zek Hydro - Ausgabe 02 - 2016

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APRIL 2016

Verlagspostamt: 4820 Bad Ischl · P.b.b. „03Z035382 M“ – 14. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

HYDRO Kitzbühel schraubt an der Eigenversorgungsquote Schweizer Industriedenkmal betritt neue Ära Ablöse für 110-jähriges Kraftwerk

Foto: TIWAG

Schwerpunkt: Rechenreiniger


Rohrsysteme fĂźr Wasserkraftanlagen aus GFK Flowtite-Rohre bestehen aus glasfaserverstärktem Polyesterharz, kurz GFK. GFK ist H[WUHP OHLFKW HQRUP IHVW XQG HUVWDXQOLFK Čľ H[LEHO )ORZWLWH 5RKUH HLJQHQ VLFK IžU DOOH Druck- und drucklosen Anwendungen, in denen traditionell Guss-, Stahl-, Stahlbetonoder Steinzeugrohre eingesetzt werden. Rohrsysteme aus GFK Ăźberzeugen durch: • Variable Durchmesser DN 100 bis DN 4000 • Hohe Druckfestigkeit bis 32 bar • Flexible Baulängen (Standardbaulängen von 3, 6 und 12 m)

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HYDRO

Zur Sache

DIE ABGESÄNGE AUF DIE WASSERKRAFT SIND VERFRÜHT Für viele Wasserkraftbetreiber im Alpenraum ist die Lage ernst. Verantwortlich dafür: der weiterhin auf niedrigem Niveau stagnierende Marktpreis. Erforderliche Investitionen in Sanierung, Erweiterung, oder gar Neubau landen zusehends häufig in der Schublade. Und das nicht nur bei kleinen Privatbetreibern, sondern auch bei den großen. Für besonderes Aufsehen in der Branche sorgte unlängst der Schweizer Stromkonzern Alpiq, als dieser nicht weniger als 49 Prozent seiner Wasserkraft-Beteiligungen zum Kauf anbot. Was darf man davon halten? Geht die Wasserkraft den Bach runter? Nein – so viel ist sicher. Aber auch von einem plötzlichen Subventionsboom kann nicht ausgegangen werden. Gerade in der Schweiz wird aktuell intensiv darüber diskutiert, wie man die Wasserkraft vor allem in den Gebirgskantonen unterstützen kann. Gegen etwaige Subventionen, wie sie von manchen Politikern gefordert wurden, sprachen sich indes Experten der ETH Zürich, der Universitäten St. Gallen und Basel sowie von der ZHAW aus. Sie sehen keine nachhaltige Wirkung in den Subventionen. Ihr Vorschlag, die Wasserkraft wieder zurück in die schwarzen Zahlen zu lenken, führt über die Abgaben der Erzeuger an die öffentliche Hand. Gerade die Wasserzinsen seien in den letzten fünf Jahren drastisch gestiegen, die Beiträge sollen mittlerweile rund ein Viertel der Gestehungskosten ausmachen. Ein profunder Ansatz, der allerdings nur für die Eidgenossen, nicht aber für deren unmittelbare Nachbarn, Relevanz hat. In Österreich gibt es andere strukturelle Spezifika, die Wasserkraftbetreiber vor Zusatzbelastungen stellen – wie etwa die Netzentgelte für Erzeugungsanlagen. Eventuell könnte hier bereits ein Hebel angesetzt werden, um die rot-weiß-rote Wasserkraft zu unterstützen. Politische Willensbekundungen gab es zuhauf, nur an der Umsetzung mangelte es bislang. Erst kürzlich wartete Österreichs Energie wieder mit interessanten Zahlen und Fakten zum Thema Wasserkraft in Österreich auf: Demnach erreicht diese – abhängig vom jeweiligen Strompreis – an den Märkten einen Produktionswert von 2,7 bis 1,3 Mrd. Euro. Damit sind rund 6.500 Vollzeitarbeitsplätze im Land gesichert. Die Investitionen der E-Wirtschaft in Wasserkraft von zuletzt 450 Mio. Euro pro Jahr lösen einen Produktionswert von 1 Mrd. Euro hierzulande aus. Im Hinblick auf den Klimaschutz sprechen ebenfalls die Zahlen für sich: Jährlich werden alleine in Österreich durch die Nutzung der Wasserkraft rund 15 Mio. Tonnen CO2 vermieden. Hinzu kommt, dass die Speicherleistung der Wasserkraft mitverantwortlich für die Integration von anderen erneuerbaren Energieträgern wie Wind- und Sonnenenergie ist. Alleine Österreich, die Schweiz und Deutschland vereinen zusammen 43 Prozent der installierten Pumpspeicherleistung Europas auf sich. Etwaige Abgesänge auf die Wasserkraft, in die mittlerweile auch so manches Medium eingestimmt hat, sind verfrüht. Und das ist nicht nur den oben genannten Qualitäten zuzuschreiben. Vielmehr wird häufig der langfristige Horizont außer Acht gelassen. Denn eines scheint sicher: Der Strom aus Kohle und Atom wird sich über kurz oder lang aus dem europäischen Stromsee ausschleichen. Schwindet die Stromflut, werden auch die Preise wieder anziehen. Vielleicht sollte man öfter auf Menschen hören, die Jahrzehnte mit der Wasserkraft zu tun hatten. Bei einem Recherchebesuch in Kitzbühel konnte ich mit dem erfahrenen Anlagenwart der Stadtwerke Kitzbühel sprechen, der bei der Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer Wasserkraftinvestition in diesen Tagen antwortete: „Hätten sich unsere Vorväter vor 70, 80 Jahren gefragt, ob sich die Investition in ein Wasserkraftwerk innerhalb von zehn Jahren rentiert, hätten wir heute wohl deutlich weniger davon.“ Recht hat er. Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, liebe(r) Leser(in), eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen. Ihr Mag. Roland Gruber Chefredakteur April 2016

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HYDRO

Inhalt

18 KW KOHLSTATT-EHRENB. 26 KW HARD

32 KW STUBENBERG

45 KW NEUÄGERI

Aktuell

Standpunkt

Projekte

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Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

Irrealer Strommarktpreis gefährdet die Wasserkraft KOLUMNE PELIKAN

Projekte

Bewährte Wasserkrafttechnik für norwegisches Kraftwerk KW NYVIKELVA

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Großes Interesse am Fachkongress für Gussrohr-Systeme GUSSROHRKONGRESS

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Kitzbühel schraubt Eigenversorgungsquote nach oben KW KOHLSTATT-EHRENBACH

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Effizienzsteigerung durch neue Kaplanturbinen in Belgien

Projekte 45

KW NEUÄGERI

KW ANDENNE

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Ältestes Industriedenkmal mit neuer Wasserkrafttechnik KW HARD

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Veranstaltung 50

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Editorial Inhalt Impressum

April 2016

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Internationale Wasserkraftmesse wirft lange Schatten voraus RENEXPO INTERHYDRO SBG

Ablöse nach 110 Betriebsjahren für historisches Kraftwerk KW STUBENBERG

Projekte

Turbinenrevitalisierung bringt den Leistungsschub

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KW HALLWEGER

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Frühindustrieller Komplex betritt neue Ära der Stromerzeugung

Südtiroler Technik bewährt sich in Transsylvanien KW BARU

Großrevision für Pumpspeicherkraftwerk im 25. Jubiläumsjahr PSKW HINTERMUHR

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Moderne Rohrtechnik meistert schwierige Bodenverhältnisse KW COSTEANA


HYDRO

Inhalt

PSKW HINTERMUHR

52

KW ST. LEONHARD

Technik 58

Neue Technik für Grunablass an Außerferner Talsperre

60

RRM FÜR KANDA

Schwerpunkt Rechenreinigungsmaschinen 74

ROTLECHSPERRE

Verlässliche Rechenreinigungstechnik von Innovationsmotor TECHNOLOGIE BRAUN

60

Aufwändige Rohrverlegung im Tiroler Pitztal

76

KW ST. LEONHARD

Moderne RRM für ökologisches Aufwertungsprojekt TECHNOLOGIE KÜNZ

63

Inbetriebnahme des ersten Fischliftes in Österreich

78

FISCHPASSIERBARKEIT

Vollautomatisierte RRM für das Kraftwerk Asten TECHNOLOGIE HAINZL

66

Kugelschieber für Kraftwerke Stand der Technik KUGELSCHIEBER

Schwerpunkt Rechenreinigungsmaschinen 70

RRM als Garant für Betriebssicherheit und Effizienz TECHNOLOGIE GUFLER

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XXL-Rechenreiniger für MegaKraftwerk in Kanada TECHNOLOGIE MUHR

Ökologie 80

Neue WRRL: Überzogene Ökologisierung verschlingt Millionen ÖKOLOGISIERUNGEN

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ÖKOLOGISIERUNG

80

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Opener U2 U3 U4 39 29+49 15 22 59 75 8 62 11 10 36 62 14 48 71 35 37 12 28+46 14 46 17 77 36 73 21 14 28 33 9 53 44+57 41 30 31 13

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HYDRO

Impressum HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber und Günter Seefried VERLAG

Foto: Andritz

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at CHEFREDAKTEUR

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-115 05 70 REDAKTION

Ein Höhepunkt im Verlauf der Ertüchtigungsarbeiten an Deutschlands wichtigstem Spitzenlastkraftwerk für Bahnstrom: Nach dem Abladen vom Spezialtransporter und der Vorbereitung für den Einbau wird der Rotor mit größter Vorsicht in das neue Generatorgehäuse abgesenkt.

David Tscholl, dt@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-240 67 74 Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-22 82 323 MARKETING

Günter Seefried, gs@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-3000 393 ORGANISATION

Erika Gallent, office@zekmagazin.at Mobil +43 (0) 664-242 62 22 GESTALTUNG Foto: Andritz

WELTGRÖSSTE ROTORWELLE FÜR BAHNSTROM-SPITZENLASTKRAFTWERK Zentimeter für Zentimeter manövrierte die vierachsige LKW-Zugmaschine einer Spezialtransportfirma den 26 m langen 12-Achser mit ihrer wertvollen Fracht an deren künftigen Arbeitsplatz in der Maschinenhalle des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten. Wie ein Schiffsverband wurde der rund 150Tonnen-Schwerstlasttransport auf seiner rund 770 Kilometer langen Fahrt vom steirischen Weiz (Österreich) nach Langenprozelten im bayerischen Landkreis Main-Spessart von Begleitfahrzeugen und der Polizei eskortiert. Die Vorbereitungen bis zur Aus- und Anlieferung dauerten etwa zwei Jahre. Dreieinhalb Tage war das 30-Meter-Gespann unterwegs und transportierte die mit 100 Tonnen weltgrößte Rotorwelle, die ANDRITZ HYDRO für einen EinphasenBahnstromgenerator hat schmieden und bearbeiten lassen. Weitere drei Tage leisteten die Spezialisten von Andritz zusammen mit dem Turbinenlieferanten Voith und den Uniper-Mitarbeitern des Pumpspeicherkraftwerks Langenprozelten Präzisionsarbeit, um das Herzstück auf den Turbinenflansch zu bugsieren. Umschlossen wird die Rotorwelle durch vier neu gefertigte Pole aus Kupfer, die in den nächsten Wochen ebenfalls mit Spezialtransporten angeliefert werden. Mit ihrem Gewicht von je 34 Tonnen stellen sie ebenfalls einen neuen Rekord auf, der sie für das Guinness-Buch der Rekorde prädestiniert. Nach der Inbetriebnahme des ertüchtigten Turbo-Generatorsatzes im Sommer 2016 wird er mit 500 Umdrehungen in der Minute rotieren und Einphasenstrom für die Deutsche Bahn erzeugen.

Aktuell

Jeder der vier Pole um den Rotor herum muss mit 27.000 Tonnen Kraft gehalten werden, was einem Gewicht von 70 vollbeladenen Großraumflugzeugen des Typs Boeing 747 entspricht. Entsprechende Fliehkrafttests mit 756 Umdrehungen in der Minute wurden vor der Auslieferung im werkseigenen Schleudertunnel von ANDRITZ HYDRO vorgenommen.

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0) 6247- 84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at ENDFERTIGUNG, PDF-CREATING

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0) 662 / 87 46 74 E-Mail: m.maier@rizner.at DRUCK

Druckerei Roser Mayrwiesstraße 23, 5300 Hallwang/Salzburg Telefon +43 (0) 662-661737 VERLAGSPOSTAMT

A-4820 Bad Ischl GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich.

Wir vermarkten Strom aus Wasserkraft. Attraktive Zusatzerlöse für Betreiber von Kleinwasserkraftanlagen durch Teilnahme am Regelenergiemarkt. Clean Energy Sourcing GmbH Email: wasserkraft@clens.eu Telefon: +43 720 11 56 56

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ABOPREIS

Österreich: Euro 68,00, Ausland: Euro 78,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint sechsmal im Jahr. Auflage: 12.000 Stück

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet


HYDRO

Das Kraftwerk Höllriegelskreuth an der Isar wurde 1894 gebaut. In seiner direkten Nachbarschaft soll nun ein Kleinwasserkraftwerk errichtet werden.

Die neue Führungsspitze beim Tiroler Landesenergieversorger: Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser mit Aufsichtsratchef Reinhard Schretter (re.).

Foto: TIWAG

Foto: Richard Bartz / Wikimedia

Aktuell

BAYERNWERK NATUR BAUT KLEINKRAFTWERK AM ISARWEHR Um die Isar beim bestehenden Isarwehr in Höllriegelskreuth für Fische in beide Richtungen passierbar zu gestalten, wird am Standort aktuell eine „raue Rampe“ errichtet. Wie das bayerische Online-Magazin Merkur.de berichtete, soll im Zuge dieser Bauarbeiten in weiterer Folge die Gefällstufe zwischen der alten Wehranlage und der neuen Rampe hydroelektrisch genutzt werden. Zu diesem Zweck wollen die Projektbetreiber von Bayernwerk Natur auf einen VLH-Turbine setzen, die sich vor allem durch ihre hohe ökologische Verträglichkeit auszeichnet. Sie gilt als eine der „fischfreundlichsten“ Turbinen am Markt. Laut Merkur.de soll die neue Anlage rund 1,77 Mio. kWh Strom im Jahr erzeugen und damit etwa 700 Haushalte in der Standortgemeinde Baierbrunn versorgen. Die Kosten für den Bau werden mit 3,5 Mio. Euro beziffert. Geplant ist, die gesamten Arbeiten und darüber hinaus mit einem intensives Fischmonitoring zu begleiten. NEUER TIWAG-AUFSICHTSRATSVORSITZENDER TRITT AMT AN Der Wechsel an der Aufsichtsratsspitze der TIWAG ist vollzogen: Dr. Reinhard Schretter rückt zum neuen Vorsitzenden des obersten Kontrollorganes der TIWAG auf. Er folgt damit Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf nach , die dieses Amt seit Dezember 2015 interimistisch innehatte und nunmehr wieder erste Stellvertreterin des Aufsichtsratvorsitzenden ist. Als neue, zweite Vorsitzenden-Stellvertreterin wurde Andrea Berghofer gewählt. Für den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden steht fest: „Die TIWAG steht für eine sichere und saubere Energieversorgung für Tirol. Diesen erfolgreichen Weg wollen wir auch in Zukunft weitergehen. Dazu gehört die verantwortungsvolle Nutzung der heimischen Wasserkraft in Verbindung mit der sparsamen und effizienten Energieverwendung für eine möglichst hohe Eigenversorgung Tirols mit elektrischer Energie.“

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HYDRO

Foto: Wikimedia CC

ktuell

Die Potsdamer Hütte in den Stubaier Alpen soll schon im kommenden Jahr mit sauberem Strom aus Wasserkraft versorgt werden.

Foto: Stadtwerke Mainz AG

DEUTSCHER ALPENVEREIN SETZT AUF WASSERKRAFT Bei der Potsdamer Hütte handelt es sich um eine Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins (DAV) im westösterreichischen Bundesland Tirol. Diese befindet sich auf einer Seehöhe von 2009 m in den Stubaier Alpen am Fuß des Roten Kogels. Einem Bericht des „Hohenloher Tagblatt“ zufolge plant der DAV im kommenden Jahr die Errichtung einer schon länger angedachten Wasserkraftanlage zum Betrieb der Schutzhütte. Rund 420.000 Euro will man dazu in die Anschaffung hydroelektrischer Ausrüstung investieren. Abzahlen wird sich das Kleinkraftwerk auf einen längeren Zeitraum gerechnet von selbst. Schließlich erspart man sich durch die neue umweltfreundliche Energieerzeugung durch Wasserkraft die Kosten der bisher zur Strom- und Wärmeversorgung genutzten fossilen Energieträger Diesel und Gas. Der Bauantrag wurde bereits Ende 2015 eingereicht. Schon im heurigen Jahr könnten die nötigen Bauvorbereitungen beginnen, die konkrete Umsetzung ist momentan für die Sommermonate 2017 geplant.

Durch die Stadtwerke Mainz AG Tochtergesellschaft enaqua GmbH wurde der Kauf von 10 Wasserkraftwerken von der RWE Innogy GmbH vereinbart.

STADTWERKE MAINZ Ü ÜBERNEHMEN 10 KLEINKRAFTWERKE Die Stadtwerke Mainz AG weitet ihr Engagement im Bereich der Erneuerbaren Energien aus: Mit der RWE Innogy GmbH wurde jetzt der Kauf von zehn Wasserkraftanlagen durch die Stadtwerke-Tochter enaqua GmbH vereinbart. Es handelt sich dabei um EEG-geförderte Kleinwasserkraftwerke, die größtenteils an der oberen Ruhr und benachbarten Flüssen in Nordrhein-Westfalen liegen. Eine Anlage befindet sich in Rheinland-Pfalz an der Sieg. Zusammengenommen produzieren diese 10 Wasserkraftwerke etwa 14 Mio. kWh umweltfreundlich erzeugten Strom jährlich. „Wir sehen in der Wasserkraft aufgrund ihrer über das Jahr gesehenen hohen zeitlichen Verfügbarkeit ein interessantes und langfristig attraktives Geschäftsfeld“, freuen sich die Stadtwerke-Vorstände Detlev Höhne und Dr. Tobias Brosze über die Einigung mit RWE Innogy.

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GRÜNES LICHT FÜR NEUBAU DES KW TRAUNLEITEN Einem Bericht der Online-Ausgabe der „Oberösterreichischen Nachrichten“ zufolge steht einem Ersatzneubau des Traunkraftwerks „Traunleiten“ in der Nähe von Wels nichts mehr im Weg. Die letzte Hürde wurde mit der Ablehnung der Naturschutzbehörde gegen den Einspruch eines Anrainers genommen. Nun liegen alle Genehmigungen vor und die Anlage soll schon in den nächsten Jahren die Stromproduktion aufnehmen. Das Wasserrecht wurde der Betreibergesellschaft Wels-Strom GmbH für weitere 90 Jahre zugesprochen. Die Leistungskapazität der Neuanlage liegt mit 19 MW künftig fast beim doppelten des alten Kraftwerks. Entstehen soll das Kraftwerk rund 100 m flussabwärts von Altbestand, dazu werden nur geringfügige Anpassungen an den Werkskanal nötig. An Baukosten rechnet man mit rund 45 Mio. Euro.

Schaukraftwerk an der Jeßnitz mit der fischfreundlichen Drehrohr-Doppel-Wasserkraftschnecke von IFW-Veranstalter Hydroconnect.

Foto: Wikimedia CC

INITIATIVE FISCHWANDERUNG & WASSERKRAFT LÄDT EIN Am 19. Mai findet im niederösterreichischen Scheibbs das 2. Experten Forum der Initiative Fischwanderung & Wasserkraft (IFW) statt. Vorträge von Forschern der Uni Innsbruck und BOKU Wien, Energieversorgern wie EVN, Energie Steiermark und VERBUND sowie Interessensvertretern aus Politik und Umwelt bilden dabei das Rahmenprogramm. Die IFW will gleichsam öffentliches und zielgruppenspezifisches Bewusstsein für die Anforderungen der EUWasserrahmenrichtlinie schaffen. Besonders im Hinblick auf die bisherigen Widersprüche zwischen Naturschutz, Energietechnologie und Wirtschaftlichkeit. Mit der neuen Initiative sollen Personen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Politik, Verbänden und Medien mit Bezug zum Thema die Möglichkeit erhalten, Visionen, Innovationen und Umsetzungsschritte zur Problemlösung zu gestalten sowie in ihren Bereichen zu kommunizieren.

Foto: Hydroconnect

Aktuell

Rück- und Vorderansicht des baldigen Alt-Kraftwerks Traunleiten.

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Aktuell

Foto: berggeist007 / pixelio.de

Göscheneralp-Stausee im Schweizer Kanton Uri.

STAUSEE- UND STOLLENSANIERUNG IM KANTON URI BEENDET Seit Anfang des Jahres waren bis zu 18 Fachkräfte damit beschäftigt, die technischen Anlagen im Staudamm auf der Schweizer Göscheneralp sowie den 7 Kilometer langen Druckstollen bis zum Wasserschloss Rötiboden zu kontrollieren und an einigen Stellen zu sanieren. «Wie geplant haben wir im Staudamm die Hydraulikanlagen der Drosselklappe komplett und jene des Grundablasses teilweise ersetzt», sagt Remo Infanger, Geschäftsführer der Kraftwerk Göschenen AG. Zudem wurden im Stollen eine größere Teilstrecke neu betoniert und kleinere Schäden repariert. Die Kontrolle zeigte, dass sich die Anlagen auch nach über 50 Betriebsjahren in gutem Zustand befinden. Genauso wichtig ist für Infanger, dass die aktuellen Sanierungsarbeiten und die alle 10 Jahre stattfindende Seeentleerung unfallfrei und für das Ökosystem reibungslos über die Bühne ging. Am 18. März nahm man die Stromproduktion wieder auf.

Foto: Wikimedia CC

Blick von oben auf das Kamptal bei Rosenburg.

EVN PLANT REVITALISIERUNG VON KW ROSENBURG Laut einem Bericht von „industriemagazin.at“ plant der niederösterreichische Energieversorger EVN eine großangelegte Revitalisierung des historischen Kraftwerks Rosenburg. Dazu soll die Staumauer geringfügig erhöht sowie aus technischen Gründen um einige Meter versetzt werden. Erstmals wurde die Anlage im Kamptal bereits 1907 in Betrieb genommen. 2002 wurde bei einem Hochwasserereignis bereits die alte Wehranlage zum Großteil zerstört und danach nur mehr provisorisch wieder aufgebaut. Weil zudem die elektromechanische Ausstattung bald das Ende ihrer Lebenszeit erreicht hat, solle diese rasch ersetzt werden, erläuterte die EVN in einer Aussendung. Dafür wurde eine Variantenstudie - vom Abriss der Anlage bis zu einem größeren Neubau - erstellt, wobei zahlreiche NGO‘s die Möglichkeit zu Stellungnahmen genutzt haben. Laut EVN-Sprecher Stefan Zach soll bei der Revitalisierung vor allem dem Aspekt der Naturverträglichkeit viel Platz eingeräumt werden.

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Projekte

PERU VERGIBT 13 PROJEKTE FÜR ERNEUERBARE ENERGIEN Der peruanische Staat hat Aufträge für 13 Projekte zur Energieerzeugung aus Wind-, Solar- und Wasserkraft sowie Biomasse vergeben. Insgesamt geht es um eine Leistung von über 400 Megawatt bzw. eine Stromproduktion von 1740 Gigawattstunden im Jahr. Entstehen werden die Kraftwerke in den Regionen Ancash, Cajamarca, Ica, Lima, Moquegua und San Martín. Den Wettbewerb hatte die Aufsichtsbehörde Osinergmin wie berichtet im September ausgeschrieben; es beteiligten sich über 30 Firmen und Konsortien mit über 100 Projektvorschlägen. Der Löwenanteil des Auftragsportfolios geht an die italienische Enel Green Power. Diese wird für 400 Millionen US-Dollar einen Solarpark Moquegua, einen Windpark in Nasca und ein Wasserkraftwerk („Ayanunga“) in Monzón mit 20 Megawatt entwickeln. Die Anlagen sollen 2018 ans Netz gehen. (Quelle: peru-vision.com)

Foto: Wikimedia CC

Die Grande Dixence im Wallis: Der Speichersee mit der höchsten Staumauer der Schweiz gehört zur Alpiq.

Monzon River Valley in Peru

Foto: enrique

BKW AN WASSERKRAFTWERKE VON ALPIQ INTERESSIERT Der Energiekonzern Alpiq hat Anfang März 2016 nach erneut tiefroten Zahlen bis zu 49 % ihres Wasserkraft-Portfolios zum Verkauf gestellt. BKW bekundet nun vorsichtig Interesse: „Selbstverständlich werden wir dies prüfen. Ein Einstieg hänge aber von den Modalitäten ab. Eine Beteiligung als reinen Investor an einer Auffanggesellschaft sei für die in der gleichen Industrie tätige BKW nicht interessant“, so Konzernchefin Suzanne Thoma gegenüber der Berner Zeitung. Die Konzernchefin betonte diesbezüglich die Wichtigkeit der robuste Aufstellung der BKW in der aktuellen Stromkrise - dagegen würden im Moment eine Investition in die Wasserkraft sprechen. Laut Thoma dürfte man derzeit nicht mit einer raschen Erholung des Strompreises rechnen. Die BKW verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 20% im traditionellen Energiegeschäft. Etwa Drei Viertel des Geschäfts der BKW sei dem Energiemarkt derzeit ausgesetzt.

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HYDRO

Projekte

Foto: Ritz Architecte

Die vier bestehenden Turbinen in La Coche werden um eine neue Turbine aus dem Hause Andritz Hydro ergänzt.

Foto: Wikimedia CC

Rohrsysteme für Wasserkraftwerke

ANDRITZ ERHÄLT AUFTRAG FÜR ERWEITERUNG VON LA COCHE Andritz Hydro erhielt von Electricité de France (EDF) den Auftrag zur Lieferung eines Turbinen-Generatorensatzes mit einer Leistung von 240 Megawatt für die Erweiterung des Pumpspeicherwasserkraftwerks La Coche, Frankreich. Die neue Peltonturbine von ANDRITZ HYDRO, welche die vier bestehenden Pumpturbinen ergänzt, zeichnet sich durch ein sehr gutes Teillastverhalten aus. Damit wird die Zuverlässigkeit und Flexibilität der Anlage deutlich erhöht. Wegen des hohen Sandgehalts des Wassers und der daraus resultierenden starken Abrasion erhält die Turbine eine hochwertige erosionsbeständige Beschichtung. Die Inbetriebnahme ist für 2019 geplant. Der Auftragswert beträgt rund 25 Millionen Euro.

GFK DN300 DN3400

Der Gigerwaldsee liegt im Calfeisental auf dem Gebiet der politischen Gemeinde Pfäfers im Kanton St. Gallen.

Guss DN150 DN2000

SARGANSERLAND AG MIT GESTEIGERTER JAHRESPRODUKTION Die Kraftwerke Sarganserland AG (KSL) genehmigte ihren Aktionären die Auszahlung einer Dividende von 1,5% auf das Aktienkapital, was 0.75 Mio. CHF entspricht. Grund hierfür ist die im vergangenen Geschäftsjahr gesteigerte Jahresproduktion dank günstiger Witterungsverhältnisse. Im Taminatal erreichten die Niederschläge 115% und im Weisstannental 104% des langjährigen Mittels. Insgesamt betrugen die natürlichen Zuflüsse zum Stausee Gigerwald 156,0 Mio. m3, was mehr als dem 5-fachen Nutzinhalt des Stausees entspricht.

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HYDRO

Foto: cwe.cn

Projekte

Besuchen Sie uns: IFAT 2016 München, Deutschland 30. Mai – 3. Juni Halle A4.441

Wudongde befindet sich am Unterlauf des Jinsha-Flusses, an der Grenze zwischen den Kreisen Huidong (Provinz Sichuan) und Luquan (Provinz Yunnan).

VOITH LIEFERT GENERATOREN FÜR KW WUDONGDE IN CHINA Die Bauarbeiten für das Wasserkraftwerk Wudongde, das viertgrößte Wasserkraftwerk dieser Art in China, schreiten voran. Voith unterstützt das Projekt Wudongde mit der Lieferung von sechs Generator-Turbinen-Einheiten und Nebenanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 5.100 Megawatt. Der Auftrag beläuft sich auf einen Wert von ca. 365 Millionen Euro. Nach Projekten wie der Drei-Schluchten-Talsperre oder Xiluodu stellt dieser Auftrag für Voith einen weiteren Durchbruch bei der Unterstützung der Entwicklung von Großprojekten für erneuerbare Energien in China dar. Die Generator-Turbinen-Einheiten für Wudongde werden zu den leistungsstärksten weltweit gehören, und sind die leistungsstärksten, die Voith je gebaut hat.

Foto: Wikimedia CC

Das Kárahnjúkar-Kraftwerk wurde 2006 im isländischen Hochland in Betrieb genommen und versorgt die Aluminiumhütte des US-Unternehmens Alcoa im Osten Islands mit Strom.

ISLAND WILL WASSERKRAFT AUSBAUEN Lange bestehende Pläne, das isländische Hochland noch stärker zur Stromgewinnung zu nutzen, sollen nun Realität werden. Die isländische Regierung in der Hauptstadt Reykjavik und das staatliche Energieunternehmen Landsvirkjun planen zahlreiche neue Staudämme und Wasserkraftwerke zu bauen. Zudem soll von Nordosten nach Südwesten eine Stromtrasse durch das Hochland entstehen. Einen entsprechenden Masterplan gebe es seit 1999. Im Jahre 2006 wurde mit dem Kárahnjúkar-Staudamm im Hochlandgebiet ein erstes Projekt bereits in Betrieb genommen. Seidem blockieren Kritiker jedoch weitere Projekte. Grund hierfür ist jedoch weniger die Wasserkraft selbst, sondern der Stromabnehmer. Das Kárahnjúkar-Kraftwerk versorgt nähmlich die Aluminiumhütte des US-Unternehmens Alcoa im Osten Islands mit Strom.

SANFTE KRAFT Elektrische Stellantriebe für den Stahlwasserbau Zuverlässig, kraftvoll, robust. AUMA Stellantriebe bewähren sich seit Jahrzehnten bei der automatisierten Betätigung von Schützen, Klappen und Toren. Eine neue Note bringt der neue SARV Antrieb mit variabler Drehzahl. Dank dieser Funktion können die Endlagen mit stetig geringer werdenden Geschwindigkeit angefahren werden, schonend für alle beteiligten Komponenten. AUMA präsentiert den neuen Antrieb auf der IFAT.

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Standpunkt

Irrealer Strommarktpreis gefährdet die Wasserkraft Vor 15 Jahren war der Marktpreis für Strom etwa gleich hoch wie heute – bei etwa 2,2 €c/kWh. 2008 war er kurzfristig allerdings schon vier Mal so hoch. Seitdem beobachten wir einen ungebremsten Sinkflug. Der Aufschlag ist nahe. Der Baukostenindex stieg im gleichen Zeitraum um knapp 50% an. Wie soll es also gelingen, heute ein Wasserkraftwerk zu bauen und mit den Erlösen aus 2002 auszukommen?? In den meisten europäischen Staaten wurde dieses Missverhältnis schon vor langer Zeit erkannt und es wurden Kompensationsinstrumente entwickelt wie z.B. Einspeisetarife, die die notwendige Entwicklung erneuerbarer Energieträger absichern sollten. Auch in Österreich gibt es derartige Einspeisetarife, die jedoch auf einem Niveau liegen, das einem die Tränen in die Augen treibt. Einige Vergleichszahlen können dies leicht belegen: Ein neu errichtetes Kraftwerk mit einer Jahresproduktion von 2,5 GWh erlöst in Österreich brutto 186.000 €/a, in Deutschland 311.000 €/a und in der Schweiz etwa 500.000 €/a. Hinzu kommt, dass die gesicherten Tarife in Österreich nur für 13 Jahre gelten – in Deutschland und in der Schweiz ist man realistisch und sichert den Tarif auf 20 Jahre. Aber nicht nur in ähnlich reichen Ländern wie Österreich werden kostendeckende Tarife gesetzlich abgesichert. In Slowenien könnte man etwa 240.000 €/a als Erlös erwarten und in Bulgarien sogar 275.000 €/a. In allen genannten Ländern und noch in weiteren anderen ist man stolz auf die Kleinwasserkraft, schätzt ihr Potential und gewährt den Erlös, der es erlaubt das Kraftwerk kostendeckend zu betreiben und auch in gutem Zustand zu erhalten. Aber nicht genug damit – ist der genannte viel zu kurze Zeitraum eines gesicherten Tarifes abgelaufen, wird der Kraftwerksbetreiber in die Wüste des Marktpreises geschickt und erlöst dann mit dem gleichen Kraftwerk nur mehr etwa 55.000 €/a – somit nur mehr 11% dessen, was das gleiche Kraftwerk in der Schweiz erbringen könnte. Und dann gibt es noch „verständnisvolle“ Verwaltungsbeamten, die auf den Hinweis der Unfinanzierbarkeit einer Fischaufstiegshilfe einfach meinen: „Wenn sie sich das Kraftwerk nicht mehr leisten können, dann sperren sie es halt einfach zu“. Vielen Dank für diesen Ausdruck unüberbietbarer Ignoranz und Inkompetenz. Die jüngste Ökostrom – Einspeisetarifverordnung 2016 bietet aber noch ein weiteres „Zuckerl“: Es wird explizit ein einziges Produkt mit einem „Spezialeinspeisetarif“, der natürlich höher liegt als der für alle anderen Wasserkraftbetreiber, bedacht. Es ist wirklich unglaublich, wie Steuergeld für eine sehr fragwürdige Technologie hinausgeworfen wird. Und es ist etwa so fair, wie wenn jeder Österreicher, der Kurt Maier heißt, 100.000€ geschenkt bekommt – per Verordnung. Aber die Lage ist viel zu ernst, um sich über derartigen Unsinn aufzuregen. Vielmehr ist es dringendst notwendig, die Einspeisetarife auf ein kostendeckendes Niveau anzuheben und die Gültigkeitsdauer von 13 auf 20 Jahre anzuheben, um einen Rückfall auf den Marktpreis zu verhindern, denn der ist tödlich. Unsere Nachbarn haben sich nämlich etwas dabei gedacht und Sinnvolles darf man ja zur Abwechslung auch einmal nachmachen. Darauf hofft

Ihr Pelikan Prof. Dr. Bernhard Pelikan

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Die mondäne Tiroler Gebirgsstadt Kitzbühel hat mit ihrem neuen Kleinwasserkraftwerk Kohlstatt-Ehrenbach die Eigenerzeugung aus regenerativen Quellen um 16 Prozent gesteigert.

KITZBÜHEL SCHRAUBT EIGENVERSORGUNGSQUOTE MIT NEUEM WASSERKRAFTWERK NACH OBEN Um den Eigenstromanteil im Netz zu erhöhen, setzt die berühmte Tiroler Stadtgemeinde Kitzbühel auf die Wasserkraft. Nach einem mehrphasigen Bauverlauf über drei Jahre hinweg hat sie im vergangenen Jahr ihre neue Kleinwasserkraftanlage Kohlstatt-Ehrenbach in Betrieb genommen. Ausgelegt als kleines Speicherkraftwerk dient dieses den Stadtwerken Kitzbühel unter der Leitung von Ing. Gerhard Eilenberger nun auch dazu, schnell auf erhöhten Bedarf im Netz reagieren zu können und anfallende Bezugsspitzen zu glätten. Mitverantwortlich für das gute Gelingen des Projektes war der Südtiroler Wasserkraftspezialist Troyer AG. Die Sterzinger lieferten nicht nur die elektromechanische Ausrüstung, sondern sorgten auch für die ausgeklügelte Steuerung des neuen Kraftwerks. Rechnerisch wird die Anlage im Regeljahr rund 0,8 GWh sauberen Strom erzeugen.

Das Krafthaus und der Wartungstrakt mit Traforaum wurden getrennt voneinader errichtet - und am Ende von drei Seiten eingeschüttet.

