Line sowohl mit großen Namen als auch mit jungen Designern gearbeitet. Wir wollen innovatives Neues schaffen und orientieren uns natürlich nach vorne – was fühlen/sehen junge Menschen, wo sehen sie die Ansätze in einer sich verändernden Welt – einige unserer heutigen Ikonen sind auch in der damaligen Zeit junge Designer gewesen ... Und mit einem der internationalen Architekturstars hatten wir gerade erst ein Projekt realisiert. Mit BIG/Bjarke Ingels haben wir ein Servicedekor auf „TAC“ und ein Architekturprojekt (begrünte Wände) umgesetzt und aktuell arbeiten wir an weiteren Projekten zusammen. Neben Architekten und Designern sind es vor allem Künstler, die unsere Umwelt schöner machen. Persönlich hätte ich große Lust mit Jeff Koons ein Projekt umzusetzen, das würde ein bißchen Staub aus der Porzellanvitrine blasen. |sd
Andreas Gerecke von Rosenthal linke Seite oben weiß, wie man die Herzen von Designliebhabern höher schlagen lässt. Der schwarze Sessel neben dem Marketing Direktor ist ein Entwurf von Angelo Mangiarotti und Chiara Pampo aus dem Jahr 1978. Jetzt wird er wieder aufgelegt. Neue Kreationen sind die Essbank „Riff“ diese Seite links und der roséfarbene Stuhl „Fin“, die das bisherige Programm um den Esstisch „Mellow“ und den German Dining Chair „Shell“ ergänzen. Alle Entwürfe zeichen sich durch „ihre reduzierte, klare Formensprache, ihre hohe Funktionalität und die bequeme Polsterung aus“, so der Stratege. Charakteristische Merkmale sind die schräg ausgeführten Messingbeine, die inspiriert vom Retro-Look für viel Beinfreiheit sorgen. Super scharf: die Sessel „Modular“ in Zitrone, alles Rosenthal. W!D 4/2016
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Wo einst Pilger auf dem Weg nach Rom rasteten, entspannt heute Giuliana Rosset mit ihrer Familie. Die Gr체nderin des Mode-Labels Napapijri beauftragte Nicola Quadri mit der Instandsetzung des mittelalterlichen Geb채udes. Der Architekt und Galerist richtete es auch ein. Sofa und Josef-Frank-Tisch stammen aus den Forties, wie die Anrichte mit Krenit-Schalen und Kristallvasen von Ilmari Tapiovaara. Dar체ber h채ngt eine Arbeit von Santacana Burguet, die Quadri der Familie zum Einzug schenkte. Leuchte: Louis Poulsen.
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Die Nord-Süd-Achse So sieht ein mittelalterlicher Landsitz in der Toskana aus, wenn man ihn mit skandinavischen Klassikern ausstattet. FOTOS: HELENIO BARBETTA TEXT: STEPHAN DEMMRICH
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REPORTAGE !
Der Mix macht‘s! V. o. im Uhrzeigersinn: Gerahmt wirkt der Seventies-Stoff von Garouste und Bonetti wie Kunst. Den „Ox Chair“ von Hans Wegner für Erik Jorgensen illuminiert die „Artischocke“ von Poul Henningsen für Louis Poulsen, die auch die Eingangshalle des Hauses schmückt. Originell ist die Dusch-Lösung in einem der Schlafzimmer. Vor der Trennscheibe befindet sich ein Renaissance-Fresko. Rechte Seite: Eine intimere und seltenere Alternative zum Egg-Chair von Arne Jacobsen ist der „Ovalia“-Sessel seines Kollegen Henrik Thor-Larsen, der für die Firma Thorlan in den Seventies entstand. Um den Teak-Tisch gruppieren sich Jacobsen-Stühle. Schrank und Esstisch entwarf Hans Wegner. Bezugsquellen Seite 140.
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FOKUSSIERUNG REPORTAGE !
„Lassen Sie mich Ihre spannende Frage auf eine ungewöhnliche Weise beantworten“, sagt Nicola Quadri. Wir sind mitten im Gespräch über dieses außergewöhnliche Anwesen in San Casciano in der Toskana, das der milanesische Architekt für Giuliana Rosset umbaute – und ich möchte gerade wissen, was für ihn das zentrale Thema in seinem Konzept für die Unternehmerin ist. „Die Villa Rosset verbildlicht ihr Kunstverständnis – oder um es anders zu sagen: es ist Giulianas Statement als neue Patronin. Es ist ihr zu verdanken, dass die Instandsetzung und Möblierung des Landsitzes so vollendet wurde.“ Quadri überlegt einen Moment und sagt dann etwas leiser: „Man könnte denken, dass ich Ihre Frage umgehen will, aber das Projekt verkörpert etwas, an das ich wirklich glaube: Veränderungen hängen von einzelnen Menschen und individuellen Wertevorstellungen ab.“ Doch gerade mit dieser subversiven Aussage nimmt sich der Italiener bescheiden zurück: „Ich habe dort nichts anderes gemacht, als Giulianas Vorstellungen und Entscheidungen umzusetzen. Es ist ihre Leistung.“ Er holt an dieser Stelle noch weiter aus, lobt Rossets Engagement im Landschaftsschutz und ihre Begeisterung für den klassischen Weinbau – aber irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass etwas „faul“ ist. Also muss 98
ein kleines Ablenkungsmanöver her – oder ein Trick aus der Journalistenzauberkiste: Wer ist seine Mäzenin Giuliana Rosset? 1990 gründete sie die italienische Modemarke Napapijri im Aostatal, die zunächst in ihr Unternehmen Green Sport Monte Bianc0 gehörte. Der Name Napapijri bedeutet auf Finnisch „Polarkreis“ und legt nahe, dass es zunächst weniger um Bademode als um Skibekleidung und Taschen ging. Der Erfolg stellte sich ab 1997 mit Herren-Sportswear ein. Sieben Jahre später ging das Label an den US-amerikanischen Textilkonzern VF Corporation. Bis heute liegt die Steuerzentrale in Lugano, von wo aus die Expansion gesteuert wird. Der erste amerikanische Shop in Soho vor elf Jahren, die Aufnahme von Schuhen und Accessoires im Jahr darauf, sowie 2008 der Launch einer eigenständigen Damenkollektion. „Giuliana und ich haben uns über Andrea Host Ivessich kennengelernt, der in der Modebranche einen Namen hat und mit dem ich für verschiedene Projekte bereits zusammengearbeitet hatte.“ Quadri nennt Labels wie Barbour, Baracuta und Animal House – die Liste wäre zu lang. „Andrea war einige Jahre der Marketingdirektor von Napapijri. Er hat uns vorgestellt, aber es hat lange gedauert, bis wir uns mochten“, erzählt der Architekt, der in Mailand auch eine angesagte Galerie für Vintagemöbel
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Die Küche erhielt Fliesen aus Portugal. Zur Mittagspause lädt die Liege „Pernilla“ von Bruno Mathsson für Dux aus Schweden. Linke Seite: Der Wohnbereich wurde mit Stoff von Gastón y Daniela ausgekleidet. Die Sessel gestaltete Margarete Köhler für die Stockholmer Firma Futurum in den 1930er-Jahren. Quadri kombinierte dazu eine Stehleuchte von Uno & Östen Kristiansson für Luxus. In einem der Gästeschlafzimmer im Haupthaus steht ein Ledersofa aus den Fifties. Børge Mogensen entwarf es, heute bei Fredericia. Das Bett im Hintergrund entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vergleichbar mit dem deutschen Biedermeier. Die Hausherrin platzierte darüber einer alte Blumen-Boiserie aus Frankreich.
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REPORTAGE !
International: Neben dem eisernen Doppelbett aus den französischen Sixties platzierte eine schwedische Wandleuchte von Osten Kristiansson für Luxus, darunter einen dänischen Coffeetable aus Teak. Linke Seite im Uhrzeigersinn: Das Lederbett ist ein Poltrona-Frau-Möbel aus den Seventies, der „Butterfly“-Chair wurde mit Leder in der gleichen Farbe bespannt. Das Sideboard von Hans J. Wegner entstand bei Ry Mobler in den Fifties. Badezimmer mit Tapete von Josef Frank für Svenskt Tenn, dazu Fliesen aus Portugal.
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So sehen die Medici von heute aus. Giuliana Rosset linke Seite genießt ihre wenigen freien Stunden mit der Familie. Die OutdoorKüche steht in Poolnähe. An den Hängen gibt es große Weingärten, die Rosset rekultivieren ließ. „Ihre Rebstöcke hier in San Casciano helfen Antinori, einen der bedeutendsten Weine in der ganzen Welt zu produzieren“, verrät der Architekt Nicola Quadri.
