Youngspeech Magazin #7 (2014)

Page 1

d! pe IP cH ge nd si ir W

Ausgabe August 2o14

Nostalgie Now! Das ewig junge Thema

Gute Knothe

Bambule im Fernsehen

Hypar! Hypar!

Neue Funktion für alte Gemäuer

Zärtlichkeit

Radi(((o)))

Pragmatisch ProduZiert

…mit Freunden am

Ende des

Stadt im Wandel

Filme damals und

schönsten

Wellenritt?

der Jahrhunderte

heute

Szenemagazin Halle/Saale Magdeburg


vo r d e m ab i an d i e ovg u

MATHEMATIK • INFORMATIK • NATURWISSENSCHAFT • TECHNIK

MINT 1&2 Naturwissenschaftlich-technische Praktika der Universität Magdeburg für Schülerinnen an Gymnasien/Fachgymnasien der Klassen 11 ( MINT 1 ) bzw. 12 ( MINT 2 )

mehr Infos unter: www.ovgu.de/mint

EUROPÄISCHE UNION Europäischer Sozialfonds


Editorial Liebe Leserinnen und Leser, die Welt fängt das neue Jahr ja gerne mit der Ambition an, alles anders machen zu wollen, krampfhaft neue Trends zu kreieren und zwanghaft hip zu sein. Obwohl gerade wir als Szenemagazin bei diesem Ritual dabei sein sollten, verpassen auch wir scheinbar ab und zu einen Trend. Im Gegenteil, ganz bewusst setzen wir manchmal auch auf alte Werte. Aber sind wir doch mal ehrlich, in Gedanken schweift jeder ab und zu in die Vergangenheit zurück. Solche Erinnerungen sind meist nostalgischer Natur. Nostalgische Erinnerungen gibt es jedoch in zahlreichen Abstufungen: vom kurzen Lacher über das starre Klammern an eine Lieblingszeit bis hin zu einem ausgeprägten Hass auf das Hier und Jetzt. Wer hat nicht schon ältere Menschen sagen hören: »Früher war alles besser« und darauf entgegnet, dass solche Floskeln lediglich eine Verherrlichung der Vergangenheit wären? Obwohl wir uns selbst eingestehen müssen, dass wir uns gern an Vergangenes erinnern, egal ob das verzweifelte Suchen einer Telefonzelle, das nervige Einwahlgeräusch eines Modems, die exorbitante Lust auf das frühe Aufstehen, die man als Kind empfunden hat, um die aktuelle Folge des Li-La-Launebärs oder Hallo Spencers nicht zu verpassen oder ganz im Allgemeinen die unbeschwerte Zeit im Kindergarten. Jede Generation hat die Erinnerungen an seine eigene »gute alte Zeit«. Dies soll gar kein Plädoyer für die gute alte Zeit sein, in der alles irgendwie besser war. Es soll auch nicht heißen, dass wir uns alle entspannt zurücklehnen dürfen. Aber die Relativierung tut gut. Jedes Zeitalter ist komplex und hat seine neuen Herausforderungen sowie nostalgischen Erinnerungen – und man darf sich nicht davon verrückt machen lassen.

Doch die gelegentliche, bewusste Entschleunigung und Besinnung an diese eigenen Erinnerungen hat eben auch ihren Nutzen! Es ist doch behaglich, dass es noch Publikationen gibt, die auf angenehm, unaufgeregte Weise diese Entschleunigung aufnimmt, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und deren Erfahrungen wiederzugeben. Denn wir sind für Euch wieder einmal um den halben Erdball gereist, na ja zumindest von Magdeburg nach Halle und zurück, um für Euch einzigartige Geschichten und Menschen zu entdecken und zu treffen und das kulturelle Leben dieser Region geballt in einem einzigem Heft zu präsentieren. Nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen, Stöbern und Entdecken. Das Merkwürdige an der Zukunft ist wohl die Vorstellung, dass man unsere Zeit einmal die gute alte Zeit nennen wird. »Ernest Hemingway

Andreas Lilienthal, Chefredakteur andreas.lilienthal@youngspeech.de


Inhalt #7

Hyparschale 4

Bambule! [Interview] 14

4

Hyparschale . . . . Alte Schale »sexy« Zukunft

13

short. . . . . . . . . . . . Ach Hui!

6

Radioaktiv . . . . . . Quo vadis Radi(((o)))?

14

Interview . . . . . . . Bambule! Johanna Maria Knothe

8

Wolfgang Völz. . »nur noch Mist im Fernsehen!«

16

Straßengespräche

10

Rezensionen XXL.

17

In Absentia . . . . . Limit!

18

SciFi . . . . . . . . . . . . Kultcomics


Noch mehr Kultur:

youngspeech.de

Nostalgie 20

Reisebericht: PRAG 28

20

Nostalgie . . . . . . . Es war einmal…

30

Tippster . . . . . . . . Mias Tipps

22

Zeit|Zeugen . . . . #FRÜHERWARALLESANDERS

31

Kolumne . . . . . . . . Angela Peltner

24

Interview . . . . . . . Eine Ode an alte Filme

32

One last thing…

26

Interview . . . . . . . Freundlichkeiten mit Pferden

28

Reisebericht . . . . Das gute alte Prag


Hyparschale

ALTE SCHALE »SEXY« ZUKUNFT: Neue Ideen für die Hyparschale< Projekt der Otto-von-Guericke-Universität plant neue Gestaltung der Mehrzweckhalle im Stadtpark "Rotehorn" Einsam und verlassen steht sie da. Zwischen Stadthalle und Funkhaus prägt die Hyparschale seit nunmehr 45 Jahren das Bild des Rotehornparks.

Bis zu 1800 Besucher fanden in der Halle Platz. Sogar die beliebte DDR-Jugendsendung »rund« wurde aus der Hyparschale gesendet. Im Jahr 1997 stellte jedoch ein Schadensgutachten die Einsturzgefahr der Halle fest und es folgte die polizeiliche Sperrung. Und was passierte dann? Nun ja, eigentlich nichts. Seitdem steht sie immer noch an Ort und Stelle und verfällt weiter.

1969 wurde die Mehrzweckhalle nach den Plänen des Bauingenieurs Ulrich Müther errichtet. Das Besondere an ihr ist die Konstruktion. Die Decke aus Stahlbeton ist selbsttragend und besteht aus vier Dachschalen, sogenannte hyperbolische Paraboloiden. Klingt schwer mathematisch und unverständlich, ist es aber eigentlich nicht: Die Dachschalen haben an den vier Eckpunkten eine Höhe von 15m. Konzeptentwurf: Sportstätte

In einer Höhe von 12m treffen sie sich in der Mitte der quadratischen Grundfläche, ähnlich einer Hyperbel. Zusammen mit der Außenfläche, die nahezu komplett aus Glas besteht, verkörpere eine solche Konstruktion Leichtigkeit und Schwerelosigkeit. Auch in Schwerin und auf Rügen finden sich Gebäude mit der gleichen Bauart. Die Mehrzweckhalle wurde nach ihrem Bau circa 10 Jahre lang als Ausstellungs- und Veranstaltungsstätte der Magdeburger Messe genutzt: Haus-Messen, Kaninchenschauen und Silvesterbälle – für jeden war etwas dabei. Auch Kulturveranstaltungen durften natürlich nicht fehlen. 4 Youngspeech

Die Kosten für eine Sanierung sind sehr hoch und jahrelang hat sich kein Investor für das Projekt gefunden. Ein Abriss kommt auch nicht in Frage, denn seit 1990 steht die Hyparschale unter Denkmalschutz. Im Juli 2012 gründeten 14 Magdeburger den Verein »Kuratorium Hyparschale«. Sie arbeiten alle in verschiedenen Bereichen, sind Architekten, Politiker, Bauunternehmer oder Studenten. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Für die Vereinsmitglieder sei die Hyparschale nicht nur Teil der Stadtgeschichte, sondern eine Chance für die Zukunft.


Nach zahlreichen Debatten und Diskussionen über die Zukunft der Hyparschale hat das »Kuratorium Hyparschale« im vergangenen Jahr einen ersten Schritt gewagt und eine Kooperationsvereinbarung mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg abgeschlossen. Seit 2009 existiert das Projekt »MovE« (Mobilisierung von Entrepreneurinnen) unter der Leitung von Prof. Dr. Matthias Raith an der Otto-von-Guericke-Universität. Ziel des Projektes ist es, die Unternehmensgründungen von Frauen an Hochschulen im Norden Sachsen-Anhalts zu fördern, da deren Gründungsquote sehr gering ist.

Konzeptentwurf: Schokoladenwerkstatt

»MovE« bietet im Wintersemester 2013/2014 zum dritten Mal das Projektseminar »Social Businessplanning« an, in dem Masterstudierende, vor allem Frauen, der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft und der Fakultät für Humanwissenschaften anhand von realen Fallstudien einen Businessplan erstellen. Ein Teil der Studenten hat dieses Semester die Aufgabe, Ideen, Konzepte und einen Finanzierungsplan für die sanierungsbedürftige Hyparschale im Stadtpark zu erstellen. Dabei kann der Entwurf in jede beliebige Richtung gehen.

Es sollte nur in das Konzept des Stadtparks passen, das die Bereiche Freizeit, Familie und Sport vereint. »Die Studierenden arbeiten an realen Beispielen und spielen nicht etwa ein fiktives Planspiel.«, so Matthias Raith. Deshalb freue er sich besonders auf die verschiedenen Ideen und Entwürfe. »Die Konzepte müssen in das Areal und zum Gebäude passen. Sie müssen knackig und sexy sein.«, sagt er lachend. Da die Studenten auch aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommen, entstehen viele verschiedene kreative Ansätze. Das Besondere an dem Seminar dieses Semester ist die Zusammenarbeit mit der Hochschule Rosenheim. »Die Fakultät für Innenarchitektur ist über Kontakte ebenfalls auf die Hyparschale aufmerksam geworden und führt ein ähnliches Projekt wie unseres durch. Da liegt eine Zusammenarbeit natürlich nah.«, erzählt Nicole Siebold, Dozentin des Seminars »Social Businessplanung«. »Außerdem haben wir dadurch die Möglichkeit, unsere Projektideen visualisieren zu lassen.« Was aus dem Projekt entstanden ist, zeigte die Ausstellung »HyparAktiv« im City Carré: 10 völlig verschiedene Nutzungspläne und dazugehörige detailgetreue 3D-Modelle, die die Ideen der Studenten verdeutlichen. Eines der zehn Projekte stellt die Hyparschale als Erholungszentrum dar. Ein anderes als Schokoladenwerkstatt mit einer beeindruckenden Tropenwelt, in der den Besuchern die Geschichte der Kakaobohne näher gebracht werden soll. Vom »InklusionsSportCentrum« über ein Experimentarium bis hin zum Kunst- und Designzentrum ist alles dabei. Was aus der Hyparschale wird, ob wir in ihr demnächst Schokolade oder Basketballspiele erleben dürfen, bleibt wohl vorerst noch offen. »»Text & Fotos: Anne Strackeljan

Konzeptentwurf: Kunst- und Designzentrum

Youngspeech 5


Radioaktiv

Quo vadis Radi(((o)))? »Das Wort hat seine Schuldigkeit getan, das Wort kann gehen.«

»Das Wort hat seine Schuldigkeit getan, das Wort kann gehen.«, so Hanns Dieter Hüsch, deutscher Kabarettist und Schriftsteller, Anfang der 80er Jahre über den Wandel der gesprochenen Sprache im Hörfunk. Klare Worte. Aber ist das auch wirklich so? Eine genaue Antwort zu geben ist schwierig. Sicher ist, es hat sich einiges geändert. Das Radio reist schon lange durch die Zeit und passt sich einer immer wieder neu generierten Gesellschaft an. Anders würde es auch gar nicht funktionieren. Denn wie auch andere Medien will der Hörfunk vor allem eines: Gehört werden. Und das Wie, entscheidet einzig und allein der »Konsument«. Aber von vorn: Der erste Hörfunksender in Deutschland (((o nahm am 29. Oktober 1923 den Sendebetrieb auf. Die