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Doch der Ehrenbachgraben, der sich unweit der unter Skifans bestens bekannten Hahnenkammstrecke befindet, war neben seiner Bedeutung für die Wasserkraft auch berüchtigt für seine Hochwässer und die zum Teil gravierenden Auswirkungen auf die Gamsstadt. Aus diesem Grund ist der Graben in seinem Verlauf gesäumt von zahlreichen Sperren, die sich vor wenigen Jahren allerdings noch etwas veraltet präsentierten. Sie stammten aus den 1930er Jahren, waren zum Teil schon desolat und stellten somit sogar ein gewisses Sicherheitsrisiko dar. Ein Sanierungs- und NeugeFoto: Troyer

D

er Kitzbüheler Ehrenbachgraben war bereits vor über 100 Jahren von Bedeutung für die Wasserkraftnutzung der Stadtgemeinde in den Kitzbühler Alpen. Das erste Wasserkraftwerk, das den Ehrenbach nutzte, stammte aus dem Jahr 1912. Während des Zweiten Weltkriegs wurde diese Pionieranlage dann aufgelöst und durch ein neues und deutlich größer ausgelegtes Kraftwerk abgelöst, das bis zum heutigen Tag als Kraftwerk Ehrenbach Bestand hat und wesentlich zur Versorgung der bekannt mondänen Sportstadt beiträgt.

staltungsprogramm der Bachsperren stand daher seit längerem auf der Agenda der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV). Doch im Ehrenbachgraben wollte noch ein weiteres Bauprojekt verwirklicht werden. DREI BAULOSE IN DREI ETAPPEN „Die Grundidee für ein zweites Kraftwerk im Ehrenbachgraben, also eine Art Oberlieger-Anlage zur bestehenden, gibt es schon lange. Wir haben 2006 mit den Begehungen mit einem Geologen begonnen. Das war sozusagen die Initialzündung für das Projekt“, erzählt der leitende Betriebswart Hans Grandner. Es sollten zahlreiche Variantenstudien folgen, die als beste Option den Bau eines Stunden-/Tagesspeicher-Kraftwerks in unterirdischer Ortsbetonweise hervorbrachten. Mit der Erstellung des Einreichprojektes wurde die BERNARD Ingenieure ZT GmbH aus Hall beauftragt. Das Ingenieurbüro führte zudem auch die Ausarbeitung der Ausschreibungspläne und die Abwicklung der Ausschreibung aus. Die weitere Planung sowie die örtliche Bauaufsicht wurden in die Hände des Kitzbüheler Ingenieurbüros ZT DI Klaus Oberacher gelegt, das in der Bauabwicklung zwischen 2013 und 2015 voll gefordert war. Das gesamte Bauvorhaben wurde auf drei Baulose in drei Bauetappen aufgeteilt. Grob umrissen wurde 2013 mit der Errichtung des Krafthauses begonnen und der unterste Ab-


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Die neue Peltonturbine ist auf eine Leistung von 532 kW ausgelegt.

Foto: Troyer

Foto: zek

Fotos: Hydro-Solar

Das Peltonlaufrad wird aus zwei Düsen angetrieben. Gemäß der hohen Standards der Troyer AG werden derartige Laufräder zur Gänze aus einem Stahl-Monoblock gefräst. Design und Verarbeitung garantieren Langlebigkeit und hohe Wirkungsgrade.

man geologische Messpunkte und auch mehrere Drainagen setzen musste. Auch in Hinblick auf den Schutz der Rohrleitung brauchte man eine spezielle Lösung. „Wir mussten in diesem Abschnitt vier Dehnschächte setzen. Das bedeutet, dass die Rohrleitung über einen Schacht zugänglich ist. Anhand der Markierungen an der speziellen Überschubmuffe können wir feststellen, ob es zu einer eventuellen Dehnung oder einer Stauchung gekommen ist. Dank der schub- und zuggesicherten VRST®-Verbindung kann die Druckrohrleitung natürlich auch autonom viel an äußerer Krafteinwirkung aufnehmen“, sagt Hans Grandner. Im Zuge des Rohrleitungsbaus konnte ein echter Synergieeffekt genutzt werden. Parallel zum Druckrohrleitungsbau wurde in der Künette neben der üblichen Leerverrohrung für LWL- und Stromkabel auch ein Abwasserkanal mitverlegt, der nun eine bestehende Pumpstation dafür am Hahnenkamm obsolet werden ließ.

Bereits 2014 wurde der Maschinensatz montiert. Im Herbst letzten Jahres konnte er erfolgreich in Betrieb gesetzt werden.

TRIEBWASSER AUS ZWEI FASSUNGEN Das Kraftwerk nutzt die Energie aus zwei Bächen, dem Ehrenbach und dem Grießalmbach. Zu diesem Zweck wurden zwei Bachfassungen angelegt, beide in Form von Coanda-Wehren, die vom Südtiroler Stahlwasserbauspezialisten Wild Metal geliefert wurden. Sie bieten einerseits den Vorteil, dass es zu keinerlei Schwallbildungen im Bach kommt, andererseits punkten sie damit, dass der Einbau eines Entsanderbauwerks bzw. einer Rechenreinigungsmaschine entfallen. Die beiden Fassungen sind unterschiedlich groß dimensioniert. Während die kleinere am Grießalmbach auf 80 l/s ausgelegt ist, fasst der

Foto: Troyer

SPEZIALLÖSUNG FÜR DRUCKROHRLEITUNG „Logischerweise hatte die Sanierung der Wildbachsperren höhere Priorität als das Kraftwerksprojekt. Dieser Umstand hatte aber zur Folge, dass an einen parallelen Baubetrieb zu den Verbauungsarbeiten der WLV nicht zu denken war. Für uns bedeutete das, dass wir die kurzen Zeitfenster nutzen mussten, die uns zur Verfügung standen“, erklärt Hans Grandner. Allerdings hätte man auch

gewisse Synergieeffekte nutzen können. Darunter fielen etwa die von der WLV neu errichteten Bauwege in schwierigem Gelände, wo größtenteils die Druckrohrleitung verlegt werden konnte. Insgesamt beträgt die Länge der Druckrohrleitung, die aus TRM-Gussrohren DN500 erstellt wurde, 1.346 m. 550 m davon wurden bereits in den ersten beiden Bauphasen verlegt. Die Reststrecke von 780 m wurde schließlich 2015 realisiert. „Im Juni bzw. Juli ´15 wurde die WLV mit den letzten fünf Sperren im Ehrenbachgraben fertig. Das hieß für uns, dass wir unmittelbar danach mit dem letzten Teil der Druckrohrleitungsarbeiten beginnen konnten. Um im Zeitplan zu bleiben, haben wir mit zwei Partien jeweils von oben nach unten und von unten nach oben gearbeitet“, so der Kraftwerkswart. Dabei stellten sich gerade die ersten 700 m der Rohrtrasse, die im obersten Bereich dem Bachverlauf folgt, als die schwierigsten heraus. Der Hang erwies sich als instabil, sodass

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schnitt der Druckrohrleitung über 290 m verlegt. Im Jahr darauf wurde der Reinwasserspeicher errichtet, zudem wurde die elektromechanische Ausrüstung geliefert. In der letzten Bauetappe vergangenes Jahr standen der Bau der Wasserfassungen sowie der Hauptteil der Rohrverlegearbeiten auf dem Programm, bevor man mit den letzten e-technischen Installationsarbeiten in die Inbetriebsetzungsphase übergehen konnte. Mitte September letzten Jahres ging die Anlage in Probebetrieb.

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Bis zu 15 m in die Tiefe wurde für den knapp 4.000 m3 fassenden Reinwasserspeicher gebaut. Das in drei Kammern unterteilte Bauwerk wurde in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer bestehenden Liftstation realisiert.

Coanda-Rechen am Ehrenbach 360 l/s. Die Rechenanlagen wurden so großzügig dimensioniert, dass auch bei teilweiser Verlegung des Feinrechens die maximale Einzugsmenge gewährleistet ist. Bei einer Spaltbreite von 0,6 mm können Feinteile den Rechen passieren, die sich letztlich im Reinwasserspeicher ablagern. Die Zuleitung von den Fassungen zum Reinwasserspeicher wurde ebenfalls mittels TRM-Gussrohre erstellt. Besonders heikel präsentierte sich im Vorfeld dabei die technische Lösung für die kleinere Ableitung vom Grießalmbach. Grandner: „Ursprünglich wäre vorgesehen gewesen, die Leitung um die dort bestehende Liftstation herum- und weiter durch einen Durchgangskanal der WLV zu verlegen. Das hätte zum einen eine unerwünschte Querschnittsverminderung des Ka-

nals zur Folge gehabt und zum anderen wäre die Rohrverlegung durch den Bach relativ lange und aufwändig gewesen. Bei einer Begehung haben wir dann gemeinsam mit unserem Planer DI Oberacher eine wesentlich einfachere Variante erkannt: Da sich in dieser Liftstation kein fester Boden befindet und das Gebäude nur auf Einzelfundamenten steht, war es mit einer einzigen Kernbohrung möglich, die Leitung durch das Gebäude zu führen. Damit war die weitere Trassenführung einfacher und um mehr als die Hälfte kürzer. Darüber hinaus haben wir auch noch ein wenig an Höhe am Einlaufbauwerk gewonnen. Das bedeutet, dass es selbst bei vollem Einstau des Reinwasserspeichers zu keinen Rückflüssen in Richtung Fassung kommt.“

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Die drei Kammern des Reinwasserspeichers gleichen "kommunizierenden Gefäßen", die über abschiebbare Rohrverbindungen miteinander in Verbindung stehen. Jede einzelne Kammer kann für sich trockengelegt werden.

PUNKTLANDUNG IM ZEITPLAN Der zentrale konzeptionelle Aspekt des Projektes ist der Reinwasserspeicher, der auf die gemeinsame Idee vom Bauherr und den beiden Planungsbüros zurückgeht. Der nicht ganz 4.000 m3 fassende Speicher wurde in Ortsbetonweise neben dem Ehrenbach, oberhalb der Talstation des Skilifts Ehrenbachhöhe angelegt - und zwar vollständig unter der Erde. Die Detailplanung des Reinwasserspeichers wurde von DI Klaus Oberacher erstellt, der dem Grundriss eine trapezförmige Form gab. „Der Speicher war ein Wunsch des Bauherrn, da ihm damit regeltechnisch für den Betrieb mehrere Optionen offenstehen. Wir haben dann ein dreiteiliges Bauwerk konstruiert, das natürlich auch den hohen statischen Anforderungen genügen musste“, erklärt der Planer. Ein wesentliches Kriterium war, dass im fertigen Zustand möglichst wenig von dem Speicherbauwerk zu sehen ist. Daher reicht das unterirdische Bauwerk bis zu 15 m in die Tiefe. Erreichbar ist es nur über ein kleines, unscheinbares Häuschen. Das Bauwerk wurde letztlich so eingeschüttet, dass die Fläche darüber wieder nutzbar ist wie bisher. Für den Bau des Speichers wurden in Summe 2.300 m3 Beton und 230 t Stahl verbaut. Die genutzte Fläche beträgt 25 m mal 40 m, wobei das Bauwerk in drei ungleich große Kammern aufgeteilt ist. Kammer I fasst rund 1.330 m3, Kammer II 1.110 m3 und Kammer III 1.060 m3. Am Grund der Kammern wurde jeweils eine Drucksonde von der Fa. VEGA eingebaut. Diese ist jeweils in einer Membran unterhalb einer Gummimatte untergebracht. Sie liefert verlässlich Messdaten, sollten sich Feinteile in erhöhtem Maß am Grund des Reinwasserspeichers ansammeln.


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Der neue Reinwasserspeicher bringt regeltechnisch mehrere Vorteile für den Betreiber.

Was die Errichtung des Speicherbauwerks angeht, so wurde das dafür mögliche Zeitfenster fast auf die Minute genau ausgenützt. „Vorrangig war, dass wir mit dem Reinwasserspeicher vor dem Beginn der Skisaisonvorarbeiten fertig wurden. Im Spätherbst 2014 waren wir an einem Dienstagabend noch mit den letzten Arbeiten beschäftigt, einer der Bagger setzte noch die letzten Zaunpfähle, bevor wir diesen spätabends noch talwärts brachten. Tags drauf hatten wir 20 cm Neuschnee.“ WARTENTRAKT UND MASCHINENHALLE GETRENNT Auch an der Konzeption des Krafthauses ist die Intention erkennbar, die Anlage möglichst harmonisch und unauffällig in die Kitzbühler Naturlandschaft einzubinden. Es wurde komplett in Stahlbetonbauweise oberhalb der bestehenden Wasserfassung des Kraftwerks Ehrenbach realisiert. Maschinenhalle und Übergabestation sind dabei räumlich voneinander getrennt. Dies ergab sich aus dem Umstand, dass in diesem Bereich wichtige Versor-

gungsleitungen auf den Hahnenkamm (Wasser, Abwasser, Strom) verlaufen – und diese nicht umgelegt werden sollten. Die Maschinenhalle weist einen Außengrundriss von 8,20 m x 8,00 m auf und wurde mit einem Flachdach ausgeführt, das aus einer 30 bis 35 cm starken isolierten Stahlbetonplatte mit Wärmedeckung ausgeführt wurde. Nach Baufertigstellung wurde das Gebäude dreiseitig eingeschüttet und begrünt. Für die Montage der Maschinen wurde eine Öffnung im Dach ausgespart. Der trapezförmige Wartentrakt wurde gegenüber der Maschinenhalle um 33° gedreht. Darin befinden sich neben einem Sanitärraum ein Raum für den Kuppeltrafo und ein Schaltraum auf Mittelspannungsebene. „HERZ UND HIRN“ AUS EINER HAND Der ungewöhnliche Bauplan in drei Phasen brachte durchaus auch gewisse Herausforderungen abseits des rein Baulichen mit sich. Darauf musste sich unter anderem der Südtiroler Wasserkraftspezialist Troyer AG ein-

stellen, dessen Einsätze gestaffelt erfolgten. Das renommierte Familienunternehmen aus Sterzing konnte im Rahmen des Projekts einmal mehr seine Water-to-Wire-Qualitäten unter Beweis stellen. Der Lieferumfang umfasste nicht nur die 2-düsige Peltonturbine, die Lieferung des Generators, die Planung, Fertigung und Installation der Niederspannungsanlage, sondern zudem auch die gesamte Steuerungstechnik der Anlage. Die gesamte elektromechanische Ausrüstung inklusive modernstem SCADA-System lagen somit in den Händen der Troyer AG. Wenn man so möchte: Herz und Hirn des neuen Kraftwerks made in Sterzing. Bei einer Fallhöhe von 174,2 m und einer Ausbauwassermenge von 350 l/s kam eine dafür maßgeschneiderte 2-düsige Peltonturbine zum Einsatz, deren Nennleistung bei 532 kW liegt. Dank höchster Ausführungsqualität und bewährtem Design zeichnet sich diese Maschine nicht nur durch Langlebigkeit, sondern auch durch hohe Wirkungsgrade aus. Letztere wurden im Rahmen des Probebetriebs bereits eindrücklich unter Beweis gestellt, wie Anlagenwart Hans Grandner bestätigt. KNACKPUNKT STEUERUNG Nach Eingang des Auftrags waren die Konstrukteure im Hause Troyer ab September 2013 mit den Einbauzeichnungen und den Grundlagenberechnungen für die Statik beschäftigt. In weiterer Folge ging es in die Fertigung, schließlich sollte die Turbine noch 2014 ausgeliefert werden. „Im August bzw. September 2014 haben wir dann die Turbine geliefert und montiert, gleichzeitig auch schon die ersten Vorarbeiten für die E-Technik installiert. Die Steuerungstechnik und E-Technik für die Fassungen folgten dann im Sommer 2015. Anschließend ging es in die Inbetriebsetzungsphase, die Übernahme in den Parallelbetrieb erfolgte schließlich im Oktober letzten Jahres“, erzählt der Projektleiter der Firma

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 350 l/s • Turbine: Peltonturbine

• Nettofallhöhe: 174,2 m • Fabrikat: Troyer AG

• Düsenzahl: 2

• Strahlkreis Ø: 710 mm

• Drehzahl: 750 Upm

• Leistung: 532,18 kW

• Generator: Synchron

• Leistung: 750 kVA

• Wasserfassungen: 2

• Typ: Coanda

• Einzug: 80 l/s und 360 l/s

• Fabrikat: Wild Metal

• Steuerung & Automation: Troyer AG • Planung #1: BERNARD INGENIEURE

• Planung #2: ZT Oberacher

• Druckrohrleitung: L: 1.346 m Ø DN500

• Rohrmaterial: Guss (TRM)

• Regelarbeitsvermögen: 0,785 GWh

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Der leitende Kraftwerkswart Hans Grandner in der Leitwarte, in der sich die Technologie aus mehreren Jahrzehnten begegnen.

Troyer AG, Hubert Wassertheurer. Der große Knackpunkt für die Spezialisten im Team der Troyer AG war in diesem Fall vor allem der steuerungs- und leittechnische Teil. Es galt nicht nur zahlreiche Betriebsparameter und Betriebszustände zu berücksichtigen, sondern auch die Steuerungstechnik ins bestehende Leitsystem der Stadtwerke Kitzbühel einzubinden. Dass dies letztlich mustergültig gelang, daran lässt man von Seiten der Stadtwerke keinen Zweifel. BETRIEB ALS FLUSS- ODER SPEICHER-KW „Der neue Speicher ermöglicht nun einen Spitzenlastbetrieb. Das heißt, wir fahren das Wasser verstärkt zu Zeiten erhöhten Verbrauchs ab, wodurch sich die Bezugsspitzen aus dem Netz der TIWAG etwas glätten. Das lässt sich mit der neuen Steuerung sehr gut regeln. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass wir etwa in der wasserarmen Zeit im Winter einen Mindestwirkungsgrad vorgeben. Das

BERNARD Ingenieure

sieht so aus, dass durch die Steuerung eine Mindestdüsenöffnung vorgegeben wird, die einen Turbinenwirkungsgrad von über 90 Prozent gewährleistet. Damit sind dann allerdings häufige Stop-and-Gos des Maschinensatzes verbunden. Aber die Maschinen sind erstens robust genug und zweitens heute auch für diese Art von Betrieb gebaut“, erklärt Hans Grandner. 16-PROZENTIGES PRODUKTIONSPLUS Für die Programmierer der Firma Troyer bestand somit eine der Herausforderungen darin ein funktionelles und zugleich einfaches System zu entwickeln, das es dem Betreiber erlaubt, die Anlage sowohl als Flusskraftwerk als auch als Speicherkraftwerk zu betreiben. Seit der ersten Inbetriebnahme im Oktober vergangenen Jahres läuft die Anlage einwandfrei. Die Verantwortlichen der Stadtwerke Kitzbühel können zufrieden resümieren. Das durchaus zeit- und kostenaufwändige Projekt

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konnte letztlich wunschgemäß umgesetzt werden. Das Regelarbeitsvermögen des neuen Kraftwerks liegt bei etwa 0,8 GWh. Damit gelang es, die Stromproduktion aus eigenen Anlagen um 16 Prozent zu erhöhen und den Eigenversorgungsanteil wieder auf über 8 Prozent anzuheben, was das erklärte Ziel des EVU war. Circa 3,6 Mio. Euro beträgt die Gesamtinvestition in das Kraftwerksprojekt. Dass man in Kitzbühel bereit war, auch unter wirtschaftlich schwierigen Rahmenbedingungen diese Mittel in die Hand zu nehmen, lag zum einen an einem klaren Bekenntnis zur Wasserkraft und zum anderen an großer Weitsicht. Wie meint dazu der erfahrene Hans Grandner treffend: „Die Wasserkraft ist eine Technologie, deren Horizont sich über viele Jahrzehnte erstreckt. Und die Frage sei erlaubt: Haben sich unsere Vorväter beim Erbauen der ganzen Kraftwerke vor 70 oder 80 Jahren gefragt, ob sich die Anlagen innerhalb eines Jahrzehnts amortisieren?"


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Das belgische Kraftwerk Andenne liegt im gleichnamigen Ort an der Maas. Das Kraftwerk wurde 1980 mit drei Straflo-Turbinen in Betrieb genommen

EFFIZIENZSTEIGERUNG DURCH NEUE KAPLANTURBINEN IM BELGISCHEN KRAFTWERK ANDENNE Seit 1954 betreibt das belgische Energieversorgungsunternehmen „EDF Luminus“ sechs Wasserkraftwerke an der Maas. Eines davon befindet sich an einer Schleuse im belgischen Andenne. Das seit 1980 in Betrieb befindliche Kraftwerk Andenne wurde anno dazumal mit drei horizontalen Straflo-Turbinen ausgerüstet. Um die Effizienz und Flexibilität des Kraftwerks zu verbessern, wurde es im letzten Jahr einem umfangreichen Upgrade unterzogen. Zwei der drei Straflo-Maschinen wurden im Zuge dessen gegen zwei moderne Kaplan-Rohrturbinen aus dem Hause ANDRITZ HYDRO getauscht. Zusätzlich wurde die Steuerund Regelungstechnik wieder auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Insgesamt investierte EDF Luminus € 9. Mio. in die Modernisierung der 33 GWh Anlage. Anfang des Jahres 2016 konnte das Kraftwerk nach intensiver Testphase wieder erfolgreich in Betrieb genommen werden.

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und 14 % der gesamten belgischen elektrischen Gesamtkapazität vereint das belgische EVU EDF Luminus auf sich. Mit einer installierten Leistung von 2,137 TW zählt es zu den größten Energieunternehmen in Belgien und beschäftigt rund 1,000 Mitarbeiter. EDF Luminus betreibt eine Vielzahl an Kraftwerken mit unterschiedlichen Energiequellen – unter anderem auch sechs Wasserkraftwerke an der Maas und eines an der Sambre. An der Maas-Schleusenstufe im wallonischen Andenne befindet sich eines dieser sieben Kraftwerke. SELTENE STRAFLO-TURBINE Seit der Konzessionserteilung im Jahre 1980 befindet sich das Laufkraftwerk Andenne in Betrieb, es galt seidem als zuverlässiger Strom-

lieferant. Bis zum August 2014 war die Anlage noch mit drei horizontalen Straflo-Turbinen mit einer installierten Leistung von je 3,05 MW, bei einer Fallhöhe von 5,35 m und einem Durchfluss von 75 m³/s, ausgestattet. Ihr Name „Straflo“ leitet sich von „straight-flow“ ab, was die Fließeigenschaften der Turbine beschreibt. Bei diesem Turbinentyp bilden der Rotor der Turbine und der Rotor des Generators eine Einheit, die in einer gemeinsamen Ebene liegen. Somit besitzt die Straflo-Turbine keine eigene Welle. Stattdessen tragen die Turbinenschaufeln einen umlaufenden Ring, in dem die Erregerwicklung integriert ist. In das Gehäuse der Turbine ist dagegen die Stator-Wicklung eingebaut. Mittels eines Dichtungssystems wird es vor Wassereintritt geschützt. Die Lagerung der Turbi-

nenachse erfolgt beidseitig in einem abgedichteten Gehäuse. Üblicherweise ist die Straflo-Tubine einfachreguliert ausgeführt. Beim Kraftwerk Andenne sind zwei der drei Maschinen einfachregulierte Straflos. Die dritte Maschine war hingegen eine, in Europa äußerst selten installierte, doppeltregulierte Ausführung. Straflo-Turbinen galten zur Zeit ihrer Inbetriebnahme als technischer High-End Status, sind heute aber nur mehr vereinzelt anzutreffen. Grund hierfür ist das schlechte Betriebsspektrum der einfach regulierten Straflo, deren Wirkungsgrad bereits unter 70 Prozent Beaufschlagung stark abfällt. Der Anlauf mit der doppeltregulierten Version der scheiterte wiederum an einem unruhigen Betrieb und an Kavitationsproblemen. Neben der schlechApril 2016

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Im August 2014 wurden die beiden Straflo Turbinen demontiert.

NEUE AUSRÜSTUNG Nach über 30 Betriebsjahren entschloss sich die Betreiberin im Jahre 2013, das Kraftwerk Andenne einem Upgrade zu unterziehen. Modernste Kraftwerkstechnik soll die Anlage flexibler und effizienter machen. Man entschied sich, zwei der drei Maschinensätze zu ersetzen. Zusätzlich sollte die gesamte elektrotechnische Ausrüstung und Steuerungstechnik der Anlage modernisiert werden. Neben einem flexibleren Betriebsverhalten war auch die Reduktion des Wartungsaufwandes ein wichtiges Ziel beim Upgrade des KW Andenne. Straflo-Turbinen müssen aufgrund des komplexen Dichtungssystems nämlich in kürzeren Intervallen gewartet werden – das wird mit den neuen Kaplan-Turbinen nun der Vergangenheit angehören. ABRISSARBEITEN WÄHREND BETRIEB Im August 2014 wurde mit der Demontage der beiden Maschinensätze begonnen. In einem ersten Schritt wurde dafür ein neuer Hallenkran mit einer Tragfähigkeit bis zu 40t, in der Maschinenhalle installiert. Er soll die Bauarbeiten im Maschinenhaus unterstützen und einfacher gestalten. „Beim Umbau unseres Kraftwerks in Lixhe haben wir ebenfalls einen neuen Hallenkran installiert und dies erwies sich damals als äußerst hilfreich“, so Anne-France Fontaine, Senior Projektmanager von EDL Luminus. Die Demontage der beiden Straflo-Turbinen, darunter auch die doppeltregulierte, dauerte rund zwei Monate. Danach wurde mittels Armierungsarbeiten das Gebäude für die bevorstehenden Abrissar-

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beiten vorbereitet. Als weitere Vorbereitung musste die verbleibende Straflo-Turbine von der Baustelle komplett isoliert werden, weil sie während der gesamten Umbauarbeiten den Betrieb aufrechterhalten sollte. Da sie luftgekühlt ist, durfte kein Staub in das Lüftungssystem der Turbine gelangen. Deshalb wurde sie mittels Holzverschalung komplett von der Baustelle abgetrennt und mittels eines Lüftungsschlauches mit sauberer Luft versorgt. Bis auf eine kleine Unterbrechung verliefen die Abrissarbeiten ohne Probleme und konnten im Februar 2015 abgeschlossen werden. „Wir mussten die Abrissarbeiten nur kurz unterbrechen, da die Baufirma an einer

Stelle zu viel Material abgetragen hat und wir erneut Armierungsarbeiten vornehmen mussten.“, berichtet Projektmanagerin Fontaine. VERLORENE SCHALUNG Nach den Abrissarbeiten konnte die Rekonstruktion des Bauwerks begonnen werden. Die Arbeiten an beiden Turbinenschächten fanden aus Zeitgründen parallel statt. Für die Betonarbeiten des Saugrohrs entschied man sich für eine „Verlorene Schalung“. „Im Gegensatz zu Lixhe, wo wir klasssische Holzschaulung verwendeten, setzten wir in Andeenne auf eine Verlorene Schalung aus Metall. Dies bedarf zwar einiger Vorarbeit, erleichter-

Nach den Abrissarbeiten wurde der Turbinenschacht an die Dimensionen der neuen Kaplan-Bulb-Turbinen angepasst.

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ten Regelbarkeit ist dieser Turbinentyp im Bereich der Dichtungen sehr wartungsintensiv und damit kostspielig.

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Um die Montagearbeiten zu erleichtern, wurde ein neuer Hallenkran im Krafthaus installiert.


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Das Kraftwerk Andenne wurde mit einer modernen Turbinensteuerung von ANDRITZ HYDRO ausgerüstet.

te die Betonierarbeiten aber im weiteren Verlauf“, so Fontaine. Die geschweißte Metallschalung wird hierbei nach dem betonieren in der Konstruktion belassen. Dadurch erspart man sich eine kostspielige und aufwändige Reinigung und Demontage – und damit auch bares Geld. Ein weiterer Vorteil ist das sehr gute Oberflächenfinish das für hohe Effizienz dank geringer Reibungsverluste sorgt. NEUE KAPLAN-TURBINEN Nach dieser rund 5-monatigen Bauphase erfolgten im Juli 2015 die Lieferung und Montage der beiden neuen Maschinensätze aus dem ANDRITZ HYDRO Werk in Ravensburg. Die Betreiberin ersetze die beiden alten

Maschinen durch zwei moderne Kaplan-Bulb-Turbinen. Sie verfügen über eine Leistung von je 2 MW bei einem maximalen Durchfluss von 48 m³/s und einer Fallhöhe von 4,94 m. Damit weisen sie zwar um etwas mehr als je 1 MW weniger Leistung als ihre Vorgängerinnen auf, sind jedoch flexibler in ihrem Einsatzverhalten und können selbst bei geringer Beaufschlagung noch effizient betrieben werden. Nach ca. 5 Wochen konnte die Montage der Maschinen abgeschlossen werden. ANBINDUNG AN DIE ZENTRALE Zur selben Zeit wurde das Kraftwerk auch mit einer neuen Leittechnik ausgestattet. Ein

PLC System übernimmt von nun an die Regelungsarbeiten des alten Relaissystems. Das macht das KW Andenne zum einen betriebssicherer und zum anderen auch kostengünstiger in der Wartung. Eine moderne Turbinensteuerung aus dem Hause ANDRITZ HYDRO sorgt zudem für ein effektives Betriebsverhalten. Eine Besonderheit ist die Anbindung des Kraftwerks an die Zentrale der EDF Luminus in Seraing. Diese wurde über das Ethernet Protokoll „Profinet“ realisiert. GLEICHER OUTPUT Am 10. Dezember 2015 wurde die erste Kilowattstunde mit den neuen Maschinen in Andenne produziert. Bis Anfang des Jahres 2016 wurde das Kraftwerk im Probebetrieb von den Steuerungsexperten aus dem Hause ANDRITZ HYDRO optimal eingestellt. Obwohl die Gesamtleistung des Kraftwerks durch die Installation von zwei kleineren Maschinen um ca. 2,1 MW gesenkt wurde, wird die jährliche Produktion mit ca. 33 GWh in etwa gleich bleiben. Insgesamt 9 Mio. Euro hat EDF Luminus in das Upgrade des Kraftwerks Andenne investiert, das nun für die nächsten Jahrzehnte bestens ausgerüstet ist. EDF Luminus wurde als kommunales EVU namens „Société productrice d‘électricité (SPE)“ im Jahre 1978 gegründet. Unter dem heutigen Namen wird der belgische Energieversorger, nach mehrfacher Umstrukturierung, seit November 2011 geführt. EDF Luminus versorgt 1.8 Million belgische Kunden mit Strom und Gas, was einem Marktanteil von 20% entspricht.

Die Ingenieurteams von EDF Luminus und ANDRITZ HYDRO bei der Inbetriebname der Anlage im Dezember 2015.

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Von den in Beton eingegoßenen Turbinen sind nur mehr die Leitapparate sichtbar.

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Wo früher der alte Unterwasserstollen des bestehenden Hard-Kraftwerks in die Töss zurück mündete, wurde an die Uferböschung die neue Zentrale errichtet. Links im Hintergrund sind die malerischen Töss-Wasserfälle zu sehen - der Grund, warum man vor über 200 Jahren an diesem Standort die erste Fabrik der Schweiz errichtet hatte.

ÄLTESTES INDUSTRIEDENKMAL DER SCHWEIZ SCHLÄGT NEUES KAPITEL DER WASSERKRAFTNUTZUNG AUF Vor über 30 Jahren begann sich am Areal der ältesten Fabrik der Schweiz – der ersten maschinellen Spinnerei Hard im Kanton Zürich – ein spannendes Gemeinschaftsprojekt zu entwickeln. Eine lockere Gemeinschaft Gleichgesinnter hatte den historischen Industriekomplex übernommen, um hier ein lebendiges Mit- und Nebeneinander zu schaffen. Übergeordnete Leitziele stellten und stellen bis heute Wohnen, Arbeit und Kultur dar, aber auch der Erhalt der kulturhistorisch bedeutenden Industrieanlage. Vor diesem Hintergrund hatten die Bewohner vor einigen Jahren beschlossen, das alte Töss-Kraftwerk, dessen Komponenten integraler Bestandteil des Gebäudekomplexes sind, zu renovieren und zu erweitern. Neben der intendierten Steigerung des Stromertrags standen dabei auch so zentrale Aspekte wie Hochwasser- und Schallschutz im Mittelpunkt der Überlegungen. Mit der Verlagerung der Zentrale an den äußersten Rand der Siedlungsanlage konnten gleich mehrere Probleme gelöst werden. Die Umsetzung des Gesamtprojekts stellte die Verantwortlichen allerdings auch vor erhebliche Herausforderungen.

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ie natürlichen Wasserfälle der Töss in der Hard waren Ende des 18. Jahrhunderts die wesentlichen Argumente, warum man an diesem Standort – deutlich außerhalb der Stadt Winterthur – die erste mechanische Spinnerei und somit die erste Fabrik in der Schweiz errichtete. 1802 nahmen die 44 Spinnstühle den Betrieb auf, die knapp 20 Mal so viele Heimspinner arbeitslos machten. Über die folgenden Jahrzehnte folgte ein Modernisierungsschritt dem nächsten. So wurde etwa 1845 für die Spinnerei eine neue Jonvalturbine installiert. Daneben wurde der Gebäudekomplex, der im klassizistischen Stil errichtet wurde, sukzessive erweitert. 1918 wurde die Industrieanlage ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Doch nach Ende des Ersten Weltkriegs ging die Wirtschaft auf Talfahrt, die Krise mündete in den Niedergang der Textilindustrie in der Hard. 1924 schloss die Spinnerei ihre Pforten. Nach einem einige Jahre währenden „Gastspiel“ einer Knopffabrik, ging die Spinnerei Hard 1928 in den Besitz einer Kunst-

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stofffabrik über. Unter der Ägide dieses Unternehmens wurde die Wasserkraftanlage am Standort elektrifiziert und 1939 zwei neue Francis-Turbinen eingebaut. Bis zu seinem Konkurs 1985 blieb das Unternehmen in der Hard, ehe dem traditionsreichen Areal eine völlig andere Bestimmung zuteilwerden sollte. WANDLUNG ZUR WOHN- UND ARBEITSOASE In der ländlichen Umgebung am Stadtrand von Winterthur hatte sich 1985 aus einem losen Verband von MieterInnen in der Hard die nicht gewinnorientierte Aktiengesellschaft „Gemeinschaft Hard AG“ gebildet. Sie erwarb in der Folge die gesamte Anlage, um ein gesellschaftliches Gemeinschaftsprojekt Wirklichkeit werden zu lassen. Wohnen, Arbeit, Kultur, Landwirtschaft, Ökologie, Erholung – sollten in einem fruchtbaren Nebeneinander am geschichtsträchtigen Standort in Einklang gebracht werden. „Unsere Gesellschaft ist das Ergebnis von Selbsthilfe“, heißt es auf der Homepage der GeHa, wie sich die Gemeinschaft Hard selbst abkürzt. Viel Geld,

Energie und Leidenschaft wurden in den Folgejahren investiert, um den eigenen Zielen gerecht zu werden. Heute ist die Hard nicht einfach eine „Wohnfabrik“. Vielmehr finden hier 150 Personen einen Arbeitsplatz, und ungefähr 120 Personen bewohnen heute das Areal. „Wir haben uns schon vor mehr als 25 Jahren zu ökologisch bewusstem Verhalten verpflichtet und dies in einem Energiekonzept festgehalten. Seitdem setzen wir dieses Schritt für Schritt um“, erklärt Rolf Künzle, der selbst am Standort lebt und arbeitet - und zudem seit zehn Jahren das bestehende Kleinwasserkraftwerk betreut. Er berichtet, dass das alte Wasserkraftwerk am Industrieareal seit Jahren für viele Diskussionen und einiges an Kopfzerbrechen gesorgt hatte. KAMPF DEM LÄRM „Wir hatten ein Lärmproblem“, sagt der Anlagenwart. „Die alte Turbine befand sich ja direkt im Keller des Gebäudes. Der auftretende Körperschall war längst zu einer Belastung für die Bewohner geworden, darüber hinaus


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Am traditionsreichen Industrieareal wohnen heute rund 120 Menschen, etwa 150 gehen hier ihrer Arbeit nach. Die Nutzung regenerativer Energien gehört zum Leitbild der Gemeinschaft.