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FOKUSSIERUNG REPORTAGE !
und Design-Editionen führt. „Ich habe 1990 angefangen und war der Erste, der skandinavische Entwerfer nach Italien brachte. Ohne den Kunsthandel wären meine Bauprojekte nicht vorstellbar und umgekehrt.“ Auch Giuliana Rosset ist Kundin bei „Altea+Galleria Nicola Quadri“ in der Via Bergamo 7, und so verwundert es nicht, dass in ihrem Anwesen einige große Entwürfe der skandinavischen Moderne vertreten sind. „Giuliana ist eine knallharte Unternehmerin und sehr leidenschaftlich bei Dingen, an die sie glaubt. Für einen Architekten ist sie eine Wunschkundin. Sie respektiert meine Arbeit und unterstützt und verteidigt mich. Aber wehe es unterläuft ein Fehler oder man hält sich nicht an die Absprachen. Fehler und Verfehlungen sind nicht gestattet. Sie kontrolliert jeden Schritt, weil sie ähnlich hohe Anforderungen im Berufsleben stellt.“ Man versteht jetzt, warum Quadri manche Fragen elegant umschifft. Tatsächlich verstehen sich die beiden inzwischen so gut, dass er von Rosset mit der Gestaltung der ersten schwedischen Brasserie in Mailand beauftragt wurde. „Ohne San Casciano und zwei weitere Projekte, die wir zwischenzeitlich umgesetzt haben, würde es «Bjork» nicht geben. Man kann die Idee nicht schnell einmal in ein paar Gedanken fassen“ – Interessenten können sich das Restaurant in der Via Panfilo Castaldi 20 anschauen –, „aber es verkörpert meine Philosophie bis ins Detail. Es ist meine Interpretation von Nordic Style und basiert auf fundiertem Wissen und geschichtlichen Kenntnissen von der Skandinavischen Moderne, deren Protagonisten ich bewundere so wie Gunnar Asplund in Schweden und Arne Jacobsen in Dänemark.“ Auch wenn die Einrichtung von San Casciano eine Hommage an die Nordlichter ist, ging Quadri bei der Restaurierung des Anwesens ganz behutsam und sehr italienisch vor. Das heißt vor allem keine Totsanierung. „Als mich Giuliana das erste Mal dorthin mitnahm, bat ich sie um Zeit, über das Projekt nachzudenken. Abgesehen von der Konzeption ging es mir auch um Generelles: Warum hatte sie einen Landsitz dieser Größe erworben? Was waren ihre Auswahlkriterien?“ Das Haupthaus stammt aus dem Mittelalter und lag an einem Pilgerweg nach Rom. Im Inneren gibt es Fresken, die in die Renaissance datieren. „Man sagt, dass sie von Masaccio stammen, der ganz in der Nähe 1422 eine Dorfkirche ausmalte“, erklärt der Architekt und fährt fort: „Ich habe ihr geraten, die historische Anmutung des Gebäudes und seiner direkten Umgebung zu belassen. Klassik außen und innen ein moderner 104
Mix, ein Kontrast! Das ist bei mir oft so. Wir haben dann eine komplette Analyse gemacht, in der es um den Stil und einige Referenzbeispiele ging. Am Ende habe ich Giuliana um eine Carte Blanche für die Planung gebeten.“ Quadri erhielt sie, und er begann nochmals von vorne, denn Rossets „Go“ war wie ein Befreiungsschlag, insbesondere für die Einrichtung. Eigentlich geht es um zwei verschiedene Gebäude, denn Quadri nutzte die Steine eines abzureißenden Anbaus vom Haupthaus für ein neues Gästehaus. „Die grundlegende Idee dieser beiden Projekte war eine originalgetreue Rekonstruktion des mittelalterlichen Baus unter Verwendung authentischer Materialien und Techniken. Als Gegner von pseudo-historischen Sanierungen sind die Interior-Konzepte der totale Kontrast. Die Einrichtung des Haupthauses ist eklektisch mit einer eleganten Note, während wir uns im Gästehaus erlaubt haben, einen Schritt weiterzugehen – vielleicht in Richtung Pop.“ Die beiden Wohnwelten sind tatsächlich sehr verschieden, und dennoch spielen in beiden die Vintage-Protagonisten der skandinavischen Moderne die Hauptrolle. „Mein Respekt für Kultur ist angeboren. Ich bin immer neugierig und habe große Freude an meiner Arbeit“, sagt der Architekt, dem man dieses Credo sofort abnimmt. Derzeit arbeitet Quadri auf den Balearen. „Im Laufe der Zeit habe ich mich auf Feriendomizile spezialisiert. Egal ob Apartment-Architektur oder die Instandsetzung von großen Fincas, beides ist immer für ein High-End-Klientel.“ Gefahren durch den Tourismus für die einzelnen Regionen sieht Quadri weniger: „Die Italiener, die sich darüber aufregen, liegen nicht nur grundlegend falsch, sie sind Idioten. Wir sollten dankbar sein, speziell in der Toskana. Der Tourismus lässt unsere Wirtschaft florieren. Aber es wäre eine Aufgabe der Behörden, die Zerstörung historischer Bausubstanz zu unterbinden. Nur so lassen sich die besonderen Orte und schönen Stellen in dieser Gegend erhalten. Es ist nach wie vor möglich, die Toskana zu genießen.“ Und dann kommt der Italiener richtig ins Schwärmen: „Jede Region in unserem Land hat ihre faszinierenden Seiten, und überall spürt man die klassische Kultur und die Jahrtausende der Geschichte. Doch die Toskana gehört zu den Attraktionen. Die Landschaft ist weich und romantisch und inspirierte Künstler aller Sparten zu einer einzigartigen Eleganz. Mir gefällt die Toskana dort am besten, wo die Natur noch prägend ist, wo sie sich ihre Würde erhalten hat. Eine echte und raffinierte Eleganz, die alles in Balance hält und perfekt funktioniert.“ Kurz: ein Ort wie San Casciano.
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Die Auffahrt linke Seite gibt eine Vorstellung von der Größe des Landguts, das ein neues Gästehaus erhielt, diese Seite: Über dem Esstisch hängen Leuchten von Finn Juhl, dahinter vergoldete Vintage-Landkarten und darüber Akte von Guido Bottazzo. Der Kaminofen von Stig Lindberg.
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Das Stadtbad der Gegenwart ist zwar klein, doch voller Luxus (Victoria + Albert). Mehr zur effektiven Platznutzung gibt es ab Seite 118.
Alles zum Mitnehmen, bitte: Wie Labels ihre Produkte neu konzipieren. Sinnvoll auch den kleinsten Raum nutzen, Lösungen für Bad, Küche und Wohnbereich. W!D 4/2016
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Will ein Produkt erfolgreich sein, muss es den Spagat zwischen Aktualität und Langlebigkeit schaffen. Wie das geht? AGROB BUCHTAL Adelheid Bannach ist Leiterin der Zentralen Designentwicklung der Marken Agrob Buchtal und Jasba. Ihre Farbprognose für die kommenden Jahre: vor allem tertiäre Kolorierungen. „Farben, die sanft mit Grau abgetönt werden, die im positiven Sinn verwaschen aussehen. Sie haben ihren Ursprung in der Natur. Basierend darauf haben wir im letzten Jahr, nach über drei Jahren Entwicklungsarbeit in Zusammenarbeit mit dem Farbexperten Peter Zoernack, unser neues Architektur Farbsystem ChromaPlural eingeführt. Das Farbkonzept ist für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren angelegt, und es lassen sich daraus auch Tendenzen für den privaten Wohnbereich ableiten. Bei Bodenfliesen begleiten uns die Farben
Schlamm und Graubraun schon einige Jahre. Jetzt werden diese Farbtöne durch eine Vielzahl an neuen Brauntönen ergänzt. Kräftiges Terra, vielschichtiges Cotto und dunkle Braunmischungen. Die Lebendigkeit der Natur wird durch Matt-Glanzeffekte, Glimmerzusätze und Reliefstrukturen im Material Keramik eingefangen. Die Farbe Cotto oder Terra steht ganz allgemein für Erde. Unbewusst spricht diese Farbe unsere Sehnsucht nach einer Verbundenheit mit der Natur an. Damit einher geht das Gefühl von Geborgenheit, Sicherheit, vielleicht auch Langsamkeit – ein Gegenpol zur allgemein immer schnelllebiger werdenden Welt um uns herum, “ so Bannach.
NIMBUS Der Stuttgarter Architekt Werner Sobek ließ die LED-Leuchten von Nimbus, unter anderem aus der Serie Modul Q 36, in einem Niedrigenergiehaus im französischen Massif Central einbauen. Das transparente Obergeschoss erstrahlt nun gleichmäßig und äußerst klar. „Es ging uns darum, auch beim Licht eine hohe technische Qualität mit einer exzellenten Gestaltungsqualität zu verbinden“, so der Architekt. 108
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THG Skulpturales Baddesign: Die 3-Loch-Waschtischbatterie stammt aus der „O“-Kollektion von Christofle für THG. Andrée Putmann entwickelte den Ring 2002 für den französischen Hersteller von Silberbesteck. „Er ist weder kreisrund noch oval, er hat eine leichte, flache Wölbung und steht in Perfektion für zeitgenössischen Luxus.“ Grund genug, die Form auch ins Badezimmer zu bringen: die sinnlich geschwungene Linie scheint nun die Bewegung des Wassers widerzuspiegeln. Selten, dass es eine einzelne Form in so viele Sparten schafft, denn der berühmte Ring lässt sich inzwischen ebenso als Tisch- und Wohnaccessoire wie als eigene Schmuckkollektion finden. Das lässt darauf schließen, dass wenn etwas den Puls der Zeit trifft, sein Erfolg fast schon ein Selbstläufer wird. Ob sich die französische Grande Dame des Designs dessen bewusst war, als sie einst den Entwurf dazu zeichnete? Eines ist jedenfalls sicher, die Reduzierung auf das Wesentliche ist meist die richtige Entscheidung. Weniger ist eben oftmals mehr.
