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Hochwasserschutz für das Zeller Becken auf der Zielgeraden HOCHWASSERSCHUTZ

Im Sommer 2020 war die Funktionsfähigkeit des Hochwasserschutzes im Zeller Becken hergestellt. Die Übersicht im Maßstab 1:50.000 zeigt die wesentlichen Schutzmaßnahmen im Projektgebiet. Foto: Land Salzburg

HOCHWASSERSCHUTZ IM ZELLER BECKEN FÜR 4.700 BEWOHNER AUF DER ZIELGERADEN

Nach einer rund 3,5-jährigen Umsetzungsphase wird das Land Salzburg im heurigen Frühjahr mit Beendigung der Restarbeiten den Hochwasserschutz im Zeller Becken endgültig fertigstellen. Das bislang sowohl von den Baukosten also auch vom Bauvolumen größte Projekt dieser Art in Salzburg bewahrt rund 4.700 Bewohner und über 700 Gebäude vor den Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwassers. Die zentralen Baumaßnahmen umfassten die Aufweitung der Salzach auf einer Länge von rund 3,5 km, die Optimierung von Retentionsräumen und die Errichtung von Hochwasserdämmen entlang der Siedlungsgebiete. Das Stahlwasserbauequipment für die Umleitungskanäle und eine Hochwasserpumpe aus Eigenproduktion wurde vom Wasserkraftallrounder Jank GmbH ausgeführt. Zentral gesteuert werden die insgesamt neun elektrisch betriebenen Dotationsschieber mit der Jank-Leittechniklösung „JaPPOS“. Die an die Steuerung gekoppelte Monitoringplattform „Powercloud“ sorgt für die visuelle Aufbereitung der wichtigsten Systemdaten.

Um die immer wieder von Überflutungen betroffenen Pinzgauer Gemeinden Kaprun, Piesendorf, Bruck an der Glocknerstraße und Zell am See vor Hochwasser zu schützen, wurde vom Land Salzburg das Projekt Hochwasserschutz Zeller Becken ins Leben gerufen. Die ersten generellen Planungen für den großräumigen Hochwasserschutz starteten 2010 und waren 2012 in technischer Hinsicht fertiggestellt. Allerdings tangierte das Projekt eine neue Verkehrslösung seitens der Grundeigentümer und der Ortspolitik. Dies führte in weiterer Folge dazu, dass das Bauvorhaben für mehrere Jahre im Prinzip ruhend gestellt wurde. 2015 kam das Projekt wieder in Fahrt und erhielt im Rahmen des aufwändigen Bewilligungsverfahrens, bei dem Vereinbarungen mit rund 70 Grundeigentümern getroffen wurden, schließlich die endgültige Baugenehmigung. Anfang August 2017 konnte es in die Umsetzungsphase übergehen.

Foto: LMZ Neumayr/Hölzl

Andreas Sendlhofer (Projektleiter Schutzwasserwirtschaft), Martin Zopp (Bereichsleiter Bundeswasserbauverwaltung), LR Josef Schwaiger und Helmut Haslinger (GF Wasserverband Hochwasserschutz Zeller Becken) (v.l.) beim Baustart des bislang größten Hochwasserschutzprojekts im Land Salzburg im August 2017.

Das Flussbett der Salzach wurde auf einer Länge von 3,5 km aufgeweitet und die bestehenden Retentionsräume optimiert. Foto: Land Salzburg/Martin Lausenhammer

3,5 KM LANGE SALZACHAUFWEITUNG

Martin Zopp, Sachbereichsleiter der Bundeswasserbauverwaltung im Land Salzburg, fasst die wesentlichen Aspekte des Projekts zusammen: „Der Hochwasserschutz für das Zeller Becken besteht aus einer Vielzahl von kombinierten Maßnahmen. Im Zentrum des Projekts stand die Aufweitung der Salzach auf einer Länge von insgesamt 3,5 km, wodurch in weiterer Folge eine Optimierung der bestehenden Retentionsräume Kapruner Moos, Neuwiesen und Brucker Moos geschaffen wurde. Im Bereich von besonders gefährdeten Siedlungsgebieten wurden Hochwasserdämme errichtet. Zusätzlich wurden definierte Überströmstrecken an den Ufern geschaffen, um im Anlassfall eine kontrollierte Flutung zu gewährleisten.“ Zopp ergänzt, dass die schon zuvor bestehende Nutzung des Zeller Sees als Retentionsbecken nun kontrolliert verläuft. Unter der Voraussetzung, dass der See vor einem Hochwasserereignis einen gewissen Maximalwasserstand nicht überschreitet, können nun bis zu 1 Million m³ Wasser zwischengespeichert werden. Nach dem Abklingen der Hochwasserwelle wird das Wasser in die Salzach zurückgeleitet. Wegen der Aufweitung des Gewässers und der Ufererhöhung musste die Salzachuferstraße zwischen Bruck und Zell am See neu gebaut werden. Zusätzlich erforderte die Gewässerverbreiterung den Neubau einer Brücke mit einer Spannweite von 50 m. Die größte Herausforderung bei der Projektumsetzung war laut Zopp der Erdbau bzw. die Bewirtschaftung von rund 400.000 m³ Aushubmaterial, das zu großen Teilen direkt zur Errichtung der Dammbauwerke aufbereitet wurde. Die Bauarbeiten wurden von drei Pinzgauer Unternehmen durchgeführt, die für die Projektumsetzung eine Arbeitsgemeinschaft bildeten. Koordiniert wurde das Baugeschehen vom neu gegründeten Rechtsträger Wasserverband Hochwasserschutz Zeller Becken.