SCHUTZ VOR HOCHWASSER Als technische Zielsetzung wurde ein Ausbau der Triebwassermenge von bislang 3,52 m3/s auf nunmehr 6,5 m3/s angestrebt. Zudem wurde auch die Fallhöhe ein wenig erhöht. „Parallel zum Um- bzw. Erweiterungsbau haben wir auch den Hochwasserschutz adaptiert. Das war Bestandteil der neuen Konzession und somit Pflicht. Die Töss ist für ihre blitzartigen Hochwässer berüchtigt, was wir auch während der Bauarbeiten zweimal zu spüren bekommen haben. Die Wasserhaltung war aber genügend ausgelegt, sodass der Schaden minimal war“, erinnert sich der Projektleiter von Hydro-Solar, Roman Reiner. So wurde das Profil des Einlaufkanals etwa um das Doppelte verbreitert, aber auch der TössDamm oberhalb der Wehranlage sowie das gesamte Ufer entlang des Oberwasserkanals wurden erhöht, sowie ein Uferschutz aus Steinbuhnen, Baumbuhnen und Uferfaschinen erstellt. Auch die Konzeption des neuen Wehrbauwerks trägt dem erhöhten Hochwasserschutz in verstärktem Maße Rechnung. Das Bauwerk wurde nicht nur in sehr massiver Betonbauweise umgesetzt, es wird auch durch die robusten, automatisch betriebenen Wehrschützen vor den Fluten der Töss geschützt, ausgelegt auf ein HQ100 mit bis zu 360 m3/s.

Die Schützeneinheiten wurden – wie der gesamte Stahlwasserbau – vom Südtiroler Branchenspezialisten Wild Metal realisiert. Das innovationsstarke Unternehmen aus Ratschings hat sich speziell auf dem Gebiet Stahlwasserbau in der Wasserkraft mit Premium-Lösungen einen Namen gemacht. „Üblicherweise ist es ja so, dass die Absperrorgane bei einem Kraftwerk erst nach dem Einlauf angelegt sind. Aufgrund des Hochwasserschutzes mussten wir es hier umgekehrt machen“, so Roman Reiner. Vom Altbestand her blieben die alte Wehrstufe, der Spülkanal sowie die Fischaufstiegshilfe, ausgeführt als Vertical-Slot-Pass, erhalten. „Im Grunde haben wir hier einfach an den bestehenden Fischaufstieg angebaut“, erklärt der Planungsingenieur. INNOVATIVER FISCHABSTIEG Der besonders starke Kiestrieb in der Töss hatte in der Vergangenheit immer wieder für Probleme gesorgt. Vor allem die Fischaufstiegshilfe war bei Hochwässern häufig verlegt worden. Durch die Ausbildung eines betonierten Sporns am neuen Wehrbauwerk konnte diese Tendenz markant abgemildert werden. Der Fischpass ist heute deutlich sicherer vor ungewünschtem Kieseintrag als vor dem Umbau. Foto: Hydro-Solar

auch für ein etabliertes Tonstudio, in dem natürlich jedes kleinste Geräusch registriert wurde.“ Die Gemeinschaft beschloss zu handeln. 2006 wurde mit umfangreichen Lärmanalysen begonnen, es folgte eine erste Vorstudie mit einem lokalen Ingenieurbüro. Als 2008 von Seiten des Bundes die Kostendeckende Einspeisevergütung, kurz KEV, in Kraft gesetzt wurde, zeichnete sich eine wirtschaftliche Darstellung eines Umbauprojektes ab. „Die Einführung der KEV war entscheidend. Dadurch konnten wir das Projekt in Angriff nehmen“, so Künzle. Man zählte zu den ersten Kandidaten für die Erlangung der KEV und war in der Warteliste stets ganz vorn. Während sich die Vorarbeiten über Jahre hinzogen, gingen die darauf folgenden Behördenverfahren sehr schnell über die Bühne. Rolf Künzle spricht von rekordverdächtigen zwölf Monaten, ehe die behördlichen Genehmigungen von Seiten des Kantons vorlagen. In der Zwischenzeit hatte sich die GeHa vom ersten Planungspartner getrennt. Im Hinblick auf die großen baulichen Herausforderungen sah man sich nach einem Planungsbüro um, das nicht nur über große Erfahrung verfügt, sondern auch pragmatisch und flexibel auf besondere Projektanforderungen reagieren kann. Die Wahl fiel auf das Ingenieurbüro Hydro-Solar Engineering AG.

Foto: Hydro-Solar

Die neue Fassung wurde an die bestehende Fischaufstiegshilfe angebaut.

Der Oberwasserkanal wurde wegen der erhöhten Durchflussmenge verbreitert. Zudem wurde auf eine moderate Strömungsgeschwindigkeit geachtet, da der Zulaufkanal den Bewohnern der Hard auch als Badegewässer dient.

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An der neuen Wasserfassung wurde eine moderne Horizontal-RRM des Südtiroler Branchenspezialisten Wild Metal installiert.

Damit die Fische in der Töss nicht nur stromauf- sondern auch stromabwärts das Querbauwerk überwinden können, musste eine Fischabstiegshilfe integriert werden. Dafür bot sich der bestehende Spülkanal an, dessen Seitenwand ebenfalls zugunsten des Hochwasserschutzes erhöht worden war. „In den Spülkanal konnten wir den Fischabstieg relativ einfach integrieren. Die Öffnung wird über eine hydraulisch betriebene Drehklappe reguliert, die mittels zweier einfacher Öffnungen sowohl den bodennahen als auch den oberflächennahen Fischen den Abstieg ermöglicht. Unterhalb haben wir eine Art Gegenschwelle angelegt, die einen Wasserpolster für einen möglichst sanften Aufprall erzeugt. Das ganze System wurde gemeinsam mit dem Amt für Fischerei des Kantons entwickelt. Umgesetzt wurde es in einwandfreier Form vom Stahlwasserbauspezialisten Wild Metal“, erklärt Roman Reiner.

Dieser lieferte nebst Schützen und Feinrechen, den gesamten Schlosserarbeiten auch eine Horizontal-Rechenreinigungsmaschine, die in ihrer Ausführung durchaus höchste technische Standards widerspiegelt. Der Reinigungsarm fährt nicht hydraulisch betrieben entlang des Querrechens, sondern elektromechanisch angetrieben. Dadurch arbeitet die Maschine auffallend geräuscharm – und zugleich sehr effizient in zwei möglichen Geschwindigkeitsstufen. Die neue Wasserfassung trägt heute wesentlich zur Reduzierung des Geschwemmsel-Andrangs im Zuleitungskanal des Kraftwerks bei. Und noch ein anderer Vorteil kam damit zum Tragen: „Für uns war wichtig, den Hauptanteil der Rechenreinigung aus dem Wohnareal verbannen zu können. Dieser erfolgt nun eben direkt an der Fassung. Schließlich bedeutete früher auch das eine Lärmbeeinträchtigung inmitten unseres Wohnraums“, sagt Rolf Künzle.

GESCHWEMMSELFREI DANK VERLÄSSLICHER RECHENREINIGUNGSTECHNIK Speziell die Wasserfassung ist optisch von der modernen stahlwasserbaulichen Ausrüstung des Südtiroler Branchenspezialisten geprägt.

TRIEBWASSER DURCHQUERT WOHNAREAL An der neu gebauten Wasserfassung werden nun 6,5 m3/s entnommen, 800 l/s werden als Restwasser dotiert. Der weitere Weg des Triebwassers verläuft wie im Altbestand durch ei-

nen in Summe rund 500 m langen Freispiegelkanal, in dem kurz vor dem eigentlichen Siedlungsareal ein Seitenwehr zur Schwallentlastung integriert ist. Selbiges dient dem Schutz der Wohnhäuser für den Fall eines Notschlusses. Käme es hier zu einem Rückstau, würde der Kanal überlaufen – mit schlimmen Folgen für das Wohnareal. „Die ursprünglich installierte Entlastungsklappe erwies sich bei näherer Prüfung als zu langsam für den höheren Ausbaudurchfluss. Daher haben wir auch hier eine neue Hochwasserklappe von Wild Metal installiert. Sie reagiert heute im Notfall sehr schnell, innerhalb von längstens 10 Sekunden erfolgt die vollständige Entlastung hin in Richtung Tössbett“, sagt Rolf Künzle. Der weitere Triebwasserweg führt ebenfalls in einem Freispiegelkanal unter den altehrwürdigen Gebäuden hindurch, mitten durch das Wohngebiet der GeHa. „Diesen Natursteinkanal hat man im Wesentlichen so belassen, wie er war. Lediglich die extremen, bis zu 20 cm starken Kalkablagerungen wurden abgetragen“, so Roman Reiner. In einem Innenhof des Gebäudeensembles tritt der Kanal wieder an die Oberfläche und mündet in das Kopfbecken, von dem das Wasser in die Einlaufkammer gelangt. Am Kopfbecken wurde ein neuer Feinrechen mit 20 mm Stababstand eingesetzt und die alte Seilzug-RRM revidiert. Diese Maßnahmen wurde zum Gemeinschaftswerk von Betriebswart und Wild Metal, unter der Projektleitung von Rolf Künzle. Wild Metall lieferte und montierte den Rechen und die neuen Seitenwangen. „NEU BAUEN KANN JEDER“ Bis zum Bereich der Einlaufkammer unterschied sich somit der alte Triebwasserverlauf nicht vom neuen. Doch wo im Keller des uralten Fabriksgebäudes über viele Jahrzehnte die eingebaute Turbine geräuschauffällig ihrer Tätigkeit nachging, stößt man heute nur mehr auf eine großvolumige Rohrleitung aus Glasfaserkunststoff. Es ist der Beginn einer ca.

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Die Rohrleitung wurde auf speziellen Stahljochen aufgeständert. Ihre Gesamtlänge beträgt rund 165 m.

Das Einlaufbauwerk wurde in der alten Maschinenkaverne realisiert.

Das Saugrohr wird am neuen Zentralenstandort eingebaut.

KNIFFLIGER LEITUNGSBAU IM URALTSTOLLEN Von den verschiedenen Baulosen sollte sich die unterirdische Erweiterung des Triebwasserwegs als das aufwändigste herausstellen. Dass diese Arbeiten für Verzögerungen im Terminplan sorgten, lag aber nicht nur an der anspruchsvollen Baustelle, sondern auch an der komplexen logistischen Abwicklung, die nur klar abgegrenzte Arbeitsphasen zuließ. „Am Ende konnte zum Glück alles im Zeitplan realisiert werden. Aber gerade dieser Bauabschnitt im Untergrund des Altbestandes forderte den Beteiligten alles ab“, erzählt Roman Reiner. Da von unten her immer wieder Grundwasser eindrang, waren die Bauteams gezwungen, kleine Wasserhaltungen über eine Länge von etwa 30 Metern einzurichten. Pumpen förderten die schlammartige Flüssigkeit aus dem Stollen hinaus. Zum Schutz gegen das Grundwasser wurde eine Dichtfolie aufgelegt, die mit Netzen armiert wurde. Darauf ließ sich schließlich die Betonsohle errichten. Von planerischer Seite höchst aufwändig war auch die Planung des Rohrleitungsbaus. „Wir haben den Stollen mit all seinen Krümmungen, Engstellen und unerwarteten Ausdehnungen per Laser vermessen und im Vorfeld davon eine CAD-Ansicht kreiert. Damit konnten wir detailliert planen, wo welche Rohrstücke und welche Rohrkrümmer eingebaut werden mussten. Das war aufwändig, hat aber perfekt funktioniert. Es war

möglich, alles mit Standard-GFK-Rohren aus dem Programm von APR Allpipes Rohrsysteme (Schweiz) AG zu verlegen“, so der Projektleiter von Hydro-Solar. Für den praktischen Teil wurden kleine, flache Handwägen gebaut, um die Rohre im Stollen an ihren Bestimmungsort zu bringen. Danach wurden sie, aufgeständert auf rund 80 Stahljochen, Stück für Stück verlegt. Die Joche wurden ebenfalls von der Firma Wild Metal geliefert. Während sich die Vorbereitungsarbeiten im Stollen über mehrere Wochen erstreckten, ging die eigentliche Rohrverlegung in gerade einmal zwei Wochen über die Bühne. „Das ist natürlich auch dem einfachen Handling der GFK-Rohre zu verdanken. Mit einem schwereren Rohrwerkstoff wäre dies so nicht möglich gewesen“, argumentiert Reiner und meint ergänzend: „Zusätzlich haben GFK-Rohre hier den besonderen Vorteil, dass sie etwa bei einem Schadensfall repariert werden können, ein Ausbau wäre nicht mehr möglich.“ LEISE UND LEISTUNGSSTARK Wo zuvor der Auslaufstollen des alten Kraftwerks ans Ufer der Töss traf, wurde die neue Zentrale errichtet. Das Krafthaus wurde in Foto: Hydro-Solar

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165 m langen Druckrohrleitung DN1700, die bis zum Ende des alten, unterirdischen Auslaufkanals an der Töss führt, wo nun die neue Zentrale errichtet wurde. Die Verlegung des Maschinensatzes außerhalb der Wohnsiedlung stellt den zentralen Aspekt des Umbauprojektes dar, der auch mit den größten Hürden und Herausforderungen verbunden war. „Im Inneren Bereich der Wohnanlage ist über die Jahrhunderte sehr viel organisch gewachsen. Beim Umbau stießen wir auf viele alte Strukturen, auch auf alte Baumaterialien und Rohre. Vieles ist sehr verwinkelt und schwer zugänglich, dabei galt es, die Bausubstanz wegen des integralen Denkmalschutzes zu bewahren“, sagt Rolf Künzle und ergänzt: „Daher war gerade in diesem Bereich der Bau extrem herausfordernd. Das war auch der Grund, warum wir mit Hydro-Solar einen Planungspartner ins Boot holten, der sich all dem gewachsen fühlte. Uns war schon klar: Neu bauen – das kann jeder. Aber dafür brauchten wir Spezialisten.“ Hydro-Solar hatte das Projekt nach den Ausschreibungen übernommen, führte danach eine Projektanalyse durch und erarbeitete schließlich entscheidende Optimierung, um daraus ein Bauprojekt zu machen.

Foto: Hydro-Solar

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Im alten Unterwasserkanal wurde die neue DRL aus GFK-Rohren DN1700 erstellt.

Behutsam wird der Leitapparat der neuen Turbine eingehoben.

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KOMPLEXE VERKNÜPFUNG ZAHLREICHER ANLAGENPARAMETER Für den Anlagenwart hatte die Betreuung und Überwachung der alten Anlage bislang einen beachtlichen Zeitaufwand bedeutet. Das sollte sich ändern. Daher wurde der neuen Steuerung- und Automationsanlage des Kraftwerks auch besonderes Augenmerk zu-

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die Uferböschung integriert, ebenfalls hochwassersicher geschützt vor einem HQ100. Im Außenbereich der Zentrale befindet sich ein Pumpenschacht, in dem zwei redundant arbeitende Pumpen das anfallende Sickerwasser aus dem Stollen nach außen pumpen. Im Inneren befindet sich das neue, moderne Herz des Wasserkraftwerks: eine doppeltregulierte Kaplanturbine aus dem Hause WATEC Hydro, direkt gekoppelt mit einem Permantgenerator, PMG. Den Maschinensatz zeichnet neben seiner geräuscharmen Betriebsweise auch der hohe Wirkungsgrad aus. Da es keine Riemen- oder Getriebeverluste gibt und ein hoher Generatorwirkungsgrad nutzt der Maschinensatz die Energie des Triebwassers mit hoher Effizienz. Hinzu kommt, dass die Maschinensätze, die von der Firma WATEC Hydro einbaufertig geliefert werden, nur einen sehr geringen Platzbedarf im Maschinenraum haben. Konkret ist die Maschine auf den Ausbaudurchfluss von 6,5 m3/s und eine Nettofallhöhe von 10,47 m ausgelegt. Dabei erreicht sie eine Leistung von 575 kW. „Wir sind mit dem Maschinensatz sehr zufrieden. Er arbeitet leise und leistungsstark, das haben die ersten Betriebsmonate belegt“, so Rolf Künzle. Die erzeugte Spannung von 400 V wird über einen Trafo auf 11 kV hochgespannt und dann ins Netz der Stadtwerke Winterthur eingespeist.

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Leise und sehr leistungsstark: So präsentiert sich die neue Turbine aus dem Hause WATEC mit einer Nennleistung von 575 kW. Die extrem komplexe Steuerung der Anlage wurde von Rey Automation realisiert.

teil. „Fassung – Seitenwehr – Einlaufbauwerk – Zentrale: bei diesem Kraftwerk gibt es sehr viele Betriebsparameter zu berücksichtigen. Daher stellte die Steuerungsanlage eine besondere Herausforderung für das beauftragte Unternehmen, Rey Automation aus Sirnach, dar“, sagt Rolf Künzle. Tatsächlich galt es, nicht nur die zahlreichen Anlagenkomponenten in das neue SCADA-System zu integrieren, sondern auch Ideallösungen für die verschiedenen Betriebszustände zu finden. Dank der neuen Steuerung schaltet die Anlage heute etwa automatisch bei einem Sommergewitter an. Auch umgekehrt – im Falle niedriger Pegelstände – funktioniert dies so. Die Anlage bringt sich dabei selbstständig ans Netz. Selbstverständlich ist die gesamte Anlage mit wenigen Klicks per Laptop von überall in der Ferne voll überwach- und steuerbar. „Was für uns auch sehr interessant war: Die Programmierer von Rey Automation haben das ganze System sehr offen gehalten, es wurde durchgehend in

HTML5 programmiert. Das bedeutet, dass man kein spezielles Programm für den Zugriff benötigt. Dank mehrere WLAN-Hotspots kann man mit einem Laptop in die Steuerung eingreifen, was gerade in der Testphase uns als Planern sehr entgegengekommen ist“, sagt Roman Reiner von Hydro-Solar. Waren im Altbestand noch Anlagenkomponenten wie etwa der Seilzugrechenreiniger autonom gesteuert, so kann nun auf jedes Gewerke der Anlage über die zentrale Steuerung zugegriffen werden. Darüber hinaus musste entsprechend gesetzlicher Vorgaben auch eine Zugriffsmöglichkeit für den Netzbetreiber eingerichtet werden, der im Fall zu großer Netzbelastungen steuernd auf die Energieproduktion eingreifen kann. STROMERTRAG WIRD VERDOPPELT Einen Meilenstein in der Geschichte des traditionsreichen Kraftwerksstandortes markierte die Stilllegung des alten Maschinensatzes. Am 31. März 2014 war es soweit. Am Ende

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Ausbauwassermenge: 6,5 m3/s Nettofallhöhe: 10,47 m Turbine Kaplant (doppeltreguliert / 4-flügelig) Fabrikat: WATEC Hydro Drehzahl: 375 Upm Leistung: 575 kW Generator: Permanentgenerator PMG (VUES) Generatorleistung: 650 kVA Gewicht: 5,7 to Stahlwasserbau & RRM: Wild Metal RRM1: Horizontal RRM / RRM: Seilzug-RRM Steuerung & Automation: Rey Automation Druckrohrleitung: L: 180 m Ø DN1.700 Rohrmaterial: GFK Lieferant: APR Allpipes Rohrsysteme (Schweiz) AG Oberwasserkanal: L: 650 m Restwasser: 800 l/s Regelarbeitsvermögen: 2,55 GWh

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Technische Daten

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druck war enorm. Daher sind wir froh, dass wir auch vor dem Hintergrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen für die Kleinwasserkraft eine Punktlandung im Kostenplan hinlegen konnten. Einen wesentlichen Beitrag dazu hat sicherlich unser Planungspartner Hydro-Solar geleistet, der uns auch in allen wirtschaftlichen Fragen beratend zur Seite gestanden ist. Im selben Atemzug ist auch noch unser Projektleiter Robin Schönenberg zu erwähnen, der auch sehr gute Arbeit geleistet hat“, so der erfahrene Betriebswart. Für die Bewohner und Gewerbetreibenden, die in der GeHa basisdemokratisch organisiert sind, war es zu Beginn nicht selbstverständlich, sich in dieses „Abenteuer“ zu stürzen, wie Rolf Künzle einräumt: „Ein Verkauf oder eine Stilllegung der Anlage standen ja nie wirklich zur Debatte. Aber, wir wussten, dass Handlungsbedarf besteht. Und nachdem wir den Aktionären das erklärt hatten, erreichten wir für die Zustimmung beinah Wahlergebnisse wie im kommunistischen Russland.“

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Der alte Feinrechen wurde durch einen neuen mit 20 mm Stababstand ersetzt und die bestehende Seilzug-Rechenreinigungsmaschine saniert.

eines letzten Betriebsmonates, das von zahlreichen Maschinenausfällen geprägt war, hatte das letzte Stündchen der alten Turbine geschlagen. Dazu Betriebswart Rolf Künzle: „Das war tatsächlich Matthäi am Letzten. Wir hatten im letzten Quartal schon ein wenig Glück, denn die Maschine und auch die Steuerung hätten nicht mehr lange gehalten.“ Die Stilllegung der alten Maschine bedeutete zugleich den Startschuss für den Bau des neuen Kraftwerks. In weiterer Folge gelang es der GeHa mit ihren Partnern das Projekt in rekordverdächtigen 11 Monaten zu verwirklichen. „Wir haben am 11. März des letzten Jahres zum ersten Mal mit dem neuen Kraftwerk Strom produziert“, erinnert sich Künzle. In einem Jahr mit durchschnittlichem Niederschlag wird die Anlage nun rund 2,55 GWh sauberen Strom erzeugen. Zum Vergleich: das alte Kraftwerk kam auf etwa 1,2 GWh. Somit konnte der durchschnittliche Stromertrag mehr als verdoppelt werden. Theoretisch könnte der Strombedarf in der Hard damit heute achtmal abgedeckt werden. Das erklärte Ziel, eine effektive Entflechtung des Kraftwerksbetriebs vom Bereich „Wohnen und Arbeiten“ zu erreichen, wurde mit der Zentralenverlegung ebenfalls zur Gänze erreicht. PUNKTLANDUNG IM KOSTENPLAN Dass man den vorgegebenen Terminplan einhalten konnte, war von Bedeutung. Noch wichtiger war für die GeHa allerdings, dass der Kostenrahmen von 4,6 Mio. CHF nicht gesprengt würde. „Der Kosten-

BIBER KEHRT ZURÜCK Zurecht sind die Bewohner und Gewerbetreibenden heute wieder darauf stolz, dass man die traditionsreiche Wasserkraftnutzung am Standort in der Hard weiterführen kann. Das neue Wasserrecht wurde für weitere 60 Jahre erteilt. Entsprechend der Heimfallregelung würde danach die Anlage an den Kanton gehen, die GeHA hat das Rückkaufrecht. Ein Weiterbetrieb durch die GeHa ist sehr wahrscheinlich. Neben den Hochwasserschutzmaßnahmen und der erfolgreichen Lärmeindämmung nahmen auch ökologische Maßnahmen einen hohen Stellenwert ein. Gerade im Uferbereich der Töss wurden Steinlinsen gesetzt und Buhnen errichtet und der Uferschutz verbessert. Zudem wurden im Umfeld der neuen Zentrale Ersatzaufforstungen vorgenommen. Heute fühlt sich in der Hard auch wieder der Biber pudelwohl. Als der Zulaufkanal verbreitert wurde, war er ans obere Töss-Ufer ausgewichen. Mittlerweile ist der Nager wieder zurückgekehrt. Roman Reiner von Hydro-Solar blickt heute auf eines der spannendsten und zugleich schwierigsten Wasserkraftprojekte der letzten Jahre zurück. Er sieht das neue Kraftwerk Hard als gelungenes Beispiel dafür, wie eine sinnvolle Sanierung eines Kraftwerks aussehen kann, und auch, wie man ein historisches Kraftwerk wieder wirtschaftlich betreiben kann. Mit dem neuen Kleinkraftwerk schlägt das historische Industrieareal ein neues Kapitel in der mittlerweile Jahrhunderte langen Geschichte der Wasserkraftnutzung auf.

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Tradition trifft auf Moderne: Im Fenster des neuen Kraftwerk Stubenberg in der Oststeiermark wird das Gebäude der nunmehr als Schaukraftwerk genutzten historischen Anlage aus dem Jahr 1905 reflektiert.

KRAFTWERK STUBENBERG ERHÄLT ABLÖSE NACH 110 BETRIEBSJAHREN Das zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Betrieb genommen Kraftwerk Stubenberg bekam im Vorjahr seine verdiente Ablöse durch die Errichtung eines Ersatzneubaus am oststeirischen Gewässer Feistritz. Die mustergültige Ausführung des neuen Kraftwerks und der Wehranlage brachte in puncto Energieproduktion und ökologischer Aufwertung erhebliche Verbesserungen mit sich. Mit der Neuanlage erzeugt die Betreibergesellschaft Feistritzwerke Steweag GmbH mit 6,9 GWh nun jährlich um ein Drittel mehr Ökostrom am firmenhistorisch wertvollen Anlagenstandort.

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gen Industrialisierung geworden. 1924 erhielt das ursprünglich mit 2 Francis-SpiralTurbinen ausgestatte Kraftwerk eine dritte Turbine gleicher Bauart und erzielte damit eine Engpassleistung von 750 kW. Die originale Maschinenausrüstung war bis zur endgültigen Stilllegung im März 2015 im Dauerbetrieb und erzeugte in etwa 882.000 Be-

triebsstunden rund 550 Mio. kWh Strom. Obwohl der Altbestand keinen Strom mehr produziert, bleibt er in abgewandelter Form weiter in Verwendung. Die Feistritzwerke entschieden sich für eine äußere und innere Renovierung des Gebäudes und erhalten ihr historisch wertvolles Gründergebäude als Schaukraftwerk. Foto: zek

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er Bau des Alt-Kraftwerks Stubenberg im Herbst des Jahres 1905 markiert gleichzeitig den Entstehungszeitpunkt des oststeirischen Energieversorgers Feistritzwerke-Steweag GmbH. Zu seiner Gründung trug das Unternehmen noch die Bezeichnung „Feistritzwerke, Elektrizitätswerk der Gemeinde Gleisdorf“ und ermöglichte mit seinem Kleinkraftwerk den Einzug elektrischer Energie in die Region. Die Stromproduktion der Anlage überstieg bei ihrer Fertigstellung bei weitem die Nachfrage nach der sich um die Jahrhundertwende stetig ausbreitenden Energieform. An Sonntagnachmittagen stellte man das Kraftwerk sogar komplett ab. Die Bewohner der 6 angeschlossenen Gemeinden hatten schlichtweg zu wenig Elektrizitätsbedarf. Knapp 20 Jahre später war die Stromnachfrage bereits stark gestiegen. Die Nutzung von elektrischer Energie war in der neu gegründeten 1. Österreichischen Republik der bestimmende Faktor einer sich kollektiv ausbreitenden und gleichermaßen stromhungri-

E-Steiermark Projekleiter Dipl.-Ing. Peter Klampfl, Feistritzwerke Steweag GmbH Betriebsleiter Ing. Alexander Schloffer und Geschäftsführer Dipl.-Ing. Manfred Krasnitzer. (v.l)


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Durch den Einsatz einer Wasserkraftschnecke mit 57 kW Leistung erreichte man eine optimale Verwertung der vorgeschriebenen Pflichtwasserabgabe.

FFür ür S.K.M.-Geschäftsführer S.K.M.-Geschäftsführer Sepp Sepp Köhl Köhl hat hat die die Betriebssicherheit Betriebssicherheit einer einer Wehranlage W ehranlage oberste oberste Priorität. Priorität. Als Als Betreiber Betreiber seines seines eigenen eigenen Kraftwerks Kraftwerks VVordernbergerbach ordernbergerbach kennt kennt er er die die Anforderungen Anforderungen für für einen einen maximal maximal gesigesiccherten herten Anlagenbetrieb Anlagenbetrieb ganz ganz genau. genau. Seine Seine wertvollen wertvollen Erfahrungswerte Erfahrungswerte machten m achten sich sich bestens bestens bezahlt bezahlt bei bei der der Erstellung Erstellung der der Grundlagenplanung Grundlagenplanung für für dden en Stahlwasserbau Stahlwasserbau des des Kraftwerks Kraftwerks Stubenberg. Stubenberg.

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EINSTIMMIGER BESCHLUSS FÜR DIE WASSERKRAFT Den endgültigen Baubeschluss für das völlig neu zu errichtende Kraftwerk Stubenberg fällte man im Juli 2014 bei einem erweiterten Gesellschafterausschuss. Feistritzwerke-Betriebsleiter Ing. Alexander Schloffer berichtet von einem einstimmigen Beschluss für den Neubau, welcher von allen Eigentümern mitgetragen wurde. Diese Einigkeit über das Projekt war kein Zufall sondern hatte sich über die vergangenen Jahre hinweg abgezeichnet. Nachdem die Behörde das Wasserrecht für die Anlage im Jahr 2008 zum letzten Mal erteilte, machte man sich auf der Betreiberseite bereits Gedanken über die Zukunft des Kraftwerks. Dabei stand sogar eine komplette Stilllegung im Raum, wobei man diese Überlegung zugunsten des Konzeptes eines Ersatzneubaus bald wieder verwarf. „2012 erhielt die Energie Steiermark Green Power GmbH (E-Steiermark) den Auftrag von den Betreibern, die Einreichplanung für einen Neubau des Kraftwerks an der Feistritz zu erstellen. In weiterer Folge betreuten wir das Projekt über die Ausschreibungs- und Bauphase bis hin zu den finalen behördlichen Abnahmen“, erklärt E-Steiermark Projektleiter Dipl.-Ing. Peter Klampfl, welcher das Projekt in sämtlichen Phasen begleitet hat. Mit dem Vorliegen aller behördlichen Bewilligungen sowie dem finalen Baubeschluss der Feistritzwerke Steweag GmbH konnte man im November 2014 schlussendlich mit den ersten Bauarbeiten an Wasserfassung und Druckrohrleitung (DRL) beginnen. Betriebsleiter Ing. Schloffer betont im Hinblick auf die wirtschaftliche Wertschöpfungskette, dass an der Umsetzung des Neubaus bis auf eine Ausnahme nur heimische Unternehmen beteiligt waren.

STAHLWASSERBAU „MADE AND USED IN STYRIA“ Zur Erhöhung der auszunutzenden Nettofallhöhe bei gleichzeitiger Einhaltung der Vorgaben der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer versetzte man die Wasserfassung rund 180 m flussaufwärts von der bestehenden Wehranlage. Zum Stahlwasserbau der neuen Wehranlage zählen eine 14,3 m breite aufgesetzte Fischbauchklappe, Grob- und Feinrechen mit 30 beziehungsweise 3 cm Stababstand inklusive Rechenreinigungsmaschine (RRM) sowie mehrere Spül- und Einlaufschütze. Sämtliche beweglichen Bauteile am Querbauwerk verfügen dabei über hydraulischen Antrieb. Geliefert wurden die stahlwasserbaulichen Elemente allesamt von der steirischen S.K.M. GmbH, die bekannt ist für ihre ausgefeilten technischen Lösungen. Dass bei den Produkten des steirischen Maschinenbauers aus Kammern stets die Betriebssicherheit ganz oben steht, veranschaulicht die Reinigungseinrichtung des Feinrechens. S.K.M.-Geschäftsführer und Wasserkraftwerkbetreiber Sepp Köhl ist überzeugt vom doppelten Sicherheitskonzept der RRM. Diese verfügt je Entsanderkammer über einen Teleskoparm mit einer Putzbreite von jeweils 3 m sowie einer Putzlänge von 4 m. Sollte eine der zwei Entsanderkammern, zum Beispiel für Revisionszwecke außer Betrieb gesetzt sein, kann die zweite Entsanderkammer mit einer funktionierenden Rechenreinigung weiter betrieben werden. Dadurch bleibt in Folge auch der Kraftwerksbetrieb unbeeinflusst in Gang. Sowohl die Detailplanung der hydromechanischen Bauteile als auch deren Montage erledigten die erfahrenen Monteure exakt und fachgerecht innerhalb des gegebenen Zeitplanes.

DDie ie beiden beiden unabhängig unabhängig voneinander voneinander arbeitenden arbeitenden RRM RRM sichern sichern rund rund um um die die Uhr Uhr die die Triebwasserzufuhr Triebwasserzufuhr der der Turbinen. Turbinen. „Gerade „Gerade in in wirtschaftlich wirtschaftlich schweren schweren Zeiten Zeiten wie wie diesen diesen ist ist es es enorm enorm wichtig, wichtig, die die WartungsWartungs- und und Betriebskosten Betriebskosten eines eines Wasserkraftwerks Wasserkraftwerks so so gering gering wie wie möglich möglich zu zu halhalten“, ten“, bekräftigt bekräftigt S.K.M.-Geschäftsführer S.K.M.-Geschäftsführer Sepp Sepp Köhl. Köhl.

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Die HOBAS-GFK Rohre verlegte man auf einer rund 1.750 m langen Rohrtrasse völlig unterirdisch.

ÖKOLOGISCHE AUFWERTUNG Durch den Rückbau der alten Gewässerstufe erzielte man eine erhebliche ökologische Aufwertung im Projektbereich. Erstmals seit der Errichtung des Bestandskraftwerks sind Gewässerlebewesen durch das Querbauwerk nicht mehr in ihren Wanderbewegungen flussaufwärts eingeschränkt. Ermöglicht wird dies durch eine in Vertical-Slot-Bauweise errichtete Fischaufstiegshilfe, welche man mit dem bewährten System der MABA Fertigteilindustrie GmbH realisierte. Mittels 23 Becken überwinden die Wassertiere einen Höhenunterschied von fast 4 m. Gespeist wird der Fischaufstieg mit 159 l/s aus einem Teil der Pflichtwasserabgabe. Beim Entwurf der Beckengröße orientierten die Planer sich an den Leitfischarten Äsche und Bachforelle. Mit dem Einbau einer Wasserkraftschnecke neben dem Entsanderbauwerk reihen sich weitere Pluspunkte in das vorbildlich umgesetzte Gesamtkonzept des Querbauwerks. Die Schnecken-Turbine verwertet optimal

die nach Abzug der FAH-Dotation verbleibende Mindestrestwasserabgabe von rund 640 l/s und kann durch ihre großzügige Auslegung bis zu 2.000 l/s energetisch verarbeiten. Bei einer Engpassleistung von 57 kW erwarten die Betreiber ein jährliches Regelarbeitsvermögen von rund 0,2 GWh. Besonders interessant macht die Wasserkraftschnecke aber auch ihr fischfreundliches Funktionsprinzip, welches durch seine langsame Drehbewegung die Möglichkeit eines Fischabstiegs eröffnet. Zur Verwendung der vom niederländischen Hersteller „Spaans Babcock“ bezogenen Schnecke war lediglich der Einbau eines zusätzlichen Einlaufschützes erforderlich. „Neben der Herstellung der Durchgängigkeit führen die Dynamisierung des Abflusses in der Ausleitungsstrecke sowie gezieltes Geschiebemanagement zu weiteren Zustandsverbesserungen im Bereich des Projektgebietes“, beschreibt Peter Klampfl die zusätzlich umgesetzten Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung.

Technische Daten • Nettofallhöhe: ca. 23,4 m • Ausbauwassermenge gesamt: 6,5 m³/s • Turbinen: 2 x Francis-Spiral • Hersteller: Gugler Water Turbines GmbH • Schluckvermögen Turbine 1: 4 m³/s • Ausbauleistung: 865 kW • DN Laufrad: 850 mm • Schluckvermögen Turbine 2: 2,5 m³/s • Ausbauleistung: 540 kW • DN Laufrad: 680 mm

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• Generatoren: Synchron • Hersteller: Hitzinger • Nennscheinleistung: 900 kVA/ 550 kVA • Ausbauleistung: 819 kW/ 510 kW • Wasserkraftschnecke: Spaans Babcock • Ausbauleistung: 57 kW • Druckrohrleitung: GFK DN 2000 • Hersteller: HOBAS • Länge: ca. 1.750 m • Jahresarbeit im Regeljahr: ca. 6,9 GWh

Das Das GFK-System GFK-System überzeugt überzeugt durch durch einfaches einfaches Handling Handling bei bei ausgezeichneten ausgezeichneten Fließeigenschaften Fließeigenschaften und und langer langer Lebensdauer. Lebensdauer.