BRÜHL Sessel und Zweisitzer gehören zur „Muskat“-Serie und zeigen erneut die Handschrift von Kati Meyer-Brühl. Die Form besteht aus einem einfachen Buchholzrahmen; Segeltücher in Blau-Tönen oder Natur bilden eine warme und harmonische Sitzauflage. Abnehmbare Armlehnpolster und abziehbare Textilbezüge machen die Möbel enorm wandelbar. Durch das offene Design vermitteln sie eine natürliche Leichtigkeit. Die Kollektion ist in vielen bunten Farben erhältlich und so versprüht sie sowohl Abwechslung wie auch Lebensfreude.
POGGENPOHL Die technisierte Küchenlösung von Poggenpohl: „P´7350“ ist bereits die zweite Kooperation mit dem Design Studio F. A. Porsche. Technisch ausgeklügelt und aufwendig produziert; die Front läuft in der Gehrung mit dem Korpus zusammen und bildet eine filigrane vertikale Linie. Zusätzlich
wird der Gehrungsschnitt mit einem Aluminiumprofil in Edelstahloptik belegt. Die Synergie der beiden Unternehmen zeigt sich also in einer ungewöhnlichen und präzisen Fertigungstechnik. Auch die Blenden aus gebürstetem Aluminium gehören zum unverwechselbaren Design dieser Kooperation. | ed W!D 4/2016
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LIGNE ROSET Marie Christine Dorner gehört zu den Stars der Innenarchitekturszene Frankreichs. Auch als Möbeldesignerin ist sie tätig, wobei – wie sollte es anders sein – ihre Möbel eine stark architektonische Formsprache tragen. So legt sie mit der Polstermöbelserie MCD bei Ligne Roset eine Sitzgruppe vor, welche äußere Haltung und innere Gemütlichkeit schön kombiniert. Die Außenseite ist mit Nähten quadratisch abgesteppt, das Innere definiert sich durch feine Fadenabsteppungen. Die Innenarchitektin, Designerin und Bühnenbildnerin ist vielfältig aufgestellt – sei es für das Hotel „La Villa“ in St. Germain des Prés, das Restaurant der Comédie Française, der Präsidentenbühne für den französischen Nationalfeiertag oder die Stadtgestaltung der südlichen Metropole Nîmes.
BLANCO Bei der Küchensanierung geht es nicht um etwas Kurzfristiges – im besten Fall ist eine grundlegende Erneuerung und Umgestaltung eine Investition für Jahre. Deshalb gilt es, auch die Details zu bedenken. Blanco bietet für Spülbecken und Armaturen optisch ansprechende Modelle in einer breiten Farbpalette an. Von warmen Farben über Metallvariationen bis hin zum klassischen Weiß sind den gestalterischen Wünschen kaum Grenzen gesetzt. Schön sind farblich aufeinander abgestimmte Kombinationen – wie hier im Falle der Armatur Linee-S in zweifarbiger Ausführung, abgestimmt auf Silgranit-Spülen in der Farbe Cafe.
B&B ITALIA Nach den alten Rüstungen japanischer Samurai, welche sich durch ein Übereinanderlegen mehrerer Schichten Leder auszeichneten, ist die Kollektion „Do-Maru“ von B&B Italia benannt. Der Sessel besteht aus mehreren ineinandergefügten Schalen, der Bezug kann wahlweise aus Stoff oder Leder sein. Entworfen wurde er von den Designern Nipa Doshi und Jonathan Levien, deren Design sich stets durch eine experimentelle Formgebung auszeichnet. Die gebürtige Inderin und der Schotte sind seit dem Jahr 2000 beruflich wie privat ein Dreamteam. Die Vorderbeine des Sessels sind schlank gehalten, die Hinterbeine sorgen für Stabilität, was an ein Modell von Jean Prouvé erinnert – japanische Kriegskunst und französisches Design werden so in einem Londoner Designstudio friedlich vereint. Ein apartes Möbelstück, welches so manchem Raum ein besonderes Ambiente gibt. 110
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LEICHT Küchentraum im Gemeinschaftsraum: Inmitten einer Wohnresidenz in Tainan im Südwesten Taiwans liegt dieses Community Clubhouse. Auf drei Ebenen stehen neben großzügigen Räumen zur Erholung Wellnessbereiche und Yogaräume zur Verfügung. Zentrales Anliegen des Architekten Keng Fu Lo war es, Raum für Begegnung der Anwohner zu schaffen. Ein Herzstück dieses Konzepts ist die hochwertige Küche von Leicht. Dunkle Farbtöne, edle Hölzer und dezentes Licht schaffen ein angenehmes Ambiente. Durch die Platte, welche als Bar dient, wird die wuchtige Kochinsel aufgelockert. Um optisch nahtlos in den Loungebereich überzugehen, wurde besonders auf die Oberflächen geachtet. Die grifflosen Fronten unterstützen das.
MERITALIA Anlässlich der 55. Mailänder Möbelmesse taten sich Meritalia und Drumohr – ein 1770 in Schottland gegründetes Textilunternehmen der Spitzenklasse – zusammen und entwarfen mit „Panorama“ einen echten Hingucker. Mit dem Fiat 500, einem unvergleichlichen Designklassiker der Automobilgeschichte als Modell, entstand so eine wunderbare Hommage an italienisches Design. Allerdings mit feinstem Stoff von Drumohr, welcher so auch gerne mal von Promis des internationalen Jet-Sets getragen wird. Als Drumohr-Fan und natürlich als eine besondere Symbolfigur jener Kreise gilt bis heute Gianni Agnelli – genau jener Herr, welcher Fiat als „Kronprinz der Autoindustrie“ in seine besten Zeiten führen sollte. Und wie es sich für Italien gehört, bleibt alles in der Familie. Der Designer der Kollektion ist – wie sollte es anders sein – Lapo Elkann, der Enkel des Signor Agnelli. | wh
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STAHLRÖSSER Kein Schnickschnack, keine Specials, kein Lametta, stattdessen rund 13 Kilo Fahrspaß pur. Das bieten die Fahrräder „Paul“ und „Paula“ von Retrovelo. Das kleine Label spezialisierte sich 2003 auf manufakturgefertigte Fahrräder, die herrlich aus der Zeit gefallen wirken – und hatte damit auf Anhieb Erfolg. Ab 1.300 Euro beginnt der Traum vom maßgeschneiderten Fahrrad. „Stilistisch sind wir eklektizistisch aufgestellt“, so Firmengründer Frank Patitz. Was bereits andeutet, dass den Wünschen der Kunden keine Grenzen gesetzt sind. In Tiefschwarz haben die Drahtesel etwas vom Look der fünfziger Jahre, knallbunt lassen sie die wilden Siebziger lebendig werden. Ganz Mutige greifen zu Rahmentaschen oder Lederlenkkorb.
MOBILITÄT Verstopfte Straßen, schlechte Luft, schlechte Laune. Der amerikanische Erfinder Dean Kamen war den Verkehr in den Großstädten leid. Etwas Neues sollte her – klein, mobil, emissionsfrei. Und so erfand er einen elektrisch angetriebenen Ein-Personen-Roller mit zwei auf derselben Achse liegenden 112
Rädern. Finanzielle Unterstützung bei der Konstruktion des Vehikels erhielt er von zahlreichen Prominenten, wie etwa Steve Jobs, der davon ausging, dass sie eines Tages die Städte dominieren werden. Auch wenn diese Prophezeiung sich wohl eher nicht verwirklicht hat, sind Segways nicht mehr wegzudenken.
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ZUKUNFTSVISION BMW feiert 2016 unter dem Motto „THE NEXT 100 YEARS“ sein hundertjähriges Jubiläum – und gibt sich dabei gewohnt selbstbewusst. Mit dem Prototyp BMW „Vision Next 100“ wird ein umfangreiches Konzept vorgestellt, wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll. Der Premiumhersteller
geht davon aus, dass auch der Fahrer der Zukunft mit einem BMW vor allem selbst fahren will und ihm intelligente Technik hilfreich zur Seite steht: Innovative Technologien in intuitivem Design verpackt, mithilfe derer er zum perfekten Piloten wird, zum „Ultimate Driver“. Selbst steuernd, bleibt ihm der sportliche Fahrspaß komplett erhalten. „Wer Teil der Zukunft sein will, der muss sie gestalten“, sagt Harald Krüger, Vorsitzender des Vorstandes der BMW AG. Mit dem „Vision Next 100“ hat BMW zumindest schon mal ein verdammt elegantes Modell gestaltet.
TRAUMSCHIFF Luxus pur garantiert Riva 100´ Corsaro. Mit einer Gesamtlänge von 30 Metern hat die exklusive Yacht nicht nur geräumige Salons sondern vor allem viel Freiraum zum Entspannen und Genießen. Auf der Flybridge – der überdachten Außensteuerstelle des Daches – sorgt die luftig wirkende
Überdachung für einen exzellenten Rundumausblick, garantiert aber gleichzeitig, dass bei maximal 29 Knoten Geschwindigkeit in der stärkeren Motorenvariante der Gin Tonic nicht vom Winde verweht wird. Die Garage für Beiboot und Jet-Ski kann auf Wasserhöhe herabgelassen werden und fungiert als Landungsbrücke – möglich macht das ein neu entwickeltes System. Innovative Konstruktionen, exklusivste Verarbeitung, verpackt in kraftvollem Design – beste Voraussetzungen, den Markt zu beherrschen. Qualität setzt sich eben letzten Endes durch. | wh W!D 4/2016
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MOBILITÄT EXPERTENGESPRÄCH !
