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Bilfinger macht Traditionskraftwerke zukunftsfit WEHRSANIERUNG

Beim Ersatzneubau des Kraftwerks Traunleiten in Oberösterreich lieferte die Bilfinger Industrial Services GmbH den Großteil der Stahlwasserbauausrüstung. Die Wehranlage des Traditionskraftwerks wurde beim Umbau mit zwei jeweils 44 m breiten Wehrklappen ausgerüstet.

Foto: Bilfinger Industrial Services

BILFINGER MACHT DIE TRADITIONSKRAFTWERKE TRAUNLEITEN UND SCHÜTT FIT FÜR DIE ZUKUNFT

Die Bilfinger Industrial Services GmbH zählt mit ihrem Hauptsitz in Linz und neun weiteren Standorten in Österreich und dem benachbarten Ausland zu den größten heimischen Industriedienstleistern. Das Portfolio deckt von Consulting, Engineering, Fertigung, Montage, Instandhaltung, Anlagen-Erweiterungen und deren Generalrevisionen bis hin zu Umwelttechnologien und digitalen Anwendungen die gesamte Wertschöpfungskette ab. Im Wasserkraftsektor hat sich Bilfinger bei einer Vielzahl von Projekten im In- und Ausland seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf als zuverlässiger Partner erarbeitet. Bei den jeweils 2019 abgeschlossenen Generalsanierungen des Kraftwerks Traunleiten in Oberösterreich und dem Kärntner Kraftwerk Schütt konnte Bilfinger seine Kompetenz im Stahlwasserbaubereich voll unter Beweis stellen.

Der zwischen 2017 und 2019 durchgeführte Ersatzneubau des Kraftwerks Traunleiten vom Betreiber Wels Strom GmbH stellte für die Bilfinger Industrial Services GmbH im wahrsten Sinne des Wortes ein „Heimspiel“ dar. Die 1899 an der Traun errichtete Anlage befindet sich nur wenige Kilometer vom Bilfinger Standort in Wels entfernt, an dem die Berechnung, die Konstruktion und die Fertigung des Stahlwasserbauequipments stattfinden. Nach Abschluss eines mehrjährigen Behörden- und UVP-Verfahrens ging das Projekt im Herbst 2017 in die Umsetzungsphase über. Das grundlegende Funktionsprinzip der Anlage – das Triebwasser wird mittels Wehrklappen aufgestaut und durch einen offenen Kanal zur Turbinierung geführt – blieb beim Neubau unverändert. Dank der umfassenden Erneuerung

Der rund 2,4 km lange Oberwasserkanal musste für die erheblich gesteigerte Ausbauwassermenge verbreitert und erhöht werden.

Foto: zek

Bei der Fertigung der einseitig angetriebenen Wehrklappen mit Abmessungen von jeweils 44 x 2,25 m war höchste Präzision gefragt.

Montage der drei jeweils 7 m breiten und 4,9 m hohen Rollschützen am Einlaufbauwerk.

Schweißarbeiten am neuen Schützenkörper für die Schotterschleuse in der Bilfinger Werkstätte.

kann am Anlagenstandort, an dem sich die Traun während des vergangenen Jahrhunderts um rund 6 m eingetieft hat, nahezu das Doppelte an Ausbauwassermenge turbiniert werden. Um diese 150 m³/s Triebwasser den betrieblichen Erfordernissen entsprechend sicher ins Krafthaus leiten zu können, wurde der rund 2,4 km lange Kanal saniert und erweitert, der Stahlwasserbau grundlegend erneuert und ein neues Maschinengebäude mit zwei Kaplan-Bulb-Turbinen errichtet.

44 M BREITE WEHRKLAPPEN

Mit Ausnahme des 70 m langen Horizontalrechens und der Rechenreinigungsmaschine wurde die gesamte Stahlwasserbauausstattung von Bilfinger ausgeführt. Die beiden jeweils 44 m breiten und 2,25 m hohen Wehrklappen an der der Wehranlage stellten dabei die mit Abstand größten Komponenten im Bilfinger-Lieferumfang dar, erklärt Projektleiter Bernhard Brindl: „Obwohl ursprünglich nur eine Sanierung der Wehrklappen geplant war, hat sich der Betreiber schließlich doch dazu entschlossen, diese Bauteile inklusive der Lagerung vollumfänglich auszutauschen und die Anlage somit auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. Im Gegensatz zu den alten mechanischen Antrieben mit Triebstock und Zahnrädern werden die neuen Klappen jeweils einseitig mittels Hydraulikzylindern bewegt.“ Jede Klappe besteht grundsätzlich aus drei Einzelteilen und wurde nach der Anlieferung auf der Baustelle mittels Flanschverbindungen und Dichtungen zusammengebaut. Bei der Fertigung war höchste Präzision unabdinglich, schließlich mussten pro Klappe insgesamt neun Lager eine exakte Flucht aufweisen und die Flanschstöße auf den Millimeter genau zusammenpassen. Der Einbau der ersten Wehrklappe wurde im November 2018 während der Niederwasserperiode innerhalb weniger Wochen durchgeführt, kurz darauf konnte bereits die zweite Klappe in Betrieb genommen werden.