DRUCKROHRLEITUNG KOMPLETT AUS GFK Beim Rohrsystem setzte man auf das bewährte GFK-Rohrmaterial des Kärntner Herstellers HOBAS. Die hochwertigen Rohre sind leicht zu transportieren, mittels Muffenverbindung einfach zu verlegen und flexibel in der Handhabung. Leichte Kurven der Trassenführung lassen sich durch Abwinkelung in den Verbindungsmuffen erledigen beziehungsweise fertigt HOBAS schon werkseitig Schrägschnitte an. Für einen zügigen Baufortschritt erhalten die gefertigten Rohre eine Nummerierung und lassen sich nach der Anlieferung rasch und passgenau verlegen. Im Betrieb sorgt die extrem glatte Innenfläche für einen besonders niedrigen Reibungskoeffizienten und erzielt hervorragende Durchflusseigenschaften. Für die völlig neue, rund 1.750 m lange DRL lieferten die Kärntner ihr Rohrsystem in der Dimension DN 2000, der Druckstufe PN 6 und einer Steifigkeitsklasse von SN 10.000. Zur Rohrverlegung beauftragte man die G. Hinteregger & Söhne Bau-GmbH, welche im gleichen Zug auch die restlichen Baumeisterarbeiten für das neue Kraftwerk durchführte. KOMPLEXE ROHRVERLEGUNG Vom linksufrig angelegten Einlaufbauwerk weg verläuft die erdverlegte Rohrtrasse der DRL fast durchgängig im beliebten Feistritztalradweg. „Aufgrund beengter Platzverhältnisse, steiler Böschungen und der Erfordernis, dass die Rohrtrasse für Forstarbeiten mit schwerem Gerät befahrbar bleibt, wurde die DRL auf einer Länge von ca. 650 m mit einer Winkelstützmauer zur Feistritz gesichert. Trotz des Platzmangels ging die Rohr-


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verlegung den Umständen entsprechend zügig voran und konnte nach einer Bauzeit von rund einem dreiviertel Jahr erfolgreich abgeschlossen werden“, erklärt Peter Klampfl die aufwändigen Arbeiten. Obwohl das Krafthaus sich ebenfalls am linken Ufer befindet, erforderte eine Klammengstelle eine zweifache Gewässerquerung im Trassenverlauf. Eine spezielle Herausforderung stellte zudem die Versorgung des in den Frühlingsund Sommermonaten von der Feistritz gespeisten Stubenbergsees dar, einem stark frequentierten Ausflugsziel besonders in der warmen Jahreszeit. Weil der See für Badeaktivitäten zur Verfügung steht, gelten für das Gewässer besonders strenge Hygienerichtlinien. „Um die Wasserqualität des Stubenbergsees jederzeit garantieren zu können, wird das entnommene Feistritzwasser mit einer Phosphateliminationsanlage aufbereitet, die nur eine sehr geringe Trübung zulässt. Der Bauablauf musste daher, insbesondere bezüglich Arbeiten in der Feistritz, entsprechend optimiert werden und in ständiger Abstimmung mit der Gemeinde Stubenberg erfolgen“, erläutert Klampfl die zusätzliche Projektauflage. IDEALES MASCHINENGESPANN Der komplette Neubau des Kraftwerks Stubenberg hatte selbstverständlich nicht nur

Foto: Gugler

Projekte

Durch den Einsatz von zwei baugleichen, allerdings unterschiedlich groß dimensionerten Francis-Turbinen der GUGLER Water Turbines GmbH rechnen die Betreiber in Kombination mit der Wasserkraft-Schnecke mit einer jährliche Energieproduktion von rund 6,9 GWh.

ökologische Verbesserungen zur Folge. Mit dem auf 6,5 m³ gesteigerten Ausbaudurchfluss und dem Einsatz modernster Technik erhöht sich das jährliche Regelarbeitsvermögen von 4,6 GWh auf 6,9 GWh, genug Energie für rund 1500 Haushalte. Hauptverantwortlich für die Effizienzsteigerung des

Kraftwerks zeigen sich 2 hochwertige Francis-Turbinen der GUGLER Water Turbines GmbH. Der Traditionsbetrieb aus dem oberösterreichischen Goldwörth kann auf eine umfangreiche Referenzliste an realisierten Wasserkraftprojekten rund um den Globus verweisen und stellte seine Expertise mit der

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Projektleiter Klampfl erklärt die Funktionen der intelligenten Kraftwerkssteuerung anhand der Visualisierung am PC.

Fotos: zek

Als Energieerzeuger dienen zwei direkt in horizontaler Richtung an die Turbinenwelle gekoppelte Synchron-Generatoren des Herstellers Hitzinger.

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Lieferung optimal abgestimmter Maschinensätze unter Beweis. Beim jahreszeitlich bedingten schwankenden Wasserdargebot und einer mittleren Fallhöhe am Bestimmungsort erwiesen sich 2 unterschiedlich dimensionierte Spiralturbinen nach Francis-Bauweise als optimales Maschinengespann. Bei einer Nettofallhöhe von 23,4 m erzielt die größere Turbine bei einer Ausbauwassermenge von 4 m³/s eine Leistung von 865 kW, ihr kleiner dimensioniertes Gegenstück erreicht 540 kW bei einem Schluckvermögen von 2,5 m³/s. Geschäftsführer Alois Gugler bekräftigt das vielfach bewährte standardisierte Design seines Produktes, das bei besten Wirkungsgraden außerordentliche Wirtschaftlichkeit und lange Lebensdauer vereint. Zusätzlich zu den Turbinen lieferte und montierte GUGLER in jeweils doppelter Ausführung die Absperrklappen zum Anschluss an die DRL, die Hydraulikaggregate zur Turbinenregelung sowie die Generatoren. Als Energieerzeuger dienen 2 direkt in horizontaler Richtung gekoppelte Hitzinger-Synchrongeneratoren mit einer Nennscheinleistung von 900 und 550 kVA . VIEL RAUM FÜR MODERNE TECHNIK Das neue Krafthaus direkt gegenüber dem Altbestand errichtete man gemäß den statischen Verhältnissen am Standort in massiver Bauweise. Dadurch entstand ein großzügig angelegtes Gebäude mit montagefreundlichem Einbringungsbereich, dessen Zugänglichkeit sich schon beim Einbau der hydroelektrischen Bauteile als höchst praktikabel erwies. Die per LKW zugestellten Kraftwerkskomponenten konnten bei der Anlieferung direkt durch den Hallenkran von der

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Ladefläche gehoben und unmittelbar danach eingebaut werden. Nach der Montage steht für Wartungstätigkeiten am Maschinensatz weiterhin genug Platz zur Verfügung. Obwohl das Alt-Kraftwerk offiziell nur mehr als technischer Zeitzeuge dienen soll, finden zwei seiner Kernbauteile weiterhin ihren Verwendungszweck. Zum einen erfolgt die Triebwasserrückführung durch eine Anbindung an den bestehenden Unterwasserkanal. Zum anderen befindet sich die weiterhin genutzte Mittelspannungsschaltanlage in einem Nebenraum des Bestandskraftwerks. AUTOMATISIERTE STROMERZEUGUNG Mit der Planung, Lieferung, Montage und Inbetriebsetzung der elektrotechnischen Ausstattung beauftragte man die EQOS Energie Österreich GmbH. Als Partner für die Kraftwerksleittechnik wurde die MGX Automation GmbH gewählt. Beide Unternehmen gelten im Kleinwasserkraftsektor als Spezialisten für kundenspezifische Lösungen. Zum Liefer- und Leistungsumfang gehörten, abgesehen von den Generatoren, die gesamte elektrotechnische und leittechnische Ausrüstung sowie der im Krafthaus untergebrachte 1.600 kVA-Transformator. Das innovative Leittechnikkonzept ist stark dezentralisiert und vernetzt alle Kraftwerksteile intelligent miteinander. Es gewährleistet neben dem vollautomatischen Anlagenbetrieb eine höchst effektive Ökostromproduktion. Der Fernzugriff auf die ergonomische Anlagenvisualisierung mit sämtlichen Kraftwerksdaten erfolgt, wie bei MGX üblich, in gewohnt hoher Qualität über sichere VPN Verbindungen.


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Fotos: zek

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Außen- und Innenansicht des Schaukraftwerks.

Durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit von EQOS Energie und MGX Automation konnten alle Kundenwünsche zur vollsten Zufriedenheit erfüllt werden. INBETRIEBNAHME DEZEMBER 2015 Nach etwa einjähriger Bauzeit fand am 3. Dezember des Vorjahres die offizielle Inbetriebnahme des neuen Kleinkraftwerks an der Feistritz statt. Als Teilnehmer fanden sich

neben den Gästen aus Politik und Wirtschaft zahlreiche Vertreter der am Bau beteiligten Unternehmen ein. Der Höhepunkt der Veranstaltung war selbstverständlich das erfolgreiche erste Andrehen der Turbinen, das gleichzeitig – darin waren sich die Gäste einig - den Abschluss eines gelungenen Projektes markierte. Nach der erfolgreich abgeschlossenen Probephase arbeitet das Kraftwerk schon seit Jah-

resbeginn im Regelbetrieb. Vermehrte Aufmerksamkeit erhält nun das historische AltKraftwerk. Die aufwändige Renovierung des Schaukraftwerks steht kurz vor der endgültigen Fertigstellung und wird seine Pforten danach wieder für interessierte Besucher offen halten. Das Kraftwerk Stubenberg blickt mit viel Zuversicht in das zweite Jahrhundert seines Bestehens.

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Projekte

TURBINENREVITALISIERUNG BEWIRKT LEISTUNGSSCHUB FÜR KRAFTWERK HALLWEGER Foto: zek

1968 errichtete der Großvater von Johann Hallweger jun. ein Kleinkraftwerk im oberbayerischen Ruhpolding, welches er mittlerweile gemeinsam mit seinem Vater betreibt. Nach 47 Betriebsjahren war es höchste Zeit für eine Generalüberholung für die auf 3,2 m³/s Ausbaudurchfluss ausgelegte Kaplan-Turbine geworden. Natürliche Verschleißerscheinungen und Materialermüdung hatten besonders den Laufradschaufeln des Turbinensatzes zugesetzt. Den Auftrag zur Revitalisierung erteilten die Betreiber dem unter anderem auf Revitalisierungen spezialisierten Traditionsunternehmen Geppert aus Tirol. Dass man sich zur Generalüberholung der Turbine den richtigen Partner ausgesucht hat, beweist die enorm verbesserte Leistungsfähigkeit nach der Sanierung.

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SCHADEN GRÖSSER ALS ERWARTET Beim Ausbau der Turbine am 28. Jänner 2015 stellte sich heraus, dass die Sanierungsmaßnahmen sich nicht auf die stellenweise bereits papierdünnen Laufradschaufeln beschränken würden. So klaffte zwischen Laufrad und Laufradmantel ein bereits 6 mm breiter Spalt. „Mit diesem Verschleiß erhöhte sich über die Zeit das Schluckvermögen. Die

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Betreiber Johann Hallweger jun. und sen. sind mehr als zufrieden mit der erfolgreichen Revitalisierung. Bei gleicher Durchflussmenge erhöhte sich die Leistung der Kaplan-Turbine um 20 kW.

Die Firma Aigner Maschinenbau aus dem nahegelegenen Traunreut lieferte einen hydraulischen Rechenreiniger in Knickarmausführung.

Foto: zek

ass sich zwischen den bayerischen Kraftwerksbetreibern und den Tiroler Turbinenbauern eine gute Geschäftsbeziehung entwickeln würde, stand für die Hallwegers schon früh fest. Den Anfang dazu machte Geppert Revitalisierungsprofi Ing. Bernhard Zimmerling im Rahmen einer ersten Begutachtung des Maschinensatzes Ende 2014. Dabei zeichnete sich bereits ab, dass an den Laufschaufeln der KaplanTurbine umfangreiche Sanierungsschritte durchgeführt werden müssen. Vollends überzeugt waren die Betreiber schließlich nach einem Besuch am GeppertUnternehmenssitz bei Hall in Tirol: „Die Werkstätten und die professionelle Herangehensweise haben uns sofort sehr zugesagt. Mit diesem guten Eindruck konnten wir den Auftrag bedenkenlos an die Tiroler vergeben“, erklärt Johann Hallweger sen.

Turbinenleistung reduzierte sich sukzessive geringfügig, der Wirkungsgrad jedoch brach schlagartig ein. Zusätzlich haben Kavitationseinflüsse von fast 50 Betriebsjahren deutliche Spuren am Laufradmantel hinterlassen, weswegen dieser Bauteil gänzlich neu angefertigt werden musste“, beschreibt GeppertProjektleiter Ing. Gabriel Schöpf den zusätzlichen Arbeitsaufwand von rund 1 Monat. Völlig neu angefertigt wurden zudem die 4 Laufschaufeln aus verschleißfesten Edelstahl 1.4313, die Lagerbuchsen an den Leitschaufeln, die Lagerbolzen am Stellring sowie die Zwischenhebel inklusive wartungsfreier Buchsen. Zusätzlich baute man neue Wellendichtungen ein und sorgte für den Korrosi-


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Prrojekte

Projektleiter Ing. Gabriel Schöpf koordinierte sämtliche Schritte der Turbinenrevitalisierung.

Fotos: Geppert

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onsschutz der Turbine. Außerdem waren der Tausch zweier Turbinenlager und Anpassungsarbeiten am Laufrad sowie am Turbinendeckel auf der Saugseite nötig. ZWANGSPAUSE OPTIMAL GENUTZT Den zusätzlichen Anlagenstillstand von 4 Wochen wegen der aufwändigen Neuanfertigung des Turbinenmantels nutzten die Betreiber optimal aus. Somit stand mehr Zeit zur Verfügung für den Austausch der alten Seilzug-Rechenreinigungsmaschine (RRM) und ein Service am riemengetriebenen Generator. Geliefert beziehungsweise durchgeführt wurden die Arbeiten von der Aigner Maschinenbau GmbH aus Traunreut, mit welcher die Hallwegers schon bei diversen Aufträgen für den Sägewerksbetrieb der Familie gute Erfahrungen gemacht hatten. Für den Schutzrechen fertigte die Firma Aigner einen hydraulischen Rechenreiniger in massiver Knickarmausführung. Dieser verfügt über eine Putzbreite von 3 m sowie eine Putztiefe von 5 m und hält den Einlaufbereich des Kraftwerks zuverlässig frei von Schwemmmaterial. Zusätzlich installierten die Maschinenbauer das Hydraulikaggregat zum Antrieb des Rechenreinigers und tauschten die schadhaften Lager der Generatorwelle. ENORME LEISTUNGSSTEIGERUNG Die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks fand nach etwas mehr als zweimonatiger „Maschinenkur“ am Karfreitag des Vorjahres statt. In-

wiefern sich der Revitalisierungsaufwand der Kaplan-Turbine hinsichtlich ihres Leistungsvermögens bezahlt gemacht hat, beschreibt Ing. Schöpf folgendermaßen: „Gemäß Typenschild hat man die Turbine 1967 auf eine Leistung von 150 kW ausgelegt. Abzüglich der normalen Verluste durch Generator und Riementrieb konnten im Normalbetrieb allerdings maximal 130 kW elektrische Leistung erzielt werden. Seit dem Einbau der neuen Laufschaufeln werden an den Generatorklemmen nun bis zu 150 kW an elektrischer Leistung abgegeben. Zudem ist dem Betreiber aufgefallen, dass die Turbine ihre optimierte Maximalleistung nun auch bei deutlich geringerer Durchflussmenge erreicht.“ Der Projektleiter rechnet vor, dass die erzielte Leistungssteigerung von 20 kW einer Verbesserung von etwa 15% gegenüber dem Auslieferungszustand der Turbine vor gut 50 Jahren entspricht. Rückzuführen sei diese Wirkungsgradsteigerung auf die Weiterentwicklungen der hydraulischen Laufschaufelgeometrien. BETREIBER LOBEN GEPPERT Es erscheint wenig überraschend, dass sich die Kraftwerksbetreiber vollauf zufrieden mit den durchgeführten Leistungen zeigen. Johann Hallweger jun. merkt an, dass man beim letztjährigen Rekordsommer mit ungewöhnlich geringen Niederschlagsmengen „in Sachen Stromproduktion mit der nicht-sanierten Turbine ordentlich in die Knie gegangen wäre.“ Dennoch war die Energieausbeute dank der durchgeführten Revitalisierung sogar sehr zufriedenstellend. Während man vor den Umbauarbeiten jährlich rund 1. Mio. GWh Strom erzeugte, waren es im Vorjahr trotz mehrmonatigem Anlagenstillstand in Verbindung mit den geringen Durchflussmengen noch immer mehr als 800.000 kWh. Ein positives Fazit zieht auch Projektleiter Ing. Gabriel Schöpf beim Gespräch mit zek Hydro: „Die Umsetzung des Projektes war durchwegs anspruchsvoll und definitiv keine leichte Herausforderung. Mit der erzielten Leistungssteigerung und dem zufriedenen Kunden zeigt sich aber, dass unser Team offensichtlich hervorragende Arbeit abgeliefert hat.

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Foto: Tschurtschenthaler

Eine zwei-düsige Peltonturbine aus Südtiroler Herstellung bewährt sich in neuem rumänischen Kleinwasserkraftwerk Baru in Siebenbürgen.

SÜDTIROLER WASSERKRAFTTECHNIK BESTEHT BEWÄHRUNGSPROBE IN TRANSSYLVANIEN Nach wie vor gilt Rumänien als eines der interessantesten Wasserkraftländer Europas. Gerade in den letzten zehn Jahren sind hier zahlreiche neue Kraftwerke – von klein bis mittelgroß – realisiert worden. Und dies zu einem großen Teil mit Technik und Know-how aus den Alpen. Das trifft auch auf das neue Kleinkraftwerk Baru in Siebenbürgen zu, welches von einem erfahrenen Wasserkraftspezialisten aus den Dolomiten ausgerüstet wurde: Die Firma Tschurtschenthaler aus dem Südtiroler Sexten lieferte neben dem Stahlwasserbau auch die zwei-düsige Peltonturbine für die Anlage mit rund 1 MW Leistung. Sämtliche Bewährungsproben bis zur erfolgreichen Inbetriebnahme vergangenes Jahr konnte das Familienunternehmen souverän meistern.

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m Anschluss an die Liberalisierung des rumänischen Strommarkts 2004 gewann der Ausbau der Kleinwasserkraft im Land rasch an Dynamik. Zwar ist der anfängliche Schwung aus mehrerlei Gründen in den letzten Jahren wieder ein wenig abgeflaut, dennoch zählt Rumänien nach wie vor zu den interessantesten Wasserkraftländern Europas. Schließlich stellen sich die Voraussetzungen nachgerade ideal dar, das Potenzial ist dank der vorherrschenden Topographie und dem Wasserreichtum enorm. Das theoretische Erzeugungspotenzial, kalkuliert auf Basis von 30-jährigen Messdaten, liegt bei sagenhaften 70 TWh. Knapp die Hälfte davon sind nach Angaben der rumänischen KleinwasserkraftVereinigung ROSHA technisch und ökologisch realisierbar.

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GEMEINDE MIT WASSERREICHTUM Eines der jüngsten der erfolgreich verwirklichten Kleinkraftwerksprojekte findet sich in der Gemeinde Baru im Landkreis Hunedoara in Siebenbürgen. Die alte deutsche Übersetzung des Namens lautet übrigens GrossElephant, wobei diese Namensfindung nicht eindeutig erklärt werden kann. Die Gemeinde, deren wirtschaftliche Standbeine die Baustoffindustrie, der Manganerzabbau, sowie der Fremdenverkehr bilden, liegt eingebettet in der historischen Region Hatzeger Land zwischen dem Sureanu-Gebirge im Nordosten und dem Retezat im Südwesten. Hohe Gipfel aber auch sanfte Hügel prägen das landschaftlich reizvolle Panorama. Baru genießt auch den Vorzug großen Wasserreichtums. In der Gemeinde fließen die drei Ge-

wässer Petros, Munceul und Crivadia, die in ihrem weiteren Verlauf zur bekannten Strell werden. Weniger bekannt ist der kleine Gebirgsfluss Barisor. An diesem wurde nun das neue Kleinwasserkraftwerk Baru errichtet – eine Anlage, die modernste und zugleich hoch robuste Wasserkrafttechnik in sich vereinigt. Wesentlich verantwortlich für die erfolgreiche Umsetzung war dabei die Firma Tschurtschenthaler aus Sexten, die ihren guten Ruf zusehends mehr auch außerhalb Mittel- und Zentraleuropas bestätigt. FLEXIBILITÄT ÜBERZEUGT INVESTOR Konkret handelt es sich beim KW Baru um ein Hochdruckkraftwerk, das sein Triebwasser über ein Tirolerwehr, welches ebenfalls von


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Foto: Tschurtschenthaler

Projekte

Foto: Tschurtschenthaler

Die Wasserfassung wurde einfach und gut überlegt realisiert. Nicht immer müssen hochmoderne Konstruktionen die Ideallösung sein. Die Stauklappe stammt auch von der Firma Tschurtschenthaler.

der Firma Tschurtschenthaler geliefert wurde, fasst. Nach dem Entsanderbauwerk gelangt das Wasser in die Druckrohrleitung. Diese wurde aus GFK-Rohren DN600 errichtet und vollständig unterirdisch verlegt. Über beachtliche 5,2 km erstreckt sich die Rohrleitung von der Fassung bis zum Krafthaus. Darin befindet sich ein moderner Maschinensatz – bestehend aus einer zwei-düsigen Peltonturbine aus dem Hause Tschurtschenthaler und einem Marelli-Synchrongenerator. Ausgelegt wurde die Turbine von den Südtiroler Wasserkraftspezialisten auf eine Ausbauwassermenge von 520 l/s und eine Fallhöhe von 252 m. Dabei erreicht die moderne Hochdruckturbine eine Nennleistung von 1.060 kW. Warum sich der Kunde – ein italienischer Wasserkraft-Investor – für die Technologie aus dem Hause Tschurtschenthaler entschieden hatte, beruhte auf mehreren Gründen: Zum einen gefiel dem Investor die hohe Flexibilität des Südtiroler Turbinenbauers, der trotz voller Auftragsbücher eine Lieferzeit von vier Monaten garantieren konnte. Darüber

Das neue Krafthaus in der Gemeinde Baru in Siebenbürgen

hinaus war er auch prompt von der hohen Qualität der Produkte angetan, speziell nachdem er sich zwei kürzlich in Südtirol realisierte Referenzanlagen angesehen hatte. Und nachdem er sich persönlich von den bekannten Handschlagqualitäten im Haus Tschurtschenthaler überzeugen konnte, war der Auftrag unter Dach und Fach. LAUFRAD MIT SPEZIELLER LAGERUNG Dennoch erwies sich die Abwicklung des Projektes als keineswegs einfach. Vor allem logistische Probleme beim Transport wurden zur Herausforderung. „Die Straßenverhältnisse in dieser Region waren zum Teil eben unzureichend. Einmal standen wir vor dem Problem, dass eine Brücke zu klein war. Sie musste letztlich großräumig umfahren werden“, erzählt die Geschäftsleitung Tschurtschenthaler. Die Montage verlief im weiteren Verlauf aber vollkommen reibungslos. Dank eines italienisch und rumänisch sprechenden Ingenieurs vor Ort funktionierte die Baustellenkoordination einwandfrei.

Bei der technischen Konstruktion der neuenAnlage wurde einmal mehr auf die altbewährte 4-Lager-Anordnung zurückgegriffen. Diese ist zwar technisch etwas aufwändiger, aber grundsätzlich unkomplizierter, wie die langjährige Betriebserfahrung zeigt. Anlagen dieser Bauweise laufen bereits seit einigen Jahrzehnten ohne jegliche Reparaturen. Für die Firma Tschurtschenthaler stellte der Auftrag im rumänischen Transylvanien keineswegs ein „Abenteuer“ dar, vielmehr zeigte das mittelständische Wasserkraftunternehmen aus den Dolomiten, dass sich seine Technik auch an den Gewässern Siebenbürgens hervorragend bewährt. Mittlerweile liebäugelt man mit weiteren Projekten in der so wasserreichen Gegend, wenngleich Investoren und Wasserkraftbetreiber heute immer häufiger von einem sehr hohen bürokratischen Aufwand und gewissen Risiken sprechen. Jene Faktoren, die der großen Dynamik am rumänischen Kleinwasserkraftmarkt aktuell ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen.

Technische Daten • Genutztes Gewässer: Barisor

• Ort: Baru (Rumänien)

• Ausbauwassermenge: je 520 l/s

• Fallhöhe: 252 m

• Turbine: 2-düsige Pelton

• Fabrikat: Tschurtschenthaler

• Nennleistung: 1.060 MkW

• Drehzahl: 750 Upm

• Generator: Synchrongenerator

• Fabrikat: Marelli Motori

• Nennscheinleistung: 1.200 kVA

• Nennspannung: 690 V

• Kugelhahn: DN400

• Druckklasse: PN40

• Druckrohrleitung: Material: GFK

• Länge: rd. 5.200 m Ø DN600

• Regelarbeitsvermögen: 4,5 GWh

Gewerbezone Schmieden Sonnwendweg 19 I-39030 Sexten (BZ) Tel. +39 0474 710 502 info@turbinenbau-sexten.it www.turbinenbau-sexten.it

Fax +39 0474 710 133 turbinenbau@legalmail.it

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Technik

MITTELNORWEGISCHES KRAFTWERK GEHT MIT BEWÄHRTER MASCHINENTECHNIK ANS NETZ Seit Mai letzten Jahres kann die mittelnorwegische Provinz Nord-Trøndelag auf einen neuen zuverlässigen Ökostromerzeuger verweisen. In der Gemeinde Røyrvik unweit zur schwedischen Grenze hat der Energieversorger Norsk Grønnkraft AS ein Hochdruckkraftwerk am Fluss Nyvikelva errichtet, das Strom für 300 regionale Haushalte bereitstellt. Das garantiert das installierte Maschinengespann, das aus einer Francis-Turbine des norwegischen Wasserkraftspezialisten Spetals Verk und einem hochwertigen Synchrongenerator der österreichischen Firma Hitzinger besteht. Die norwegischösterreichische Maschinentechnik ist dabei auf eine Leistung von rund 2,1 MW ausgelegt.

MASCHINENGESPANN MIT BEWÄHRTER VORGESCHICHTE Das neueste Kleinkraftwerk wurde nun in Røyrvik am Fluss Nyvikelva realisiert. Verantwortlich dafür zeichnet die Norsk Grønnkraft AS, die mittlerweile 38 Wasserkraftwerke in Norwegen betreibt und damit zu den zwei größten Wasserkraftbetreibern Norwegens zählt. Seit Ende 2014 ist das Unternehmen Teil der deutschen Beteiligungsgesellschaft Aquila Kapital.

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Seit Mai letzten Jahres erzeugt das Maschinengespann im Kraftwerk Nyvikelva - bestehend aus einer Turbine des norwegischen Herstellers Spetals Verk und einem HitzingerGenerator - sauberen Strom in der mittelnorwegischen Provinz Nord-Trøndelag, im Jahr rund 6,8 Gigawattstunden.

Vor vier bis fünf Jahren hatte Norsk Grønnkraft mit der Planung des Kleinwasserkraftwerks an der Nyvikelva begonnen. Seinen Abschluss fand das Projekt Anfang Mai 2015 mit der offiziellen Inbetriebnahme der neuen Anlage. Der Auftrag über die elektromechanische Ausrüstung wurde im März 2014 unterzeichnet. Wie bereits für die Anlagen Havdalen und Svartvann lieferte Spetals Verk die Turbine, während der passende Generator vom österreichischen Traditionshersteller Hitzinger in den Hohen Norden geliefert wurde. Das bewährte Gespann sollte nun im Falle des neuen Kraftwerks Nyvikelva erneut zum Einsatz kommen. GFK ALS ROHRMATERIAL DER WAHL Das Einzugsgebiet des Flusses Nyvikelva, der aus dem umgebenden Hochland kommt, beträgt rund 40 Quadratkilometer. Für den Kraftwerksbetrieb steht der Anlage eine nutzbare Ausbauwassermenge von 3,0 m3/s zur Verfügung. Das Triebwasser wird durch eine 850 m lange Druckrohrleitung, die zur

Foto: Spetals Verk

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it 0,32 Einwohnern pro Quadratkilometer gilt Røyrvik als die am zweitwenigst dichtbesiedelte Gemeinde Norwegens. Sie ist Teil des vier Gemeinden umspannenden Nationalparks Børgefjell, der sich bis an die Grenze zu Schweden erstreckt. Die charakteristischen Gebirgszüge und viel unberührte Natur prägen das Land. In Hinblick auf einen nachhaltigen Schutz für Natur und Landschaft genießt eine ökologisch vertretbare Stromproduktion in der Region hohe Akzeptanz und Zustimmung. Aus diesem Grund kommt der Wasserkraft im Nordwesten der Fylke – was soviel wie Provinz bedeutet – Nord-Trøndelag eine gehobene Bedeutung zu. In der Region wurden bereits in den 1960er und 1970er Jahren größere Anlagen errichtet. In den vergangenen Jahren wurden mit den Kraftwerken Havdalen und Svartvann auch moderne Kleinwasserkraftwerke errichtet, um nur zwei zu nennen.

Gänze unterirdisch verlegt wurde, bis zum Maschinenhaus geführt. Bei den eingesetzten Rohren handelt es sich um Rohrsysteme aus glasfaserverstärktem Kunststoff mit einem Durchmesser von DN1200. Das Krafthaus, das mit seiner Holzfassade möglichst naturnah in die Landschaft integriert wurde, befindet sich 460 m über dem Meer. Im Inneren des Maschinenhauses befindet sich das Herz der Anlage, welches optimal an die Gegebenheiten vor Ort angepasst wurde. „Dieses Maschinenarrangement ist typisch und eigentlich die einzige wirkliche Alternative für diese Kombination aus Fallhöhe und Wassermenge“, erklärt dazu der Geschäftsführer von Spetals Verk Magnus Jonassen. Einmal mehr kam aus seinem Hause die bewährte Francis Common Blade Turbinentechnologie zum Einsatz. OPTIMAL ANGEPASST Konkret wurde die Maschine von den Turbinenspezialisten aus Süd-Ost Norwegen auf eine Ausbauwassermenge von 3,0 m3/s und


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Technik

eine Fallhöhe von 79,7 m ausgelegt. Die Nennleistung der Turbine beträgt 2.139 kW. Für die nötige Spannung sorgt der direkt gekoppelte Synchrongenerator der Firma Hitzinger, der bei einer Drehzahl von 750 Upm auf eine Nennleistung von 2.350 kVA ausgelegt ist. „Tradition, Erfahrung, Qualität und PreisLeistung“, nennt Magnus Jonassen als die vier stärksten Argumente, die letztlich für die Wahl eines Hitzinger-Generators sprachen. Was allerdings auch ein wichtiger Punkt ist, der beinahe schon zum Markenzeichen des österreichischen Generator-Herstellers geworden ist: Jede einzelne Maschine wird perfekt an die Einsatzbedingungen angepasst und dahingehend optimiert. Speziell der so entscheidende Anteil des Elektroblechs wird bei Hitzinger für eine Maschine stets so definiert, dass die Verlustdichte auf ein Minimum beschränkt bleibt. Aus diesem Grund weisen die Generatoren auch sehr hohe Wirkungsgrade auf. Die speziell für das KW Nyvikelva designte Maschine kommt sogar im Teillastbereich auf Wirkungsgrade von 97% und knapp darüber. In Relation zum Generatorgewicht von 11 Tonnen bringt die 8-polig ausgeführte Maschine die sehr hohe Leistung von 2.350 kVA. SPEZIELLE HEIZUNG ERLEICHTERT „KALTSTART“ Was die spezifische Sonderausstattung des Maschinensatzes angeht, so wurde der Generator in Hinblick auf die Beherrschung möglicher Druckstoßszenarios werksseitig mit einer Schwungscheibe ausgestattet. Die Scheibe hat einen Durchmesser von 1.920 mm und ein Gewicht von ungefähr 3,5 Tonnen. Somit ergibt sich ein gesamtes Trägheitsmoment von etwa 1.900 kgm2. Auch dem strengen skandinavischen Klima wurde bei der Konzeption des Generators Rechnung getragen. Wie die Ingenieure von Hitzinger erklärten, habe man eine neue Art von leistungsfähigeren Stillstands-

Foto: Spetals Verk

Im Osten der mittelnorwegischen Provinz Nord-Trøndelag liegt die äußerst dünn besiedelte Gemeinde Røyrvik, wo das neue Kleinkraftwerk Nyvikelva realisiert wurde.

Rund 40 Quadratkilometer Einzugsgebiet weist der Fluss Nyvikelva im Osten von Mittelnorwegen auf.

heizungen installiert. Diese erlaubt auch bei subarktischen Temperaturen einen problemlosen Re-Start nach einem Stillstand in der kalten Jahreszeit. STROM FÜR 300 HAUSHALTE Mittlerweile beweisen das norwegisch-österreichische Maschinengespann im neuen Krafthaus von Røyrvik ihre hohe Qualität und Verfügbarkeit über Monate hinweg. Seit Mai letzten Jahres liefert das neue Kleinkraftwerk am Fluss Nyvikelva zuverlässig sauberen Strom ins Netz von Norsk Grønnkraft AS. In Summe speist das Kraftwerk durchschnittlich rund 6,8 GWh pro Jahr ein. Diese Strommenge reicht aus, um aktuell circa 300 mittelnorwegische Haushalte zu versorgen. Der Stromertrag liegt also deutlich über dem Bedarf der knapp 500 Bewohner der dünn besiedelten Nationalpark-Gemeinde. Wie in vielen anderen Ländern auch, war für die Betreiber von Norsk Grønnkraft AS ein wesentlicher Aspekt, dass das Kraftwerk von staatlicher Seite über ein spezielles Zertifikate-Modell gefördert wird. Auf diese Weise konnte die Wirtschaftlichkeit sichergestellt werden. Basierend auf der großen Erfahrung der Kraftwerksbetreiber konnte trotz des gegebenen wirtschaftlichen Drucks eine sehr hochwertige Ausführung gewährleistet werden, die einen verlässlichen und effektiven Betrieb der Anlage für die nächsten Jahrzehnte garantiert.

Technische Daten Ausbauwassermenge: 3,0

m3/s

Einzugsgebiet: 40 km2 Fallhöhe: 79.7 m

Turbine: Francis Common Blade

Fabrikat: Spetals Verk

Ausbauleistung: 2.139 kW

Drehzahl: 750 Upm

Generator: Synchrongenerator

Fabrikat: Hitzinger

Generatorleistung: 2.350 kVA

Nennstrom: 1.966 A

Nennspannung: 690 V

Überdrehzahl: < 30 sec: 1.503 Upm

Cos phi: -0,86 bis +0,95

Gewicht: 11 to

Schwungscheibe: Ø1.920 mm

Gewicht: 3,5 to

Druckrohrleitung: Länge: 850 m Ø DN1200

Material: GFK

Regelarbeitsvermögen: ca. 6,8 GWh

Foto: Norsk Grønnkraft

Genutztes Gewässer: Nyvikelva (Nor)

Das neue Kraftwerk Nyvikelva ist eines von 38 Wasserkraftwerken des norwegischen Energieversorgers Norsk Grønnkraft AS, der heute Teil der deutschen Beteiligungsgesellschaft Aquila Kapital ist.

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HYDRO

Veranstaltung

Fotos: TRM

Die Teilnehmer zeigten sich sehr zufrieden mit dem Programm des internationalen Fachkongress zu Gussrohr-Systemen, der Mitte März erstmals in Wien stattfand.

INTERNATIONALER FACHKONGRESS GUSSROHR-SYSTEME Mit rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 14 Nationen fand am 14. und 15. März 2016 in Wien erstmals ein großer internationaler Fachkongress zu Gussrohr-Systemen statt. Veranstalter waren Austrian Standards gemeinsam mit den relevanten Komitees und Arbeitsgruppen der europäischen und der internationalen Normungsorganisationen CEN bzw. ISO. Co-Veranstalter war der europäische Gussrohrverband EADIPS/FGR (European Association for Ductile Iron Pipe Systems).