Foto: Jank Die oberösterreichische Jank GmbH lieferte für die Umgehungskanäle insgesamt neun elektrisch betriebene Dotationsschieber. Foto: Jank

STAHLWASSERBAU UND LEITTECHNIK AUS OÖ

Die als Kleinwasserkraftallrounder renommierte Jank GmbH aus dem oberösterreichischen Innviertel erhielt bei der europaweiten Ausschreibung den Zuschlag zur Ausführung des hydromechanischen und leittechnischen Equipments. „Neben unserer Kerntätigkeit im Wasserkraftbereich verfügen wir auch über langjährige Erfahrung im Hochwasserschutz. Der Auftrag für das Zeller Becken war eines von zahlreichen Hochwasserprojekten für das Land Salzburg“, so Jank-Projektleiter Johann Jank. Die Projektumsetzung erfolgte über einen mehrjährigen Zeitraum, wobei die Oberösterreicher immer wieder auf diverse Umplanungen reagieren mussten. Im Kern bestand der Jank-Lieferumfang aus insgesamt neun unterschiedlich groß dimensionierten Dotationsschiebern, mit welchen die Hochwasserabfuhr über mehrere Entlastungskanäle geregelt wird. Weil die Absperrorgane relativ selten aktiviert werden, wurden diese mit elektrischen Antrieben bestückt. Im Vergleich zu hydraulischen Antrieben entsteht somit in diesem Fall geringer Wartungs- und Kostenaufwand. Zusätzlich lieferte Jank zum Schutz eines auf der linken Salzachseite im Überschwemmungsgebiet situierten Bauernhofs eine „Floodblower“-Rohrpumpe. Die technische Basis des in einem Schacht installierten Floodblowers stammt aus dem fundierten Know-how des Unternehmens bei der numerischen Entwicklung von Pumpen und Turbinen und wurde speziell für den Einsatz im Hochwasserschutz entwickelt.

POWERCLOUD VISUALISIERT RELEVANTE DATEN Für die zentrale Steuerung der via Lichtwellenleiter vernetzten Dotationsschieber setzt

Die unterschiedlich groß dimensionierten Absperrorgane wurden via Lichtwellenleiter an die zentrale Steuerung angebunden. Foto: Jank

Die webbasierte Monitoringplattform Jank Powercloud sorgt für eine übersichtliche Visualisierung der wichtigsten Daten und Pegelstände.

Jank auf die selbst programmierte Automatisierungslösung JaPPOS (Jank Power Plant Operating System). Die seit über zwei Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelte Steuerungssoftware war ursprünglich für Wasserkraftwerke konzipiert und wurde auch bald an die Anforderungen des Hochwasserschutzes angepasst. Grundsätzlich funktioniert die Steuerung komplett automatisiert, selbstverständlich können die eingeschulten Bediener die einzelnen Absperreinheiten auch individuell regeln. Ein nützliches digitales Werkzeug für ein schnelles Anlagen-Update bietet die „Powercloud“. Dabei handelt es sich um eine an JaPPOS gekoppelte webbasierte Monitoringplattform mit einem Dashboard, das die wesentlichen Daten der Steuerung visuell aufbereitet. Über die Powercloud können Entscheidungsträger die aktuelle Position der Schieber und Pegelstände mit faktisch beliebigen Endgeräten einsehen, um dann aufgrund dieser Daten im Anlassfall fundierte Entscheidungen zu treffen. „Die Zusammenarbeit mit den Vertretern vom Land Salzburg hat sowohl auf menschlicher als auch auf fachlicher Ebene hervorragend funktioniert. Bei der gemeinsamen Umsetzung konnten eine ganze Reihe von Optimierungen erzielt werden“, resümiert Projektleiter Johann Jank im Gespräch mit zek HYDRO. Das Fazit von Sachbereichsleiter Martin Zopp fällt ebenso positiv aus: „Die Baustelle ging witterungs- und organisationsbedingt gut über die Bühne, wodurch der Hochwasserschutz bereits seit dem Sommer 2020 funktionsfähig ist. Damit waren wir dem avisierten Zeitplan weit voraus. Sehr erfreulich ist auch die Tatsache, dass die prognostizierten Baukosten von rund 22 Millionen Euro um rund 3 Millionen Euro deutlich unterschritten wurden.“ Die abschließenden Restarbeiten und Rekultivierungen werden im heurigen Frühjahr abgeschlossen. Das sowohl vom Bauvolumen also auch von den Baukosten größte Hochwasserprojekt im Land Salzburg schützt nun rund 4.700 Bewohnerinnen und Bewohner sowie mehr als 700 Gebäude und die regionale Infrastruktur vor 100-jährlichen Hochwasserereignissen.

Hochwasserschutz

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