PLOT#7 – PAPERIFIC!

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www.PLOTmag.com

INSZENIERUNGEN IM RAUM CREATIVE SPACES

14,50 € (D) 12.2010

#7

GREEN PORNO

NEUE WELTEN

MORE CREATIVE SPACES

PAPER IN LOVE

LE CREATIVE SWEATSHOP

CURIOUS PAPER WORLDS

ISABELLA ROSSELLINI PRESENTS ANIMALS, SEX AND PAPER SETS

INFECTS US WITH TERRIFIC HANDCRAFTED WINDOW DISPLAYS

BY CRU DE LADIES, BÜRO WEHBERG, FANTASTIC NORWAY, STUDIO XAG, ETC.

9 783899 861280 >

PAPERIFIC!

ISBN 978-3-89986-128-0

27,00 CHF (CH) 19,95 $ (US) 13,56 € net


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PAPIER IST GEDULDIG. PAPER DOESN’T BLUSH.

EDITORIAL

FOTO (COVER): JODY SHAPIRO | COLLAGE (EDITORIAL): MARCEL DIEMER (UNTER VERWENDUNG EINES FOTOS VON REMZLAS TREBOR / PHOTOCASE.COM)

VON JANINA POESCH. Das muss es auch

sein, denn der erste Strich auf einem leeren Blatt Papier lässt nie erahnen, was darauf folgen wird: Manchmal geht es ganz schnell, die zweite und dritte Linie fliegen nur über den weißen Untergrund und in Sekundenschnelle ergießen sich die wildesten Ideen. Man möchte am liebsten noch schneller denken, entwerfen, skizzieren oder schreiben können. Manchmal sitzt man nach dem ersten Wort aber auch einfach nur da. Und wartet. Auf das zweite Wort, den nächsten Strich und es passiert: Nichts! Wahrscheinlich haben die Gestalter der Projekte, die wir Ihnen in dieser Ausgabe zeigen, beide Phasen durchlebt und kennen die Erleichterung nur zu gut, wenn sich das vermeintliche „Nichts“ mit Inhalten, Ideen und Geschichten füllt. Aber die Autoren haben nicht nur ihre Visionen zu Papier gebracht, sie haben großartige Papierwelten entwickelt, eine Wandlung von der zweidimensionalen Skizze in drei- beziehungsweise vierdimensionale Inszenierungen vollzogen und in den unterschiedlichsten Varianten Papier als szenografisches Element eingesetzt. Aus gutem Grund: Selten ist ein Werkstoff so vielseitig einsetzbar, flexibel in der Verarbeitung, günstig in der Anschaffung und noch dazu einwandfrei wiederverwertbar. Und so zeigen wir Ihnen mit PLOT#7 nicht nur eine Ausstellung aus Karton, sondern auch eine Installation aus

Post-its, ein Bühnenbild, das auf die Zerreißprobe gestellt wird sowie die kreative Anwendung von farbigen Papieren, die entweder als Filmkulisse oder als Schaufensterdekoration Verwendung finden. Unser Essay von Kerstin Wallbach und Prof. Joseph Hoppe rundet das Thema ab und gibt Ihnen einen Einblick in die Herstellungstechnik dieses neuen, alten Materials. Übrigens: Mein Blatt Papier war ebenfalls sehr „weiß“, als ich versuchte, dieses Editorial zu schreiben. Als ich dann aber nachts um zwei doch noch einmal aufstand und in fünf Minuten meine Gedanken auf einen Zettel kritzelte – in der Hoffnung am nächsten Tag noch Bruchstücke davon lesen zu können – da ging es dann aber auf einmal doch ganz schnell… BY JANINA POESCH. And it really doesn’t

need to do so because the first line on a blank piece of paper never gives an idea of what will be the outcome: Sometimes it is done very quickly, the second and third line seem to fly across the white background and in a matter of seconds the wildest ideas are set free. One would love to think, design, sketch, or write even quicker. But sometimes one sits there after the first word or line. Waiting. For the second word, the next stroke and nothing happens, absolutly nothing! Probably the designers of the projects featured in this issue have gone through