Unterhaltungsshow »Funk-Stunde Berlin« wurde in alle damaligen Norddeutschen Sendebezirke wie Berlin oder Potsdam ausgestrahlt, und wurde schnell zum familiären Großereignis. Die Technik steckte zwar noch in den Kinderschuhen, dem Erfolg des Radios tat das aber keinen Abbruch. Man sehnte sich nach Teilhabe, Unterhaltung und Zusammenkunft und versammelte sich bei Radiobetrieb zum aufmerksamen Lauschen. Sicher hätte man damals eine Stecknadel fallen gehört. Einen bedeutenden Aufschwung erlebte das Radio dann noch (((o einmal mit Kriegsbeginn. Gerade zu dieser Zeit waren die Menschen am weltpolitischen Geschehen interessiert und wollten hören, was vor sich geht. Alternativen gab es ja auch so gut wie keine. Das Radio avancierte so immer mehr zum Sprachrohr. 6 Youngspeech

Endlich gab es einen Kanal, der mit einem Mal abertausende Menschen erreichen und fesseln konnte. Auch der deutsche Dramatiker Berthold Brecht erkannte schon früh das Potenzial des Radios: »Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens (…) wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen (...).« Doch wenn das Wörtchen Wenn nicht wäre. Natürlich ist heutzutage mehr möglich. Nicht nur der Sprecher kann sich mitteilen, auch der »Angesprochene« meldet sich immer mehr zu Wort. Es wird geklagt, sich gefreut, erzählt und gegrüßt was das Zeug hält. Aber hat das wirklich etwas mit Kommunikation zu tun oder wie Brecht es formulierte, » ...den Hörer in Beziehung setzen«? Radio, wie man es heute zu kennen pflegt, ist bunt. Klar, Bilder sieht man keine, aber dafür wechseln die Formate und Stimmen im Minutentakt. Hier ein Gewinnspiel, da die »Morning Show« mit angenehmer »In-denTag-start-Stimme«, die Nachrichten in gepflegtem 30 Minuten Rhythmus, Musik und zwischendrin mehr oder weniger geistreiche Gespräche der Moderatoren zum Thema X. Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden. Die Frage ist: Bleibt da noch Platz für »echte« Kommunikation?


Anzeige

Streetwear. Sneaker. Art & Media

Pauschal lässt sich das sicher nicht beantworten. Die technischen Voraussetzungen dafür sind gegeben. Was daraus gemacht wird, liegt schlichtweg am Sender. Unterscheiden könnte man hier endlos. Klassisch, traditionell, konservativ, jung, deutschlandweit, regional,

öffentlich oder privat. Jeder Sender hat sein ganz eigenes Profil, welches er versucht seiner Z i e l g r u p p e anzupassen und sich gegenüber der Konkurrenz durchzusetzen. Laut einer Studie der ARD (((o wurden 2014 insgesamt 392 Sendeplätze erfasst – die Onlinefrequenzen nicht inbegriffen. Seit (((o 1987 ist die Anzahl öffentlich rechtlicher und privater Sender somit fast zehnfach gestiegen. Man hat die Qual der Wahl. Umso wichtiger ist es, seine Hörer in solchen Zeiten dauerhaft an sich zu binden.

Nicht ganz einfach, denn die Hörergewohnheiten schlagen einen weiten Bogen und sind nicht leicht fassbar. Sind es Moderatoren, Musik oder die Sendungen, die den Hörer locken? Vermutlich, wie bei so vielen Dingen im Leben, eine gesunde Mischung. Glaubt man aktuellen Studien der Radiozentrale, schalten 4 von 5 Deutschen täglich das Radio ein und das sogar für fast vier Stunden am Tag. Das erklärt sich Lutz Kuckuck, Geschäftsführer der Radiozentrale so: »(...) Ganz gleich, wie schnell sich die Welt verändert– Aufstehen, Alltagsroutinen und Arbeit fallen auch in digitalen Zeiten nicht weg, sondern gehen mit Radio an der Seite weiterhin leichter von der Hand. (...)« Das Radio als Muntermacher? Ist das das Geheimnis? So unaufdringlich wie möglich zu sein? Den Hörer nicht »stören«, sondern ihn unterstützen? Das würde aber auch gleichzeitig bedeuten, dass der Hörfunk immer mehr zur Begleiterscheinung mutiert. Eine Entwicklung, die mehr als deutlich belegbar ist. Heute ist Radio hören kein Ereignis mehr. Es ist ein weiteres selbstverständliches Knopfdrücken in einer hochtechnisierten Welt. Und es stellt sich die Frage, welche Bedürfnisse es heute noch erfüllen soll, denn das Mediennetz wird immer engmaschiger. Das Radio bedient schon lange keine Nische mehr, es ist zu einer von vielen Alternativen geworden. Kommunikation rückt in den Hintergrund, Unterhaltung dominiert den Markt. Davor ist auch der Hörfunk nicht gefeit. Vielleicht hatte Hanns Dieter Hüsch nicht ganz Unrecht, als er den Sprachverfall im Radio anprangerte. Aber vielleicht ist das auch gar nicht entscheidend? »» Text: Lisa Schliep »» Grafik: strawberry ice cream (DA) Breiter Weg 17 · 39104 Magdeburg · 0391.4000393 www.neverending-shop.de Youngspeech 7


Der Kapitän

Es läuft doch nur noch Mist im Fernsehen! Wolfgang Völz – Eine Filmlegende erzählt Vor einigen Wochen erhitzte die Aussage einer großen deutschen Bühnenlegende die Gemüter. Wolfgang Völz kritisierte harsch die aktuellen Fernsehproduktionen und sagte, dass einzig die Wiederholungen seiner Science-FictionKultserie »Raumpatrouille Orion« noch annehmbar sei. Den Rest würde er am liebsten auf den Mond schießen: »Das ganze Zeug kann ich nur schwer ertragen.« »Was heute an Filmen produziert wird, ist schlecht und billig.« Mit diesen Worten begann Völz seinen Rundumschlag gegen die momentane Fernsehindustrie. Er wolle mit dem Filmbusiness heute nichts mehr zu tun haben. Nach über 600 Film- und TV-Produktionen hat der mittlerweile 83-Jährige mit der Fern-

sehwelt abgeschlossen. Grund genug für uns, die Karriere des beliebten Volksschauspielers ein wenig näher zu betrachten. Durch einen glücklichen Umstand kamen wir bereits vor ungefähr zwei Jahren in den Genuss, mit Völz ein wenig über sein bewegtes Leben und seine heutigen Vorlieben zu sprechen. Nachfolgend bekommt ihr nun einen kleinen Vorgeschmack – der gesamte Artikel wird in der kommenden Printausgabe des Youngspeech Magazins zu lesen sein. Jedes Kind in Deutschland kennt die Figur des Käpt‘n Blaubär. Schon seit Ende der 80er Jahre leiht der Volksschauspieler Wolfgang Völz dem grummeligen Seebären seine markante Stimme. Wolfgang Völz! Der Name ist nicht nur den älteren Fernsehzuschauern ein Begriff. Völz – das ist ein bewegender und erfolgreicher Lebenslauf, eine Lebensgeschichte, die erzählt werden muss. Geboren wurde der mittlerweile 83-Jährige als Wolfgang Otto Isaak Treppengeländer am 16. August 1930 in Danzig-Langfuhr. Schon als kleines Kind stand er auf der Bühne und wusste schon damals, was ihn antrieb. »Das G e l d natürlich. D a s Erste was ich gefragt h a b e a l s Vierjähriger im Theater von Zoppot: Was kriege ich für meinen Auftritt? Die Antwort war – drei Gulden. Das waren immerhin vier Tafeln Schokolade.

8 Youngspeech

Die durfte ich alle auf einmal auffressen und hatte dann wahnsinnige Bauchschmerzen und Verstopfung.« Doch solche kleinen amüsanten Rückschläge konnten seine Karriere als Schauspieler nicht aufhalten. Zunächst jedoch erlernte er einen bodenständigen Beruf und machte eine Lehre als Bäcker. Statt kleiner Brötchen gab es bald großen Applaus, denn bereits 1950 gab er am Landestheater Hannover als Page in Schillers »Don Carlos« sein Bühnendebüt; Engagements in Wien, Hamburg, Osnabrück und seiner späteren Wahlheimat Berlin folgten. Mit Kinolegenden wie Gert Fröbe und Hans Albers stand er in seinen Anfangsjahren auf der Bühne und entwickelte dabei sein unnachahmliches Charakterspiel. Dabei hatte er das Talent in die verschiedensten Rollen zu schlüpfen. So gab er Beamte, Polizisten, betrunkene Matrosen, Barkeeper, Diener, Chauffeure und Soldaten. Besonders oft spielte er Bösewichte in Kinokrimis oder deren Gegenparts, wie 1961 den Sergeant Higgins in dem Edgar-WallaceKlassiker »Der Grüne Bogenschütze«, in dem er auch auf einen alten Weggefährten aus seiner Heimatstadt Danzig traf. Eddi Arent, der Komiker mit englischer Seriosität, wurde sogar im gleichen Haus in Danzig-Langfuhr geboren. »Ja Eddi Arent – wir hatten sogar die gleiche Hebamme.« Gern erinnert sich Völz an die Anfangszeit als Schauspieler.


»Das war schön, egal ob die Edgar-Wallace-Verfilmungen oder Stahlnetz. Das waren noch richtige Straßenfeger.« Es waren bei weitem nicht die einzigen Straßenfeger, denen Völz seinen Stempel aufdrückte. Mitte der 60er Jahre entdeckte man seine Schauspielkunst auch für das junge Publikum. So stellte er sein Geschick zum Beispiel in dem Kinderfilm »Emil und die Detektive« oder auch als Oscar in »Pippi Langstrumpf« unter Beweis. Zum allseits bekannten Volksschauspieler avancierte er jedoch in berühmten Serienklassikern des deutschen Fernsehens. Ab 1966 spielte er 78 Folgen lang den Butler Johann in »Graf Yoster gibt sich die Ehre«. Im gleichen Jahr erhielt er seine Paraderolle als Armierungsoffizier Leutnant Mario de Monti in dem Science-Fiction-Klassiker »Raumpatrouille – Die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion«. Die Schwarz-Weiß-Serie hat seit Jahrzehnten Kultcharakter. Schon bei der Erstausstrahlung in der ARD erreichte sie sage und schreibe 56 % Einschaltquote und gilt bis heute mit über zwanzig Wiederholungen als echter Kultklassiker. Mittlerweile kann Völz auf Rollen in rund 600 Film- und TVProduktionen zurückblicken und dürfte damit einer der langjährig umtriebigsten und bekanntesten deutschen Schauspieler sein. Doch Wolfgang Völz hat viele Gesichter und eine besonders markante Stimme, wie er in zahllosen Rollen als Synchronsprecher unter Beweis stellen konnte. Unter anderem lieh er Walter Matthau, Mel Brooks, Ernest Borgnine, Rodney Dangerfield und dem großen Sir Peter Ustinov als Synchronsprecher seine Stimme. Doch eine Stimme sollte ihm besonders viele Sympathiepunkte einbringen. Untrennbar mit Völz verbunden ist besonders der Käpt‘n Blaubär, dem er seit Jahren die unverwechselbare Stimme leiht. Diese Rolle brachte ihm 1998 unter anderem auch den MünchhausenPreis ein. Nur einer der vielen Preise, die dem Volksschauspieler während seiner bewegenden Karriere verliehen wurde.