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em Publikum – Vertreter aus den Bereichen Wasserwirtschaft, Planung, Bauindustrie und Wissenschaft - wurde ein umfassender Überblick über die Leistungsfähigkeit der Branche geboten. Dabei standen aber nicht nur die Eigenschaften und Technologien des Werkstoffs duktiles Gusseisen und seiner Systemkomponenten Rohre, Formstücke und Armaturen im Mittelpunkt. Den Schwerpunkt bildeten die Beiträge der Industrie zu effizientem Netzmanagement öffentlicher Ver- und Entsorgungsbetriebe sowie zu ökonomischer und ökologischer Nachhaltigkeit in der Wasserwirtschaft. VIELFÄLTIGES PROGRAMM Abgerundet wurde das Programm durch Einblicke in verschiedene Hochleistungsbereiche, in denen duktile Gussrohr-Systeme eingesetzt werden. Unter anderem kamen industrielle Feuerlöschsysteme, grabenlose Verlegung und die zunehmende Bedeutung der Wasserkraft als Anwendungsgebiet zur Sprache. Vier thematisch geordnete "Sessions" wurden von hochrangigen Referenten und sachkundigen Moderatoren gestaltet. Das Publikum zeigte sich sehr angetan von Inhalt und Verlauf des Kongresses.

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TRM PRÄSENTIERT REFERENZPROJEKT Die Tiroler Rohre GmbH war als Mitglied des wissenschaftlichen Komitees bei der Organisation des Gussrohrkongresses maßgeblich beteiligt. Zugleich konnten die Repräsentanten der Tiroler Rohre GmbH durch interessante Vorträge die Technologieführerschaft des Unternehmens im Bereich Hochdruckanwendungen und Spezialanwendungen unter Beweis stellen. Dazu präsentierte man unter anderem das tirolerische

Kraftwerksprojekt Kanzingbach (zek berichtete ausführlich in Ausgabe 04/2015, S. 2127). In Zusammenarbeit mit dem Betreiber TIWAG entwickelte man dabei einen modifizierten, hoch beanspruchbaren Werkstoff für das Wasserkraftwerk. Das eingesetzte Gussmaterial zeichnet sich vor allem durch sicheres und gutmütiges Versagensverhalten („Leck vor Bruch“, optimierte Bruchzähigkeitseigenschaften) aus. Eine Neuauflage des Kongresses ist in zwei bis drei Jahren geplant.

Hoch beanspruchbare Gussrohre für das Kraftwerk Kanzingbach von TRM.


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Projekte

Im neuen Kraftwerk Neuägeri kommt eine Diagonalturbine aus dem Hause Geppert zum Einsatz. Dank ihrer speziellen Konzeption erreicht die Anlage nach dem Umbau eine Ertragssteigerung von 20 bis 30 Prozent. Rundum zufrieden mit dem neuen Maschinensatz zeigen sich Betreiber René Koch, Planer Marco Weisskopf und Anlagenwart Walter Hürlimann (v.l.).

FRÜHINDUSTRIELLES GEBÄUDEENSEMBLE BETRITT NEUE ÄRA DER ÖKOSTROMERZEUGUNG Exakt 100 Jahre hatte die Turbine im Untergrund der alten Spinnerei Neuägeri im Kanton Zug ihren Dienst versehen. Im vergangenen Jahr trat sie ihren wohlverdienten Ruhestand an, um in Hinkunft nur noch musealen Zwecken zu dienen. Außerhalb des denkmalgeschützten Gebäudes, völlig unsichtbar im Untergrund verborgen, wurde als Ersatz ein neues Kraftwerk errichtet. Ausgerüstet mit einer modernen Geppert-Diagonalturbine nutzt die Anlage nun hoch effizient die Kraft der Lorze. Jährlich erzeugt das neue Kleinkraftwerk 1,7 GWH, die Ertragssteigerung beträgt mindestens 20% bis 32 %

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nterägeri und dessen Weiler Neuägeri verdanken ihre Entwicklung ganz wesentlich der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. 1836 nahm in Unterägeri die erste Spinnerei im Kanton Zug ihren Betrieb auf. 1.200 Spindeln, angetrieben von einem 30 PS starken Wasserrad, drehten sich fortan in dem „Innere Spinnerei“ genannten Werk Tag und Nacht. Die Entwicklung der noch jungen Textilindustrie verlief rasant. Schon wenige Jahre später, 1846, wurde in Neuägeri ein weiteres Fabriksgebäude errichtet: die so genannte „Äußere Spinnerei“ mit über 10.000 Spindeln. Um die Wasserräder zuverlässig mit dem nötigen Triebwasser zu versorgen, wurde 1857 der Seerechtsvertrag unterzeichnet, wonach die Spinnerei das Recht eingeräumt wurde, den Abfluss des Seewassers aus dem Ägerisee über die Lorze zu regulieren. Somit wurde der Ägerisee zu einem Staubecken für die Textilindustrie im Ägerital. Der Vertrag hat bis zum heutigen Tag seine Gültigkeit.

WASSERKRAFT ÜBERLEBT TEXTILÄRA Nachdem in den späten 1850er Jahren das Bett der Lorze tiefergelegt worden war und diese mit einem durchgehenden Gefälle von 7 Promille den Spinnereien zugeleitet wurde, erfolgte 1860 die Fusion der beiden Spinnereien. „Äußere“ und „Innere Spinnerei“ gehörten von nun an zusammen. Immer breitere Bedeutung kam in der Folge der Wasserkraftnutzung zu. Bei der Inneren Spinnerei wurde ein 18 m tiefer Vertikalschacht in den Felsen getrieben, um ganz unten eine neue Turbine zu installieren. Darüber hinaus wurde zwischen 1868 und 1872 ein 630 m langer Stollen mit rund 2 Meter Durchmesser ausgebrochen. Er endet an der Fassung für das Kraftwerk Neuägeri. Mitte der 1880er Jahre hielt die Elektrifizierung Einzug, die Spinnereien wurden von Gaslicht auf elektrische Beleuchtung umgestellt. Den dafür erforderlichen Strom lieferten die Turbinen in den beiden Anlagen. 1914/1915 wurde in Neuägeri die neue Turbine einge-

baut. Bei einem Gefälle von 14,3 Metern und einer Ausbauwassermenge von 2‘200 l/s kam die Maschine auf 340 PS. Sie sollte über ein ganzes Jahrhundert laufen und damit auch die große Ära der Textilindustrie überleben. „Ende der 1970er Jahre zeichnete sich deutlich ab, dass die Garnproduktion zusehends unrentabel wurde. Bevor man zu tief in die roten Zahlen rutschte, wurden die Spinnereien geschlossen. Im März 1979 endete eine wirtschaftlich prägende Ära im Ägerital. Das Areal mit den denkmalgeschützten Gebäuden und den Wasserkraftwerken wurde verkauft. Sie befinden sich heute im Besitz der SAE Immobilien AG“, erklärt dazu Kraftwerksbetreuer Walter Hürlimann. AUSTAUSCH DES ALTEN DACHWEHRS Dank jahrzehntelanger Erfahrung kennt der Kraftwerksbetreuer „seinen“ Maschinensatz ganz genau. Probleme machte zuletzt vor allem der alte Bell-Ölregler aus den 1960ern, die Turbine sei – so Hürlimann – immer noch April 2016

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Bau des neuen Kopfbauwerks

"Der alte Zulaufkanal war schon eine tickende Zeitbombe", so Anlagenwart Hürlimann. Eine Sanierung war unumgänglich

Im Bereich des alten Auslaufkanals wurde die Baugrube für die neue Zentrale ausgehoben.

Über ca. 30 m verläuft die neue Druckrohrleitung aus GFK-Rohren vom Kopfbauwerk bis zur Zentrale.

ganz gut in Schuss gewesen. Nichtsdestotrotz war ein weitreichendes Retrofitprogramm unumgänglich geworden. „2007 haben wir mit der Sanierung des ersten Teils des Freispiegelkanals und der Erneuerung des Dükers begonnen, wo ein Bach unter dem Kanal hindurchführt. Vier Jahre später, 2011 nahmen wir uns die Wehranlage vor“, erzählt Hürlimann. Bei der alten Wehranlage handelte es sich um ein Dachwehr – unter Kennern auch als „Bärenfänger“ bekannt, ein bewegliches Wehr mit überströmbaren Verschluss. Abhängig von der Pegelhöhe im Oberwasser, die über einen integrierten Schwimmer festgestellt wird, richten sich Ober- und Unterklappe des Wehres auf. „Ein gut durchdachtes und sehr sinnvolles Prinzip“, gibt Hürlimann zu und ergänzt: „Wenn es tatsächlich funktioniert.“ Dies war zuletzt nicht mehr vollständig der Fall. Zudem sei die Wehranlage auch schon sehr baufällig gewesen. Ein kleiner Stoß des Baggers habe ausgereicht, um sie in sich zusammenfallen zu lassen.

KEINE ÄNDERUNG AM WASSERRECHT Der Neubau der Wehranlage in 2011 lieferte letztlich auch den Initialfunken für den Start des elektromechanischen Umbaus. „Zu dieser Zeit haben wir uns natürlich die Frage gestellt, welche Konsequenzen durch einen neuen Maschinensatz zu erwarten wären. Daraufhin haben wir den Auftrag für eine Vorstudie an das renommierte Planungsbüro Hydro-Solar Engineering AG übergeben. Im Mai 2008 wurde das Erneuerungsprojekt beim KEV angemeldet. Im November 2008 erhielten wir den positiven Bescheid, dass unser Projekt in das KEV Programm aufgenommen wurde, was uns eine kostendeckende Einspeisevergütung für die nächsten 25 Jahre sicherstellte“, erklärt der Geschäftsführer der SAE Immobilien AG René Koch. Was das Grundkonzept der Anlage angeht, wollte man keine allzu großen Änderungen vornehmen. Schließlich sollte auch das bestehende Wasserrecht aus dem 19. Jahrhundert nicht angetastet werden. Die Behördenver-

Über die ebenerdige Öffnung wird der Maschinensatz in die Zentrale eingehoben.

fahren wären wesentlich aufwändiger geworden. „An der Entnahmemenge des Triebwassers aus dem Ägerisee ändert sich nichts. Im Hinblick auf eine Effizienzsteigerung wurde lediglich der Stau erhöht. Daher war nur die Einreichung eines Bauprojektes notwendig – die Behördenverfahren waren dementsprechend kurz und unkompliziert“, erinnert sich der Projektleiter der Firma Hydro-Solar, Marco Weisskopf. ENDE FÜR ALTE ZENTRALE Kurz umrissen stellt sich das historische Anlagenkonzept folgendermaßen dar: An der neuen Wehranlage wird das Triebwasser entnommen, das in der Folge in einen 150 m langen Freispiegelkanal gelangt. Danach führt der Triebwasserweg durch einen circa 200 m langen Stollen, bevor das Wasser erneut für rund 300 m in einem offenen Kanal fließt. Am Ende dieses Kanalabschnitts befindet sich ein Kopfbecken, an dem ein Feinrechen den Übergang zur Druckrohrleitung bildet. Foto: Hydro-Solar

Im Bereich des neuen Kopfbauwerks wurde von der Firma Klewa ein neuer Feinrechen, eine RRM und eine kleine Entlastungsklappe installiert.

Foto: Hydro-Solar

Foto: zek

Fotos: Hydro-Solar

Projekte

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Gesamtplanung der Wasserkraftanlage Neuägeri


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Projekte

100 Jahre, von 1914 bis 2015 war die alte Turbine im KW Neuägeri in Betrieb. Sie soll in Zukunft für museale Dienste erhalten bleiben. Ebenso wie die alte Steuerungsanlage mit der Wasserstandsanzeige aus Schwimmer-Pegelerfassung. (re)

Durch die neu gestaltete Druckrohrleitung gelangt das Triebwasser letztlich in die ebenfalls neu errichtete Kraftwerkszentrale, von wo aus selbiges wieder in das Flussbett der Lorze zurückgeleitet wird. „Nachdem Anfang 2014 die Baubewilligung vorlag, konnten wir im August 2014 mit dem Projekt beginnen“, erinnert sich der Geschäftsführer René Koch. Den Auftakt bildeten die Arbeiten am Kopfbecken, beziehungsweise an der ca. 40 m langen Druckrohrleitung, die zur Gänze aus GFK-Rohren von APR (Allpipes Rohrsysteme) erstellt wurde. „Diese Vorgangsweise brachte den Vorteil mit sich, dass wir über die erste Bauphase hinweg mit der alten Maschine noch in Betrieb bleiben und weiter Strom erzeugen konnten. Erst mit Anfang der Aushubarbeiten für die Zentrale wurde die alte Turbine abgestellt“, erklärt Marco Weisskopf. Nach 100 Jahren Kraftwerksbetrieb war das Ende für den Maschinen-Methusalem gekommen. Auch wenn er weiterhin am angestammten Platz verbleibt.

Zuleitungskanal, Kopfbecken, Druckleitung und Zentrale – als auch auf die stahlwasserbauliche Ausrüstung des Kraftwerks zu. Der Stahlwasserbau sowie die maschinellen Einrichtungen für die Rechenreinigung wurden an das erfahrene Branchenunternehmen Klewa Wasserbautechnik aus Bielefeld vergeben. Seit mehr als 25 Jahren steht der Stahlwasserbauspezialist für solide und effiziente Technik für den Bereich Wasserkraft. Für das Retrofitprojekt in Neuägeri lieferte man gleich zwei Rechenreinigungsmaschinen, eine an der Wasserfassung und die zweite am Kopfbecken, unmittelbar bevor das Wasser in die Druckrohrleitung gelangt. Hinzu kommt neben Rechen und Absperrschützen auch eine kleine, hydraulisch betriebene Wehrklappe für die Entlastung im Falle eines Notschlusses am Ende des Freispiegelkanals. „Wir waren mit der Firma Klewa sehr zufrieden. Nicht nur dass Preis-Leistung hier sehr gut passen, zudem erwies sich das Unternehmen auch als absolut termintreu“, lobt Weisskopf. GRÖSSER AUSGELEGTE TURBINE Im Januar des letzten Jahres wurde schließlich der neue Maschinensatz angeliefert. Dabei vertraute man auf ein Duo aus Österreich, das

Foto: zek

Planer Marco Weisskopf setzt die Teleskoparm-RRM in Gang.

Foto: zek

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ZWEI NEUE RECHENREINIGER „Der erste Gedanke war natürlich, den alten Maschinensatz rauszureißen und zu ersetzen“, sagt Walter Hürlimann. „Aber dagegen sprach

schon einmal die Vorgabe aus dem Starkstromgesetz, die strenge Richtlinien in Hinblick auf die Vereinbarkeit von stromgenerierenden Maschinen und den Schutzbestimmungen für ein Wohn- und Bürogebäude vorsieht. Aus diesem Grund konnten wir bisher etwa den ersten Stock dieses Gebäudes nur teilweise belegen.“ Als weiteren Grund führt der technische Verwalter die alte Bausubstanz an: „Hier umzubauen, wäre extrem aufwändig gewesen, zumal das gesamte Gebäude auch unter Denkmalschutz steht.“ Gründe genug, um sich nach einem Alternativstandort für die neue Zentrale umzusehen. Fündig wurden Bauherr und Planer im Auslauf des alten Kraftwerks. Weisskopf: „Wir beschlossen, die neue Zentrale auf den alten Auslauf zu planen. Dabei bemühten wir uns um jeden Millimeter an zusätzlich nutzbarer Fallhöhe.“ Der neue Zentralenstandort liegt nun außerhalb des Gebäudes im Bereich der Parkplätze. Es wurde dafür in die Tiefe gegraben, nachdem der alte Maschinensatz im Herbst 2014 seine letzten Kilowattstunden Strom erzeugt hatte. Vom Bauablauf her sei es harmonisch und rund abgelaufen, meint der Projektleiter von Hydro-Solar. Das trifft sowohl auf die Bauarbeiten an den einzelnen Abschnitten –

Der bestehende Oberwasserkanal wurde zur Gänze saniert, das alte Trapezprofil musste einem rechteckigen weichen.

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Projekte

Neben dem denkmalgeschützten Gebäude wurde unterirdisch das neue Kraftwerk gebaut. An der Oberfläche befinden sich Parkplätze.

sich speziell für die vorliegenden hydraulischen Gegebenheiten eignen sollte. Bei einer Fallhöhe von rund 15 m werden zwar auch Kaplanturbinen eingesetzt, doch in diesem Bereich spielt bereits Kavitation eine wesentliche Rolle. Deutlich weniger ist dies bei der Diagonalturbine der Fall, die der renommierte Wasserkraftspezialist Geppert aus dem Tiroler Hall für Kleinwasserkraftanlagen entwickelt hat. Es handelt sich um eine doppeltregulierte Überdruckturbine, deren verstellbare Lauf- und Leitschaufeln der Turbine über einen weiten Einsatzbereich einen hohen Wirkungsgrad verleihen. Konkret lieferte Geppert eine Diagonalturbine, ausgelegt auf einen Ausbaudurchfluss von 2.500 l/s und eine Nettofallhöhe von 14,9 m. Dabei erreicht die Turbine rund 329 kW Leistung.

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 2,5 m3/s • Nettofallhöhe: 14,9 m • Turbine: Diagonalturbine Fabrikat: Geppert • Drehzahl: 375 Upm

Gegenüber der alten Maschine fällt vor allem auf, dass sie ein wenig größer ausgelegt wurde. „Uns war wichtig, dass wir auch Phasen mit großem Wasserdargebot zur Gänze abarbeiten können und so wenig wie notwendig ungenützt über das Wehr fließt“, meint Walter Hürlimann. Zum anderen bringt die Maschine nun auch den Vorteil mit, dass sie im Teillastbereich deutlich effizienter arbeitet als der Altbestand. „Damit haben wir nun schon einmal eine Kapazität von gut 100 kW mehr zur Verfügung“, freut sich der technische Verwalter. STEUERUNG IM EILZUGSTEMPO Ein zentraler Aspekt im Rahmen des gesamten Retrofitprogramms kam dem Austausch der alten Steuerungs- und Leittechnik zu. Die bestehende Steuerungsanlage stammte noch

aus den 1960er Jahren, die mittlerweile betagte Relaistechnik hatte ihre Altersschwäche zuletzt schon häufiger gezeigt. Der Auftrag für die Modernisierung der E- und Leittechnik ging an die renommierte Branchenspezialistin Rittmeyer AG, die einen hervorragenden Ruf im Hinblick auf Funktionalität und Bedienungsfreundlichkeit ihrer Steuerungslösung genießt. Was für Rittmeyer in diesem Fall zur echten Herausforderung wurde, war ein sehr enges Terminkorsett. „Wir hatten eine sehr kurze Lieferzeit. Die Dauer von der Werkvertragsunterzeichnung bis zur Auslieferung betrug drei Monate, Montage und IBS erfolgten dann innerhalb von drei Wochen“, so Rittmeyer-Projektleiter Beat Schmid. Neben dem gesamten SCADA-System zeichnete die Rittmeyer AG auch für die Energieableitung

MEHR ENERGIE AUS WASSERKRAFT KOMPLETTE ELEKTROMECHANISCHE AUSRÜSTUNG FÜR KLEINWASSERKRAFTWERKE

• Leistung: 329 kW • Generator: Synchron

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Betreiber René Koch überprüft die Performance seines neuen Kraftwerks - und ist damit sichtlich zufrieden. Die gesamte Steuerung des Kraftwerks wurde von der Fa. Rittmeyer realisiert.

Fabrikat: Hitzinger

• Nennscheinleistung: 370 kVA • Gewicht: 5,7 to • Stahlwasserbau & RRM: KLEWA • Steuerung & Automation: Rittmeyer

Geppert GmbH Breitweg 8-10b 6060 Hall in Tirol Austria

T +43 5223 57788 F +43 5223 57788 2 RIÀ FH#JHSSHUW DW

• Druckrohrleitung: L: 30 m Ø DN1.300 • Rohrmaterial: GFK (Lieferant APR) • Oberwasserkanal: L: 600 m • Regelarbeitsvermögen: 1,7 GWh

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AUSTRIA


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Projekte

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Historische Darstellung der einst so bedeutenden Industriestandorte Unterägeri und Neuägeri.

Sowohl Live-Bilder von Außenkameras (o.) als auch Visualisierungen (u.) aller wesentlichen Anlagenteile sind im neuen SCADA-System integriert.

und die gesamte Verkabelung verantwortlich. Eine Knacknuss kam auf die Techniker im Hause Rittmeyer aufgrund des langen Oberleitungskanals zu. Laut Beat Schmid war für dessen optimale Regelung viel Erfahrung und Know-how erforderlich. Die nun realisierte Steuerungslösung zeichnet sich durch den integrierten WebServer, die ebenfalls bereits integrierten elektrischen Schutz und Synchronisierung aus. Natürlich wurde auch ein Fernzugriff zur Bedienung und Wartung eingerichtet. Die Vorteile für den Betreiber sind offensichtlich: Die Steuerung erfolgt heute über ein Atomatisierungsgerät, die Bedienung kann ganz einfach über ein Touch-Panel erfolgen, es gibt die Möglichkeit der Fernüberwachung und Fernbedienung. Mit verlässlicher Datenaufzeichnung und Trendangaben hat man die wesentlichen Parameter stets im Griff.

Foto: zek

EIN DRITTEL MEHR ERTRAG Der Umstand, dass der Betreiber die Abflüsse aus dem Ägerisee selbst reguliert, bietet nebst einer großen Verantwortung auch einige inte-

ressante Vorteile. Marco Weisskopf: „Natürlich kann nicht mehr entnommen werden als zufließt, aber für die Inbetriebsetzung war es in jedem Fall interessant, dass man prompt sämtliche Betriebszustände austesten konnte. Unter Volllast zeigte die Maschine dann auch, dass sie alle Erwartungen erfüllen wird. Gleiches kann man auch von der Steuerungseinheit sagen, die von der Firma Rittmeyer AG realisiert wurde.“ Anfang April letzten Jahres ging der neue Maschinensatz ans Netz. Für den Geschäftsführer René Koch hat die Energieeffizienz ein neues Niveau erreicht: „Dank der umfassenden Hochrechnung, mit den Daten der Visualisierung von Rittmeyer AG, haben wir uns ein sehr klares Bild von der Performance der neuen Anlage machen können. In wasserarmen Jahren – wie in 2015 erlebt – erreichten wir eine Mehrproduktion von 32 Prozent, was den starken Wirkungsgraden im Teillastbereich der Turbine zu verdanken ist. In hydrologisch starken Jahren wird das Erzeugungsplus auch rund 20 Prozent betragen. Hier kommt natürlich das etwas größere Schluckvermögen, der moderate

Höherstau sowie exzellente Spitzenwirkungsgrade zum Tragen.“ Abgesehen von der Erhöhung der Stromproduktion hat das Umbauund Retrofitprojekt gleich mehrere Benefits gebracht. Ohne das denkmalgeschützte Gebäude zu beeinträchtigen, konnte das Wasserkraftwerk auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Und die einhundertjährige Turbine im Untergrund bleibt auch der Nachwelt erhalten. Walter Hürlimann wird sicher dafür sorgen, dass sie auch in Zukunft so aussieht wie zu ihren besten Zeiten.

Der neue Maschinensatz wird im Regeljahr rund 1,7 GWh erzeugen.

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Veranstaltung

RENEXPO HYDRO

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Europäische Wasserkraftmesse mit Kongress 24. - 25.11.2016 Messezentrum Salzburg www.renexpo-hydro.eu

RENEXPO INTERHYDRO SALZBURG WIRFT IHRE LANGEN SCHATTEN VORAUS Die RENEXPO® INTERHYDRO in Salzburg hat sich speziell in den letzten Jahren zur wohl innovativsten Drehscheibe für die Wasserkraft in Europa entwickelt. Sowohl die Resonanz der ausgezeichnet besuchten letzten Veranstaltung im vergangenen November als auch die hohe Wiederbuchungsquote der Aussteller belegen eindrücklich, dass die Kongressmesse mit ihren Themen den Nerv der Branche trifft. Einer der spannendsten Themenkomplexe, der in diesem Jahr in den Brennpunkt der Veranstaltung rückt, ist der Bereich „virtuelle Kraftwerke, Regelenergiemarkt, Flexibilisierung“ – und welche Perspektiven dieser für größere, aber auch für kleinere Ökostromerzeuger bieten kann. Die RENEXPO® INTERHYDRO findet vom 24. bis 25. November 2016 zum achten Mal im Messezentrum Salzburg statt.

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er Strommarkt Europas ist im Wandel. Parallel zur langsamen Dekarbonisierung verschiebt sich auch die Gewichtung der Erzeugungsstruktur, weg von Großund Mammutanlagen – hin zu kleinen dezentralen Strukturen. Eine wichtige Rolle kommt dabei immer mehr dem so genannten „virtuellen Kraftwerk“ zu. Dabei handelt es sich keineswegs um ein nichtexistentes Kraftwerk, sondern vielmehr um den Zusammenschluss von mehreren dezentralen Ökostromerzeugern zu einem Verbund, der die nachgefragte elektrische Leistung bereitzustellen in der Lage ist. Dieser auch DEA-Cluster genannte Verbund kann verschiedene Arten von regenerativen Energiequellen bündeln, von Photovoltaik-, über Windkraft- bis hin zu Kleinwasserkraftanlagen. Entscheidend ist, dass virtuelle Kraftwerke Vorteile gegenüber

Großanlagen bieten können. Vor allem wenn etwaige Lastspitzen ein Großkraftwerk überfordern würden, kann die Lastverteilung über weitere zugeschaltete dezentrale Erzeugungsstrukturen erfolgen. PERSPEKTIVEN DES REGELENERGIEMARKTS Gerade der enorme Ausbau von Windstromund Photovoltaik-Kapazitäten in Deutschland hat erhöhte Anforderungen an das Stromnetz in Hinblick auf etwaige Schwankungen nach sich gezogen. In Phasen, in denen der Stromverbrauch in nicht prognostizierter Weise anzieht, fallen die Schwankungen besonders stark aus. Um in diesen Fällen einen Zusammenbruch des Netzes zu verhindern, wird Regelenergie oder auch Regelleistung bereitgestellt. Innerhalb von Sekunden kann sie für den erforderlichen Ausgleich sorgen. Gerade

Impressionen von der gelungenen Veranstaltung im Vorjahr

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leistungsstarke Pumpspeicherkraftwerke spielen dabei eine wichtige Rolle. Über das virtuelle Kraftwerk könnten aber auch moderne Kleinwasserkraftanlagen an diesem Mark partizipieren. Die meisten großen Betreiber sind bereits an virtuelle Kraftwerke angeschlossen. Sie verfügten mittlerweile über das erforderlich Knowhow für die Teilnahme am Regelenergiemarkt und wissen, wie dieser funktioniert. Bei kleineren Kraftwerksbetreibern sieht die Sache ganz anders aus. Hier sind noch viel Aufklärung und Wissenstransfer vonnöten. Gründe genug, dass sich die diesjährige RENEXPO® INTERHYDRO in Salzburg des Themas annimmt. Dabei sollen an der zweitägigen Kongressmesse nicht nur die Technik und die Dienstleistungen erörtert, sondern auch explizit dargestellt werden, wie man damit auch als kleiner Kraftwerksbetreiber Geld verdienen kann. Der Messebeirat tagt


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Veranstaltung

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PUMPSPEICHER BLEIBEN WICHTIG Als weiteren Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltung greift die RENEXPO® INTERHYDRO erneut das wichtige Thema der Pumpspeicherung auf. In Deutschland rechnet man im Zuge einer sich beschleunigenden Energiewende, dass man alleine aus Windkraft und Photovoltaik eine Kapazität von rund 200 GW benötigt, um bis 2040 die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zur Gänze überwunden zu haben. Die volatilen Eigenschaften dieser beiden Ressourcen führen nun dazu, dass nicht nur ein entsprechendes Stromnetz verfügbar sein muss, sondern vor allem auch enorme Speicherreserven erforderlich werden. Allein für den Tag-Nacht-Ausgleich sei an sonnigen Tagen künftig eine Speicherkapazität von bis zu 500 GWh erfor-

Moderne Pumpspeicherkraftwerke werden als „grüne Batterien“ auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Im Bild die Staumauer vom Lago die Luzzone in der Schweiz.

derlich, erklärte das Deutsche Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie BMW. Dem gegenüber stehen in Deutschland Pumpspeicherkraftwerke mit einem Arbeitsvermögen von etwa 40 GWh. Das bedeutet nicht nur, dass ein Ausbau von Strom- und Energiespeichern, sondern dass auch deren Flexibilisierung, zum Thema der nächsten Jahre wird. Grundsätzlich werden in diesem Szenario nun auch Batteriesysteme eine tragende Rolle spielen, ohne dass damit die Position der wichtigen Pumpspeicherkraftwerke im Alpenraum geschwächt werden sollte. Welche Szenarien, Perspektiven und welchen technischen Entwicklungsbedarf es in diesem Bereich gibt, wird ebenfalls Teil der Pumpspeicherkonferenz an der RENEXPO® INTERHYDRO Salzburg sein.

AUSSTELLER HALTEN DIE TREUE Bereits Anfang Februar ist der hochkarätig besetzte Messebeirat in der Mozart-Stadt zusammengetreten. Im Rückblick auf die letztjährige Veranstaltung fiel der Grundtenor der Teilnehmer durchweg positiv aus. Besonders die thematische Ausgewogenheit wurde hervorgehoben – eine Qualität, die man auch in diesem Jahr wieder erreichen möchte. In Planung ist für dieses Jahr eine zweitägige internationale Kleinwasserkraftkonferenz, die sowohl in deutschem als auch nicht-deutschsprachigem Rahmen stattfinden soll. Wie zuletzt soll für die Wasserkraftbetreiber ein zweitägiges Praxis-Forum eingerichtet werden, bei dem die Praxisnähe im Vordergrund steht. Die einzelnen Themenbereiche wie Rohrverlegung, Inspektion, etc. werden in kleine Blöcke zusammengefasst. Außerdem wird nach wie vor das Thema „gewässerverträgliche Wasserkraft“ großgeschrieben. Die Exkursion zu einem interessanten Kraftwerk bleibt Teil des Programms. In Zeiten, da die Wasserkraft dringend politische Unterstützung benötigt, wird auch der EU-Lobbying-Veranstaltung breiter Raum gegeben. Laut den anwesenden Teilnehmern der letzten Tagung hat dieser Programmpunkt gute und wertvolle Impulse gesetzt. Man kommt daher gerne dem Wunsch nach, diese Plattform für Öffentlichkeitsarbeit weiterhin so zu organisieren. Zu diesem frühen Zeitpunkt des Jahres haben sich bereits über 40 Aussteller angemeldet. Auch dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass die RENEXPO® INTERHYDRO Salzburg ihren hohen Stellenwert in der europäischen Wasserkraftbranche weiter festigen wird. Mehr unter: www.renexpo-hydro.eu

Die bekannte Kulturstadt Salzburg wird Ende November dieses Jahres erneut zum Nabel der europäischen Wasserkraftbranche werden.

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Projekte

Foto: SALZBURG AG

Das Kavernenkraftwerk Hintermuhr liegt im östlichen Lungauer Murtal und wurde im Jahre 1991 in der ersten Baustufe in Betrieb genommen. Pünktlich zum 25-Jahre Jubiläum wurde die Maschinengruppe 1 nun einer umfangreichen Großrevision unterzogen.

GROSSREVISION AM PSKW HINTERMUHR PÜNKTLICH ZUM 25-JAHRE JUBILÄUM ABGESCHLOSSEN Das Pumpspeicherkraftwerk Hintermuhr ist mit einer installierten Leistung von 104 MW das größte Kraftwerk der Salzburg AG. Die zentrale Anlage der Kraftwerksgruppe Lungau wurde 1991 in der ersten Ausbaustufe in Betrieb genommen und im Jahre 2008 um eine Pump-Turbine erweitert. Im 25. Jubiläumsjahr der Anlage wurde nun eine umfangreiche Großrevision durchgeführt. Das Maßnahmenpaket sah hauptsächlich die Revision der Maschinengruppe 1 und der dazugehörigen Komponenten vor. Dazu begleitend wurde das Leitsystem auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Insgesamt sechs Monate investierte die Salzburg AG um das Kraftwerk Hintermuhr wieder fit für die nächsten Jahrzehnte zu machen. ie Salzburg AG ist Salzburgs größter Energieversorger und Stromproduzent. Ihre Geschichte reicht – mit der Gründung der städtischen Elektrizitätswerke in Salzburg – bis ins Jahr 1887 zurück. In einer späteren Fusion mit der im Jahr 1920 gegründeten SAFE (Salzburger Aktiengesellschaft für Energiewirtschaft) entstand so die heutige Salzburg AG. Das heute moderne und im Verkehrs- und Telekommunikationssektor diversifizierte Unternehmen setzt dabei auf Regionalität und erneuerbare Energien – besonders aber auf die Wasserkraft: „Wir arbeiten mit verschiedenen Projekten an der Erschließung von erneuerbaren Energiequellen im Land Salzburg und prüfen dabei ein breites Spektrum von Wasserkraft über Photovoltaik bis zur Biomasse. Dabei ist Was-

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serkraft heute nach wie vor die wirtschaftlichste Form der erneuerbaren Stromerzeugung“, so Leonhard Schitter, Vorstandsprecher der Salzburg AG. Wichtiges Fundament für die Wirtschaftlichkeit der Wasserkraft ist dabei die regelmäßige Instandhaltung von Bestandskraftwerken. Ende 2015 stand für die Salzburg AG die Großrevision des Pumpspeicherkraftwerks Hintermuhr auf dem Programm – die leistungsmäßig größte Anlage der Lungauer Kraftwerksgruppe im Süden des Bundeslandes. 25-JAHRE HINTERMUHR Diese besteht aus vier Kraftwerken: Dem KW Murfall, KW Rotgülden, KW Zederhaus und dem PSKW Hintermuhr. Zusammen besitzt die Kraftwerksgruppe Lungau eine installierte

Leistung von 119.680 kW. Das Kraftwerk Hintermuhr vereint dabei eine Leistung von 104.000 kW auf sich. Das Kavernenkraftwerk Hintermuhr liegt im östlichen Lungauer Murtal und wurde im Jahre 1991 in der ersten Baustufe mit einer Leistung von 36.000 kW in Betrieb genommen. Als Speicherkraftwerk nutzt es das Wasser des Rotgüldensee und weiterer Murzubringer. Vom Rotgüldensee gelangt das Wasser über eine Strecke von sechs Kilometer und einem Höhenunterschied von etwa 600 m zum Krafthaus. In den Jahren 2006 bis 2008 wurde Hintermuhr in der zweiten Ausbaustufe zu einem Pumpspeicherkraftwerk (PSKW) ausgebaut. Als unteren Speicher nutzt das Kraftwerk seither den Öllschützenspeicher, der früher zum Kraftwerk Murfall


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Projekte

Der untere Rotgüldensee auf 1.733 m Seehöhe dient dem PSKW Hintermuhr als Wasserspeicher.

gehörte. Zwischen dem Staubecken und der Kraftkaverne wurde hierfür ein 1.720 Meter langer Druckstollen geschlagen. In der Kaverne selbst wurde eine reversible Francis-Pumpturbine mit einer Leistung von 70MW eingebaut. Sie erzeugt im Turbinenbetrieb mit Wasser aus dem Rotgüldensee Strom. Im Pumpbetrieb befördert sie das im Öllschützenspeicher zwischen gelagerte Wasser in den Rotgüldensee zurück. So steht jederzeit Wasser für die kurzfristige Erzeugung von Spitzenstrom zur Verfügung. „Für das reibungslose Funktionieren der Stromversorgung muss immer genau so viel Strom erzeugt werden wie gerade verbraucht wird. Das Kraftwerk

Hintermuhr mit der Pumpspeicheranlage liefert einen wesentlichen Beitrag dazu, die Strommenge dem jeweiligen Bedarf anzupassen“, so Ing. Johann Fuchsberger, Leiter der Kraftwerksgruppe Lungau von der Salzburg AG. In diesem Jahr feiert das PSKW Hintermuhr nun ihr 25 jähriges Jubiläum. Gleichzeitig mit dem Jubiläumsjahr stand auch eine Großrevision des Kraftwerks an. REVISION DES LAUFRADES Im Fokus stand dabei die seit 1991 in Betrieb befindliche Maschinengruppe 1 und die gesamte Leittechnik der Anlage. Der Startschuss für die Großrevision fiel im September 2015.

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Foto: Salzburg AG

Foto: Salzburg AG

Die Krafthauskaverne liegt in der Lungauer Ortschaft Muhr.