both phases and know the relief very well when the supposed “nothing” is filled with contents, ideas and stories. However, the authors not only put their visions on paper, they also developed paperific worlds, they implemented a transformation from the two-dimensional sketch to three- respectively four-dimensional productions – and used paper as scenographic element in various ways. And for good reason: Rarely a material allows such versatile applications, is so flexible in its handling, so cost-effective when purchased, and, to top it all off, so perfectly recyclable. That is why we dedicate PLOT#7 to show you an exhibition made of cardboard, an installation from Post-its, a stage set put to the real ripping test, as well as creative applications of coloured paper, which are either used as film set or shop window decoration. Our essay by Kerstin Wallbach and Professor Joseph Hoppe rounds off the subject by giving you an insight into the manufacturing techniques of this new, old material. By the way: My piece of paper was very “white”, too, when I sat down to write this editorial. But when I got up again at two in the morning to scribble my thoughts on a slip of paper – hoping that I might still be able to decipher fragments the following day – it suddenly worked well and the text was quickly finished… EDITORIAL

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BY AKATRE


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100% RECYCLED


Essay

Interview

7,5%

Ausstellungsgestaltung Exhibition Design

7,5%

Markenwelten Brand Design

58%

Neue Welten Neue Welten

27%

Film- & BĂźhnenarchitektur Set- & Stage Design



WINTER 1972

CORNELIA HESS & ADRIAN MERZ HOCHSCHULE DER KÜNSTE, BERN

LASSEN SICH ÜBER GERÜCHE ERINNERUNGEN ARCHIVIEREN? ZWEI ABSOLVENTEN STARTEN DEN VERSUCH UND VERPACKEN EINDRÜCKE IN EINE HÜLLE AUS (SCHNEE)WEISSEN POST-ITS. VON JANINA POESCH. Wissen Sie noch, wie Sie den Winter 1972

erlebt haben? Nein? Der amerikanische Parfumeur Christopher Brosius kann sich noch genau erinnern und entwickelte aus diesen Eindrücken eine Kreation, die sich durch ihren einhüllenden Charakter auszeichnet. Das veranlasste Cornelia Hess und Adrian Merz ihre Abschlussarbeit an der HdK Bern im Bereich Visuelle Kommunikation ebenfalls dem „Winter 1972“ zu widmen: Sie kreierten zu dem eigenwilligen Duft eine passende Bilderwelt, welche die olfaktorischen Eigenschaften visuell erlebbar machen sollte. Dabei ging es ihnen vornehmlich darum, eine Atmosphäre zu schaffen, die das Einhüllende, Bruchstückhafte sowie das sanft Überlagernde des Winters 1972 transportiert. Das Ergebnis ist ein zweiseitiges Faltplakat, das auf der Vorderseite atmosphärisch und auf der Rückseite rein typografisch gestaltet ist. So werden hinten persönliche Erinnerungen an diesen Winter geschildert, welche die beiden Absolventen mit Hilfe von Interviews in Erfahrung brachten. Im Gegensatz dazu zeigen sie vorne anhand eines großformatigen Bildes das Sujet einer räumlichen Inszenierung aus Papier: Ein Wohnzimmer, das in tausende, weiße Post-its gehüllt ist. Jene stehen dabei für die Bruchstücke an Erinnerungen, vertraute Momente, Geschichten

und Notizen. Gleichzeitig visualisieren sie aber nicht nur den Schnee, der sanft durch die Luft wirbelt und eine ganze Umgebung einhüllt, sondern auch das Fragmentarische eines Duftes, der aus einzelnen Duftnoten besteht und den Raum für sich einnimmt. Sechs Tage und Nächte wurden hierfür rund um die Uhr Post-its verklebt. Diese Zeit beschreibt Adrian Merz als besonders intensiv und lehrreich: „Manchmal war es zum Durchdrehen: Als wir zum ersten Mal alles fertig gestellt hatten, war die Wirkung enttäuschend. Da in einer anfänglichen Serie die Post-its nur aufgeklebt waren, war der Eindruck flach und statisch und die Dufteigenschaften, um die es gehen sollte, waren nicht ersichtlich. Aus diesem Grund entschlossen wir uns, die ganze Szenerie erneut zu überkleben. Diesmal aber mit gebogenen und abstehenden Post-its und wir kamen unserem Ziel endlich näher.“ Was als fixe, kleine Idee begann, hat für Hess und Merz mittlerweile große Auswirkungen: Nicht nur, dass sie für internationale Vorträge engagiert werden, hin und wieder erhalten sie auch Anfragen für den Abverkauf der Bildrechte für Werbekampagnen. Bisher sind sie darauf nicht eingegangen, zu sehr liegt ihnen das Projekt am Herzen – schließlich haben auch sie eine ganz persönliche Erinnerung an den „Winter 1972“…

