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Richtig naschen. Wie man Süßes ohne schlechtes Gewissen genießen kann
Gut genascht
Ob Schokolade, Chips, Kekse oder Gummibären: Naschen gehört für die meisten Menschen zum Alltag. Sorgen machen muss man sich deshalb nicht - solange der Genuss im Mittelpunkt steht.
text: Lisa Schwarzenauer
Süßigkeiten und Co. als Teil einer ausgewogenen Ernährung? Das geht, betont die Diaetologin Birgit TrenkwalderPrantl: „Es ist völlig in Ordnung, zu naschen und Süßes oder Knabbereien zu essen.“ Der Konsum von Genussmitteln – und dazu zählen neben Kaffee und Alkohol eben auch die klassischen Naschereien – sei ein Zeichen für gute Lebensqualität und in adäquaten Mengen bedenkenlos. „Der unkontrollierte Konsum kann aber zu einem Nährstoffdefizit und auch zu einer gewissen Abhängigkeit führen“, erklärt sie.
Eine Frage des Genusses
Der Schlüssel zu einem gesunden Naschverhalten liegt für Trenkwalder-Prantl im Wort Genuss: „Wenn ich mich am Nachmittag mit einer Freundin treffe, einen Kaffee trinke und ein Stück Kuchen esse, also die ganze Atmosphäre angenehm ist, ist das sinnvoll und schadet meinem Körper nicht“, so die Diaetologin, die an der fh gesundheit lehrt und forscht. Stress und Süßes sei dagegen keine gute Kombination: In solchen Situationen produziere der Körper ohnehin schon Stresshormone, und schnell nebenher gegessene Schokolade lasse zusätzlich den Insulinspiegel steigen, was wiederum das Entzündungsgeschehen im Körper fördere und auch dazu führe, dass der Körper eher Fett einlagert. „Es ist ratsam, sich selbst zu beobachten und zu fragen, wann und warum genascht wird.“
Problematische Glücksgefühle
Gründe für das Naschen gäbe es viele. „Prinzipiell ist es so, dass Naschen zum Teil tatsächlich glücklich macht“, sagt die Expertin. Schokolade zum Beispiel enthalte mit Kakao und Milch zwei tryptophanreiche Zutaten, und die Aminosäure Tryptophan wirke sich positiv auf den Serotoninspiegel aus – was quasi glücklich mache. „Außerdem aktiviert jede Form von Zucker im Hirn dieselben Areale wie Suchtmittel oder sexuelle Erregung, da gibt es einen ganz klaren Zusammenhang. Wer aber ständig etwas Süßes isst, hat mit der Zeit ein immer größeres Verlangen und auch weniger Selbstkontrolle in der gewählten Menge.“
Was genau dabei im Körper passiert, sei noch nicht eindeutig geklärt, aber man vermute, dass es zu einer Störung im Hippocampus – einem Teil des
bsc, msc Birgit TrenkwalderPrantl
ist Diaetologin am Bachelorstudiengang Diaetologie an der fh gesundheit in Innsbruck und beschäftigt sich in ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit u. a. mit gesunder und nachhaltiger Ernährung.
Filmabend ohne Knabberzeug?
Für viele nicht denkbar - und auch nicht zwingend nötig.
Gehirns – kommt und das Belohnungszentrum immer größere Mengen an Süßem braucht, damit der Körper die gleichen Mengen an Dopamin produzieren kann.
Nur nebenbei
Trenkwalder-Prantl sieht ein großes Problem darin, dass Essen – egal ob Hauptmahlzeiten oder ein Snack zwischendurch – meist nur eine Nebenbeschäftigung sei, die schnell zwischendurch oder gleichzeitig mit anderen Aktivitäten passiert. „Der Großteil der Menschen kennt die Situation: Man sitzt vor dem Fernseher, hat eine Packung Kekse oder Chips neben sich und knabbert so nebenbei dahin, und auf einmal ist die Packung leer und man wundert sich, wer das alles gegessen hat“, sagt sie. „Wir haben große Probleme damit, unsere Aufmerksamkeit auf das Essen zu richten.“ Ein weiteres gutes und weitverbreitetes Beispiel sei das Naschen im Büro. „Ich habe zahlreiche Patient:innen, die erzählen, dass es im Büro eine Schale mit Süßigkeiten gibt und da regelmäßig zugegriffen wird, weil sie eben dasteht – gegessen wird nur aus Gewohnheit, Verfügbarkeit oder Langeweile“, so die Diaetologin.