So skurril wie diese Kennenlerngeschichte ist auch der Humor des beliebten Schauspielers. »Ich habe in meiner 58-jährigen Ehe nie an Scheidung gedacht – nur an Mord.« Humor war schon immer Völz’ Stärke und sein Markenzeichen. »Wir lachen sehr viel, meine Frau meint zwar, mit dem Alter lache ich weniger, aber es gibt ja mittlerweile auch viel weniger zu lachen. Mich laufen zu sehen ist leider ist leider alles andere als lustig. Man wird eben nicht jünger.« Seine machen ihm wahrlich Probleme. Auf die Frage wie er sich als über 80-Jähriger fühle, sagte er nur: »Meine Füße fühlen sich an wie 90 und der Rest meines Körpers wie 79.« Obwohl er immer ein leidenschaftlicher Spaziergänger war, muss er sich nun einschränken. Gehstöcke sammelt er mittlerweile wie Antiquitäten. Doch eines vermisst er sehr: »Jedes Jahr bin ich nach Gdansk gefahren und habe mich mit alten Schulkameraden getroffen. Dann haben wir gesoffen und gelacht. Aber ich mag keine großen Reisen mehr machen und lange von zu Hause wegfahren.« Ein bisschen wehmütig wirkt er beim Eingeständnis dieser Tatsache. Doch trotz seines fortgeschrittenen Alters wird es um Wolfgang Völz kein bisschen ruhiger. Erst im letzten Jahr kompromittierte er seine Fangemeinde mit einem schlüpfrigen Geständnis. Anlässlich seines Bühnenjubiläums gab er im Interview mit der B.Z. zu, ein wahrer Pornofreak zu sein. »Ich lese gerne sehr gut geschriebene Porno-Bücher. Es gibt wirklich gutes Zeug, richtig tolle Dinger«, sagte Völz der B.Z. am Sonntag. Genau diese offene Art gehört zu Völz‘ Glücksprinzip: »Ich kann jedem nur raten – Machen Sie sich richtig frei! Die Leute haben eine falsche Schamesschwelle.« »» Text: Andreas Lilienthal

Im Jahr 2010 feierte Völz bereits seinen 80. Geburtstag. Doch groß feiern wollte er nicht. Dass seinetwegen ein großes Theater gemacht wurde, war ihm nie wichtig. Er liebt die heimische Idylle. Seine Familie und besonders seine Frau ist sowieso das Wichtigste für ihn. Immer an seiner Seite ist Ehefrau Roswitha. Die ausgebildete Tänzerin sah er zum ersten Mal, als sie im Zirkus auf einem Nilpferd ritt. Grafik: Youngspeech

Youngspeech 9


RezensionenXXL I

Manhattan Verlag, 400 Seiten, 14,99 €

American Dreamer John Kenney

Heyne Verlag, 768 Seiten, 24,99 €

Die Rolling Stone Jahre Hunter S. Thompson

Für einen wie mich, der vor mittlerweile drei Jahren auszog, die Werbewelt Der große Hunter S. Thompson war schon zu revolutionieren, ist American zu seinen Lebzeiten eine wahre Legende. Dreamer durchaus ein amüsantes Buch Der Begründer des Gonzo-Journalismus über die Abläufe der amerikanischen – ein Vorbild, nicht nur für ambitionierte Werbewirtschaft von heute. Künstlerisch- Reportage-Journalisten. Ein Perfektioliterarisch gesehen trifft an dieser nist des unberechenbaren Wahnsinns, Stelle die Serie MAD MEN die leichtfüßig ein unkonventioneller und authentischer geschriebenen Zeilen Nick Hornbys. Eine Journalist der Counterculture, dessen Drogelungene Kombination aus Witz und geneskapaden genauso berüchtigt und Ernsthaftigkeit, verblüffend in ihrer bekannt waren wie sein scharfsinniger und rigorosen Ehrlichkeit. Ich musste lernen, scharfzüngiger Stil. Für mich war Thompdass moderne Werbeschnösel nicht son schon immer ein Vorbild, ein einmaliger rauchen und sich auch sonst anscheinend Exzentriker, ein Typ, den man sich hätte für etwas Besseres halten. nicht erdenken können. Als Zeitgenosse In American Dreamer berichtet ein erlebte er das Ende des amerikanischen New Yorker Ex-Werbefachmann, wie er Traums hautnah und dokumentierte dessich so manchen Hipster-Möchtegern- sen Untergang. 1970 schrieb er an Jann Kommunikationsstudenten vorstellt, S. Wenner, den Herausgeber des Rolling zumindest in Amerika, dem Land der Stone, ein Lobesbrief über dessen Arbeit. unbegrenzten Möglichkeiten. Grenzdebile Der Beginn einer kongenialen FreundKunden lassen sich fast jeden Werbeclip mit schaft. Als Brüder im Geiste machten sie Gwyneth Paltrow aufschwatzen, während sich auf, durch geballte Freak-Power ihres die scharfen Praktikantinnen sich die künstlerischen Schaffens eine Gegenkultur primären Geschlechtsmerkmale der großen zu den verlogenen Werten der Konsumund Wohlstandsgesellschaft zu schaffen. Chefs schmiegen. Ein Buch voller Pointen und wohlplatzierter Komik. Insgesamt liest Aus bislang unveröffentlichten Briefen es sich jedoch wie das Serienexposé für die und Thompsons wohl größten Arbeiten für Gegenwartsfortsetzung von MAD MEN, nur das legendäre Magazin entsteht in diesem besser. Buch das Bild einer faszinierenden Zeit. 10 Youngspeech

USA, 1980; Regie: Art Linson

Blast – Wo die Büffel röhren Als bereits angesprochener, glühender Verehrer Hunter S. Thompsons verschlinge ich nicht nur jede Zeile des großen Meisters, sondern zelebriere auch jede Verfilmung seiner Werke sowie seines Lebens. Da ist es nur mehr als verständlich, dass ich schon sehnsüchtig auf die deutsche Version des Klassikers »Blast – Wo die Büffel röhren« aus dem Jahre 1980 gewartet habe. Denn selbst die englische Version war sehr schwer zu bekommen. Allein die Tatsache, dass Bill Murray als Hunter S. Thompson agiert, sollte Freunden des zeitgenössischen Gonzo-Journalismus die Freudentränen in die Augen treiben. Die Story ist typisch Thompson. Der gefürchtete Redaktionsschluss bereitet Hunter mal wieder schlaflose Nächte, als er für eine Reportage über den Super Bowl 1972 recherchiert. Sein Freund und Anwalt Lazlo (Peter Boyle) muss derweil wegen Beleidigung des Gerichts für vier Jahre hinter Schloss und Riegel. Viele Reportagen und Drogenexzesse später kreuzen sich die Wege von Hunter und Lazlo erneut. Ersterer will seinen Erzfeind Richard Nixon journalistisch fertigmachen. Zweiterer ist eher ein Mann der Tat und plant den bewaffneten Volksaufstand. Wenn die Sache irre wird, werden die Irren zu Profis.


12 Ausgaben im Jahr / 13.000 Exemplare

Deutschland, 2013; Regie: Uwe Mann

NOVUM World of Graphic Design

Im Dreieck Leben, Liebe, lauter Baustellen

Einfach selber kochen Kochhaus

Im Juli dieses Jahres jährte sich die Grundsteinlegung der Trabantenstadt Halle-Neustadt, Halles größtem Stadtteil, bereits zum 50. Mal. Die neue Stadt diente der Repräsentation des Erfolges beim Aufbau des Sozialismus in der DDR und bietet noch heute Tausenden Menschen eine liebgewordene Heimat. Besonders ein Mann hatte einen entscheidenden Anteil an der Umsetzung dieses monströsen Bauvorhabens. Heiner Hinrichs gestaltete und koordinierte ab 1965 den Bau der Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt. Bis vor einigen Monaten bewohnte der 76-Jährige auch noch eine bescheidene Neubauwohnung in seinem Stadtteil, doch der Umzug stand vor der Tür. Der Dokumentarfilm Im Dreieck erzählt seine Geschichte. Regisseur Uwe Mann begleitet den erfolgreichen Bauleiter bei den Umzugsvorbereitungen. Welche Dinge sollen auch in der neuen Wohnung einen Platz in seinem Leben finden? Wovon kann er sich verabschieden? Zusammen mit den Produzenten Christoph Kukula und Mario Schneider (»Mansfeld«) von der halleschen 42film-Gesellschaft schafften mit Im Dreieck kein Heldenepos der DDR-Zeit sondern eine authentische Dokumentation der letzten 40 Jahre.

Maronensuppe mit Kaffeenote, gebratenen Petersilien-Äpfeln und krossem Pancetta – klingt zwar nach einem traumhaften Gaumenschmaus, doch gleichzeitig auch nach einem schwierigem Rezept mit Zutaten, die mühevoll zusammengesucht werden müssen, sowie nach einer Einkaufstour durch die zahlreichen Supermärkte und Feinkostläden der Stadt. Doch nicht im Kochhaus: Dieses begehbare Kochbuch wartet wöchentlich mit neuen Rezepten auf. Das Konzept der Kette ist denkbar einfach – an unterschiedlichen Stationen sind kreative sowie bodenständige Gerichte präsentiert, getrennt nach Vorspeise, Hauptspeise und Dessert. An den anmutenden Stationen kann man sogleich die passenden Zutaten je nach Anzahl der Gäste kaufen. Ein effektives System für den blutigen Anfänger bis hin zum ambitionierten Hobbykoch. Der Tre Torri Verlag hat zu diesem Konzept in Zusammenarbeit mit dem Kochhaus gleich das passende Kochbuch herausgebracht und präsentiert im frischen Design eine neue Art zu kochen. Die große Besonderheit besteht in der Gestaltung. Sämtliche Schritte der Zubereitung sind fotografisch abgebildet. Das Buch bietet die beliebtesten und leckersten Kochhaus-Rezepte von Vorspeisen, über Pasta-, Fisch- und Fleischgerichte bis hin zu den raffinierten Nachspeisen.

Es ist geradezu paradox, dass unsere Gesellschaft immer stärker von Design geprägt ist aber eine öffentliche Debatte über Design nach wie vor nur oberflächlich stattfindet. Viele tragen Designerklamotten, lesen sogar Artikel über Food-Design oder kaufen sich Pseudo-Design Artikel bei Buttlers oder anderswo. Mit dem Begriff der sogenannten "kreativen Klasse" ist der Designer gar zu einer Art Synonym für eine neue gesellschaftliche Avantgarde geworden. Auch für uns ist es das Sahnehäubchen unserer Kultur. Darüber hinaus ein elementarer Bestandteil Entstehungsprozesses von Youngspeech. Kein Wunder also, dass das Designmagazin NOVUM, Deutschlands ältestes Grafik Magazin, bei uns in der Redaktion jeden Monat förmlich verschlungen wird. Mit ihren bald 90 Jahren ist die NOVUM eine regelrechte Institution, älter als die meisten ihrer Leser. Schon allein aus diesem Grund verneigen wir uns vor Respekt vor dieser Zeitschrift, die bereits seit 1924 ihre Leser verzückt. NOVUM dokumentiert seit über achtzig Jahren die Entwicklung des internationalen Grafikdesigns und zeigt Trends und Strömungen auf, die sich in Werbung und visueller Kommunikation als stilbildend erweisen.

»»alle Texte: Andreas Lilienthal

Tre Torri; 336 Seiten; 25,00 €

Youngspeech 11


RezensionenXXL II

KONAMI, XBOX ONE/PS3/PS4, ca. 24,00 €

Tynska Records (Tonpool)

Metal Gear Solid 5: Ground Zeroes

Prag Premiere

Dank KONAMI kamen wir wieder einmal in

Wir alle waren so verliebt in Sophie Marceau. Dieser Meinung sind zumindest die Mitglieder der Band PRAG. Und bei mir haben sie damit völlig Recht! Aber sind wir doch mal ehrlich, wer war das nicht? Die Band aus Berlin schwelgt, wie die meisten Menschen, gerne nostalgisch in Erinnerung, sowohl musikalisch als auch visuell. Die beiden Herren der Band greifen dabei gekonnt in Opas alte Klamottenkiste und zeigen auf der Bühne ihre gewagten Funde mit stolzer Überzeugung. Die Dame des Hauses besticht dabei mit modischen Schick à la Coco Chanel. Besonders das weibliche Mitglied der Band weiß zu überzeugen, vor allem mit Bekanntheit. Es ist nämlich keine Geringere als Sängerin Nora Tschirner. Die zwei Männer heißen Erik Lautenschläger und Tom Krimi. Sie spielen Musik zwischen Pop, Chanson, Schlager und Musical. Auch der Bandname kommt nicht von ungefähr. Auf ihrem Debutalbum »Premiere« begleitet sie ein tschechisches Filmorchester. Nebenbei experimentiert die Band mit Hackbrettern oder Mandolinen. Prag verpacken seine Texte mit nostalgischem Inhalt und lädt mit bezaubernden musikalische Arrangements zum Träumen ein.

die

glückliche

Lage,

nächtelang

unsere

Konsolenspielesucht zu befriedigen und den aktuellen Metal Gear Solid-Teil »Ground Zeroes« zu spielen. Besser gesagt ist die aktuelle Version lediglich der Prolog von »Metal Gear Solid: The Phantom Pain«, welches leider erst im kommenden Jahr erscheinen wird. Ursprünglich sollten »Ground Zeroes« und »The Phantom Pain« gleichzeitig erscheinen und für doppelten Spielspaß sorgen. Doch letztendlich entschied sich KONAMI und der Spieleentwickler Kojima dazu, »Ground Zeroes« als Appetithäppchen für dahinvegetierende Metal Gear-Fans schon früher auf den Markt zu bringen. Der aktuelle Teil erzählt die Vorgeschichte zum im nächsten Jahr erscheinenden »The Phantom Pain«“. Er knüpft damit an den PSP-Ableger »Peace Walker« an und spielt demnach im Jahre 1975. Als die Hauptfigur Snake alias Big Boss müssen sie zwei wichtige Informanten aus feindlicher Gefangenschaft befreien. Insgesamt bietet »Ground Zeroes« einen netten kleinen Vorgeschmack auf den kommenden Serienteil, doch dürfte er eingefleischte Metal Gear-Fans nicht richtig zufriedenstellen. Es gibt jedoch ein kleines Gimmick: KONAMI bietet eine kostenlose App an, die als interaktive Ingame-Karte fungiert und zusätzliche noch ein Minispiel enthält.