HERUMWIRBELNDE POST-ITS SYMBOLISIEREN IN ANLEHNUNG AN TAUSENDE SCHNEEFLOCKEN DIE UNTERSCHIEDLICHEN NOTEN DES DUFTES „WINTER 1972“. POST-ITS WHIRLING THROUGH THE AIR NOT JUST SYMBOLISE THOUSANDS OF SNOWFLAKES, THEY ALSO DESCRIBE THE FRAGMENTARY CHARACTER OF “WINTER 1972”. NEUE WELTEN NEUE WELTEN

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GREEN PORNO ANDY BYERS & RICK GILBERT, NEW YORK

THE SUNDANCE CHANNEL

AUSSTAFFIERT MIT DETAILVERLIEBTEN TIERKOSTÜMEN GEWÄHRT ISABELLA ROSSELLINI INTIME EINBLICKE IN DAS SO GAR NICHT BLÜMCHENHAFTE LIEBESLEBEN DER TIERE. VON CONSTANZE LUTZ. Bereits der ehemalige US-Präsident

George W. Bush durfte erleben, wie unbeirrt sich Tiere zeigen, wenn es um das Eine geht: Bei einem Fototermin in Botswana hatten sich zwei Elefanten – übrigens die Wappentiere seiner Partei – in eindeutiger Pose ins Bild gedrängt und damit das strenge Protokoll gehörig durcheinandergebracht. Der Präsident und seine Gattin sollen sich im Gegensatz zu ihren Begleitern jedoch sehr darüber amüsiert haben. Was die Bushs wohl erst von Isabella Rossellinis skurriler Kurzfilmserie „Green Porno“ gehalten hätten? Darin widmet sich die Schauspielerin und das ehemalige Fotomodell den Phänomenen des tierischen Sexuallebens – und zwar weit entfernt von züchtigen Dokumentationen wie etwa Heinz Sielmanns „Expeditionen ins Tierreich“ oder „Brehms Tierleben“. „Ich liebe den Schmerz. Er törnt mich an“, so stöhnt Rossellini etwa während eines anschaulichen Liebesspiels mit einer anderen Papierschnecke. Wie auch in vielen anderen Episoden schlüpft Isabella Rossellini hier in die männliche Hauptrolle. Aufwendig hergestellte Kostüme aus Papier oder Stoff lassen die Schauspielerin buchstäblich in die Haut unterschiedlichster Insekten, Würmer

oder Meerestiere kriechen. „Um Babys zu kriegen, muss ich mich mit einem anderen Hermaphroditen in der 69er-Position paaren“, säuselt sie vielsagend, als sie sich mit einem meterlangen Regenwürmchen auf dem Boden räkelt. Für die gestalterische Umsetzung der Geschichten erhielt Rossellini Unterstützung von den Szenenbildnern Andy Byers und Rick Gilbert: Die beiden entwickelten die Ideen der Künstlerin weiter und hauchten dem variantenreichen Spiel Leben ein. Um den Tieren, und damit den darin versteckten Menschen, genügend Beweglichkeit für den Liebesakt zu verleihen, wurden die aufwendigen Kostüme oftmals – vor allem bei den Schalentieren und Würmern – aus einer Vielzahl einzelner Segmente zusammengesetzt. Durchaus beeindruckend wirken dabei vor allem die Szenen, in denen beispielsweise die zwei Meter lange Erektion eines Wals gezeigt wird oder eben der gewaltsame Tod der männlichen Gottesanbeterin, dem das Weibchen während des Akts den papiernen Kopf abreißt. In einem weiteren Film spaziert Rossellini durch einen Wald mannshoher Papierpenisse, anhand dessen die Hauptdarstellerin dem Zuschauer die ungeahnte Vielfalt arten-