Entschleunigung folgt Beschleunigung Im Schnitt verbringt ein deutscher Berufspendler 14 Jahre seines Lebens im Auto. Was wäre, wenn er sich in dieser Zeit nicht mit dem Steuern des Fahrzeuges beschäftigen müsste?
Mobilität bedeutet Stress: Stau, Termindruck, Zeitverlust. Die Urbanisierung wird diese Faktoren verschärfen. Die Fahrzeugdichte nimmt drastisch zu; Lebensraum wird knapper. Gleichzeitig bleibt der Bedarf der Menschen an Privatheit und Erholung unverändert. Mercedes-Benz reagierte auf diese Entwicklung mit dem Forschungsfahrzeug F 015. Das Auto wird zum Wohnraum, Ort der Kommunikation und Entspannung. Einzige Voraussetzung: das Auto fährt autonom. Vera Schmidt, Leiterin Mercedes-Benz Advanced Digital Design, und Alexander Mankowsky, Zukunftsforscher Daimler AG, über virtuelle Realitäten, warum digital nicht mehr cool ist und welche Rolle Enten dabei spielen: 114
Wenn mein Fahrzeug zum Wohn- oder Arbeitsraum wird, wähle ich dann in Zukunft meine Ausstattung nicht mehr zwischen AMG und Exclusive Line sondern zwischen Meeting Room und Scandinavian Living Room? Vera Schmidt: Wir gehen in Zukunft davon aus, dass die Interaktionen, die ich im Fahrzeug erleben kann, immer wichtiger werden. Vielleicht wird es tatsächlich so sein, dass ich mir die Innenräume und Features speziell nach meinen Bedürfnissen anmiete. Und dabei bin ich, anders als zu Hause, mobil. Alexander Mankowsky: Was früher Customizing war, betraf meistens das Exterior. Zukünftig steht vor allem das Interior-
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Design im Fokus. Es wird spannend sein, das mit der Digitalisierung zu verknüpfen, also ohne Holz und Knete das Auto umzubauen. Die Gestaltung durch Licht, verschiedene Oberflächen oder flexible, also bewegliche Möbel werden große Quellen sein, uns von anderen Herstellern abzuheben. Vera Schmidt: Wenn wir den Fahrzeug-Innenraum in Zukunft als etwas sehen, das die Membran zur Außenwelt bildet, kann man sich vorstellen, welche Rolle die Digitalität spielt. Bin ich neu in der Stadt oder ein Tourist, hat das natürlich ganz andere Auswirkungen, als wenn ich mit Kindern unterwegs bin, die einfach spielen wollen. Diese neuen Räume sollen all das bieten können. Alexander Mankowsky: Membran ist ein gutes Stichwort. Heute gibt es zwei Varianten: Entweder kleben die Leute die Scheiben mit schwarzer Folie zu – da fragt man sich, was sie zu verbergen haben –, oder die Scheiben sind frei. Das kann für die Insassen unangenehm sein, denn gerade beim autonomen Fahren hat man Zeit zu schauen, wer neben einem her fährt – es entsteht eine Art Peep-Show-Effekt. Die intelligenten Scheiben reagieren auf Handbewegungen und öffnen digitale Bedienfelder. Es gibt ganz neue Möglichkeiten, sich nach außen darzustellen, ähnlich wie bei Facebook. Die Hülle wird zur Kommunikationsfläche. Herr Mankowsy, wie kam es zu Ihrer Aussage „Viele Menschen haben inzwischen das Bedürfnis, sich wieder von der ganzen Technik zu entfernen. Digital ist nicht mehr so cool.“? Alexander Mankowsky: Als Erstes durch Beobachtung: Wenn sich junge Leute frei bewegen können, fangen sie wieder an Karten zu spielen, gegenseitige Nähe zu suchen oder zu picknicken. Aus dem Blickwinkel meiner Generation sind das merkwürdig altmodische Verhaltensweisen. Ein anderes Erlebnis hatte ich in
San Francisco in einer In-Kneipe. Die Leute haben sofort Kontakt zu mir aufgenommen, obwohl es frühmorgens war. Ich überlegte, woran das liegt, bis ich ein Schild gesehen habe, auf dem „No Wi-Fi“ stand. Darunter erklärten sie, dass das Wi-Fi während einer Renovierung zeitweise abgeschaltet war. Die Resonanz war so positiv, dass sie es nicht wieder eingeschaltet haben. Ich habe auf einem Kongress Journalisten zu meiner Aussage befragt. 80 Prozent haben sofort zugestimmt, nur die Web-Journalisten waren anderer Meinung. Unser visueller Sinn ist durch die Digitalisierung überstrapaziert, es wird ganz automatisch eine Reduktion stattfinden. Das ist vergleichbar mit elektrischem Strom: Ich will nicht darauf verzichten, keine Frage, aber zu sagen: Ich habe eine Steckdose. Top! Das macht keiner mehr. Erich Schöls, Leiter des Steinbeis-Forschungszentrums Design und Systeme, rechnet künftig mit einem Auto, das den Mitfahrern virtuelle Realitäten liefert. Ist das Wetter schlecht, zeigen Bildschirme die Landschaft bei gutem Wetter. Geht in einer solchen Vorstellung der Realitätsbezug nicht vollkommen verloren? Alexander Mankowsky: Im Gegenteil: Wir nehmen unsere Umwelt anders wahr. Angenommen, wir fahren durch eine Stadt und sehen ein Schild, das „Rose Creek“ lautet. Es steht direkt vor einem Betonpfeiler. Wir fragen uns, woher der Name kommt. In so einer Situation wäre es doch total spannend umschalten zu können und sich die Umgebung unbebaut zeigen zu lassen. Dann würden wir auch verstehen, dass hier der Rosenbach floss. Also dient die Funktion der Erweiterung der Realität. Alexander Mankowsky: Ja genau. Noch ein Beispiel sind Storymaps. An den Autobahnen gibt es viele dieser braunen Schilder; zum Beispiel mit dem Hinweis „Zollernalb“. Das ist kürzer als
Linke Seite: Ein virtueller Zebrastreifen, der mithilfe eines Lasers auf die Straße projiziert wird, signalisiert den Passanten: das Überqueren der Straße ist gefahrlos möglich. Stereokameras, Radar- und Ultraschallsensoren liefern umfangreiche Daten über die Umwelt. Diese Seite: Ein LED-Leuchtmodul am Heck warnt die nachfolgenden Fahrzeuge mit dem Schriftzug „Slow“, dass sich der vorausfahrende Verkehr verlangsamt. W!D 4/2016
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Twitter. Man weiß dadurch rein gar nichts über die Region. An diese Schilder könnten wir – ähnlich wie bei Snapchat – Informationen knüpfen, die ich in meinem Auto abrufen kann. Bewohner, die etwas erzählen und plötzlich haben wir einen emotionalen Bezug zu der Region. Das ist technisch möglich. Wir kommen weg vom reinen Transport von A nach B. Der Weg wird zum Ziel, wie die Hippies gesagt haben. Vera Schmidt: Wenn ich momentan durch eine Umgebung fahre, sind die Informationen um mich herum tot. Es sei denn, ich werde mit Werbung bombardiert. Unser Ziel ist es die Umgebung aufzuwerten. Es steht nicht der Gaming-Effekt im Vorder116
grund, stattdessen werden Informationen abgebildet, die ich über meine Umgebung wissen möchte. Zum Beispiel, wie eine Gegend vor 20, 40 oder 50 Jahren aussah. Wie stellen Sie sich die mobile Zukunft in 20 Jahren vor? Vera Schmidt: Wir werden die Möglichkeit haben autonom zu fahren und dabei sind wir flexibel, für kürzere Strecken Car-Sharing-Dienste in Anspruch zu nehmen. Der Nutzer kann per Download den Fahrzeuginnenraum und Inhalte an seine individuellen Bedürfnisse anpassen und ist dabei nicht an eine feste Konfiguration gebunden. Das wird unabhängig davon sein, ob ich ein Auto miete oder mein eigenes fahre. Wir werden die
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Informationsflut reduzieren und bilden nur das ab, was wir persönlich benötigen. Wenn sich das Fahrzeug autonom bewegt, wird es eine ganz andere Differenzierung der Informationen geben. Ich trage nicht mehr die Verantwortung das Auto sicher zu steuern. Meine Geschwindigkeit, der Füllstand, ob ich links oder rechts abbiegen muss; all das muss nicht mehr zwingend abgebildet werden. Inhalt und Komplexität der Informationen müssen daher angepasst werden. Dadurch entstehen ganz neue Möglichkeiten, die Umwelt in das Auto zu holen. In den neuen mobilen Räumen werde ich anders kommunizieren und sicherlich nicht mehr in das kleine Fenster eines Smartphone starren. Das wird sich in zwanzig Jahren auflösen. Alexander Mankowsky: Sicherlich wird es eine große Vielfalt an Verkehrsmitteln geben. Der Status und die Botschaft, die ich nach außen sende, werden noch sehr viel wichtiger werden. Durch die fortschreitende Digitalisierung wird das noch einfacher werden. Die Leute können das Auto an sich selbst anpas-