LOOB, 2014

Tiere streicheln Menschen – Ihre gröbsten Erfolge Ein ungewöhnlicher Name für ein ungewöhnliches Programm. Eine würzige Actionlesung eines ganz besonders Duos, bei dem einem nicht nur die Ohren, sondern irgendwie nach kurzer Zeit auch Augen, Herz und vor allem die Lachmuskeln schlackern. Erfrischende Komik mit Fremdschämcharakter. Lesebühneperle Martin „Gotti“ Gottschild und das singende Erotikum Sven van Thom geben auf Tiere streicheln Menschen ihre schönsten Kurzgeschichten und Lieder zum Besten. Endlich kann man auch daheim auf CD genießen, warum man sich besser nie wieder eine Northface-Jacke anzieht, wie man den Spatz tanzt oder wie es sich anfühlt, wenn man sich „mit dem Polappen eines befreundeten Familienmitgliedes das eigene Gesicht abwischt“. Mit ihrem Humor erwischen sie nicht nur eingefleischte Humorlesungs-Fans, sondern auch HumorSkeptiker, wie ich es einer bin. Doch spätestens mit ihren ehrlichen Zeilen über ihre von kinderhandgenähten Jeans hatten sie auch mich auf ihre Seite gezogen. Für mich war die CD auf alle Fälle der Grund, sich die Beiden auch einmal live zu Gemüte zu führen. Anzeige


short

UND SIE SAGTE:

ACH HUI.

Also die Episode ist wirklich saukomisch. Ist es euch schon mal passiert, dass ihr eurer Ex nicht nachtrauern müsst, weil die Trennungsgeschichte so absurd ist? Okay, dann hört zu. Vorweg: Ich stand auf meine Ex. Echt. Ich war ständig geil auf sie. Das klingt logisch, werden einige von euch Klugscheißern sagen, aber das ist nicht unbedingt logisch. Ich kenne einen Haufen Leute, die mit Frauen zusammen sind, die sie nicht heiß finden. Sie sind mit ihr aus Liebe zusammen oder weil sie Angst haben, nichts Besseres zu bekommen. Fragt euch mal, ob ihr, wenn ihr eure Freundin im Playboy findet, an ihr hängen bleiben bzw. an euch rumspielen würdet.

Ich schweife ab: Also es war Sommer, es waren 33 Grad und meine Ex und ich kamen gerade vom Baden wieder. Wir standen in der völlig überfüllten Bahn. Meine Ex war braun gebrannt, hat durch die schwarzen, lockigen Haare eh einen dunklen Teint und trug ein weißes T-Shirt, dazu blaue Hotpants. Wenn sie geil war, dann sagte sie immer: »Ach hui.« Und das machte mich wiederum geil. So fuhr sie mit den Fingerspitzen durch meine Beinhaare. »Ach, hui, mein Jerome … ach hui …« Sie gab mir einen Kuss, also viel mehr ein Küsschen als einen Kuss, aber das reichte schon, um ihn zum Stehen zu bringen. Durch den dünnen Stoff der Badehose sah man ihn überdeutlich: Einen Prachtständer. Die Bahn hielt an der Haltestelle und massig Leute drängten sich an uns vorbei. Darunter auch eine Solariumtussi mit türkis-pinken Strähnen und einem neongelben Bolerojäckchen (im Hochsommer!). Sie quetschte sich an mir vorbei und blieb an meinem Ständer hängen. Das heißt: Sie checkte das nicht sofort, hielt inne. Ich denke, sie war sich zunächst nicht sicher, ob es wirklich mein Schwanz war, den sie dort fühlte und dann lehnte sie sich mit ihrem Arsch dagegen. Sie drückte ihn voll auf meinen Penis.«

Ich zuckte zusammen.

Jeder Fahrgast starrte nun auf meinen Schwanz. Eine entsetzte Oma, ein verschmitzt lächelnder Bauarbeiter, ein naserümpfender Physikstudent. Ich versuchte zu Lächeln als würde ich sagen: Joa, passiert. Sekunden später – lange Sekunden später – stiegen alle Fahrgäste aus, ich war mit meiner Ex allein. Sie stand mit Tränen in den Augen vor mir. »Du stehst auf andere Frauen? Dir geht auf anderen Frauen einer ab?« Es dauerte lange, bis ich ihr den Sachverhalt erklärte und bis sie begriff, dass die Situation nur wegen ihr zu Stande kam (wer über diesen Wortwitz lacht verdient was hinter die Ohren). Ich konnte sie am Ende tatsächlich beruhigen, sie gab mir einen Kuss. Also kein Küsschen, einen Kuss. Es war alles in Ordnung. Und dann sagte ich: »Aber Schatz … natürlich steh ich auch auf andere Frauen …« Hätte ich nicht sagen sollen, war dumm, klar. Aber was nützt mir diese Beziehung denn ohne Aufrichtigkeit? Versteht mich nicht falsch: Natürlich ist das respektlos, natürlich ist das unsensibel. Aber der Mensch ist ein Triebtier und Triebe sind respektlos und unsensibel. Und ich habe keine Lust, Zeit mit einer Person zu verbringen, die das leugnet, die meine Triebe leugnet. Zwei Minuten später waren wir getrennt. Und seit fünf Jahren bin ich Single. That’s life.

Jetzt dämmerte ihr es. Sie sprang aus Reflex einen Schritt beiseite, stieß gegen vier oder fünf Leute und glotzte mich mit ihren falschen Wimpern an. Ihre Freundinnen schauten verwirrt, Miss Solarium deutete mit den Händen auf meinen Schwanz, der den leichten Stoff meiner Badehose nach oben drückte.

Der hat 'nen Ständer, die Missgeburt! Perverses Schwein! Der will dich von hinten ficken!

Ekelhaft! Assi!!!

Dominik Grittner ≡ freier Journalist (Youngspeech, Dates, Pressestelle OvGU) ≡ freier Schriftsteller (veröffentlicht Kurzgeschichten) ≡ Blogger bei BetamindMusic ≡ Student der Dramaturgie und Drehbuchschreiben an der Filmhochschule Potsdam/Babelsberg

Youngspeech 13


Bambule!

„Bambule – das Magazin“ in ZDFneo ist Trendscout, Personalityshow und Reportagemagazin in einem. Die Co-Moderatorin Johanna Maria Knothe rückt in der Sendung Politikern, Außenstehenden und Verantwortlichen dabei schonmal gehörig auf die Pelle. Wir trafen die eloquente Außenreporterin mit der markanten He-Man-Frisur in Berlin zum sehr persönlichen Interview.

BAMBULE!

JOHANNA MARIA KNOTHE IM INTERVIEW

Bei „BAMBULE – das Magazin“ in ZDFneo geht ihr anfangs oft recht pessimistisch an ein Thema heran. Ist für BAMBULE eigentlich alles grundsätzlich immer schlecht? Ich glaube, da ist was dran. BAMBULE versucht schon, Themen so aufzugreifen, dass es am Anfang ein bisschen weh tut und wir uns gegebenenfalls gegen Ende mit dem Zuschauer versöhnen können. Wir versuchen natürlich in erster Linie Themen zu nehmen, die polarisieren oder zumindest den Zeitgeist unserer Generation aufnehmen. Sind wir alle irgendwie destruktiv, fix und fertig mit der Welt? Ist alles scheiße? Kann man nichts ändern? Ja, wahrscheinlich schon. Für die vierte Staffel haben wir uns deshalb dafür entschieden, weniger positive Themen zu bearbeiten, wie Lust am Töten, Endzeit, Alles aus. Wir wollten die Sendungen ein bisschen negativer angehen, weil es so ein Wohlfühlformat geworden war, wir dachten: Das interessiert ja keinen mehr. Wir wollen mal wieder ein bisschen aufs Maul geben, ein bisschen Krawall machen. Bambule halt. Erst bist du Politikern mit bohrenden Fragen auf die Nerven gegangen, nun machst du persönliche Reportagen in BAMBULE. Wie kam dieser Wandel zustande? Die Idee war es, Politikern relativ persönliche Fragen zu stellen, die sie aber trotzdem noch zulassen. Das war aber auf die Dauer nicht machbar. Es ist schwierig, ihnen jenseits eines politischen Kontextes wirklich echte Meinungen abzuringen, weil sie doch immer Medienprofis bleiben. Auch deshalb hat sich meine Rolle im Laufe der vier Staffeln gewandelt. Für BAMBULE war ich im Übrigen das erste Mal überhaupt vor der Kamera. Vorher war ich als Redakteurin und Autorin tätig. Die Veränderung war also auch Teil einer persönlichen Entwicklung, ich probiere mich aus. An den aktuellen Folgen mag ich, dass ich stellvertretend für den Zuschauer in ein fremdes 14 Youngspeech

Milieu gehe, um etwas fühlbar zu machen, was man nur vom Hörensagen kennt. In Zukunft würde ich das aber gerne verbinden mit dem harten, inhaltlichen Kontext, den die Politik mir vorher geboten hat.

»Ich war wütend, depressiv, total albern, völlig drüber« Diese Herangehensweise erinnert an die Dokumentationen von Thorsten Eppert und Manuel Möglich in ZDFneo („Eppert sucht“, „Wild Germany“). Musstest du dabei auch an deine Grenzen gehen? Auf jeden Fall, ich gehe in dieser Staffel auch öfter noch an meine Grenzen. Es gab eine Folge zum Thema Allein sein [VÖ 21.11.2013]. Da habe ich mal ausprobiert, wie das ist, wenn man 24 Stunden in einem zellenartigen Raum sitzt und keine Ablenkungsmöglichkeiten hat: kein Telefon, nichts zu lesen, keinen Fernseher, kein Internet, niemanden zum Sprechen, nur mich. Das war schrecklich, weil ich Stimmungsschwankungen ausgesetzt war und dieser Raum so ungemütlich war. Ich war wütend, depressiv, total albern, völlig drüber. Das Unterfangen wurde begleitet von einem Experten, der mich die ganze Zeit überwacht und kommentiert hat, was gerade mit mir passiert. Beim Dreh der Gänseschlachtung für die Sendung Die Lust am Töten war ich kurz vor einem Ohnmachtsanfall. Mein Puls hat gehämmert, ich war ganz blass und konnte es nicht fassen. Ich glaube, ich stand tatsächlich unter Schock. Dadurch, dass ich aber gleich mit angefasst habe – ich habe einer Gans die Füße abgeschnitten – und mich in so einer Situation auseinandersetzen muss, mich darüber unterhalten und Informationen einholen muss, fange ich mich dann irgendwann. Das ist eine interessante Erfahrung, das habe ich so noch nie erlebt.


Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass du immer Rot trägst? Es gab diesen Urpiloten im ZDFneo TVLab 2011, da ist BAMBULE angetreten. Wir haben im Bundestag gedreht – mein erstes Mal im Bundestag überhaupt, mir ist die Muffe gegangen – und da überlegt man natürlich: Was ziehe ich an? Letzten Endes bin ich bei einem roten T-Shirt gelandet. Die meisten tragen dort tatsächlich eher gedeckte Farben, schwarz in der Regel. Das Rot war sehr auffällig. Ich hatte dann auch noch bunte Blumen im Haar und die haben mich alle ganz freundlich angeguckt, gegrüßt und sich gefragt, wer das ist. Die kennen in der Regel alle Journalisten, die da so rumstehen. Eine Tante mit rotem Oberteil, Blumen im Haar und einem roten Mikro hatten die damals noch nicht so oft gesehen. Also es war eine Art Signalfarbe im Bundestag, die sehr gut funktioniert hat, also haben wir einfach nie damit aufgehört und das immer weiter stilisiert.