NAPFSCHNECKEN SIND SEQUENZIELLE HERMAPHRODITEN: NACHDEM DIE UNTERSTE SCHNECKE – IN DIESEM FALL ROSSELLINI SELBST – STIRBT, WIRD DAS DARÜBERLIEGENDE MÄNNCHEN ZUM WEIBCHEN. LIMPETS ARE SEQUENTIAL HERMAPHRODITES: AFTER THE LOWEST LIMPET DIES – IN THIS CASE ROSSELLINI HERSELF – THE MALE ABOVE BECOMES A FEMALE. NEUE WELTEN NEUE WELTEN

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MUNDO DE PAPEL

CRU DE LADIES AND BBDO MÉXICO, MEXICO CITY PREMIERE 21.08.2009

WIE LEBT ES SICH IN EINER WELT AUS PAPIER? AUF UNTERHALTSAME WEISE SPÜRT DER WERBESPOT „MUNDO DE PAPEL“ FÜR SCRIBE-NOTIZBÜCHER DIESER FRAGE NACH. VON TOBIAS GREINER. Zu Kunst wird, was über sich selbst

hinausweist. In diesem Sinn ist der Werbespot „Mundo de Papel“ für Scribe-Notizbücher weit mehr als ein potentieller Werbeklassiker: Der One-Minute-Clip – vom Kreativgespann Cru de Ladies in enger Zusammenarbeit mit der mexikanischen Dependance der weltweit agierenden Agentur BBDO konzipiert – kann schon fast als kleines Werbe-Kunstwerk gelten, zumal er erstklassig seine Funktion als Werbung für Notizbücher erfüllt. Denn die gesamte Filmkulisse besteht aus Papier. So wird das im digitalen Computerzeitalter eher traditionell anmutende Speichermedium auf einmal als hochmodern und innovativ präsentiert: Papier als Hort unendlicher Ideenentwürfe, frei nach dem Motto „Am Anfang war das Papier, und das Papier ward Idee“. Über sich selbst hinaus gerät der Spot jedoch zur Reflektion über die heutige Medien- und Werbewelt. Denn längst gilt in zahlreichen Büros und in Zeiten digitaler Obsession ein realer Zettel nur noch als gutgemeinte Randnotiz aus dem Repertoire gra-

fischer Gründerväter. Die Vorstellung, dass mit dem Verschwinden des Papiers aber auch einige einmalige Einfälle, vielleicht sogar eine ausgezeichnete Ideenmaschine der Werbung verschwindet, drängt sich im Scribe-Spot beklemmend nachhaltig auf. So bewegt sich im Film ein junger Mann durch seine eigene Ideenwelt: Zwischen Aufwachen, Frühstück, Weg zur Arbeit und Meeting navigiert er durch einen reduziert, nüchtern-weißen Papierkosmos. Auf Wunsch des Auftraggebers Scribe sollten – bis auf den Schauspieler – vom Pyjama, über das Zimmer und das Auto alle Gegenstände in handwerklicher Detailarbeit aus dem weißen Werkstoff angefertigt werden. Passend zum minimalistischen Gesamtkonzept ist auch der Filmsound gestaltet: Der freundlich piepsende Papierwecker wird nach dem Aufstehen auf der Suche nach der richtigen Bekleidung im Papierschrank schnell abgelöst durch ein frisches Papierrascheln. Selbst in der Geräuschkulisse steckt also die Pro-Papier-Werbebotschaft. So konträr sich dies zur

KREIERT WURDE DIE UNWIRKLICHE SCHÖPFUNG AUS PAPIER VON CRU DE LADIES, BBDO MÉXICO UND LEMON FILMS FÜR DEN PAPIERHERSTELLER SCRIBE. THIS UNREAL CREATION WAS DEVELOPED BY CRU DE LADIES, BBDO MÉXICO AND LEMON FILMS FOR THE PAPER MANUFACTURER SCRIBE. FILM- & BÜHNENARCHITEKTUR SET & STAGE DESIGN