sen, sei es rotglänzend oder leuchtend. Auch der Gütertransport wird sich drastisch ändern. Das ist natürlich skalierbar. Was uns aus heutiger Sicht am merkwürdigsten vorkommen würde: In Zukunft könnte hier jemand vorbeilaufen und wie bei einer Ente und ihren Kücken, rollen ihm vier Pakete hinterher – eine Art Enten-Platooning (lacht). So etwas wird dann möglich sein. Wir würden uns wundern, was wir heute alles mit uns rumschleppen. Und wir werden es skurril finden, dass wir mit einem Auto in einem Stau stehen und einfach nichts tun. Das Miteinander wird sozialer, kommunikativer und aufgeschlossener sein. Wenn wir heute an die Sharing-Dienste denken, ist alles normiert. Das ist bei Fahrrädern noch viel krasser. Ich sitz auf einem steinschweren, unzerstörbaren Teil und frage mich, ob ich das überhaupt will? Diese Dinger werden in Zukunft nicht mehr so einheitlich sein. Die Fahrzeuge werden sich von selbst auf dich einstellen. Meinetwegen auch die passende Farbe zum Pullover annehmen. Es wird eine bunte Welt werden. |mlm
Linke Seite: Vera Schmidt übernahm vor einem Jahr Aufbau und Leitung der neuen Advanced Digital Design Abteilung bei Mercedes-Benz. „Die Außenwelt, in der sich das Auto befindet, wird immer wichtiger. Mitfahrer erhalten zum Beispiel Informationen über die Umgebung oder Events in unmittelbarer Nähe.“ Rundum integrierte Displays ermöglichen die Darstellung dieser Informationen und die Kommunikation mit der Außenwelt. Diese Seite: Alexander Mankowsky gestaltet bereits seit 1989 durch seine Forschung die Zukunft der Automobilbranche aktiv mit. Das Forschungsfahrzeug F 015 kann autonom fahren oder manuell gesteuert werden, weshalb die Lounge-Chairs drehbar sind. „Im Innenraum hatten wir die Freiheit, ein üppiges Raumangebot mit einem luxuriösen, modernen LoungeCharakter zu schaffen“, erklärt Gorden Wagener, Design-Chef der Daimler AG. W!D 4/2016
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MOBILITÄT ! 1 | Trolley „Box“ fährt in seine Einsatzgebiete auf vier Rädern, ab 340 E, Bordbar. 2 | Sessel „Ch-air“ erfordert einen langen Atem. Ob leer oder aufgeblasen: der Sessel wiegt 3,8 Kilogramm; ca. 170 E, Fatboy. 3 | Die zwei flexiblen Elemente des „Multichair“ können je nach Ausrichtung als Stuhl oder lässiger Sessel genutzt werden; um 2.110 E, B-Line. 4 | „Åhus“ spart den Beistelltisch. Blå Station. 5 | „Bonsai“-Kollektion, Arflex. Herstellerinfos S. 140.
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Wo geht‘s hin?
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Unser Umzugs- und Wohnverhalten diktiert der Möbelbranche Flexibilität und Mobilität. Wohnungen in Megastädten werden immer kleiner. Was sich in Städten wie Tokyo und New York bereits zugespitzt hat, ist auch in deutschen Metropolen ein nicht aufzuhaltendes Phänomen. Die Gründe dafür sind vor allem in der wachsenden Mobilität und Urbanisierung zu finden. Nie haben mehr Menschen in Städten gelebt und sind öfter umgezogen als heute. Die Ursachen beider Megatrends sind vielschichtig. Städte bieten nach wie vor attraktive Ar-
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beitsmöglichkeiten und abwechslungsreiche Freizeitangebote. Das größte Problem ist, dass der Wohnraum für die Bevölkerung kaum noch bezahlbar ist. Innovative Ideen sind gefragt, um das Maximum aus kleinen Flächen herauszuholen. Ein cleveres Wohnkonzept bot der Hongkonger Architekt Gary Chang, der durch verschiebbare Wände 24 Zimmer auf 32 Quadratmetern unterbrachte. Ebenso ganzheitlich ist das Wohn-Sharing-Konzept von Mini, ab Seite 126. Weniger radikale und dennoch bemerkenswerte Lösungen zeigt die Möbelbranche. Insgesamt haben Schränke, Regale und Stühle durch Leichtbauweisen ein viel geringeres Gewicht. Der Transport bei Umzügen wird deutlich erleichtert. Häufig erfüllt das Mobiliar mehrere Funktionen oder kann durch wenige Handgriffe auseinander genommen und einfach verstaut werden. Auch kompakte Grundformen, sogenannte Bonsai-Möbel, werden immer beliebter. | mlm
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Wenn der Platz im Wohnzimmer nicht für einen gigantomanischen Lounge-Chair reicht, lautet die Lösung Micro-Sessel. KHODI FEIZ RAUMWUNDER: Während Designer oft über Träume und Visionen sinnieren, sobald sie nach der Inspiration für ein Möbelstück gefragt werden, ist die Antwort des Industriedesigners Khodi Feiz (*1963) ganz klar: „Die Idee für den „Niloo“-Stuhl lieferte ursprünglich ein afrikanischer Geburtsstuhl aus einer Provinz in Zentralkongo. Der Stuhl bestand aus zwei Holzbrettern, die ineinander gesteckt wurden. Das Design war extrem simpel und rudimentär. “ Der Enkel des Artifort-Firmengründers hatte ein solches Exemplar zum Familienbesuch mitgebracht. In den 1950ern nahm sich Designer Theo Ruth dieses Konzept zum Vorbild. Er entwarf für das niederländische Familienunternehmen den „Congo“- und später den „Penguin“-Chair.
„Niloo verwendet das gleiche einfache Prinzip seiner Vorgänger. Der Stuhl besteht aus zwei Elementen. Das hat mehrere Vorteile: Beim Versand kann er in kleine Pakete verpackt werden und auch beim Transport nach Hause ist er sehr viel handlicher. Natürlich kann er ganz einfach auseinander genommen und verstaut werden, wenn er nicht benötigt wird.“ Gerade in kleinen Wohnungen, die keinen Platz für ausladende Lounge-Chairs haben, sind kleine und trotzdem gemütliche Sitzgelegenheiten gefragt. „Klar, die Wohnräume schrumpfen, aber aus meiner Sicht wächst die Lebensqualität. Die Leute erkennen immer mehr, wie wichtig es ist, warme, lebenswerte Räume zu schaffen. Die Einrichtung soll Ausdruck der Persönlichkeit sein.“|mlm W!D 4/2016
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Kaum ein Raum ist so vollgepackt mit Funktionen wie die Küche. Die Design-Ansprüche sind hoch und dennoch halten diese vier Produkte einer genaueren Prüfung Stand.
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1+3 | Das System „KS“ erfüllt alle Ansprüche an eine Küche auf kleinstem Raum. Die Arbeitsfläche ist groß genug für die Vorbereitungen. Beim Kochen sind die Gerätschaften in direkter Reichweite, wodurch lange Laufwege und unnötige Handgriffe entfallen. Selbst das anschließende Dinner kann an Ort und Stelle genossen werden. Giulio Cappellini und Alfonso Arosio entwarfen die Küche für Del Tongo. 2 | Der Tisch „Silhouette“ passt sich der Gästezahl an. Ganz ohne Ergänzungsplatten finden durch wenige Handgriffe zehn Personen Platz statt acht; ab 3.480 E, Naos Italia. 4 | Hinter der Arbeitsfläche befindet sich wertvoller Stauraum. Durch die geringe Regaltiefe auch für enge oder kleine Küchen geeignet, Valcucine. 5 | Dank „Slide & Hide“-Funktion verschwindet die Tür in einem Fach unter dem Backofen, Neff. Infos Seite 140.
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PARIS / 2. bis 6. SEPTEMBER 2016 PARIS NORD VILLEPINTE
AUF DEM GIPFEL DER INSPIRATION IN PARIS
DIE FÜHRENDE EINRICHTUNGSMESSE – TREFFPUNKT DER FACHWELT FÜR INNENRAUMGESTALTUNG UND LIFESTYLE.