Machst du das gerne oder kostet es dich immer wieder Überwindung, zur Arbeit zu gehen?

Das hat ja auch einen hohen Wiedererkennungswert. Wenn von der Frau in der roten Jacke bei BAMBULE geredet wird, wissen viele gleich, wer gemeint ist.

Es ist Überwindung und ohne Kamera würde ich es wahrscheinlich nicht machen. Sie zwingt mich dazu – und die Redakteurin, die daneben steht und fragt: „Johanna Maria, willst du nicht noch dieses Entenherz in die Hand nehmen?“ Ich habe vor zwei Jahren angefangen zu sagen: Wenn ich vor Ja, entweder die oder die Frau mit der He-Manetwas Schiss hab, dann muss ich es erst recht machen, um Frisur. Ich habe auch schöne Basteleien im Splitdiese Angst zu überwinden. Das funktioniert gut und ist auch screen bekommen von Zuschauern: mein Gesicht das Prinzip meiner Reportage. Das kickt! Für die letzte Folge mit den Haaren und das Gesicht von He-Man mit haben wir schon gedreht. Das Thema ist Endzeit und ich absol- Haaren. Ich mache mich da selbst drüber lustig. viere einen Survival-Kurs, um herauszufinden, wie man ohne (Greift gen Himmel): zivilisatorische Hilfsmittel überleben kann als Stadtmensch. Eigentlich relativ schnöde, aber das mal selber zu machen – » Bei der Macht von Grayskull! « sich durch den Wald zu schlagen, einen sicheren Schlafplatz finden, eine Menschenfalle oder Alarmanlage bauen aus dem Ich war auch großer She-Ra-Fan muss ich gestehen, Zeug, das rumliegt – das macht total Bock. Es gab aber auch deshalb finde ich das ganz süß. den einen oder anderen Part, bei dem ich mich schrecklich überwinden musste und auch fast gebrochen hätte. Aber das „Bambule – das Magazin“ in ZDFneo ist Trendscout, kann man sich ja dann angucken, die Folge kommt kurz vor Personalityshow und Reportagemagazin in einem. Weihnachten. Johanna Maria Knothe fragte sich für die Sendung durch das politische Berlin und unterstützte Gastgeberin Sarah Kuttner mit persönlichen Reportagen. Die bereits ausgestrahlten Folgen sind in der ZDF Mediathek zu sehen. »»Interview & Foto: Sarah Düvel Youngspeech 15


Straßengespräche

»Früher war alles besser« oder »Das hätte es früher nicht gegeben«

– Sätze, die wir alle nur zu gut kennen. Genau diese Sätze haben bereits unsere Großeltern von ihren Eltern gehört und an unsere Eltern weitergegeben, welche diese traditionellen Sätze des nostalgischen Wehklagens wiederum an uns weitergegeben haben. Selbst wir, auch wenn es einige im Moment mit vehementer Beharrlichkeit bestreiten würden, werden wohl einmal diese glorifizierenden Sätze äußern.

Schon jetzt ertappe ich mich ab und zu dabei, wie ich »Weißt du noch damals…« in den Mund nehme. Was folgt, sind meist hollywoodreife Rückblenden zu Ereignissen meiner Kindheit. Die Gewissheit, noch nicht einmal 30 zu sein, lässt mich doch ein wenig schmunzeln. Deshalb sind wir auf Pirsch gegangen und haben ein paar Meinungen zur guten alten Zeit eingefangen. Alexandra, 26 Jahre »Ja, die gute alte Zeit.« Auch ich muss zugeben, dass ich diesen Satz in letzter Zeit öfter von mir gebe als mir eigentlich lieb ist. Aber die sogenannte »Jugend« zwingt einen auch dazu: Sätze, die mit »Ey Alter...« beginnen, lassen mich nostalgisch werden und kopfschüttelnd sagen: »Früher war alles besser«. Da versteh‘ ich die ältere Generation und fühle mich ihnen verbunden, denn »früher hätte es so etwas nicht gegeben«. Aber auch Erinnerungen an meine ersten Studienjahre lassen mich schon »alt« klingen und mein Herz schwermütig werden. Man schwelgt einfach zu gern in Erinnerungen, auch wenn mir die beste Zeit sicherlich noch bevorsteht.

Tim, 28 Jahre Im Prinzip kann ich mit der Phrase »die gute alte Zeit« nichts anfangen. Das klingt für mich meist wie Nostalgie und damit beschäftige ich mich recht wenig, da ich immer versuche das Beste aus dem Hier und Jetzt zu machen. Es gibt aber durchaus Dinge, die ich vermisse. Ich vermisse zum Beispiel die unbeschwerte und sorglose Grundschulzeit, in der man sich noch keine großen Gedanken über die Zukunft gemacht hat und auch nicht machen musste. 16 Youngspeech

Laura, 26 Jahre Ich frage mich, sehnen wir uns denn wirklich so nach den alten Zeiten zurück? Wäre es nicht besser das Jetzt zu einer schönen Zeit werden zu lassen, die dann in vielen Jahren ebenfalls zur guten alten Zeit zählt? Lasst uns glücklich sein, wenn die Sonne scheint und wir sie gesund und in Frieden genießen können. Und im Herbst werden wir es lieben, die bunten Blätter mit all ihrer Farbenpracht festzuhalten und zwischen ihnen zu spazieren, im Winter den kalten Schnee im Gesicht spüren und sich auf die ersten wärmenden Strahlen des Frühlings freuen, der jedes Jahr wieder kommen wird, auch wenn wir alt und grau sind. Und schließlich wird die »gute alte Zeit« unsere Gegenwart sein.

Sebastian, 32 Jahre Für mich steht »die gute alte Zeit« für einen Lebensabschnitt mit einer an sich empfundenen guten Zeitqualität. Als Kind ist man behütet und sorgenfrei und Freude und Spieltrieb sind die beherrschenden Sinneseindrücke. Nach und nach werden einem die Zwänge der Gesellschaft aufgebürdet. Die Freiheit, nicht an morgen denken zu müssen, wird dem Individuum genommen. Für mich war – bis jetzt – eine der schönsten Zeiten die Jugend zwischen 13-18 Jahren. Das abendliche Treffen mit Schulfreunden, das erste Verliebtsein sowie die legendäre Abschlussfahrt prägten diesen Lebensabschnitt und ließen meine »gute alte Zeit« entstehen. »» Interviews: Maria Urban


In Absentia

Ein verspäteter Nachruf Von Zeit zu Zeit kann es vorkommen, dass man nichtsahnend an einem Trödelladen in der Stadt vorbeischlendert und dort in einem Pappkarton vor dem Geschäft zwei Ausgaben eines Magazins erblickt. Eines, welches Anfang der 90er Jahre, ich möchte sagen, bahnbrechend war und alles hypte, was gut und amerikanisch war. Selbstverständlich ist hier von der Limit die Rede. Die Zeitschrift, die mit Sammelkarten, Comics, Wrestling, Extremsportarten und Actionhelden zu glänzen wusste und dem verwirrten, kindlichen Konsumenten Themen wie Feuersprung-Stunt: 60-Meter-Sprung im Cadillac oder Star Trek Fieber: beamt euch hoch auftischte. Zwischen 1992 und 1998 war die Limit eine der wichtigsten Publikationen für Kinder und Jugendliche und aufgrund des Einflusses auf gewisse Redakteure womöglich maßgeblich daran beteiligt, dass es heute ein Youngspeech Magazin gibt. Oder vielleicht auch nicht, schließlich hat man den Laden nach ein paar Jahren wieder dicht gemacht. Wer Anfang der 90er allerdings selbst noch jung war, wird verstehen, worum es geht, sich gerne erinnern und vielleicht auch dankbar sein, dass dieses Kleinod zu Tage gefördert wurde.

wir verlosen

»» Text: Christian Geipel

2 Exemplare! E-Mail an: info@youNgspeech.de Betreff: Limit

Youngspeech 17


18 Youngspeech

Kultcomics


»»Mit freundlicher Genehmigung von:

Youngspeech 19


Es war einmal…

Früher war alles besser. Das Gras war grüner, die Sonne heller, das Wasser klarer und die Berge höher. Das Lachen war ehrlicher und die Tänze ausgelassener. Früher… – ja, früher. Die Gedanken eines Nostalgikers sind sehnsüchtig. Teilweise wehleidig. Der Nostalgiker wendet sich vergangenen Ereignissen hin. Was er sich am meisten wünscht: die guten alten Zeiten. Manchmal ist ein jeder von uns nostalgisch. »Das ist etwas typisch Menschliches«, sagt der Berliner Biopsychologe Peter Walschberger, »man wird älter und denkt vielleicht an eine jüngere Liebe oder an die gute Kindheit zurück.« Denn die Menschen sind, im Vergleich zu den Tieren, die einzigen Lebewesen, die nicht im Hier und Jetzt leben, sondern die, durch die Evolution bedingt, auf eine Vergangenheit und auf eine Zukunft blicken. Der Mensch besitzt eine lange Lebensperspektive und natürlich fragt er sich dabei: Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Der Mensch hat ein Gedächtnis, er erinnert sich. Daraus entwickelte sich unsere große Kultur. Und so filtert jeder Mensch im Laufe seines Lebens all seine Eindrücke und Erlebnisse in wichtig oder unwichtig. Traurige, verletzende, aber vor allem auch angenehme und schöne Erinnerungen werden gespeichert und in Momenten der gegenwärtigen Unzufriedenheit ins Gedächtnis gerufen. »Nostalgie ist Sehnsucht und Sehnsucht ist das Gefühl, etwas Gutes zu vermissen, das man nicht mehr hat und an das man wohl auch nicht mehr ran kommt«, sagt Walschberger. Oftmals ist die Erinnerung an alte Zeiten aber stark idealisiert und verklärt.

20 Youngspeech

Die Gute Alte Zeit Ein Beispiel für eine aktuelle große Nostalgie-Welle ist die DDR-Nostalgie oder auch Ostalgie genannt. Ostler treffen sich und erinnern sich gemeinsam an die alte Zeit. Gab es aber neben solchen Dingen wie der Club Cola, dem Ampelmännchen und dem Trabant nicht auch sehr viel Schlechtes und Erdrückendes zu jener Zeit? »Doch, schon«, sagt Peter Walschberger, »aber da war plötzlich ein ganzes Volk, das in seinen Gewohnheiten beschnitten wurde. Die Ostdeutschen verloren ihre Identität.« Zudem stieg die Zahl der Arbeitslosen im Osten nach der Wiedervereinigung an und auch die Wirtschaftsentwicklung verschlechterte sich. Die Übernahme durch den Westen und die Enttäuschung, dass keine bessere Lage dadurch eintrat, schürten bei einigen Menschen die Verbitterung und die verklärte Reflexion der »guten« DDR. Nostalgisch kann aber auch modern sein: Alte Schränke, Ohrensessel und Schallplattenspieler aus Omas Zeiten finden jetzt Platz in stylischen WG-Zimmern. Ebenso bekommen neue technische Produkte einen nostalgischen Anstrich. Sei es ein auf alt gemachter Kühlschrank, eine Stehlampe oder eine Kaffeemaschine. »Die Objekte erhalten einen verklärenden Touch und dadurch erscheinen sie als etwas Edles«, sagt Peter Walschberger.


Nostalgie Doch bis zu welchem Grad ist Nostalgie in Ordnung und wann wird es zu viel? Die bewusst eingesetzte Nostalgie der Werbebranche außer Acht gelassen, befindet Walschberger, dass eine gesunde Portion Nostalgie einem Menschen gut tut, um sich von depressiven Stimmungen zu erholen. Ebenso sei die Geschichtspflege sehr positiv. Denn ohne die Nostalgie, ohne die Rückerinnerung, wisse der Mensch nicht, dass er im Winter Holz holen muss, da es wieder kälter wird. Oder dass er nicht den gleichen Fehler in der nächsten Beziehung wiederholt, der in der vergangenen Partnerschaft zur Trennung führte. »Aber wenn sich jemand in Nostalgie vergräbt und nicht mehr lebensfähig ist; wenn derjenige in seiner nostalgischen Phantasie lebt, die positiven Gefühle aufwertet und dann aber nicht mehr zurückfindet – dann ist die Grenze des gesunden Umgangs mit Nostalgie überschritten«, sagt Peter Walschberger.