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LA RINASCENTE LE CREATIVE SWEATSHOP, PARIS

VIA ROMA, PALERMO 01.03.2010 – 31.03.2010 IN SIZILIENS HAUPTSTADT PALERMO INSZENIEREN ZWEI FRANZÖSISCHE KÜNSTLER FÜNF SCHAUFENSTER ALS FARBENPRÄCHTIGE KULISSEN FÜR EIN LUXUSKAUFHAUS. VON SABINE MARINESCU. Ob sich die Kunden in Palermo

so die Eröffnung des traditionsreichen italienischen Nobel-Kaufhauses in ihrer Stadt vorgestellt hatten? Wohl eher nicht. Schon Wochen zuvor sorgte der Neubau für großes Aufsehen, denn das altehrwürdige Gebäude in der Via Roma bekam zur Straße eine neue Fassade. Der Architekt Flavio Albanese entschied sich hier für eine Erweiterung, die – bewusst – im Kontrast zum barocken Altbau stehen sollte: Eine weiße, transluzente, glatte Haut prägt nun den kubischen Vorbau, der bei Nacht hell erleuchtet und somit weithin sichtbar ist. Im Erdgeschoss wurde dennoch auf das wohl wichtigste Merkmal eines Kaufhauses nicht verzichtet: die Schaufenster. Doch auch deren Dekoration ist alles andere als gewöhnlich, denn sie sind nicht allein mit luxuriösen Kleidern, Taschen oder Schuhen der Saison ausstaffiert – im Gegenteil: Diese scheinen nebensächlich zu sein. Die Hauptrolle spielen vielmehr die aufwendigen Papierinstallationen von Le Creative Sweatshop. Schon von Weitem betrachtet, fällt das Farbspiel auf: Kontrastreich zur weißen Fassade inszenieren die beiden Gestalter Mathieu Missiaen und Julien Morin die Fenster. In jedem der fünf Präsentations-

räume befindet sich eine eigene monochrome Papierwelt – in Grün, Gelb, Blau, Violett und Gold. Dabei wirken die Schaufenster wie Schmuckkästen, in denen sich surreal anmutende Szenen abspielen: So steht die Schaufensterpuppe im blauen Raum inmitten von fantastischen Blumen, deren Knospen in der Kontrastfarbe Gelb leuchten. Die skulptural anmutenden Objekte liegen jedoch nicht nur auf dem Boden, auch von der Decke schweben unzählige Blumenkelche hinab. Der violette Bereich zeigt dagegen Sprengkraft: Das helle Kleid der Schaufensterpuppe in der Mitte der Szenerie wirkt durch den dunklen Farbton der sie umgebenden Splitter nur noch strahlender. Am auffälligsten ist jedoch der gelb-goldene Schwan in einer weiteren Vitrine, der fast den gesamten Schaufensterraum ausfüllt, und auf dem ein Modell im „kleinen Schwarzen“ und goldenem Lorbeerkranz thront. Der Kopf des Schnabeltiers wird abstrakt in geometrische Formen aufgelöst, wohingegen sich sein Federkleid aus übereinanderliegenden Papierblättern zusammensetzt. Hinter dieser Installation steckt ein – für die Schaufenstergestaltung eines Modehauses – denkbar klares Konzept: Die beiden französischen Künstler wollten mit ihrer Arbeit die typische Ästhetik eines

WEICH UND GLÄNZEND ERSCHEINT DAS FEDERKLEID DES PAPIERNEN SCHWANS UND SELBST DIE SCHAUFENSTERPUPPE IN IHREM „KLEINEN SCHWARZEN“ LÄSST SICH GERNE DAVONTRAGEN. THE FEATHERS OF THE PAPER SWAN APPEAR SOFT AND SHINY ON WHICH EVEN THE MANNEQUIN IN HER “LITTLE BLACK DRESS” IS HAPPY TO BE CARRIED AWAY. NEUE WELTEN NEUE WELTEN

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DAS MODELL SCHEINT SICH AUS SEINER VIOLETTEN VERPACKUNG BEFREIT ZU HABEN: SPITZE SPLITTER WERDEN NACH ALLEN SEITEN WEGGESPRENGT UND LASSEN DAS KLEID ERSTRAHLEN. THE MANNEQUIN SEEMS TO HAVE FREED HERSELF FROM THE VIOLET PACKAGING: SURROUNDED BY AN EXPLOSION OF POINTED SLIVERS THE DRESS SHINES BRIGHTLY. 58

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NEUE WELTEN NEUE WELTEN

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FALTENFREI … SIND DIESMAL NICHT ALLE UNSERE TIPPS. KEIN WUNDER: SCHLIESSLICH LÄSST SICH PAPIER JA BESONDERS GUT – UND SCHÖN – IN FALTEN LEGEN. CREASE-FREE THIS TIME, NOT ALL OUR TIPS CAN CLAIM THIS ATTRIBUTE. WELL, THIS IS NO SURPRISE: AS IS WELL KNOWN, PAPER CAN BE FOLDED PERFECTLY – AND BEAUTIFULLY. TIPPS