WWW.MAISON-OBJET.COM
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INFO@SAFISALONS.FR SAFI ORGANISATION, A SUBSIDIARY OF ATELIERS D’ART DE FRANCE AND REED EXPOSITIONS FRANCE / ZUTRITT NUR FÜR FACHBESUCHER / DESIGN © BE-POLES - IMAGE © DR - ZIMINDMITRY
Wie klitzekleine Schlafräume durch intelligentes Design zu wahren Stauraum-Wundern werden. Im Uhrzeigersinn: „Frame“ ist Raumtrenner, Kleiderschrank und Bett in einem. Clevere Lösung von Monica Graffeo, ab 1.930 E, Twils. Die Garderobe „La Cima3“ gibt es als Decken- und Wandausführung; ab ca. 530 E, Opinion Ciatti. Das Kopfteil „Epopée“ des königsblauen Bettes dient als Bücherregal mit optionalem USB-Anschluss. Die Bank bietet zusätzlichen Stauraum – je nach Wunsch mit Leder- oder Stoffbezug, Treca Interiors. Die Beistelltische „Abra“ entwarf das deutsche Designerduo Eva Paster und Michael Geldmacher. 240/260 E, B-Line. Mitte: Filigrane Strukturen statt massiver Schränke: „Bak“-Kollektion, ab ca. 3.020 E, Frag. Bezugsquellen Seite 140. 122
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Wenn das Arbeitszimmer dem dritten Kinderzimmer oder Kunstatelier der Frau weichen muss, lautet das Zauberwort Mini-Workstation. Oben links: Die Schwenktür des „Ink“-Schreibtischs wird aufgeklappt zur Arbeitsfläche – geschlossen verschwindet das kreative Chaos hinter Nussbaumholz, um 4.680 E, Molteni. Oben rechts: In den Kalbslederschlaufen des „Oscar“-Schreibtisches finden Pläne ausreichend Platz. Zusätzlichen Stauraum bieten die Taschen des Stuhls „Lucio“; 1.280/440 E, Valsecchi 1918. Mitte links: Aus einer Kooperation von Driade und Moleskine entstand ein kleiner und leichter Schreibtisch. Die „Portable Atelier“-Kollektion ist vom Nomadenleben inspiriert, um 1.880 E. Mitte rechts: Durch Accessoires wie Steckdose, Tisch und Mini-Regal wird „Honken“ zur Mini-Workstation, Blå Station. Unten links: Der faltbare „Paxos“-Hocker, um 570 E, Frag. W!D 4/2016
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„Es gehört zu unseren Aufgaben, Veränderungen vorherzusehen und Horizonte zu erweitern“, findet Designer Michael Sieger und entwarf mit seinem Team ein Mini-Spa voller Raffinessen. Ein Luxus-Spa auf sechs Quadratmetern – das klingt auf den ersten Blick illusorisch. Michael Sieger, Designer und Geschäftsführer des Familienunternehmens Sieger Design, sah es als Herausforderung und entwarf das Architekturkonzept „Small Size Premium Spa“, kurz SSPS. Anstoß zu diesem Projekt gaben vor allem gesellschaftliche Trends: Durch den Bevölkerungswachstum und die anhaltende Landflucht wird Wohnraum in Städten immer kostbarer. „Als Designer beobachten wir die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse genau, setzen uns mit neuen technologischen Möglichkeiten und dem ästhetischen Empfinden der Menschen auseinander“, erklärt Michael Sieger. Auf kleinstem Raum wurde eine – auch für zwei Personen nutzbare – vertikale und horizontale Dusche untergebracht. Duschanwendungen im Liegen und Fußbäder entsprechen dem 124
regenerativen Charakter eines Spas; eine ausladende Badewanne wird überflüssig. „Das Bad entwickelt sich zu einem ganzheitlichen Gut, es wird mehr und mehr eine Stütze des menschlichen Gleichgewichts, dient der gesundheitlichen Prävention und gesteigerten Lebensqualität“, findet Michael Sieger. | mlm
Ein Spa auf kleinstem Raum mit luxuriöser Ausstattung: Die vertikale und horizontale Dusche von Dornbracht kann von zwei Personen gleichzeitig genutzt werden. Auch gesundheitsfördernde Anwendungen, wie zum Beispiel ein Gießrohr für Teilkörperduschen, fanden auf gerade einmal sechs Quadratmetern Platz. Das WC „Happy D.2“ stammt von Duravit, die Armaturen sind aus der Serie „Tara“ von Dornbracht. Alle Produkte entwarf Sieger Design. Infos auf Seite 140.
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In einem clever gestalteten Bad bleibt kein Zentimeter ungenutzt – das gilt vor allem dann, wenn Platz und Stauraum knapp bemessen sind. Ein kleiner Raum muss dabei keineswegs den Verzicht auf eine Wellness-Ausstattung bedeuten. Oben links: Den wertvollen Stauraum hinter dem Waschbereich nutzt das Regalsystem „Dot Line“. Es ist der erste Entwurf des jungen Designstudios García Cumini für Agape. Oben rechts: Innenarchitekt und Produktdesigner Stephan Pöppelmann plante ein Bad auf zwei mal drei Metern. „Es war eine spannende Herausforderung. Man braucht viel Kreativität, um Badezimmer für kleine Räume zu entwerfen.“ Wanne „Ios“, Duscharmatur „Tubo 21“ und Waschbecken „Ios 54“ stammen von Victoria & Albert. Unten links: Beim Waschtisch „Folio“ kann die Inneneinteilung der Schublade individuell gewählt werden. Das garantiert eine optimale Platzausnutzung, die genau auf die Bedürfnisse der Besitzer abgestimmt ist, Alape. Unten mittig: Das Waschbecken „Cut“ misst gerade einmal 45 mal 38 mal 12 Zentimeter, Valdama. Unten rechts: Handtuchwärmer „Teso“ wird horizontal oder vertikal montiert. Die angebrachten Stangen schaffen Ordnung im Handtuch-Chaos, Antrax. W!D 4/2016
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Neuer Minimalismus Wie maximaler Spaß auf kleinstem Raum Platz findet zeigt das Wohn-Sharing-Konzept der Marke Mini. „Creative Use of Space“ schrieb sich Mini bereits 1959 auf die Fahne. Was damals für den markanten Stadtflitzer galt, übertrug die urbane Marke knapp 60 Jahre später auf das städtische Leben. Statt einem kleinen Auto zeigte Mini im Rahmen des Salone del Mobile ein ebenso kompaktes Apartment. Die Installation bietet einen möglichen Lösungsansatz für die Problematik des immer knapper werdenden Wohnraums. Zusammen mit ON design – wer kennt sich schon besser mit Microhousing aus, als das japanische Architekturatelier? – und dem Berliner Ingenieurbüro Arup entstand ein Gegenmodell zur urbanen Anonymität. Die Wände des 30 Quadratmeter großen Apartments bestehen aus beweglichen Modulen. Durch das Ausklappen dieser Elemente, kann mit dem Nachbarn die Kücheneinheit, Musikanlage oder Werkbank geteilt werden – das bietet Raum für Interaktionen und Erlebnisse, die allein unmöglich wären. Wie wird sich der urbane Wohnraum bis 2025 verändern? Oke Hauser, Projektleiter „Mini Living“: Der Wohnraum der Stadt der Zukunft wird meines Erachtens von zwei Hauptfaktoren bestimmt werden: Raum und Zeit. Einerseits führt die zunehmende städtische Verdichtung zu einer Verknappung des Raumes und somit zu kleineren Wohneinheiten, andererseits erleben 126
wir einen Wandel von der Besitz- zur Zugangsgesellschaft, das heißt zur individuellen und zeitbasierten Nutzung. Auf diese Tendenzen muss der Wohnraum reagieren. Er wird zukünftig vermutlich dynamischer sein und sich den individuellen Bedürfnissen der Bewohner anpassen: kleine private Wohneinheiten, eingebettet in einen Kontext aus Gemeinschaftsflächen und flexibel buchbaren räumlichen Zusatzangeboten. Diese Zukunftsvisionen gaben vermutlich den Impuls zum Wohnkonzept „Mini Living“. Oke Hauser: Die Marke Mini befasst sich seit jeher mit den Herausforderungen und Bedürfnissen von Großstädtern. In der Stadt findet Mobilität nicht im Vakuum statt, sondern ist in das gesamte urbane Umfeld eingebettet. Wir betrachten die Stadt und die Menschen, die darin leben, ganzheitlich. Daher ist es naheliegend, die Expertise für Raum aus dem Automobilbereich in urbane Wohnkonzepte einfließen zu lassen. Die Installation Mini Living trägt in sich den Kern der Marke Mini „Creative Use of Space“ und zeigt eine mögliche Lösung für den immer knapper werdenden Wohnraum. Das und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sind sicherlich die derzeit größten Schwierigkeiten des großstädtischen Lebens. Oke Hauser: Der Wohnungsmarkt hat kaum auf das Spannungs-
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Oke Hauser (linke Seite), Projektleiter Mini, sicherte sich zur Realisierung der Installation „Mini Living“ die Expertise von Osamu Nishida, ON design, und Jan Wurm, Arup (im Bild auf dieser Seite links und Mitte). „Japanische Architektur hat stets Impulse für den kreativen und effizienten Umgang mit knappem Raum entwickelt, beispielsweise mit den Metabolisten in den 60er-Jahren.“ Das Ingenieurbüro Arup sicherte die technische Umsetzbarkeit. „Beide waren ideale Partner für dieses Projekt“, erinnert sich Oke Hauser.
