zek Hydro - Ausgabe 3 - 2019

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JUNI 2019

Verlagspostamt: 4820 Bad Ischl · P.b.b. „03Z035382 M“ – 17. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

zek

HYDRO

Ihre Anlage

ist wie keine andere. Wir bringen Ihr Wasserkraftwerk in die Zukunft. www.rittmeyer.com

Aare-Kraftwerk Gösgen glänzt mit neuer Leittechnik Aufwändige Sanierung an Main-Kraftwerk abgeschlossen Traun-Kraftwerk Danzermühl nimmt planmäßig den Betrieb auf Obervermuntwerk II – der Spitzenstrom aus den Tiefen des Montafon

Mess- und Leittechnik für die Wasser- und Energiewirtschaft

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HYDRO

Zur Sache

DIE HARMONIE VON NATUR UND TECHNIK FASZINIERT

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orhang auf für die Kleinwasserkraft: Zum mittlerweile zweiten Mal öffneten Mitte Juni Kleinwasserkraftbetreiber anlässlich des „Tages der Kleinwasserkraft“ in ganz Österreich die Tore ihrer Anlagen und präsentierten den interessierten Gästen das bewährte Zusammenwirken von Technik und Natur. Der Aktion liegt natürlich mehr als nur Leistungsschau zugrunde, vielmehr dient sie der Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit: Was kann Kleinwasserkraft? Was trägt sie zur Versorgung oder zum Umweltschutz bei? Welchen Herausforderungen steht sie gegenüber? Zahlreiche Betreiber nehmen an der Aktion teil, bieten Führungen an, manche haben sogar ein buntes Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Die Initiative geht zurück auf den Interessensverband „Kleinwasserkraft Österreich“, der sich seit mehr als vier Jahrzehnten für die Anliegen der Kleinwasserkraftbetreiber einsetzt. Aktuell sind es rund 4.000 Kleinwasserkraftanlagen, die zusammen circa 6 Terrawattstunden sauberen Strom ins öffentliche Versorgungsnetz einspeisen. Das reicht aus, um damit 1,7 Mio. Haushalte zu versorgen – mehr als 50 Prozent. Ein paar dieser Anlagen finden Sie, geschätzte(r) Leser- und Leserin, wie gewohnt auf den folgenden Seiten der zek HYDRO, in Wort und Bild dargestellt. Als technikaffine Redakteure sind wir vom Team der zek immer wieder begeistert, mit welcher Leidenschaft, Kreativität und Erfindungsreichtum so mancher Kleinwasserkraftbetreiber zu Werke geht. Ein wunderbares Beispiel dafür ist das neu errichtete Kraftwerk Köberlbach in der Steiermark (S 28), das einerseits mit einigen echten technischen Highlights aufwarten kann, und an dem andererseits auch einige andere Ideen, die nicht direkt mit Stromgewinnung zu tun haben, toll umgesetzt wurden: Das reicht von einem abgestimmten Farbkonzept der Maschinen bis hin zu einem kleinen Café, das im Stile der 1920er Jahre eingerichtet wurde. Ganz viel technisches Know-how steckt in einem anderen Kleinwasserkraftprojekt, genauer gesagt in einem Trinkwasserkraftwerk, das die kleine Tiroler Gemeinde Pfunds (S 37) in den letzten Jahren realisiert hat. Dabei ist es gelungen, die gegebene Gefällestufe von über 930 Meter Fallhöhe mit der neuen Trinkwasserturbine zu nutzen. Das Kraftwerk wurde natürlich sowohl in sicherheitstechnischer als auch in elektromechanischer Hinsicht auf die extremen Druckverhältnisse im Betrieb ausgelegt. Zwei Beispiele, die Gusto auf eine Reihe anderer Projekte machen sollen, die wir in der vorliegenden Ausgabe vorstellen. Abschließend möchte ich mich wieder bei allen bedanken, die am Entstehen der vorliegenden Ausgabe mitgeholfen haben. Ich darf Ihnen, liebe(r) Leser(in) eine gute Zeit mit der neuen zek HYDRO wünschen. Ihr Mag. Roland Gruber (Chefredakteur) rg@zekmagazin.at

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HYDRO

Inhalt

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OBERVERMUNTWERK II

22 KW DANZERMÜHL

28 KW KÖBERLBACH

37 TWKW SADERS

Aktuell

Veranstaltung

Projekte

06 Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

14 Wasserkraftmesse zum 11. Mal im November in Salzburg RENEXPO INTERHYDRO

34 Kraftwerk versorgt halb Walenstadt mit Strom aus der Region KW BERSCHNERBACH

Projekte

37 Pfunds in Tirol nutzt Trinkwasser gefälle mit mehr als 930 Meter TWKW SADERS

15 Spitzenstrom aus den Tiefen des Montafon OBERVERMUNTWERK II 22 Traun-Kraftwerk nimmt planmäßig den Betrieb auf KW DANZERMÜHL 28 Kraftwerksausbau bringt Ver dreifachung der Anlagenleistung KW KÖBERLBACH 03 Editorial 04 Inhalt 06 Impressum

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44 Aufwändige Sanierung am Main-Kraftwerk abgeschlossen KW HAUSEN 48 Osttiroler Kraftwerk zum 70er top in Schuss KW KALSERBACH

Technik 52 Gedrehte Dichtungen für spezielle Anforderungen DICHTUNGSTECHNIK

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Inhalt

KW HAUSEN

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KW KALSERBACH

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KW ILLERURSPRUNG

Projekte

Technik

53 Kraftwerk will mit 4-facher Leistung noch heuer ans Netz KW ILLERURSPRUNG

64 Bewährte Überwachung von Spei cheranlagen in der Wasserkraft HYDAC

56 Aare-Kraftwerk geht mit modern ster Leittechnik in neue Ära KW GÖSGEN

Schwerpunkt

59 Mit innovativer Rechenreinigung in ein neues Kapitel KW SCHÜTT 62 Finca in Guatemala erzeugt Kaffee und Ökostrom KW CARMEN AMALIA

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KW SCHÜTT

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zek HYDRO 03/2019

Amiblu U2 Troyer U3 Rittmeyer U4 African Hydropowerforum 10 Anwenderforum KWK 10 AUMA 13 BHM Ing. 23 Bilfinger VAM 19 Braun 26 Brunnbauer Armaturen 39 EFG 41 Elin 9 EN-CO 12 Fritsch ZT 46 Geotrade 33 Geppert 51 Gufler Metall 3 Guster Bau 28 Hitzinger 43 Hydac International 65 Hydro-Construct 46 Jank 10 Koch IB 55 Kössler 27 Künz 17 Lukas 47 MBK 32 Muhr 61 Next Kraftwerke 8 Omicron 7 Ossberger 63 S.K.M. 32 Seal Maker 52 TRM-Tiroler Rohre 42 Verbund 70 Wagner 21 Wild Metal 36 WKV 11

66 Vermarktung von Strom aus Kleinwasserkraft E-WIRTSCHAFT 68 Next Kraftwerke macht Ökostrom vermarktung wirtschaftlicher E-WIRTSCHAFT

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GERICHTSENTSCHEID BRINGT SCHWEIZER KWK-BETREIBER IN BEDRÄNGNIS Das Eidgenössische Bundesgericht hat entschieden, dass die sogenannten „ehehaften“ Wasserrechte baldmöglichst und entschädigungslos durch Konzessionen abgelöst werden müssen. Dieser Entscheid kommt völlig überraschend, hat doch das Bundesgericht diese historischen Wasserrechte in mehreren Urteilen bislang immer geschützt. Auch sind die Erwägungen nicht vollumfänglich nachvollziehbar. Die Anzahl bestehender ehehafter Wasserrechte wurde beispielsweise massiv unterschätzt. Es ist davon auszugehen, dass nun Projekte in Bewilligungsverfahren massive Verzögerungen erfahren werden. Das gilt nicht nur Arbeiten im Zusammenhang mit der erneuerbaren Energieproduktion, sondern auch mit der ökologischen Sanierung der Wasserkraft, welche durch das Bundesamt für Umwelt BAFU koordiniert wird. Swiss Small Hydro verfolgt gespannt die weitere Entwicklung des Prozesses. Das Urteil hat eine enorme Tragweite und betrifft schweizweit Hunderte von kleinen und mittleren Wasserkraftwerken.

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Foto: R20AWS/Martin Hesz

Impressum HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber und Günter Seefried VERLAG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0)6247-84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at ­­CHEFREDAKTION

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-115 05 70 Zusammentreffen zweier Kämpfer für den Klimaschutz: Arnold Schwarzenegger forderte „Lösungen anstelle von Bullshit“. Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg wurde deutlich: „Wir müssen es beim Namen nennen: Es ist ein Notfall!“

REDAKTION

Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323 Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil+43 (0)664- 240 67 74 MARKETING

Günter Seefried, gs@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-3000 393 ORGANISATION

Foto: R20AWS

Erika Gallent, office@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-2426 222

Über 5.000 Besucher/innen kamen zum Climate Kirtag auf den Wiener Heldenplatz, um gemeinsam mit Arnold Schwarzenegger, Greta Thunberg, Aksel Lund Svindal, Pizzera & Jaus, Conchita Wurst und Hubert von Goisern zu feiern.

GESTALTUNG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Lindaustraße 10, 4820 Bad Ischl Tel. & Fax +43 (0)6247-84 726 office@zekmagazin.at www.zek.at UMSCHLAG-GESTALTUNG

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0)662/8746 74 E-Mail: m.maier@rizner.at DRUCK

Druckerei Roser Mayrwiesstraße 23, 5300 Hallwang Telefon +43 (0)662-6617 37 VERLAGSPOSTAMT

A-4820 Bad Ischl GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

zek Zukunftsenergie und Kommunaltechnik ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für erneuerbare Energien und zukunftsorientierte Technologien sowie Management im kommunalen Bereich. Foto: zek Archiv

THUNBERG UND SCHWARZENEGGER GEMEINSAM GEGEN DIE KLIMAKRISE „Es ist an der Zeit, dass sich alle Zweifler und Umweltverschmutzer uns anschließen, um gemeinsam voranzukommen“, mit diesem Appell wandte sich Arnold Schwarzenegger beim dritten R20 AUSTRIAN WORLD SUMMIT an alle, die nach wie vor den Klimawandel und seine Folgen abtun. „Wir bitten euch, damit aufzuhören, die Menschen über Klimawandel und Umweltverschmutzung zu belügen und ihnen Lösungen anstelle von 'Bullshit' anzubieten. Wir bitten euch, die Trends zu sehen und euch dem Weg des Fortschritts anzuschließen, anstatt zu versuchen, uns bei jeder Gelegenheit zurückzuhalten“, so der ehemalige Gouverneur von Kalifornien unmissverständlich weiter. Besonders erfreut zeigte er sich daher, dass dieses Jahr die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg seiner Einladung zum Klimagipfel gefolgt war. Immerhin war sie es, die mit ihrem Schülerstreik gegen den Klimawandel eine globale Bewegung initiiert hatte. Bei der Klimakonferenz nutzte Greta Thunberg die Gelegenheit, um einen dringenden Weckruf an das Auditorium zu richten: „Wir müssen es beim Namen nennen: Es ist ein Notfall! Wir Kinder sind keine politischen Entscheidungsträger, ebenso wenig die Wissenschaftler, aber viele von Ihnen hier sind es. Die Leute hören auf Sie, aber die meisten von Ihnen haben es verabsäumt, diese Verantwortung wahrzunehmen. Wir jungen Leute werden nun aktiv und wir versprechen, wir lassen Sie damit nicht länger durchkommen!“

Aktuell

Der Entscheid des Bundesgerichts wurde Anfang Mai kommuniziert, und der Fall liegt nun beim Regierungsrat des Kantons Zug. Der Kanton hat sich 30 Tage Zeit genommen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Der Schweizer Verband der Kleinwasserkraft setzt sich für die nachhaltige Nutzung der Wasserkraft ein. Der Schutz der ehehaften Wasserrechte ist dabei kein Widerspruch.

ABOPREIS

Österreich: Euro 73,00, Ausland: Euro 84,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 12.000 Stück Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet

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Foto: EWA

Foto: zek

Aktuell

Vertreter der Bauunternehmen und der Verwaltungsrat der KW Erstfeldertal AG sorgten für den Spatenstich für das neue Kraftwerk (v.l. Thomas Aschwanden, Daniel Diezig, Herbert Brandstätter, Ruedi Cathry, Kurt Schuler, Werner Jauch, Peter Dittli, Rolf Müller, Hanspeter Bonetti, Philipp Zurfluh)

HISTORISCHER SPATENSTICH BEIM KW ERSTFELDERTAL Die Vorarbeiten am neuen Kraftwerk Erstfeldertal haben bereits Mitte April begonnen, und am 17. Mai konnte der offizielle Spatenstich gefeiert werden. Ein Anlass mit historischer Dimension: Die über 100-jährige Geschichte mit zahlreichen Kraftwerksprojekten am Alpbach geht damit in eine neue Ära über. Mit dem Spatenstich und dem Baubeginn wird aus Visionen definitiv Wirklichkeit. Das neue Kraftwerk soll Ende 2020 in Betrieb gehen und liefert künftig Strom für 7.200 Haushalte. Insgesamt investiert die KW Erstfeldertal AG rund 37 Millionen Franken in den Bau des Kraftwerks. „Diese Investition kommt allen Urnerinnen und Urnern zu Gute“, ist Werner Jauch, Verwaltungsratspräsident der KW Erstfeldertal AG, überzeugt. „Der besondere Effort für das Kraftwerk Erstfeldertal hat sich in jedem Fall gelohnt.“ 500.000 Franken Wasser­ zinsen gehen jährlich an den Kanton. Rund drei Viertel der Gesamtinvestition, das entspricht mehr als 27 Millionen Franken, bleiben als Wertschöpfung im Kanton Uri. Es werden zwischen 40 bis 50 Urner Firmen am Bau beteiligt sein. Mehr dazu unter: www.kw-erstfeldertal.ch Fabian Öttl Produktmanager

Foto: SGEW

Leistungsstarke 15-kV-Prüflösung für rotierende Maschinen

Bis 2020 wird das Kraftwerk Elisenhütte modernisiert.

SGEW MODERNISIERT WASSERKRAFTWERK ELISENHÜTTE Idyllisch an einer Lahnschleife am Rande von Nassau in Rheinland-Pfalz liegt das Wasserkraftwerk Elisenhütte. Erbaut wurde es 1931 – damals schon mit zwei Maschinensätzen. „Das hat man seinerzeit so gemacht, um die Versorgungssicherheit zu optimieren. Die Anlage muss somit im Falle einer Revision nicht komplett stillgelegt werden“, erklärt Dominik Kauss, Leiter Wasserkraft der SGEW (Süwag Grüne Energien und Wasser). Tatsächlich wurden im Laufe der Jahrzehnte nur hin und wieder kleinere Reparaturen durchgeführt. Turbinen und Generator waren immer im Einsatz und wurden nie erneuert. „Mittlerweile sind alle Bauteile in die Jahre gekommen. Für viele bekommen wir keine Ersatzteile mehr. Es ist dringend nötig, die ganze Anlage komplett zu sanieren“, fügt Kauss hinzu. Im März dieses Jahres haben die Bauarbeiten begonnen. Bis Oktober 2020 werden zwei neue Maschinen und die zugehörige Steuerungs- und Regelungstechnik eingebaut. Die SGEW investiert insgesamt rund 5,2 Millionen Euro. „Wenn wir mit der Sanierung fertig sind, ist die Anlage optimal gerüstet für die kommenden zwei Jahrzehnte und wird zehn Prozent mehr Strom erzeugen als bisher“, zeigt sich Kauss zufrieden.

Kompakt, leicht und leistungsstark – dies beschreibt unsere Prüflösung für die Offline-Diagnose an rotierenden elektrischen Maschinen. Mit bis zu 15 kV bei Nennfrequenz können Kapazität, Verlustfaktor, Wicklungswiderstand, diverse Impedanzen sowie Kontaktwiderstände gemessen werden. Gleichzeitig dient unsere Lösung als Hochspannungsquelle für Stehspannungs- und Teilentladungsprüfungen. Die intuitive Software unterstützt Sie beim Erstellen der Vorlagen und beim Durchführen der Messungen. www.omicronenergy.com/15kV

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Foto: TU Graz

Die Praktikerkonferenz in der steirischen Landeshauptstadt Graz weckte im Mai 2019 wieder hohes Publikumsinteresse.

Aktuell

Foto: Troyer

Die Troyer Suisse AG in Winterthur, Tochtergesellschaft des Südtiroler Traditionsunternehmens Troyer AG, hat seit Anfang Mai mit Pius Schwitter einen neuen Niederlassungsleiter.

Foto: Standortagentur Tirol

Das Team HyFish mit (v.l.) Ruben Tutzer, Markus Aufleger und Barbara Brinkmeier von der Universität Innsbruck gewann Tirols adventure X 2019 – Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf gratulierte.

ERNEUTER BESUCHERREKORD AUF DER PRAKTIKERKONFERENZ GRAZ „Die 23. Praktikerkonferenz Pumpen in der Verfahrenstechnik und Abwassertechnik vom 6. bis 8. Mai 2019 deckte die ganze Breite der Pumpentechnik ab – von Energie über Ex-Schutz bis zu außergewöhnlichen Betriebsbedingungen über Verfahrens- und Abwassertechnik und Materialien, Verschleiß und Digitalisierung. Unter dem Strich haben sich wieder einmal die Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit bei allen Aspekten als wichtigstes Kriterium gezeigt. Der Energieverbrauch spielt zwar auch eine zunehmend wichtige Rolle, wobei sich die TeilnehmerInnen und Referenten einig waren, dass die Energie im System und nicht in den Pumpen verbraucht wird“, resümierte Veranstalter Professor Helmut Jaberg im Anschluss an die gelungene Konferenz. Die kommende 24. Praktikerkonferenz „Pumpen in der Verfahrens-, Abwasser- und Kraftwerkstechnik“ findet wieder traditionell eine Woche nach Ostern von 20. bis 22. April 2020 statt. NEUER ANSPRECHPARTNER BEI TROYER SUISSE Seit 2009 beliefert die Troyer AG den Schweizer Wasserkraftmarkt mit individuellen Konzepten und maßgeschneiderten Gesamtlösungen. Über die Jahre hat sich das Familienunternehmen aus Sterzing den Planern, Behörden und Betreibern gegenüber als kompetenter und zuverlässiger Partner bewiesen. Um die Kundenbetreuung und das Service weiter zu verbessern, wurde 2012 die Tochterfirma der Troyer AG, die Troyer Suisse AG, im Zentrum von Winterhur im Kanton Zürich angesiedelt. Von hier aus kümmert sich die eigenständige Tochterfirma des erfahrenen Wasserkraft-Allrounders um die komplette Planung und Errichtung von Turbinen und Wasserkraftwerken, von der Wasserfassung bis zum Netzanschluss. Geschäftsführer von Troyer Suisse ist Manfred Moling, Pius Schwitter bekleidet seit Anfang Mai die Position des Niederlassungsleiters. HYFISH ELEKTRO-SEILRECHEN GEWINNT TIROLS ADVENTURE X 2019 Am 23. Mai sind in Innsbruck die vielversprechendsten Geschäftsmodelle des Jahres für innovative, neue Unternehmen beim Tirol Finale des Geschäftsmodellwettbewerbs adventure X der Standortagentur Tirol und der Wirtschaftskammer Tirol ausgezeichnet worden. Das Team HyFish der Universität Innsbruck setzte sich bei den Jurypräsentationen mit den Plänen für ein neues Unternehmen durch, das Fische an Wasserkraftanlagen mittels Elektro-Seilrechen vor den gefährlichen Turbinen schützt und über einen seitlich gelegenen Bypass sicher am Kraftwerk vorbeileitet. Die technische Machbarkeit des sogenannten FishProtectors und seine schützende Wirkung auf Fische wurden bereits nachgewiesen. Die Technologie ist mit einem Patent in Europa und den USA geschützt und soll künftig Wasserkraftanlagen aller Größen mit einem effizienten und kostengünstigen Fischschutzsystem ausstatten.

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Julian Weiß, Projektleiter, Ökowind GmbH

MEHRERLÖSE AUS IHRER WASSERKRAFT

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Foto: Voith

Aktuell

Foto: EuPD Research 2019

Alle Gewinner des Energiewende Award 2019.

KELAG GEWINNT ENERGIEWENDE AWARD 2019 FÜR ENERGIEEFFIZIENZ Die Bonner Markt- und Wirtschaftsforscher von EuPD Research haben das Angebotsportfolio von mehr als 1.800 Energieversorgern aus der DACH-Region in den Bereichen Strom, Wärme, Mobilität und Energie­ effizienz verglichen und bewertet. Im Rahmen der Innovationsplattform „The smarter E Europe“ wurde die aus Kärnten stammende Kelag am 16. Mai in München mit dem Energiewende Award 2019 in der Kategorie Energieeffizienz ausgezeichnet. Überreicht wurde die begehrte Auszeichnung von Dr. Martin Ammon, Leiter Energiewirtschaft bei EuPD Research. In seiner Laudatio hob Ammon unter anderem die innovativen und kundenorientierten Produkte und Dienstleistungen der Kelag rund um das Thema Energieeffizienz hervor. Marketingleiter Werner Pietsch bedankte sich im Namen der Kelag und ihrer Mitarbeiter für die Auszeichnung, die eine Bestätigung für den eingeschlagenen Weg und zugleich Ansporn im Thema Energy+ und Energieeffizienz darstelle. Energieversorger, die sich im Sinne der Kunden für die Energiewende engagieren, wurden 2019 bereits zum dritten Mal ausgezeichnet.

Study Tour zum Hybrid-Kraftwerk Gaildorf, dem ersten seiner Art weltweit.

VOITH AUF DEM WORLD HYDROPOWER CONGRESS 2019 Voith nahm am World Hydropower Congress teil, der vom 14. bis 16. Mai in Paris stattfand, und weltweit führende Vertreter der Wasserkraftbranche zusammen brachte. Ziel war es, nachhaltige Wasserkraft zu fördern und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, welche die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens und der Ziele für nachhaltige Entwicklung vorantreiben. In den Sessions und Workshops brachte Voith seine Expertise in den Bereichen Pumpspeicherung, Digitalisierung, saubere Energiesysteme und dem Aufbau von Kapazitäten ein. Nach dem Kongress bot Voith den Delegierten des World Hydropower Congress die Möglichkeit, die Unternehmenszentrale in Deutschland und weitere ausgewählte Destinationen zu besuchen. In der Zentrale in Heidenheim konnten unter anderem das Forschungs- und Entwicklungszentrum sowie das neue OnPerformance.Lab besichtigt werden. Weiter ging es zum Hybridkraftwerk Gaildorf, das ein Wind- und Pumpspeicherkraftwerk vereint. Am zweiten Tag reisten die Teilnehmer weiter nach Luxemburg zum Pumpspeicherkraftwerk Vianden.

Wer Anlagen langfristig betreiben will, sollte über Schnittstellen hinaus denken.

Lifecycle-Partnerschaft heißt für uns, Produkte über den gesamten Produktlebenszyklus zu betreuen und dabei einen hohen Mehrwert für unsere Kunden zu generieren: von der Beratung, über die Entwicklung und die Fertigung bis zum Service vor Ort. Wir sind der Lifecycle-Partner für rotierende elektrische Maschinen und Lösungen, der für die besten Unternehmen weltweit arbeitet.

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Foto: TIWAG

Foto: EWA

Aktuell

V.l: Norbert Troyer, Werner Jauch, Manfred Moling, Remo Burgener und Pius Schwitter von Troyer Suisse.

6. PRAKTIKERKONFERENZ FÜR WASSERKRAFT Die diesjährige Praktikerkonferenz zum Thema Wasserkraft findet vom 10. bis 11. September an der Technischen Universität Graz statt. Sie hat die Zielsetzung, den Erfahrungs- und Wissensaustausch sowie das Netzwerken zwischen Herstellern, Betreibern, Planern und Forschung im deutschsprachigen und angrenzenden Raum zu fördern. Sie ist die Plattform von Praktikern für Praktiker mit dem Fokus auf die Branche Wasserkraft-Turbinen-Systeme mit den diesjährigen Kernthemen Drehzahlregelung bei Turbinen und Pumpspeicherwerken, Netzstabilität, das neue RWhM-Regelwerk und seine Anforderungen an Festigkeit, Schwingungen und ihre Detektion, Schadensvermeidung, neue Kraftwerkskonzepte. Traditionell besteht nach jedem Vortrag die Möglichkeit für Diskussionen und eines Austausches. Anmeldungen bitte per Email unter margot.jaberg@jabergundpartner.com oder online unter www.wasserkraft-graz.at.

VEREINTE KRÄFTE IN DER KLEINWASSERKRAFT Zwei innovative Unternehmen im Bereich Kleinwasserkraft arbeiten künftig zusammen: EWA wird ab Juli 2019 Servicepartner von Turbinenlieferant Troyer für die Schweizer Kunden. EWA ist Spezialist in allen Bereichen des Kraftwerksbaus und -betriebs, Troyer liefert die gesamte elektromechanische Ausrüstung für Wasserkraftwerke aus einer Hand. Die beiden Partner bringen ihre jahrelange Erfahrung und ihr gesamtes Dienstleistungsangebot in der Kleinwasserkraft in die neue Partnerschaft mit ein und können damit noch schneller und flexibler auf die Bedürfnisse ihrer Kunden und des Marktes reagieren. Ab dem 1. Juli 2019 arbeiten Troyer und EWA in einer Partnerschaft zusammen. Im Rahmen dieser Partnerschaft übernimmt EWA künftig für Troyer Service- und Reparatureinsätze und bietet Unterstützung bei Wartungs- und Montagetätigkeiten für Anlagen von Schweizer Kunden.

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22. Internationales Anwenderforum Kleinwasserkraftwerke für Betreiber, Planer und Hersteller 26.+27. September 2019 Rorschach - Schweiz

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Aktuell

Foto: BKW

Bis 2021 entsteht im Lötschental an der Lonza das Wasserkraftwerk Wiler-Kippel. Mittels zweier Turbinen soll damit pro Jahr rund 14,4 GWh Öko-Strom erzeugt werden.

Mit den „schwebenden“ Arbeiten vervollständigte Uniper ihr neu entwickeltes Sicherheitssystem als weitere Redundanz zum Öffnen der Wehrtore.

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Foto: EVN

EVN FISCHFREUNDE: BESATZ MIT ÄSCHEN-EIERN AN DER ERLAUF UND DER YBBS „Die Äschen-Eier sind kurz vor dem Schlüpfen, man kann bereits die Augen erkennen“, erklärt EVN Fischfreund Christoph Friesenegger. Im Gegensatz zu Forellen, die rund 100 Tage brauchen, um zu schlüpfen, benötigen Äschen nur drei Wochen. Die 15.000 Eier wurden nun mittels „Artificial Nesting“ in die Ybbs und in die Erlauf eingebracht. „Wir haben mit dieser natürlichen Bewirtschaftungsmethode sehr gute Erfahrungen gemacht. Unsere Maßnahmen sollen die Äschen-Population nachhaltig schützen, da die Fische von klein auf im Fluss aufwachsen“, so Friesenegger. Bei dieser Methode wird an geeigneten gut durchströmten Stellen im Bach mechanisch der vorhandene Kies gesäubert und anschließend künstliche Laichbetten hergestellt. In diese werden die Eier mittels Trichters eingebracht. Die Fische schlüpfen und wachsen von klein an in ihrer natürlichen UmEVN Fischfreund Christoph Friesenegger beim gebung auf und sind künftig in der Lage selber Einbringen der Äschen-Eier mittels Spezialtrichter. zu laichen und sich zu vermehren.

Foto: Uniper

energy-control.it

BAUSTART FÜR DAS WASSERKRAFTWERK WILER-KIPPEL Reinhard Tannast, Gemeindepräsident von Kippel und Verwaltungsratspräsident der Kraftwerke Wiler-Kippel AG, freut sich über den Baustart des Wasserkraftwerks. „Dank erneuerbarer Energie und einheimischem Strom leisten wir mit dem Wasserkraftwerk auch einen Beitrag zur Energiestrategie und fürs Klima“, sagt Tannast. Für die Tourismusorte im Lötschental sei dies wichtig. Hans-Jakob Rieder, Präsident der Gemeinde Wiler, ergänzt, dass die beiden Gemeinden mit einer Wertschöpfung rechnen. „Erträge aus dem Wasserkraftwerk können wir investieren und so zur weiteren Standortattraktivität der Gemeinden beitragen.“ Umfangreiche Begleitmaßnahmen ergänzen den Bau des Kraftwerks. Die Lonza wird entlang der unterirdischen Druckleitung zwischen Wiler und Kippel noch attraktiver und lädt zum Verweilen ein. „Wir verbreitern außerdem das Flussbett und bauen naturnahe Teichlandschaften“, sagt Projektleiter Patrick Manz. Eine flache Uferböschung schafft zudem Platz für gemütliche Stunden. Auch der Hochwasserschutz wird verbessert: Rechtsufrig werden die bestehenden Ufer verstärkt und an den gefährdeten Stellen erhöht. Dank klarer Richtlinien soll die Lonza immer genügend Restwasser führen.

ENDMONTAGE AM NEUEN SICHERHEITSSYSTEM AM BAHNSTROMKRAFTWERK Anfang Mai war beim Donaukraftwerks Bergheim ein 220-Tonnen Spezialautokran im Einsatz, der über einen 85 Meter langen Ausleger die Monteure in einem Arbeitskorb an ihren Arbeitsplatz an der Wehranlage hievte. Mit den aufwändigen Arbeiten vervollständigt Uniper ihr neu entwickeltes Sicherheitssystem als weitere Redundanz zum Öffnen der Wehrtore. Dazu Uniper-Projektleiter Konrad Zitzler: „Mit dem im Unternehmen entwickelten zusätzlichen Sicherheitssystem kann Uniper sicherstellen, dass sich selbst bei einem extremen Hochwasserereignis (neu definiertes HQ100 nach dem Hochwasser von 2013) auch bei Ausfall jeglicher Wehrtorantriebe, wie Notstromaggregate oder mechanische Möglichkeiten, die Wehrtore in den drei Wehrfeldern noch öffnen lassen, um den maximalen, kontrollierten Hochwasserabfluss zu gewährleisten.“ Mit mit der Montage der neuen Kettenlaschen werden zusätzliche Befestigungspunkte für Anhängevorrichtungen geschaffen.

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Aktuell

Foto: Aqua Libre

Der Strom-Bojen-Park bei der Loreley ist das erste große internationale Referenzprojekt von Aqua Libre. Hergestellt werden die Strom-Bojen zur Gänze in Österreich.

ÖSTERREICHISCHE STROM-BOJE SCHAFFT DURCHBRUCH AM RHEIN Bis zum Winter 2019/20 soll im Rhein ein Energie-Park mit bis zu 18 Strom-Bojen entstehen, der Strom für fast 1.500 Haushalte liefern wird. In der Zeit nach Ostern hat die Fa. PORR bereits die Verankerungen für die Strom-Bojen gebohrt und die Ketten eingelegt. Für die Einbringung wurde von der Mittelrheinstrom AG nach den Vorgaben vom Bojenhersteller Aqua Libre sogar ein eigenes Montageschiff gebaut. Im Sommer werden die vorgeschriebenen Gutachten zur Standsicherheit erstellt – dann sollen zügig die Langzeitgenehmigungen erteilt werden. Weitere Projekte im Mittelrhein könnten bald folgen, da die dort herrschenden Strömungsbedingungen auf einen hohen Stromertrag und auch auf gute Renditen hoffen lassen. Die Strom-Boje 3® hat einen Rotor mit 250 cm Durchmesser, einen direkt gekoppelten PM-Synchron-Generator mit bis zu 100 kW Nennleistung und liefert am Mittelrhein bis zu 350 MWh netzkonformen Strom pro Jahr. (V.l:) Mag. Michael Amerer, GF bei VERBUND Hydro Power GmbH, VERBUND-Projektleiterin DI Sabine Käfer, Mag. Gisela Ofenböck vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und VERBUND-Vorstand Dr. Achim Kaspar.