Die Pelton-Turbine wurde im ersten Schritt zerlegt. Sämtliche Verschleißteile, wie beispielsweise Dichtungen, wurden komplett getauscht. Größere Komponenten wie das Laufrad und der Kugelschieber wurden zur Revision verschickt. Die Revision des Pelton-Laufrads wurde in den eigenen Fachwerkstätten der Salzburg AG durchgeführt. Mittels Aufschweißen und Abschleifen wurde das Laufrad wieder in Form gebracht, damit es beste Wirkungsgrade erzielen kann. Der Kugelschieber wurde von der Firma Bilfinger VAM GmbH in Linz generalüberholt. NEUE WICKLUNG FÜR GENERATOR Zeitgleich wurde auch der dazugehörige Generator demontiert. Dafür wurde das Gehäuse abgenommen, die beiden Statorhälften voneinander getrennt und der Rotor entnommen. Die je rund 35 t schweren Statorhälften wurden anschließend zur Firma Stork nach Regensburg transportiert. Dort wurden sie einer Vorprüfung unterzogen. Daran anschließend hat man die bestehenden Wicklungen aus dem Blechpaket ausgebaut. Dabei gab es enorme Probleme die Einbettungsmasse der Wicklungsstäbe aus den Ständernuten zu entfernen. Als Konsequenz daraus musste das Material mit einem enormen zeitlichen Aufwand und allerlei technischen Kniffen abgelöst werden. Als dieser Schritt erfolgreich abgeschlossen werden konnte, wurde das zweiteilige Ständerblechpaket gereinigt und geprüft. Schlussendlich konnte mit der Neuwicklung begonnen werden, die Anfang Dezember abgeschlossen wurde. Für die Statorhälften ging es anschließend per Schwertransport wieder zurück ins Werk. April 2016

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Foto: Salzburg AG

Der Rotor wurde von den Fachleuten der Salzburg AG und der Firma Stork vor Ort im Kraftwerk revisiert.

SCHWIERIGE MONTAGEARBEITEN Der Rotor wiederum wurde von den Fachleuten der Salzburg AG und der Firma Stork im Krafthaus revisiert. Zur Überprüfung der mechanisch hoch beanspruchten Komponenten des Polrades, mussten alle Pole abgebaut werden. Danach wurden sowohl Polkörper als auch Rotornabe eingehend visuell und mittels PT- und MT-Prüfung geprüft. Nach Abschluss dieser Arbeiten konnte Ende Dezember mit der Montage des Generators begonnen werden. Aufgrund der Größe des Generators war dies aber kein leichtes Unterfangen. Zuerst wurde die Statorunterhälfte wieder in Position gebracht und montiert.

Darauf wurde der revisierte Rotor montiert. Danach erfolgte der heikle Teil der Montagearbeiten – das Aufsetzen der Statoroberhälfte. Die Herausforderung war dabei, das tonnenschwere Gewicht mit dem Hallenkran auf wenige zehntel Millimeter genau zu steueren. Zudem war es dabei wichtig, dass die Wicklungen genau ineinander passen. GERÜSTET FÜR DIE ZUKUNFT Am 23. Dezember 2015 konnten die Arbeiten am Generator schließlich erfolgreich abgeschlossen werden. Neben der maschinentechnischen Revision wurde im PSKW Hintermuhr auch die gesamte Steuer- und

Regelungstechnik einem technischen Update unterzogen. Die Automatisierung und Einsatzsteuerung der Maschine 1 wurde mittels redundanter SICAM-AK2 Technik aus dem Hause Siemens umgesetzt. Für die Visualisierung der Betriebszustände beider Maschinen, sowie der Kraftwerkgruppe Lungau, wurde das Wartenleitsystem SCALA250 installiert. Siemens zeichnet außerdem für die Lieferung sämtlicher elektrischer und mechanischer Schutzkomponenten verantwortlich. „Für Siemens ist das Projekt Kraftwerksgruppe Lungau, was die Automatisierung der beiden Projekte KW-Hintermuhr und KW-Zederhaus beinhaltet, ein sehr wichtiges Projekt in der Region Salzburg“, betonte Harald Kohlbacher, Projektleiter von Siemens. Um die Betriebssicherheit des Kraftwerks Hintermuhr weiter zu erhöhen, wurde eine neue Rohrbruchüberwachung installiert. Hierfür wurden zwei Durchflussmesser aus dem Hause Rittmeyer im Wasserschloss und im Krafthaus integriert. Im Februar 2016 konnten sämtliche Arbeiten abgeschlossen, und das Kraftwerk pünktlich zum 25-Jubiläum wieder in Betrieb genommen werden. Leonhard Schitter betonte die Wichtigkeit dieses Projekts für die Salzburg AG: „Das Kraftwerk Hintermuhr feiert heuer sein 25-Jähriges Bestehen. Nach der Generalrevision der Maschine 1 ist eine unserer größten Anlagen wieder am neuesten technischen Stand, um den Strombedarf von rd. 43.000 Haushalten zu decken.“

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Foto: zek

Mittels Aufschweißen und Abschleifen wurde das Laufrad wieder in Form gebracht.

Foto: Salzburg AG

Die Herausforderung bei der Montage der Stators war die Passgenauigkeit von wenigen Zehntel-Millimeter.


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Alle Fotos: TRM

Gebaut für den Einsatz bei höchsten Materialansprüchen. Die duktilen Gussrohre der Tiroler Rohre GmbH halten durch ihre schub-und zugsichere Ausführung auch massiven Hangrutschungen und Setzbewegungen stand.

MODERNE GUSSROHRTECHNIK ALS ANTWORT AUF SCHWIERIGE BODENVERHÄLTNISSE Die norditalienische Gemeinde Cortina d’Ampezzo in der Region Venetien wird seit Sommer des Vorjahres durch ein neu errichtetes Kleinwasserkraftwerk mit sauberem Strom versorgt. Als größte Hürde für das Projekt deutete sich bereits bei den im Vorfeld angestellten Planungen die Herstellung der Druckrohrleitung (DRL) an. Deren einzig machbare Trassenführung verläuft nämlich im Bereich eines Rutschhanges, der insbesondere in den Frühlingsmonaten erhebliche Erdbewegungen aufweist. Eine Lösung für die schwierigen Bodenverhältnisse konnte in Zusammenarbeit mit der Tiroler Rohre GmbH (TRM) gefunden werden. ehr als ein Fünftel des gesamten italienischen Strombedarfs wurde im Jahr 2014 bereits durch die Nutzung von Wasserkraft gedeckt. Weil durch strenge Umweltauflagen neue Großwasserkraftprojekte nur mehr in Ausnahmefällen eine Genehmigung erhalten, forcieren Investoren und Betreiber verstärkt den Kleinwasserkraftsektor. Diesem Streben nach umweltfreundlicher Energieproduktion mit lokal vorhandenen Ressourcen ist auch die Entstehung des Kraftwerks Costeana am gleichnamigen Gewässer zu verdanken. Betrieben wird die Anlage von der „Regole d’Ampezzo“ in der vor allem durch den alpinen Skisport bekannten Gemeinde Cortina d’Ampezzo. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft mit Bürgerbeteiligung, die sich für den Erhalt und Pflege der regionalen Landschaft und Natur einsetzt. Durch den Anlagenbau

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gewinnt die Betreibergesellschaft in ihrer Heimatregion erstmals eigenen Strom aus Wasserkraft. Zur Stromgewinnung setzt man auf zwei baugleiche Pelton-Turbinen des Herstellers „Maierhofer Brida“, welche jeweils auf eine Ausbauwassermenge von 550 l/s ausgelegt sind. Bei einer Bruttofallhöhe von 103 m erreichen die Maschinen eine Leistung von je 500 kW, wodurch sich im Regeljahr rund 4,5 GWh Ökostrom erzeugen lassen. KEINE STANDARD-LEITUNG „Den aufwändigsten Teil der Kraftwerksbauarbeiten stellte definitiv die Ausführung der insgesamt rund 1.600 m langen DRL mit einer durchgängigen Dimension von DN 900 dar“, erklärt der für den italienischen Raum zuständige TRM-Vertriebsprofi Luca Frasson und führt weiter aus: „Und zwar deshalb, weil die einzig mögliche Rohrtrasse im mitt-

Mit dem Einbau von 4 Rohrbögen erreichte man eine zusätzliche Entlastung der DRL.

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Durch die Verwendung von Insgesamt 3 speziell angefertigten Dehnungsstücken erhält die DRL ihre benötigte Flexibilität.

Von der Wasserfassung gelangt das Triebwasser über die rund 1,6 km lange DRL zu seiner hydroenergetischen Verwertung durch zwei baugleiche Pelton-Turbinen mit einer Leistung von jeweils 500 kW.

leren Abschnitt auf einer Länge von rund 400 m im Bereich eines Rutschhanges verläuft. Im Vorfeld der Bauarbeiten angestellte geologische Untersuchungen hatten ergeben, dass der Hang beim Einsetzen der Schneeschmelze sich bis zu 2 cm pro Monat bewegt.“ Ein Ausweichen mit der Rohrleitung auf einen anderen Trassenverlauf war aufgrund der beengten Platzverhältnisse im Rutschhangbereich keine Alternative, weswegen sich die Planer eine andere Herangehensweise überlegen mussten. GEMEINSAM ZUM LÖSUNGSWEG Eine Lösung für das Problem erarbeitete „Regole d’Ampezzo“-Projektleiter Roland Bernardi gemeinsam mit dem TRM-Ingenieur Massimiliano Fellin. Das auf Gussrohre spezialisierte Unternehmen hat mit seinen Produkten zwar bei einer Vielzahl von europaweiten Wasserkraftprojekten seine Qualitäten unter Beweis gestellt, die DRL für das Kraftwerk Costeana stellte aber auch für TRM Neuland dar. Obwohl schub- und zuggesicherte Rohrverbindungen durchaus zum

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Standardprogramm von TRM gehören, musste für das Wasserkraftprojekt in Cortina d‘ Ampezzo eine Speziallösung gefunden werden. Dabei griff man auf Komponenten zurück, die bislang nur bei Rohrsystemen für Beschneiungsanlagen für Skigebiete zur Anwendung gekommen waren: Dehnungselemente innerhalb einer erdverlegten DRL. DEHNUNGSSTÜCKE SORGEN FÜR NÖTIGEN AUSGLEICH Um einen Bruch der DRL bei Hangbewegungen zu verhindern, verbaute man im Bereich des Rutschhanges insgesamt 3 speziell angefertigte Dehnungsstücke. Diese Ausgleichsstücke sind als eine Art Überschubmuffe konzipiert, worin die Rohre sich auch im eingebauten Zustand jeweils bis zu 800 mm in Längsrichtung bewegen können. „Obwohl sich dieses System bei kleineren Dimensionen bis zu DN 300 schon vielfach bewährt hatte, mussten die TRM-Entwickler für die Anlage Costeana Sonderbauteile mit dem dreifachen Durchmesser entwerfen“, er-

klärt Luca Frasson. Außerdem sollte die Trasse im Bereich des Rutschhanges nicht linear sondern „U-förmig“ verlaufen, um bei geologischen Verschiebungen eine zusätzliche Entlastung für die DRL zu schaffen. Diesen Trassenverlauf realisierte man durch den Einsatz von 4 Rohrbögen mit einer Abwinkelung von jeweils 22 Grad. Als zusätzliche Kontrollmöglichkeit baute man an den Dehnungsstücken geräumige Wartungsschächte sowie mehrere Messvorrichtungen, an welchen die Hangbewegungen mittels GPS kontinuierlich und genauestens beobachtet werden können. GUSS VEREINT VIELE VORTEILE Die Verlegung der duktilen Gussrohre fand während einer Hitzeperiode im August des Vorjahres statt und nahm etwa 2 Wochen in Anspruch. Der Wettergott meinte es dabei mehr als gut, immerhin fiel das Thermometer tagsüber niemals auf weniger als 30 Grad im Schatten. Weil die DRL ober- beziehungsweise unterhalb des Rutschhanges aus Stahl besteht, mussten jeweils etwa 30 m außerhalb des Rutschbereiches Übergangsstücke eingesetzt werden. Um keinesfalls ein Risiko bei etwaigen Hangbewegungen einzugehen, stellte man für die Übergänge auf Stahl massive Schweißverbindungen her. Beim Verbinden der Gussrohre hingegen kam das von TRM selbst entwickelte BLSMuffensystem zum Einsatz. Dabei handelt es sich um eine längskraftschlüssige Muffenverbindung, die neben ihrer anwenderfreundlichen Verlegungsweise noch weitere überzeugende Vorteile mit sich bringt. Die einzelnen Rohre werden durch Zusammenstecken schnell und sicher zu einem 100% wasserdichten System verbunden. Somit entfallen aufwändige Schweißarbeiten, Prüfvorgänge, nachträgliche Oberflächenbehandlung oder das unnötige Offenhalten von Rohrgräben. Die simple Verlegung erspart Zeit und kann in der Regel durch die jeweiligen Baufirmen selbst erfolgen. Infolge der Aufnahme von Zugkräften durch die Verbindung erspart man sich zudem die Errichtung von Betonwiderlagern an Krümmern. Außerdem ist zur Einbettung der Gussrohre kein gesondertes Füllmaterial nötig, unmittelbar nach dem Verlegeschritt kann die Baugrube mit dem Aushubmaterial zugeschüttet werden. Für den Gussabschnitt der DRL des Kraftwerks Costeana wählte man eine Verlegetiefe von durchschnittlich 2,5 m, wobei die Rohre eine Druckstufe von PN 32 aufweisen. Die erfolgreich durchgeführte Dichtheitsprobe nach dem Abschluss der Bauarbeiten erfolgte mit dem 1,2-fachen des Betriebsdruckes.


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Innerhalb von nur 2 Wochen verlegte man im vergangenen Sommer den rund 400 m langen Gussrohrabschnitt. Die erste Bewährungsprobe hat die DRL beim Einsetzen der Schneeschmelze bravourös gemeistert.

Innerhalb der 3 Dehnungsstücke können sich die Rohre jeweils bis zu 800 mm in Längsrichtung bewegen.

BEWÄHRUNGSPROBE BESTANDEN Mittlerweile produziert die Anlage bereits seit gut einem dreiviertel Jahr sauberen Strom. Nach der Erstinbetriebnahme im Herbst erwarteten sowohl die Betreiber als auch die TRM-Vertreter gespannt die erste Bewährungsprobe der DRL beim Einsetzen der Schneeschmelze – welche das Rohrsystem

erwartungsgemäß mit Bravour bestanden hat. Trotz kontinuierlicher Hangbewegung versieht die Kraftwerksleitung zuverlässig ihren Dienst und weist keinerlei Undichtigkeiten auf. Bei TRM sieht man das geglückte Projekt gleich in zweifacher Hinsicht als positives Beispiel an: Zum einen haben sich die dukti-

len Gussrohre im schwierigen Gelände als richtige Lösung erwiesen, wodurch man die Ansprüche des Kunden vollauf erfüllte. Zum anderen erhielt man anhand der technischen Lösung wertvollen Erfahrungszuwachs, der sich bei der Umsetzung zukünftiger Herausforderungen garantiert noch als sehr nützlich erweisen wird.

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NEUE TECHNIK FÜR GRUNDABLASS DER TIROLER ROTLECH-TALSPERRE IM AUSSERFERN

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VVorderansicht orderansicht der der zwischen zwischen 1975 1975 und und 1977 1977 errichteten errichteten Rotlech-Talsperre. Rotlech-Talsperre. Mit Mit dem dem Einbau Einbau des des zweiten zweiten Grundablassschütz Grundablassschütz verfügt verfügt das das 1,3 1,3 Mio. Mio. m ³ fassende fassende Wasserreservoir Wasserreservoir nun nun über über eine eine redundante redundante Ablasseinrichtung. Ablasseinrichtung.

bauwerk zu integrieren. Dafür war es erforderlich, aus der bestehenden Betonsperre eine Kaverne auszubrechen um die neue Schütze einbauen zu können. Das Stauziel des Speichers wurde für die Zeit der Bauarbeiten geringfügig herabgesetzt“, führt Ing. Georg Hauser, Leiter des Bereichs Erzeugung bei den EWR, weiter aus. PROFIS AM WERK Mit der Lieferung und dem Einbau des neuen Verschlussorgans inklusive Hydraulikanlage wurden die Stahlwasserbauexperten der Braun Maschinenfabrik GmbH aus dem oberösterreichischen Vöcklabruck beauftragt. Der Verschluss besteht aus einem druckdich-

Der Der Einbau Einbau der der neuen neuen Absperrschütze Absperrschütze erforderte erforderte den den Ausbruch Ausbruch von von rund rund 100 100 m³ m³ Beton. Beton.

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ten Stahlgehäuse, welches auf Grund der Dimensionen und der schwierigen Einbausituation, in mehreren Teilen gefertigt und montiert werden musste, dem Verschlusskörper und der Hydraulikanlage. Der Antrieb für die Schützentafel erfolgt über einen in die Tafel eingebauten Hydraulikzylinder mit einem Kolbendurchmesser von 300 mm und einem Hub von 2780 mm. Die Spezialisten der Firma Braun Maschinenfabrik sorgten auch für den fachgerechten Einbau der neuen Bauteile unter den gegebenen schwierigen Bedingungen. Voraussetzung für die Montage des neuen Verschlussorgans waren aber die anspruchsvollen Ausbrucharbeiten von über 100 m³ Beton

„Doppelt hält besser“ trifft nun auch auf den Stahlwasserbau der Tiroler Talsperre zu. 2,7 mal 2,7 m misst die neue Ablassschütze.

Fotos: Braun

ür die planerischen Agenden vertraute die EWR auf die Erfahrung des renommierten Planungsunternehmens BHM INGENIEURE – Engineering & Consulting GmbH der Niederlassung in Linz. BHM INGENIEURE fokussiert sich auf interdisziplinäre Tätigkeitsfelder in den Bereichen Industrie, Verkehr und Kraftwerke und kann national und international auf eine Vielzahl erfolgreich umgesetzter Projekte verweisen. Der mit dem Projekt betraute Dipl.-Ing. Rudolf Kandler von BHM beschreibt das Planungsgeschehen: „Es musste im Vorfeld ein Umbaukonzept entwickelt werden, das eine Weiterführung des Turbinenbetriebes der Kraftwerksanlage ermöglichte.“ „Dieses Konzept sah vor, im bestehenden Grundablass luftseitig der vorhandenen Grundablassschütze eine neue Schütze in das Sperren-

Foto: Braun

Beim Kraftwerk Heiterwang handelt es sich um ein von den Elektrizitätswerke Reutte (EWR) betriebenes Pumpspeicherkraftwerk im Tiroler Außerfern. Versorgung erhält die 1977 erstmals in Betrieb gesetzte Anlage von einem vorgelagerten Speichersee mit einem Fassungsvermögen von rund 1,3 Mio. m³ Wasser, dem Rotlechspeicher. Im Rahmen der Anpassung der Sperrenanlage an den Stand der Technik entsprechend den Vorgaben der Staubeckenkommission wurde die Sperre mit einer zweiten Grundablassschütze ausgestattet. Für die Durchführung dieser Arbeiten wurden drei im Wasserkraftsektor bewährte österreichische Unternehmen beauftragt.


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Das neue Absperrorgan (rechts am Bild) wurde hinter der bestehenden Schützenanlage eingebaut.

sowie einen bestehenden engen Kontrollgang gelangten auch die Techniker und Monteure zur Einbaustelle. Eine der zentralen Herausforderungen des Projektes bestand in den beengten Platzverhältnissen, unter denen die Arbeiter sämtliche Beton- und Stahlwasserbauarbeiten durchzuführen hatten. Das rund 20 t schwere StahlwasserbauEquipment lieferte man schließlich mit einem Sonderfahrzeug in Teleskopladeausführung durch den Grundablass an seinen Bestimmungsort und setzte es in Millimeterarbeit an seinen Bestimmungsort ein. Neben dem Schützenbauteil mit den Abmessungen 2,7 m x 2,7 m installierten die Braun-Monteure das zum Betrieb notwendige Hydraulikaggregat. Das Antriebsmodul verfügt über redundante hydraulische Pumpen, arbeitet mit biologisch abbaubarem Öl und erlaubt mittels Kreuzschaltung einen gemeinsamen Betrieb mit dem bestehenden Hydraulikaggregat.

Foto: Braun

HERVORRAGENDE ZUSAMMENARBEIT Nach dem Abschluss der Schwertransporte und Vergussarbeiten im Dezember 2014 fanden die Installation der Hydraulikbauteile, Elektrotechnik sowie die Einbindung in die Kraftwerkssteuerung im Jänner des Folgejahres statt. Die abschließende Inbetriebsetzung und Abnahme des neuen Verschlussorgans erfolgte im März 2015 unter Anwesenheit von Vertretern der Staubeckenkommission und einem stahlwasserbautechnischen Sachverständigen. Die Mitarbeiterzeitung der EWR beschreibt das Projekt aufgrund der konstruktiven Zusammenarbeit aller beteiligten Unternehmen als vollen Erfolg. Ähnlich sieht es Rudolf Kandler von BHM INGENIEURE, die sich mit ihren Planungsleistungen im gleichen Zug wie die am Stahlwasserbau und Baumeisterarbeiten beschäftigten Unternehmen ein weiteres erfolgreiches Projekt auf ihre Referenzliste setzen können.

aus dem Sperrenkörper. Dadurch sollte eine Kaverne innerhalb der Gewichtsstaumauer zur Aufnahme des zweiten Revisionsschütze entstehen. Diesen Auftrag erhielt die aus dem Vorarl-berger Schruns stammende und auf Hoch- und Tiefbau spezialisierte Unternehmensgruppe Jäger Bau GmbH. TALSPERRE NUN AM STAND DER TECHNIK Die wichtigste Auflage beim vorgesehenen Ausbruch stellte das schonende Vorgehen bei den exakt auszuführenden Bohr-, Schneidund Handabbrucharbeiten dar. Entsorgt wurde das zum Teil mit Stahl bewehrte Ausbruchmaterial über den 15 m langen Grundablass, durch welchen ebenso die Anlieferung der Bauteile erfolgte. Durch diesen Zugang

Fotos: EWR

Foto: Braun

Sämtliche Arbeitsschritte bewerkstelligten die Techniker unter äußerst beengten Platzverhältnissen.

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AUFWÄNDIGE ROHRVERLEGUNG IM TIROLER PITZTAL

estartet haben die Bauarbeiten für das neue Wasserkraftwerk bereits im Mai des Vorjahres. Oberste Priorität hatte dabei von Anfang an für den St. Leonharder Alt-Bürgermeister Rupert Hosp, dass die Gemeinde als alleiniger Eigentümer und somit einziger Bauherr das Projekt in Auftrag gibt. Somit war die Unabhängigkeit des Kraftwerksbetriebs festgeschrieben und die Gemeinde kann die Vorteile der umweltfreundlichen Energieproduktion exklusiv für sich nutzen. Der als Ehrengast anwesende Tiroler ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf vermerkte beim offiziellen Spatenstich positiv, dass der Baubeschluss im Gemeinderat einstimmige Zustimmung gefunden hat. Zudem haben breite Teile der Bevölkerung das Projekt mitgetragen. Es gab weder Einsprüche noch Bürgerbeschwerden gegen das Bauvorhaben.

Fotos: Ingenieurbüro Eberl ZT GmbH

Noch im heurigen Jahr soll in der Tiroler Gemeinde St. Leonhard im Pitztal ein völlig neu errichtetes Wasserkraftwerk seinen Betrieb aufnehmen. Eigentum und Betrieb des Kraftwerks liegen dabei zu 100% in den Händen der Gemeinde. Durch die Nutzung des hydroenergetischen Potentials des Gebirgsbaches Pitze wird man künftig Ökostrom für rund 4.000 Haushalte erzeugen. Dafür werden zwei 6-düsige Pelton-Turbinen mit einer Engpassleistung von 4,33 MW, die im Herbst ans Netz gehen, sorgen. Fertiggestellt ist hingegen bereits die aufwändige Verlegung der fast 4 km langen Amiantit/Etertec-GFK Druckrohrleitung nach einer Bauzeit von rund 10 Monaten.

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Die Baumeisterarbeiten an Krafthaus und Wehranlage sind teilweise schon abgeschlossen.

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3.860 lfm beträgt die Länge der vollständig in Amiantit/Etertec-GFK Rohren ausgeführten Druckrohrleitung DN 1400 des neuen Gemeindekraftwerks St. Leonhard im Pitztal.

UMFANGREICHE PLANUNGEN Federführend beim Bau der neuen Kraftwerksanlage zeichnete das Tiroler Ingenieurbüro Eberl Ziviltechniker GmbH. Dieses er-

stellte im Auftrag der Gemeinde schon 2012 eine erste Machbarkeitsstudie und Vorprojektierung. Darüber hinaus sorgte man für die Einreichplanung, Förderungsabwick-


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Das Ausbruchmaterial konnte fast vollständig zum Einbetten der DRL wiederverwertet werden.

lung, Ausschreibung sowie die Ausführungsplanung und Bauaufsicht. Nach Jahren der Vorarbeit und dem Erhalt aller behördlichen Genehmigungen konnte Anfang Mai 2015 schließlich mit der Verlegung der Druckrohrleitung (DRL) in die Bauphase übergegangen werden. Der Ausgangspunkt der durchgängig in DN 1400 ausgeführten DRL aus FLOWTITE-GFKRohren der Marke Amiantit befindet sich auf einer Seehöhe von 1.281,5 m. Von der Wasserfassung bis zum Krafthaus auf 1.141,68 m verläuft die insgesamt 3.860 m lange Rohrtrasse komplett unterirdisch. Dadurch ergibt sich eine Bruttofallhöhe von 139,62 m. Die

Druckstufen der Leitung betragen PN 6 bis PN 16, bei der Steifigkeitsklasse kommt Material von SN 5.000 bis SN 10.000 zum Einsatz. Verbaut wurden Rohrstücke in den Längen von 3 bis 12m. DRL ZU 100% AUS GFK Beim Rohrmaterial setzten sich die optimalen Fließeigenschaften der GFK-Rohre des Herstellers Amiantit durch. Geliefert und bereitgestellt wurde das Rohrmaterial inklusive Sonderbauteile vom niederösterreichischen Rohrspezialisten Etertec aus Klausen-Leopoldsdorf. Geschäftsführer Udo Steidle unterstreicht einmal mehr die Vorzüge des

Rund 10 Monate dauerte die Verlegung der Rohrleitung.

FLOWTITE-Systems des deutschen Herstellers: „Sie sorgen für beste Durchflussleistungen, lassen sich mittels Muffensystem rasch verlegen und stehen für äußerst lange Lebensdauer. Zudem benötigt das Rohrmaterial weder Auskleidungen, Beschichtungen noch sonstige Maßnahmen zum Korrosionsschutz.“ Die Verlegefreundlichkeit kam den Monteuren sehr entgegen, schließlich liefen die Arbeiten unter aufwändigen Rahmenbedingungen ab. Für die Rohrverlegung engagierte man das Unternehmen Berger & Brunner, das während der fast einjährigen Bauzeit bis zu 3 Montagepartien gleichzeitig einsetzte.

Die mit der Rohrverlegung beauftragte Firma Berger & Brunner hatte bis zu 3 Montagepartien gleichzeitig im Einsatz.

Die Arbeiten durften auf bestimmten Bauabschnitten nur außerhalb der touristischen Saison erledigt werden.

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1 PROJEKT = 10 BAUABSCHNITTE Projektleiter Ing. Stefan Thomaset vom Ingenieurbüro Eberl beschreibt die komplexen Rahmenbedingungen der DRL-Verlegung, die zu einer Aufteilung in 10 Bauabschnitte führte: „Mehr als ein Kilometer der DRL verläuft unterhalb einer Landesstraße, wobei die Verlegearbeiten in diesem Bereich nur außerhalb der touristischen Saison ausgeführt werden durften. Zudem erforderte die Trassenführung Bachquerungen an 5 Stellen. Diese wiederum durften nur während der Niedrigwasserperiode hergestellt werden“. Weiters baute man in Abständen von jeweils 1.000 m sogenannte „Mannlöcher“ in den Verlauf der DRL ein. Diese 4 Sonderbauteile mit Druckdeckel und Be- und Entlüftungsventil setzte man an den geografisch zu berücksichtigenden Hoch- beziehungsweise Tiefpunkten der Rohrtrasse.

DDas as gesamte ggesamte esamte RRohrmaterial ohrmaterial inklusive iinklusive nklusive Bögen BBögen ögen und uund nd Sonderbauteile SSonderbauteile onderbauteile stellte sstellte tellte Das Rohrmaterial dder er niederösterreichische nniederösterreichische iederösterreichische Rohrvertrieb RRohrvertrieb ohrvertrieb Etertec EEtertec tertec zur zzur ur Verfügung. VVerfügung. erfügung. der

UMWELTBELASTUNG MINIMIERT Ing. Thomaset führt aus, dass in der Projektumsetzung den Punkten Transportminimierung und minimale Umweltbelastung hohe Priorität eingeräumt wurde. Mit der Erarbeitung eines Materialbewirtschaftungskonzeptes konnte etwa ein Großteil des Aushubmaterials an Ort und Stelle aufbereitet und als Bettungsmaterial wiederverwendet werden. Der Projektleiter spricht im Hinblick auf die Platzverhältnisse entlang gewisser Abschnitte der Trassenführung von einer durchwegs komplexen Aufgabe: „Für einen möglichst schonenden Einbau der Rohrleitung wählte man einen engen Verlege-Korridor. Die Herausforderung bestand darin, den naturschutzrechtlich bewilligten Bereich nicht zu verlassen. In Abstimmung mit der ökologischen Bauaufsicht konnte dies durch die Baufirma stets zufriedenstellend bewältigen werden.“

Die Verlegung der DRL teilte man wegen komplexer Rahmenbedingungen auf 10 Bauabschnitte auf.

GUTES TEAMWORK Nach dem Einbau der letzten 70 Laufmeter der DRL im März zieht Stefan Thomaset schon einmal positive Zwischenbilanz: „Der enge Terminplan gekoppelt mit den logistischen Erfordernissen erforderte ein gutes Zusammenspiel von Lieferanten und Monteuren. Dazu stand uns als Projektkoordinatoren die Firma Etertec als kompetenter und erfahrender Partner stets zur Seite. Außerdem soll auch nicht unerwähnt bleiben: Die Zusammenarbeit mit den Grundstückseigentümern und Anrainern während der Bauphase ist durchwegs sehr positiv verlaufen.“ Mit dem Abschluss der Verlegung der DRL können die Arbeiten an der Errichtung des neuen Wasserkraftwerks im Pitztal weiter voranschreiten. Schon in den kommenden Monaten werden die PeltonTurbinen angeliefert und montiert, der Beginn des Probebetriebs soll im Herbst starten.

ETERTEC GmbH & Co. KG Email: office@etertec.at www.etertec.at

Amiantit Germany GmbH Email: info-de@amiant.eu www.amiantit.eu

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Die DRL verläuft mehr als einen Kilometer unterhalb einer Landstraße. Zudem stellten die Monteure 5 Bachquerungen her.


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Alle Fotos: TIWAG

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Beengte Platzverhältnisse am Standort verlangten nach einer innovativen technischen Lösung: An der Wehranlage Runserau des Kraftwerks Imst gelangen die Fische seit 2015 via Liftsystem ins Oberwasser.

INBETRIEBNAHME DES 1. FISCHLIFTES ÖSTERREICHS AN DER WEHRANLAGE RUNSERAU AM TIROLER INN Der Fischlift Runserau stellt als 1. Fischlift Österreichs ein innovatives Vorhaben dar. Dieser Bautyp wurde gewählt, um die Durchgängigkeit an der bestehenden Wehranlage Runserau am Inn mit beengten Platzverhältnissen und hohen Wasserspiegelschwankungen im Oberwasser herzustellen. Diese Maßnahme des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) wurde zwischen 2014 und 2015 von der TIWAG mit Unterstützung von Bund und Land Tirol über das „Umweltförderungsgesetz“ umgesetzt. Gastbeitrag von: Ing. Oberwalder M. und Dr. Schletterer M. ie Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Gewässer für Fische im natürlichen Fischlebensraum und die Vernetzung von Lebensräumen ist eine der zentralen Maßnahmen im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2009. Zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wurde in Tirol vom Landeshauptmann am 1. Dezember 2011 ein Maßnahmenprogramm zur Sanierung von Fließgewässern verordnet. Als „2015-Ziel“ wurde die Herstellung der Durchgängigkeit an Migrationshindernissen im prioritären Gewässernetz definiert. Innerhalb dieses prioritären Sanierungsraumes liegen drei Anlagen der TIWAG: das Kraftwerk Langkampfen, das Kraftwerk Kirchbichl und das Kraftwerk Prutz (mit der Wehranlage Runserau und der Wasserfassung Wenns). An drei Standorten konnten „Standard-Lösungen“ (Vertical-Slot in Kombination mit einem naturnahen Umgehungsgerinne) geplant werden. An der Wehranlage Runserau herrschen allerdings schwierigere Rahmenbedingungen.

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Baugrube zur Errichtung eines vorgelagerten Schlitzpassbauwerks im Unterwasserbereich der Wehranlage.

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Einlaufrechen des fertigen Dotierwassereinlaufbauwerks.

Fortgeschrittene Betonarbeiten am Schlitzpassbauwerk.

Errichtung des Dotierwassereinlaufbauwerks im Rückstaubereich.

WEHRANLAGE RUNSERAU: RAHMENBEDINGUNGEN IN HINBLICK AUF DIE HERSTELLUNG DER FISCHDURCHGÄNGIGKEIT Das Kraftwerk Imst wurde in den Jahren 1953 bis 1956 errichtet. Als Laufkraftwerk mit Schwellbetrieb nutzt es das relativ große Gefälle des Inn zwischen Prutz und Imst. Die Wehranlage Runserau am Inn weist drei Felder von je 13 m lichter Weite und 10 m Verschlußhöhe auf, die mit zweiteiligen Hakenschützen ausgerüstet sind. Das Triebwasser (Ausbaumenge von 85 m³/sec) wird am rechten Ufer über einen stehenden Rechen dem Inn entnommen und fließt über den Entsander in den 12,3 km langen Druckstollen. Die Platzverhältnisse sind an der Wehranlage Runserau beengt: Orographisch links ist sie in anstehendem Fels eingebunden, orographisch rechts befindet sich das Entsanderbauwerk. Angesichts der hohen Wasserspiegelschwankungen im Oberwasser war die Herstellung der Fischdurchgängigkeit mit erprobten Methoden nicht umsetzbar. Daher wurde nach Alternativen gesucht und im Bautyp „Fischlift“ die optimale Lösung gefunden. Der Bautyp Fischlift wurde in Österrreich erstmalig von der TIWAG an der Wehranlage Runserau umgesetzt.

SONDERLÖSUNG FISCHLIFT In Österreich gab es bisher keine Erfahrungen mit Fischliften, daher wurde eine umfassende Literaturstudie und ein Austausch mit Betreibern im Ausland durchgeführt. Fischlifte kommen weltweit – ähnlich wie Fischschleusen – meist dort zum Einsatz, wo große Höhenunterschiede zu überwinden sind und die Platzverhältnisse für das Anlegen „konventioneller“ Fischwanderhilfen fehlen. Fischlifte und auch Fischschleusen werden insbesondere für diadrome Fischarten seit Jahrzehnten mit Erfolg betrieben und können nachweislich hohe Effektivität erreichen. Internationale Beispiele zeigen, dass Fischlifte bei korrekter Positionierung und Ausführung der Einstiegssituation gut funktionieren. ZIELARTEN BACHFORELLE & ÄSCHE Aus gewässerökologischer Sicht ist der Inn im Bereich der Wehranlage Runserau den Fischregionen Hyporhithral (Äschenregion) bzw. Metarhithral (Untere Forellenregion) zuzuordnen und befinden sich

Trennwände der Becken des in „Vertical Slot“-Bauweise ausgeführten Fischpasses.

Der Reusenkorb transportiert die wanderwilligen Gewässerlebewesen ins Oberwasser.