Handtaschen mit Armen und Beinen, Figuren, die ein wenig wie moderne Varianten von R2D2 aussehen oder scheinbar schreiende kleine Monster, faltet der japanische Designer Shin Tanaka mit Hingabe aus Papier. Seine Arbeiten sind aber nicht nur reiner Spaß am Basteln, durch ihre Streetstyle-Ästhetik sind die Figürchen häufig Werbeträger für angesagte Marken wie zum Beispiel adidas. Wer selbst ein Mini-Monster falten möchte, kann sich auf Tanakas Website die Bastelbögen einfach herunterladen! With dedication, Japanese designer Shin Tanaka folds paper to form handbags with arms and legs, figures that look a little like modern variants of R2D2 or seemingly screaming little monsters. However, his works are not just sheer fun in handicrafts; with their street style aesthetics the little figures are frequently used as advertising vehicles for trendy brands such as adidas. And those who cannot get enough can download the templates on Tanaka’s website! SHIN TANAKA > www.shin.co.nr Falten 80

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Schneiden

Kleben

FOTO: www.shin.co.nr

DO IT YOURSELF DO IT YOURSELF


INFIZIERT INFECTED Wie Viren breiten sich die Papierarbeiten von Charles Clary über die Wände von Galerien und Museen aus – egal ob sie sich von der Wand in den Raum oder scheinbar in Leinwände hinein fressen. In unzähligen Schichten liegen die fein ausgeschnittenen Papiere aufeinander und werden so zu fragilen, räumlichen Objekten. Mit ganz anderen Spezies hat Andrea Mastrovito eine New Yorker Wohnung bevölkert. Inspiriert von Governors Island, dem ehemaligen Armeestützpunkt und der sich dort ausbreitenden Tier- und Pflanzenwelt, hat der Künstler seine „Insel des Dr. Mastrovito“ geschaffen. Angelehnt an den berühmten Roman von H.G. Wells entstand ein räumliches, fast unheimlich wirkendes Stillleben, in dem Tiere und Pflanzen die Wohnung in Besitz nehmen. Sämtliche „Lebewesen“ wurden von Mastrovito aus insgesamt 700 Büchern ausgeschnitten und verweilen nun auf ihrer eigenen, kleinen Insel.

Wem das zu viel Papier in den eigenen vier Wänden sein sollte, kann sich auch von Berühmtheiten wie den Beatles anstecken lassen: Die beiden russischen Künstler Alexei Lyapunov und Lena Ehrlich – zusammen PeopleToo – schneiden, kleben und falten räumliche Szenen mit berühmten Musikern ebenso wie Alltägliches – etwa vollausgestattete Büros. Paper works by Charles Clary spread like viruses on the walls of galleries and museums – regardless if they eat away at walls and further into the room or seemingly at canvas. Uncountable layers of finely cut out paper are put on top of each other and turn into fragile spatial objects. Andrea Mastrovito has populated an apartment in New York with a completely different species. Inspired by Governors Island, a former army base and the flora and fauna spreading there, the artist has created “The Island of Dr. Mastrovito”. Based on the famous novel by H.G. Wells, he realised

a spatial, almost eerie still life, in which animals and plants take possession of the apartment. Mastrovito cut out all “living beings” from 700 books, and they are now living on their own island. Those who think that this is too much paper in one flat can be infected by celebrities like the Beatles: Russian artists Alexei Lyapunov and Lena Ehrlich – together called PeopleToo – cut out, glued and fold spatial scenes with famous musicians as well as everyday occurrences – for example fully equipped offices. 1. CHARLES CLARY > www.percusiveart.blogspot.com 2. ANDREA MASTROVITO > www.andreamastrovito.com

3. PEOPLE TOO > www.peopletoo.ru Falten

Schneiden

Kleben TIPPS TIPS

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EDITORIAL PAPIER IST GEDULDIG

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EDITORIAL PAPER DOESN’T BLUSH

LOST IN PAPER

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LOST IN PAPER

WINTER 1972 CORNELIA HESS & ADRIAN MERZ, ZÜRICH

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WINTER 1972 CORNELIA HESS & ADRIAN MERZ, ZURICH