ÖLFREI AUTOMATISIEREN Elektrische Stellantriebe zur Automatisierung von Wehrschützen, Rechen und Armaturen in Wasserkraftwerken

Foto: VERBUND TIWAG

Elektrische Stellantriebe benötigen zur Energie­ versorgung ein Elektrokabel ­ wartungsarm, einfach zu installieren und frei von der Gefahr, Öl zu verlieren.

KÄRNTENS HÖCHSTE FISCHTREPPE IST IN BETRIEB Mitte Mai wurde nach einjähriger Bauzeit beim Drau-Kraftwerk Edling Kärntens höchste Fischwanderhilfe feierlich in Betrieb gesetzt. Fast sechzig Jahre lang bildete das Kraftwerk Edling für Fische und andere aquatische Lebewesen eine Barriere im Fluss. Mit der neuen Fischwanderhilfe ist ab sofort ein Umschwimmen des Kraftwerks möglich. Fische, die etwa zum Laichen flussaufwärts schwimmen, können über die 650 m lange Fischwanderhilfe aus der Drau in den 22,2 m höher gelegenen Völkermarkter Stausee gelangen. „Die Schaffung und Vernetzung von Lebensraum ist ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität in unseren Gewässern. Seit 2009 haben wir mehr als 1.000 Fischaufstiege errichtet. Die neue Fischwanderhilfe in Edling wurde mit 450.000 Euro vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gefördert,“ betonte die damalige Bundesministerin Elisabeth Köstinger bei den Eröffnungfeierlichkeiten.

Bei elektrische Stellantrieben von AUMA sind alle Komponenten in einem Gehäuse integriert, ab der Standardausführung in höchster Schutzart IP68, in der erweiterten UW Ausführung sogar dauerhaft überflutbar bis 15 m bzw. 60 m Wassersäule. Damit können alle Einsatzfälle unter und über Wasser abgedeckt werden. Elektrische AUMA Stellantriebe entsprechen den Anforderungen der höchsten Korrosivitätskategorien C5­M und C5­I nach der EN ISO 12944­2. Elektrische Stellantriebe verrichten über lange Zeit­ räume mit geringem Wartungsaufwand ihren Dienst. Erfahren Sie mehr über unsere Automatisierungslö­ sungen. www.auma.com

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Veranstaltung

WASSERKRAFTMESSE RENEXPO INTERHYDRO IM NOVEMBER 2019 ZUM 11. MAL IN SALZBURG Fotos: Mike Vogl

Unter dem Motto „Wasserkraft braucht Politik braucht Wasserkraft“ findet die RENEXPO INTERHYDRO am 28. und 29. November 2019 im Messezentrum Salzburg statt. Die publikumsoffene Fachmesse hat sich seit 11 Jahren bestens als Networking Plattform und zum gegenseitigen Informationsaustausch etabliert.

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is zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Wasserkraft hauptsächlich in Mühlen genutzt. Dass die Wasserkraft heute einen wesentlichen Beitrag zu einer sicheren, nachhaltigen und klimaneutralen Energieversorgung leistet, ist Inhalt der Europäischen Wasserkraftmesse mit angeschlossenem Kongress. Schirmherr der Veranstaltung ist das Land Salzburg mit dem Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Heinrich Schellhorn. WISSENSVERMITTLUNG UND NETWORKING In erster Linie spricht die Messe europaweit Personen aus Wirtschaft und Industrie, Behörden und Kommunen, Politik und Wissenschaft, die sich direkt mit Wasserkraft beschäftigen, an. Interessierte Besucher sowie Experten erhalten einen Überblick über alle wesentlichen Aspekte, welche die Wasserkraft als effiziente, zuverlässige und speicherfähige Energieform ausmacht. Auf der Messe präsentieren namhafte Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette der Wasserkraft. Der Bogen spannt sich von Herstellern für Kaplan-, Francis- und Pelton-Turbinen, Generatoren, Dichtungen, Rohre und weitere Anlagen-Komponenten über Kraftwerksteuerung, Anlagen-Bau, -Instandhaltung und -Optimierung bis zu Messund Regeltechnik, Stromhandel, E-Tankstel-

Die RENEXPO INTERHYDRO im Salzburger Messezentrum hat sich in den vergangenen Jahren als Drehscheibe der internationalen Wasserkraftbranche etabliert.

len und Direktvermarktung – vom alteingesessenen Familienbetrieb bis zu internationalen Unternehmen. Diesjährige Kongressthemen sind am Donnerstag und Freitag begleitend zur Ausstellung aktuelle Praxis-Erfahrungen und Projekte sowie Energiespeicherung, Kleinwasserkraft als E-Tankstellen und gewässerökologisch verträglicher Wasserkraftausbau. Auch in diesem Jahr werden mit dem 3. Osteuropa-­ Wasserkraftforum und dem 3. Seminar „Wasserkraft in Afrika“ internationale Märkte vorgestellt. Das diesjährige Partnerland der Messe ist Italien. Italienische Aussteller präsentieren ihre Produkte informieren über neue Technologien und aktuelle Herausforderungen. Messe und Kongress bieten einen umfassenden Überblick über neue Technologien, politische Rahmenbedingungen in Europa und die Zukunft der Wasserkraft. i

Ein ausgewiesener Networking Standort ist der internationale Wasserkraft-Verbändestand in der Hydro Lounge. Hier informieren Verbände über ihre Aktivitäten und Neuigkeiten – ein Treffpunkt, an dem man über die zukünftige Energieversorgung diskutieren kann und die Antworten für ein Morgen findet. Beim 4. Europäischen Verbändetreffen tauschen sich die Verbände darüber hinaus über die aktuelle politische Situation aus mit dem Ziel, ihre Interessen besser zu bündeln und den Wasserkraft-Sektor europaweit zu stärken. Das Hydroforum in der Halle 10 bietet an beiden Tagen für die Messebesucher ein abwechslungsreiches Programm mit Vorträgen und Diskussionsrunden zu aktuellen Branchenthemen. Weitere Informationen unter: www.renexpo-hydro.eu Impressionen von der RENEXPO INTERHYDRO 2018

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Der Speicher Vermunt im Vorarlberger Silvretta­ gebiet dient als Unterbecken für das in rund 4,5 Jahren errichtete Obervermuntwerk II. Seine beiden in Sekundenschnelle regelbaren Maschi­ nensätze, die sowohl im Turbinen- als auch im Pumpbetrieb eine Engpassleistung von 360 MW schaffen, befinden sich 800 m tief verborgen im Berg in einem riesigen Kavernenkrafthaus.

OBERVERMUNTWERK II PRODUZIERT SPITZENENERGIE IN DEN TIEFEN DES MONTAFON Mit der Inbetriebnahme des Obervermuntwerk II im westösterreichischen Silvrettagebiet haben die illwerke vkw im Herbst 2018 einen wichtigen Meilenstein gesetzt. In einer Bauzeit von nur 4,5 Jahren wurde tief im Berginneren des Silvrettamassivs ein hocheffektives Pumpspeicherkraftwerk errichtet, das mit seinen beiden, auf insgesamt 360 MW Engpassleistung ausgelegten Maschinensätzen einen bedeutenden Beitrag zur Bereitstellung von Spitzen- und Regelenergie liefert. Für den Kraftwerksbau wurden keine neuen Wasserressourcen angezapft, zur Stromerzeugung wird das vorhandene Energiepotential zwischen dem Speicher Silvretta im Oberwasser sowie dem Speicher Vermunt im Unterwasser genutzt. Neben den komplexen Bauarbeiten unter Tage stellte vor allem die erschwerte Zugänglichkeit der Baustelle im hochalpinen Raum während der Wintermonate eine große Herausforderung dar. Nachdem das Obervermuntwerk II bereits im Vorjahr schrittweise seinen Probebetrieb aufgenommen hatte, begann im heurigen Frühjahr die Großrevision des Parallelkraftwerks Obervermuntwerk I. trieb eine Engpassleistung 525 MW erreicht, ihre leistungsstärkste Anlage zur Erzeugung

Anlagenschema Obervermuntwerk I und Obervermuntwerk II

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von Spitzenenergie in Betrieb genommen. 2009 fixierte der Vorarlberger Landtag die Animation: illwerke vkw

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er verstärkte Ausbau von Photovoltaikund Windkraftanlagen in der jüngeren Vergangenheit hat eine hohe Nachfrage an Spitzen- und Regelenergie auf den Energiemärkten mit sich gebracht. Um Versorgungsengpässe dieser volatilen Energieträger auszugleichen, spielen schnell regelbare Pumpspeicherkraftwerke als Stützen des europäischen Stromverbunds eine zentrale Rolle. Diese Nachfrage erfüllt die mittlerweile zwölf Anlagen umfassende Kraftwerksgruppe Obere Ill-Lünsersee der illwerke vkw, deren Produktion maßgeblich zur Deckung von Spitzenlast eingesetzt wird. Erst 2008 hat die illwerke vkw mit dem neuen Pumpspeicherkraftwerk Kopswerk II, das im Turbinenbe-

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Foto: Künz

Der Vorarlberger Stahlwasserbauspezialist Künz GmbH lieferte die großformatigen Rechen und Schützen. Im Bild die Montage der Rechenfelder im Auslaufbauwerk Vermunt.

als Parallelkraftwerk zum 1943 fertig gestellten Obervermuntwerk I (OVW I) komplett unterirdisch anzulegen. Durch die Konzeption als Kavernenanlage sollten die ökologischen Eingriffe minimal gehalten werden und die Kapazitäten der Speicherseen Silvretta und Vermunt für die Stromproduktion optimiert werden. Das UVP-Verfahren im Rahmen der Projektgenehmigung nahm rund Foto: illwerke vkw

Energieautonomie des Bundeslandes bis 2050 als langfristiges Ziel, 2011 folgte der Beschluss zum Ausbau des vorhandenen Wasserkraftpotentials in Vorarlberg. Unter diesen günstigen politischen Voraussetzungen startete noch im Herbst 2011 die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Projekt Oberver­muntwerk II (OVW II). Die grundsätzlichen Planungen sahen vor, das OVW II

Stollen und Schächte wurden mittels Sternbohrungen injiziert. Bei diesen sogenannten Ge­ birgsinjektionen wird Zementsuspension mit bis zu 20 bar in die Bohrlöcher injiziert und so­ mit eine hochfeste Verbindung zwischen dem Berg und dem Triebwassersystem geschaffen.

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drei Jahre in Anspruch, der Baubeschluss durch den Aufsichtsrat der Vorarlberger Illwerke AG wurde im Jänner 2014 besiegelt. GRÖSSTE BAUSTELLE VORARLBERGS Am 5. Mai 2014 erfolgte schließlich der Baubeginn auf der größten Baustelle Vorarlbergs, über 400 Personen waren zu den Spitzenzeiten der Bauphase gleichzeitig beschäftigt. Mit der Umsetzung der Hauptbauarbeiten wurde die Arbeitsgemeinschaft aus Jäger Bau GmbH, Porr AG, ÖSTU-Stettin Hoch- und Tiefbau GmbH und G. Hinteregger & Söhne Baugesellschaft m.b.H. beauftragt. „Um auch während der Wintersperre der Hochalpenstraße Materialtransporte zur Baustelle zu ermöglichen, wurde im Sommer 2014 eine temporäre Materialseilbahn errichtet. Bis zu 20 t schwere Lasten konnten mit der über 2,6 km langen Seilbahn während des Winters transportiert werden. Während der rund vier­ einhalbjährigen Bauzeit erforderten die begrenzten Platzverhältnisse in hochgebirgiger Lage zwischen rund 1.700 und 2.100 m Seehöhe von den Projektverantwortlichen eine durchdachte Baustellenlogistik“, erklärt der stellvertretende illwerke vkw-Projektleiter Simon Mark. Darüber hinaus sollten die Belastungen für die Umwelt möglichst gering gehalten werden, wozu im UVP-Verfahren ein mehrere Punkte umfassendes Paket in Sachen Ökologie geschnürt wurde. Dies beinhaltete neben den obligatorischen Renaturierungen der Bau- und Deponieflächen auch die Aufbereitung des Ausbruchmaterials zu Betonzuschlagstoffen direkt auf der Baustelle. Durch die Aufbereitung des Gesteins vor Ort konnten mehrere Tausend Lkw-Transporte eingespart werden. Das nicht für die Aufbereitung Foto: Künz

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Auf der Hochgebirgsbaustelle wurde rund um die Uhr im Mehrschichtbetrieb gearbeitet.

Auslaufschütz im Vermuntsee

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geeignete Ausbruchmaterial wurde im Projektgebiet in drei Deponiestandorten eingebaut. Diese wurden mit aufwendigen Geländemodellierungen harmonisch ins alpine Gelände eingefügt. NEUE AUS- UND EINLAUFBAUWERKE Um die Bauarbeiten möglichst effizient voranzutreiben, wurde das gesamte Projektgebiet in fünf Baubereiche eingeteilt. Im Silvretta­ speicher auf der Bielerhöhe hatte die illwerke vkw bei einem Sanierungseinsatz im Jahr 2011 bereits wichtige Vorarbeiten für den Bau des OVW II geleistet. Die Speicherabsenkung war zur Herstellung des Betonbaus für das zukünftige neue Einlaufbauwerk sowie zur Errichtung der ersten 60 m des Einlaufstollens genutzt worden. Für das neue Kraftwerk musste ein rund 50 m tiefer Schützenschacht errichtet werden, der senkrecht von oben auf den Einlaufstollen stößt. Am Fuß des mit einem Ausbruchdurchmesser von 11,7 m hergestellten Schachts wurden zum Verschließen des Triebwasserwegs zwei bau­ gleich als Rollschütze ausgeführte Betriebsund Revisionsschütze in notschlusstauglicher Ausführung eingebaut. Gefertigt und montiert wurden die jeweils 6,8 m hohen und 4,4 m breiten Absperrorgane vom Vorarlberger Stahlwasserbauspezialisten Künz GmbH aus

Foto :illwerke vkw

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Kavernenkrafthaus während des Betonbaus.

Hard, der auch das Einlaufbauwerk im Speicher mit drei jeweils 8 m hohen und 7,5 m breiten Niro-Rechenfeldern ausrüstete. Darüber hinaus umfasste der Künz-Lieferumfang vier Saugrohrschützen für die Pumpen und Turbinen im Kavernenkrafthaus, die als notschlusstaugliche Rollschütze in druckfesten Gehäusen ausgeführt wurden. Für das Auslaufbauwerk im Speicher Vermunt, der während der Bauarbeiten temporär abgesenkt wurde, wurde von Künz ein 8,1 m hoher und 6,5 m breiter Auslaufschütz als Absperrorgan

geliefert, zum Schutz vor Treibgut wurden drei großflächige Grobrechenfelder montiert. „Um den zeitlichen Bauablauf einzuhalten, hatte die Montage des Auslaufschütz höchste Priorität, der Durchschlag zur Unterwasserführung konnte aufgrund sicherheitstechnischer Vorgaben erst nach dem Einbau des Absperrorgans erfolgen. Dank Wetterglück, Mehrschichtbetrieb und der guten Kooperation der ausführenden Unternehmen konnte dieser wichtige Projektschritt noch 2015 erfolgreich abgeschlossen werden“, sagt Künz­-

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Foto: illwerke vkw

Vorlagerung der Panzerung für die Verteilrohrleitung

Montage einer Francis-Turbinenspirale

Projektleiter Jürgen Feuerstein. Auch der Einbau der Feinrechenfelder beim Einlauf­ bau­ bauwerk im Silvrettaspeicher im März 2017 erfolgte unter einem engen Zeitkorsett, um den Produktionsausfall des OVW I aufgrund der Speicherabsenkung möglichst gering zu halten, mussten diese Arbeiten möglichst schnell umgesetzt werden. i

IMPOSANTE BAUWERKE UNTER TAGE Die zur Gänze mittels bergmännischen Sprengvortriebs durchgeführten Ausbrucharbeiten für das Stollensystem wurden von Anfang an mit Hochdruck betrieben. Obwohl die Mineure speziell zu Beginn der Vortriebsarbeiten mit Wassereintritt in hohem Ausmaß zu kämpfen hatten, konnte der Zeitplan für den Stollenbau erfüllt werden. Rund zwei Jahre nach der Anschlagfeier erfolgte im Juni 2016 der Durchschlag beim Schützenschacht auf der Höhe des Hotels Silvrettahaus. Vom Portal des Hauptzugangsstollens bis zum Durchschlag beim Schützenschacht hatten die Mineure eine unterirdische Distanz von rund 3,6 km zurückgelegt, wobei insgesamt ca. 200.000 m³ Gestein ausgebrochen wurden. Neben der

125 m langen, 25 m breiten sowie 35 m hohen Maschinenkaverne ist das Wasserschloss das imposanteste Bauwerk des OVW II. Ein maximaler Durchmesser von 17 m und seine Gesamthöhe zwischen Schachtkopf und Schachtfuß von rund 300 m machen das Wasserschloss zum größten Schacht der Anlage. Während des Betriebs bewegen sich bis zu 164.000 l/s zwischen den beiden Speicherseen. Diese gewaltige Wassermenge bewirkt beim sekundenschnellen Umschalten zwischen Pump- und Turbinenbetrieb enorme dynamische Kräfte, die mit dem nach oben offenen Wasserschloss sicher ausgeglichen werden. Simon Mark weist darauf hin, dass auch der Transport der großdimensionierten Maschinenbauteile wie die Turbinenspiralen oder die 152 t wiegenden Maschinentransformatoren auf der finalen Strecke in die Kaverne viel Fingerspitzengefühl erforderte. Die Anlieferung ins Projektgebiet erfolgte über die Silvretta- Hochalpenstraße von Partenen oder Galtür aus. Über einen mit acht individuell steuerbaren Achsen ausgestatten Selbstfahrer wurden die schwersten Bauteile von Partenen zum Zugangsportal und von dort weiter ins Berginnere befördert. Die bei-

Die Ausführung der Druckschachtpanzerungen mit einer Dimensi­ on bis zu DN6000 erledigte die Bilfinger Industrial Services GmbH. Zusätzlich verlegten die Oberösterreicher die neue, nun unterir­ disch in einem eigenen Stollen geführte Druckleitung des OVW I.

den von Siemens gefertigten Transformatoren wurden auf einem im Boden verlegten Schienensystem in eine eigene Trafokaverne befördert. In der Maschinenkaverne leisteten zwei auf je 180 t Maximalbelastung ausgelegte Hallenkräne während der Bau- und Montagearbeiten wertvolle Unterstützung. DRUCKSCHACHT BETONIERT UND GEPANZERT Auf dem finalen Abschnitt des Triebwasserwegs vor dem Übergang in die Maschinenkaverne geht der mit einer Betoninnenschale ausgekleidete Druckstollen in eine Stahlpanzerung über. Den Zuschlag für die Ausführungen der ober- und unterwasserseitigen Panzerungen erhielt die Bilfinger Industrial Services GmbH aus Oberösterreich, die für die illwerke vkw bereits beim Kopswerk II ihre Kompetenz im untertägigen Druckschachtbau unter Beweis gestellt hatte. Die Herstellung des ersten, insgesamt 256 m langen Abschnitts der Panzerung in der Dimension DN6000 startete im Sommer 2015. Wegen der sperrigen Abmessungen mussten die teilweise mit nur 10 mm Wandstärke ausgeführten Stollenpanzerungen als Halbschalen angeliefert und vor Ort zu-

Technische Daten • Typ: Pumpspeicherkraftwerk • Ausbauwassermenge: 150 m3/s • Bruttofallhöhe: ca. 292 m

Foto: Bilfinger Industrial Services GmbH

• Turbinen: 2 x Francis horizontal

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• Engpassleistung: 2 x 180 MW • Hersteller: ANDRITZ Hydro • Motor-Generator: General Electric • Scheinleistung Turbinenbetrieb: 2 x 200 MVA • Scheinleistung Pumpbetrieb: 2 x 188,9 MVA • Speicherpumpen: 2 x 1-stufig • Durchfluss Pumpbetrieb: 2 x 67,5 m3/s • Hersteller: Voith Hydro

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Blick in die Maschinenkaverne Ende 2016

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Anlieferung eines Siemens-Transformators mit dem 8-achsigen Selbstfahrer über die Serpentinen der Silvretta Hochalpenstraße.

sammengeschweißt werden. Zu diesem Zweck wurde am Fuß der Vermunt-Staumauer eine mit moderner Schweißtechnik und Portalkran ausgestattete Montagehalle errichtet. Auch die jeweils in einer Länge von 3,5 m auf die Baustelle gelieferten Rohrschüsse DN4500 der anschließenden, rund 290 m langen Panzerung wurden in der Montagehalle verschweißt. Ein für diesen Einsatzzweck speziell konstruierter Rohrtransportwagen ermöglichte das Einbringen der großformatigen Rohre in das Stollensystem. Im Anschluss an die Montage der Druckschachtpanzerung folgte die Erstellung der Verteilleitungen vor der Kaverne, die mit zwei T-Stücken für die jeweils 51 m langen Turbinenzuläufe DN3100 sowie die je 75 m

langen Pumpensteigleitungen DN3300 ausgeführt wurden. Die Herstellung der zwei Maschinenstichleitung DN3800 mit dem Hosenrohr erfolgte im Sommer 2016. Das Hosenrohr, das in der Bilfinger-Zentrale in Wels vorgefertigt und in Einzelteilen nach Vor­arlberg transportiert wurde, wurde als letztes Element des Druckleitungssystems in diesem Bauabschnitt millimetergenau montiert. Die Drossel am Fuß des Wasserschlosses mit einem Durchmesser von DN6800 stellte das größte Bauteil im Lieferumfang der Stahlbauer dar und wurde zwischen Juni und September 2016 eingebaut. Noch im selben Jahr komplettierten die Oberösterreicher mit vier je 20 m langen Panzerungen DN4400, die direkt an die Saugrohrschützen nach den Maschinensätzen anschließen, ihre zweites Baulos. Das dritte Baulos, dessen Durchführung im Sommer 2018 startete, betraf die Verlegung der Druckrohrleitung des OVW I. Anstelle der alten oberirdisch ausgeführten Druckleitung wurde

das OVW I im Zuge der Bauarbeiten für das OVW II mit einem Stollen an den neuen Triebwassserweg angebunden, wobei die neue, 1.050 m lange Druckrohrleitung DN1900 als aufgeständerte Variante ausgeführt wurde. Der Abbau der ausgedienten alten Druckrohrleitung sowie die Renaturierung der Rohrtrasse sollen im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen werden. HOCHEFFIZIENTE TERNÄRE MASCHINENSÄTZE Die beeindruckenden Dimensionen des OVW II eröffnet sich Besuchern schon bei der Einfahrt durch den rund 800 m langen Zugangsstollen Richtung Maschinenkaverne. Der Betonbau des Kavernenkrafthauses orientierte sich anfangs am Fortschritt der Vortriebsarbeiten, die Hauptmontage der Maschinenteile für Pumpe, Turbine, Generator, Schaltkupplung und Wandler startetet im Frühjahr 2017. Jeder der beiden ternären Maschinensätze wurde von den Ingenieuren der illwerke vkw in Zu-

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Projekte tungseffizienz der Maschinengruppe noch weiter steigt. Angeordnet wurden die Maschinensätze in horizontaler Position, wodurch die Einzelkomponenten bei Service- und Wartungsarbeiten optimale Zugänglichkeit bieten. Eine zentrale Steuerölanlage je Maschine sorgt für den hydraulischen Antrieb der Turbinenund Pumpenleitapparate, der Synchron-Wandlersteuerung und der Kugelschieber. Für optimale Betriebstemperaturen beim wärme­­­­­­­­intensiven Pumpspeicherbetrieb sorgt eine von der Vorarlberger Wagner GmbH ausgeführte Kühlwasseranlage. Die Anlage wurde als geschlossenes System mit einem Vorlauftemperaturniveau von 18 °C konzipiert, wodurch die Entstehung von Kondensat im Kühlwassersystem verhindert wird. Durch die Konzeption als geschlossener Kreislauf benötigt das Kühlwassersystem nur ca. 30 Prozent jener Pumpenenergie, die im Vergleich bei Pumpspeicherkraftwerken gleicher Dimensionen aufgewendet werden müsste, heißt es von Herstellerseite. Zwei Plattenwärmetauscher leiten die entstehende Abwärme ins Unterwasser ab. Zusätzlich wird die ebenfalls von Wagner gelieferte Sperrwasserversorgung mit dem erwärmten Kühlwasser versorgt, wodurch auch im Sperrwassersystem Kondensatbildung ver­ mieden wird. i

Die horizontal angeordneten Maschinensätze des OVW II, bestehend jeweils aus Francis-Turbine, Motor-Generator und Speicherpumpe, nahmen noch im Herbst des Vorjahres ihren Probebetrieb auf.

denschnelle die Drehzahl zwischen Pumpe und Motor-Generator und sorgen für eine formschlüssige Verbindung zwischen den Maschinen. Die Motor-Generatoren als Herzstücke der beiden Maschinensätze wurden vom Hersteller General Electric auf die speziellen Anforderungen der illwerke vkw-Ingenieure ausgelegt. Den Zuschlag für die beiden Francis-Turbinen und die Schaltkupplungen erhielt mit ANDRITZ Hydro ein weiterer internationaler Big Player. Die von Andritz gelieferten Schaltkupplungen ermöglichen das Entkoppeln der Turbine vom Motor-Generator während des Pumpbetriebs, wodurch keine zusätzlichen rotierenden Anlagenteile in Bewegung versetzt werden müssen. Darüber hinaus kann durch diese Ausführung auf das ansonsten notwendige Ausblasen des Turbinengehäuses verzichtetet werden, wodurch die Leis-

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GRUND ZUM FEIERN IM FRÜHJAHR 2018 Nach der wunschgemäß verlaufenen Füllung der Unterwasserführung Ende 2017 stieg die Spannung der Projektbeteiligten im Frühjahr 2018 noch weiter an. Die Standprobe für das oberwasserseitige Stollensystem sowie das kurz darauf anstehende Andrehen des ersten Maschinensatzes standen kurz bevor. Am 19. April war es schließlich soweit, im Beisein von Foto: illwerke vkw

sammenarbeit mit den Herstellern bis ins kleinste Detail geplant, gemeinsam erreichen die Maschinensätze sowohl im Pump- als auch im Turbinenbetrieb eine Engpassleistung von insgesamt 360 MW. Die Ausführung als ternäre Einheit, bestehend aus Turbine, Pumpe und Motor-Generator, ermöglicht einen Betrieb im hydraulischen Kurzschluss. Wenn die aus dem Netz aufzunehmende Leistung zu gering ist, um die Pumpe alleine zu betreiben, kann ein Teil des Triebwassers direkt über die Turbine abgefahren und die Differenzleistung gleich an derselben Maschine erzeugt werden. Geliefert wurden die hocheffizienten Maschinen von den führenden Spezialisten im Großwasserkraftbereich. Voith Hydro fertigte die beiden einstufigen Pumpen und die hydraulischen Wandler als Verbindung zum Motor-Generator. Diese Wandler synchronisieren in Sekun-

Gruppenbild des Inbetriebsetzungsteams mit Projektleitern und Ehrengästen beim ersten offiziellen Andrehen von Maschine 1 im Frühjahr 2018.

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zahlreichen Gästen und Vertretern der beteiligten Firmen wurde das Turbinenlaufrad von Maschine 1 durch das einströmende Triebwasser in Bewegung versetzt. Im Anschluss an diesen feierlichen Moment wurden die finalen Montage- und Inbetriebsetzungsarbeiten weiter zügig fortgesetzt, Maschinensatz 2 sollte im Herbst 2018 in den Probebetrieb gehen. In den darauffolgenden Wochen und Monaten waren die für die spätere Betriebsführung zuständigen Mitarbeiter der illwerke vkw unmittelbar in den Inbetriebnahmeprozess eingebunden. Die unterschiedlichen Betriebsarten, der kraftwerksübergreifende Signalaustausch und die Anfahr- und Stillsetz-Automatik wurden ausgiebigen Prüfungen unterzogen, darüber hinaus erfolgte ein enger Austausch mit dem Netzbetreiber. FEIERLICHE ERÖFFNUNG IM JUNI 2019 Seinen Probebetrieb hat das OVW II schließlich noch vor dem vergangenen Jahreswechsel aufgenommen, über den baulich adaptierten Trominierstollen und entlang der Bahntrasse der Vermunt-Seilbahn wird die erzeugte Spitzen- und Regelenergie durch eine 220 kV Kabelverbindung ins öffentliche Stromnetz übertragen. Die Überwachung und Steuerung der nun zweit-leistungsstärksten Anlage der illwerke vkw erfolgt von der zentralen Leitwarte in

Foto: Michael Gunz PhotoVideoImageediting

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Die Kühlwasseranlage der Vorarlberger Wagner GmbH sorgt für ideale Betriebstemperaturen.

Rodund, dort erfolgt auch die Einsatzplanung des Kraftwerks. Die zahlreichen Projektbeteiligten bei der illwerke vkw blicken zurück auf ein hoch anspruchsvolles, gleichzeitig aber auch höchst erfolgreiches Projekt, bei dem der eng gesteckte Zeitplan eingehalten werden konnte.

Mit der Errichtung des OVW II haben die illwerke vkw definitiv ein starkes Zeichen für die Wasserkraft als Säule der europäischen Energiezukunft gesetzt. Anfang Juni wurde die Fertigstellung des OVW II mit einem großen Eröffnungsakt feierlich gewürdigt.

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Innenansicht der Francis-Turbine von Maschinensatz 2

Foto: illwerke vkw

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Foto: PORR / Kreditsch

Mitte April wurde der Staubereich des neuen Kraftwerks Danzermühl geflutet. Wenig später starteten die Inbetriebsetzungsarbeiten für die beiden Kaplan-Turbinen aus dem Hause Kössler, die heute rund 43 GWh sauberen Strom liefern. Damit kann die Papierfabrik Laakirchen ihren Eigenversorgungsgrad markant verbessern.

TRAUN-KRAFTWERK DANZERMÜHL NIMMT PLANMÄSSIG DEN BETRIEB AUF

Seit Mitte Mai drehen sich die beiden Kaplan-Turbinen des völlig neu gebauten Kraftwerks Danzermühl an der Traun. Die Maschinenmontage durch das Team der Firma Kössler ist erfolgreich über die Bühne gegangen, aktuell laufen die Nass-Inbetriebsetzungstests. Ende Juni soll das Kraftwerk vom Probe- in den Regelbetrieb wechseln. In rund zweieinhalb Jahren wurde das Bauprojekt, das gerade zu Beginn erhebliche bauliche Herausforderungen zu bestehen hatte, termingerecht fertiggestellt. Mit den zwei modernen Kaplan-Turbinen aus dem Hause Kössler erzeugt das neue Kraftwerk in Laakirchen von nun an rund 43 GWh im Regeljahr, um 125 Prozent mehr als der Altbestand. Der erzeugte Strom wird zu 100 Prozent in der benachbarten Laakirchen Papier AG verbraucht, die ebenso wie das Kraftwerk Teil der Heinzel Group ist.