verhältnis von Urbanisierungsprozessen und sozialem Wandel hin zu dynamischeren Familienstrukturen und Singlehaushalten reagiert. Kleine und flexible Wohnungsangebote sind daher häufig nicht ausreichend vorhanden. Das Prinzip der geteilten Räume kennen viele bereits aus der Studienzeit. Für welche Zielgruppen wurde Wohnkonzept „Mini Living“ entwickelt? Oke Hauser: Die Installation erweitert das bekannte Konzept der
geteilten Räume durch die flexible Möglichkeit, auch autonom zu leben. Sie erfüllt damit das Bedürfnis nach Privatsphäre und bietet zugleich den Mehrwert, in einer inspirierenden Gemeinschaft zu leben und Erlebnisse zu teilen. Mini Living richtet sich an alle, die in dieser Flexibilität einen Mehrwert sehen. Da es sich um eine Installation handelt, geht es uns nicht um konkrete Zielgruppen, sondern darum, möglichst viele Menschen zu inspirieren und über das urbane Wohnen der Zukunft nachzudenken. | mlm W!D 4/2016
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Mode- trifft Produkt-Design Endlich flexibles Sitzen, das ohne technischen Schnickschnack auskommt und sich jeder Lebenssituation anpasst. Kreiert haben es zwei Frauen aus Kolumbien. „Bei mir zu Hause herrscht militärischer Drill, sonst komme ich nicht rum. Man muss straff organisiert sein, wenn man viel will: schön sein, Mutter sein, ins Fitness-Studio gehen, kochen, eine gute Liebhaberin sein – und ich möchte mit meinem Mode-Label berühmt werden. Und das mit einem italienischen Ehemann ...“, sagt Carolina Galan, die zusammen mit ihrer Studienfreundin Lina Obregon ein zukunftsweisendes Sofa in Form brachte. Es heißt „Thea“, wird bei MDF Italia aufgelegt und ist in vielerlei Hinsicht besonders. Zum einen optisch: Seine Frontalansicht ist rechtwinklig, von der Seite wirkt es geneigt und
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die Rückenpartie ist konvex gestaltet. Egal ob als Einzelsofa oder als Sofa-Ecke sieht „Thea“ von allen Seiten gut aus und kann bedenkenlos frei im Raum stehen. Zum anderen funktional: Ohne aufwendige Mechanik bietet es clevere Zusatzfunktionen, die sechs eigens entwickelte Accessoires abdecken: etwa eine Kopfstütze, ein Rückenkissen, in das sich rückseitig Zeitschriften stecken lassen, ein rechteckiges Kissen sowie ein Plaid, in dem ein niedrigeres Rückenkissen verstaut werden kann. Außerdem gibt es optional ein Tablett, das sich über den Sitz der Chaiselongue oder dem Pouf platzieren lässt. Kurz und gut: Zusammen mit dem Baukastensystem ergeben sich vielseitige Möglichkeiten und immer neue Zusammenstellungen. „Wir sind beide Mütter. Wir lieben Design. Wir haben das Konzept für Familien entwickelt. Wir sind Frauen aus Kolumbien. Dort hat man einen anderen Lebensstil“, ergänzt Obregon. Schon während ihres Industriedesign-Studiums an der dortigen Medellín Universität begeisterte sie sich für MDF Italia. Seit ihrem Wechsel nach Mailand stand sie mit der Firma in Kontakt. Als sich dann endlich ein Briefing für ein Sofa ergab, bat Obregon ihre Freundin Galan um Support, die nach Architektur und Innenarchitektur in die Mode gewechselt war und in Mailand ein exklusives Label führt. „Ich brauchte ein Kleid für mein Sofa“, so Obregon und damit war der Ausgangspunkt für das Produkt fixiert. Eigenen Angaben zu-
folge war es ein Balanceakt, bei dem es darum ging, Form und Outfit gleichberechtigt zu behandeln. Von Herstellerseite gab es klare Vorgaben: „Jung, bodennah und ohne Mechanik“, sagt Galan und erzählt: „Wir haben uns zunächst auf dem Markt umgeschaut und festgestellt, dass sich alle Sofas ähnlich sehen. Schon deswegen war es wichtig, eine Art Schnittmuster zu entwickeln.“ Dazu gab es viele Gespräche über den Auftraggeber und jede Menge Skizzen. „Dann habe ich angefangen, im Computer zu modellieren. Skizzen haben zu viele Leben. Am Anfang verliebt man sich in dieses und jenes Detail, aber solange man es nicht auf dem Bildschirm sieht, weiß man nicht, ob es funktioniert“, ergänzt Obregon. Die Idee, ein Sofa im Baukastensystem aus Schnittmustern zu entwickeln, lässt sich in der endgültigen Form nachvollziehen und auch die Accessoire-Idee stammt aus der Fashion. „Ein Kleid lässt sich mit Accessoires jedem Anlass anpassen“, sagt die Modedesignerin, die sich die Inspriration zu dem gequilteten Überwurf, das sechste Accessoire, bei einem Parka holte. „Als wir mit den Stoffen experimentierten, dachte ich sofort an das Saison-Konzept in der Mode, das mich in meiner Arbeit immer begleitet. Korrekt angewendet könnte man je nach Situation dem Sofa ein Update geben, formal und vom Look. Trotzdem möchte ich betonen, dass es nicht trendy sein soll.“ Keine Sorge, mit „Thea“ ist ein Entwurf gelungen, der bleibt. |sd
Das erste Sofa von Lina Obregon und Carolina Galan ist aufsehenerregend: wandelbar, unkompliziert und bequem. Sechs Accessoires wie Kissen und Plaid definieren seine Funktionen und das in vielen Farben. MDF Italia.
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Der Zugang zum Boot erfolgt über die vollautomatische Zugbrücke. Das Design-Hausboot von Jasper van Grootel liegt an der Nieuwe Keizersgracht mitten in Amsterdem. Die Steuerkabine wurde zur Lounge ausgebaut (siehe rechte Seite) und bietet einen 360-Grad-Blick auf den benachbarten Park. Der alte Frachter wurde mit Kenntnis und viel Liebe zum Detail renoviert.
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Wohnen auf dem Wasser Amsterdams Grachten verkörpern das Gefühl von Freiheit und versprühen zudem Kreativität an ihre Bewohner. FOTOS: HENNY VAN BELKOM PRODUKTION: JAVOTTE GUSTAFSSON TEXT: SUZANNA KNIGHT/ED
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Jasper genießt die Wochenenden auf seinem renovierten Frachter in vollen Zügen. Nach so viel Arbeitsstunden und Kreativität, die er in das Boot investiert hat, ist das auch gut nachzuvollziehen. Doch die Mühe hat sich gelohnt: Die voll ausgestattete Küche verfügt über einen großen Kühlschrank, einem Gas-Herd und selbst eine Geschirrspülmaschine ist vorhanden. So viel Luxus ist für ein Hausboot eher ungewöhnlich. Genau wie echtes Moos an den Küchenfronten und das viele Grün.
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Bei der Einrichtung vertraute Jasper auf Bewährtes: So stammen einige der Stücke von seinem eigenen Label JSPR; so etwa die schwarzen Stahlschränke rechts und links im Raum. Die pulverbeschichteten Rahmen sind mit Glas montiert und haben hölzerne Füße. Die blau-weiße Vase auf dem Esstisch ist eine Auftragsarbeit der drei Grazien von Front Design für Moooi.
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Amsterdam ist bekannt für prachtvolle, krumme Stadthäuser, eine unglaubliche Masse an sich dahinschlängelnden Fahrrädern und natürlich für sein ausgedehntes System an Kanälen. Rund 100 Kilometer Wasserweg durchfließen die Stadt, gekreuzt von etwa 1500 Brücken. Grund genug jedenfalls, dass die Stadt auch gerne damit wirbt, das Venedig des Nordens zu sein. Neben den Ausflugsbooten, Kanalfahrten und gelegentlichen Möglichkeiten per Wasserfahrrad die flüssigen Wege zu durchstreifen, sind die Kanäle gleichzeitig auch Herberge für 2500 Hausboote. Einer der glücklichen Bewohner ist Jasper van Grootel. Der Interior Designer verwandelte ein altes Frachtschiff in ein großzügiges und modernes Loft und brachte das Hausboot somit ins 21. Jahrhundert. Aufatmendes Design Die Idee ein Hausboot zu kaufen und zu renovieren wurde geboren, nachdem Jasper einem Freund dabei half, dasselbe zu tun. Dieser entschied sich für ein Boot auf der Amstel, ein schöner Ort, jedoch ein eher unspektakuläres Boot. „Er bat mich um die Neugestaltung des Innenraums. Das war das erste Mal, dass ich ein Hausboot eingerichtet habe und ich wurde süchtig. Es war ein anstrengendes Projekt, aber in guter Weise, “ erinnert sich Jasper. Das Boot wurde komplett zerlegt und von Grund auf neu aufgebaut. Ein umfangreiches Projekt, um als Hausboot-Designer einzusteigen, dank Jaspers vielseitigen Vorkenntnissen im Einrichtungssegment dennoch keine unmögliche Aufgabe. 136
Nachdem er 2005 sein Studium an der Design Akademie in Eindhoven abschloss, gründete er direkt im Anschluss sein eigenes Einrichtungs- und Möbellabel namens JSPR. Mit unverwechselbarem, einfachem und manchmal überraschendem Style kreiert das Studio dank Einsatz ungewöhnlicher Materialien eigene Kollektionen von Einrichtungsgegenständen und Möbeln sowie Neuinterpretationen anderer Labels. Mit der Serie „Plastic Fantastic“ erlangte JSPR auch auf internationaler Ebene Aufmerksamkeit: einer erweiterbaren Kollektion an Kunststoffmöbeln für drinnen und draußen. Sie reicht von Essstühlen über Sofas bis hin zu Kissen. Die maßgefertigten Stücke findet man inzwischen überall; von Paris über London bis hin nach Kuwait. Versuche und Erkenntnisse So ist es also keine Überraschung, dass Jasper sich dazu entschied, die Hausboot-Herausforderung erneut anzunehmen – nur dieses Mal eben für sich selbst. „Wir fanden das perfekte Boot. Ein altes Frachtschiff aus dem Jahr 1920. Außen bereits vollständig renoviert und innen komplett leerstehend. Weil der Vorbesitzer genug von den Renovierungsarbeiten hatte, entschied sich dieser zum Verkauf und gegen die Eigennutzung“, erklärt Jasper. Das ist die bestmögliche Ausgangslage, die man sich bei einem Hausboot nur vorstellen kann, ein völlig entkerntes Innenleben, das nur darauf wartet mit frischen Ideen und Vorstellungen neu gestaltet zu werden. Das Boot wurde zur Renovierung in die Nieuwe Keizersgracht, also den Neuen
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Trotz überschaubarem Raum gibt es auf dem Hausboot ein großzügiges und vor allem nobles Badezimmer mit Walk-in/Rainshower-Dusche. Die Beton-Stufen führen von der Nasszelle hinauf in den gemütlichen Schlafbereich mit bequemem Doppelbett. Der Walnussboden zieht sich durch die komplette Wohnfläche hindurch. In der separaten Toilette wurde erneut mit Echtmoos ein frischer Kontrast gesetzt.