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Nach etwas mehr als einem Jahr Bauzeit konnte das Fischliftsystem im Dezember 2015 in Betrieb gehen.

in der Bioregion „Unvergletscherte Zentralalpen“, Sondertyp „Großer Fluss“. Als Zielarten sind also insbesondere Bachforelle und Äsche (maßgebende Fischlänge = 50 cm) zu nennen, weiters kommen Regenbogenforelle, Bachsaibling, Koppe und Elritze vor. ÖSTERREICHS 1. FISCHLIFT Dieser Bautyp wurde gewählt, um die Durchgängigkeit an der bestehenden Wehranlage Runserau am Inn mit beengten Platzverhältnissen und hohen Wasserspiegelschwankungen im Oberwasser herzustellen. Zwei Einstiege im Unterwasser und konventionelle Schlitzpassanlagen gewährleisten die Auffindbarkeit der Fischwanderhilfe. Das Fischliftbauwerk selbst entspricht den jüngst ausgeführten und funktionstüchtigen Ausführungsbeispielen aus dem europäischen Ausland. Die Förderhöhe des Liftes überragt die Höhe des Wanderungshindernisses, um eine Rückgabe der Fische im Oberwasser mit großer Entfernung zum Wanderungshindernis zu ermöglichen. Die Anbindung der Fischwanderhilfe wurde damit angesichts der gegebenen Strömungsverhältnisse unter- und oberwasserseitig optimiert. Baubeginn war September 2014. Vor der Inbetriebnahme im Dezember 2015 wurde eine sicherheitstechnische Abnahmeprüfung des „Fischliftes“ unter Zugrundelegung der Maschinen-Sicherheitsverordnung (MSV 2010 BGBl. 282/2008), des Tiroler Aufzugs- und Hebeanlagengesetzes (LGBl. 153/2012) und der gültigen Aufzugsnorm, vom TÜV durchgeführt. Der Fischlift Runserau konnte anschließend am 22. Dezember des Vorjahres termingerecht in Betrieb genommen werden.

Panoramablick aus der Vogelperspektive auf die komplette Wehranlage Runserau.

ERSTE MONITORINGDATEN & AUSBLICK Durch den konventionellen Einstieg (Vertical-Slot mit 2 Einstiegsmöglichkeiten) kann der Fischlift Runserau als ein „gut auffindbarer Schlitzpass mit Dauerbetrieb einer Kontrollreuse im obersten Becken und automatischer Rückgabe am günstigen Standort 600 m weiter stromaufwärts“ bezeichnet werden. Dies bestätigen erste MonitoringDaten die mit einem VAKI-Riverwatcher im Schlitzpass sowie einer Kamera im Reusenkorb bereits den Aufstieg einiger Forellen dokumentiert haben. Derartige Monitoringdaten liefern neben dem eigentlichen Funktionsnachweis wertvolle Informationen über die zeitliche Staffelung und Intensität des Laichaufstiegs und dem allgemeinen Wanderverhalten der Fische. In weiterer Folge könnten zum Beispiel – ähnlich wie in Frankreich, wo aus einigen Fischliften Maifische für die Laichgewinnung entnommen werden – gezielt Äschen zur Laichgewinnung für das Artenschutzprojekt „Inn-Äsche“ des Tiroler Fischereiverbandes am Fischlift Runserau entnommen werden. Neben der Herstellung der Durchgängigkeit gewährleistet die Mindestdotation von 5 m³/s den Wanderkorridor in der Restwasserstrecke und verbesserte den für die aquatische Bodenfauna nutzbaren Lebensraum und die Habitateignung für die Fischarten Bachforelle und Äsche deutlich. Dadurch ergaben sich positive Auswirkungen auf die gesamte Restwasserstrecke bis hin zur Rückgabe bei Imst. Literatur: Martin Schletterer, Robert Reindl und Stefan Thonhauser (2015): Ökologische Grundlagen und Randbedingungen für die Planung des 1. Fischliftes Österreichs an der Wehranlage Runserau, Tirol. WasserWirtschaft 7/8: 91-98.

DER FISCHLIFT BESTEHT IM WESENTLICHEN AUS: • Dotierwassereinlaufbauwerk • Dotierwasserabgabe über Stollen vom Einlaufbauwerk zum Schlitzpass • Schlitzpassbauwerke „Vertical Slots“ mit Verteilbecken, 2 Einstiege, 25 Becken • Fischlift (Hubhöhe 16,6 m) • Pumpenhaus mit Pumpenzuleitung zum Fischlift • Abschwemmleitung

Das derzeit laufende Monitoringprogramm bestätigt die Funktionsfähigkeit des Systems.

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Die aktuelle Lage auf dem europäischen Strommarkt zwingt die Kraftwerksbetreiber durch den grossen Kostendruck zu einem radikalen Überdenken ihrer Instandhaltungsstrategien. Dazu kommen die gesetzlichen Forderungen der Produktesicherheit (Konformität) und des betrieblichen Unfallschutzes. Erfahrungen mit Revisions- und Erneuerungsprojekte elektromechanischer Ausrüstungen zeigen, dass aktuelle Lieferungen aus verschiedenen Gründen die Anforderungen nur teilweise erfüllen. Die Minimierung der Betriebs- und Instandhaltungskosten sind in der Entwicklung kaum ein Thema und Betriebstüchtigkeitsaspekte spielen nur eine untergeordnete Rolle. Dazu kommen die Maximalforderungen bezüglich Sicherheit der Maschinenrichtlinie, bei wesentlichen Änderungen auch in der Instandhaltung und Erneuerung. 1. ANFORDERUNGEN AN KRAFTWERKSAUSRÜSTUNGEN 1.1 GRUNDSÄTZLICHE ANFORDERUNGEN Moderne Kraftwerksausrüstungen müssen grundsätzlich: marktgerecht (kundengerecht), sicher (konform, den Anforderungen entsprechend) und betriebstüchtig (zuverlässig, verfügbar und instandhaltbar) sein. Damit werden die Ansprüche des Bauherrn, die gesetzlichen Anforderungen der Produktesicherheit und der Arbeitssicherheit sowie der Betriebstüchtigkeit erfüllt. Mit geringen Investitionskosten, einer hohen Effizienz und tiefen Betriebs- und Instandhaltungsaufwendungen werden optimale Lifecycle - Kosten erreicht. Daraus leiten sich die Anforderungen an Reliability, Availability, Maintenance und Safety (RAMS) ab. Die Lebensdauer von elektromechanischen Ausrüstungen beträgt mindestens 70 Jahre. Während dieser Zeit werden 3 – 10 mechanische und elektrische Grossrevisionen geplant. Zusätzlich werden nach Gewaltnutzungen und Störungen weitere ungeplante Instandsetzungen notwendig. Damit sind die Revisionskosten wirtschaftlich entscheidend, um folgende Aspekte optimal zu erreichen und entsprechend den steigenden Anforderungen Schwachstellen beseitigen zu können: • Betriebstüchtigkeit mit den Faktoren Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Instandhaltung • Sicherheit: Maschinenrichtlinie (Produktesicherheit) und Arbeitssicherheit (UVG, Betriebsschutzverordnung)

1.2 INSTANDHALTUNG Die Betriebsführung wird aufgrund der betrieblichen Anforderungen und der wirtschaftlichen Bedingungen (oder Möglichkeiten) eine optimale Instandhaltungsstrategie fahren. Aus heutiger Sicht muss dies eine operative Instandhaltung sein.

Foto: HSR

KUGELSCHIEBER FÜR WASSERKRAFTWERKE STAND DER TECHNIK UND ANFORDERUNGEN

Kugelschieber Bieudron - in Betrieb seit 1998 Durchmesser 1400 mm Statischer Druck 1883 mWS Konstruktionsdruck 2071 mWS Nenndurchfluss 25 m3/s Turbinenleistung 400 MW Höchstleistungs-Kugelschieber mit Designkonzept Gebrauchstauglichkeit

Operative Instandhaltung ist die vorbereitete, zeitnahe Instandhaltung vor oder nach Störung. Mit dem Ziel der wirtschaftlichsten Betriebsführung und Instandhaltung führt die operative Instandhaltungsstrategie zur Forderung der Austausch-Instandsetzung. Austauschinstandsetzung bietet folgende Vorteile bei der Bewältigung immer anspruchsvolleren Aufgaben einer wirtschaftlichen Betriebsführung mit Kosteneinsparungen: • Werkstattqualität ist immer höher als vor Ort Qualität • Wechsel einer Ausrüstung ist schneller als die vor Ort Instandsetzung • Austauschinstandsetzung erhöht Auslastung des Instandsetzungspersonales • Austauschinstandsetzung ermöglicht operative Instandsetzung • Austauschinstandsetzung ist der Schlüssel zur Reserve- und Ersatzteilfertigung • Austauschinstandsetzung erlaubt flexiblen Einsatz des Instandsetzungspersonals mit Montage vor Ort und Fertigung, Reparatur in der Werkstatt

1.3 GESETZLICHE UND BEHÖRDLICHE VORGABEN Zu beachten sind einerseits die Vorgaben der Produktesicherheit, europaweit einheitlichen Richtlinien und harmonisierte Normen: • Maschinenrichtlinie 2006/42/EG • Richtlinie über die elektromagnetische Verträglichkeit 2014/30/EU (EMV-Richtlinie) • EN ISO 12100:2010 (Risikobeurteilung), • EN ISO 13849-1:2015 (Sicherheit von Maschinen - Steuerungen)

und andererseits der Arbeitssicherheit: • In der Schweiz: Bundesgesetz über die Unfallversicherung UVG 832.20 Stand 01.01.2013 und die Verordnung über die Verhütung von Uwnfällen und Berufskrankheiten VUV 832.30 Stand 01.01.2016 • In Europa die länderspezifischen Betriebsschutzverordnungen

Sowohl die Vorgaben der Produktesicherheit, wie der Arbeitssicherheit verlangen die Verhütung von Unfällen mit Konstruktionen und Massnahmen auf dem Stand der Technik. Dies gilt für neue Inverkehrbringungen, wie auch für Instandhaltungsmassnahmen mit wesentlichen Änderungen.

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Foto: Andritz

Grafik: HSR

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Die Instandhaltung umfasst folgende Tätigkeiten:

Zusammenfassend können die Anforderungen aufgrund der Produktesicherheit, wie der Arbeitssicherheit auf folgende Aspekte verallgemeinert werden:

Druckanstieg abhängig von der effektiven Durchströmung exakt simuliert und mit einem optimalen Schliessgesetz minimiert werden.

Grafik: HSR

• Stillsetzung / Erreichung eines sicheren Zustandes der Maschine aus allen Betriebsarten: Normalbetrieb, Sonderbetrieb, Instandhaltung und allen Störfällen • Sicherung dieser Stillsetzung CFD – Bemessung Schliessvorgang

2. ANFORDERUNGEN AN KUGELSCHIEBER

Der in der Praxis immer noch angewandte Zuschlag von 50% auf den statischen Druck kann in einem konkreten Kraftwerksystem zu konservativ oder gefährlicher, auch zu klein sein. Grafik: HSR

2.1 ANLAGENKONZEPT Das Anlagenkonzept soll sich durch möglichst kleine Betriebs- und Instandhaltungskosten auszeichnen. Austauschinstandsetzung bedeutet dabei, dass einzelne Abschlussorgane jederzeit komplett unabhängig vom Weiterbetrieb der übrigen Maschinesätze an der gleichen Druckleitung instandgesetzt werden können. Konsequenterweise führt das zur Forderung von Revisionsabschlüssen vor den Kugelschiebern.

Grafik: HSR

Kugelschieberanlage mit Revisionsabschlüssen

2.2 TRAGSICHERHEIT: BEMESSUNG Mit der Stahlwasserbau-Norm DIN 19704:2014 auf Basis des Eurocodes (EN 1990, EN 1991, EN 1993 und weitere) steht ein modernes, anerkanntes und präzises Bemessungskonzept zur Verfügung. Zu beachten ist dabei, dass für den Nutzungszustand „Rohrbruch“ Simulationsrechnungen mit moderne CAE-Tools, das heisst Druckstossberechnungen, Strömungsberechnung mittels CFD und Strukturberechnungen mit FEM über das ganze System des Kugelschiebers und der gesamten Druckleitungen notwendig sind. Mit diesen Softwaretools kann das gesamte System abgebildet werden und der dynamische

Schliessdrücke simultan mit CFD und Druckstossrechnung optimiert

2.2 TRAGSICHERHEIT: DESIGNKONZEPT Ein optimales Konstruktionskonzept zeichnet sich durch wenige, einfache Teile und eindeutigem Kraftfluss ohne Überlagerungen aus. Dies bedeutet auch kleine Engineering- und Herstellkosten. Austauschinstandsetzung muss dabei für tiefe Instandhaltungskosten umgesetzt sein. Das führt zu folgendem Konzept: • Ungeteiltes Gehäuse mit einteiligem Drehkörper • Fundationskräfte werden integral von der Dilatation über die Gehäuse des Kugelschiebers und des Revisionsabschlusses auf den Druckleitungsanschluss geführt • Der Ausbau des Drehkörpers, der Lager und des Antriebs soll direkt ohne Demontage der Gehäuse und der Rohrleitungsverschraubungen möglich sein

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2.3 GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT: DESIGNKONZEPT Das Anlagenkonzept soll sich durch möglichst kleine Betriebs- und Instandhaltungskosten auszeichnen. Austauschinstandsetzung bedeutet dabei, dass die Abschlussorgane komplett unabhängig vom Weiterbetrieb der übrigen Maschinesätze an der gleichen Druckleitung instandgesetzt werden können.

Antrieb Kugelschieber-Revisionsabschluss mit Detail überwachtem Sicherungsbolzen (Sicherung der Stillsetzung)

• Oberwasserseitiges Anschlussrohr an den Fundamentring der Druckleitung mit Anschlüssen für die Füll- und die Entleerungsleitung • Entleerungsleitung • Revisionsschieber mit statischer Dichtung als Revisionsabschluss mit Entleerungs- und Leckageleitung • Einfacher, aufsteckbarer Antriebsmodul für Revisionsschieber mit Hydraulikzylinder, Endschalter und Sicherungsbolzen in offener und geschlossener Stellung • Füll-Leitung Revisionsschieber als Bypass mit abschliessbaren, redundanten Revisionsventilen und redundanten Arbeitsventilen • Zwischenrohr mit Anschlüssen für die beiden Füll-Leitung und eine Leckageleitung; Ausbaurohr für Revisionsabschluss • Vereinfachter, damit zuverlässigerer Abschluss-Schieber nur mit Betriebsdichtung mit Entleerungs- und Leckageleitung • Kompakter, aufsteckbarer Antriebsmodul ohne Verformungen durch Betriebslasten für Abschluss-Schieber mit Schliessgewicht, Hydraulikzylinder, Sensorik und Sicherungsbolzen in offener und geschlossener Stellung • Füll-Leitung Abschluss-Schieber als Bypass • Unterwasserseitiges Ausbaurohr mit Dilatation • Einrichtungen für Arbeitssicherheit (Abschrankungen, Podeste, Geländer, Zugänge, Anzeigen)

Grafik: HSR

Dieses Konzept führt zu einer verbesserten Betriebstüchtigkeit und erlaubt die kostengünstige Austauschinstandsetzung. Die unabhängige Instandhaltung der einzelnen Maschinensätze wird möglich. Die Druckleitung muss dafür auch bei der Instandhaltung des Kugelschiebers nicht mehr entleert werde. Die Kugelschieber können jederzeit zugänglich gemacht werden, ohne den Betrieb der benachbarten Maschinen einzuschränken.

Kugelschieberanlage Schnitt mit Details der Dichtungen

2.3 GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT: MAXIMALE ZUVERLÄSSIGKEIT (RAMS) Der gesamte Kugelschieber wird entscheidend vereinfacht. Es muss nur noch die Betriebsdichtung angesteuert und überwacht werden. Es wird eine integrale Struktur vom Fixpunkt der Druckleitung bis zur Dilatation des Ausbaurohres erreicht, das heisst die Druckleitung bleibt strukturell erhalten. Der Antriebsmodul mit Schliessgewicht und Hydraulikzylinder überträgt nur das Drehmoment direkt auf die Antriebswelle. Das Gehäuse wird durch die Antriebskräfte nicht belastet und damit auch nicht deformiert. Kritische Trennstellen bezüglich Dichtigkeit und mechanischer Kupplung (Querkräfte und Momente) sind

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Grafik: HSR

Das kann mit folgendem Konzept erreicht werden:

nicht vorhanden. Die statischen Dichtungen sind ohne Ausnahme durchgehend und ohne kritische Übergänge konstruiert. Die aufwändige Revisionsdichtung mit Verstellmechanismus und die anfällige Mechanik zur Sicherung der Stillsetzung entfallen vollständig. Der Revisionsabschluss wird mit einer extrem langlebigen, metallischen Dichtung ohne Antrieb ausgestattet. Allfällige Leckagen werden kontrolliert über eine Leckageleitung ohne Beeinträchtigung der Instandsetzungsarbeiten abgeführt. Die Sicherung der Stillsetzung erfolgt auf sehr einfache Art auf höchstem Sicherheitsstandard ohne Einschränkung des Weiterbetriebs der benachbarten Maschinengruppen und ohne Einschränkung der Instandhaltungsarbeiten am unterwasserseitigen Kugelschieber und an der Maschinengruppe. 2.3 GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT: VERFÜGBARKEIT (RAMS) Durch den uneingeschränkten Weiterbetrieb der weiteren Maschinengruppen wird der Produktionsausfall bei Störungen und Instandhaltungsarbeiten auf ein Minimum reduziert. Durch Instandhaltung bei Teillastbetrieb der Anlage kann eine Energieverfügbarkeit von 1 (100%) erreicht werden. Die Aufwände für Instandhaltungsarbeiten können bezüglich Zeitbedarf massiv reduziert werden. 2.3 GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT: INSTANDHALTUNG (RAMS) Durch den vorgeschalteten Revisionsabschluss ist die operative Instandhaltung mit Austauschinstandsetzung des gesamten Abschluss-Systems ohne Einschränkungen gegeben. Das gleiche gilt für die konstruktive Ausbildung des Kugelschiebers. Sämtliche Instandhaltungsarbeiten können ohne Demontage des Gehäuses und der tragenden Rohrleitungsverschraubung ausgeführt werden. Nur für das Auswechseln der Betriebsdichtung muss das Ausbaurohr ausgebaut werden. Das gilt für den Drehkörper mit Dichtring, die Lagerung und den Antriebsmodul. Die Ansteuerung des Antriebsmoduls erfolgt mit Standardkomponenten der Ölhydraulik. Die Ersatzteilhaltung ist durch die Reduzierung der Anzahl der Komponenten, durch Verwendung von handelsüblichen Antriebs- und Steuerungskomponenten und mit dem Zeitgewinn zur Beschaffung durch die Austauschinstandsetzung wesentlich reduziert. Durch verbesserte Inspektionsmöglichkeiten ohne Komplettdemontage werden markant längere Instandsetzungsintervalle zustandsabhängig erreichbar. Der vorgelagerte Revisionsabschluss wird nur bei ausgeglichenem Druck bewegt. Zusammen mit der einfachen, soliden Konstruktion und den wenigen Schaltspielen wird ein safe-life – Verhalten realisiert. Der Revisionsschieber ermöglicht eine sichere und einfach zu realisie-


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rende Druckprobe vor dem endgültigen Einbau und der Inbetriebnahme. Überraschungen durch lecke Dichtungen ohne Möglichkeiten der raschen Behebung sind vermeidbar. Generell wird eine Reduktion der Instandhaltungsaufwendungen und Instandhaltungskosten erreicht. 2.3 GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT: SAFETY (RAMS) Das vorgeschlagene Konzept mit Revisionsschieber erlaubt die konforme Sicherung der Stillsetzung des einzelnen Kugelschiebers und Maschinensatzes ohne Entleerung der Druckleitung und einen uneingeschränkten Betrieb der weiteren Turbinen an der gleichen Druckleitung. Der Kugelschieber kann bei jeder günstigen Gelegenheit mit wenig Aufwand freigeschaltet und für Instandhaltungsarbeiten ohne Gefährdung des Personals zugänglich gemacht werden. Damit können alle Forderungen der Maschinenrichtlinie und des betrieblichen Unfallschutzes voll und ganz erfüllt werden. 3. ÜBERWACHUNGEN, STELLUNGSMESSUNG Der Kugelschieber wird nach der ISO 13849-1:2015 und der DIN 19704:2014 mit Endschaltern und einer kontinuierlichen, absoluten Stellungsmessung ausgerüstet. Damit wird der Performance Level b erreicht. Ein Ausfall der Stromversorgung darf nie zum Verlust der Information der Stellung führen. Bei grösseren Kugelschiebern ist eine Stellungsüberwachung „offen“ der Betriebsdichtung unbedingt zu empfehlen. Der Revisionsabschluss muss mit einer überwachten Blockierung der geschlossenen Stellung (Sicherung der Stillsetzung) ausgerüstet sein. Die Offenstellung wird mit einer überwachten mechanischen Verriegelung versehen. Damit können alternative Stellungssensoren eliminiert werden. 4. ZUSATZAUSRÜSTUNGEN Aufstiege und Podeste erlauben sichere Wartungsarbeiten und Inspektionsmöglichkeiten. Fest installierte Hubmittel und Hilfsmittel, sowie Revisionsöffnungen gewährleistet die Sicherheit bei Instandhaltungsarbeiten.

Grafik: HSR

5. FABRIKATION Das vorgeschlagene Konzept erlaubt eine Anwendung qualitativ hochstehender, handelsüblicher Stahlblecherzeugnisse. Schweissnähte sind auf ein Minimum reduziert oder durch Einsatz von Schmiedeteilen und CNC-gesteuertem Fräsen aus dem Vollen sogar komplett vermeidbar.

Schema Kugelschieberanlage

Das reduziert die Prüfkosten in der Fabrikation erheblich und trägt zu einer verbesserten Qualität bei. Unter Ausnützung heutiger Fabrikationsmöglichkeiten dürften niedrigere Herstellkosten resultieren. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit,

Instandhaltung und die Safety aus und damit auf die Betriebs- und Instandhaltungskosten. 6. KOSTEN Bei Instandhaltungsarbeiten, von der Inspektion bis zur Gross-Instandsetzung einer konventionellen Kugelschieberanlage fallen sehr grosse Zusatzkosten durch grossen Produktionsausfall aller stillgelegten Maschinengruppen an der gleichen Druckleitung an. Die Entleerung und vor allem das Füllen der Druckleitung benötigen viel Zeit und verursachen entsprechend hohe Kosten. Der Kugelschieber ist das ultimative Sicherheitselement für die Wasserkraftanlage. Entsprechend hat der Betreiber einen hohen Bedarf an Zustandsdaten, um den zuverlässigen Notschluss garantieren zu können. Für einen Kostenvergleich wurde eine typische Kraftwerksanlage wie folgt zu Grunde gelegt: • 3 Pelton – Turbinen: total 70 MW • Jahresproduktion ca. 200 GWh

Abstimmungen mit Kraftwerksbetreibern ergaben folgende Aufwendungen: • Produktionsausfall CHF 20‘000.- bis 50‘000.- pro Maschine / Tag • Demontagezeit eines Kugelschiebers ca. 1 Woche • Montage des Kugelschiebers mit vorgespannten Verschraubungen ca. 1 Woche • Entleerung der Druckleitung ca. 2 Tage und das Füllen rund 3-5 Tage.

Zur Beurteilung werden die Herstellkosten und Revisionskosten abgeschätzt und verglichen: Revisionskosten ohne Revisionsabschluss: Revisionskosten mit Revisionsabschluss: Kosteneinsparung:

1‘785‘000 CHF 595‘000 CHF 1‘190‘000 CHF

Investitionskosten ohne Revisionsabschluss Investitionskosten mit Revisionsabschluss Mehrkosten:

1‘500‘000 CHF 2‘400‘000 CHF 900‘000 CHF

Die zusätzlichen Investitionskosten liegen in der Grössenordnung einer Instandhaltung. Zuverlässige Kalkulationen sind für den konkreten Fall gut möglich. Bei einer Lebensdauer von 70 bis 100 Jahren mit drei bis zehn Grossinstandsetzungen kann die Wirtschaftlichkeit des neuen Konzeptes insbesondere ab zwei Maschinensätzen an der gleichen Druckleitung mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. Ebenfalls sind Einsparungen mit der Möglichkeit der operativen Instandhaltungsstrategie und Austauschinstandsetzung beträchtlich. 7. LEISTUNGEN SITEC Die vorgeschlagenen Lösungen basieren auf umfangreichen Erfahrungen mit der Spezifikation, Abwicklung und Inbetriebsetzungen bei vielen und grossen Instandsetzungsprojekten. Konkrete Beispiele sind auskonstruiert und fertig bemessen worden. Das SITEC kann als unabhängiges Kraftwerksinstitut Fachkompetenz und Ingenieurkapazitäten für Hersteller und Bertreiber bieten. AUTOR: Prof. Jürg Meier, Dipl. Masch. Ing. ETH, Institut für Anlagen- und Sicherheitstechnik SITEC, HSR Hochschule für Technik Rapperswil, Oberseestrasse 10, CH 8640 Rapperswil www.sitec.hsr.ch

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chon in der Zeit der mechanischen Wasserkraft und Wasserräder spielte die Reinigung des Einflussbereichs eine wichtige Rolle. Wasserräder konnten aber Laub und kleines Geschwemmsel relativ problemlos schlucken und weitertransportieren. Maßnahmen bezogen sich damals also meist auf das Fernhalten von grobem Geschwemmsel vom Zulauf – was relativ unproblematisch ohne den Einsatz von Treibgutrechen möglich war. Das ganze änderte sich aber, als im 19. Jahrhundert die ersten Turbinen für die Wasserkraft entwickelt wurden. Turbinen verarbeiten viel größere Wassermengen, und auch die durchströmten Querschnitte sind um einiges enger als bei Wasserrädern. Sie sind daher wesentlich empfindlicher gegen Schwemmzeug1.

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Treibgutrechen als Schutzbarriere Für das Auffangen von Schwemmgut in Turbinenkraftwerken kamen fortan Treibgutrechen im Einlaufbereich zum Einsatz. Ein Treibgutrechen besteht bekannter Weise aus einer Vielzahl parallel meist vertikal zur Gewässersohle angeordneter Metallstäbe. Je nach Schwemmgut unterscheidet sich dabei die Spaltweite. Die vertikale Anordnung begründete sich damals – wie auch heute noch – in der einfacheren Reinigung. Um Stauhöhenund Fließverluste zu vermeiden, muss aber das im Rechen hängengebliebene Schwemm-

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Heutzutage häufig anzutreffen sind Teleskop-Reinigungsmaschinen

gut regelmäßig entfernt werden. In der Anfangszeit wurde dieses noch mit der Handharke unter Einsatz von Muskelkraft erledigt. Damit Wasserkraftwerke effizienter betrieben werden können, begann man vor über 100 Jahren mechanische Rechenreinigungssysteme zu entwickeln. Schon damals errechnete man sich einen 2,5 fachen Kostenvorteil der mechanischen gegenüber der händischen Reinigung. Die ersten Lösungen, die entwickelt wurden, waren Ketten-RRM. Sie reinigten die Rechen mittels einer Streichleiste die durch eine endlose Kette angetrieben wurde. Foto: Gufler

In einem präzisen Uhrwerk greifen selbst die kleinsten Zahnräder perfekt ineinander – nur so kann eine zuverlässige Zeitanzeige über Jahrzehnte hinweg gewährleistet werden. Selbiges gilt auch für grobmechanische Systeme wie etwa Wasserkraftwerke und ihre Zahnräder – die Anlagenkomponenten. Rechenreinigungsmaschinen (RRM) spielen hierbei eine ganz besondere Rolle, denn sie stehen im Prozess der Energieerzeugung in Pole-Position. Damit der Einlaufbereich eines Kraftwerks nicht zum Flaschenhals wird, beraten Unternehmen wie die Südtiroler Gufler Metall KG seit Jahren Kraftwerksbetreiber über den richtigen Einsatz von RRM. Dabei sind neben der Wahl des richtigen Typs auch die Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit einer RRM zu beachten.

Foto: Gufler

SÜDTIROLER RECHENREINIGUNGS-TECHNIK ALS GARANT FÜR BETRIEBSSICHERHEIT

Die Teleskop-RRM ist robust, flexibel und selbst bei geringen Platzverhältnissen einsetzbar.

Heute werden moderne Ketten-RRM nur mehr bei kleineren Kraftwerken angewendet1. Zahllose Typen heute Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer mehr Typen entwickelt. Zum einen weil sich die Anforderungen durch Innovationen im Kraftwerksbereich – vor allem im Bereich der Turbinentechnik – änderten, und zum anderen weil auch die elektrotechnische Entwicklung immer schneller voranschritt. Doch auch umgekehrt hatten die Rechenreinigungsmaschinen einen großen Einfluss auf die Bauart von Wasserkraftwerken. In der Zeit der händischen Reinigung war man auf eine Rechentiefe bis maximal 6 m und eine Strömungsgeschwindigkeit von maximal 0,7 m/s limitiert1. Die Einführung der RRM machte die Kraftwerke also nicht nur betriebssicherer bei geringeren Kosten, sondern ermöglichte völlig neue Arten von Anlagen. Teleskop- und Baggerarm-RRM Eine heute sehr häufig auftretende Rechenreinigungsmaschine ist die voll- oder teilautomatische Teleskop-Rechenreinigungsmaschine. „Die Teleskop-RRM ist robust, flexibel an das Projekt anpassbar und stets zuverlässig im Betrieb“, so Alfred Gufler, Gesellschafter der Firma Gufler Metall KG. Kunden von Gufler Metall können dabei je nach Anforderung zwischen Einfach- und Mehrfach-Telesko-


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Foto: EUT

Ein hydraulischer Reinigungskammm fährt bei Bedarf von unten zwischen die Spalten des Tirolerwehrs hindurch.

Eine Besonderheit im Portfolio der Firma Gufler: Ein Tirolerwehr mit integrierter RRM.

pausführung und hydraulische und elektrische Antriebe jeder Art wählen. Auch in der Materialauswahl kann zwischen beschichtetem, verzinktem, rohem oder nichtrostendem Stahl ausgewählt werden. Doch die Teleskop-RRM hat noch weitere Vorteile: „Unsere Teleskoprechenreinigungsmaschinen können auch bei beengten Platzverhältnissen noch sehr gut eingesetzt werden“, so Gufler. Möchte man auf ein fahr- oder drehbares System zurückgreifen, so bieten sich Baggerarm-RRM an. Sie arbeiten nach derselben Funktionsweise wie die Teleskop-RRM. Spezial-RRM Fischfreundlichkeit ist nicht erst seit der Einführung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ein wichtiges Thema in der Wasserkraft. Vertikale Rechen, so vorteilhaft sie zu reinigen sind, können Fische nur bedingt vor den Turbinen fernhalten. Horizontale Rechen sind in dieser Hinsicht um einiges fischfreundlicher, da sie der meist vertikalen Form

der Fische entgegengesetzt sind. Für die Reinigung eines Horizontalrechens mussten aber spezielle RRM entwickelt werden: „Horizontale Rechenreiniger arbeiten nach dem Prinzip eines Kammes der den Rechen entlangfährt. Das Schwemmgut treibt so nach oben und wird weggespült, oder automatisch abgetrieben“, erklärt Alfred Gufler. Horizontale Rechenreinigungsmaschinen arbeiten dabei vollautomatisch und können mit einem Spülschütz kombiniert werden. Die Firma Gufler hat aber noch eine ganz besondere Art von RRM im Angebot: „Ein Tirolerwehr reinigt sich zum größten Teil selbst. Dennoch kann sich mit der Zeit einiges in den Stäben verfangen und hier kommt unsere im Tirolerwehr integrierte RRM zum Einsatz“, so Alfred Gufler. In dieser Spezialversion einer RRM schiebt sich von unten ein hydraulischer Reinigungskamm in die Spalten des Tirolerwehrs und hebt so das Geschwemmsel an, das anschließend von der Strömung fortgetragen wird. „Dieses System

eignet sich besonders für den Einsatz in exponierten Lagen im hochalpinen Raum, die nur schwer oder gar nicht zugänglich sind“, erklärt Gufler. Kompetente Beratung wichtig Mit der Vielfalt kommt die Qual der Wahl. Die richtige Rechenreinigungsmaschine zu finden bedarf einer umfangreichen Planung und kompetenter Beratung. Für die Wirtschaftlichkeit sind dabei drei Kriterien besonders maßgebend: Anschaffungspreis, Lebensdauer und Betriebskosten. Wichtig ist aber auch, den Bedarf und die Möglichkeiten genau abzuschätzen. Eine gut funktionierende Rechenreinigungsanlage kann für hohe Betriebssicherheit und sicheren Stromerträgen sorgen, eine unzureichende kann einer Anlage aber sprichwörtlich den Hahn zudrehen. 1 W.Radhuber, Rechenreinigung: Anfänge – Gegenwart – Ausblicke, Institut für Thermodynamik und Energiewandlung Wien 2008

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Für das 824 MW Wasserkraftwerk „Muskrat Falls“ des Betreibers Nalcor Energy im nördlichen Kanada liefert der oberbayerischen Stahlwasserbauspezialist Muhr mit dem HYDRONIC M-7000 den bisher größten hydraulisch betriebenen Rechenreiniger der Welt. Das XXL-Gerät wiegt rund 285 Tonnen, ist auf Schienen verfahrbar und erreicht mit seinem ausfahrbaren Teleskoparm eine gewaltige Reinigungslänge von mehr als 47 m. Der Weg auf die oberste Etage zur Steuerkabine der Maschine führt über 4 Treppen mit insgesamt 62 Stufen. Die Montage der im Auftrag von Andritz Hydro gefertigten Rechenreinigunsmaschine (RRM) erfolgt noch in diesem Jahr.

Foto: Muhr

MUHR LIEFERT WELTGRÖSSTEN RECHENREINIGER FÜR KANADISCHES MEGA-KRAFTWERK Steht (noch) nicht im Guinness-Buch der Rekorde, ist aber trotzdem der Weltrekordhalter in puncto Größe: Der hydraulische Rechenreiniger HYDRONIC M-7000.

um Einsatz kommt die HYDRONIC M-7000 am Kraftwerk „Muskrat Falls“ in der kanadische Provinz Neufundland und Labrador. Die Anlage „Muskrat Falls“ ist Teil des sogenannten „Lower Churchill Project“. Dabei will man in den nächsten Jahren das bisher ungenutzte hydroenergetische Potential des Lower Churchill River zur Gewinnung von Ökostrom verwenden. Das Mega-Kraftwerk wird mit 4 Kaplan-Turbinen des Herstellers Andritz Hydro ausgestattet, die bei einer Leistung von 824 MW jährlich rund 4.900 GWh Energie erzeugen werden. Die Inbetriebnahme des Muhr Rechenreinigers ist für das 3. bis 4. Quartal 2016 geplant. Für Aufsehen auf dem Gelände des Herstellers sorgte die RRM bereits während des Probelaufs im Dezember. Mehrfach wurde bei Muhr nachgefragt, ob es sich bei dem Rechenreiniger um eine neue Attraktion für Volksfeste oder Vergnügungsparks handle.