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er Bau des Wasserkraftwerks Danzermühl in Laakirchen datiert auf das Jahr 1880. Ein Kraftwerk mit großer Geschichte also, das über die Jahrzehnte seines Bestehens regelmäßig modernisiert, erweitert und angepasst wurde. Zuletzt waren vier Francis-Turbinen installiert, die im Regeljahr noch rund 16,5 GWh Strom lieferten. Die Anlage stand bereits seit vielen Jahren im Dienst der Laakirchen Papier AG, die damit einen Teil ihres eigenen Strombedarfs decken konnte.

Foto:Braun

Die verfahrbare vollautomatische Rechenreinigungsmaschine verfügt über einen hydraulischen Kranarm inklusive Polypengreifer.

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Diese gab im Jahr 2011 im Zuge der vorgeschriebenen Errichtung einer Fischaufstiegshilfe beim renommierten Planungsbüro BHM INGENIEURE die Erstellung eines Sanierungskonzeptes in Auftrag, bei der verschiedene Varianten geprüft wurden. Am Ende der Auswertungen stand allerdings kein Sanierungskonzept, sondern ein Konzept für einen Ersatzneubau. Dazu sagt Christoph Heinzel, Geschäftsführer der Kraftwerk Laakirchen GmbH: „Keine der vorgeschlagenen Sanierungsvarianten versprach eine nachhaltige Lösung. Daher haben wir uns für den Ersatzneubau entschieden.“ Christian Hufnagel, Projektleiter derKraftwerk Laakirchen GmbH, fügt ergänzend hinzu: „Eine Sanierung des alten Kraftwerks wäre wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen. Zudem wäre die als Streichwehr ausgeführte bogenförmige Staumauer mit Holzaufsatz bei zukünftigen Wasserrechtsverhandlungen definitiv nicht mehr genehmigt worden.“ GEWÄSSERÖKOLOGISCH OPTIMERTES MODELL FÜR UNTERWASSEREINTIEFUNG Mit dem Ersatzneubau für das Kraftwerk Danzermühl sollte es gelingen, gleich mehrere Vorteile unter einen Hut zu bringen. Nicht nur dass eine massive Steigerung des Stromertrags in Aussicht stand, darüber hinaus sollte der Lebensraum von Fischen und Gewässerorganismen im Staubereich der Traun durch die Zusammenlegung der zwei bestehenden Staustufen verbessert werden. Neben der ökologischen Aufwertung kommt auch noch eine markante Verbesserung des Hoch-

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Der Einbau der jeweils 30 Tonnen schweren Wehrklappen für Wehrfeld 1 und Wehrfeld 2 war eine Sache für Profis.

GeneralPlaner & f a c h i n G e n i e u r e

Verkehr

Kraftwerke

wasserschutzes hinzu. „Durch die Auflassung des rund 700 m flussabwärts gelegenen Kohlwehrs wurde letztlich ein bislang für die Gewässerlebewesen unpassierbares Hindernis aus dem Flusslauf entfernt und die freie Fließstrecke der Traun verlängert. Die Sohlschwelle ist abgebrochen und eine Unterwassereintiefung bis zum Kraftwerk durchgezogen worden“, erklärt der leitende Planer von BHM INGENIEURE DI Gerhard Schönhart, der ergänzend anmerkt: „Es wurde zu diesem Zweck sogar ein gewässerökologisch optimiertes Geländemodell für die Unterwassereintiefung erstellt. Die gesamte ökologische Gestaltung wurde vom bekannten Gewässerökologen Dr. Gerald Zauner begleitet. Es wurden Bereiche mit Raubäumen, Totholzzonen und spezielle Flachwasserzonen geschaffen. Außerdem war es uns ein Anliegen, dass wir fast das gesamte bei der Unterwassereintiefung entnommene Material im Flussbett belassen.“ An der neuen Wehranlage wurde eine Fischaufstiegshilfe in Form eines Vertical-Slot-Passes errichtet, zu-

Spezialthemen Öffentliche Auftraggeber

Foto: Glanzer

Foto: Glanzer

Foto: BRAUN

Industrie

dem wurde ein Fischabstieg an der Anlage integriert. VERBESSERTER HOCHWASSERSCHUTZ Auch in Hinblick auf den Hochwasserschutz konnten erhebliche Verbesserungen umgesetzt werden. Bedingt durch den Wegfall der alten Streichwehranlage und die Absenkung der Wehrschwelle wird die Wasserabfuhr im Hochwasserfall erleichtert. Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die neue, vollautomatisch geregelte Wehranlage. „Heute lassen sich gerade kleinere Hochwässer sehr gut steuern. Das Kraftwerk kann ein HQ100 problemlos mit einer geringen Erhöhung des Wasserspiegels gegenüber dem Stauziel abführen. Natürlich trägt zur verbesserten Hochwassersituation auch die erfolgte Eintiefung im Unterwasserbereich auf Höhe des Werksgeländes bei“, erklärt Gerhard Schönhart. Die Wehranlage besteht aus zwei Wehrfeldern mit Klappenverschlüssen sowie einem Grundablassfeld, das mit einem Segmentver-

Wasserkraft Wärmekraft Biomasse

Nach Montage des Segmentkörpers des Grundablasses wurde von der Fa. Braun die Segmentklappe installiert.

Sonderprojekte

BHM INGENIEURE Engineering & Consulting GmbH

Foto: Foto:Glanzer BRAUN

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Der verantwortliche Planer DI Gerhard Schönhart von BHM INGENIEURE und der Projektleiter von heinzelenergy Christian Hufnagel blicken auf eine intensive Bauphase zurück.

schluss mit Aufsatzklappe ausgerüstet ist. Vor dem Triebwassereinlauf wurde ein horizontaler Feinrechen mit der beachtlichen Rechenfläche von insgesamt 240 m² installiert. Der gesamte Stahlwasserbau wurde von der Braun Maschinenfabrik realisiert, die ihren Standort nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt hat. Die massiven, 16 m breiten und 4,30 m hohen Wehrklappen bestehen aus einem Klappenkörper mit stählerner Stauwand, dem aufgeschweißten Hohlkörper, den Versteifungsblechen und -trägern sowie den dazugehörigen Lagerungen und Dichtungen. Um die seitlichen Dichtflächen bei tiefen Temperaturen vor Vereisung zu schützen, wurden die Seitenschilder mit selbstregulierenden Heizstäben ausgestattet. Bewegt werden die Wehrklappen einzeln mit einem seitlich am Bauwerk montierten, hydraulischen Hubzylinder. Zur Entfernung von Ge-

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schwemmsel am horizontalen Schutzrechen kommt eine Rechenreinigungsmaschine mit Hydraulikantrieb zum Einsatz. Deren Steuerung erfolgt wahlweise vollautomatisch, per Funkbetrieb oder manuellem Betrieb. Komplettiert wird die RRM durch einen hydraulischen Kranarm inklusive Polypengreifer, mit dem im Handbetrieb sperriges Treibgut vom Einlaufbereich entfernt werden kann. ZÜGIGE PROJEKTUMSETZUNG Grundsätzlich kann man beim Ersatzneubau Danzermühl von einem äußerst zügig umgesetzten Kraftwerksprojekt sprechen, zumal es sich um ein Bauvorhaben mit UVP-Pflicht handelte. Sowohl die Umweltverträglichkeitsprüfung als auch die Behördenverfahren wurden in vergleichsweise kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen. Nachdem das Projekt gegen Ende 2015 eingereicht worden war, lagen be-

reits nach etwas mehr als einem Jahr die erforderlichen Bewilligungen vor. Im Frühjahr 2017 konnte mit dem Bau begonnen werden. Dass die bauliche Umsetzung durchaus Tücken mit sich bringen könnte, trat in der Projektphase 1, in der die Errichtung der neuen Wehranlage im Mittelpunkt stand, offen zutage. „Der Spezialtiefbau und die Baugrubenumschließung waren – neben der Tatsache, dass sich der Projektstandort an einem sehr engen Abschnitt des Flusses befindet – die zweifellos größten Herausforderungen im Zuge des Kraftwerksbaus. Besonders der starke Wasserandrang aufgrund der ungünstigen Eigenschaften des Untergrunds beschäftigten uns über längere Phasen, vor allem in den Frühjahren 2017 und 2018“, erzählt Gerhard Schönhart und verweist dabei auch auf ein kleineres Hochwasser, das sogar einen Hilfsdamm zerstört und das Baufeld überflutet hatte. Gröbere Schäden gab es zum Glück nicht – und auch der Terminplan hielt allen Widerständen zum Trotz. Dies lag auch an der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten. Neben Projektleiter Hufnagl und Planer Schönhart war auch ARGE-Gesamtbauleiter DI Mario Ecker für die Einhaltung der Bauzeit verantwortlich. MEILENSTEINE IM BAUVERLAUF Das intensive erste Baujahr 2017 fand mit den letzten Betonarbeiten an der Wehranlage im Dezember selbigen Jahres seinen Abschluss. Nachdem noch einige Flussbauarbeiten direkt unterhalb der Wehranlage erledigt, der Abbruch des letzten Rests der alten Wehranlage und oberwasserseitig die Schüttung des Fangedamms durchgeführt worden waren, konnte am 23. Jänner letzten Jahres die Traun über die neue Wehranlage umgeleitet werden.

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Ab November letzten Jahres wurde der erste Teil der Turbinen, der Stützschaufelring mit dem Leitapparat von Maschine 2 in den Rohbau des Krafthauses eingebracht.

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Es bedurfte zweier Mobilkräne, um das 27 Tonnen schwere Bauteil an seinen Bestimmungsort zu hieven.

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Im Schutz des Fangedamms wurden in weiterer Folge die Fischaufstiegshilfe und das Einlaufbauwerk errichtet. Nun stand auch dem Baugrubenaushub für das Krafthaus und den Grundablass nichts mehr im Weg. Bis zum Herbst war das Bauwerk soweit gediehen, dass mit der Vormontage der Turbinen begonnen werden konnte. Mit Abschluss von Bauphase 2 trat das Projekt in seine finale Phase ein, die vor allem von der Maschinenmontage und den Inbetriebsetzungsarbeiten geprägt war. KNOW-HOW EINES ERFAHRENEN SPEZIALISTEN Mit der Lieferung und Montage des Maschi-

Technische Daten • Brutto-Fallhöhe: 9,34 m

EFFIZIENT ÜBER WEITES BETRIEBSSPEKTRUM Konkret kommen zwei Kaplan-Rohrturbinen zum Einsatz, die für derartige Rahmenbedingungen geradezu prädestiniert sind. Wieder sagt: „Diese Bauart mit axialer Durchströmung

Nachdem die Turbinenwellen und die Laufräder der beiden Maschinen montiert waren, folgte im nächsten Schritt die Verbindung mit dem Rotor des Generators.

Foto: KELAGFoto: zek

nensatzes wurde der niederösterreichische Wasserkraftspezialist Kössler beauftragt, der sowohl international als auch innerhalb Österreichs einen hervorragenden Ruf in der Branche genießt. Der gesamte Lieferumfang umfasste neben den beiden Kaplan-Rohrturbinen inklusive der beiden Generatoren auch die zugehörigen Regler, die Hydraulik sowie den digitalen Turbinenregler. Auch die Ölversorgung für die Turbinenlager und die Kühleinheit für das Lageröl und die Generator-Wicklungskühlung war im Paket des niederösterreichischen Wasserkraft-Allrounders eingeschlossen. „Diese Einheiten sind teilweise im Turbinengehäuse eingebaut, um die Leitungswege kurz zu halten. Die anfallende Wärme wird über einen Zwischenkreis an das Betriebswasser abgegeben“, führt Ing. Karl Wieder, Key Account Manager, bei Kössler aus. Auch bei der Entwässerungsanlage vertraute der Betreiber auf das Know-how der Firma Kössler. Bei Anlagen dieser Größenordnung umfasst diese neben dem Abtransport von Schwitz- und Leckwasser auch das Rohrsystem und die Pumpen zum Entleeren des Triebwasserwegs für den Revisionsfall. Hinzu kamen noch die druckdichten Einbringdeckel für die Generatoren und Einstiege in den Triebwasserweg auf der Einlaufseite und in das Saugrohr. „Bei diesem komplexen Projekt lagen natürlich auch die gesamte Qualitätsüberwachung, die Prüfungen an den Werkstücken, den Baugruppen sowie die normgemäßen Nachweise in unserer Hand“, ergänzt Karl Wieder.

Foto: Kössler

Foto: Kössler

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Nach dem Einheben mussten die Turbinen noch mit Beton vergossen werden.

bietet gleich mehrere Vorteile: Durch die fast geradlinige Anströmung halten sich die Verluste auf einem Minimum. Der Gesamtwirkungsgrad ist über einen sehr weiten Betriebsbereich, also auch bei Teillast, sehr hoch. Bedingt durch die Anordnung von Turbine und Generator auf einer Welle mit nur zwei Lagerstellen kann die Maschine ausgesprochen kompakt gebaut werden. Das bedeutet in weiterer Folge, dass auch das umschließende Bauwerk weniger Platz benötigt. Der Großteil der in Betrieb anfallenden Generatorwärme wird direkt über die umströmte Gehäuseoberfläche ins Betriebswasser abgegeben.“

Das 4-flügelige KaplanLaufrad weist einen Durchmesser von fast 2,90 m auf.

• Ausbauwassermenge pro Maschine: 60 m3/s • Turbinentyp: Kaplan • Fabrikat: KÖSSLER • Laufraddurchmesser: 2.880 mm • Anzahl d. Laufradschaufeln: 4 • Nennleistung pro Maschine: 5.017 kW • Engpassleistung: 9,2 MW • Drehzahl: 187,50 Upm • Generator: Synchron • Nennleistung: 5.768 kVA • Nennspannung: 10.500 V • Stahlwasserbau: Braun Maschinenfabrik Foto: Kössler

• Planung: BHM INGENIEURE • Steuerung und Automatisierung: Schubert • Regelarbeitsvermögen: 45,451 GWh

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Es sollte sich auch als richtige Entscheidung herausstellen, dass die Spezialisten der Firma Kössler schon sehr früh in die Planung mit eingebunden waren. Speziell das Konzept mit einem Zugang in die Anströmkuppel durch die Hohlrippe erwies sich nicht nur als praktikable, sondern auch als sehr wirtschaftliche Lösung, schließlich bedeutete dies Einsparungen in den Baukosten. Grundsätzlich legten die Betreiber großes Augenmerk auf eine gute Zugänglichkeit zu den Anlagenteilen für Kontroll- und Inspektionszwecke. ÜBERZEUGEND DURCH NACHHALTIGKEIT Nachhaltigkeit ist bei den Maschinen der Firma Kössler mehr als nur ein Wort. Im Gegenteil, sämtliche beweglichen Bauteile werden auf lange Lebensdauer dimensioniert und ge-

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Das Gehäuse der Rohrturbine wird montiert.

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fertigt. Im Fall des neuen Kraftwerks Danzermühl wurde besonderes Augenmerk auf die Wellenlagerung gelegt. „Wir verfügen über den Vorteil, dass wir auf das große Know-how unseres Mutterkonzerns Voith im Large Hydro Bereich zurückgreifen können. Analog zu Großanlagen haben wir daher eine etwas teurere Variante mit einem Lagersystem mit getrennten Ölkreisen und Reglersystem gewählt. Es gehört da auch eine Redundanz bei den Umwälzpumpen dazu“, erklärt Karl Wieder. Das Thema Nachhaltigkeit spielte allerdings auch in den Überlegungen des Betreibers eine zentrale Rolle. So wurden Laufräder in ölfreier Ausführung bestellt. Das heißt: Es gibt kein Schmiermittel, das bei einem Störfall ins Wasser austreten könnte. Laufrad, Laufring und

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Leitschaufeln sind rostfrei ausgeführt, was natürlich erhöhte Langlebigkeit bedeutet. Auch das Konzept der Wellendichtung war vom Gedanken der Nachhaltigkeit geprägt: Auf Wunsch des Betreibers wurde eine Sperrwasserversorgung installiert, um das Betriebswasser von der Dichtung fernzuhalten – im Übrigen ein von der Firma Kössler mehrfach eingesetztes und bewährtes System. Hinzu kommt, dass auf der Welle eine beschichtete, austauschbare Schonhülse angebracht wurde, die einen langen und störungsfreien Betrieb sicherstellen wird. Darüber hinaus gibt es Vorkehrungen, um rechtzeitig den Beginn von Verschleißspuren erkennbar zu machen. MONTAGE IM ZEITPLAN Aufgrund der Größe und der Tonnagen der Einzelteile wurden viele Komponenten erst auf der Baustelle zum ersten Mal zusammengebaut. Karl Wieder: „Dabei ist profunde Fertigungskontrolle natürlich das A und O, damit es zu keinen Fehlern im Ablauf kommt. Durch das gute Zusammenspiel mit den Bauarbeiten konnte die Montage im Zeitplan abgewickelt werden.“ Konkret sind die beiden baugleichen Turbinen mit ihrem 4-flügeligen Laufrad auf eine Brutto-Fallhöhe von 9,34 m und eine Ausbauwassermenge von je 60 m3/s ausgelegt. Dabei erreichen sie jeweils eine Nennleistung von 5.017 kW – eine Verdreifachung gegenüber der elektromaschinellen Ausrüstung des Altbestands. Bei den neuen Maschinen kann man durchaus von Langsamläufern sprechen, mit einer Drehzahl von 187,50 treiben sie den auf der Turbinenwelle direkt gekoppelten Generator-Rotor mit den 16 Polpaaren an. Die Generatoren liefern eine Nennleistung von 5.768 kVA bei einer Nennspannung von 10.000 V.

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PAPIERFABRIK NUTZT EIGENE RESSOURCEN Rund 38,5 Mio. Euro hat die Betreibergesellschaft heinzelenergy, ein Tochterunternehmen der Heinzel Group, in den Ersatzneubau des Kraftwerks Danzermühl investiert. Letztlich

Der Fischaufstieg wurde als Vertical-Slot-Pass realisiert. Zudembei wurde auch ein Fischabstieg Abnahme der Turbine der Fa. Turbal in Jonschwil.installiert.

Foto: PORR / Kreditsch

MASCHINEN ERFÜLLEN ERWARTUNGEN Mitte April war es schließlich soweit: Der Staubereich wurde geflutet und auf das vorgeschriebene Pegelniveau gebracht. Damit konnten in weiterer Folge die Maschinen erstmalig mit dem Wasser der Traun angedreht werden, der Nass-Inbetriebsetzung stand nichts mehr im Weg. Ein Monat später, Mitte Mai, konnte auch der zweite Maschinensatz in Betrieb genommen werden. „Der Probebetrieb soll Ende Juni abgeschlossen sein. Derzeit läuft alles nach Plan: Beide Maschinen sind termingerecht in Betrieb gegangen und die ersten Tests zeigen, dass sie sehr gut, sehr ruhig laufen und die gewünschten Ergebnisse liefern“, so Gerhard Schönhart von BHM INGENIEURE. Er zieht ein sehr positives Resümee unter das Projekt: „Aufgrund der kurzen Entscheidungswege und der guten Zusammenarbeit aller Beteiligten ist es gelungen, das Projekt trotz aller Schwierigkeiten im Terminplan zu halten und zeitgerecht in Betrieb zu gehen. Alle Beteiligten haben ihren Teil dazu beigetragen – es war echtes Teamwork.“

konnten sämtliche avisierten Ziele – von der ökologischen Verbesserung, über den verbesserten Hochwasserschutz bis zur Steigerung des Stromertrags erreicht werden. „Ökologische Papierherstellung ist bei Laakirchen Papier in der Unternehmensphilosophie fest verankert. Durch die Steigerung der eigenen Energieerzeugung innerhalb der Heinzel Group können wir nun den Anteil an Fremd-

strom aus dem öffentlichen Netz beachtlich reduzieren und damit einen positiven Beitrag zur Erreichung der österreichischen Klimaziele leisten“, betont Thomas Welt, CEO der Laakirchen Papier AG. Unter dem Strich steht heute eine massive Ertragssteigerung, und zwar um 125 Prozent auf rund 43 GWh im Regeljahr. Damit kann die Papierfabrik rund 10 Prozent ihres Eigenbedarfs abdecken.

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Kompetenz für Kleinwasserkraft Kössler macht aus Wasser Kraft Wir verfügen über jahrzehntelange Erfahrung und umfassendes Know-how. So entwickeln wir unsere Produkte stetig

weiter, damit unsere Kunden das Potential der Wasserkraft noch wirtschaftlicher und umweltverträglicher nutzen können.

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Das neue Kraftwerk Köberlbach verfügt heute mit seinem modernen Maschinensatz über die dreifache Leistung gegenüber dem Altbestand. Es wurde nicht nur großer Wert auf die Qualität der Maschinen, sondern auch auf die Optik gelegt – wie etwa auf die Abstimmung der Farben.

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Fotos: KW Köberlbach

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KRAFTWERKSAUSBAU BRINGT VERDREIFACHUNG DER ANLAGENLEISTUNG Alt? Von wegen. Gerade einmal 15 Betriebsjahre hatte das Kleinkraftwerk eines leidenschaftlichen Wasserkraftbetreibers in der Obersteiermark auf dem Buckel, ehe dieser daran ging, seine Ökostromanlage am Köberlbach in Gaishorn am See auf völlig neue Beine zu stellen. Mit einer Fallhöhenerweiterung von bislang 179 m auf nunmehr 313 m sowie einer Erhöhung des Ausbaudurchflusses von 90 l/s auf 170 l/s gelang es, die Maschinenleistung um rund 300 Prozent auf heute 430 kW anzuheben. Die 2-düsige Peltonturbine aus dem Hause Andritz Hydro erzeugt im Regeljahr rund 1,6 GWh. Das Kraftwerk besticht dabei nicht nur mit effizienter Maschinentechnik, sondern darüber hinaus auch mit einigen speziellen Finessen, die auch auf das Konto des engagierten Betreibers gehen. Eine davon: ein im Maschinenhaus integriertes Café im Stile der 1920er Jahre.

I

n den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hielt die Elektrizität langsam Einzug im Paltental in der Obersteiermark. Mit der Agrar-Waldgemeinschaft Gaishorn wurde eine Vereinigung von zukunftsgerichteten Bauern initiativ und realisierte 1926 das erste Wasserkraftwerk am Köberlbach. Die Anlage, ausgestattet mit einer 1-düsigen Voith-Peltonturbine, war modern für die damalige Zeit – und mit etwa 100 PS durchaus leistungsstark. Über Jahrzehnte betrieb die Genossenschaft die Anlage, bis in den 1960er Jahren das öffentliche

Stromnetz das kleine Dorf im Paltental erreichte. „Als die Netzanbindung durch die STEWEAG in den 1960ern kam, wurde die Anlage kurzerhand wegen Minderleistung abgedreht – und setzte über die folgenden Jahrzehnte Spinnweben an. Ende der 1990er Jahre bot sich meiner Familie und mir die Möglichkeit, das Kraftwerk zu kaufen“, erzählt der heutige Betreiber der Anlage. Nicht zuletzt dank seiner eigenen beruflichen Vergangenheit im Umfeld von Wasserkraftwerken erkannte er recht schnell das Potenzial in der Anlage und beschloss gemeinsam mit seiner Familie, das Kraftwerk aus seinem fast vier Jahrzehnte dauernden Dornröschenschlaf zu erwecken. POTENZIAL AM STANDORT NUTZEN Die Anlagenkomponenten, wie Wasserfassung und Maschinenhaus wurden saniert, die Rohrleitung komplett getauscht, ein neuer Generator angeschafft und die Turbine saniert. Nachdem der alte mechanische Regler durch eine moderne hydraulische Variante ersetzt war, konnte das Kraftwerk Köberlbach 2002 in runderneuertem Zustand wieder in Betrieb gehen. Die Anlage lieferte fortan zuverlässig Strom ins Netz der Energie Steiermark. Obwohl durchaus zufrieden mit seinem Kleinkraftwerk, reifte im Hinterkopf des Betreibers über die Jahre die Idee eines weiteren Ausbaus immer weiter. Schließlich waren die Voraussetzungen gut – von der Wasserführung des in den Palten mündenden Köberlbachs, über die

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Foto: Glanzer

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Die aufwändigen Bauarbeiten an der Wasserfassung sowie an der Druckrohrverlegung (re) wurden im Spätherbst 2017 von der Fa. Guster Bau erfolgreich realisiert.

EFFEKTIVER RÜCKHALT VON SEDIMENTEN Die zentrale naturschutzrechtliche Auflage sah dabei einen vollständigen Rückbau der bestehenden Wasserfassung vor. Von ihrem Grundkonzept her entsprach diese bereits der neuen Fassung, die nun auf 1.075 m Seehöhe am Zusammenfluss von Niederbergbach und Mitterbach angelegt wurde. Eine wichtige Rolle im gesamten Wasserfassungssystem kommt dem kleinen Vorteich zu, in dem sich bereits der Großteil der mitgeführten Sedimente absetzen kann. Mittels integrierter Stauklappe können diese sehr einfach gespült werden, wodurch das abgesetzte Material weiter ins Bett des Köberlbachs verfrachtet wird.

Nachdem das Wasser ein Tirolerwehr passiert hat, gelangt es in eine Entsanderkammer, die mit einem Spülschütz ausgeführt ist. Die Spülschützen an der Wasserfassung wurden vom bekannten steirischen Stahlwasserbau­ spezialisten S.K.M. realisiert, der einmal mehr mit seinen bewährten Qualitätslösungen punkten konnte. Nach dem Sandfang erfolgt die Fein-Entsandung. Dabei wird das Triebwasser über eine Tauchwand geführt und über einen Coanda-Rechen gereinigt, bevor es zum Einlaufbecken des Druckrohrs fließt. Aus dem Entsanderbecken heraus wird Trotz widriger äußerer Bedingungen blieben die Bauarbeiten an der Fassung im Zeitplan.

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Wasserqualität bis zur Option, die Wasserfassung nach deutlich weiter oben zu verlegen. Anfang 2016 war es dann soweit – die Idee hatte sich zum Projekt entwickelt: Abgesehen vom alten Maschinenhaus, das in seiner ursprünglichen äußeren Form erhalten bleiben sollte, war ein kompletter Neubau des Kraftwerks vorgesehen. Es standen die wasserrechtliche, naturschutzrechtliche, energie- rechtliche und forstrechtliche Bewilligung sowie der Anerkennungsbescheid als Ökostromanlage auf der Agenda. „Grundsätzlich ist das behördliche Genehmigungsverfahren sehr zügig und gut verlaufen. Lediglich die naturschutzrechtliche Bewilligung dauerte etwas länger. Aber dank der guten Vorarbeit unseres Planers fanden wir auch mit dem Naturschutz eine sehr gute Basis. Nach anderthalb Jahren lagen die Genehmigungen auf dem Tisch“, so der Betreiber. Im November 2017 erfolgte der Startschuss für die Bauarbeiten.

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die Dotierung des Restwassers – sowohl der Sockelbetrag als auch die dynamische Menge – vorgenommen. Grundsätzlich wurde die Wasserfassung etwas abschüssig situiert, um möglichen Geschiebedrang – etwa durch Vermurungen – gezielt weiterzuleiten. SCHWIERIGE ROHRVERLEGUNG Besonderes Geschick zeigte das Team der Gottfried Guster GmbH aus der Obersteiermark, dem es gelang, die insgesamt 1.026 m lange Druckrohrleitung in nur drei Monaten Bauzeit unterirdisch zu verlegen. Und dies trotz äußerst unwirtlicher Witterungsbedingungen. Schnee und Kälte erschwerten die Bauarbeiten im Spätherbst 2017. Abgesehen von einem 160 m langen Teilstück, das bereits 2003 getauscht worden war, wurden die Rohrleitung komplett neu verlegt. Neben den Witterungsbedingungen stellten auch die teilweise schwierigen geologischen Verhältnisse und Hangneigungen bis zu 100 Prozent echte Herausforderungen dar. Geologisch gesehen befindet sich das Projektgebiet in der sogenannten Grauwackenzone der Alpen. Als Rohrsystem kam für den Betreiber nur eine robuste, langlebige Lösung in Frage. Man setzte auf duktile Gussrohre DN400 des Herstellers Svobodny Sokol, geliefert vom oberösterreichischen Experten für Rohrvertrieb aus dem Mühlviertel, der Geotrade Handelsges.m.b.H. Die Rohrverbindungen erfolgten dabei in schub- und zuggesicherter Ausführung. Bei der Trassenführung legte der Betreiber besonderes Augenmerk darauf, dass die Leitung in sicherer Entfernung vom Bachbett verläuft und eventuellen Rutschungen entgeht. Bis Juni 2019

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Ende November 2017 gelang die vollständige Verlegung der Rohre, die anschließende Druckprobe verlief auf Anhieb erfolgreich. OPTIMALE RAUMNUTZUNG IM KRAFTHAUS Als durchaus anspruchsvoll entpuppten sich die Umbauarbeiten am fast 100-jährigen Maschinenhaus, das an die neue elektromaschinelle und die elektrische Ausrüstung angepasst werden musste. „Der stark kalkhaltige Beton unserer Vorväter erwies sich als äußerst widerstandsfähig und erschwerte die Arbeiten für die Erneuerung des Bodens dementsprechend“, erzählt der Betreiber, der im Zuge des

Umbaus auch großen Wert auf ein effizientes Kransystem im Krafthaus legte. Damit können sämtliche Bauteile problemlos bewegt werden, ausgelegt ist das Kransystem auf die schwerste Maschinenkomponente – den Generator mit rund drei Tonnen. In dem auf 760 m Seehöhe gelegenen Maschinenhaus konnten nicht nur der Maschinensatz, sämtliche Hilfsaggregate und die Schaltschränke installiert werden. Darüber hinaus fanden in einem kleinen Nebenraum auch der Transformator und die beiden 30kV Hochspannungsschaltanlagen Platz. Dadurch verblieb ein ungenutzter Raum im

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Die stahlwasserbauliche Ausrüstung steuerte die Firma S.K.M. aus dem steirischen Kammern bei. Die Stahlwasserbau- und Maschinenbaukompontenten von S.K.M. zeichnen sich nicht nur durch ihre robuste Bauweise aus. Darüber hinaus sind sie geprägt von großer Praxis-Erfahrung. S.K.M. Geschäftsführer Sepp Köhl, seines Zeichens selbst leidenschaftlicher Kleinwasserkraftbetreiber, kennt die Anforderungen aus der täglichen Praxis – kein Wunder, dass seine Lösungen dementsprechend abgestimmt sind. Für das neue Kraftwerk Köberlbach lieferte S.K.M. das Tirolwehr, den Grundablass (Bild links) oder auch den Spülschütz für den Sandfang. Das erfahrene Stahlbauunternehmen aus dem Liesingtal hat sich in den vergangenen Jahren einen hervorragenden Ruf als zuverlässiger Partner in der Kleinwasserkraft erarbeitet. Um die feinen Sedimente vom Triebwasserweg fernzuhalten, wurde ein Coanda-Rechen installiert, der vom Südtiroler Spezialisten Wild Metall geliefert wurde. (Bild rechts) Aufgrund seiner selbstreinigenden Eigenschaften erfreut er sich großen Zuspruchs.