CARDBOARD CLOUD FANTASTIC NORWAY AS, OSLO

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CARDBOARD CLOUD FANTASTIC NORWAY AS, OSLO

GREEN PORNO ANDY BYERS & RICK GILBERT, NEW YORK

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GREEN PORNO ANDY BYERS & RICK GILBERT, NEW YORK

HANDS ON STUDIO XAG, LONDON

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HANDS ON STUDIO XAG, LONDON

MUNDO DE PAPEL CRU DE LADIES UND BBDO MÉXICO, MEXICO CITY

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MUNDO DE PAPEL CRU DE LADIES AND BBDO MÉXICO, MEXICO CITY

SMITHFIELD SHOP BURNT TOAST DESIGN, MANCHESTER

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SMITHFIELD SHOP BURNT TOAST DESIGN, MANCHESTER

HAMLET. DER TAG DER MORDE BÜRO WEHBERG, HAMBURG

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HAMLET. DER TAG DER MORDE BÜRO WEHBERG, HAMBURG

LA RINASCENTE LE CREATIVE SWEATSHOP, PARIS

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LA RINASCENTE LE CREATIVE SWEATSHOP, PARIS

INTERVIEW MIT LE CREATIVE SWEATSHOP

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INTERVIEW WITH LE CREATIVE SWEATSHOP

BÜTTESCHÖN ESSAY VON KERSTIN WALLBACH UND PROF. JOSEPH HOPPE

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PAPERMAKER ESSAY BY KERSTIN WALLBACH AND PROF. JOSEPH HOPPE

PAPIERKRIEG KOLUMNE VON TITA VON HARDENBERG

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PAPERWAR COLUMN BY TITA VON HARDENBERG

PLOT SUCHBILD

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PLOT PUZZLE PICTURE

FALTENFREI TIPPS RUND UMS GEFALTETE PAPIER

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CREASE-FREE TIPS AROUND FOLDED PAPER

3D PAPER STRUCTURES REVIEW VON NICOLA STATTMANN

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3D PAPER STRUCTURES REVIEW BY NICOLA STATTMANN

PLOTTER

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PLOTTER

P(I)LOT PROJEKT OUTTAKES

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P(I)LOT PROJEKT OUTTAKES

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#7 PLOT – INSZENIERUNGEN IM RAUM PLOT – CREATIVE SPACES 2. Jahrgang, Ausgabe #7 2nd volume, issue #7

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© Rainer Häupl | Sabine Marinescu | Janina Poesch GbR Diese Ausgabe der Zeitschrift PLOT einschließlich aller ihrer Teile und Beiträge ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Verlags. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Für unverlangt eingereichte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Für Fotos und Beiträge stellt der Einsender bei Veröffentlichung den Verlag von evtl. Honorarforderungen frei. Bei Nichterscheinen durch höhere Gewalt oder Streik besteht kein Entschädigungsanspruch und es erlöschen die Lieferungsverpflichtungen sowie der Anspruch auf Rückerstattung der Bezugsgebühren. This edition of the PLOT journal, including all parts and articles in it, is protected by international copyright. Prior permission shall be obtained in writing from the publishers for any use that is not explicitly permissible under the copyright law. This is, in particular, true of duplications, processing, translations, storing contents to memory and processing in electronic form. PLOT cannot be held responsible for unsolicited manuscripts and photographs. In case of publication, the sender exempts the publisher from potential royalties for photographs and contributions. In default of appearance due to force majeure or strike no right exists for compensation and refunding of the purchase price and delivery obligations are extinguished. Gerichtsstand ist Stuttgart. Place of jurisdiction is Stuttgart.

FACHMEDIUM DES JAHRES 2010 SPECIAL-INTEREST-MAGAZINE OF THE YEAR 2010 PLOT überzeugt! Das Magazin wurde von der Deutschen Fachpresse mit dem Sonderpreis „Beste Neugründung“ ausgezeichnet. Die namhafte Jury würdigte vor allem „die innovative und mutige Gestaltung wie Ausstattung und die vom Start weg internationale Ausrichtung“. Look and see! PLOT was awarded the special prize in the category “best startup” by the Deutsche Fachpresse (German Business Media). The prestigious jury above all praised the “innovative editorial design and the international focus right from the beginnings”.

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