Unzufriedene Momente und Zukunftsängste besitzt fast jeder. Aber wer nur der Vergangenheit nachtrauert, bleibt im Leben stehen. Der Schweizer Journalist Walter Ludin sagte einmal:

»Nostalgie träumt von alten Wirklichkeiten, statt neue Träume zu verwirklichen.« Manchmal ist es darum besser eine von vielen Erinnerungen des Lebens wegzuwerfen, um neuen, genauso schönen Platz zu schaffen. Denn wenn man mal ehrlich ist, dann ist das Gras immer noch so sattgrün, die Sonne strahlt immer noch so herrlich warm und auf den Bergesspitzen liegt noch immer der weiße, reine Schnee wie zu Kindertagen. »»Text & Foto: Vanessa Kanz

Youngspeech 21


Zeit|Zeugen

#FRÜHERWARALLESANDERS Wie würden Sie den Unterschied zwischen der Jugend damals und der Jugend heute beschreiben?

1914.

Irgendwie sieht diese Zahl so vertraut aus. Als wäre es erst vor ein paar Jahren gewesen, dass man sie noch in sein Arbeitsheft schrieb, um sich die nächsten zwei Wochen Notizen zu machen, während der Geschichtslehrer wild über die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts philosophierte. Ein Jahr, welches in so manchem Geschichtsbuch als Umbruch und somit Anbeginn unserer Moderne vermerkt sein dürfte. Ein Jahr, geprägt durch den Beginn des Ersten Weltkrieges, die Erfindung der Verkehrsampel und nicht zuletzt des Reißverschlusses. Mal ehrlich, 100 Jahre geteilter Jacken, Hosenställe und Rucksäcke und trotzdem: Der Reißverschluss hakt ständig. Einhundert Jahre minutenlangen Wartens an menschenleeren Straßen und rot strahlender Lichter und trotzdem: Ist die Ampel immer zur falschen Zeit rot. Ich stelle mir die Frage, ob es Sinnbilder für unsere Gesellschaft sind. Sinnbilder für drei Generationen: eine die viel erschaffen und verändert hat. Eine weitere, die viel durchgemacht und wiederaufgebaut hat. Und dann ist da noch ihre Nachfolge, die nahtlos daran anknüpft und versucht, im Zustand des „Wir haben alles und können alles tun“ den Zwängen der „Wir haben was geschafft“-Generation zu entkommen. Woran liegt es, dass der Reißverschluss nach einhundert Jahren immer noch nicht reibungslos funktioniert? Wer muss jetzt weiter daran tüfteln, dass er irgendwann problemlos schließt? Und wie denkt eigentlich sein Erfinder über diejenigen, die ihn jetzt benutzen? Oder weniger pseudo-feuilletonistisch formuliert: Was denkt die ältere Generation über die heutige Jugend? Wie werden wir jungen Magdeburger bewertet im Umgang mit dem, was sie uns übergeben hat und das wir als so selbstverständlich (z)erleben? Wie werden wir wahrgenommen? Ihr gestattet: Peter, Rentner und 74 Jahre alt. Peter ist einer der wenigen Magdeburger, die sich überhaupt zu einem Interview bereit erklärt haben. Die meisten lehnten jegliche Aussage zum Thema ab oder wollten generell nicht belästigt werden von uns.

Also vom Äußeren ist das natürlich ein riesiger Unterschied. Man ist früher – das jetzt bitte nicht besonders bewerten – gesitteter rumgelaufen. Man rannte vielleicht nicht ganz so schlampig wie heute herum. Vor allem diese große Vielfalt gab es früher nicht. Ich ärgere mich über so manches heute. Wenn z. B. die Leute mit verfilzten Haaren rumlaufen, fängt mir auch die Kopfhaut an zu jucken. Und diese Dinger in den Ohren und Nasen, sind auch nicht meins. Was denken Sie, macht die Jugendszene heute aus? Ich provoziere mal und sage Krawalljugend und Desinteresse? Diese Jugendszene in dem Sinne kenne ich weniger, aber Krawalle gab es immer, auch Vorlaute gab es immer und jene, die sich exponieren mussten. Irgendwie braucht man als junger Mensch ja ein Ventil und das wirkt sich auf unterschiedliche Weise aus. Wenn Sie sich beispielsweise die Magdeburger Jugend ansehen, was nehmen Sie dann wahr? Ich bin ja ab und an auch Student, Seniorenstudent. Student der Geisteswissenschaften. Da nehme ich auch die Aktivitäten der Studenten wahr, auch politische Veranstaltungen, wie die Meile der Demokratie. Die Jugend steht nicht abseits würde ich sagen, aber ich kenne mich zu wenig aus, um wirklich eine Gewichtung treffen zu können. Welche Konflikte haben sich für Sie schon einmal mit Jugendlichen ergeben? Konflikte nicht direkt. Was mir überhaupt nicht gefällt, sind die jungen Menschen, die mit ihren Hunden am Bahnhof rumlungern und nichts mit ihrem Leben anstellen. Gern hätte ich Peter noch ein paar mehr Fragen gestellt, da er gerade begann sich zu öffnen und die tatsächlichen Eindrücke (abseits von Oberflächlichkeit und Diplomatie) zu beschreiben, die ihn stören oder ihm gefallen. Doch sein voller Terminkalender machte uns einen Strich durch die Rechnung. Schade eigentlich, ältere Menschen werden in den Medien häufig klischeehaft dargestellt. Genau diese Klischees wollten wir aufbrechen und mussten erkennen fürs Erste gescheitert zu sein. »»Text & Foto: Robert Meinel

22 Youngspeech


Youngspeech 23


Filmverrückt

EINE ODE

… AN DEN GUTEN ALTEN FILM DER SECHZIGER UND SIEBZIGER

Youngspeech im Interview mit Regisseur Markus Pajtler

Derzeit sind die Deutschen in Hollywood gefragt wie selten. Viele deutsche Regisseure tummelten sich dort zuletzt in den Dreißiger- und Vierzigerjahren. Doch sie waren damals nicht freiwillig gekommen, sondern ins Exil geflohen, vor dem NS-Regime. Die Neuen hingegen kommen vor allem, weil sie im deutschen Kino etwas bewegt haben, etwas etabliert haben, was eigentlich nach Amerika gehört wie das Salz in die Suppe: das Genrekino. Markus Pajtler (29 Jahre) ist einer von ihnen. Ein Querdenker – einer, der den Film liebte als der Film noch Handwerk war. Im Stile der Sechziger und Siebziger, mit Themen wie Liebe, Hass und Popkultur. Seine Filme sind schwer zu beschreiben. Vielleicht ein wenig wie er selbst: eigensinnig, stilistisch originell, voller Anspielungen, intelligentem und debilem Humor. Shanzo erzählt eine verwobene Geschichte aus der Sicht dreier, verschiedener Personen à la 8 Blickwinkel. Was reizt Sie besonders an dem Stilmittel der verschiedenen Perspektiven? Ich muss zugeben, dass ich 8 Blickwinkel nie gesehen habe. Darf ich das als Filmtipp auffassen? Dann hole ich es gern nach?! Bei Shanzo wollte ich zunächst von einer ganz speziellen Welt erzählen, eine Stimmung, eine Großstadt, irgendwo in Europa. Ich bin bei der Suche nach den Figuren, die dieser Stadt Leben einhauchen sollten, auf viele verschiedene Charaktere gestoßen, die ich alle extrem spannend fand. Schlussendlich habe ich mich dann dafür entschieden, allen Figuren etwas mehr Platz einzuräumen, wie es beispielsweise in L.A. Crash oder Amores Perros der Fall ist, und alle Episoden durch eine Figur zu verbinden.

»Ich habe das Glück jemanden gefunden zu haben, der den Film ähnlich lebt, denkt und fühlt wie ich.« Ihr Film lässt sich schwer in eine Schublade pressen. Einige bezeichnen ihn als Großstadtwestern im Stil von Taxi Driver. Trifft es dieser Vergleich noch am ehesten? 24 Youngspeech

Taxi Driver ist ein absolutes Meisterwerk und ein absolutes Stilvorbild für uns. Auch der Film Drive von Nicolas Refn, den ich erst sehen konnte, nachdem das Drehbuch für unseren Film bereits stand, erinnerte mich ein wenig an den filmischen Stil, an dem wir uns versuchen. Wenn man der Ordnung halber meinen Film in eine Schublade pressen muss, dann liebend gern ganz unten, ehrfurchtsvoll unter Taxi Driver. An welchen Orten wird der Film überall gedreht? Wie werden Sie allgemein auf interessante Drehorte aufmerksam? Den ersten Drehblock haben wir in Berlin und Brandenburg gedreht. Ich habe das Glück, mit meinem Kameramann Tony Kopec jemanden gefunden zu haben, der den Film ähnlich lebt, denkt und fühlt wie ich. Tony ist gebürtiger Berliner und kennt sich dementsprechend sehr gut dort aus. Durch seine Vorschläge und langen Recherchen ist es uns, so denke ich, gelungen, einige wirklich attraktive Orte zu finden.

Wie schwer war es internationale Filmgrößen wie David Gant oder Udo Kier für solch ein Projekt zu gewinnen? Beide sind absolute Vollblutschauspieler, die, wenn sie sich für eine Sache begeistern, auch kleinere Projekte unterstützen. Glücklicherweise hat ihnen das Drehbuch gefallen und so können wir sie heute zu unserem Cast zählen.


Ihre Filme haben bisher eher das Nischenpublikum erreicht. Soll Shanzo der Durchbruch bei den allgemeinen Filmefans werden oder haben sie auf Massenerfolg gar keine Lust? Film ist Rezeptionskunst und lebt und stirbt mit seinem Publikum. Wenn es den »allgemeinen Filmfan« gibt, hoffe ich natürlich, dass ich auch ihn erreiche. »Durchbruch« oder »Massenerfolg« sind schöne Worte, mit denen ich mich aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht beschäftige. Wenn ich bis ins hohe Alter Filme unter guten Vorausetzungen machen kann, dann wäre das ein großes Glück für mich. Rote Teppiche, Champagner und Berühmtheit haben mich nie gereizt und sind somit auch nie ein Ziel gewesen.

70 0-6 19

Dürfen die Darsteller auch eigene Ideen mit einbringen oder müssen sie strikt nach Drehbuch spielen? Ein Schauspieler ist kein Automat, in den ich Münzen einwerfe und am Ende kommt Schauspiel heraus. Wenn ich mich für die Zusammenarbeit mit einem Schauspieler entscheide, nehme ich ihn zusammen mit seiner Persönlichkeit, die immer wieder mit in sein Spiel einfließen wird. Wenn wir in den Proben feststellen, dass es grobe Unterschiede zwischen dem wie der Schauspieler seine Rolle interpretiert und dem Drehbuch gibt, dann erarbeiten wir gemeinsam eine Lösung. Am Set selbst ist nur noch Platz für Änderungen in Nuancen. Da ist unser Zeitplan immer so eng, dass große Improvisation alle Arbeitsabläufe behindern würde. Welche Filme bzw. Regisseure haben Sie selbst für ihre Arbeit inspiriert? Ich bin ein großer Freund der Filme der 60er und 70er Jahre. Vor allem Italowestern, Gialli und Poliziesci interessieren mich gerade sehr, aber auch französische und amerikanische Filme dieser Zeit faszinieren mich. Ich nehme Inspiration aus all diesen Werken. Wenn ich nun nur Leone, Sollima oder Melville nenne, täte ich vielen, vielen anderen großartigen Filmemachern, die mich begeistern und deren Werke mich antreiben stets an mir und meinem Film zu arbeiten, Unrecht. Inkonsequenterweise nenne ich hier aber zusätzlich mal den deutschen Regisseur Roland Klick, den ich vor Kurzem erst entdeckt habe und der in der Vergangenheit sehr mutiges deutsches Genrekino gemacht hat.