Krafthaus, mit dem der findige Betreiber etwas ganz Besonderes im Sinn hatte. Gemeinsam mit seiner Familie, die ihm jederzeit unterstützend zur Seite stand, verwandelte er den kleinen Raum in ein feines Café im Stil der 1920er Jahre. Hier finden sich nicht nur Zeugnisse, wie Bilder, Geldscheine, Aktien einer vergangenen Ära, sondern auch jede Menge alte Technik: Für Kenner ist es ja nichts Neues, dass die alten gusseisernen Armaturen aus der Pionierzeit der Elektrifizierung durchaus ihren ästhetischen Reiz haben. Eine nette Idee, die sehr stilvoll umgesetzt wurde.

Das alte Krafthaus aus dem Jahr 1926 wurde saniert und so umgebaut, dass der neue Maschinensatz – eine 3-düsige Peltonturbine von ANDRITZ Hydro – Platz fand.

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Josef Berghold

ULTRAKOMPAKTE HYDRAULIKLÖSUNG Das optische Erscheinungsbild im Maschinenhaus spielte zwar eine große Rolle für die wasserkraftbegeisterte Betreiberfamilie aus der Obersteiermark, eine größere wurde aber der qualitativen Ausführung der elektromaschinellen Ausrüstung zuteil. Folgerichtig setzte man auf Kriterien wie Robustheit, Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, aber auch Effizienz und Wirkungsgrade. Kriterien, welche die technisch ausgereiften Turbinen von ANDRITZ Hydro zur Gänze erfüllen. „Mich hat das Konzept der relativ kompakten, horizontalachsigen 3-düsigen Peltonturbine von ANDRITZ Hydro am meisten überzeugt. Mit dieser Maschinenwahl gelang es, das geringe Platzangebot im Kraft-

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Josef Berghold und Christian Mund, die beiden Masterminds von M.B.K. bewiesen beim Kraftwerksprojekt Köberlbach einmal mehr ihre große Kompetenz in Sachen E-Technik und Steuerungstechnik.

haus und gleichzeitig die technischen Möglichkeiten einer hochgetrimmten Turbine optimal auszunutzen“, erklärt der Betreiber, der in diesem Zusammenhang auch auf die Düsensteuerungen verweist. Gemeinsam mit dem Turbinenspezialisten aus Ravensburg entschied man sich für elektrisch gesteuerte Düsen, die den Einsatz einer ganz neuen, ultrakompakten Hydraulikanlage ermöglichten – kaum größer als eine Kaffeemaschine. „Im Hinblick auf die beengten räumlichen Bedingungen im Krafthaus hat ANDRITZ Hydro hier die perfekte Lösung geliefert“, so der Steirer. Er verweist darauf, dass die Turbine nach Abstimmung sämtlicher Parameter so dimensioniert wurde, dass sie zentimetergenau durch das Tor in das Maschinenhaus passte. LAUFRAD MIT NEUEM DESIGN Speziell ist an dem neuen Kraftwerk aber nicht nur die Hydraulikanlage, speziell ist auch das Laufrad. Dieses wurde aus „dem Vollen“, also aus einer geschmiedeten Scheibe gefräst, was zwar ein Qualitätskriterium an sich darstellt,

Christian Mund

jedoch keine Innovation. Völlig innovativ ist allerdings das Design des Laufrads, bei dem Maschinen aus dem Groß-Kraftwerksbau Pate gestanden hatten: So wurden die Peltonbecher mit einer konkaven Form versehen und auch deren Verbindungsstelle strömungsoptimiert gefertigt. Dank dieses Designs sind höchste Wirkungsgrade garantiert. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist jedes Zehntel an Wirkungsgradzugewinn ein willkommener Bonus. Ausgelegt ist die Turbine auf eine Nennfallhöhe von 313 m und eine Ausbauwassermenge von 170 l/s, wodurch sie eine Nennleistung von 430 kW erreicht. Das Laufrad mit einem Strahlkreisdurchmesser von 700 mm treibt mit

Technische Daten • Brutto-Fallhöhe: 313,4 m • Ausbauwassermenge: 170 l/s • Turbinentyp: 3-düsige Pelton • Fabrikat: ANDRITZ Hydro • Strahlkreisdurchmesser: 700 mm • Nennleistung: 430 kW • Drehzahl: 1.000 Upm • Generator: Synchron • Nennscheinleistung: 470 kVA • Fabrikat: Hitzinger • Stahlwasserbau: S.K.M. • Druckrohrleitung: duktiler Guss • Druckrohrleitung: L=1.523 m I DN400 • Typ: Svobodny Sokol (Vertrieb: Geotrade) • Coanda-Rechen: Wild Metal • Steuerung und Automatisierung: MBK • Regelarbeitsvermögen: 1,6 GWh

Abnahme der Turbine bei der Fa. Turbal in Jonschwil.

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Die Wasserfassung für das neukonzipierte Kraftwerk wurde am Zusammenfluss von Niederbergbach und Mitterbach situiert. Vor dem Tirolerwehr wurde ein kleiner Stauteich als erstes Absetzbecken angelegt.

1.000 Upm einen hochwertigen Drehstrom-Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger an, der wiederum auf 470 kVA ausgelegt ist. Der erzeugte Strom wird am 30 kV Transformator hochgespannt und in die etwa 100 m entfernte Übergabestation der Energie Steiermark ins Netz eingespeist. Der Betreiber zeigt sich dabei mit der Performance seines Maschinensatzes sehr zufrieden: „Ich kann heute sagen, dass ich mit der Wahl von Turbine und Generator die richtige Entscheidung getroffen habe. Der Maschinensatz erfüllt zur Gänze meine Erwartungen – nicht nur was die Effizienz angeht, sondern auch was die Zuverlässigkeit oder auch den Lärmschutz angeht.“ MODERNE STEUERUNGSTECHNIK Entsprechend dem Qualitätsniveau der elektromaschinellen Ausrüstung war der Betreiber auch entschlossen, in Sachen Automationsund Leittechnik keine Abstriche zu machen.

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Daher engagierte er dafür die in Sachen Kleinwasserkraft vielfach bewährte MBK Energietechnik GmbH aus dem steirischen Ilz. Christian Mund und Josef Berghold gelten seit vielen Jahren als absolute Profis in Sachen Steuerungstechnik für Kleinwasserkraftwerke, ihre Referenzliste ist lang. Auch für das Kraftwerk Köberlbach realisierte das federführende Duo von MBK die gesamte Automatisierung des Kraftwerks, hochwertige Visualisierungen bis hin zum Schutz und Alarmierungen. Besonderes Augenmerk legt man bei MBK auf eine durchdachte und möglichst bedienerfreundliche Nutzeroberfläche, die ein Steuern der Anlage einfach und effizient macht. Selbstverständlich wurde auch ein modernes Fernwirksystem integriert, sodass der Betreiber jederzeit von überall auf die Anlage zugreifen kann. Für die Arbeit der Firma MBK findet der Kraftwerksbetreiber nur lobende Worte, zumal die beiden Haupt-

verantwortlichen auch stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden wären. STROM FÜR 450 HAUSHALTE In nicht einmal fünf Monaten ist es der Familie im obersteirischen Gaishorn am See gelungen, ihr Kleinwasserkraftwerk auf völlig neue Beine zu stellen. Noch vor der Schneeschmelze, im März letzten Jahres, nahm das Kraftwerk seinen Betrieb auf. Waren es zuvor rund 700.000 kWh, die das Kraftwerk Köberlbach im Regeljahr ans Netz lieferte, so beträgt das Regelarbeitsvermögen heute 1,6 GWh – also mehr als das Doppelte. Damit können rund 450 obersteirische Haushalte mit sauberem Strom aus Kleinwasserkraft versorgt werden. Der findige Betreiber aus dem Paltental lieferte damit ein Musterbeispiel dafür, welche Potenziale und Möglichkeiten noch in so manchem Standort in den Alpen stecken, wenn man diese nur zu nutzen weiß.

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Wasserfassung des neu errichteten Kraftwerks Berschnerbach im Herbst 2018. Das Gemeinschaftsprojekt der BKW AG und dem Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt wurde in einer Bauzeit von rund 2,5 Jahren realisiert, Ende Mai stand ein Tag der offenen Tür auf dem Programm.

KRAFTWERK BERSCHNERBACH VERSORGT HALB WALENSTADT MIT STROM AUS REGIONALEN RESSOURCEN Bei einem Tag der offenen Tür wurde Ende Mai das in knapp 2,5 Jahren Bauzeit errichtete Kraftwerk Berschnerbach in der Gemeinde Walenstadt der Öffentlichkeit präsentiert. Rund 21 Millionen CHF investierten die BKW AG sowie das lokale Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt in das mit beträchtlichem Bauaufwand umgesetzte Gemeinschaftsprojekt im Süden des Kantons St. Gallen. Zur Stromproduktion nutzt die Anlage über 400 m Fallhöhe und bis zu 1.000 l/s Ausbauwassermenge. Während die aufwändigen Hoch- und Tiefbauarbeiten von Schweizer Firmen ausgeführt wurden, setzten die Betreiber in technischer Hinsicht vor allem auf die Kompetenz zweier bewährter Unternehmen aus Südtirol. Die Troyer AG lieferte für die Zentrale ein elektromechanisches und leittechnisches Komplettpaket, dessen Herzstück eine 2-düsige horizontale Pelton-Turbine mit einer Engpassleistung von über 3,6 MW bildet. Den Großteil der Stahlwasserbaukomponenten, darunter ein Tiroler Wehr als Grobrechen, diverse Absperr- und Regulierschützen sowie ein spezielles 30 m langes Entsanderabzugsrohr nach dem Patent der Hochschule Rapperswil, fertigte die Wild Metal GmbH. Im Regeljahr kann die hocheffiziente Kleinanlage die Hälfte des Stromverbrauchs der Gemeinde Walenstadt abdecken.

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ben, an der die BKW mit 49 Prozent und das WEW mit 51 Prozent beteiligt sind. Mit der Erfahrung der BKW beim Bau und Betrieb von zig Anlagen in der ganzen Schweiz und unserer regionalen Verankerung und der

Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten hat sich von Beginn an eine gute Zusammenarbeit entwickelt.“ Nachdem BKW und WEW noch 2009 eine gemeinsame Absichtserklärung für den Kraftwerksbau unterzeichnet

Der abschließende Abschnitt der insgesamt 1,3 km langen Druckleitung im Stollen wurde mit einer Steigung von 55 Grad ausgeführt. Über 1.100 Stufen bildet der Aufstieg über 275 Höhenmeter den kürzesten Weg zwischen Zentrale und Wasserfassung.

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in erstes Konzept zum Bau eines Wasserkraftwerks am Berschnerbach in Walenstadt auf dem Gebiet der Ortsgemeinde Berschis hatte ein lokaler Ingenieur bereits in den 1980er Jahren erstellt, aus wirtschaftlichen Gründen wurde das Projekt allerdings nicht weiterverfolgt. Mit der Einführung eines neuen Fördersystems für Strom aus erneuerbaren Quellen (KEV) im Jahr 2009 brachte der landesweit einsetzende Boom im Wasserkraftbereich auch frischen Wind für das auf Eis gelegte Projekte am Berschnerbach, erklärt Christian Dürr, Geschäftsführer des Wasser- und Elektrizitätswerk Walenstadt (WEW): „2009 ist die BKW AG auf uns zugekommen, ob wir die Realisierung eines Kraftwerks am Berschnerbach gemeinsam vorantreiben wollen. Daraus hat sich schließlich die Projektpartnerschaft und 2013 die Gründung der Kraftwerk Berschnerbach AG ergeJuni 2019

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WEW-Geschäftsführer Christian Dürr

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Die komplette elektromechanische Ausrüstung und Steuerung lieferte die Troyer AG. Bei vollem Wasserdargebot schafft die 2-düsige Pelton-Turbine eine Engpassleistung von über 3,6 MW.

ÜBER 1.100 STUFEN ZUR FASSUNG Die Einrichtung der Baustelle hatte bereits im November zuvor gestartet, während der ersten Monate bis ins Frühjahr 2017 konzentrierten sich die Arbeiten auf die Energieerschließung des Projektgebiets durch das Herstellen der erdverlegten Stromleitung und den Vorbereitungen für die Geländemodellierung und Zwischendeponie. Zur Umsetzung der Hoch- und Tiefbauarbeiten wurde die ARGE Berschnerbach gegründet. Die ARGE bestand aus der für die Beton- und Außenarbeiten zuständigen Giger UWA AG und der Gasser Felstechnik AG, die die Felssicherungs-, Spezialtiefbau- und Untertagearbeiten durchführte. Für den Transport von Material und Werkstoffen zum abschüssig gelegenen Standort der Wasserfassung wurde eine temporäre Materialseilbahn errichtet. Weniger komfortabel hatten es die Arbeiter, diese mussten ab dem Ende der Zufahrtsstraße die letzten 200 Höhenmeter zur Baustelle im schwierigen Gelände zu Fuß überwinden. Die Ausbrucharbeiten, die komplett mittels Sprengvortrieb ausgeführt wurden, starteten im Mai mit den je 30 m langen Verbindungs- und Umgehungsstollen bei der Zentrale. Im Anschluss wurden der 126 m lange Unterwasserstollen und der Rohrstollen parallel vorangetrieben. „Der Rohrstollen verläuft auf seinen ersten 975 m mit einer konstanten Steigung von 11° und geht zum Schluss in einen 55° steilen Abschnitt

über. Speziell in diesem 275 m langen Schrägschacht stellte das Einbringen und die Montage der mit Gussrohren auf Gleitschellen verlegten Druckleitung eine große Herausforderung dar“, sagt Christian Dürr. Der insgesamt rund 1,3 km lange Stollen dient nun als direkte Verbindung zwischen Zentrale und Wasserfassung, im Steilschacht geht es dabei angeleint am Sicherungsseil über mehr als 1.100 Stufen in die Höhe. MASSIVES FASSUNGSBAUWERK Während unter Tage ganzjährig am Vortrieb und Ausbau des Stollensystems gearbeitet werden konnte, mussten die Arbeiten an der Wasserfassung auf einer Höhe von 1.090 m.ü.M. witterungsbedingt während der Wintermonate eingestellt werden. Bis zum Wintereinbruch konnte der Rohbau der Wasserfassung und des Entsanders während der ersten Bausaison weit vorangetrieben werden. Vor allem die Betonplatte des Fassungsbauwerks verlangte aufgrund der geologischen

Am Sammelbecken der Wasserfassung werden maximal 1.000 l/s ausgeleitet, der anschließende Entsander vor dem Beginn der Druckrohrleitung wurde von Wild Metal mit dem patentierten Sandabzugsystem der Hochschule Rapperswil ausgerüstet.

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Gegebenheiten am Fassungsbauwerk eine hochmassive Ausführung. Den Großteil der Stahlwasserbauausrüstung lieferte der Südtiroler Spezialist Wild Metal GmbH, der in der gesamten Schweiz auf eine Vielzahl von Vorzeigeprojekten verweisen kann. Die Ausleitung an der Wehranlage erfolgt zunächst über ein 2,9 m langes und 2,5 m breites Tiroler Wehr, das als Grobrechen schwere Steine und Gehölz von der Triebwasserstrecke fernhält. Im Anschluss fließt das Triebwasser in das Entkieserbecken mit Feinrechen und Rechenreinigungsmaschine, die von einem Schweizer Unternehmen geliefert wurden. Der anschließende in einer Kaverne errichtete Entsander wurde von Wild Metal mit einem speziellen, 30 m langen Entsanderabzugsrohr DN600 nach dem Patent der Hochschule Rapperswil (HSR Entsander) ausgestattet. Dieses System bringt laut Wild Metal Geschäftsführer Markus Wild zwei zentrale Vorteile mit sich. Erstens wird das Spülen des Entsanders auch bei laufendem KraftwerksbeFoto: WEW

hatten, wurde das von einem Fachplaner ausgearbeitete Konzessionsgesuch im Jänner 2011 bei den kantonalen Behörden eingereicht. Durch Einsprüche von Umweltverbänden zog sich das Genehmigungsverfahren in die Länge. Die rechtskräftige Konzession wurde schließlich im November 2015 erteilt, der offizielle Spatenstich erfolgte rund ein Jahr später am 15. Dezember 2016.

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Materialtransport mit dem Lastenhelikopter zur abschüssig gelegenen Wasserfassung.

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 1.000 l/s • Bruttofallhöhe: 416 m • Druckleitung: 1,3 km • Material: Guss, DN800/DN700 • Wasserfassung: Tiroler Wehr • Hersteller: Wild Metal GmbH • Turbine: 2-düsige Pelton horizontal • Engpassleistung: 3.611 kW • Hersteller: Troyer AG

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• Generator: Synchron

trieb ermöglicht, der Wasserverlust dabei beläuft sich auf ein Minimum. Zweites kann mit dem HSR-System auf den Bau einer zweiten Entsanderkammer verzichtet werden, was sowohl Kosten- als auch Platzersparnis mit sich bringt. Komplettiert wurde das Wild Metal-Lieferprogramm durch die Einlauf-, Entkieser-, Restwasser- und Entsanderschütze und den Dammbalken für das Tiroler Wehr. KRAFTPAKET MIT 3,6 MW ENGPASSLEISTUNG Zu Beginn der zweiten Sommersaison wurde weiter mit Hochdruck an der Fertigstellung und dem Ausbau der Wasserfassung gearbeitet, die Verlegung der Druckrohrleitung im Stollen startete im Spätherbst 2018. Die Montage der maschinellen Ausrüstung in der Zentrale erfolgte bereits im Dezember. Den Zuschlag zur Ausführung der kompletten elektromechanischen Ausstattung ging mit der Troyer AG an ein weiteres hocherfahrenes Unternehmen aus Südtirol. Neben dem Maschinensatz, bestehend aus der 2-düsigen horizontalen Pelton-Turbine und direkt gekoppeltem Synchron-Generator umfasste der

Auftrag die Lieferung von Maschinentransformator, Steuerhydraulik, Eigenbedarfs­ verteilung, Kühlsystem mit Einbindung der Trafokühlung sowie die vollautomatische ­ Steuerung von Zentrale und Fassung. An der Wasserfassung wurden von Troyer bereits im Sommer 2018 der Einlauftrichter mit Rohrleitung bis zum Beginn der Druckleitung inklusive Durchflussmessung und Rohrbruchklappe installiert. Unter Volllast erreicht die Turbine eine Engpassleistung von 3.611 kW, darüber hinaus deckt die Maschine auch bei stark variierenden Zuflussbedingungen ein breites Betriebsband bei hohen Wirkungsgraden ab. Im ersten Quartal 2019 wurden die Installationsarbeiten in den Bereichen Stollen, Fassung und Zentrale parallel zu Ende geführt, das erste Andrehen der Turbine erfolgte am 19. April. ERFOLGREICHES GEMEINSCHAFTSPROJEKT Von der Generatorklemme wird der erzeugte Strom in der Zentrale an die Mittelspannungsschaltanlage und weiter an den Transformator geleitet, von dort gelangt der Strom

• Hersteller: TES • Durchschn. Jahresarbeit: ca. 12,4 GWh

über das rund 1,5 km lange Erdkabel zum Einspeisepunkt ins öffentliche Netz in Berschis. Mittels Onlineanbindung können Anlagenbetrieb und Stromproduktion rund um die Uhr von den für die Betriebsführung zuständigen Mitarbeitern des WEW überwacht werden. Mit der Aufnahme des Netzparallelbetriebs startete gleichzeitig der auf mehrere Wochen angesetzte Probebetrieb der Anlage. Rund 2,5 Jahre nach dem offiziellen Spatenstich luden die Betreiber Ende Mai zu einem Tag der offenen Tür, an dem Besuchern Funktion und Technik des hocheffizienten Kleinkraftwerks anschaulich nähergebracht wurden. Nach der Inbetriebnahme und dem wunschgemäß verlaufenen Probebetrieb ziehen die Verantwortlichen bei BKW und WEW einstimmig ein positives Fazit über das erfolgreiche Gemeinschaftsprojekt. Im Regeljahr rechnen die Betreiber mit einer durchschnittlichen Erzeugung von 12,4 GWh, womit rund die Hälfte des Jahresenergiebedarfs von Walenstadt aus regionaler Produktion abgedeckt werden kann.

Wild Metal GmbH • Stahlwasserbau • Patentiertes Coanda-System GRIZZLY • Rechenreinigungsmaschinen • Schütze • Rohrbrucheinrichtungen • Einlaufrechen • Komplette Wasserfassungssysteme aus Stahl Wild Metal GmbH Handwerkerzone Mareit Nr. 6 • I-39040 Ratschings (BZ)

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PFUNDS IN TIROL NUTZT TRINKWASSERGEFÄLLE VON ÜBER 930 METER

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Rohrleitung, deren Sanierung in den Nuller-­ Jahren unausweichlich geworden war“, schildert Planer Ing. Alexander Plangger vom Ingenieurbüro Walch & Plangger, der von Anfang des Projekts an mit dabei war, die Ausgangssituation. „Der Altbürgermeister DI Gerhard Witting war sich des Problems bewusst, und hatte dabei noch ein, zwei Schritte vorausgedacht. Ihm war klar, dass angesichts der enormen nutzbaren Fallhöhe im Zuge einer Sanierung alle Synergien genutzt werden mussten, um eine energetische NutFoto: Plangger

och vor etwas mehr als zehn Jahren waren Rohrbrüche keine Seltenheit in der Oberinntaler Gemeinde Pfunds. Die alten Grauguss-Leitungen, die das Trinkwasser aus dem Saderer- und dem Radurschltal leiten sollten, waren längst am Ende ihres technischen Lebensalters angelangt und mussten im Jahr drei- bis viermal repariert werden. Es bestand Handlungsbedarf. „Die alte Trinkwasseranlage von Pfunds stammte noch aus dem Jahr 1939. Dementsprechend war der Zustand der Quellfassungen und der

Mit 1.500 Umdrehungen treibt die Trinkwasserturbine aus Edelstahl (Fabrikat EFG) den Synchrongenerator aus dem Hause Hitzinger an. Im Sommerbetrieb, wenn die Anlage eine Fallhöhe von über 930 m nutzen kann, erreicht das Kraftwerk eine Engpassleistung von 417 kW.

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Rund 3,5 Millionen Euro investierte die kleine Tiroler Gemeinde Pfunds über die letzten 10 bis 12 Jahre in die komplette Sanierung ihres Trinkwassersystems. Darin enthalten ist auch das nagelneue, leistungsstarke Trinkwasserkraftwerk Saders, das als Kernstück des Gesamtprojekts 2018 fertiggestellt wurde. Bei der rekordverdächtigen Fallhöhe von über 930 m war die energietechnische Nutzung des Trinkwassers aus dem Saderertal nicht nur reizvoll, sondern technisch auch höchst anspruchsvoll. Dieser Herausforderung stellte sich der erfahrene Wasserkraft-Allrounder EFG aus Kärnten, der neben der trinkwassertauglichen Turbine auch die gesamte maschinentechnische Ausrüstung inklusive eines innovativen Druckvernichters im Bypass-­ System lieferte. Das neue Trinkwasserkraftwerk wird im Regeljahr rund 1,3 bis 1,5 GWh produzieren.

Über eine Länge von 6,1 km wurden duktile Gussrohre aus dem Hause TRM DN200 in den Druckklassen PN60-PN100 für die neue Druckrohrleitung verlegt. Für größtmögliche Widerstandsfähigkeit sorgen die schub- und zuggesicherten Verbindungen VRT-S, die auf der ganzen Länge zum Einsatz kamen.

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zung des Trinkwassers zu ermöglichen. Die Idee eines Trinkwasserkraftwerks war geboren.“ Dass bis zu dessen Verwirklichung noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen sollte, war damals noch nicht ganz so absehbar. Umgesetzt wurde das Gesamtprojekt letztlich in drei großen Bauetappen. NEUE ROHRLEITUNG SCHAFFT SICHERHEIT Den Auftakt machte 2008 der Bau der Druckrohrleitung im Radurschltal, die die alte Graugussleitung ersetzen sollte. In Hinblick auf ein geplantes Trinkwasserkraftwerk wurden hochrobuste Rohre aus duktilem Guss aus dem Hause TRM DN200 der Druckklasse PN100, also ausgelegt auf einen Betriebsdruck von bis zu 100 bar, verwendet. Über einen Zeitraum von drei Jahren gelang es, die alte Rohrleitung rückzubauen und in deren Trasse die neue Leitung zu verlegen. Dabei setzte man mit dem bewährten VRS-T System auf eine schub- und zugsichere Verbindung, die längste Lebensdauer und höchste Widerstandsfähigkeit gewährleistet. Dank der neuen Rohrleitung war es mit den Rohrbrüchen vorbei – und zudem war neben der wiederhergestellten Versorgungssicherheit auch das erste Fundament für den späteren Bau eines Trinkwasserkraftwerks gesetzt. Juni 2019

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Die Erdbewegegungen für die Neufassung der Koat-Quellen auf über 2.000 m waren enorm, der Aufwand beträchtlich.

Die neuen Quellschächte für die Glastal-Quellen sind an ihren Bestimmungsort angelangt.

In der Zwischenzeit war man mit den Österreichischen Bundesforsten, kurz ÖBf, in Verhandlungen getreten. Als Grundeigentümer des Saderertals waren die ÖBf ein interessanter und auch interessierter Partner in Hinblick auf den Bau des Trinkwasserkraftwerks. „Erste Gespräche mit den Bundesforsten fanden bereits 2009 statt, die sich dann über mehrere Jahre erstreckten. 2014 wurde dann eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, an der sowohl Gemeinde als auch ÖBf jeweils 50 Prozent hielten“, erzählt Alexander Plangger. Zugleich begann man intensiv mit den Messungen der Quellschüttungen, die sich über zwei Jahre erstreckten. Es galt, verlässliche und exakte Daten über das Wasserdargebot aus den Koat- und den Glastal-Quellen zu erhalten. QUELLE VERSINKT IM UNTERGRUND Unmittelbar nach der Gründung der Trinkwasserkraftwerk Pfunds GmbH im Jahr 2014 startete man in die nächste Bauphase. Nun sollte die neue Druckrohrleitung im Saderertal neu verlegt, sowie die beiden neuen Druckschächte errichtet und die Quellen neu gefasst werden. Gerade letzterer Punkt sollte sich als schwieriger als vermutet entpuppen. „Die Fassung der Koat-Quellen auf 2.032 m aus dem Jahr 1939 war derart ausgeführt, dass dafür gelochte AZ-Rohre etwa 75 cm tief im Boden verlegt waren. Die damaligen Messungen ergaben dafür eine maximale Schüttung von rund 70 l/s. Als wir begannen, die Quelle nachzugraben, hat sich diese schlagartig abgesenkt. Erst in 5 bis 6 Meter Tiefe ist es uns gelungen, sie zu fassen. Mittlerweile waren die Erdbewegungen für den Aushub enorm – man hätte in dieser hochalpinen Baugrube zwei, drei Einfamilienhäuser reinstellen können“, erinnert sich Alexander Plangger an eine der größten Herausforderungen im Projektverlauf.

Doch mit der erfolgreichen Fassung war dieses schwierige Baulos noch nicht abgeschlossen. In der Folge zeigte sich, dass die ersten oberflächennahen Messungen nicht die tatsächlichen Durchflüsse erfasst hatten – speziell jene bei Einsetzen der Schneeschmelze. Schon im ersten Jahr sprang die Schüttung auf bis zu 200 l/s an, worauf die neue Fassung nicht ausgelegt war. „Das Wasser ist plötzlich aus der Tür des Druckschachts gekommen. Das bedeutete in der Folge für uns, dass wir erneut Anpassungsmaßnahmen durchführen und einen zusätzlichen Vorschacht einbauen mussten, der auf die Konsenswassermenge von 100 l/s ausgelegt ist.“ Hauptverantwortlich für die Wassermassen ist ein Blockgletscher, der sich in einem hinter der Wasserfassung gelegenen Kar befindet. Allerdings, räumt der Planer ein, sei die Maximalschüttung zeitlich sehr begrenzt. Sie währt höchstens 14 Tage, damit ändert sie nichts an der Maximalauslegung des geplanten Kraftwerks, die bei 60 l/s liegt. ZIRBENWALD ALS HINDERNIS FÜR WEGBAU Die Bauarbeiten waren von diversen Herausforderungen geprägt. Eine der Ursachen reichte sogar zurück bis in die Zeiten der K&K Monarchie. Alexander Plangger: „Hier im Saderertal besteht einer der größten Zirbenwälder Europas. Die Bäume sind alle gleich alt. Das hat damit zu tun, dass sie einst hier abgeholzt und via Inn nach Hall in Tirol geflößt wurden, wo sie in der Saline verbrannt wurden. Der heutige Wald repräsentiert also das Resultat der damaligen Wiederaufforstungen. In diesen Wäldern einen Bauweg zu errichten, wurde damit sehr schwierig. Zwar wurden uns von Seiten des Naturschutzes 900 m Weg bis zu den Quellschächten genehmigt, nicht aber bis zu den Quellen selbst. Dort gab es nur einen Bauhilfsweg, Beton und Kies mussten per HeliDamit die Armaturen im Druckschacht auch bei Stromausfall einsatzfähig sind, wurden sie mit elektrischen Antrieben ausgeführt, die wiederum mit 24 V Akkus ausgerüstet sind.

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Ein Blick ins Innere des Quellschachts der Koat-Quellen mit den drei Zuläufen: Mit der Neufassung konnte letztlich auch der hygienische Standard verbessert werden.

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Außerdem kann die Gemeinde in wasserarmen Zeiten auf einen Tiefbrunnen zurückgreifen, der gerade im Winter zusätzlich Trinkwasser liefert.