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Kaisergraben, geschleppt und dort schließlich eineinhalb Jahre saniert und eingerichtet. Wie schon beim ersten Ausbau war Jasper mit etlichen Herausforderungen, die so ein Hausboot mit sich bringt, konfrontiert. „Das Erste was ich lernte war, meine Wasserwaage über Bord zu werfen. So gut wie gar nichts ist wirklich perfekt gerade auf einem Boot“, lacht Jasper. Ein weiterer Faktor ist das Ausbalancieren von Gewicht während der Umbauphase, um sicherzustellen, dass am Ende alles gleichmäßig verteilt ist. „Jeder Schrank, jedes Regal hat sein Eigengewicht und beeinflusst das gesamte Gleichgewicht. Eine Küche oder ein Badezimmer beinhaltet schwere Gerätschaften und man muss darauf achten, dass sie sich gegenseitig ausbalancieren.“ Im Gegensatz zu den meisten Häusern sind die Ecken schief oder abgerundet. „Es bedarf einer sorgfältigen Planung, so viel Platz wie möglich aus einem Raum wie diesem zu ziehen. Alles muss maßgefertigt werden, was im Vergleich zur Standardware das Dreifache an Kosten bedeutet“, so Jasper. Außerdem muss eine entsprechende Belüftung berücksichtigt sowie eine Lösung für die charakteristische Feuchtigkeit auf einem Hausboot gefunden werden. „Das sind die Art von Dingen, die du vorher nicht wirklich überlegst, wenn du die Entscheidung triffst – solltest du aber. Genau wie die vielen Genehmigungen, die man einholen muss, bevor die Behörden dem Umbau zustimmen. Das ist wahnsinnig, darauf sollte man vorbereitet sein“, warnt Jasper. Die Stadt Amsterdam ist sehr streng wenn es um den Erhalt ihres Straßenbildes geht und die Hausbootbesitzer müssen sich an hohe Auflagen halten. Wenn du ein Hausboot in einer Gracht kaufst, an dem alle anderen Boote dunkelbraun gestrichen sind und du willst es rot anstreichen, solltest du es dir noch einmal überlegen. „Du musst für buchstäblich alles eine Genehmigung einholen. Die Farbe, die Höhe, die Größe der Fenster. Selbst wenn du irgendwo ein winziges Fenster einbaust, muss das zugelassen sein“, erinnert sich Jasper. Das bestgehütete Geheimnis der Stadt Trotz der vielen Hürden und Hindernisse, die es zu überwinden galt, ist Jasper davon überzeugt, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Das 120 Quadratmeter große Boot wurde in ein loftähnliches, klares und modernes aber dennoch gemütliches Zuhause umgewandelt. Es ist ein großer, offener Raum, doch dank Schiebetüren können einzelne Bereiche abgetrennt und 138
somit auch Rückzugsorte geschaffen werden. Die unterschiedlichen Ebenen verstärken den wohnlichen Charakter. Kleine Treppen führen vom Badezimmer ins Schlafzimmer und eine weitere Stufe führt zur nächsten Ebene: direkt in das Ruderhaus, das als gemütliche Lounge ausgebaut wurde und durch seine etwas weiter oben gelegene Position einen fantastischen Ausblick auf die Nachbarschaft ermöglicht. Direkt nebenan befindet sich der „Hortus Botanicus“, einer der ältesten botanischen Gärten der Welt, sowie das „Artis“, der Zoologische Garten der Stadt – die Gracht ist eine der grünsten ringsherum. Und außerdem liegt sie in einer der ruhigsten Gegenden der Metropole und doch nicht weit vom Zentrum entfernt. Ein wahrer Geheimtipp. „Wir sind absolut glücklich mit der Lage, ich kannte mich vorher nicht so gut in der Stadt aus und hatte daher keine Vorstellung, um was für ein Viertel es sich handelt. Wir sind gleich um die Ecke von all dem Stadttrubel, doch irgendwie schaffen es die Massen nicht bis zu unserer Straße runter und vorbei am Boot. Keine Kanaltouren und auch keine Kneipen auf nahe gelegenen Booten, dafür immer ausreichend Parkmöglichkeiten. Ein perfekter Ort zum Leben.“ Oder um Ferien zu machen. Da Jasper unter der Woche in Eindhoven lebt und arbeitet, vermietet er das Hausboot an den restlichen Tagen an designaffine Touristen über Airbnb, an den Wochenenden nutzt er es nach Möglichkeit selbst. Und wenn man den Bewertungen auf seiner Seite Glauben schenken möchte, bietet das Hausboot von Jasper all das, was man sich für einen gelungenen und authentischen Amsterdam-Aufenthalt nur wünschen mag. Für all diejenigen, die sich selbst auf das Abenteuer Hausboot einlassen möchten, hat Jasper eine Menge an Ratschlägen. „Auch wenn du weißt, was du tust – sprich auf jeden Fall mit einem Schiffsbauer. Es gibt so viele Aspekte, die es zu bedenken gilt und man braucht einfach jemand, der Bescheid weiß, wie bestimmte Themen bei einem Boot zu behandeln sind: Wie isoliert man sinnvoll, was macht man mit der Feuchtigkeit, wie macht man Dinge haltbar und strapazierfähig“, erklärt Jasper. „Ich verbringe die Arbeitswoche in Eindhoven und an den Wochenenden fahre ich nach Amsterdam und lebe auf dem Boot, umgeben von Wasser an allen Seiten. Es ist das pure Gefühl von Freiheit. Wenn wir die Zugbrücke hochziehen sind wir frei von fast allem. Das ist das Leben auf einem Hausboot.“
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In der Steuerkabine befindet sich im Anschluss an die Lounge eine kleine, doch erlesene Design-Bibliothek. Viele der Möbel auf dem Hausboot sind eine Maßanfertigung, da auf dem eng bemessenen Raum klassische Standardmaße gar nicht passen würden. Der Feuerplatz (linke Seite) wird durch den renovierten pinkfarbenen Sessel aus den Sixties erst recht gemütlich.
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SHOWDOWN !
Jetzt ist aber Schluss. Der diesjährige Auftritt von Hermès liefert Diskussionsstoff. Alle vier Megatrends dieser Ausgabe ließen sich damit gut abbilden, und doch scheinen zwei Exponate ganz fern jeder Realität zu sein. Die Präsentation von Hermès Maison im Rahmenprogramm der Mailänder Möbelmesse war spektakulär und perfekt wie immer. Das französische Luxuslabel hatte zur Besichtigung seiner Neuheiten ins „Teatro Vetra“ geladen (Fotos oben). Im pechschwarzen Raum erhob sich ein Steinkubus, in dem die Luxuserzeugnisse subtil illuminiert waren. Das Szenario hatte etwas bemüht Museales. Mittendrin standen ein paar Kofferschränke für sie und ihn zu Preisen ab etwa 300.000 und 250.000 Euro. Die Materialien Leder und Holz. Die Idee inspiriert durch das Verschlusssystem der Lederportemonnaies. Für Frauen abgestimmt als funktionales Stausystem für Uhren, Kette, Armreif, Ringe und mehr – für Männer konzipiert als „Curiosité“ mit Platz für bis zu 50 Uhren. Spätestens an dieser Zahl wird deutlich, dass es hier nicht um eine gewöhnliche Dekli-
nation des Luxusvokabulars geht, sondern um eine beispiellose. Das kommt in Frankreich seit Ludwig XIV. immer wieder mal vor – selbst noch im Art déco, den Zwanzigern. Aber in dieser Zeit waren es exquisite Unikate von Künstlern, die so viel kosteten wie ein Eigenheim hierzulande. Selbst wenn Hermès betont, dass jeweils 600 und 550 Arbeitsstunden Aufwand für die personalisierbaren Objekte nötig gewesen sind, hat die Marke damit für mich eine Grenze überschritten. Qualität hin oder her, Preis und Leistung stehen in keinem Verhältnis. Aber das ist Ansichtssache. Wenn wenigstens ein Teil des Betrags gemeinnützigen Projekten zufließen würde. Doch am Ende stellt sich nicht die Frage, was sich ein Label dabei denkt, so etwas zu produzieren. Es stellt sich die Frage, was sich Menschen dabei denken, so etwas zu kaufen. |sd
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