Wie schaffen Sie es überhaupt, diese hohe Qualität so günstig zu produzieren? Ich bin in der glücklichen Lage umringt von tollen, fähigen Leuten zu sein, die alle genau wissen, was sie tun. Wir können zurzeit noch günstig produzieren, weil für uns das Produkt, unser Film, im Vordergrund steht und nicht der Gewinn des Einzelnen. Wir haben im Laufe unserer Arbeiten an diesem Film so viele Menschen getroffen, die uns geholfen haben ohne einen greifbaren Gegenwert zu verlangen. Menschen, die ganz einfach helfen wollten, etwas auf die Beine zu stellen. Was wird denn das nächste Kapitel in Ihrer Karriere? Ich möchte zunächst nur an Shanzo denken. Sobald ich seine Fertigstellung vor Augen habe, schreibe ich ein neues Drehbuch und ein neues Abenteuer beginnt. »»Text: Andreas Lilienthal Youngspeech 25


Interview

Das war der Vorhof zur Hölle.

Freundlichkeiten mit Pferden im Interview Eine Busfahrt die ist lustig… und nicht nur das! Seit 2013 ist die Band »Zärtlichkeiten mit Freunden" im Bus unterwegs und trifft dabei Persönlichkeiten aus der Musikszene. Es wird geredet, musiziert und die Mitteldeutsche Landschaft und Kultur im MDR versendet. Wir haben die Zwei Perücken-Träger gesprochen und sind nun schlauer… Ihr habt euch in kleinen Studentenclubs eure ersten Sporen verdient. Musstest ihr euer Programm für die größeren Shows eigentlich sehr verändern oder ist dies mit der Größe des Saales mitgewachsen? Das Programm ist immer mitgewachsen und dichter geworden. Wir haben uns ja am Anfang nicht hingesetzt und ein Programm geschrieben, sondern hatten das Glück einige Jahre auf Silberhochzeiten, Dorffesten und CB-Funkertreffen zu tingeln.

26 Youngspeech

Da gab es immer Raum für Improvisation, aus der schlussendlich ein Programm entstanden ist, das nun in Theatern und Kabaretthäusern seinen Platz gefunden hat. Im Prinzip haben wir aber die Silberhochzeitsunterhaltung fürs Theater salonfähig gemacht. Das ist unser Trick. Bei einer Schiffstaufe in Riesa seid ihr das erste Mal unter dem Namen »Schlagerzärtlichkeiten mit Freunden« aufgetreten. Später wurde daraus »Zärtlichkeiten mit Freunden«. Verwirrt der Name viele? Der Name verwirrt bestimmt viele, aber wir haben den Namen ja bewusst gewählt, um uns hochinteressant zu machen. Und das ist uns gelungen. Es gab allerdings schon fetzige Fehlkreationen wie »Zeitzer Zärtlichkeiten«, »Zärtlichkeit mit Freude« oder »Zärtlichkeiten mit einer Fremden«. Noch nie allerdings gab es: »Freundlichkeiten mit Pferden«. […bis jetzt jedenfalls. Der Layouter.]

Habt ihr eigentlich auch schon negative Erfahrungen mit eurem Programm gemacht? Wir sind vor vielen Jahren mal bei einem Klassentreffen aufgetreten, bei dem sich die Leute 15 Jahre nicht gesehen haben. Das war der Vorhof zur Hölle. Wir waren einfach falsch dort. Die Leute wollten sich miteinander unterhalten und sich gegenseitig Dinge sagen wie: »Mensch, Rainer, bist Du fett geworden!« Das war eine harte Erfahrung, wenn man vom Publikum gefragt wird, ob man nicht leiser spielen kann, oder vielleicht im Keller, oder am allerbesten gar nicht.

Christoph, deine Uni war in Halle, während Stefan in Sachsen blieb und studierte. Wie war Halle für dich? Hast du dich schnell eingelebt oder hast du Anfängerfehler gemacht, von denen du nun abraten kannst? Christoph: Ich habe viele Jahre in Halle gewohnt und liebe diese Stadt noch immer sehr. Ich überlege manchmal sogar, wieder zurückzuziehen. Das können nicht viele nachvollziehen. Aber auf meiner Weltrangliste kommt gleich nach Reykjavík die kleine Salzstadt an der Saale. Ich habe mich hier sehr schnell eingelebt. Am Anfang bin ich oft über das Hallesche »Na« gestolpert, bis ich begriffen habe, dass es ja fast so etwas Schönes ist wie unser »Nu«. Ab dann ging´s. Euer neues Format heißt »Zärtlichkeiten im Bus«, darin werden namhafte Persönlichkeiten interviewt. Gibt es einen Wunschkandidaten von euch? Prinzipiell freuen wir uns über jeden Gast, der in unseren Bus kommt. Wir kannten ja die meisten Gäste vor den Fahrten noch nicht. Es war immer toll, neue interessante Künstler kennenzulernen, auch wenn man deren Musik vorher nicht unbedingt im Walkman mit sich herumgetragen hat. Aber nach mehreren Stunden Dreh wieder auszusteigen und dann ein bisschen befreundet zu sein, ist schon schön. Es ist immer ein bisschen wie Klassenfahrt: Man verbringt eine schöne Zeit zusammen, macht Quatsch, musiziert gemeinsam, und dann gibt es beim Abschied Tränen.


Euer Bus tourt aktuell durch die Mitteldeutschen Lande, ist das Format auf Gesamtdeutschland anwendbar oder treibt euch der Lokalpatriotismus eher dazu, die Umgebung der (weiteren) Heimat den Künstlern näher zu bringen?

Was vielleicht die wenigsten wissen – wir kommen ja aus unserer Heimat. Wir finden es gut, hier unterwegs zu sein. Wir entdecken auf unseren Reisen oft abgefahrene Dinge, die wir vorher noch gar nicht kannten. Zum Beispiel waren wir mit der Sängerin

Anna F. im Mansfelder Land zum Platzbahnkegeln Das ist jetzt unser neuer Lieblingssport. Außerdem fährt der Bus nur 80. Da brauchen wir eine Woche bis Aurich. Welcher Gast hat euch am meisten überrascht? Andreas Bourani. Der war so herrlich entspannt und hat wirklich jeden Quatsch mitgemacht – und oft noch einen oben drauf gesetzt. Dufter Typ. Nachdem die letzten Jahre voller Kabarettpreise und diverser Programme erfolgreich waren und auch 2014 vielversprechend ist… Was erwartet uns in der nächsten Zeit von euch? Gibt es Pläne mit dem Bus oder steht schon das Flugzeug bereit? Bis jetzt gibt es noch nichts Konkretes. Wir werden nach der Sommerpause wieder fleißig in Deutschland unterwegs sein und endlich wieder live unsere Programme spielen. In der Weihnachtszeit wird es ein paar ausgewählte Termine mit unserem Weihnachtsprogramm geben. Mit unserem Freund, dem Reellen Reentko aus dem Bus, wollen wir endlich eine Punkband namens »Klinke/Klinke« gründen und in schäbigen Jugendclubs auftreten. Wie es mit dem Bus weitergeht, liegt in der Hand des MDR. Da wird vermutlich in den nächsten Wochen eine Entscheidung fallen. Man darf gespannt sein. Inwiefern ist damit zu rechnen, dass ein rein politisches Kabarett mit euch zu erleben sein wird? Wir finden, dass es stellenweise schon sehr politisch in unseren Programmen zugeht. Ein rein politisches Programm wäre uns aber dann auch irgendwie zu einseitig. Das wären dann nicht mehr Cordula Zwischenfisch und Ines Fleiwa, die auf der Bühne stünden. Ob Christoph und Stefan mal ein rein politisches Kabarett-Programm machen, das wird die Zeit zeigen. Montagsdemos, Online-Petitionen, Shitstorms: Während die einen Weltverschwörungen sehen und mit Aluhut auf die Straße gehen, haben andere Zukunftsangst Was für einen Tipp habt ihr für die »jungen« Talente und Macher von morgen? Anecken, Fehler machen, noch mehr Fehler machen. Oder so, wie es der große John Cleese formulierte: »Nichts wird Dich so gründlich daran hindern, kreativ zu sein, wie die Angst, einen Fehler zu machen.«

Weitere Infos unter: www.zaertlichkeitenmitfreunden.de Das gesamte Interview unter: Youngspeech.de/zmf

Fotos: Joachim Blobel / 42Film Interview: Jörn Rohrberg

Youngspeech 27


Reisebericht

P R A G U E CALLING

Das gute alte Prag Wenn man Leute fragt, was ihr erster Gedanke ist, den sie mit Tschechien verbinden, dann ist die Antwort stets die gleiche: Prag. Kein Wunder, denn schließlich zählt die „Goldene Stadt“ zu den schönsten Städten in Europa und zieht mit ihrer märchenhaften Gestalt Millionen von Menschen aus aller Welt an. Jeder Städteausflug gleicht einer Zeitreise in die Vergangenheit. Der Traum einmal Prinzessin oder König zu sein wird mit dem Gang durch das Prager Schloss Wirklichkeit. Doch existiert dieses Traumbild auch in den Köpfen der tschechischen Einwohner? Ist Prag noch die historische Metropole aus vergangener Zeit oder gleicht sie schon einer reinen Touristenmarke? Unsere „Außenkorrespondentin“ Laura verweilt zurzeit als Freiwillige in Tschechien und hat den Mythos Prag für uns näher beleuchtet.

28 Youngspeech


Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Moldau wie einen Silberstreifen glänzen lassen und die Prager Türme wie goldene Zepter über die Dächer ragen, verstummt jeder Zuschauer in Sekunden. Kein Foto und keine Postkarte können diese architektonische Schönheit festhalten. Ein Blick aus dem Hotelfenster reicht aus, um jegliche Erwartungen, die an eine Reise nach Prag gestellt wurde, zu übertreffen. Denn ein Besuch gleicht einer Zeitreise ins Mittelalter: Seite an Seite reihen sich die Bauten aus der Romanik und Gotik und wenn man durch die mit Kopfsteinpflaster versehenen engen Gassen schlendert, erwartet man an jeder Ecke eine prunkvolle Kutsche von Kaiser Karl IV. Den Spitznamen »Goldene Stadt«, den sie aufgrund der Sandsteintürme, die im Sonnenlicht goldähnlich schimmern inne hat, hat sich Prag redlich verdient.

Dies zeigt sich deutlich am Wenzelsplatz, der für viele durch die Studenten Jan Palach und Jan Zajíc ein Begriff sein dürfte, die sich an jenem Ort aus Protest anzündeten und verbrannten. Abgesehen von einem Kreuz als Denkmal für die jungen Menschen vor dem Nationalmuseum ist der Boulevard heute umsäumt von Hotels und Geschäften von internationaler Bekanntheit. Also schnell ein paar Fotos für das Erinnerungsbuch geschossen und dann ein neues Kleid für den Sommer gekauft. Natürlich stellt sich die Frage, was ich sonst erwarte? Etwa, dass die Stadt extra für mich als Touri so erhalten bleibt, wie sie die Könige zu jener Zeit erbauen ließen? Durch Veränderungen, Zerstörungen, Um- und Aufbau entwickelt sich eine Stadt Zeit ihres Lebens und genau dieser Prozess macht eine Stadt wie Prag so spannend und interessant. Sonst würde die Innenstadt heutzutage nicht von einer Mauer aus Ostwohnblöcken geschützt sein, die meist von den waschechten Tschechen bewohnt werden. Denn die Altbauten in der Innenstadt bringen trotz Renovierung hohe Betriebskosten mit sich, die sich die Einheimischen nicht leisten können. Somit werden die Freiräume als Büros oder Apartments für wohlhabende Leute aus anderen Ländern vermietet oder verkauft; eine gewisse Profitgier der Immobilienagenturen kann man nicht ausschließen. Dadurch ist das Leben in der Innenstadt oft von internationalen Menschen geprägt, seien es Arbeiter, Studenten oder einfach Besucher. So ist es kein Problem, sich auf Englisch nach dem nächstbesten Restaurant in der Nähe zu erkunden, doch einen Tschechen anzutreffen gleicht eher einem Sechser im Lotto.