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kopter angeliefert werden. Zudem reichte der Bauweg bis zu Quellschächten auch nur auf 20 m an selbige heran, das Bauwerk selbst war auf der anderen Bachseite situiert. Für das Bauteam bedeutete das, dass alles manuell hinübergetragen werden musste, lediglich der Betontransport konnte über eine Betonpumpe erfolgen.“

BUNDESFORSTE STEIGEN AUS Nach Abschluss der aufwändigen Bauphase 2 folgte ein Jahr der Verhandlungen und der weiteren EntHYGIENISCHE DEFIZITE BEHOBEN scheidungsfindungen. Die ÖsterreiDoch mit der erfolgreichen Neufassung chischen Bundesforste, die als der Koat- und auch der rund 300 Meter Partner mit der Gemeinde Pfunds tiefer gelegenen Glastal-Quellen stellte das Trinkwasserkraftwerk errichten sich schnell ein sehr wichtiger Begleitumwollten, hatten beschlossen, aus der stand ein: die Wasserqualität hatte sich gemeinsamen Gesellschaft wieder markant verbessert. In den Jahren und auszusteigen. „Unterschiedliche VorJahrzehnten zuvor hatte man in Pfunds stellungen über die Umsetzung des regelmäßig mit der hygienischen Qualität Projekts“ wurden als offizieller des Trinkwassers zu kämpfen. Um die erGrund für den Rückzieher der ÖBf forderlichen Standards sicherzustellen, angegeben. Angesichts der wirthatte man schon vor Jahren eine UV-Anschaftlichen Herausforderung keine lage eingebaut. Doch die Ursache des einfache Situation für die 2.600-SeeProblems war damit nicht behoben. len-Gemeinde im Dreiländerdrei„Zum Zeitpunkt des Baus der Quellfaseck. Sie war aber fest entschlossen, Für die Sicherheit einer unweit der Druckleitung gelegenen Wohnsiedlung sung 1939 waren die hygienischen Standas Projekt auch alleine zu stemmen. sorgt ein Streckenschieber (PN100), der im unteren Trassenabschnitt dards noch nicht so hoch, es gab keine Anfang Februar 2017 wurde die installiert wurde. Generell vertraute man bei den eingesetzten Schiebern wirklichen Abdichtungsmaßnahmen. Im Übernahme der Anteile der ÖBf auf das Know-how des Wiener Armaturenexperten BRUNNBAUER, der auch Armaturen für höchste Drücke liefert. Im Fall des TWKW Saders kamen Prinzip handelte es sich um eine Oberfläfinalisiert, damit hält heute die ein Keil-Schieber PN40, Regelventile der Druckklasse PN100, Be- und Entchenwasser-Fassung, die der eigentliche Gemeinde Pfund 100 Prozent an lüftungsventile, sowie Kugelhähne aus Edelstahl zum Einsatz. Grund für die hygienischen Defizite der Trinkwasserkraftwerk Pfunds war“, so der Planer. GmbH. Im Anschluss konnte das Projekt in die dritte und finale Bauetappe einPfunds auf 600 bis 700 mm Niederschlag im SCHÜTTUNG FÄLLT IM WINTER AB treten. Jahr. Naheliegend also, dass die Koat- und die Die beiden Quellen Koat- und Glastal-QuelGlastal-Quellen höchste Bedeutung für die Gemeinde haben“, sagt Alexander Plangger. len bilden seit Jahrzehnten das Rückgrat der TECHNISCHE HERAUSFORDERUNGEN Und gerade in den Wintermonaten sinkt Pfunderer Trinkwasserversorgung – eines OrZur wirtschaftlichen Herausforderung, der auch deren Schüttung relativ weit ab – die tes, der aufgrund der regionalen Trockenheit sich die Gemeinde stellte, gesellte sich nun Koat- Quellen bis auf 6 l/s, die Glastal-Quelüber keine allzu großen Wasserreserven veraber auch eine technische: Ein Trinkwasserlen bis auf 3-4 l/s. Zusätzlich gibt es im Weifügt. „Hier im Oberen Gericht, wie diese Rekraftwerk mit einer Nutzfallhöhe von über ler Greit noch die Möslaquellen, die dank eigion heißt, herrscht aufgrund der umgeben900 m war alles andere als alltäglich – auch ner gerade in Bau befindlichen Erneuerung den bis zu 3.000 m hohen Gipfeln, eine nicht für die diversen Turbinenhersteller im und Sanierung in Zukunft ebenfalls in das ausgeprägte inneralpine Niederschlagsarmut. Alpenraum. „Wir hatten zu Beginn einige AnTrinkwassernetz eingespeist werden können. Im Durchschnitt kommt die Gemeinde gebote von Herstellern, die bislang nur kleine Die Turbine wurde so konzipiert, dass sie möglichst optimal bei zwei Fallhöhenstufen betrieben werden kann.

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tatsächliche Herausforderung bei solchen Turbinen: den Wasserstrahl trotz der kleinen Dimension und der hohen Geschwindigkeiten gebündelt und sauber auf den Läufer zu bekommen. Ansonsten verpufft die Energie im wahrsten Sinne in einem Wassernebel. Das bedeutet, dass neben dem Laufraddesign die Zuleitung zur Turbine – sie sollte möglichst geradlinig und großzügig in der Konzeption sein – und vor allem das Düsendesign an sich entscheidend sind, damit das Laufrad bzw. die Turbine ihr volles Potential entfalten kann. Es kommt wirklich darauf an, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Planer und dem Turbinenbauer von enger, wechselseitiger Abstimmung und einer gehörigen Portion Know-how geprägt ist. Und das ist bei diesem Projekt herausragend gut gelungen.“

Der Hitzinger-Synchrongenerator ist mit einer Umluftkühlung ausgeführt. Seine Abwärme dient im Winter zum Beheizen des Krafthauses.

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STRAHLBÜNDELUNG ALS KRITERIUM Grundsätzlich wurden zum Schutz des Trinkwassers sämtliche wasserführenden Teile aus Edelstahl gefertigt. Dies trifft somit auch auf das Turbinenlaufrad zu, das aus einem geschmiedeten Monoblock gefräst und speziell für die Bedingungen vor Ort designt und ausgelegt wurde. Dazu Gero Pretis von EFG: „Eine Peltonturbine mit einer Bruttofallhöhe von mehr als 930 Meter und einer Wassermenge von nur 10-60 l/s ist an sich schon eine kleine Herausforderung. Das Trinkwasser tritt bei diesem Vordruck mit bis zu 470 km/h aus der Düse aus und formt dabei einen Hochdruckwasserstrahl, der auch bei Vollöffnung nicht mehr als 25 mm Durchmesser hat. Und eben hier steckt die

Das Trinkwasserkraftwerk verfügt über einen Bypass, in dem ein innovatives Druckwandler-System integriert ist. Im Fall einer Umleitung über den Bypass wird hier der hohe Druck auf Null reduziert, bevor das Wasser weiter in den Hochbehälter gelangt. Um nach einem eventuellen Rohrbruch die Anlage spülen zu können, wurde auch eine spezielle Spüleinrichtung installiert.

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Anlagen realisiert hatten. Die verabschiedeten sich letztlich alle von der Ausschreibung – und nur ganz wenige blieben übrig, die die Anlage professionell realisieren konnten. Und davon hatte uns das Angebot der Kärntner Wasserkraftspezialisten EFG am meisten überzeugt“, erklärt Alexander Plangger. Wie wenige andere Turbinenspezialisten kann der Wasserkraftspezialist aus Feldkirchen auf eine erfolgreich realisierte Referenzanlage mit über 1.000 m Fallhöhe verweisen. Hinzu kommt die Erfahrung aus mittlerweile zig realisierten Trinkwasserkraftanlagen im In- und Ausland. Mit diesem Background und einigen guten Ideen im Hinterkopf sollte sich das Team von EFG als der ideale Projektpartner erweisen. Generell umfasste dessen Lieferumfang die elektromechanische Kraftwerksausrüstung, beginnend mit dem Mauerrohr als Schnittstelle zur Druckrohrleitung bis zu den Klemmenkästen des Generators und der Trinkwasserableitungen aus den Edelstahl-Unterwasserkästen.

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ÜBERZEUGENDES DRUCKWANDLER-PATENT Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit wurde – wie es in einem Trinkwasserkraftwerk Standard ist – ein Bypass integriert, der allerdings ebenfalls einige Besonderheiten aufweist. Zum einen sind auch hier alle Teil­ komponenten, wie etwa die Flansche, auf Betriebsdrücke bis 100 bar und eine entsprechende Sicherheitsreserve ausgelegt. Zum anderen benötigt es dafür auch einen Druckvernichter, der im Fall der Umleitung auf den Bypass den Strahldruck von 90 bar auf 0 bar absenkt – und das in wenigen Sekunden. „Ursprünglich hatten wir an ein Kegelstrahlventil als Druckvernichter gedacht, uns war das Patent des Druckwandlers von EFG aber noch nicht bekannt. Und dieses hat uns wirklich mehr als überzeugt“, erzählt Alexander Plangger. Bereits in den 1990er Jahren hatten die Ingenieure der EFG ein Patent eines Druckwandlers zur Marktreife geführt. Es wurde nun in seiner letzten Entwicklungsstufe in Pfunds zum Einsatz gebracht. „Im Prinzip wird im EFG-Druckumwandler über eine Vielzahl an Einzelstufen Schritt für Schritt im Wasser selbst und nicht an der Konstruktion die im Trinkwasser gespeicherte Energie abgebaut. Das ist nicht ganz unaufwändig und braucht auch etwas Bauraum, funktioniert jedoch kavitationsfrei, lässt sich ohne Beschränkung wie eine Turbine regeln und ist sehr verschleißarm“, führt Gero Pretis dazu näher aus. Ein Vorteil ist die Einfachheit und Effizienz dieses Patents, eine andere ihre Geräuscharmut. Die Druckumwandlung funktioniert praktisch ohne große Geräuschemissionen. Um die Versorgungssicherheit mit Trinkwasser jederzeit garantieren zu können – und dies genießt bei derartigen Anlagen höchste Priorität

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Technische Daten • Ausbauwassermenge [Sommerbetrieb]: 60 l/s • Brutto-Fallhöhe [Sommerbetrieb]: 931,10 m • Netto-Fallhöhe [Sommerbetrieb]: 805,15 m • Ausbauwassermenge [Winterbetrieb]: 27 l/s • Brutto-Fallhöhe [Winterbetrieb]: 648,28 m • Netto-Fallhöhe [Winterbetrieb]: 620,50 m • Ausbauleistung [Sommerbetrieb]: 417 kW • Drehzahl: 1.500 Upm • Turbine: 1-düsige Peltonturbine • Fabrikat: EFG Turbinenbau • Generator: 3-Phasen-Synchron Generator • Nennleistung: 485 kVA • Nennstrom: 700 A

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Überdrehzahl: 3.000 Upm

• Fabrikat: Hitzinger • Druckrohrleitung: Duktiler Guss Fabrikat TRM • DRL: Länge=6.099 m DN200 PN60-PN100 • Armaturen: BRUNNBAUER ARMATUREN • Steuerung & Automation: Schubert Elektroanlagen

Übersichtsschema in der Visualisierung

aber der Betrieb mit zwei unterschiedlichen Fallhöhen dar. Im Sommer, wenn ausreichend Trinkwasser aus den Koat-Quellen zur Verfügung steht, wird die gesamte Fallhöhe von über 930 m genutzt. Im Winter dagegen, wenn auch die weiter unten situierten Glastal-Quellen zu Versorgungszwecken mitgenutzt werden, läuft der Kraftwerksbetrieb mit rund 650 m Fallhöhe. Die Umschaltung zwischen den beiden Betriebsphasen erfolgt zweimal im Jahr. Der Maschinensatz wurde von EFG hierauf speziell mit einem modifizierten Läuferdesign ausgerüstet, um bei beiden Betriebsarten bestmöglich arbeiten zu können. KOMPLEXE STEUERUNGSTECHNIK Natürlich kommt in diesem Zusammenhang auch der elektro- und steuerungstechnischen Ausrüstung der Anlage große Bedeutung zu. Zu diesem Zweck konnte die Gemeinde Pfunds auf einen langjährigen Partner bauen, der bereits die Leittechnik für die Trinkwasserversorgung auf den Stand der Technik gebracht hatte – die Firma Schubert Elektroanlagen. Das Unternehmen aus Ober-Grafendorf, das seit Jahrzehnten sowohl professionelle Lösungen für Trinkwassernetze als auch für Kleinwasserkraftwerke liefert, war somit der ideale Partner. Gerade für den Umschaltvorgang zwischen den beiden Druckstufen wurde

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BETRIEB MIT UNTERSCHIEDLICHEN FALLHÖHEN Zum Schutz des Trinkwassers verzichtete man komplett auf eine ölhydraulische Steuerung für die Betätigung der Aktuatoren. „Da uns der mechanische Schutz unserer Anlagen sehr wichtig ist, wird der Ablenker wasserhydraulisch und der Kugelhahn mittels der Kombination Fallgewicht/Wasserhydraulik betätigt. Das Ganze funktioniert jeweils nach dem Ruhestromprinzip und stellt gemeinsam mit dem Niederspannungs-Regelantrieb der Düse drei voneinander unabhängige Systemebenen dar. Das bedeutet ein Maximum an Redundanz für einen möglichst sicheren und dauerhaften Anlagenbetrieb“, fasst Gero Pretis zusammen. Das absolute Spezifikum der Anlage stellt

Die gesamte steuerungstechnische Ausrüstung wurde von Schubert Elektroanlagen realisiert.

ein ausgeklügeltes Software-Programm entwickelt, das ein Umschalten im laufenden Betrieb ermöglicht. Ebenso sind die Druckstufen vom Kraftwerk und von der zentralen Leittechnik aus komplett fernsteuerbar. Dies ist ein wichtiger Punkt, da man im Winter weder die Druckschächte noch die Quellfassungen erreicht. „Aus diesem Grund haben wir auch durchgehend Lichtwellenleiter verlegt und die Schächte so konzipiert, dass alle Armaturen elektrisch bedienbar sind“, erklärt dazu Alexander Plangger. Die Mitarbeiter verfügen heute über Tablets, mit denen sie sich über VPN-Zugang einloggen und von überall die Anlage bedienen können. Selbstredend umfasst die Steuerung auch den Turbinen-Bypass sowie die Spülleitung, die extra für den Fall eines Rohrbruchs integriert wurde. In den Druckschächten wurden Kameras installiert, die in Echtzeit Bilder liefern. Generell sollen von der Fa. Schubert Elektroanlagen sämtliche Bauwerke der Pfunderer Wasserversorgung, immerhin 15 an der Zahl, in die Leittechnik eingebunden werden. Damit steht den Verantwortlichen ein umfassendes Instru-

• Planung: Ingenieurbüro Walch & Plangger • Regelarbeitsvermögen: 1,3 bis 1,5 GWh • Inbetriebnahme: Juli 2018

Industriestraße 3 A-3200 Ober-Grafendorf Tel.: +43 2747 25 35 - 0 Fax: +43 2747 25 35 - 440 E-Mail: office@schubert.tech Schubert Elektroanlagen ist seit 50 Jahren ein führender Anbieter von elektrotechnischer und maschineller Anlagenausrüstung in den Be­reichen Energie, Umwelt und Wasser.

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nicht erreicht. Und das trifft auch auf die Maschine im Trinkwasserkraftwerk Pfunds zu. Der 1,9 Tonnen schwere Generator wird mit einer Nenndrehzahl von 1.500 Upm angetrieben. Die Schleuderdrehzahl beträgt das Doppelte, also 3.000 Upm. Bei einem Nennstrom von 700 A erreicht der Generator eine Nennleistung von 485 kVA. Er trägt nicht nur zu einer zuverlässigen und effizienten Stromerzeugung bei, sondern sorgt daneben auch dafür, dass der Geräuschpegel auch im Volllastbereich in einem moderaten Bereich bleibt.

Sämtliche Komponenten der Turbine sind voll trinkwassertauglich ausgeführt. Zudem wurde das Laufrad im Hinblick auf die Fallhöhe bzw. auch auf die beiden unterschiedlichen Betriebsmodi speziell designt.

mentarium zur Überwachung und Kontrolle zur Verfügung. DER MASSGESCHNEIDERTE GENERATOR „Unser Ziel war es, eine möglichst langlebige Anlage für mehrere Generationen zu errichten“, erklärt Alexander Plangger mit Verweis auf die eingesetzte Maschinentechnik. Für ihn und die Gemeindeväter stand außer Frage, dass eine hochwertige Turbine auch einen hochwertigen, und effizienten Generator an-

treiben sollte. Man entschied sich daher für eine Maschine aus dem Hause Hitzinger. Der Traditionshersteller aus Linz punktet in erster Linie damit, dass für jeden Einsatzzweck der Generator maßgeschneidert konzipiert und gefertigt wird. Von der magnetischen Auslegung, über das Verhältnis von Kupfer zu Eisen bis hin zum Isolationssystem wird jede Maschine individuell angepasst. Und das merkt man. Es gibt wohl keinen Hitzinger-Generator, der die versprochenen Wirkungsgrade

SCHIEBER GEWÄHREN SICHERHEIT Bedingt durch die hohen Betriebsdrücke lag generell ein großes Augenmerk auch auf den eingesetzten Schiebern und den Armaturen. Schließlich soll das neue Trinkwasserkraftwerk nicht nur äußerst langlebig sein, sondern auch maximale Betriebssicherheit aufweisen. Aus diesem Grund entschied man sich für die Produkte von BRUNNBAUER-ARMATUREN aus Wien, ein Unternehmen, das seit mehr als 100 Jahren als kompetenter Anbieter innovativer und zuverlässiger Industriearmaturen auf dem Markt präsent ist. „Gerade bei diesen Druckstufen gab es für uns im Grunde keine wirklichen Alternativen dazu. Die eingesetzten Schieber, Ventile und Kugelhähne von BRUNNBAUER-ARMATUREN stehen für

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höchste Qualität“, lobt der Planer aus Tirol. Die eingesetzten Schieber in den Druckschächten sowie der Kugelhahn im Krafthaus sorgen für eine sichere Absperrung des Kraftabstiegs, sollte es einmal zu einem Rohrbruch kommen. „Mir war ganz wichtig, dass wir nicht nur jeweils einen leistungsstarken Schieber in den beiden oberen Druckschächten haben. Um den Schutz einer zum unteren Trassenabschnitt nahegelegenen Wohnsiedlung sicherzustellen, habe ich auch einen Schieber vor diesem Bereich eingefordert“, so Alexander Plangger. Die Schieber wurden auf 24 V ausgelegt und sind Akku-gepuffert. Das heißt: Jeder Antrieb kann bei Stromausfall mindestens zweimal gefahren werden. Als Antriebe wurden die bewährten Lösungen von AUMA verwendet. Ein weiterer sicherheitstechnischer Aspekt, der die Betriebssicherheit auch in jenen Zeiten garantiert, in denen diese Gewerke nicht erreichbar sind. ANLAGE ERFÜLLT DIE ERWARTUNGEN Der Bürgermeister von Pfunds Rupert Schuchter und sein Planer Alexander Plangger blicken mittlerweile auf eine echtes Marathonprojekt zurück, das vor rund 15 Jahren initiiert wurde. „Es gibt in Österreich meines Wissens nach nicht viele Trinkwasserkraftwerke mit einer derartigen Fallhöhe. Wenn man die gesamten

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Um das Maschinenhaus bestmöglich in die Naturlandschaft des Tiroler Oberlands zu integrieren, wurde die Fassade mit einer Granitsteinverkleidung ausgeführt. Das ganze Krafthaus steht günstigerweise auf kompaktem Fels.

Rahmenbedingungen miteinbezieht, war es ein äußerst spannendes Projekt, das nun zu einem sehr guten Abschluss gebracht wurde“, resümiert der Tiroler Planungsingenieur. Seit rund einem Jahr ist das neue Trinkwasserkraftwerk nun in Betrieb und erfüllt dabei sämtlich Erwartungen. Im Regeljahr liefert das Kraftwerk heute 1,3 bis 1,5 GWh sauberen Strom, der an einem rund 350 m entfernten Anschlusspunkt der TINETZ ins öffentliche Stromnetz einge-

speist wird. Die Strommenge würde rein rechnerisch ausreichen, um sämtliche Pfunderer Haushalte mit Ökostrom zu versorgen. Für die nächsten 13 Jahre wird der Stromerlös gemäß des Tariffördermodells der ÖMAG vergütet, die Gemeinde rechnet mit einer Amortisationsdauer von 15 bis 18 Jahren. Um den Gemeindebürgern ihr nagelneues Trinkwasserkraftwerk zu präsentieren, ist für diesen Sommer ein Tag der offenen Tür geplant.

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Beim KW Hausen am Obermain hat die SÜC anlässlich einer umfassenden Teilsanierung die gesamte Wehranlage, den Stahlwasserbau sowie die öffentlich zugängliche Brücke erneuert. Nach knapp einjähriger Bauzeit ging die Anlage wieder in den Vollbetrieb über.

AUFWÄNDIGE TEILSANIERUNG AM KRAFTWERK HAUSEN ABGESCHLOSSEN Der tägliche Kraftwerksbetrieb war zuletzt immer aufwändiger und fehleranfälliger geworden. Am Kraftwerk Hausen im bayerischen Landkreis Lichtenfels bestand nach 85 Betriebsjahren Handlungsbedarf. Im Rahmen der angestrebten Konzessionsverlängerung entschied sich die Betreibergesellschaft SÜC Energie und H2O GmbH für eine weitreichende Teilsanierung des Kraftwerks am Obermain. So wurde die alte Wehranlage durch ein modernes Schlauchwehr aus dem Hause Hydro-Construct ersetzt sowie die komplette stahlwasserbauliche Einrichtung erneuert – eine Aufgabe, die der erfahrene Wasserkraftspezialist Lukas Anlagenbau übernahm. Nach knapp einjähriger Bauzeit produzieren die vier installierten Francis-Turbinen seit März dieses Jahres wieder Strom. Sie liefern rund 4,0 Mio. kWh pro Jahr und versorgen damit rund 1.200 durchschnittliche Haushalte mit Öko-Strom.

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brücke, die bis heute von den Anrainern und Wanderern gern genutzt wird. Ein ganz besonderes Highlight an der alten Wehranlage war das weltweit erste Faltboot-Hebewerk, das sich in der Mitte des Bauwerks befand und bis in die 1950er Jahre in Betrieb war. BAUSUBSTANZ KAM AN IHRE GRENZEN Nachdem das Kraftwerk seit über 85 Jahren zuverlässig seinen Dienst verrichtet hatte, war die Bausubstanz in den letzten Jahren sanierungsbedürftig und die Technik störanfällig geworden. Darüber hinaus war auch das generelle Anlagenkonzept nicht mehr zeitgemäß. „Ein Mitgrund für die Sanierung war, dass hier alle zwei Jahre das Oberwasser abgelassen werden musste, um notwendige Revisionen zu ermöglichen. Zwar stellte das für die Anrainer eine willkommene Gelegenheit dar,

ihre Wasserbauten zu reparieren, doch damit ging sehr viel ungenützte Energie sprichwörtlich den Bach hinunter“, erklärt Stefan Foto: GoogleMaps

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rsprünglich war das Wasserrecht an dem Standort in der Nähe der oberfränkischen Stadt Bad Staffelstein im Besitz des nahe gelegenen Benediktinerklosters Banz. Der dort seit dem 15. Jahrhundert ansässige Mönchsorden betrieb über Jahrhunderte mittels zweier oberschlächtiger Wasserräder verschiedene Mahl- und Schneidmühlen. Diese wurden 1803 im Rahmen der Säkularisierung an Privatpersonen veräußert, die hier bis in die 1850er Jahre die Kraft des Wassers für eine Porzellanmanufaktur nutzten. An den Mühlen haftete unter anderem auch ein sogenanntes Fährrecht, schließlich passiert an dieser Stelle ein historischer Pilgerpfad den Main. Später, mit der Inbetriebnahme des Laufwasserkraftwerk Hausen im Jahre 1934, bekam die Wehranlage auch eine öffentlich zugängliche Fuß- und Radweg-

Nach 85 Jahren war die Wehranlage sanierungsbedürftig geworden. Speziell am Oberbau der Betonsegmente waren die Spuren der Zeit deutlich erkennbar.

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Foto: ZT-Fritsch

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Im Februar 2018 rollten die Bagger an die Kraftwerksbaustelle. Wie von allen Beteiligten erwartet waren die Abbrucharbeiten sehr aufwendig.

EIN NEUES ANLAGENKONZEPT MUSSTE HER Die Ingenieure der SÜC entschieden sich für ein Wehrkonzept, das vorrangig ein Ablassen des Staubeckens künftig obsolet machen sollte. „Angesichts der Tatsache, dass lokale Interessensgruppen für das Ablassen des Staubeckens immer höhere Forderungen stellten, war das ein wesentlicher Punkt für uns“, so Schneidawind. Alle dafür notwendigen Bereiche können mittels Dammbalken aus Aluminium (System Hydro-Construct) für die Instandhaltung bei Bedarf von den in Betrieb verbleibenden Teilen getrennt werden. Die Anzahl der Schützen wurde im Gegensatz zur alten Anlage stark reduziert. Das Wasser des Mains wird nun mittels zweier Schlauchwehre, einem Leerschuss mit Hubschütze und integrierter Geschwemmselklappe hydraulisch geregelt. Die behördlichen Auflagen im Rahmen der Konzessionsverlängerung sahen vor, den Stababstand bei den beiden Einlaufrechen auf 20 mm zu reduzieren. Diese wurden vertikal ausgeführt und im Winkel von 70° montiert. Die vier Francis-Turbinen sowie die Generatoren aus dem Jahre 1934 wurden in den letzten Jahren bereits generalüberholt und verrichten weiterhin ihren Dienst. Lediglich die elektrotechnische Ausrüstung und die Energieableitung brachte man auf den aktuellen Stand.

GELUNGENE UMSETZUNG 2018 Die Initialzündung für das Umbauprojekt stellte die geplante Verlängerung der Konzession dar, die zu guter Letzt für weitere 30 Jahre erteilt wurde. Die SÜC Energie und H2O GmbH übernahmen dabei als Betreiber und Bauherr die Projektleitung und örtliche Bauaufsicht. Im Vorfeld wurde für die Genehmigungsplanung die Fa. RMB-Consult herangezogen. Für die Ausführungsplanung vertraute die SÜC auf die Erfahrung und innovativen Planungsansätze des österreichischen Ingenieurbüros ZT-Fritsch GmbH aus Steyr. So wurde Firmenchef Rudolf Fritsch mit der Objekt- bzw. Tragwerksplanung sowie der Oberbauleitung beauftragt. Der erfahrene Planer hatte zudem die ideale Lösung für diesen Standort am Obermain im Kopf – eine Schlauchwehr vom Typ Hydro-Construct. Nach einer circa dreijährigen Vorplanungsund Genehmigungsphase konnte es mit kleineren Verzögerungen im Februar letzten Jahres endlich losgehen. Am 15. März wurde das Kraftwerk vom Netz genommen, für die Zeit des Umbaus standen die Turbinen von nun an still. Den Auftakt machten die Arbeiten an den nebeneinander befindlichen Einlaufbauwerken samt Schützen und Rechen, dem Leer-

Die Rechenreinigungsanlage wurde von Lukas Anlagenbau gefertigt und hier am Kraftwerk montiert. Der Reinigungsvorgang regelt sich über den Wasserstand und den Zeitintervall, und wird hydraulisch betrieben.

schuss und an einem der beiden Schlauchwehrelemente – alles Komponenten an der orographisch linken Flussseite. Um die Baugrube trocken zu halten, wurde ein Schüttdamm errichtet, der rund ein Drittel des Wehrs wasserfrei hielt. Ende Oktober war der erste Bauabschnitt abgeschlossen, und die Maschinen konnten wieder – wenn auch nur im Teillastbereich – Strom produzieren. Den zweiten Bauabschnitt mit den restlichen zwei Dritteln der Wehranlage sowie die rechte Uferanbindung nahm man nun im Anschluss in Angriff. „Das Jahr 2018 war für die Bauarbeiten ein Glücksfall, da es sehr trocken war.

Mit der Fertigstellung des ersten Bauabschnittes waren alle wesentlichen Kraftwerkskomponenten erneuert worden und einer Inbetriebnahme stand somit nichts mehr im Wege: Seit Oktober letzten Jahres wird am KW Hausen wieder Strom produziert. Der nächste Bauabschnitt konnte folgen.

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Auf der Seite des Krafthauses begann man mit dem ersten Bauabschnitt. Die beiden Einlaufbauwerke mit ihren massiven Schützentafeln regeln den Zulauf von je zwei Turbinen.

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Schneidawind, seines Zeichen Prokurist bei der SÜC GmbH und Projektleiter beim KW Hausen. In technischer Hinsicht hatte man zuletzt vermehrt mit diversen Gebrechen zu kämpfen, wie etwa bei den Schneckengetrieben der sechs Schützentafeln. Aber auch der Fuß- und Radweg entlang der Wehrkrone entsprach nicht mehr modernen Sicherheitsbestimmungen und musste von Grund auf erneuert werden. Vor allem deshalb, da der Übergang für die Kraftwerks-Techniker die einzige Möglichkeit darstellt, um im Hochwasserfall zum Krafthaus zu gelangen. „Wir sprechen hier im Hochwasserfall von Spitzenwerten von bis zu 1000 m³/s. Im Vergleich dazu kommt der Nenndurchfluss des Mains hier am Standort KW Hausen auf 31 m³/s“, betont Schneidawind und unterstreicht damit das „temperamentvolle“ Wesen des Mains.

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Im zweiten Bauabschnitt waren der starre Wehrbau mit der Fortführung der Brücke gebaut worden. An diesem Abschnitt befindet sich das Sedimentschütz mit 1,60 m Höhe, 7,36 m Breite und einer Hubhöhe von 2,10 m. Begünstigt durch die hervorragenden Witterungsbedingungen schritten die Bauarbeiten auch an diesem Bereich zügig voran.

SCHLAUCHWEHR ALS REGULIERENDES ORGAN Beim Schlauchwehr, das an der Wehranlage des KW Hausen installiert wurde, handelt es sich um eine seit rund 40 Jahren bewährte Innovation der Firma Hydro-Construct, die ihren Sitz in Steyr in Oberösterreich hat. Konkret bildet der mit Wasser gefüllte Schlauch eine flexible Barriere, die Stauspiegelregulierung erfolgt so dann gezielt über eine entsprechende Veränderung der Schlauchkronenhöhe, welche wieder über eine Anpassung des hydrostatischen Innendruckes der Wasserfüllung geschieht. Hierfür wird das Wasser über einen Pumpenschacht in den Füllschacht gefördert, welcher über Rohrleitungen mit dem Wehrschlauch verbunden ist. Mit der Entleerpumpe oder einer Auslaufklappe kann der Schlauch stufenlos bis auf die Wehrplatte abgesenkt werden. „Für uns war die Schlauchwehranlage von Anfang an eine smarte Lösung, weil wir gewohnt waren mit unserer alten Anlage und den Schützentafeln viel Unterhalt betreiben zu müssen. Dabei stellte uns die Technik mit all

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seinen zahlreichen Einzelkomponenten immer wieder vor schwierige Aufgaben“, erklärt Schneidawind dazu. Das Schlauchwehr ist ein sehr wartungsfreundliches Konzept mit mehreren Redundanzen. Zum einen reguliert die Schlauchwehranlage mit dem speziellen Regulierschachtsystem (Pumpenschacht, Füllschacht, Regulierschacht, Auslaufschacht) voll automatisch, sowohl im seriellen als auch im parallelen Betrieb, und zum anderen kann die Schlauchwehr bei Bedarf auch manuell gesteuert werden. Als Notsteuerung bei Stromausfall kommt die sogenannte „Eimersteuerung“ zum Einsatz, womit sich bei Hochwasser

STAHLWASSERBAU KOMPLETT ERNEUERT Die gesamte wasserbauliche Ausrüstung, wie Schützentafeln, Rechen mit entsprechender RRA und die gesamte Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (MSR-Technik) sowie die Hydraulikanlage, sind beim KW-Projekt in

Die neue Rad- und Fußgängerbrücke legt sich imposant über den Main. Die Bautechnik entspricht wieder aktuellen Sicherheitsbestimmungen. Seit März steht der Steg wieder für alle Benutzer offen.