Bilfinger-Projektleiter Bernhard Brindl Foto: Bilfinger Industrial Services Foto: zek

STAHLWASSERBAU AM STAND DER TECHNIK

Für das neue Einlaufbauwerk neben der Wehranlage fertigte Bilfinger drei Rollschützen mit den Abmessungen 7 x 4,9 m. Darüber hinaus wurden die wenige Jahre zuvor sanierten Schotterschleusen am Einlaufbereich einer umfangreichen Revitalisierung unterzogen. An der bestehenden rechten Schotterschleuse wurde ein neuer Schützenkörper 8 x 6 m gefertigt. Dieser musste auf die vorhandene Armierung sowie die Gewichtslimitierung des bestehenden Antriebs angepasst werden. Eine weitere 3 m breite und 3,33 m hohe Wehrklappe wurde am Ende des horizontalen Feinrechens beim Krafthaus montiert. Die Klappe führt das von der Rechenreinigungsmaschine entfernte Geschwemmsel in den Unterwasserbereich ab. Eine vierte Wehrklappe mit den Abmes-

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Bei der Erneuerung des Kärntner Kraftwerks Schütt lieferte Bilfinger das gesamte Stahlwasserbauequipment. Die Wehranlage an der Gail wurde mit jeweils vier Wehrschützen 12 x 5,35 m mit aufgesetzten Klappen ausgeführt. Foto: Bilfinger Industrial Services

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sungen 16 x 2,95 m dient als Schutzeinrichtung, damit die bei einem Turbinenausfall entstehende Welle sicher abgetragen wird. Komplettiert wurde der Bilfinger Lieferumfang durch einen Satz Turbineneinlaufdammbalken 9 x 10,5 m, eine Saugrohrdammtafel 6,75 x 5,14 m, diverse Grobrechen, Armierungsnischen, Dammbalkenlagerausrüstungen und Panzerungen. Nach einer 2,5-jährigen Umbauphase konnte im Kraftwerk Traunleiten im Herbst 2019 wieder Strom erzeugt werden. Bei einem Regelarbeitsvermögen von rund 91 GWh deckt die Anlage umgerechnet den Jahresstrombedarf von ca. 30.000 Haushalten. In Summe investierte die Wels Strom GmbH rund 48 Millionen Euro in den Ersatzneubau.

ENGER TERMINPLAN FÜR KW SCHÜTT

Das 1911 fertiggestellte Kraftwerk Schütt an der Gail zählt zu den leistungsstärksten Laufkraftanlagen des südösterreichischen Energieversorgers Kelag und gehört gleichzeitig zu den ältesten Wasserkraftwerken Kärntens. Zwischen dem Sommer 2018 und dem Herbst 2019 wurde das teilweise über 100 Jahre alte Traditionskraftwerk sukzessive saniert, umgebaut, modernisiert und erneuert. Den Zuschlag zur Ausführung des gesamten Stahlwasserbaus erhielt die Bilfinger Industrial Services GmbH, die für die Kelag bereits eine Reihe von Neubau- und Revitalisierungsprojekten erfolgreich durchgeführt hat. „Die Auftragserteilung erfolgte Anfang 2018, im August 2018 musste schon die Montage der ersten Bauteile beginnen. Wir hatten also nur rund ein halbes Jahr Zeit für das Engineering, die statischen Berechnungen und die Fertigung inklusive aller Abnahmen. Um den engen Terminplan einhalten zu können, wurden alle verfügbaren Kapazitäten im Haus voll ausgeschöpft. Durch unsere Flexibilität konnten wir die ambitionierten Termine einhalten“, erklärt Bilfinger-Projektleiter Roland Baminger.

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Am Einlaufbauwerk wurde noch 2018 zwei Kanaleinlaufschützen je 9 x 4,35 m in Betrieb genommen.