»…auch ich bin eine Touristin«

Doch so schnell ich ins Schwärmen verfalle, so schnell bleiben mir auch die dichterischen Vergleiche im Halse stecken, wenn ich von einer zombieähnlichen Touristengruppe umzingelt werde, die hypnotisch ihrer Reiseleitung folgt. Auf den Genuss dieses an einer Nahtoderfahrung grenzenden Erlebnisses kommt jeder verweilende Besucher gefühlte 67 Mal pro Tag. Ja, ich lebe seit über einem halben Jahr in Tschechien; nein, damit meine ich nicht Prag und ja, auch ich bin eine Touristin, wenn ich mich in den Expresszug Richtung Prag setze. Auch sind diese Verhältnisse nicht mit denen in Metropolen wie Paris und London zu vergleichen und natürlich ist es auch meiner dramatischen Ader geschuldet, so über die Touristen zu sprechen, die Prag einen Besuch abstatten. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, den romantischen Charme der Stadt außerhalb der Hochsaison zu genießen, um auch einmal den Boden der atemberaubenden Karlsbrücke zu sehen, die als älteste Brücke Europas mit Statuen von Heiligen geschmückt ist. Auch die Altneu-Synagoge im jüdischen Viertel lässt sich so leichter besichtigen. In der Hochsaison muss man dafür durchaus bis zu 5 Stunden in brütender Hitze und miefigen Warteschlangen ausharren.

Doch der Wandel der Zeit lässt die goldene Stadt nicht unberührt.

Prag ist wunderschön, auch in den Augen seiner Landesgenossen, und es bietet vielen Einwohnern einen sicheren Arbeitsplatz. Die Beziehung der Tschechen zu Prag gleicht einer 50jährigen Ehe: Es wird immer über irgendetwas gemeckert, doch ganz tief im Herzen versteckt sich eine starke Verbundenheit zueinander. So ist die Märchenmetropole eher ein Bild in den Köpfen der Touristen, die es wenig interessiert, wie es den Einheimischen geht. Die möchten das idyllische Bild genießen und die Atmosphäre mithilfe ihrer Spiegelreflexkamera festhalten. Und auch ich verliere schnell den Gedanken, wenn ich von der Prager Burg aus über die Dächer der Stadt schaue und mich augenblicklich in Tschechiens Hauptstadt verliebe. »»Text & Fotos: Laura Kapitza Youngspeech 29


Tippster

MIAS TIPPS Hallo liebe Youngspeech Leser, könnt ihr euch noch an die guten alten Kindergeburtstage mit Topfschlagen und Zeitungstanz erinnern? Ich sehne mich ein wenig nach der Unbeschwertheit dieser Partyspiele zurück. Wir waren noch nicht zu alt, zu intellektuell oder zu hipster um uns für ein bisschen Spaß so richtig zum Ei zu machen. Genau solche Situationen fehlen oft bei heutigen »Erwachsenen«-Partys. Das muss sich ändern! In Zeiten von Looping Louie, Flunkyball und Schummelmäxchen habe ich mich für euch umgehört und Partyspiele gesucht, die Spaß auf jeder WG-Party bringen.

»Wer bin ich?« ist ideal, wenn nur einige Gäste Lust auf Spiele haben. Einfach eine Person / Figur auf den Post it geschrieben und der Person zu eurer Linken auf die Stirn geklebt. Durch Ja-/Nein-Fragen versucht nun jeder herauszufinden, wer er ist. Bei »Ja«-Antworten darf man weiterfragen, nach einer NeinAntwort ist der Nächste dran.

Euer Flur wird bei einer Party meist nicht integriert? Perfekt, es ist Zeit für Teebeutelweitwurf mit dem Mund. Ganz nach dem Motto, der weiteste Flieger gewinnt. Aber Achtung, nicht dass ihn jemand an den Kopf bekommt.

Gerade bei einer WG-Neugründung bietet sich eine Tombola an. Doppelte Toaster, Omas Blumenvase oder die besonders »hübsche« Kaffeetasse erhalten so einen neuen Besitzer. Kleine Trostpreise wie Schokoriegel oder ein Kurzer erhöhen die Kaufbereitschaft. Ein positiver Nebeneffekt ist die Auffüllung eurer Haushaltskasse. Bei unserer WG-Party wollte auf einmal jeder Omas Blumenvase haben. 30 Youngspeech

Scharade, der Partyspiele-Klassiker schlechthin. Ihr bildet zwei Teams und schreibt auf verschiedene Zettel eine bestimmte Anzahl an Begriffen. Jeweils einer erklärt seinem Team einen Begriff der gegnerischen Mannschaft, pro Runde hat man 3 Minuten. Das Team, das als erstes alle Begriffe erraten hat, gewinnt.

Als Spielgruppe von bis zu 14 Personen könnt ihr mal nach »Die Werwölfe vom Düsterwald« oder »Bürger von Palermo« schauen. Interessante Spiele, welche etwas Vorbereitung und eine ausführlichere Spielerklärung benötigen. Sind die Regeln allerdings klar, sind es superwitzige Spiele, bei denen die Suche nach den Tätern schnell zu hitzigen Diskussionen führt.

Falls ihr am Überlegen seid euch ein neues Brettspiel zu holen, kann ich euch »Jungle Speed« empfehlen. Es hat eine überschaubare Anleitung und der Spaßfaktor ist auf Grund der Kombination von Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Reaktionsvermögen sehr hoch.

Egal welche Spiele ihr vorschlagt: Wichtig ist, dass die Leute Lust zum Mitspielen haben und nicht genötigt werden. Meistens kommen interessierte Leute dazu, wenn man einfach mit einem Spiel loslegt und nicht offiziell eine Spiele-Runde einberuft. Bleibt mir nur zu sagen: »Lasst die Spiele beginnen!«, und wer weiß; bei der nächsten Party sind wir vielleicht in einem Team.

»»Bis demnächst, eure Mia


Kolumne

ANGELA PELTNER

DA M A L S VON

IST, WENN MAN VON FRÜHER ERZÄHLT UND DAMIT MEINE ICH RICHTIG FRÜHER.

Ich meine das »früher«, wo ein Handy noch ein Knochen war, sofern man überhaupt eines besaß und eine SMS noch richtig Geld gekostet hat. Ich meine die Zeit, in der man seine Fotos (gerade erst) nur bei Rossmann entwickeln lassen konnte, um sie eine Woche später analog in den Händen halten zu können. Die Zeit, in der Levis-Jeans total cool waren und auf MTV noch Musikvideos gespielt wurden. Dank der D-Mark konnte man sich auch fast alles leisten, war ja nur halb so teuer. Allerdings musste man auch noch ein dickes Buch aufschlagen, um rauszufinden wie viele Einwohner Ouagadougou hat – es gab schließlich noch kein Wikipedia. Es war trotzdem eine gute Zeit. Warum? Weil der Mensch dazu neigt, die Vergangenheit im Rückblick immer zu verklären. Das hat wahrscheinlich was mit dem totalen Superduper-Verdrängungsmechanismus, aus grau mach bunt, zu tun. Ist wohl eine menschliche Eigenschaft, das Gute rauszufiltern, wenn man mal wieder die alten Fotoalben oder Videos zur Hand nimmt. Dieses wohlig warme Gefühl der scheinbaren Entschleunigung von damals, das immer gut zu sein scheinende Wetter und die Tatsache, dass man einfach jünger war, lässt vieles Vergangene als einen neuen Technicolor-Aufguss erscheinen. Zu »früher« gehört aber auch, dass man noch nicht so viel wusste wie jetzt. Das Internet macht es möglich und verknüpft Menschen und Kontinente mit unsichtbaren Straßen. Das macht die Erde transparenter.

Das Internet und vor allem ihre User erzwingen gewisse Dinge, die sonst im Schatten geblieben wären und fordern sie ins rechte Licht. Spot an für Wikileaks oder für Edward Snowden und seine NSA-Spitzel-Affärenaufdeckung. Heute reicht bereits ein Handyvideo, hochgeladen, meinetwegen von einer Ägypterin aus Kairo, die über Missstände in ihrem Land hinweist, und schon weiß die ganze Welt Bescheid, was da schief läuft. Aber das Neue, das Schnelle, das Höher ist auch Fluch.

Ich bin traurig, dass ich nicht mehr aufgeregt bin, wenn eine neue Platte von Robbie Williams rauskommt. Nicht nur, weil sie nicht mehr so gut ist wie früher. Nein. Ich trauere diesem Gefühl der Exklusivität hinterher. Ich stehe heutzutage nicht mehr eine halbe Stunde vor Verkaufsbeginn in einer kleinen Menschentraube Spalier, voller Erwartung (darüber), dass sich endlich die Türen öffnen mögen, damit ich diese eine CD kaufen kann. Genau das Gleiche ist beim Film passiert. Heute kann man den Film oftmals schon vor dem Kinostart in einschlägigen Streams ansehen. Früher wurde brav auf den Kinostart gewartet und sich wie ein Kind an Weihnachten gefreut mit Popcorn, jawohl. Klar ist es jetzt billiger. Ein besseres Gefühl ist es deswegen aber ganz und gar nicht. Die Halbwertszeit der Dinge ist es, die mich, glaube ich, dazu bringt, zu sagen: »Die gute alte Zeit«. Dinge verlieren an Wert, aber zum Glück sind es nur Dinge. Oder? Als 1994 der erste Musikdownload der Geschichte stattfand, ein übrig gebliebenes Aerosmith Stück mit Namen »Head First«, hat noch niemand daran geglaubt, dass das eines Tages Gang und Gebe sein würde. Aber Veränderungen passieren. Und das ist auch gut so... Auf eine gute neue Zeit... denn die wird schließlich auch einmal alt. »»Foto: privat

Youngspeech 31


Outro

One last thing…

Hört mein Klagen!

Früher war alles besser!

Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen.

Und wenn ihr jetzt denkt: »Was redet der Typ eigentlich

Ausgabe 1 – alles war frisch und aufregend. Die Finger

für einen Müll?«, dann habt ihr natürlich Recht. Es bleibt

hämmerten im wütenden Stakkato auf die Tastatur

alles beim Alten – top Leistung zum Nulltarif.

ein und die Worte ergossen sich geradezu auf der Was für ein Spaß!

Mattscheibe. Einfallsreichtum, fundiertes Wissen, Witz und Wortgewandtheit verschmolzen zu einer literarischen Bouillabaisse. Alles in allem lässt sich sagen: Es waren Zeiten, auf die man gern zurückschaut.

Vielen Dank fürs Lesen und bis zum nächsten Mal. » Christian Geipel

Und heute – Jopi Heesters sei mein Zeuge – ist man froh, wenn das vorgegebene Thema der Ausgabe erlaubt über alte Zeiten zu schwadronieren, um sich selbst nichts Neues ausdenken zu müssen. Ja, so weit ist es gekommen.

Warum es leugnen, der Leser merkt es so oder so. Die Qualitätskurve kennt nur noch eine Richtung – steil gen Erdmittelpunkt, der Schwerkraft folgend. Dorthin, wo Mia

der Rest der gescheiterten Schmierfinken schon auf uns wartet...

Impressum Chefredaktion: Andreas Lilienthal V.i.S.d.P.

Grafiken: Maria Urban, Jörn Rohrberg

Stellvertretende Chefredaktion: Christian Geipel

Lektorat: Juliane Ahrens, Marlen Kasch

Art Director:

Herausgeber:

Produktionsleitung: Andreas Lilienthal, Jörn Rohrberg

Gräfestraße 21 06110 Halle (Saale) info@youngspeech.de

Jörn Rohrberg // http://www.mfjweb.de Youngspeech Media e.V.

Covergrafik: Christian Reichardt

2014 by C. Reichardt

Redaktion: Sarah Düvel, Christian Geipel, Dominik Grittner, Laura Kapitza, Vanessa Kanz, Robert Meinel, Angela Peltner, Jörn Rohrberg, Lisa Schliep, Anne Strackeljan, Maria Urban

32 Youngspeech

Fotoredaktion: Joachim Blobel, Laura Kapitza, Vanessa Kanz, Andreas Lilienthal, Robert Meinel, Anne Strackeljan

Anzeigenredaktion: anzeigen@youngspeech.de Youngspeech Media e.V. Magdeburg & Halle (Saale) Druck: WIRmachenDRUCK GmbH Mühlbachstr. 7 71522 Backnang



www.swm-card.de

21.00 Uhr: Mit der SWM Card Gratis-Verleih von Liegestühlen* sowie bei Speisen und Getränken sparen.

Mi, 20.08.

Do, 21.08.

Fr, 22.08.

Sa, 23.08.

So, 24.08.

Fack Ju Göthe

Jack Ryan

Vaterfreuden

5 Freunde, Teil 3

Alles inklusive

Comedy Night

Hollywood Night

Ladies Night

Family Night

Deutscher Film

* Stückzahl begrenzt


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.