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Auf der anderen Seite war es teilweise wieder fast zu heiß für die Betonarbeiten“, erklärt Schneidawind. Dementsprechend musste die Aushärtungszeit ständig verzögert bzw. der Beton im Nachhinein bewässert werden.

die Schlauchwehranlage jedenfalls gemäß der Überwassermenge gegebenenfalls bis zur vollkommenen Entleerung absenken kann. „Sollte eine Komponente versagen, können wir die Anlage mit unseren Ressourcen immer noch relativ sauber betreiben. Auch das war für uns die Quintessenz bei der Entscheidung“, bestätigt Schneidewind und meint weiter: „Bereits beim ersten Probebetrieb waren wir überrascht, wie genau die Schlauchwehr arbeitet, obwohl die Regelung noch nicht optimal kalibriert war.“ Laut Stefan Schneidawind war das Stauziel über die ganzen 48 m Länge auf den Zentimeter genau justiert. „Die Hysterese des Herstellers wurde größer angegeben“, fügt Schneidawind weiter an. Am KW Hausen sind zwei Schläuche verbaut. Einer mit 29 m und der Zweite mit 21 m Länge – beide mit 1,6 m in der Höhe. Die Wandstärke der Menbrane beträgt dabei lediglich 14 mm. Das Material ist laut Hersteller hoch abriebfest, UVund witterungsbeständig und auf zumindest 30 Jahre Nutzungsdauer ausgelegt.

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ÖKOLOGISCHE VERBESSERUNG ERZIELT Seitens der Behörden wurde in Hausen ein Aalabstieg vorgeschrieben, der nach diversen Umplanungen im oberwasserseitigen Einlaufbereich so angelegt wurde, dass die Aale und dann ohne Probleme passieren können. Dafür werden die Aale über ein spezielles Leitsystem von der Feinrechenanlage zum Grundablass mit speziell gerundeter Tafelunterkante (System ZT-Fritsch GmbH) geführt. Konkret wird der Aalabstieg in der Aalwanderzeit vom 15.10. bis zum 15.2. betrieben. Dafür wurde die Steuerung der Wehranlage so angepasst, dass unterschiedliche Organe den Abstiegsweg geöffnet halten. Der Abfluss des Überwassers mit bis zu 3,7 m³/s wird über beide Schlauchwehrfelder parallel abgeführt. Zwischen 3,7 m³/s und 8,7 m³/s erfolgt der Abstieg über den Grundablass, da dieser dann passende Wassertiefen und Öffnungsgrade aufweist. Über 8,7 m³/s dient das Schlauchwehrfeld dem Aalabstieg und der Überwasserabfuhr. „Uns war wichtig den Aalabstieg wartungsfreundlich zu machen. Das heißt, wir müssen die Wanddurchführungen im Bedarfsfall trockenlegen und von Geschwemmsel befreien können“, hebt Schneidawind hervor. Während der Genehmigungsphase des Einlaufbauwerks ging 2013 das variabel regelbare Umge-

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Ein starkes Team: (V.l.) Der SÜC-Elektro- und Kraftwerksmeister Michael Schlücke, der als örtlicher Bauleiter in die Planung involviert war und Stefan Schneidawind, Prokorist und hauptverantwortlicher Projektleiter bei diesem Sanierungsprojekt.

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Hausen Teil des Leistungs- und Lieferumfangs des Wasserkraftspezialisten Lukas Anlagenbau GmbH. Das erfahrene Familienunternehmen aus dem bayerischen Waldthurn in der Oberpfalz gilt in der Branche als kompetenter Partner für die Planung und Realisierung von Wasserkraftanlagen. Lukas verbaute am KW Hausen beim Turbineneinlauf zwei Einlaufschützen, zwei Feinrechen mit Teleskoprechenreinigern und daneben eine 3 m hohe und 4,20 m breite Schützentafel für den Grundablass/Leerschuss mit aufgesetzter Spülklappe. In der Mitte der Wehranlage dient ein Sedimentschütz mit 1,60 m Höhe und 7,36 m Breite und einer Hubhöhe von 2,10 m für den Weitertransport von Geschwemmsel, Schlamm oder Kies. Alle Verschlüsse sowie die Rechenreinigungsanlagen werden hydraulisch bewegt.

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hungsgerinne in Betrieb. „Dieser Bereich wird seitdem von einem Bieber bewohnt“, freut sich der Prokurist über das gelungene ökologische Design. Der naturnahe Fischpass schlängelt sich über rund 200 m vom Unter- bis ins Oberwasser und wird mittels einer Zwei-Stufen-Regelung dotiert. Bei Niedrigwasser fließen 400 l/s, und im Falle eines Überwassers öffnet sich auch die zweite Schützentafel und das Umgehungsgerinne kommt damit auf einen Durchfluss von insgesamt 800 l/s. Von behördlicher Seite wurde es gewünscht, dass die Dotiermenge bei Bedarf erhöht werden kann. BETREIBER SETZT AUF WASSERKRAFT Die SÜC (Städtische Werke Überlandwerke Coburg GmbH) gilt seit circa 160 Jahren als verlässlicher Energieversorger in der Region. Heute bietet das Unternehmen ein breites Spektrum von Service und Dienstleistungen für Strom, Erdgas, Fernwärme, Wasser, Internet und Mobilität. Die SÜC betreibt mit dem KW Hausen seit der Inbetriebnahme 1934 auch ihr erstes Wasserkraftwerk. Um das Jahr 2000 erwarben die Coburger mit dem KW Kirschbaummühle am Schützenanger und dem KW Oberwallenstadt zwei weitere Wasserkraftwerke am Obermain. Damit versorgt die SÜC heute mit insgesamt rund 8 Mio. kWh circa 2.300 durchschnittliche Haushalte mit der Energie des Mains. Das Sanierungsprojekt KW Hausen ging im

März dieses Jahres in den Probebetrieb über und liefert seither wieder grünen Strom ins öffentliche Netz. „Wegen der ausgezeichneten Witterungsverhältnisse, aber auch aufgrund der hervorragenden Ausführung der einzelnen Unternehmen konnte das Projekt in kürzester Zeit und zu unserer vollsten Zufriedenheit umgesetzt werden“, zeigte sich Prokurist Stefan Schneidawind durchaus zufrieden. Mit diesem Projekt ist am Wasserkraftwerk in Hausen wieder die Betriebssicherheit hergestellt und damit ist es auch wieder fit für die nächsten 30 Jahre.

Technische Daten: • • • • • • • • • • • • • • •

Inbetriebnahme: 1934 Wehrlänge: 168 m Bruttofallhöhe: 3,4 m Ausbauwassermenge: 31 m3/s (4x7,75 m3/s) Turbinen: 4 Francis-Turbinen Laufraddurchmesser: jeweils 1,8 m Engpassleistung: 600 kW Jahresproduktion: 4 Mio. kWh Betreiber/ Bauherr/ Projektleitung: SÜC Energie und H2O GmbH Planung und Oberbauleitung: Ingenieurbüro ZT-Fritsch GmbH Schlauchwehr: Hydro-Construct GesmbH Stahlwasserbau/ MSR-Technik: Lukas Anlagenbau GmbH Brückenbau: Glück GmbH Baumeisterarbeiten/Betonbau: Raab Baugesellschaft mbH & CO.KG Investitionssumme: 4,3 Mio. Euro

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Das TIWAG-Speicherkraftwerk Kalserbach in Osttirol wurde zwischen 1948 und 1950 errichtet. In den vergangenen beiden Wintern wurde an den drei Pelton-Turbinen im Krafthaus vom Tiroler Wasserkraftexperten Geppert ein umfassendes Retrofit-Programm durchgeführt.

OSTTIROLER KRAFTWERK KALSERBACH ZUM SIEBZIGER TECHNISCH TOP IN SCHUSS „Dreimal großes Service“ hieß es für die Pelton-Turbinen des Osttiroler Speicherkraftwerks Kalserbach während der vergangenen beiden Wintersaisonen. Aufgrund der generellen Abnützung der Laufräder hatte Betreiber TIWAG eine Totalrevision aller drei Maschinen der bald 70 Jahre zählenden Anlage in Auftrag gegeben. Umgesetzt wurde das Retrofit-Programm vom Tiroler Wasserkraft-Allrounder Geppert GmbH, der für die TIWAG bereits mehrfach erfolgreiche Turbinenrevisionen bei verschiedenen Leistungsklassen und Bauformen durchgeführt hatte. Im Zentrum der Sanierung stand die Fertigung von sowohl wirk­ ungsgradoptimierten als auch verschleißoptimierten Laufrädern für die zweimal auf 3,9 MW sowie einmal auf 5,1 MW Engpassleistung ausgelegen Turbinen. Das hydraulische Profil der neuen Maschinen wurde von Geppert in enger Absprache mit den Experten der TIWAG grundlegend optimiert, wodurch der Gesamtwirkungsgrad des Kraftwerks um beachtliche 2 Prozent gesteigert werden konnte.

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Schobergruppe. Der weitaus größte Teil des zur Stromerzeugung genutzten Wassers wird in einem klammartigen Abschnitt des Kalsertals beim Weiler Staniska durch eine mit Seitenentnahme ausgeführte Wehranlage gefasst. Nach dem Entsanderbauwerk gelangt das Triebwasser über einen 2,8 km langen Freispiegelstollen in den rund 110.000 m³ fassenden Speicher Oblass. Um die Effizienz des Kraftwerks zu erhöhen, wurden 1981 der Oblasser Alpenbach, der Oberleibnigbach und der Niedristbach jeweils mit drei Tiroler Wehren gefasst und das zusätzliche Wasser durch

Der Tagesspeicher Oblass fasst rund 110.000 m3.

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rrichtet wurde das Kalserbachkraftwerk im Osttiroler Bezirk Lienz zwischen 1948 und 1950 als Speicherkraftwerk mit Tagesspeicher auf dem Gebiet der Gemeinden St. Johann im Walde und Kals am Großglockner. Bei einer Bruttofallhöhe von 274 m nutzt die Anlage primär die Abflüsse aus dem rund 163 km² großen Einzugsgebiet des Kalsertals. Rund 30 Jahre nach der Erstinbetriebnahme des Kraftwerks erfolgte mit der Beileitung von drei zusätzlichen Bächen eine Erweiterung des Einzugsgebiets um etwa 6 km² aus den Zuflüssen der Südabdachung der Juni 2019

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eine erdverlegte, 1,6 km lange Druckleitung zum Tagesspeicher geleitet. Der Speichersee wurde in einer natürlichen Felswanne errichtet und wird von drei niedrige Dämmen begrenzt. Den Überstau des Speichers verhindert eine in die Kalserbachschlucht entwässernde Entlastungsanlage. Von der Entnahmestelle im Speicher gelangt das Triebwasser über einen oberirdisch verlegten Kraftabstieg mit einer Länge von rund 650 m ins Krafthaus. Die Stromproduktion im Krafthaus übernehmen drei Maschinensätze, bestehend aus jeweils 2-düsigen Pelton-Turbinen mit horizontalen Wellen und direkt gekoppelten Synchron-Generatoren. Bei seiner Inbetriebnahme 1950 war das Kraftwerk vorerst nur mit den baugleichen Maschinen 1 und 2 ausgestattet, diese schaffen eine Engpassleistung von jeweils 3,9 MW. Der Einbau der noch stärkeren Maschine 3, die unter Volllast eine Engpassleistung von 5,1 MW erreicht, folgte 1966. Die Ableitung des verarbeiteten Triebwassers in die Isel geschieht über einen rund 200 m langen offenen Kanal. Im Durchschnitt erzeugt das Kalserbachkraftwerk jährlich rund 61,4 GWh Ökostrom, der zur Gänze ins öffentliche Netz eingespeist wird.

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holung unterzogen. Für die Wintermonate 2017 auf 2018 sowie 2018 auf 2019 hatte man sich bei der TIWAG die Revision der Turbinen vorgenommen. Zwischen 2016 auf 2017 wurde der Speicher abgesenkt und die Sedimente mittels Bagger entnommen und deponiert. Da im Winter die Laufräder getauscht werden sollten, hatte man sich entschlossen, die Sommermonate über den Speicher mit abgesenktem Stauziel zu betreiben. So blieben die über die Wasserfassung eingezogenen Sedimente im Triebwasser erhalten. Bei diesem Betrieb gelangten Sedimente mit einer Korngröße von bis zu 2 mm auf die Laufräder, erklärt TIWAG-Projektleiter Rainer Maldet: „Ähnliche Untersuchungen führen wir seit mehreren Jahren beim nahe gelegenen Laufkraftwerk Dorferbach durch, dessen Triebwasser noch viel stärker mit Sedimenten aus hartem Gletscherschliff belastet ist. Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen

auf die Abnützungen verschiedener Turbinen­ elemente haben wir ein laufend erweitertes Modell entwickelt, mit dem wir die Auswirkungen auf Laufräder und Turbinen bei erhöhter Sedimentfracht besser einschätzen und vorhersagen können.“ Neben den eigenen Messungen der TIWAG wurde die ETH-Zürich mit dem Monitoring-Programm beauftragt. Mit einem automatisierten Probensampler wurden täglich Wasserproben aus dem Triebwasser entnommen und die darin enthaltenen Sedimente im Labor untersucht. Vor und nach der gezielten Sedimentabfuhr über die Laufräder wurden die Peltonräder durch eine Spezialfirma mittels Scanverfahren zur Analyse des Verschleißes digitalisiert. REVITALISIERUNG VON DEN PROFIS Im Anschluss an die Speicherspülung und das Ausbaggern der Verlandungen startete im Dezember 2017 der mechanische Teil der SaFoto: Geppert

ANLAGE LAUFEND MODERNISIERT In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde das bald 70 Jahre Betriebsjahre zählende Kraftwerk vom Betreiber TIWAG sukzessive saniert und modernisiert. 1985 und 1987 wurden Stratorbleche und Wicklung von Generator 3 erneuert. Anfang der 1990er Jahre erhielt die Anlage ein umfangreiches elektrotechnisches Update, zudem kam es zum Tausch sämtlicher Turbinenlaufräder durch den Hersteller. 2007 folgte der Einbau einer automatischen Rechenreinigungsanlage für den Tagesspeicher, 2009 und 2010 wurden die Generatoren 1 und 2 einer Generalüber-

Blick auf die Maschinenhalle während der Sanierung von Maschine 3 im Vordergrund.

Technische Daten • Einzugsgebiet: 169 km2 • Ausbauwassermenge: 5,7 m3/s • Bruttofallhöhe: 274 m • Nettofallhöhe: 268 m • Turbine: 3 x Pelton horizontal • Engpassleistung T1 & T2: 2 x 3,9 MW • Engpassleistung T3: 5,1 MW • Generatoren: 3 x Synchron • Nennleistung G1 & G2: 2 x 4 MVA • Nennleistung G3: 5 MVA • mittlere Jahreserzeugung: ca. 61,4 GWh

Besonders hartnäckig verhielt sich das Laufrad von Maschine 3 bei den Demontagearbeiten. Schließlich musste das Bauteil mittels Sauerstofflanze von der Welle entfernt werden. Im kommenden Winter wird mit der bevorstehenden Erneuerung der Turbinenwelle die Maschinensanierung im Krafthaus endgültig abgeschlossen.

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Montage von neuem Düsenstock und Düsennadel bei Maschine 3 im März 2019

Foto: TIWAG

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Anfang März 2018 startete die Sanierung von Maschine 1.

nierungsmaßnahmen. Durchgeführt wurde die Revision von der national und international vielfach bewährten Tiroler Geppert GmbH, die sich branchenweit einen hervorragenden Ruf als Revitalisierungsexperte erarbeitet hat. Für die TIWAG hat Geppert in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Maschinen wieder auf Vordermann gebracht. Aktuell sorgen die Haller im Auftrag der IKB für die Revitalisierung der auf 10 MW Engpassleistung ausgelegten Francis-Turbine des Kraftwerks Untere Sill in der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Damit der Betrieb des Kraftwerks Kalserbach während der Revisionsarbeiten weitgehend ungestört weiter laufen konnte, wurden die Revisionen jeweils in den kalten Wintermonaten bei verringertem Wasserdargebot ausgeführt. Dadurch kam es laut Betriebsingenieur Bernhard Leitner, der die Revitalisierung von Beginn an begleitet hat, zu keinen Wasserverlusten und nur geringfügigen Betriebseinschränkungen.

Foto: Geppert

DREIMAL NEUES INNENLEBEN Mit der Demontage von Maschine 2 startete schließlich im Dezember 2017 die praktische Umsetzung, führt Geppert-Projektleiter Stefan Veiter aus: „Das tatsächliche Ausmaß der auszuführenden Revisionsmaßnahmen hatte man bereits im November bei einer genauen Inspektion der Maschinen festgestellt. Grundsätzlich wurden bei allen Turbinen neben dem Wechsel der Laufräder die Düsenhauben, Düsennadeln, Strahlablenker, Strahlschutzdach und die Führungskreuze am Düsenstock neu ausgeführt. Dazu kamen Ausbesserungen an Gehäuseteilen, die beim Betrieb mit erhöhter Sedimentfracht in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Komponenten wie Düsenstöcke und Düsennadeln

Laufrad Maschine 3 bei der zerstörungsfreien Farbeindringprüfung.

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wurden zum Schutz vor abrasivem Verschleiß mit einer beständigen Wolframcarbid-Beschichtung versehen. Die von Geppert nach höchsten Qualitätskriterien gefertigten Bauteile wurden von dem auf Werkstoffprüfungen spezialisierten Unternehmen Temat mittels verschiedener zerstörungsfreier Testverfahren eingehend überprüft, erst danach erteilte die TIWAG die Freigabe zum Einbau. Dieser grundsätzliche Ablauf wurde bei allen drei Maschinen beibehalten.“ Nachdem Maschine 2 Anfang März 2018 wieder in Betrieb ging, folgte wenige Tage darauf die Demontage der baugleichen Maschine 1, bereits rund einen Monat später konnte auch diese mit komplett neuem Innenleben ausgestattete Turbine wieder in Gang gesetzt werden. Die Revision von Maschine 3 erfolgte schließlich während der vergangenen Wintersaison, im März 2019 ging die leistungsstärkste Turbine des Kraftwerks wieder in Betrieb. WIRKUNGSGRAD INFOLGE VON RETROFIT-PROGRAMM ERHÖHT Projektleiter Veiter hebt im Gespräch mit zek Hydro speziell die bei Maschine 3 erreichten Optimierungen hervor: „Maschine 3 erzeugte vor der Sanierung während des Betriebs eine Lautstärke von bis zu 100 Dezibel. Dieses Problem hatte man bei zuvor durchgeführten kleineren Revisionen nicht in den Griff bekommen. Ein vergrößerter Spalt beim Abstreifblech, ein verstärkter Deckel und das hydraulisch verbesserte Laufrad sorgen nun für deutlich geringere Schallemissionen. Darüber hinaus konnte auch die Leistung der Maschine deutlich erhöht werden“ Auf Seiten der TIWAG zeigt man sich neben den technischen Optimierungen sehr zufrieden mit der gesteigerten Leistungseffizienz der Turbinen, wie Rainer Maldet bestätigt: „Die gemeinsam mit Geppert exakt nach unseren Vorgaben erstellten hydraulischen Profile führten bei jeder Maschine zu einer Wirkungsgradsteigerung zwischen 4 und 5 Prozent gegenüber den bereits stark verschlissenen alten Laufrädern. Beim Design der Laufräder flossen im Hinblick auf die erhöhte Verschleißresistenz Erkenntnisse aus unseren früheren Belastungstests mittels Sedimentabfuhr ein. Der Schlüssel zum Gelingen der anspruchsvollen Instandsetzung war die gute Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Firma Geppert. Das Ergebnis unserer Bemühungen ist der um erfreuliche 2 Prozent gesteigerte Gesamtwirkungsgrad des Kraftwerks“. Obwohl alle rundum überholten Turbinen mit verbesserter Leistung seit dem heurigen Frühjahr wieder ihren Regelbetrieb aufgenommen haben, ist der Revitalisierungseinsatz im Osttiroler Traditionskraftwerk noch nicht komplett abgeschlossen. Aufgrund von bei der Sanierung festgestellten Beschädigungen der Turbinenwelle bei Maschine 3 geht die TIWAG kein Risiko ein, und hat für den kommenden Winter den Ersatz des Bauteils als finalen mechanischen Sanierungsschritt beim Kalserbachkraftwerk in Auftrag geben.

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Projekte

Hydropower Energy

The new Art of Engineering. Made in Austria

Seit 1896 wird Geppert von führenden Ingenieuren geprägt, die es sich zum Ziel gemacht haben, mehr Energie aus Wasserkraft für eine saubere und nachhaltige Energiezukunft zu generieren. Heute baut Geppert innovative und individuelle elektromechanische Ausrüstung mit allen Turbinentypen. Mit dem visionären Power-Cube wurde die Angebotspalette um mobile Kraftwerkslösungen erweitert. Eine wirtschaftliche, zukunftsorientierte Lösung für die Energieversorgung aller Gebiete unserer Welt.

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Technik

GEDREHTE DICHTUNGEN FÜR SPEZIELLE ANFORDERUNGEN Seal Maker ist ein weltweit agierender Hersteller von qualitativ hochwertigen Kunststoff- und Elastomerhalbzeugen, CNC-Drehmaschinen und Dichtungen, die in sämtlichen Industriebereichen Anwendung finden. Das Seal Maker Lieferprogramm im Bereich Dichtungen umfasst mehr als 220 Standard- und Sonderprofile, für die mehr als 30 Standardwerkstoffe zur Verfügung stehen. Dank speziellem Herstellungssystem können Dichtungen rasch und effizient als Einzelstück wie auch in Serie produziert werden.

Für den Bereich „Hydropower“ liefert der Dichtungsspezialist eine Vielfalt von Standardprofilen aber auch maßgeschneiderte Sonderlösungen.

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Foto: Verbund

m den Anforderungen spezieller Industrien gerecht zu werden stellt Seal Maker unter dem Titel „Special Industry Solutions“ gezielte Lösungen für Anwendungen vor, welche aufgrund der erforderlichen Ausfallsicherheit, notwendiger Performance sowie aus Kostengründen als „kritisch“ betrachtet werden müssen. Standardmäßig setzt Seal Maker in diesen Bereichen vorrangig Polyurethan Werkstoffe ein, die die Eigenschaften der traditionell eingesetzten Elastomere um ein Vielfaches übertreffen. Der Effekt ist eine wesentliche Verbesserung der gesamten Anlage.

CEMENT SOLUTIONS FÜR MÜHLEN Horizontalmühlen sind harten Bedingungen und Umwelteinflüssen ausgesetzt, da in ihrem Inneren starke Schwingungen, Stoßbelastungen und eine hohe Feinstaubbelastung auftritt. Herausforderungen, denen eine Dichtung standhalten muss. Seal Maker „Special Industry Solutions“ Lösungen wirken diesen Kräften bei Pendelrollenlagerung, Gleitschuhlagerung oder Antrieb optimal entgegen. Ebenso bietet Seal Maker Dichtungen für Vertikalmühlen und Brecher mit hoher Zuverlässigkeit bei geringem Materialverschleiß und einer optimalen Anpassung an individuelle Kundenanforderungen. Dank Inhouse-Experten und spezieller Schweißtechnologie werden Dichtungen auch in großen Dimensionen hergestellt und von den Spezialisten von Seal Maker auch flexibel vor Ort montiert.

Mittels Schweißtechnologie können Dichtungen in großen Dimensionen gefertigt werden.

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Für den Bergbau bietet Seal Maker unter anderem ein Design aus verschleißfestem Polyuretan.

Foto: Seal Maker

HERAUSFORDERUNGEN BERGBAU Maschinell durchgeführte Tunnelbohrungen bieten zahlreiche Vorteile, gehen aber ebenso mit hohen Anforderungen an die eingesetzten Maschinen einher. Insbesondere für den Schutz des Lagers werden Dichtungen mit hoher Zuverlässigkeit benötigt. Dafür bietet Seal Maker ein Design aus verschleißfestem Polyurethan, als ideale Dichtungslösungen für Tunnelbohrmaschinen an. Bei Maschinen für die Rohstoffgewinnung liegt der Schwerpunkt auf Dichtungen für Schaufelradbagger, die - mit moderater Geschwindigkeit betrieben – einer hohen Verschmutzung ausgesetzt sind. Dichtungslösungen aus dem Hause Seal Maker bieten daher für diesen Bereich eine zuverlässige Schmutzabweisung und halten Öl- wie Schmiermittel im System.

Foto: Herrenknecht Enghauser

Hoher Druck von bis zu 1.000 bar kennzeichnet die Bedingungen im Stollenausbau. Für die hier eingesetzten Anwendungen spielt die Verlässlichkeit des Dichtsystems eine essentielle Rolle. Seal Maker Dichtungen erfüllen nicht nur die zuverlässige Dichtheit, sondern zeichnen sich auch durch eine optimierte Dichtungsgeometrie aus. Der für die Dichtung eingesetzte Werkstoff Polyurethan stellt zudem die überdurchschnittliche Abriebfestigkeit sicher.

Foto: Seal Maker

SONDERLÖSUNGEN „HYDRO POWER“ Für den optimalen Betrieb von Leitschaufeln – wie sie in Kaplan- oder Francis-Turbinen zum Einsatz kommen – als auch für den reibungslosen und effizienten Einsatz von Laufschaufeln in Kaplan-Turbinen bietet Seal Maker spezielle Standardprofile. Auf Basis der individuellen Anforderungen des Auftraggebers werden diese in unterschiedlichen Dimensionen – Standard- wie auch Sondergrößen – gefertigt. Dichtungen für Kugel- oder Klappventile im Bereich „Hydropower“ zeichnen sich durch kompaktes Design, hohe Formstabilität unter Druck sowie keine Verdrehung aus. Auch hier finden Kunden bei Seal Maker eine Vielfalt an Standardprofilen und haben ebenso die Möglichkeit, maßgeschneiderte Sonderlösungen fertigen zu lassen.

Bei den „Special Industries“ Dichtungslösungen von Seal Maker stehen Zuverlässigkeit bei geringem Materialverschleiß und die individuellen Kundenanforderungen im Mittelpunkt.

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Fotos: Bastian Morell

Projekte

Anfang März starteten die Arbeiten zur Errichtung des Kraftwerks Illerursprung in der Gemeinde Oberstdorf. Die über 2,3 km lange Druckrohrleitung DN1800 wird zur Gänze mit GKF-Rohren des Herstellers Amiblu ausgeführt.

KRAFTWERK ILLERURSPRUNG WILL MIT VIERFACHER LEISTUNG NOCH HEUER ANS NETZ Seit Anfang März wird in der Oberallgäuer Gemeinde Oberstdorf mit Hochdruck am Ersatzneubau des an vielen Stellen sanierungsbedürftigen Kraftwerks Trettach II gearbeitet. Das als Ersatz konzipierte Kraftwerk Illerursprung wird dank erhöhter Ausbauwassermenge und Fallhöhe jährlich rund viermal mehr Strom erzeugen als das alte Kraftwerk. Im Zuge des Umbaus wird auch die bestehende Wehranlage grundlegend modernisiert, womit die geforderten Standards zur Hochwassersicherheit zukünftig gewährleistet sind. Anstelle der vormals offenen Ausleitung wird die neue 2,35 km lange Triebwasserstrecke zum nun weiter flussabwärts angelegten Krafthaus zur Gänze unterirdisch mit GFK-Rohren DN1800 des Herstelles Amiblu ausgeführt. Nach Baubeginn vor drei Monaten sind die Arbeiten an der Rohrtrasse, Wasserfassung und Zentrale Anfang Juni bereits weit fortgeschritten, noch vor dem Jahreswechsel soll im Dezember die erste Turbine in Betrieb genommen werden. Mit dem Bau des neuen Kraftwerks nimmt die Gemeinde Oberstdorf einen weiteren Schritt Richtung Energieunabhängigkeit.

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n der vor allem für ihre touristischen und wintersportlichen Angebote bekannten Gemeinde Oberstdorf im Oberallgäu steht die Stromgewinnung aus lokalen Ressourcen hoch im Kurs. Die Energieversorgung Oberstdorf GmbH (EVO), Teil des regionalen Verbundnetzwerks „AllgäuStrom“, betreibt zwei eigene Wasserkraftwerke und ist mit dem Kraftwerk Faltenbach bei einer weiteren Anlage beteiligt. Darüber hinaus speisen sieben private Kleinwasserkraftbetreiber ihre Produktion ins örtliche Netz ein. Nachdem die EVO 2016 an ihrem Pumpspeicherkraftwerk Warmatsgund ein umfangreiches elektro- und leittechnisches Upgrade durchgeführt hatte, stand im heurigen Jahr die Umsetzung eines noch viel aufwändigeren Projekts bevor. Das 1929 in Betrieb genommene Kraftwerk Trettach II werde durch den Bau der

neuen Anlage Illerursprung nun komplett ersetzt, erklärt EVO-Geschäftsführer Hans-Peter Hagenauer: „Der Bau des Ersatzkraftwerks hat sich aus mehreren Gründen als optimale Variante ergeben. Neben

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Mit dem Abbruch der alten Wehranlage ging das Projekt im März in die Bauphase über.

der deutlich gesteigerten Effizienz und betrieblichen Verbesserungen sollte der nicht mehr sichere Trettachkanal rückgebaut und durch eine komplett unterirdische Druckrohrleitung ersetzt werden. Darüber hinaus konnte mit dem Neubau des Kraftwerks auch der anstehende Umbau der Wehranlage, welche die geforderten Ansprüche zur Hochwasserabfuhr nicht mehr erfüllte, mit umgesetzt werden.“ Das Krafthaus sollte an neuer Stelle rund 400 m unterhalb der Vereinigung von Trettach, Breitach und Stiller zur Iller gebaut werden, durch die verlängerte Ausleitungsstrecke wurde ein Fallhöhengewinn von 10 auf 38 m erreicht. RESTWASSERSTRECKE AUFGEWERTET Im Anschluss an die 2018 erteilte Baugenehmigung konnte das Projekt Illerursprung schließlich im heurigen Frühjahr von der Planungs- in die Umsetzungsphase übergehen. Für den rechtlichen Rahmen wurde die Kraft-

Projekte

Die bis zu 12 m langen Rohre DN1800 werden nach einem wohlüberlegten Logistikkonzept ins Oberallgäu geliefert.

werk Illerursprung GmbH & Co. KG gegründet, an der die Gesellschafter EVO mit 45 Prozent und die Kraftwerke Oberstdorf GmbH & Co. KG (KWO) mit 55 Prozent beteiligt sind. Die Umsetzung aller Hoch- und Tiefbauarbeiten inklusive Rohrverlegung erfolgt durch die in Oberstdorf ansässige Unternehmensgruppe Geiger. Mit dem Abstellen der Turbine und dem Ausfischen des Ausleitungskanals startete das Projekt Illerursprung Anfang März bei winterlichen Bedingungen in die Bauphase. Zu Beginn der Arbeiten konzentrierte man sich auf den mit schwerem Gerät durchgeführten Abriss der alten Wehranlage. Die neue Wasserfassung wird mit einem luftgefüllten Schlauchwehr ausgestattet, das bei Hochwasser oder zum Spülen von Anlandungen abgelegt werden kann, und somit eine optimale Wasserabfuhr ermöglicht. Für die aufwärts wandernden Gewässerlebewesen wird neben dem Fassungsbauwerk ein technischer Raugerinne-Beckenpass errichtet. Darü-

Dank der Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen können weitläufige Richtungsänderungen der Trassenführung ohne den Einbau von Rohrkrümmern erstellt werden.

ber hinaus wird die Wehranlage mit einer Wasserkraftschnecke ausgerüstet, die die Restwasserabfuhr zur Stromproduktion nutzt, und den Fischen gleichzeitig eine sichere Abstiegsmöglichkeit ins Unterwasser bietet. EVO-Projektleiter Bastian Morell ergänzt, dass im Zuge des Neubaus trotz der erhöhten Ausbauwassermenge deutlich mehr Wasser in der alten Ausleitungsstrecke der Trettach verbleibe: „Die Restwasserdotation der Ausleitungsstrecke erfolgt permanent mit 240 l/s über die Fischaufstiegsanlage und zusätzlich jahreszeitlich bedingt mit jeweils 600, 1.060 oder 1.560 l/s über die als Dotationsturbine genutzte Wasserkraftschnecke. Für die Fische bleibt am Mündungsbereich des alten Trettachkanals außerdem ein rund 50 m langer Abschnitt als natürlicher Rückzugsort erhalten.“ WIRTSCHAFTLICHKEIT IM FOKUS Ende März wurden mit dem Beginn der Rohrverlegung und der Erschließung der

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 5,8 m3/s • Bruttofallhöhe: ca. 38 m • Druckleitung GFK: DN1800, ca. 2,35 km • Hersteller: Amiblu • Wasserfassung: Schlauchwehr • Wasserkraftschnecke: Rehart/Strasser • Engpassleistung: 64 kW • Fischaufstieg: techn. Beckenpass • Turbinen: 2 x Francis • Engpassleistung ges.: 1.854 kW • Hersteller: Troyer AG • Generatoren: 2 x Synchron • durchschn. Jahresarbeit: ca. 6,3 GWh

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Umleitung der Trettach für den Bau des Dükers.