4 WEHRFELDER ERNEUERT

Von der mit vier Wehrfeldern ausgestatteten Wehranlage blieben nur Teile des Betonbaus erhalten. Der Altbeton wurde den Erfordernissen entsprechend saniert bzw. für den Neubau adaptiert, darüber hinaus wurde der Oberwasserkanal auf seiner gesamten Länge mit einer Kunststofffolie ausgekleidet. Während der Erneuerung der Wehranlage wurde die Gail durch das alte Flussbett geleitet. Zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit am Querbauwerk wurde eine Fischaufstiegsschnecke installiert. Wie geplant startete Bilfinger im August 2018 die Arbeiten an den Wehrfeldern 1 und 2. Die vier neuen Absperrorgane wurden als jeweils 12 m breite und 5,35 m hohe Wehrschützen mit aufgesetzten Klappen ausgeführt, wobei jede Klappe 10,4 x 1,9 m misst. Als Antrieb der Wehrschützen kommen jeweils zwei Hydraulikzylinder zum Einsatz, jeder Klappenkörper wird ebenfalls beidseitig hydraulisch bewegt. Beim Einbau wurden die Schützentafeln zunächst in die seitlichen Armierungen gehoben und anschließend die aufgesetzten Klappen verschraubt. „Wegen der Größe der Anlage wurden sämtliche Hydraulikzylinder der Wehrschützen mittels kardanischer Lagerung aufgehängt. Somit ist sichergestellt, dass etwaige Ungenauigkeiten der einzelnen Zylinder beim Auf- und Abbewegen zuverlässig ausgeglichen werden. Die kleineren Hy-

Montage der mittels kardanischer Lagerung aufgehängten Hydraulikzylinder.

Technische Daten

KW Traunleiten

• Ausbauwassermenge: 150 m³/s • Bruttofallhöhe: 13,58 m • Engpassleistung: 17,7 MW • Jahresarbeit: ca. 91 GWh • Wehrklappen: 2 Stk. 44 x 2,25 m • Rollschützen: 3 Stk. 7 x 4,9 m • Turbineneinlaufdammbalken: 1 Satz 9 x 10,5 m • Betreiber: Wels Strom GmbH KW Schütt

• Ausbauwassermenge: 52 m³/s (Schütt 2) • Bruttofallhöhe: 25 m • Engpassleistung: 12,5 MW • Jahresarbeit: ca. 62 GWh • Wehrschützen: 4 Stk. 12 x 5,35 m • aufgesetzte Wehrklappen: 4 Stk. 10,4 x 1,9 m • Kanaleinlaufschützen: 2 Stk. 9 x 4,35 m • Betreiber: Kelag

draulikzylinder der Wehrklappen konnten mit standardmäßigen Lagerungen ausgeführt werden“, so Baminger. Die beiden jeweils zwei Wehrfelder regelnden Hydraulikaggregate wurden zum Schutz vor Witterungseinflüssen in Containern auf den Wehrpfeilern untergebracht. Damit die Wehrschützen an den Dichtflächen der Seitenarmierungen im Winter nicht festfrieren, wurde diese mit elektrischen Heizelementen ausgestattet.

ERFOLGREICHES REFERENZPROJEKT

Zum Bilfinger-Auftragsumfang zählten auch die beiden jeweils 9 x 4,35 m messenden Kanaleinlaufschützen, diese wurden ebenfalls noch 2018 montiert und inbetriebgesetzt. Die Ausführung der Grob- und Feinrechen inklusive dazugehöriger Rechenreinigungsmaschinen beim Einlaufbauwerk bzw. am Krafthaus wurde als Sub-Auftrag von der Firma Muhr übernommen. Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen 2018 erfolgte die Abnahme der rundum erneuerten Wehrfelder 1 und 2, die Inbetriebnahme der Wehrfelder 3 und 4 wurde im März 2019 abgeschlossen. „Die Erneuerung des Kraftwerks Schütt war definitiv ein sehr erfolgreiches Referenzprojekt für uns. Trotz anfänglicher Skepsis, ob sich der Auftrag in dem engen Zeitfenster überhaupt realisieren lässt, haben alle an einem Strang gezogen und das scheinbar Unmögliche möglich gemacht“, resümiert Roland Baminger. Trotz eines schweren Hochwasserereignisses im Herbst 2018 konnten die damit einhergehenden Verzögerungen dank vorbildlicher Zusammenarbeit aller beteiligten Unternehmen aufgeholt werden und das rundum erneuerte Kraftwerk im Mai 2019 in den Probebetrieb übergehen. Die Summe der durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen führte sowohl zu einer Leistungs- als auch Erzeugungssteigerung der Anlage. Bei einer Engpassleistung von 12,5 MW kann das Kraftwerk Schütt im Regeljahr nun rund 62 GWh Ökostrom produzieren, dies entspricht umgerechnet dem Jahresstrombedarf von ca. 17.000 Kärntner Haushalten.

Probelauf der neuen Wehrschützen am Wehrfeld 1 und 2 im Oktober 2018. Um den engen Terminplan zur Fertigstellung der Wehranlage einhalten zu können, musste Bilfinger seine Kapazitäten voll ausschöpfen. Foto: Bilfinger Industrial Services

WE MAKE HYDROPOWER WORK

Wir sind seit Jahrzehnten Ihr kompetenter Partner in der Wasserkraftbranche. Mit viel Expertise und Erfahrung kümmern wir uns um die Revitalisierungen von Stahlwasserbauten aller Arten.

www.bis-austria.bilfinger.com

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