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ERFAHRUNG MACHT SICH BEZAHLT Obwohl Muhr über jahrzehntelanges Know-how in der Konstruktion von Stahlwasserbaukomponenten für die Großwasserkraft verfügt, war das Projekt „Muskrat Falls“ eine spezielle Herausforderung. „Bei der Entwicklung des HYDRONIC M-7000 profitierten unsere Planer besonders von den gesammelten Erfahrungen eines ähnlichen Projekts in der jüngeren Vergangenheit. 2008 schon lieferten wir für die Anlage „Rock Island“ am Columbia River im US-Bundesstaat Washington einen hydraulischen Rechenreiniger mit einem 45 m langen Teleskopausleger“, verweist Florian Kufner von Muhr auf den Ex-Weltrekordhalter. GRÖSSER – HÖHER - SCHWERER Wegen der enormen Abmessungen – 36 m ragt die RRM in ihrer Ausgangsstellung in die Höhe – wählte man eine höchst massive windund strömungsresistente Konstruktion. Die robuste Bauweise wirkte sich klarerweise auf das Gewicht der Maschine aus, die in ihrer finalen Ausführung rund 285 Tonnen wiegt. Bewegt wird die RRM auf einer 264 m langen Gleisanlage mit einer Spurbreite von 9 m. Dabei reinigt sie die insgesamt 12 Schutzrechen mit einer Höhe von 28 m und einer Breite von 7,1 m und hält den Einlaufbereich des Kraftwerks frei von Treibgut. Wegen der kurvenförmigen Bahn des Schienenweges verfügt das Fahrwerk der RRM sogar über einem Spurausgleich. Neben seiner Reinigungsfunktion kommt der Rechenreiniger auch als mobiler Kran zum Ein- und Ausheben der Dammtafeln zum Einsatz. Ermöglich wird dies durch eine auf der Unterseite der

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Maschine angebrachte Seilwinde, die mit ihren 4 Lastseilen 50 Tonnen Hublast bewältigen kann und zudem mit einem eigenen Fahrwerk ausgestattet ist. HOHE ANSPRÜCHE AN BAUTEILE Aufgrund der extremen Temperaturunterschiede im Norden Kanadas konnte man ausschließlich elektrische und hydraulische Komponenten verbauen, die sowohl bei -40 Grad als auch bis +40 Grad Celsius garantiert einsatzfähig bleiben. Zudem galt es, zahlreiche extrem strenge Vorgaben der kanadischen Normen und des Betreibers hinsichtlich konstruktiver Sicherheit und elektrischer Zulassungen einzuhalten. Dies stellte sowohl die Planer als auch die Einkäufer des bayerischen Stahlwasserbauers vor große Herausforderungen. Einem Mega-Bauvorhaben entsprechend aufwändig gestaltete sich auch das Projektmanagement. Während der einjährigen Entwicklungsphase entstanden mehr als 1300 Zeichnungen und Dokumente. Die projektbezogenen Emails belaufen sich bislang auf über 4.000 Stück.


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Zur Kundenabnahme wurde der Rechenreiniger auf dem Muhr Werksgelände im oberbayerischen Brannenburg komplett aufgebaut, die Montage an seinem kanadischen Bestimmungsort steht kurz bevor.

Foto: zek

Ausladung von 10 m eine Hublast von 5 Tonnen problemlos bewältigt“, erklärt Florian Kufner. Ausgenommen von den elektrischen Fahrwerken wird die RRM komplett hydraulisch betrieben. Verantwortlich dafür zeigt sich ein massives Hydraulikaggregat von Bosch Rexroth, welches mit seinen 4 Pumpen für eine kraftvolle Reinigungsleistung sorgt. Durch die mehrfache Anzahl von Hydraulikpumpen ergibt sich zudem eine 4fache redundante Absicherung für einen reibungslosen Betrieb.

FÜR ALLE FÄLLE GERÜSTET Der bayerische XXL-Rechenreiniger ist wegen der vielfältigen Geschiebesituation am Lower Churchill River für alle Arten von Treib- und Schwemmgut bestens ausgestattet. „Durch Schnellverschlüsse am Teleskoparm kann die HYDRONIC M-7000 den Betriebsanforderungen entsprechend jeder-

zeit rasch zwischen Treibgut-, Mehrschalen,– und Sedimentgreifer wechseln. Die Gesamtlänge des Teleskopauslegers beträgt imposante 67 m. Ablagerungen jedweder Art vor den Schutzrechen lassen sich somit zuverlässig entfernen. Der Hubarm des Rechenreinigers verfügt über einen Drehbereich von 180 Grad, wobei der Teleskoparm bei einer

BEWÄHRUNGSPROBE BESTANDEN Seine erste Bewährungsprobe hat der Weltrekord-Rechenreiniger bereits im Dezember des Vorjahres bei der erfolgreichen Kundenabnahme mit Bravour bestanden. Zu diesem Zweck wurde die RRM auf dem MuhrWerksgelände in Brannenburg komplett aufgebaut und umfangreichen Tests unterzogen. Florian Kufner berichtet, dass die enorme Robustheit und Stabilität der Maschine im realen Probebetrieb bei absichtlich herbeigeführten "Not-Stopps" die hohen Erwartungen der Konstrukteure sogar noch übertroffen hat. Vollauf zufrieden zeigten sich auch die Kundenvertreter, wodurch der baldigen Verschiffung und Montage am Kraftwerk nichts mehr im Wege steht.

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Foto: BRAUN

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Ein gutes Beispiel für eine moderne, effiziente RRM von Braun Maschinenfabrik: die Horizontal-RRM an der Wasserfassung des 2015 fertiggestellen Kraftwerks Stanzertal in Tirol.

MODERNSTE RECHENREINIGUNGSTECHNIK VON OBERÖSTERREICHISCHEM INNOVATIONSMOTOR Innovation und Tradition verbinden sich in Rechenreinigungsmaschinen von Braun Maschinenfabrik aus Oberösterreich. Dabei spielt die Größe der Anlage keine Rolle: Dank der großen Erfahrung aus mehreren Jahrzehnten ist der Stahlwasser- und Maschinenbauer in der Lage, sämtliche gängigen Typen von Reinigungsmaschinen in allen Größen zu liefern. Selbstverständlich ist man bei Braun auch in der Lage, Spezialanfertigungen für besondere Anforderungen oder spezielle Kundenwünsche zu realisieren. Kein Wunder, dass das Unternehmen heute in diesem Bereich zu den Branchenführern zählt – und das weltweit.

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nordnung und Ausführung des Feinrechens können vielfältig sein. Diesem Umstand muss die technische Lösung für eine effiziente Rechenreinigungsmaschine (RRM) Rechnung tragen. Daher bieten spezialisierte Unternehmen wie Braun Maschinenfabrik aus dem oberösterreichischen Vöcklabruck seit vielen Jahren ein breites Spektrum an verschiedenen Rechenreinigungstypen an – angefangen der klassischen Seilzug-RRM, über diverse Typen von hydraulischen RRM bis hin zur voll verfahrbaren Knickarmmaschine. Die große Kompetenz und Innovationskraft des Unternehmens entspringen der jahrzehntelangen Erfahrung. ALLES AUS EINEM GUSS Dabei hatte man gerade in Hinblick auf die RRM einmal ganz klein angefangen. Ende der 1950er begann man das hausinterne maschinen- und stahlwasserbauliche Knowhow für die Reparatur und die Anpassung der RRM an den firmeneigenen Wasserkraft-

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werken zu nutzen. Dies wurde die Initialzündung für den Aufbau eines eigenen Geschäftszweiges, der inzwischen zu einem der tragenden Säulen des Unternehmens geworden ist. Ein entscheidender Grund für den Erfolg liegt in der robusten Ausführung von Braun-RRM. Hochwertige Bleche und Bauteile, die hauseigene Schweißtechnologie sowie bewährte Hydrauliklösungen sorgen für Stabilität und lange Lebensdauer. Darüber hinaus kommen Projektierung, Konstruktion, statische Berechnung und Elektroplanung ausschließlich aus dem Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb wirken die Produkte von Braun Maschinenfabrik wie aus einem Guss. Im Vergleich zu immer kurzlebigeren Technik-Produkten in anderen Sparten, gilt bei Braun Maschinenfabrik eine hohe Lebensdauer immer noch als Qualitätskriterium, dem sich die Oberösterreicher verschrieben haben. Fragt man heute bei erfahrenen Wasserkraftbetreibern nach, bekommt man nicht selten zu hören: „Diese Maschine ist nicht kaputt zu kriegen.“

SPEZIALANFERTIGUNGEN ALS STÄRKE Zugleich zählt das 160-jährige Unternehmen aber auch zu den innovativsten in der Branche. Keine RRM wird „von der Stange“ geliefert. Im Gegenteil, sämtliche Maschinen werden individuell an die spezifischen Anforderungen angepasst und dahingehend ausgelegt. Auch in diesem Punkt kommt dem Branchenspezialist die langjährige Erfahrung zugute, die jahrzehntelange Zusammenarbeit mit vielen Wasserkraftbetreibern und Energieversorgungsunternehmen. Mittlerweile gehören Spezialanfertigungen sicher zu den großen Stärken von Braun Maschinenfabrik. Natürlich kann dazu auch das große Knowhow und die Erfahrung der Mitarbeiter gerechnet werden. Nicht nur im Engineering und in der Fertigung, sondern auch bei den weltweiten Montageeinsätzen beweisen sie ihr Können. Neben der breiten Produktpalette an RRM bietet das Unternehmen in seinem Portfolio auch dazu passende Lösungen für die Entsorgung des Rechenguts an. Egal ob Spülrinne


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Eine von vier vollautomatischen, fahr- und drehbaren Hydraulik-Rechenreinigungsmaschinen mit dreiteiliger Putzharke an den Kraftwerken an der Oberen Donau.

mit dazugehörigen Spülpumpen, Förderbänder, Schrapper oder Containeranlagen: Es gibt nichts, was man im Hause Braun noch nicht auf die eine oder andere Weise verwirklicht hat. ANPASSUNG IM KLEINEN Bis vor einigen Jahren eilte den RRM von Braun der Ruf voraus, dass sie vorrangig für den Einsatz an mittleren bis großen Kraftwerksanlagen konzipiert worden wären. Die Verantwortlichen reagierten darauf, indem man eine eigene „kleine Baureihe“ ins Leben rief, die nun einen ganz wesentlichen Vorteil mitbrachte: Die Maschinen wiesen nun auch jene Qualitätsmerkmale auf, die bislang nur den größeren RRM in der Branche vorbehalten waren. Den Ingenieuren der Braun

Foto: BRAUN

Foto: BRAUN

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Zwei parallel arbeitende Knickarm-RRM sorgen für freien Durchfluss am Einlauf des Kraftwerks Pulling in der Oberpfalz.

Maschinenfabrik war es gelungen, das Konzept der größeren Maschinen 1:1 für eine kleinere Dimension zu übersetzen, ohne dabei die Wirtschaftlichkeit außer Augen zu verlieren. Aus diesem Grund findet man heute die RRM des oberösterreichischen Branchenspezialisten auch wieder vermehrt an kleineren Anlagen. Rechenreinigungsmaschinen von Braun Maschinenfabrik sind eine Erfolgsgeschichte für sich. Sie sorgen heute nicht nur im Alpenraum, Zentral- und Mitteleuropa für freien Durchfluss an den Feinrechen, sondern sind mittlerweile auf der ganzen Welt vertreten. Egal, ob im Nahen Osten, in Asien, oder am amerikanischen Kontinent: die Technik des etablierten Branchenunternehmens behauptet sich mittlerweile auf dem ganzen Globus.

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Das Laufwasserkraftwerk der Lechwerke AG (LEW) wurde 1961 erstmals in Betrieb genommen und liegt am Gewässer Iller im bayerisch-schwäbischen Teil des Oberallgäus. Mit der Fertigstellung einer neuen Fischwanderhilfe am Standort Altusried feierte die LEW im Dezember des Vorjahres den Abschluss einer viel weiterreichenden ökologischen Maßnahme. Somit hat die betriebsführende Bayerische Elektrizitätswerke GmbH (BEW) in den vergangenen Jahren nämlich an allen ihren 5 Staustufen entlang der Iller naturnahe Umgehungsstrecken entstehen lassen. Einen wichtigen Teil zur gelungen Umsetzung des Projektes trug das Vorarlberger Unternehmen Künz mit Lieferung und Montage einer maßgeschneiderten Rechenreinigungsmaschine (RRM) bei. m Rahmen der Umbauarbeiten für den naturnahen Fischaufstieg sah das Maßnahmenpaket den Einbau eines neuen Schutzrechens im Einlaufbereich des Kraftwerks vor. Die lichte Weite des Rechens durfte anstelle von vormals 72 mm in seiner neuen Ausführung nur mehr 20 mm betragen. „Da die bestehende Seil-RRM beim alten Rechen zuletzt schon an ihrer Leistungsgrenze lief, war den Verantwortlichen bei LEW/BEW schnell klar, dass diese Maschine den erhöhten Anforderungen bei einem Rechen mit geringerer lichter Weite nicht mehr gewachsen wäre. Somit machte man sich von Seiten des Betreibers auf die Suche nach einer neuen Systemlösung“, sagt Künz-Projektleiter Andreas Eller und führt noch weiter aus: „Die generellen Anforderungen an das System waren eine zuverlässige und effektive Reinigung, auch bei schwierigen Bedingungen und natürlich der Faktor Betriebssicherheit für viele Jahre.“ Fündig auf ihrer Suche wurden die Betreiber beim westösterreichischen Stahlwasserbauspezialisten Künz mit der hydraulischen RRM des Typs „H500“. Seit der Auslieferung des ersten Modells im Jahr 2000 entwickelte man den Maschinentyp kontinuierlich weiter und konnte die finalen Ausführungen durch standardisierte Bauweise bei einer Vielzahl von Projekten stets nach Kundenwünschen anpassen.

Mit dem Modell H500 entwickelte Künz ein effektives und vielfach bewährtes Reinigungssystem für den Wasserkraftsektor.

Alle Fotos: Künz

KÜNZ LIEFERT INNOVATIVEN RECHENREINIGER FÜR KRAFTWERK ALTUSRIED IM OBERALLGÄU

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RECHENREINIGER OPTIMAL INTEGRIERT Der gesamte Lieferumfang bestand weiters aus der Einbindung einer bestehenden Spülpumpe in die Steuerung der RRM und der Installation einer Einrichtung zum FischMonitoring. Zudem errichteten die KünzMonteure einen Zaun mit Zutrittsüberwachung um den Kraftwerksbereich und demontierten den alten Rechenreiniger, dessen Gleisanlage nach einer Adaptierung für den neuen H500 weiter Verwendung finden sollte. „Umbau und Weiterverwendung der bestehenden Fahrbahn war dabei mit gewissen Risiken verbunden, da erst beim Ausbauen der genaue Zustand ersichtlich wurde. Unsere Konstruktionsabteilung hatte vorausschauend für alle Eventualitäten die nötigen Vorbereitungen getroffen“, erklärt Projektleiter Eller.

Der finale Einbau der neuen RRM erfolgte schließlich unter Zuhilfenahme eines bestehenden Portalkranes unter äußerst beengten Platzverhältnissen durch Künz-Monteure im Spätherbst des Vorjahres. Von der Erteilung des Auftrags im April 2015 bis zur Inbetriebnahme im Dezember waren somit nur rund 8 Monate vergangen. NEU ENTWICKELTE GREIFERHARKE Das Gesamtgewicht des mit einer KomfortKabine ausgestatten „H500“-Rechenreinigers beträgt insgesamt 25 t. Angetrieben von einem elektrischen Fahrwerk führt das Gerät seine Reinigungsfunktion entlang des 24 m breiten Schienenstrangs am Einlaufbereich wahlweise vollautomatisch oder mittels Handbetrieb durch. Zur reibungslosen Beförderung des Geschwemmsels in die eben-


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Schwerpunkt

falls erneuerte Spülrinne optimierte man Design und Funktion der Putzharke. Um die Spülrinne vor Beschädigungen beim Abwurf des Geschwemmsels zu schützen, ist die RRM mit einer soliden Abprallschürze ausgestattet. Die völlig neu entwickelte Reinigungsharke verfügt über eigene Drehantriebe sowie einen schwenkbaren Harkenboden. Bei einer Putzbreite von 2,5 m sowie einer Putztiefe von 13,5 m erreicht die Harke eine Netto-Tragkraft in Abwurfstellung von mehr als 3.000 kg. Sensoren ermitteln dabei den aktuellen Wasserpegel und passen Schließbewegung und -position der Putzharke exakt an. Ebenfalls an den Wasserstand angepasst geschieht der automatisierte Abschöpfbetrieb. Abgesehen vom elektrischen Fahrwerk setzt man zum Antrieb der beweglichen Teile der RRM auf ein Hydraulikaggregat mit einem maximalen Betriebsdruck von 210 bar. Im Betrieb halten die elektrischen und hydraulischen Bauteile des Rechenreinigers problemlos Außentemperaturen von -20 bis +35 Grad Celsius stand. Durch seine massive Konstruktion kommt es zu keinerlei Beeinträchtigung durch Windgeschwindigkeiten von bis zu 70 km/h.

Zum ersten Mal lieferte Künz einen Rechenreiniger vom Typ H500 im Jahr 2000 aus. Seither hat man die Technik der Maschine immer weiter ausgearbeitet und ihre Arbeitsweise optimiert.

Für das Projekt Altusried entwickelte man ein neues Konzept für die Putzharke mit innovativem Schließsystem ohne Hydraulikzylinder.

PROJEKTLEITER ZUFRIEDEN Künz-Projektleiter Andreas Eller zieht nach Abschluss des Projektes positive Bilanz: „Trotz der schwierigen lokalen Bedingungen mit sehr eingeschränkten Platzverhältnissen waren wir in der Lage, eine technisch ausgereifte Anlage an den Kunden zu übergeben. Es bestanden zwar diverse Schwierigkeiten und lokale Besonderheiten, die unsere Techniker aber allesamt mit kreativem Denken und technischem Know-how lösen konnten. Dadurch haben wir unsere RRM-H500 wieder verbessert und deren Funktionalität, in etwa mit der neu entwickelten Greiferharke mit innovativem Schließmechanismus ohne Hydraulikzylinger, erheblich erweitert.“

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VOLLAUTOMATISIERTE RECHENREINIGUNGSMASCHINE FÜR DAS KRAFTWERK ASTEN Für die Revitalisierung des Kraftwerkes Asten übernahm HAINZL unter anderem die komplette Automatisierung der Rechenreinigungsmaschinen für den autarken Betrieb.

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en Auftrag für die Revitalisierung der Rechenreinigungsmaschinen erhielt das oberösterreichische Unternehmen HAINZL Industriesysteme GmbH. Der Auftrag umfasste die Demontage / Montage der Führerkabine, eine Überarbeitung des Fahrwerks, die Erneuerung der Hydraulik, des Ladekrans und der Elektrik sowie die komplette Automatisierung der Rechenreinigungsmaschine für den autarken Betrieb. Dieses Vorhaben erforderte besondere Sicherheitsmaßnahmen, da beide Rechenreinigungsmaschinen die gesamte Länge des Kraftwerkes abfahren können und es unter keinen Umständen zu einer Kollision der Maschinen kommen darf. Darüber hinaus können sich auch Personen im Arbeitsbereich bewegen. Daher wurde in diesem Bereich mittels spezieller Lasertechnik und Stoßleisten für Sicherheit gesorgt. Die grundsätzliche Positionserkennung der Rechenreinigungsmaschinen am Kraftwerk wird mittels zweier sich gegenseitig kontrollierender Drehzahlsensoren durchgeführt. SICHERHEIT DURCH UMFANGREICHE SENSORIK Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Positionserkennung des Containers mit Ultraschallsensoren und die Überwachung einer etwaigen Überfüllung des Containers mit Lasersensoren. Neue Lastmessbolzen sichern das Hubwerk der Rechenreinigung gegen Überlast ab. Für den manuellen Betriebsmodus wurde ein Kamerasystem zur Containerkontrolle installiert. Auf Grund dieser Anforderungen waren einige Funktionen als sicher auszuführen und die dazu benötigte Sicherheitssteuerung wurde natürlich von den Spezialisten von HAINZL programmiert.

Fotos: HAINZL

Das Kraftwerk Abwinden-Asten ist ein Laufkraftwerk von VERBUND in der Donau zwischen den oberösterreichischen Orten Abwinden und Asten. Es gehört zu den österreichischen Donaukraftwerken und wurde zwischen 1976 und 1979 errichtet. Die 9 Einlaufrechen der Kaplanturbinen werden mit zwei gleichzeitig in Arbeit befindlichen Rechenreinigungsmaschinen sauber gehalten. Die Technik des Kraftwerkes wird immer auf dem aktuellen Stand gehalten. Somit lag es nahe, bei der Revitalisierung der Rechenreinigungsmaschinen diese aufzurüsten und mit einer Automatisierung für fahrerlose Bedienung auszustatten.

Die bestehende Führerkabine wurde demontiert und durch eine neue ersetzt. Die Führerkabine ist gegen Wärme- und Kältestrahlung isoliert sowie mit einem Heizkörper und Klimagerät ausgestattet. Sämtliche Überwachungssysteme wurden in die Führerkabine integriert. STEUERUNG ÜBER LEITTECHNIK Das bestehende Hydraulikaggregat, die Ventilblöcke inklusive Tank, Öl, Pumpen und Ventile wurden komplett erneuert und den Erfordernissen der Bestandsanlage angepasst. Das Aggregat wurde in einer eigenen Ölauffangwanne aufgestellt. Der bestehende Ladekran inklusive Pumpenaggregat und Kühler wurden ebenfalls demontiert und durch neue Einheiten ersetzt. Des Weiteren wurde die gesamte Elektrik demontiert und nach Durchführung des Korrosionsschutzes erneuert. Die zentrale Steuerung der Anlage erfolgt mittels SPS Siemens S7, mit Display zur Sichtbarmachung des aktuellen Betriebszustandes. Dank der totalen Automatisierung der Maschine ist es nun auch möglich, die Rechenreinigungsmaschine direkt von der Leittechnik aus zu steuern. Über einen Betriebsarten-/Wahlschalter kann definiert werden, ob die Rechenreinigungsmaschine im Handbetrieb, Automatikbetrieb oder im Revisionsmodus laufen soll. HAINZL hat alle für die Errichtung erforderlichen Berechnungen und Pläne erstellt und alle erforderlichen Leistungen für die Abwicklung der Revitalisierungsmaßnahmen erbracht. www.hainzl.at Technische Daten KW Asten: Engpassleistung: 168 MW Durchschnittl. Fallhöhe: 9,3 m Ausbaudurchfluss: 2.475 m3/s Turbinen: 9 Kaplan-Rohrturbinen Generatoren: 9 Synchrongeneratoren Regelarbeitsvermögen/Jahr: 996 Mio. kWh

Die Führerkabine ist gegen Wärme- und Kältestrahlung isoliert sowie mit einem Heizkörper und Klimagerät ausgestattet.

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Überwachungskamera_TouchDisplay: Kameraüberwachung des Rechenguts und Touch Displays zur Überwachung des Betriebszustands.

Technische Daten RRM: Portalfahrwerk: Fahrgeschw. 0 bis 30 m/min Haupthubwerk: Hubwerk 2 x 25 to Hubgeschw. 0 – 20 m/min, stufenlos regelbar Senkgeschw. 0 – 40 m/min, stufenlos regelbar

Das bestehende Hydraulikaggregat wurde Der bestehende Ladekran inklusive Pumkomplett zu erneuert und den Erfordernis- penaggregat und Kühler wurde ebenfalls sen der Bestandsanlage angepasst. von HAINZL durch neue Einheiten ersetzt.


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Ökologie

Foto: Energie AG

Energie AG-Generaldirektor Leo Windtner (li) an der neuen Fischaufstiegshilfe Sipbach.

NEUE WASSERRAHMENRICHTLINIE: ÜBERZOGENE ÖKOLOGISIERUNG VERSCHLINGT MILLIONEN In den vergangenen Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung massiv geändert und erneuerbare Energien in den Mittelpunkt gerückt. Speziell der Wasserkraft kommt bei der Bewältigung der Energiezukunft eine zentrale Rolle als tragende Säule des Gesamtsystems zu. Gleichzeitig wird der Durchgängigkeit von Flüssen für Fische, Krebse und andere Wasserlebewesen für den ökologischen Zustand von Fließgewässern besondere Bedeutung zugemessen. Entsprechend wird in der österreichischen Ausführung der Wasserrahmenrichtlinie vorgeschrieben, wie dieses Ziel beispielsweise im Bereich von Wehranlagen und Wasserkraftwerken umgesetzt werden muss. Um diese Wandermöglichkeit u.a. für Fische herzustellen, hat die Energie AG in den vergangenen Monaten bereits viele Projekte in Angriff genommen und umgesetzt. In den kommenden Jahren stehen weitere Maßnahmen an, die insgesamt dann 13 Millionen Euro kosten werden. Die ökologischen und ökonomischen Interessen sind dabei aber nur mehr schwer auf einen Nenner zu bringen. ie Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) der EU und die entsprechende Umsetzung im österreichischen Wasserrechtsgesetz fordern, die Wasserqualität in den Fließgewässern zu verbessern und die durchgängige Passierbarkeit für Wasserlebewesen herzustellen. Während der ökologische Zustand der Gewässer in Österreich als gut gilt, sieht der Gesetzgeber die Notwendigkeit, im Bereich von Kraftwerken oder Wehranlagen, aber auch in Mündungsbereichen von Nebengewässern, die Passierbarkeit für Fische und sonstige Wasserorganismen herzustellen. Die Umsetzung dieser Vorgaben hat massive Auswirkungen auf die saubere und umweltfreundliche Stromerzeugung aus Wasserkraft in ganz Österreich und wird diese nachhaltig beeinträchtigen und schwächen.

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AUGENMASS, HAUSVERSTAND UND GESAMTHEIT BEI DER GESETZGEBUNG BEACHTEN Fakt ist, dass die Möglichkeit einer derartigen Passierbarkeit bei der Errichtung der Wasserkraftwerke lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. „Wir bekennen uns dazu, die Energie unserer Umwelt in Form der Wasserkraft zu nutzen“, sagt Energie AG-Generaldirektor Leo Windtner und stellt klar: „Wir sind uns aber auch unserer ökologischen Verantwortung bewusst.“ Wie alle österreichischen Unternehmen der E-Wirtschaft fordert Windtner aber „Augenmaß und Hausverstand“ bei der Gesetzgebung und eine ganzheitliche Betrachtung im Gesetzgebungsprozess: Mit der Umsetzung der WRRL und der zweiten Auflage des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans „NGP-2“ droht dem Ge-

samtsystem Wasserkraft das Gleichgewicht zwischen Gewässerökologie, Naturschutz, Umweltschutz und sozioökonomischen Ansprüchen verloren zu gehen. „Lösungen mit Augenmaß und Hausverstand heißt, dass Wasserkraft nicht ausschließlich als Belastung der Umwelt und Gewässerökologie gesehen werden darf, sondern auch die Vorzüge der erneuerbaren, CO2-freien und nachhaltigen Stromerzeugung aus Wasserkraft und ihre Bedeutung bei der Erreichung der rot-weiß-roten Energieziele berücksichtigt werden müssen“, sagt Windtner. Entsprechend müssen die Ziel- und Strategievorgaben auf europäischer und nationaler Ebene abgeglichen und dann Nutzungskonflikte gelöst werden. Es sind dies Hochwasserschutz, Urbanisierung, Wildbachverbauung, GeschieApril 2016

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UMSETZUNG VERNICHTET STROM FÜR MEHR ALS EINE HALBE MILLION HAUSHALTE Windtner, zugleich auch Vizepräsident von Oesterreichs Energie, der Interessensvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, stellt im Namen der Mitgliedsunternehmen fest, dass österreichweit bisher für die Umsetzung der WRRL Investitionen schon bis jetzt rund 150 Millionen Euro getätigt und im Bereich der größeren Wasserkraft im Ausmaß von rund 200 GWh pro Jahr in Kauf genommen (das entspricht dem Jahresstrombedarf von rund 60.000 Haushalten, die Verluste bei Kleinwasserkraftwerken sind nicht eingerechnet) wurden. Insgesamt droht der heimischen Stromversorgung aber ein Gesamtverlust im Ausmaß von 1.800 GWh, was dem Jahresstromverbrauch von mehr als einer halben Million Haushalten entspricht. Dabei würden auch Umbaukosten von bis zu von 400 Millionen Euro entstehen. Derzeit wird die Gesetzgebung unter der gewässerökologischen Zielorientierung allerdings einseitig vorangetrieben und dem Nutzen der Wasserkraft nicht Rechnung getragen. Entsprechend fordert die Energie AG abgestimmt mit den anderen EVUs wie die Interessensvertretung „Oesterreichs Energie“:

Foto: Energie AG

Fischaufstiegshilfe bei Anbindung Sipbach an die Traun

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Fischaufstieg beim Wasserkraftwerk Stadl-Paura

• eine ausgewogene Beachtung der verschiedenen Nutzungsarten der Fließgewässer und entsprechend abgestimmte Zielvorgaben • Anerkennung der Einzelfallbeurteilung sowohl bezüglich der technischen und wirtschaftlichen Parameter von Wasserkraftanlagen als auch deren Umweltauswirkungen • Berücksichtigung strategischer Planungen von Bund und Ländern unter Einbeziehung der Wasserkraftunternehmen • Berücksichtigung der Kostenbelastungen unter der Berücksichtigung des radikalen Umbruchs am Strommarkt • Ausnahmemöglichkeiten, wenn sich zeigt, dass ökologische Maßnahmen zu unverhältnismäßig negativen energie- oder volkswirtschaftlichen Auswirkungen führen würden • Berücksichtigung des gegebenen Forschungsbedarfs • keine Vorschreibung von Maßnahmen ohne den Nachweis einer wissenschaftlichen Begründung und der technisch-wirtschaftlichen Machbarkeit, insbesondere bei den Themen Fischschutz, Fischabstieg, Schwall- und Sunkerscheinungen Für die Wasserkraftunternehmen wie die Energie AG haben die Gesetzesvorgaben erhebliche Auswirkungen, sowohl hinsichtlich finanzieller Aufwendungen als auch erzeugungstechnisch. „Alleine bei unseren Wasserkraftwerken sprechen wir von Gesamtkosten von ca. 13 Millionen Euro, die uns durch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie entstehen können“, stellt Windtner fest. Noch bedeutender ist allerdings die durch die Maßnahmen entstehende jährliche Mindererzeugung: Alleine bei den Kraftwerken der Energie AG macht das schon jetzt 3,8 GWh aus und kann bis zu 42 GWh erreichen. Diese Strommenge entspricht dem Jahresdurch-

schnittsverbrauch von rund 12.000 Haushalten. Zum Vergleich: Das neue Wasserkraftwerk in Bad Goisern wird pro Jahr rund 3.700 Haushalte versorgen können – es kann nicht einmal ein Drittel des entstehenden Erzeugungsverlusts gedeckt werden! „Dass wertvoller und sauberer, erneuerbarer Strom aus Wasserkraft vernichtet wird, der eigentlich wichtiger Bestandteil für den Umbau des Energiesystems der Zukunft ist, kann den Menschen nur schwer vermittelt werden“, sagt Windtner. WASSERKRAFTNUTZUNG ALS ZENTRALE STÜTZE DES GENERATIONENVERTRAGES Die Energie AG hat in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Projekte nach den Vorgaben des NGP umgesetzt und weitere in Vorbereitung. „Wir setzen entsprechend dieser Vorgaben die Herstellung der DurchgänBorstenfischpass am Kraftwerk Stadl-Paura

Foto: Energie AG

berückhaltemaßnahmen, Landwirtschaft, Klimaschutz, Fischereibewirtschaftung, Naturschutz, Schifffahrt, Tourismus und natürlich auch die energiepolitischen Ziele sowie die Versorgungssicherheit. „Die Nutzung der Wasserkraft ist zentraler Baustein der Energieversorgung in Österreich und zwingend für das Erreichen der nationalen Klimaschutzziele erforderlich. Elektrischer Strom aus Wasserkraft ist gelebter Umwelt- und Klimaschutz“, stellt Windtner fest.

Foto: Energie AG

Ökologie


HYDRO

gigkeit, eine ausreichende Restwasserdotierung und die Verbesserung der Gewässerstruktur um. Dazu bekennen wir uns und das ist im Sinne des Generationenvertrages auch eine wichtige Maßnahme“, erklärt Energie AG-Technikvorstand Werner Steinecker. Parallel dazu ist auch der Widerspruch zu den EU-Energiezielen für 2030 sowie den in der Weltklimakonferenz vereinbarten Ziele zur Bekämpfung des Klimawandels zu sehen: „Wir können nicht auf der einen Seite Klimaschutzziele vorgeben, die sich auf die CO2-arme Technologien fokussieren und gleichzeitig die sauberste Stromerzeugung aus Wasserkraft derart einschränken, dass die geforderten Ziele unerreichbar werden“, stellt Steinecker fest. Die Energie AG sehe sich als Teil der von Oesterreichs Energie präsentierten Stromstrategie für Österreich bis 2030, die zum Kern einer Energiestrategie für die kommenden Jahrzehnte werden könnte: „Mit der Strategie Empowering Austria können wir einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten, wenn die Nutzung erneuerbarer Energien wie der Wasserkraft nicht überbordend eingeschränkt wird“, sagt Steinecker. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen des ökologischen Gewässerzustands geht hervor, dass in den vergangenen Jahrzehnten ein stetiger Rückgang der natürlichen Fischbestände zu verzeichnen war. Eine Maßnahme um diesen Rückgang zu stoppen kann sein, die Bedingungen für die natürliche Reproduktion der heimischen Fischarten wieder zu begünstigen. Dazu zählt u.a. auch die fischpassierbare Anbindung von Nebengewässern. Diese sind als Laichgewässer und als Lebensraum für Jungfische bedeutend. Ein Musterbeispiel dafür ist die fischpassierbare Anbindung des Sipbaches an die Traun im Bereich des KraftIn jüngster Zeit wurden bereits bei acht Wasserkraftwerken der Energie AG in Oberösterreich und Salzburg insgesamt neun Fischaufstiegshilfen errichtet und verschiedene ökologische Verbesserungen umgesetzt.

Foto: Energie AG

Ökologie

Vertical-Slot-Fischpass am KW Humpelmühle

werkes Traun-Pucking nach dem neuesten Wissensstand. Genauso müssen auch potenzielle Laichgebiete im Hauptfluss für ausgewachsene Fische erreichbar sein. Das ist der Grund für den Bau von Fischaufstiegshilfen an den Wehranlagen. Beim KW Marchtrenk wurde für diesen Zweck auch ein Altarm der Traun adaptiert. MILLIONENAUSGABEN BEI KRAFTWERKEN SORGEN FÜR WENIGER STROMERTRAG Maßnahmen, die sich nachweislich positiv auf die Natur auswirken, werden seitens der Energie AG seit jeher forciert und auch bereits umgesetzt. Um bei der Vielzahl der ökologischen Anforderungen aber auch die richtigen Maßnahmen zu setzen, sind in vielen Bereichen noch weitere Forschungen notwendig. Die Energie AG unterstützt daher proaktiv auch Forschungsvorhaben, die nach effizienten Lösungen suchen und dabei speziell auch die Auswirkungen auf die Stromerzeugung berücksichtigen (z.B. Fischlift beim Kraftwerk Gmunden). „Unser Ziel ist es, dass jene Maßnahmen umgesetzt werden, die den größten Nutzen für die Natur haben und

gleichzeitig die geringsten Einbußen bei der Stromerzeugung mit sich bringen“, stellt Steinecker klar. Die Gesamtkosten für die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen und weiterführende Studien belaufen sich voraussichtlich auf ca. 10 Millionen Euro. Die Mindererzeugung durch die notwendige Wasserdotation der Fischaufstiege sowie von Ausleitungsstrecken werden bis zum Jahr 2020 ca. 15 Millionen kWh pro Jahr erreichen, was einem Durchschnittsverbrauch von rund 4.200 Haushalten entspricht. Laut NGP sind sogar noch weitere ökologische Verbesserungsmaßnahmen angedacht, die derzeit noch nicht quantifizierbar sind, jedenfalls aber mit zusätzlichen hohen Kosten und noch zusätzlichen, empfindlichen Mindererzeugungen verbunden sein können. „Strom aus Wasserkraft ist Österreichs günstigste Möglichkeit, um die Energieziele 2020-20 zu schaffen. Darauf müssen die Maßnahmenprogramme zur Verbesserung der Gewässerökologie Rücksicht nehmen“, schärft Steinecker die Forderung nach gemäßigten Umsetzungsvorgaben.

Naturnahes Gerinne am Kraftwerk Weinbach

• KW Traun-Pucking, Anbindung Sipbach (im Unterwasser des Kraftwerkes) • KW Marchtrenk, Anbindung Altarm (Biotop) • KW Weinbach • KW Stadl-Paura (insgesamt 3 Fischaufstiege) • KW Humpelmühle • KW Spannberg • KW Bad Goisern (in Bau) • KW Großarl (in Bau)

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KW Gmunden (Fischlift) • KW Marchtrenk KW Traun-Pucking • KW Partenstein KW Steyrdurchbruch • KW Wagrain KW Dürnau • KW Lauffen • KW Bad Aussee KW Bad Aussee

Foto: Energie AG

Bei neun weiteren Kraftwerken werden ökologische Maßnahmen – in erster Linie die Herstellung der Durchgängigkeit – in den nächsten Jahren umgesetzt:

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