Baustelle am Krafthaus zwei weitere Baubereiche eröffnet. Michael Schuchert, Geschäftsführer des für die Generalplanung zuständigen Ingenieurbüro Dr.-Ing. Koch aus Kempten weist darauf hin, dass sich die größtmögliche Wirtschaftlichkeit der Anlage wie ein roter ­Faden durch das Projekt ziehe. Im Hinblick auf die Ausführung der Druckrohrleitung DN1800 wurde die Tiefenlage der Leitung unter Berücksichtigung der vielen Spartenkreuzungen im Innerortsbereich optimiert. Außerhalb des Ortskerns und bei der Unterquerung der Trettach mittels Betondüker wurden die möglichen Grundwasserstände berücksichtigt, um auf Auftriebssicherungen verzichten zu können. Schuchert führt weiter aus: „Wir verzichteten auf kostenintensive Krümmer, wo es vertretbar war, indem wir die zulässigen Abwinkelungen in den Rohrmuffen bereits in der Planung berücksichtigten. Zudem wählte der Generalunternehmer für die Rohrleitung ein besonders schlagbeständiges GFK-Druckrohr mit Hauptverstärkung in Umfangsrichtung. Damit kann das anstehende Material als Bettungs- und Verfüllmaterial mit Korngrößen bis zu 64 mm durch Siebung direkt vor Ort gewonnen werden. Der straffe, vorgegebene Zeitplan erforderte einen abgestimmten Bauablauf mit mehreren Kolonnen, die an unterschiedlichen Abschnitten die Arbeit aufgenommen haben. Die Druckrohrleitung soll komplett begehbar ausgeführt werden, weswegen diese mit Revisionsschächten und geringem Gefälle im Uferbereich des Dükers geplant wurde.“

Rohrtrasse im freien Gelände.

sprung wird mit dem System Flowtite Grey ausgeführt, das neben seiner verstärkten Ausführung noch eine ganze Reihe von weiteren Vorteilen mit sich bringt. Das anwenderfreundliche Muffensystem erlaubt eine hohe Flexibilität und Verlegeleistung. Richtungsänderungen der Trassenführung können durch die Abwinkelbarkeit der Rohrstöße innerhalb der Verbindungsmuffen ohne zusätzliche Krümmer umgesetzt werden. Die hochglatte Innenfläche der Rohre minimiert Reibungsverluste und sorgt für hervorragende Fließbedingungen und geringe Reibungsverluste entlang der gesamten Ausleitungsstrecke. Die Anlieferung der jeweils 12 m langen mannshohen Rohre auf die Baustelle erfolgt nach einem vom Auftraggeber vorgegebenen Logistikkonzept. INBETRIEBNAHME FÜR DEZEMBER GEPLANT Anfang Juni sind die Arbeiten im gesamten Projektgebiet planmäßig vorangeschritten. Die Verlegung der Druckleitung hat den Ortskern

verlassen, auf der freien Fläche können die Rohre von den eingespielten Monteuren in zügigem Tempo verlegt werden. Auch für die kommenden Monate haben sich die Projektverantwortlichen viel vorgenommen. Mitte Juni soll mit dem Hochbau der Zentrale begonnen werden, bis Ende August sollen die letzten Meter der Druckrohrleitung fertig verlegt sein. Die Montage der maschinellen Ausrüstung im Krafthaus ist für den Herbst geplant, noch im Dezember soll die größere der beiden Francis-Turbinen in Betrieb genommen werden, die endgültige Fertigstellung ist für das Frühjahr 2019 geplant. In maschineller Hinsicht setzen die Betreiber auf die bewährte 1/3 – 2/3-Variante, womit das jahreszeitlich bedingt schwankende Wasserdargebot möglichst effektiv verwertet werden kann. Die vom Südtiroler Spezialiste n Troyer AG gefertigten Turbinen schaffen künftig eine gemeinsame Engpassleistung von über 1,8 MW, womit im Regeljahr rund 6,3 GWh Ökostrom erzeugt werden können.

AMIBLU LIEFERT KOMPLETTES ROHRMATERIAL Auf einer Länge von ca. 2,35 km überwindet die Druckrohrleitung ein Bruttogefälle von rund 38 m, bei vollem Wasserdargebot strömen bis zu 5,8 m³/s von der Wasserfassung zur Zentrale. Bei der Wahl der Rohrleitung setzen die Betreiber auf das hochwertige GFK-Material des international aktiven Herstellers Ambilu. Die Rohrleitung des Kraftwerks Illerur-

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Der selb


ne im .

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Foto: Rittmeyer

Das über 100-jährige Alpiq Kraftwerk Gösgen, das um die Jahrtausendwende rundumerneuert wurde, geht nun mit moderner Leittechnik in eine neue Ära.

WKW GÖSGEN GEHT MIT MODERNSTER LEITTECHNIK IN EINE NEUE ÄRA Sauberen Strom für rund 70.000 Haushalte produziert das Schweizer Traditionskraftwerk Gösgen, das zwischen 1997 und 2000 vollständig erneuert wurde. In den vergangenen vier Jahren erfolgte nun ein weiterer Modernisierungsschritt: Die gesamte Leittechnik des leistungsstarken Aare-Kraftwerks wurde durch den E-Technik-Spezialisten Rittmeyer ausgetauscht und damit auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Das bedeutet einerseits eine Vereinfachung der Prozessbedienung und anderseits auch eine Verbesserung bei der Störungsdiagnose. Gerade im Hinblick auf die künftigen komplexen Herausforderungen für die Wasserkraft ein unabdingbarer Schritt für das Laufwasserkraftwerk der Alpiq.

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men in Summe auf eine Engpassleistung von 48,5 MW. Das der Aare entnommene Triebwasser fließt dem Maschinenhaus über einen 4,8 km langen Oberwasserkanal zu, die Restwasserstrecke ist circa 8,4 km lang.

ALTE LEITTECHNIK NICHT MEHR ZEITGEMÄSS Erst kürzlich hatte Alpiq bereits um eine vorzeitige Erneuerung der Konzession des Kraftwerks für die nächsten 70 Jahre angesucht. Die Vorzeichen dafür stehen gut, allerdings

Im Zuge anstehender Adaptierungen zugunsten von Hochwasser- und Erdbebenschutz wird der Oberbau des Wehrs Winznau ersatzlos abgebrochen.

Foto: Rittmeyer

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er Bezirk Gösgen im Kanton Solothurn steht im Ruf, ein echter Energie-Knotenpunkt zu sein. Das liegt nicht nur am bekannten Kernkraftwerk, sondern auch am traditionsreichen Wasserkraftwerk Gösgen. Das Kraftwerk liefert im Regeljahr rund 300 GWh, genug um 70.000 Schweizer Haushalte zu versorgen. Es gilt nicht nur als eine der leistungsstärksten Anlagen an der Aare, sondern war darüber hinaus – als es 1917 in Betrieb genommen wurde – das größte Kraftwerk der Schweiz. Zwischen 1997 und 2000 erneuerte Alpiq das Kraftwerk umfassend, so dass die fünf Maschinengruppen im Zentralengebäude bei annähernd gleicher Wassermenge und gleichem Gefälle um rund 12 Prozent mehr Strom erzeugen als zuvor. Das Kraftwerk, das sich im Grenzbereich der beiden Kantone Aargau und Solothurn befindet, ist auf eine Ausbauwassermenge von 380 m3/s ausgelegt, bei einer nutzbaren Fallhöhe zwischen 13,1 und 17,4 m. Die fünf installierten Kaplanturbinen komJuni 2019

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Grafiken: Rittmeyer

Prof. Dr. is the ho of Vienn

2 REDUNDANTE SERVER MIT 5 CLIENTS INSTALLIERT 2014 begann das Team der Fa. Rittmeyer mit der leittechnischen Erneuerung diverser Anlagenteile: So wurden etwa die redundante Wasserhaushaltsautomatik, bestehend aus Pegelregelung mit Störgrößenaufschaltung, die Abflussverteilung von Kraftwerk und Wehr, sowie die Ansteuerung der Wehrfeldregulierung erneuert. Außerdem realisierte man eine Modernisierung an den Nebenanlagen, indem die Steuerung des Kühlwassers und jene der Rechenreinigung ersetzt wurden. Darüber hinaus wurde die Schaltanlagensteuerung, konkret die Eigenbedarfsverteilung sowie die Ansteuerung des Notstromdieselaggregats, getauscht und die Maschinensteuerung, inklusive Turbinenregler und mechanisch-thermischem Schutz für die fünf installierten Maschinengruppen – allesamt doppelt-regulierte Kaplanturbinen – erneuert. Auf der Ebene des Wartenleitsystems wurden redundante Server mit insgesamt fünf Clients installiert. Der Ersatz der übergeordneten Leittechnik in der Leitwarte erfolgte als erster Arbeitsschritt des gesamten Modernisierungsprozesses. Gemäß den Vorgaben eines sehr genau mit dem Kunden erarbeiteten Ausführungspflichtenheftes begann man mit dem Einsetzen der Rittmeyer-­ Server und -Clients und dem Einbinden sämtlicher SAT-Systeme über einen redundanten Protokollkonverter, schließlich verwenden SAT-Systeme nicht das gleiche Kommunikationsprotokoll wie Rittmeyer Leittechnik. „Diese Maßnahme brachte den Vori

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teil mit sich, dass sich das Betriebspersonal schon einmal an das neue Wartenleitsystem gewöhnen konnte, ohne dass bereits funktionelle Anpassungen in der Automatisierungs­ ebenen passiert waren“, so Reto Hasler. PRODUKTIONSVERLUSTE MINIMIERT Danach folgte in regelmäßigen Abständen der Umbauphasen der Ersatz der Leittechniken an den einzelnen Maschinengruppen, sowie der Tausch der Leittechnik von Nebenanlagen, Schaltanlagen und des Wasserhaushaltsreglers. Taktgeber für die zeitliche Abfolge war dabei in erster Linie der Wasserstand: Jene Zeitfenster, in denen die Aare sehr wenig Wasser führte, wurden zwischen 2014 und 2018 konsequent für den Umbau der Maschinengruppen genutzt. Dies stellte durchaus eine Herausforderung für die erfahrenen Techniker von Rittmeyer dar. „Die Herausforderung lag darin, den Umbau mit möglichst geringem Produktionsverlust für den Betreiber umzusetzen. Die Adaptierung von Anlagenteilen, wie dem redundanten Wasserhaushaltsregler, der Kühlwassersteuerung oder der Schaltanlagensteuerung mussten im laufenden Betrieb erfolgen. Der Umstieg vom alten zum neuen System musste ohne Unterbruch erfolgen. Das alte und das neue System wurden dabei über einen Protokollkonverter miteinander verbunden. Dies ermöglichte einen Datenaustausch und einen Parallelbetrieb der Systeme bis zur kompletten Ablösung durch Rittmeyer- Technik“, so der Projektleiter. Garanten für den Projekterfolg waren

Grafiken: Rittmeyer

sind mit der Neukonzessionierung auch Anpassungen hinsichtlich Ökologie, Hochwasser- und Erdbebensicherheit verknüpft. So soll etwa am markanten Wehr Winznau der Wehroberbau ersatzlos abgebrochen und die Pfeiler verstärkt werden. Zudem werden die Restwassermengen deutlich angehoben und andere ökologische Ausgleichsmaßnahmen an der Aare realisiert. Um das Kraftwerk zukunftsfit für die zunehmend komplexer werdenden Anforderungen in der Wasserkraft zu machen, wurde bereits vor einigen Jahren ein wichtiger Schritt gesetzt: Alpiq beschloss, die komplette Leittechnik des Kraftwerks auszutauschen – und zwar sukzessive. Über die Dauer von vier Jahren sollte das beauftragte Unternehmen, die Rittmeyer AG aus Baar, eine umfassende Modernisierung in die Wege leiten. Die alten Anlagenkomponenten, noch auf SAT-Basis ausgeführt, waren unverkennbar in die Jahre gekommen. „Die leittechnischen Anlagen hatten ein Alter erreicht, das in den kommenden Jahren einerseits eine deutliche Abnahme der Zuverlässigkeit erwarten ließ und andererseits die Instandhaltung der Anlagen durch zunehmende Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung erheblich beeinträchtigen würde“, erklärt dazu der Projektleiter von Alpiq Hydro Aare, André Hodel. „Die alten Systemkomponenten der prozessnahen Leittechnik und des Wartenleitsystems sowie die Netzwerkkomponenten sind vom Lieferanten abgekündigt und nur noch eingeschränkt verfügbar.“ Es war naheliegend, das ganze System auf neue Beine zu stellen.

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ÜBERZEUGENDES UMBAUKONZEPT Rittmeyer hat mit den neuen Lösungen ein Gesamtsystem inklusive dem elektrischen Turbinenregler aus einer Hand geliefert und konnte mit seinem Umbaukonzept den Betreiber des Kraftwerks von Beginn an überzeugen. „Wir schlugen vor, die Schaltschränke mit externer Verkabelung zu übernehmen. Dadurch konnten sämtliche Kabelverbindungen mit allen Anschlüssen an den Klemmen belassen werden. Große Zeitaufwände für die Entfernung und den Wiederanschluss der Kabel entfielen, zudem wurde eine erhebliche Fehlerquelle für Falschanschlüsse eliminiert. Damit war eine schnelle Wiederinbetriebnahme der Maschinengruppen möglich, und die Stillstandszeiten und somit auch der Produktionsausfall konnten auf ein absolutes Minimum begrenzt werden“, so Reto Hasler.

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Besonders großes Augenmerk wurde auf den Austausch der Wasserhaushaltsregulierung gelegt. Bereits in der Planungsphase wurde die Zug-um-Zug-Ablösung intensiv mit dem Betreiber diskutiert. Dadurch gelang ein reibungsloser Übergang von der alten zur neuen Wasserhaushaltsregulierung. Ein unbemannter Nachtbetrieb konnte während der gesamten Projektphase eingehalten werden. TRAINING AM „DIGITALEN ZWILLING“ Bedingt durch den hohen Automatisierungsgrad der Wasserhaushaltsregulierung und der Maschinensteuerung sind Eingriffe von Hand durch das Betriebspersonal immer weniger vonnöten. Damit das Personal aber dennoch auf einem hohen Kenntnisstand für die Bedienungs- und Prozessabläufe der Kraftwerksanlagen gehalten werden kann, hat sich Alpiq entschieden, einen Trainingssimulator durch Rittmeyer liefern zu lassen. Die Trainingsumgebung weist dieselbe Bedienoberfläche wie das reelle System (RITOP) auf. Im Hintergrund werden die Maschinengruppen, Wehr-

felder und auch der gesamte Stauraum in Echtzeit simuliert. Im „Trockentraining“ können unterschiedliche Szenarien, wie etwa Maschinenstörungen, Hochwasser oder starke Zuflussschwankungen, simuliert und vom zu schulenden Betriebspersonal bewältigt werden. Hasler: „Dabei lässt sich sehr effizient testen, wie und ob ein Schüler die gestellte Aufgabe zu lösen imstande ist. Ob er beispielsweise genügend Geduld hat, um die langsamen Wellenbewegungen im Oberwasser richtig einzuschätzen? Das Trainieren derartiger Aufgaben hilft letztlich dem Betriebspersonal, in einem echten Störungsfall richtig zu reagieren.“ Mitte 2018 wurde als letzter Anlagenteil die Maschinengruppe 5 in Betrieb genommen. Derzeit sind noch kleinere Anpassungen, Rest- und Zusatzarbeiten im Gange, die bis Ende 2019 abgeschlossen werden. „Damit arbeitet das Traditionskraftwerk Gösgen heute auf dem modernsten Stand der Technik und ist absolut zukunftsfit für die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte“, resümiert André Hodel.

Die fünf installierten Maschinensätze sind auf eine Engpassleistung von 48,5 MW ausgelegt.

Foto: Rittmeyer

AUSGELEGT FÜR ALLFÄLLIGE ERWEITERUNGEN Die neue moderne Leittechnik stellt nicht nur im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Anlage eine Optimierung dar, sie bringt darüber hinaus auch effektive Vorteile in der Prozessbedienung. Dank einer übersichtlichen ­Visualisierung und einer durchdachten Programmarchitektur wird dem Betriebspersonal die Bedienung vereinfacht. Störungssuche und Diagnosemöglichkeiten sind deutlich verbessert. Reto Hasler: „Die schon mehrfach erfolgreich eingesetzten Module für die Wasserhaushaltsregulierung, Maschinensteuerung und Turbinenregler erlauben dem Kunden eine noch bessere Parametriermöglichkeit, um das Kraftwerk bei jeder Wasserführung optimal und nach seinen Bedürfnissen zu betreiben. Die Lösungen sind so aufgebaut, dass sie jederzeit erweitert werden können, um zukünftige Herausforderungen in der Wasserkraft zu lösen.“ Ein Beispiel dafür ist die im Jahr 2018 am Kraftwerksstandort Gösgen installierte Power-to-Heat-Anlage (P2H), die ebenfalls in das Kraftwerksleitsystem eingebunden wurde. Mit der Anlage, die unter anderem auch Prozessdampf erzeugt, kann ­ Alpiq auf dem Strom-Systemdienstleistungsmarkt negative Regelleistung anbieten. Und dies, ohne die Pegelgrenzwerte im Oberwasserkanal zu gefährden.

Grafik: Rittmeyer

zum einen das große Know-how der Techniker und Programmierer in den Reihen der Firma Rittmeyer, zum anderen aber auch die bewährten Systemkomponenten des Schweizer Branchenspezialisten. So kamen das RITOP Prozessleitsystem mit der RIFLEX M1 Automatisierungseinheit auf Prozessebene zum Einsatz – Systeme, die grundsätzlich viel Spielraum für zukünftige Anpassungen und Erweiterungen lassen.

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Foto: MUHR

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Dank seinem kompakten Aufbau ist die brandneue, voll verfahrbare Rechenreinigungsmaschine HYDRONIC M-2000e prädestiniert für Standorte mit beengten Platzverhältnissen, wie am Einlaufbauwerk des KW Schütt.

MIT INNOVATIVER RECHENREINIGUNGSTECHNIK SCHLÄGT KRAFTWERK SCHÜTT EIN NEUES KAPITEL AUF Bis zum Sommer dieses Jahres laufen noch die Restarbeiten für die Sanierung des Kraftwerks Schütt, eines der größten Laufkraftwerke des Kärntner Energieversorgers Kelag. Einen zentralen Aspekt der Sanierungs- und Umbauarbeiten stellt der Stahlwasserbau dar, für den die Bilfinger VAM Anlagentechnik GmbH den Zuschlag bekommen hat. In deren Auftrag übernahm der renommierte bayerische Branchenspezialist MUHR die Erneuerung der Rechensysteme sowie der Rechenreinigungsmaschinen. Dabei konnte der Maschinenbauer aus Brannenburg erstmalig in Europa ein Exemplar aus seiner brandneuen Baureihe HYDRONIC M-2000e zum Einsatz bringen.

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werk mit einer circa 100-jährigen Geschichte wurde in den letzten Monaten sukzessive saniert, umgebaut, modernisiert und erneuert. Integraler Bestandteil dieser Arbeiten war natürlich auch der Tausch der Rechensysteme und Rechenreinigungsmaschinen, den die Firma MUHR als Unterlieferant der Firma

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ach Abschluss sämtlicher Arbeiten wird das rundumsanierte Kraftwerk Schütt II bis zum Sommer dieses Jahres wieder ans Netz gehen und im Regeljahr rund 62 GWh Strom liefern. Das reicht aus, um immerhin 17.000 Kärntner Haushalte mit grünem Strom zu versorgen. Das Traditionskraft-

INNOVATION AM GROBRECHEN Grundsätzlich dient der installierte Grobrechen der Rückhaltung groben Schwemmguts, wie etwa Bäumen o.ä., am Einlauf des Oberwasserkanals. Bisher verfügte der Einlauf über keine festinstallierte Rechenreinigung. Angeschwemmtes Material wurde manuell oder auch mit Baggern beseitigt. Dies wurde nun angepasst. Zu diesem Zweck lieferte MUHR einen neuen Rechen mit integrierter Kopfschiene. Dieser wurde zusammen mit der ebenfalls neu gelieferten Sohlschiene exakt in die vorhandene Bauwerksstruktur eingepasst. Für die geplante verfahrbare Rechenreini-

Die M-2000e aus dem Hause MUHR bietet effiziente, vollautomatische Multifunktionsrechenreiniger-Technologie.

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Bilfinger VAM Anlagentechnik realisierte. Konkret lieferte MUHR den Grobrechen mit dem Rechenreinigungssystem HYDRONIC M-2000e für das Einlaufbauwerk sowie den Feinrechen im Wasserschloss vor dem Kraftwerk Schütt II mit dem Rechenreinigungssystem HYDRONIC T2-400 inklusive dem dazugehörigen Kettenförderer. Beide Maschinen konnten in den ersten Tests bereits überzeugen.

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Im Wasserschloss vor dem Kraftwerk Schütt II wurde ein Feinrechen mit strömungsoptimiertem Stabprofil sowie ein stationäres Teleskop-Rechenreinigungssystem installiert.

gungsmaschine (kurz: RRM) verlegte Muhr zunächst die Schienenanlage auf dem vorhandenen Rechenpodium. Darauf setzten die Brannenburger ein Exemplar aus der brandneuen, ultrakompakten HYDRONIC M-2000e Serie. Dieser neue Maschinentyp bildet bei Muhr künftig den Einstieg in die Klasse der multifunktionalen Rechenreiniger und eignet sich ideal für geringe Reinigungstiefen bis 7,5 m. Zwei Hauptmerkmale zeichnen diese neue Variante besonders aus – das ultrakompakte Design und der äußerst hochwertige mechanische Aufbau: Abgeleitet von der jüngst überarbeiteten M-3000 Reihe übernimmt die M-2000e viele der dort umgesetzten Detaillösungen und somit auch den vollmodularen Aufbau. Davon profitiert zunächst die Lebensdauer, denn die mechanischen Grenzen dieser Maschinen liegen weit jenseits der in der Praxis auftretenden Belastungen. Zugleich ist dieses Konzept auch die Basis für die hohe Flexibilität bei der Auslegung der RRM an die individuellen Bedürfnisse der Kunden, ohne dafür Änderungen an der bewährten Grundkonstruktion und/oder den Komponenten vornehmen zu müssen. INDIVIDUELLE LÖSUNG IN DER DNA Das Standardprogramm umfasst ein Fahrwerk mit frei konfigurierbarer Spurweite, zwei Hydraulikleistungsklassen sowie variable Gewichtsklassen, je nach benötigter Ausladung und Hubkraft. Dazu verschiedenste Harkenvarianten, Steuerungsoptionen und Sonderausstattungen zur individuellen Konfiguration des optimalen Rechenreinigers. Ab-

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seits der fertig verfügbaren Module ermöglichen standardisierte Schnittstellen zudem die Einbindung individueller Lösungen – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, gerade auch im Hinblick auf Zukunftssicherheit – Stichwort: spätere Nach- oder Umrüstungsbedürfnisse. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch die entsprechende Gestaltung der mitgelieferten Dokumentation, an die mit der Einführung neuer nationaler und internationaler Bestimmungen und Gesetze immer höhere Anforderungen gestellt werden und ohne die eine rechtssichere Inbetriebnahme neuer Anlagen nicht mehr möglich ist. Die Ähnlichkeiten in Konstruktion und Komponentenauswahl bedeuten jedoch mitnichten, dass es sich bei der M-2000e „nur“ um eine kleinskalierte M-3000 handelt – was im Übrigen schwerlich möglich wäre, denn auch bei der M-3000 standen bereits kleinstmögliche Ausmaße im Lastenheft. Nun ist es aber so, dass gerade viele Bestandsbauwerke äußerst beengte Platzverhältnisse aufweisen und deren Betreiber trotzdem nicht auf effiziente, vollautomatische Multifunktionsrechenreiniger-Technologie verzichten können oder wollen. Für all diejenigen stellt die neue M-2000e eine interessante Option dar. Hauptunterschied zur M-3000 ist der Verzicht auf ein begehbares Podium und damit auch auf die Fahrerkabine. Zudem setzt die kompaktere Geometrie engere Grenzen hinsichtlich Reinigungstiefe und maximaler Hubkapazität – obwohl beides für eine Anlage dieser Größe immer noch beachtlich ist. Im Gegenzug erhält der Kunde eine Anlage mit einem Schwenkradius unter 1.400 mm über den gesamten Sockel und allen funktionellen Vorzügen einer M-Anlage. M-2000E MIT EINEM PLUS AN POWER Für das KW Schütt wählte man eine Spurweite mit 2.000 mm. Die statische Auslegung erfolgte in Abstimmung mit der Kelag auf 800 kg Hubkapazität bei 7 m Ausladung. Bei der Harke entschied sich der Kunde für die leichte 2-teilige Muhr Greiferharke in der 2.500 mm Version (die Standardharke der M-2000e hat eine Breite von 2.000 mm). Beim Fahrwerk fiel die Wahl auf einen 2-Rad Antrieb über elektrische Fahrmotoren am oberwasserseitigen Fahrwerksträger. Der Dreh­ antrieb erfolgt wie bei allen HYDRONIC M Anlagen über einen Hydraulikmotor mit Planetengetriebe. Beim Hydraulikaggregat mit Edelstahleinhausung kam auf Kundenwunsch eine 11 kW-Variante zum Einsatz. Diese Leistung ist für die geforderten Betriebsdaten zwar eigentlich überdimensioniert, allerdings ist die hier verbaute Pumpe weitere 9 Mal in verschiedenen Aggregaten des Kraftwerks im

Einsatz, was somit natürlich vorteilhaft für die kundenseitige Ersatzteilvorhaltung ist. Die reichlich vorhandene Leistung ist zudem der Performance zuträglich und sorgt für zügige Bewegungsabläufe. Alle weiteren Ausstattungen stammen aus dem Muhr „Standardkatalog“: Zwei Federleitungstrommeln für die Stromversorgung und die Signalübertragung zum Kraftwerk, zwei Sicherheitsschaltleisten am Fahrwerk sowie diverse Sensorik zur Überwachung sämtlicher Bewegungsabläufe und Betriebszustände. NEUER FEINRECHEN FÜR SCHÜTT II Anstelle des bislang installierten konventionellen Rechens mit fahrbarer Seilrechenreinigungsmaschine lieferte und montierte MUHR im Wasserschloss einen neuen Rechen mit strömungsoptimiertem Stabprofil inkl. der dazugehörigen Sohlschiene. Der Rechen wurde exakt an das Bauwerk angepasst, sodass die vorhandenen und vom Zustand her einwandfreien Unterstützungsträger inklusive Kopfschiene im Bauwerk verbleiben konnten Bei einer Reinigungstiefe von 8,20 m bei einer Schachtbreite von gerade einmal 2,80 m und einer Rechenneigung von knapp 70° sind an den HYDRONIC T2-400 höchste Anforderungen gestellt.

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und nach gründlicher Inspektion und Aufarbeitung weiterverwendet werden konnten. Dadurch wurden einerseits Baukosten gespart und andererseits die bauliche Substanz geschont. Die Betonfläche oberhalb des Rechens wurde ab der Podiumskante mittels einer Blechschürze verlängert, um die Harke in die notwenige Abwurfhöhe fahren zu können. Eine vom Rechen bis zur Schürze durchgehende Harkenlaufbahn sorgt für sprichwörtlich reibungsloses (bzw. -armes) Gleiten der Harke während des Reinigungsvorgangs und somit auch für erheblich reduzierten Verschleiß bei zugleich optimierter Betriebssicherheit. IDEALLÖSUNG FÜR BEENGTE VERHÄLTNISSE Aufgrund der begrenzten Zugänglichkeit des Rechens durch einen Schacht von lediglich 2.800 mm Breite – bei 8.200 mm Reinigungstiefe und 69° Rechenneigung – entschied man sich für ein stationäres, hydraulisches Teleskoprechenreinigungssystem des Typs HYDRONIC T2-400. Kombiniert wird dieses mit einem Kettenförderer des Typs KF-650, der direkt zwischen Rechenschürze und Maschinensockel angeordnet ist. Der Maschinen­ sockel wurde individuell für diese Anlage konstruiert, um einerseits die vorhandenen Platzverhältnisse bestmöglich auszunutzen

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Um den Montageort für den Feinrechen im Wasserschloss zu erreichen, musste der Zufahrtsweg verbreitert werden. Dennoch war die LKW-Anlieferung im Rückwärtsgang bei winterlichen Bedingungen eine echte Prüfung für alle Beteiligten.

und andererseits die für das Eingreifen durch die begrenzende Schachtkontur erforderliche Kinematik für den Teleskoparm umsetzen zu können. Der Teleskoparm stammt aus der bewährten zweiteiligen T2-400 Serie und ist mit einer feststehenden Harke mit 6.850mm Breite inkl. Laufrollen ausgestattet. Für optimierte Gleit- und Reinigungseigenschaften ist die Harke zudem mit einer nachstellbaren und einfach austauschbaren Kunststoffgleitleiste

ausgestattet. Die üppig dimensionierten Gleit­ platten im Inneren des Teleskops sind bequem über Wartungsdeckel zugänglich und können so mit minimalem Aufwand geprüft und ggf. getauscht werden. Auch dies übrigens eine Lösung, die von den großen Anlagen in die kleinen Serien übernommen wurde. Der Kettenförderer wurde als waagrechte Variante ausgeführt. Über eine Förderlänge von 11.600 mm entsorgt er abgefangenes Rechengut automatisch in den seitlich angeordneten Abwurfschacht. Der Hydraulikschrank aus Edelstahl und der Steuerschrank mit zusätzlicher Schutzeinhausung sind analog zur M-2000e direkt am Maschinensockel montiert. Und selbstverständlich kommt auch bei diesem Hydraulikaggregat die einheitliche 11kW Pumpe zum Einsatz. Zusätzlich finden sich hier auch umfangreiche Sensorik und Sicherheitstechnik zur Sicherstellung optimaler Bewegungsabläufe und höchster Betriebssicherheit unter allen Betriebszuständen. Beide Anlagen können sowohl manuell über Bedieneinheiten am Steuerschrank bedient werden als auch im vollautomatischen Betrieb über entsprechende Startsignale der Kraftwerkswarte laufen. Die RRM aus dem Hause MUHR gelten als Garanten für einen sicheren und störungsfreien Kraftwerksbetrieb für die kommenden Jahre und Jahrzehnte.

RECHENREINIGUNGSSYSTEME STAHLWASSERBAU KÜHL- & PROZESSWASSERAUFBEREITUNG FISCHSCHUTZ

HYDROCON Edelstahlrechen, Österreich | Foto: TIWAG

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Fotos: Roberto Fernandez

Das Kraftwerk Carmen Amalia im Departamento Quetzaltenango im Südwesten von Guatemala ging im Frühjahr 2017 erstmals ans Netz. Im Regeljahr kann die Anlage auf dem Gebiet der gleichnamigen Finca rund 2,8 GWh Strom erzeugen.

FINCA CARMEN AMALIA IN GUATEMALA PRODUZIERT KAFFEE UND ÖKOSTROM

Nach einer Bauzeit von weniger als einem Jahr ging im Frühjahr 2017 auf dem Gebiet der Finca Carmen Amalia im Südwesten von Guatemala das gleichnamige Kleinwasserkraftwerk ans Netz. Das nach dem klassischen Ausleitungsprinzip realisierte Kraftwerk steht im Besitz der Familie Fernandez, die auf der Finca seit mehreren Generationen Kaffeeanbau betreibt. Nun wird die ideale Topographie des Geländes auch zur umweltfreundlichen Stromproduktion genutzt. Die ersten Planungen zur Errichtung eines Kleinkraftwerks entstanden 2014, bereits im März 2016 konnte die Bauphase beginnen. Für die Stromgewinnung werden aus einem lokalen Gewässer maximal 1.200 l/s an Ausbauwassermenge entnommen und über eine rund 1,5 km lange unterirdische Druckleitung zu einem Wasserschloss geführt. Von dort führt eine oberirdisch verlegte Stahlleitung das Triebwasser zur Turbinierung ins Krafthaus. Die komplette elektromechanische und leittechnische Ausstattung der Zentrale lieferte der international hocherfahrene Klein­wasserkraftspezialist Ossberger aus Süddeutschland. Bei vollem Wasserdargebot erreicht die Durchström-Turbine, die ihre Qualitäten vor allem im Teillastbetrieb ausspielen kann, eine Engpassleistung von 689 kW. Der erzeugte Strom wird zur Gänze ins öffentliche Netz eingespeist, im Regeljahr kann die Anlage rund 2,8 GWh Energie produzieren.

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ie fruchtbaren Vulkanböden im Departamento Quetzaltenango im Südwesten von Guatemala begünstigen den Anbau einer ganzen Reihe von Naturprodukten wie Mais, Weizen, verschiedenen Obst- und Gemüsesorten sowie Kaffee und Zuckerrohr. Auf dem weitläufigen Gebiet der Finca Carmen Amalia, rund 50 km südlich von der Hauptstadt Quetzaltenango entfernt, wird schon seit mehreren Generationen Kaffee gepflanzt. „Um die idealen topo­ graphischen und hydrologischen Bedingungen der Finca auch für die Energieproduktion zu nutzen, entwickelte Familienoberhaupt Manuel Fernandez González den Plan zum Bau eines eigenen Wasserkraftwerks“, erklärt sein Sohn Roberto Fernandez España, der das Projekt gemeinsam mit Projektleiter Carlos de Leon ausgearbeitet und realisiert hat. Finanzielle Unterstützung erhielt der Kraftwerksbau während der Planungsphase von

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der Initiative „Accelerating Renewable Energy Investment“(ARECA), die die Umsetzung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien in Mittelamerika und Panama unterstützt. Im Anschluss an die zahlreiche Aspekte wie Hydrologie, Umweltverträglichkeit, Geotechnik und Marksituation umfassende Planungsphase startete im März 2016 mit

dem Beginn der Erdarbeiten die konkrete Bauphase. BAUARBEITEN WÄHREND DER REGENZEIT Obwohl der Großteil der Bauarbeiten während der niederschlagsreichen Regenzeit zwischen Mai und Oktober ausgeführt wurde, konnte das Projekt trotz anspruchsvoller geo-

Zur Ausleitung wurde ein 12 m breiter Damm errichtet, der das Wasser in einen offenen Ent­ sander mit zwei Kammern und weiter zur anschließenden 1,5 km langen Druckleitung führt.

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Projekte logischer Bedingungen entlang der Rohrtrasse ohne nennenswerte Verzögerungen umgesetzt werden, sagt Roberto Fernandez. Als ökologische Ausgleichsmaßnahmen wurden über 12.000 Bäume entlang der Ausleitungsstrecke sowie tiefwurzelnde Pflanzen zur Verhinderung von Bodenerosionen gepflanzt. Für die Wasserfassung wurde ein 12 m breiter Betondamm errichtet, der das Triebwasser in einen zwei Meter breiten offenen Ausleitungskanal leitet. Direkt an den Kanal schließt ein in ebenfalls offener Ausführung errichtetes Entsanderbecken mit zwei separaten Kammern an. Der mit einem Spülschütz ausgestattete Entsander markiert gleichzeitig den Beginn der Druckrohrleitung. Auf ihrem ersten, rund 1,5 km langen Abschnitt wurde die Druckleitung zur Gänze in Kunststoffrohren DN900 ausgeführt. Nach diesem komplett unterirdisch ausgeführten Teil der Rohrtrasse wird das Triebwasser in ein als Wasserschloss angelegtes Sammelbecken geleitet. Von diesem zur Pegelregelung dienenden Becken gelangt das Wasser in einer oberirdischen Stahlleitung DN800 auf einem abschließenden Steilstück zur Turbinierung ins Krafthaus. MADE IN GERMANY GEFRAGT IN GUATEMALA Während die Hoch- und Tiefbauarbeiten von lokalen Unternehmen ausgeführt wurden, setzten die Betreiber bei der technischen Ausstattung der Zentrale auf „made in Germany“. Die komplette elektromaschinelle Ausstattung wurde über das auf den Handel von europäischen Industrie-Produkten und Maschinen spezialisierten Handelsunternehmen JC Niemann geordert, das sich in Guatemala als kompetenter Vertriebspartner für den deutschen Turbinenbauer Ossberger etabliert hat. Im November 2016 gingen Turbine und Generator sowie das elektrotechnische Equipment vom Hamburger Hafen aus auf eine mehrwöchige Seereise nach Mittelamerika. Die unkomplizierte Montage vor Ort erledigte im Auftrag von JC Niemann ein lokales

Die komplette elektromechanische Ausstattung und Leittechnik lieferte der deutsche Kleinwasserkraftspezialist Ossberger. Unter Volllast kommt die robuste Durchström-Turbine auf eine Engpassleistung von 689 kW.

Unternehmen. Im Idealfall stehen der Durchström-Turbine zur Stromproduktion eine maximale Ausbauwassermenge von 1.200 l/s sowie eine Bruttofallhöhe von rund 70 m zur Verfügung, womit eine Engpassleistung von 689 kW erreicht wird. Ihre Stärken zeigt die robust verarbeitete Maschine mit hydraulischer Regelung darüber hinaus vor allem im Teillastbetrieb bei verringertem Wasserdargebot. Das trommelförmige und für die zweizellige Turbine speziell gebaute Laufrad sorgt auch bei schwankenden Zuflussbedingungen für hohe Wirkungsgrade und Leistungseffizienz. Zudem kommt die Turbine auch mit angeschwemmtem Treibgut problemlos zurecht. Angetriebenes Material wird vom Laufrad innerhalb einer halben Umdrehung Richtung Unterwasser befördert. Als Energiewandler dient der Turbine ein 12-poliger Synchron-Generator des Herstellers Marelli. Die luftgekühlte Maschine ist in horizontaler Richtung direkt mit der Turbinenwelle gekoppelt und dreht wie die Turbine mit 600 U/min.

JAHRESPRODUKTION RUND 2,8 GWH Für den vollautomatischen Betrieb der Kraftwerksanlage lieferte Ossberger seine rund um den Globus hundertfach bewährte Automatisierungslösung. Steuerung und Software des Turbinenreglers basieren auf universell einsetzbaren Industriestandards, die eine unkomplizierte Programmierung des Kraftwerks­ betriebs ohne zusätzliche PC-Hardware ermöglicht. Nach Abschluss der finalen Installationsarbeiten lieferte das Kraftwerk Carmen Amalia im März 2017 zum ersten Mal Strom ans Netz, mittlerweile steht die Anlage rund zwei Jahre im Dauerbetrieb. Im Regeljahr rechnen die Betreiber mit einer durchschnittlichen Produktion von rund 2,8 GWh. Für Ossberger bleibt Guatemala weiterhin ein interessanter Markt, seit der Inbetriebnahme des Kraftwerks Carmen Amalia haben die Süddeutschen noch zwei weitere Projekte im Land erfolgreich abgeschlossen. Zum Redaktionsschluss der aktuellen Ausgabe wurde außerdem noch der Zuschlag für ein weiteres Projekt in Guatemala vermeldet.

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 1.200 l/s

• Engpassleistung: 689 kW

• Bruttofallhöhe: 70 m

• Hersteller: Ossberger

• Nettofallhöhe: 68 m

• Generator: Synchron

• Druckleitung: ca. 1.500 m

• Drehzahl: 600 U/min

• Material: PVC & Stahl

• Spannung: 480 V

• Ø: DN 900/DN800

• Nennscheinleistung: 728 kVA

• Turbine: Durchström

• Hersteller: Marelli

• Drehzahl: 600 U/min

• Jahresarbeit/Regeljahr: ca. 2,8 GWh

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Bilder: HYDAC

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HYDAC entwickelt für Wasserkraftwerke individuelle Speicher- und Sensorlösungen.

BEWÄHRTE UND INNOVATIVE ÜBERWACHUNG VON SPEICHERANLAGEN IN DER WASSERKRAFT Wasserkraftwerke tragen einen erheblichen Anteil zur nachhaltigen Energieversorgung bei. HYDAC, eines der führenden Unternehmen der Fluidtechnik, Hydraulik, Prozesstechnik und Elektronik, stellt ihre Kompetenzen auch in der Wasserkraft Branche unter Beweis. Mit ihren Speicher- und Sensorlösungen aus eigener Entwicklung ermöglicht HYDAC die optimale Anlagensicherheit für jedes Wasserkraftwerk.

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peicherlösungen sind sicherheitsrelevante Bauteile in der Wasserkraft. Sie verlangen von den Herstellern elektromechanischer Komponenten und von den Wasserkraftwerksbetreibern besondere Beachtung. Mit einem funktionierenden Blasen- oder Kolbenspeichersystem, das um die passende Überwachungseinrichtung erweitert werden kann, werden Absperrarmaturen (Absperrklappen, Kugelschieber oder Kegelventile) und Turbinen (Leitapparat, Düse, Ablenker, Laufrad) zuverlässig und sicher mithilfe von Speicherenergie geschlossen. PRODUKTE HYDAC als Systemlieferant bietet, je nach Anwendungsfall und Größe des Wasserkraftwerks, sowohl Speicherkomponenten als auch fertig verrohrte und betriebsbereite Kolben– bzw. Blasenspeicherstation an. Außerdem sind hydraulische Aggregate zur Turbinenregelung und die dazugehörigen Servomotoren bei HYDAC verfügbar. Der Vorteil des Kolbenspeichers liegt darin, dass er eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Kolbenpositionsüberwachung bietet und somit die

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HYDAC liefert sowohl einzelne Speicherkomponenten als auch fertig verrohrte und betriebsbereite Kolben– bzw. Blasenspeicherstationen.

Sicherheitsvorschriften der Wasserkraft erfüllt. Durch die Überwachung des Speichers kann die Verfügbarkeit der im Bedarfsfall benötigten Energie jederzeit sichergestellt werden. Damit können Wasserkraftwerke im Notfall kontrolliert abgeschaltet werden.

Laserwegmesssystem

SPEICHERÜBERWACHUNG Die Auswahl an Kolbenwegmesssystemen ist breit gefächert und bietet für jede Anforderung die passende Lösung. Hierzu zählen die mechanische Visualisierung durch z.B. Magnetklappenanzeigen (M), außerhalb am Speicher befestigt, und die Überwachung mit einem oder mehreren Ultraschallpositionsschaltern (UP). Ferner werden magnetostriktive Messverfahren (L) als innenliegende und außenliegende Lösung angeboten sowie auch das bekannte Seilzugmesssystem (S). Eine neue und innovative Kolbenspeicher Niveauüberwachung ist die Wegmessung mittels Laser (LR). Ein großer Vorteil dieser Überwachungsmöglichkeit ist die Servicierbarkeit des Systems. Dank des wartungsfreundlichen Sensorwechsels, werden die

Servicekosten stark reduziert, da kein Stickstoff auf der Speichergasseite abgelassen werden muss. Neben der Überwachung des Kolbenspeichers, kann ebenso der Zustand der Blase im Blasenspeicher überwacht werden. Hierzu bietet HYDAC das BIS (Bladder Integrity System) an. Über einen Sensor in Blase defekt Blase intakt der Speicherblase, wird eintretende Flüssigkeit erkannt. Ein Bruch der Blase wird festgestellt und ein Signal ausgegeben. Folglich kann das hydraulische System der Absperrarmaturen bzw. der Turbinen über die Energie der Hydraulikpumpen geplant heruntergefahren werden. KUNDENNUTZEN • Vermeidung ungeplanter Stillstände durch kontinuierliche Zustandsüberwachung •

Reduktion von Reparaturkosten und ungeplanten Serviceaufwendungen

Erhöhte Prozesssicherheit und damit Schutz vor Überdrehzahl und verzögertem Notschluss

Steigerung der Anlagenverfügbarkeit durch innovative Überwachungssysteme

Ressourcenschonung mithilfe des HYDAC Laser Niveauüberwachungssystems (Sensorwechsel ohne Gasablasen möglich)

Optimierte Zustandsüberwachung und Predictive Maintenance durch Einbinden der Signale in das HYDAC Condition Monitoring Konzept

Detaillierte Informationen und eine ausführliche Beratung erhalten Sie bei den HYDAC Branchenspezialisten (Kontakt siehe Infobox unten).

Speichertechnik und -überwachung für Wasserkraftwerke

BIS

Vorteile

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LR

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UP

Absicherung der Notschlussfunktion für Absperrarmaturen und Turbinen Funktionsüberwachung von Blasenspeichern Kolbenspeicher und Speicherstationen mit passender Kolbenpositionsüberwachung Erstausrüstung und Upgrade International tätiger, familiengeführter Firmenverbund mit weltweitem Service von der Inbetriebnahme bis zur sachgerechten Wartung www.hydac.com

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Für Kleinwasserkraftwerksbetreiber existieren heute unterschiedliche Möglichkeiten, mehr Erlös aus dem selbst produzierten Strom zu lukrieren. Doch nicht jede Option stellt sich als sinnvoll heraus, so manch eine birgt sogar Fallstricke.

VERMARKTUNG VON KLEINWASSERKRAFTSTROM MIT TÜCKEN UND FALLSTRICKEN Nach den schwierigen Monaten mit teilweise extrem tiefen Preisen am Strommarkt haben viele Kleinwasserkraftbetreiber begonnen sich umzusehen und Fragen zu stellen: Wie lässt sich mehr aus meinem Ökostrom lukrieren? Welche Möglichkeiten habe ich heute am Markt? Mittlerweile gibt es eine Reihe von Anbietern, die sich die Vermarktung des Kleinwasserkraftstroms zur Aufgabe gemacht haben und die auch die Teilnahme am Regelenergiemarkt ermöglichen. Auch Optionen wie etwa „Bitcoin-Schürfen“ könnte mehr als einen Blick wert sein. Ein spezielles Thema in Österreich ist derzeit aber die Überschusseinspeisung: Hier gilt besondere Vorsicht, speziell wenn über eine Direktleitung Strom für eine Anlage bezogen wird, die sich auf Netzebene 5 befindet.

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irca 10 Prozent des heimischen Strombedarfs werden heute in Österreich von der Kleinwasserkraft gedeckt. Laut dem Interessensverband Kleinwasserkraft Österreich speisen aktuell rund 4.000 Kleinwasserkraftwerke circa 6 TWh sauberen Strom ins österreichische Netz, genug, um damit die Hälfte aller rot-weiß-roten Haushalte zu versorgen. Kleinwasserkraft vereint viele Vorteile in sich. Es sind aber vor allem ihre gute Prognostizierbarkeit und ihre Effizienz, die sie zum wichtigsten erneuerbaren Energieträger der Alpen machen. Doch in den letzten Jahren ist die Kleinwasserkraft wirtschaftlich in Bedrängnis geraten. Strenge Vorgaben im Hinblick auf Restwasserdotierungen sowie geforderte Neubauten für die Fischdurchgängigkeit, vor allem aber der niedrige Preis am Strommarkt brachten zahlreiche Betreiber in eine echte Notsituation. Den absoluten Tief-

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punkt erreichte das Problem vor einigen Jahren, als an der Leipziger Strombörse nicht einmal mehr 2 Ct für die Kilowattstunde gezahlt wurde. Ein schwieriges Marktumfeld, dessen Ursachen vor allem auch in der indirekten Förderung von atomarem und fossilem Strom zu finden waren und sind. Viele Kraftwerksbetreiber, die damals nicht das Privileg hatten, sich mit ihrer Anlage im Tariffördermodell der OEMAG (Abwicklungsstelle für Ökostrom) zu befinden, hielten nach Alternativen Ausschau. Und die gab es – und gibt es natürlich immer noch. SPEZIELLE HÄNDLER UND BITCOIN-MINING Eine Direktvermarktung des eigenen Stroms am Termin- oder Spotmarkt ist in Österreich nach wie vor äußerst schwierig und daher für private Betreiber kaum attraktiv. Eine Option besteht allerdings darin, den eigenen Strom

an spezialisierte Händler zu liefern, die eine Vermarktung und/oder mit ihren Kapazitäten die Teilnahme am Regelenergiemarkt ermöglichen. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre zeigte sich, dass damit kein großer Bonus erzielbar ist, aber bei einer längerfristigen Bindung doch Mehrerträge zu erwirtschaften sind, die das Überleben in schwierigen Zeiten sichern. Eine andere Option tauchte in den letzten Monaten in Form des sogenannten „Bitcoin-Mining“ auf. Nach Prinzipien der Kryptographie werden dabei neue digitale Zahlungsmittel geschaffen – Bitcoin, NEM oder Etherum sind nur drei von mittlerweile rund 1.500. Die Rechenleistung für die Transaktionsverarbeitung ist dabei durchaus erheblich. Das bedeutet, dass für das „Schürfen“ der digitalen Währung vor allem Regionen interessant werden, wo der Strompreis niedrig ist.

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oder 6 erfordern würde. Gerade diese Voraussetzung hat zu einigen sehr unliebsamen Fällen in der Praxis geführt, bei denen Anlagenbetreiber, die aus dem Stromnetz nur wenige Hundert Kilowattstunden bezogen hatten, plötzlich von Netzebene 7 auf Netzebene 5 hochgestuft wurden. Finanziell ist die Differenz gewaltig: Während die Ökostrompauschale auf Netzebene 6 im Jahr 28 Euro beträgt, werden auf Netzebene 7 fast 13.500 Euro fällig. Auf Netzebene 6 sind es 825 Euro. Ein derartiger Sprung von Netzebene 5 auf Netzebene 7 hat somit häufig zur Folge, dass die Überschusseinspeisung völlig unren-

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PROBLEME FÜR ÜBERSCHUSSEINSPEISER Eine Überlegung scheint auf den ersten Blick für viele Kleinwasserkraftbetreiber besonders attraktiv: Die eigene Anlage als Überschusseinspeiser zu konzipieren, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern und den Förderbedarf zu reduzieren. Dass die Einrichtung einer Direktleitung durchführbar sein muss, ist seit längerem eine rechtliche Vorgabe der EU, die allerdings in der österreichischen Auslegung der bestehenden Gesetze immer wieder Fragen aufwirft. „Für leistungsmäßig kleine Anlagen ist dies im Wesentlichen unproblematisch, da deren Leistung oft niedriger oder gleich der maximalen Leistung der Bezugsanlage ist. Jedenfalls erfolgt durch die Einspeiseanlage kein Netzebenenwechsel“, schreibt Kleinwasserkraft Österreich. Das Problem trifft eher größere Erzeugungsanlagen, etwa wenn die Gesamtanlage auf den Netzebenen 5 oder 6 angeschlossen werden muss – und dabei die reine Bezugsanlage nur Netzebene 7

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Sollten Betreiber von dieser Option Gebrauch machen wollen, gilt es allerdings ein paar Dinge zu beachten. Wie Kleinwasserkraft Österreich erst im vergangenen Jahr berichtete, muss vor allen Dingen darauf geschaut werden, dass nur der selbst produzierte Strom weitergegeben wird und dass die Mining-Rigs sofort vom Netz zu trennen sind, wenn es zu Kraftwerksausfällen oder Minderleistungen kommt. Speziell zu achten gilt es auch bei Anlagen, die den Status des Volleinspeisers innehaben. Ein derartiges Kraftwerk verliert diesen Status, sobald aus dem öffentlichen Netz Strom bezogen wird, der nicht für den Kraftwerksbetrieb selbst notwendig ist. Das würde bedeuten, dass die Ökostrompauschale fällig wird: Auf Netzebene 5 wären dies immerhin rund 13.500 Euro im Jahr.

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REPARATUR DES GESETZES IN SICHT Wie Kleinwasserkraft Österreich in diesem Punkt weiter ausführt, entsteht dadurch ein Druck für Betreiber, von der Überschusseinspeiseanlage zur Volleinspeiseanlage überzugehen, da diese gänzlich von der Ökostrompauschale befreit ist. Zudem sieht man es kritisch, dass somit nun die gesamte Produktionsleistung ans Netz geliefert wird, da dies am Ende auch den Förderbedarf erhöht, was eigentlich nicht im Sinne des Gesetzgebers sein sollte. Die Forderung an die rot-weißrote Politik, die sich daraus ergibt, ist klar: Die zu zahlende Ökostrompauschale soll auf den maximalen Bezug und nicht auf die eingespeiste Leistung bezogen werden. Zuletzt zeigte sich für dieses Problem bereits ein zarter Silberstreif am Horizont: Es heißt, dass in der kommenden Novelle des Ökostromgesetzes (bzw. Erneuerbaren Ausbau Gesetz) eine entsprechende Reparatur in Aussicht gestellt wurde. Der Haken dabei: Als Zeithorizont wird derzeit immer noch von mindestens einem Jahr gesprochen. Mehr unter: www.kleinwasserkraft.at

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tabel wird. Speziell Betreiber, die per Ladestationen ihr E-Auto betanken wollten, mussten das Vorhaben aus diesem Grund begraben. In der Branche wird dies besonders kritisch gesehen, da ein sinnvoller Ausbau einer E-Lade­ stationen-Infrastruktur auf diese Weise gehemmt und gebremst wird.

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Tausende dezentrale Ökostromanlagen sind im Next Kraftwerke Pool verbunden. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung in Europa. Den Kleinwasserkraftwerken kommt dabei eine spezielle Rolle zu.

NEXT KRAFTWERKE MACHT ÖKOSTROMVERMARKTUNG WIRTSCHAFTLICHER Suisse Next ist Teil eines der größten Virtuellen Kraftwerke Europas. Über die zentrale Plattform der Muttergesellschaft Next Kraftwerke in Köln vernetzt es Stromproduzenten wie Wasserkraft-, Biogas-, Wind- und Solaranlagen, gewerbliche und industrielle Stromverbraucher sowie Stromspeicher. Diese Vernetzung schafft einen starken Verbund – mit Vorteilen für alle Teilnehmer und das gesamte europäische Energiesystem.

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zu liefern, also um das Netz zu stabilisieren. Zum anderen vermarktet es die reguläre Strom­ produktion der Anlagen im Rahmen der ­Direktvermarktung an der Strombörse. DIREKTVERMARKTUNG – SO GEHT ES Die Direktvermarktung nach dem Einspeise­ vergütungssystem (EVS) löst die bisherige Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) ab. Im Rahmen der Direktvermarktung wird

Foto: KWB

m Next Pool sind rund 6.800 Anlagen mit einer aggregierten Leistung von knapp 6.000 Megawatt zu einem Schwarm zu­ sammengeschlossen. Dabei gehört Next Kraftwerke keine der Anlagen. Mit der Zu­ stimmung der Betreiber kann Next Kraftwer­ ke diese aber zentral steuern – eben wie ein großes Kraftwerk. Die aggregierte Leistung nutzt das Unternehmen zum einen, um Re­ gelenergie an die Übertragungsnetzbetreiber

der Strom aus regenerativen Quellen gleich­ berechtigt zum Strom aus konventionellen Quellen gehandelt. Der Anlagenbetreiber er­ hält bei der Direktvermarktung die Einspei­ seprämie, die Strombörsenerlöse und das Be­ wirtschaftungsentgelt ausbezahlt. Die Summe dieser drei Bestandteile entspricht dabei min­ destens den Erlösen, den die Anlage auch im in der alten KEV erzielen würde. Allein durch das Bewirtschaftungsentgelt kann der Betrei­ ber sich also bereits finanziell besserstellen als in der KEV. Durch gezielten bedarfsorientier­ ten Einsatz und exakte Prognosen bei der Einspeisung lässt sich der Erlös zusätzlich op­ timieren.

Grafiken: Next Kraftwerke

Die Einspeiseprämie wird aus dem Vergü­ tungssatz abzüglich des Referenzmarktpreises ermittelt. Kann der Betreiber nun seinen Strom zu einem höheren Preis als dem Refe­ renzmarktpreis verkaufen, erzielt er höhere Einnahmen als in der bisherigen KEV. Dies schafft er vor allem, wenn er sich der Einspei­ sung seines Stroms netzdienlich verhält, also dann einspeist, wenn besonders viel Strom im Netz benötigt wird.

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ner installierten Leistung von 500 kW ab dem 1. Januar 2020 direktvermarkten. Be­ treiber von Anlagen, die ab dem 1. Januar 2018 neu ins Fördersystem aufgenommen wurden, müssen ebenfalls spätestens ab dem 1. Januar 2020 ihren Strom direktvermark­ ten. Sie sind bereits ab einer installierten Leis­ tung von 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet.

MEHRERLÖSE ERZIELEN Um das Prinzip zu verstehen, lohnt ein Blick auf die Börse: Am Day-Ahead-und Intraday­ markt ist der Tag in 96 Blöcke à 15 Minuten aufgeteilt, jeder mit einem eigenen Preis. Der Preisunterschied zwischen einzelnen Viertel­ stunden kann manchmal mehr als 50 Euro pro Megawattstunde betragen, verursacht durch plötzliche Wetterschwankungen oder Schwankungen bei der Stromnachfrage. Da­ her lohnt es sich Strom dann zu produzieren, wenn er am Markt besonders gefragt ist. Wann ist das der Fall? Wenn zum Beispiel we­ nig Strom aus Erneuerbaren Energien produ­ ziert wird, etwa an einem außergewöhnlich bewölkten Tag. Das geringe Angebot hat dann Auswirkungen auf die Strompreise an der Börse: Sie steigen, denn es wird mehr Strom benötigt als ursprünglich prognosti­ ziert. Nun lohnt es sich umso mehr, Strom zu produzieren, da die Preise entsprechend hoch sind. Neben der Förderung durch das Ein­ speisevergütungssystem erhalten Strompro­ duzenten durch die verpflichtende Direktver­ marktung also den Anreiz, sich an möglichst kurzfristigen Marktsignalen zu orientieren und die eigene Einspeisung möglichst genau zu prognostizieren. Bei diesen beiden Aufga­ ben kann der Anschluss an ein Virtuelles Kraftwerk helfen.

viduell parametrisiert: So werden Wärme-, Gas- oder Wasserspeicher sowie eventuelle Fahrplanrestriktionen gespeichert, damit die Einheit immer unter technologisch und wirt­ schaftlich optimalen Betriebsbedingungen laufen kann. Das Leitsystem erstellt anhand der Preissigna­ le vom Strommarkt automatische Steuerbe­ fehle, die an die Anlage übermittelt werden. Gleichzeitig empfängt das Leitsystem laufend Daten der angeschlossenen Anlagen, die in ihrer Summe eine sehr genaue Prognose der Netzauslastung ermöglichen. Indem das Vir­ tuelle Kraftwerk die Anlagen also nach Mög­ lichkeit entlang der Strompreissignale der Börse fährt, balanciert es Schwankungen aus, die durch die volatile Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien entstehen und optimiert die Gewinne der Kunden, weil sie durch die optimierte Fahrweise zusätzliche Einnahmen erhalten. So entsteht eine Win-Win-Situation für das Netz und die An­ lagenbetreiber. Ob eine Anlage zur Direktvermarktung ihres Stroms aus Erneuerbaren Energien verpflich­ tet ist, hängt zum einen von der installierten Leistung, zum anderen vom Zeitpunkt der Antragsstellung auf die Förderung durch die KEV ab. Betreiber von Anlagen, die bereits die KEV erhalten, müssen ihren Strom ab ei­

BESONDERE EINMALVERGÜTUNGEN FÜR PHOTOVOLTAIKANLAGEN Photovoltaikanlagen sind in der Schweiz wie alle anderen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien verpflich­ tet, ab einer installierten Leistung von 100 kW (Neuanlagen) ihren Strom in der Direkt­ vermarktung an der Strombörse zu verkaufen (bei Bestandsanlagen gilt dies ab einer instal­ lierten Leistung von 500 kWp). Aufgrund des großen Andrangs und der langen Warte­ listen für die PV-Vergütung werden für Solaranlagen sogenannte Einmalvergütungen gezahlt. Diese kommen einem Investitions­ zuschuss gleich und decken höchstens 30 Prozent der Kosten einer Referenzanlage. Über diesen Zuschuss hinaus werden kleine PV-Anlagen in der Schweiz nicht mehr geför­ dert. Besitzer von Photovoltaikanlagen, die ihren Strom gewinnbringend verkaufen möchten, sollten sich daher nach einem Di­ rektvermarkter für ihren Solarstrom umse­ hen. Insbesondere hier kann der Anschluss an ein Virtuelles Kraftwerk sinnvoll sein. Als eines der grössten Virtuellen Kraftwerke in Europa bringt Next Kraftwerke einen enormen Erfahrungsschatz für die Direktver­ marktung mit. Die tausenden, dezentralen Anlagen aus dem Next Pool tragen schon heute einen beachtlichen Anteil zur Energie­ versorgung in Europa bei. Mit dem Ge­ schäftsmodell macht Next Kraftwerke Er­ neuerbare Energien wirtschaftlicher, was wiederum den Ausbau fördert und so die Energiewende vorantreibt.

EINE WIN-WIN-SITUATION Vernetzt werden die vielen kleinen und mit­ telgroßen Anlagen über die sogenannte Next Box. Sie wird an den Anlagen angebracht und sendet deren Daten verschlüsselt über eine speziell abgesicherte mobile Datenverbin­ dung an das Leitsystem von Next Kraftwerke. Aber auch in die andere Richtung werden Daten übermittelt: Zum Beispiel kann die Next Box das Hoch- und Runterfahren von Anlagen zur Erzeugung von Strom steuern. Das Signal dazu erhält sie vom Algorithmus des zentralen Leitsystems. Je nachdem wel­ cher Anlagentyp mit ihr gesteuert werden soll, werden Next Box und Algorithmus indi­

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