Selbstbeobachtung
Ob das eigene Naschverhalten problematisch ist, lasse sich sehr schnell und einfach feststellen: „Wenn ich mich gut beobachte, kann ich innerhalb von zwei Tagen erkennen, wann und warum ich
GLÜCKLICH DURCH DEN WINTER
Wenn es früher dunkel wird, ist der Serotoninspiegel automatisch niedriger - und der Weg zum Süßigkeitenschrank näher als der zur Tür, um sich noch an der frischen Luft zu bewegen. Um nicht voll in die Naschfalle zu tappen, hilft es, eventuell Vitamin D in der Höhe des Tagesbedarfs zu supplementieren (20 Mikrogramm) und bei der Ernährung darauf zu achten, mehr proteinhaltige Lebensmittel zu inkludieren: Sie enthalten Tryptophan, das sich positiv auf den Serotoninspiegel - und damit auch die Stimmung auswirkt.
Birgit Trenkwalder-Prantl
Süßes esse – ob ich zum Beispiel immer zugreife, wenn es mir nicht gut geht, wenn ich Stress in der Arbeit oder zu Hause habe oder am Abend als Belohnung, wenn endlich alles erledigt ist“, erklärt Trenkwalder-Prantl.
Hat man das herausgefunden und das Gefühl, man sollte etwas verändern, empfiehlt sie, eine Art Tagebuch zu führen und zu notieren, was es tatsächlich in der jeweiligen Situation bringt, wenn man Süßes isst: „Wenn ich mich damit beschäftige und sehe, eigentlich bringt es mir nichts, weil es nichts am Stresslevel oder der angespannten Situation zu Hause ändert, kann ich es leichter lassen.“
Sinnvolle Veränderungen
Um die Gewohnheit zu durchbrechen, müsse man sich Alternativen überlegen. Es helfe oft schon, bewusst etwas anderes zu tun und beispielsweise kurz an die frische Luft zu gehen und durchzuatmen. „Gut ist es auch, die Hände zu beschäftigen – Häkeln und Stricken zum Beispiel ist ja seit ein paar Jahren wieder sehr modern, wenn jemand aber lieber Kreuzworträtsel oder etwas anderes macht, ist auch das hilfreich.“
Wenn es um das Thema Befriedigung geht, solle man sich ebenfalls Gedanken machen, was außer Schokolade und Co. zufrieden und glücklich macht. „Wenn man das Gefühl hat, man braucht jetzt etwas, damit man sich besser fühlt, benötigt man vermutlich eher eine Pause oder muss Dampf ablassen“, betont die Expertin.
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Obst hat zwar bessere Nährwerte als Schokolade, aber häufig viele Kalorien.
Energy Balls und andere Dattelprodukte enthalten so viel Zucker, dass man gleich zur klassischen Süßigkeit greifen kann.
Oft sei auch eine bewusste Pause, ähnlich wie in der Fastenzeit, nützlich: „Wenn ich ein paar Tage oder eine Woche nichts Süßes esse, passt sich das Belohnungszentrum an und ich bin wieder mit einer kleineren Menge Süßem zufrieden.“ Man müsse nicht wochenlang am Stück verzichten, um einen Effekt zu sehen, sondern könne auch einfach immer wieder mal eine kürzere Pause einlegen, um die Reaktion des Körpers zu normalisieren.
Kein schlechtes Gewissen
Von oft als gesund beworbenen Naschalternativen wie Energy Balls und anderen Dattelsnacks hält die Diaetologin wenig. „Wenn man sich die ganzen Produkte mit Datteln anschaut, ist da je nach Zusammensetzung vielleicht weniger Fett drin, aber sie enthalten so viel Zucker, dass man durchaus auch eine vergleichbare Menge Gummibärchen essen könnte“, sagt Trenkwalder-Prantl. „Und dann ist immer die Frage: Bin ich mit der Alternative zufrieden?“ Sie sehe das häufig in der Therapie von übergewichtigen Menschen: „Wenn sie Lust auf Schokolade haben, denken sie sich, Schokolade ist schlecht, und essen stattdessen vielleicht eine Banane. Nach der Banane essen sie einen Fruchtjoghurt, zufrieden sind sie damit aber immer noch nicht – sie haben dennoch rund 300 Kalorien an Lebensmitteln gegessen, die sie nicht befriedigt haben“, erklärt sie. „Da hätten sie auch ruhig drei Rippen Schokolade essen können.“ Die Nährstoffe von Banane und Joghurt seien natürlich besser, aber wenn sie nicht befriedigen, sind sie keine Alternative. „Es ist sinnvoller, genau zu überlegen, was will ich, was bringt mir das, wenn ich es esse – und es dann auch wirklich zu genießen.“
Der größte Fehler sei, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man sich für die Süßigkeit entscheidet: „Dann hat es viele Kalorien gehabt und ich habe Insulin gebildet, und das schlechte Gewissen führt dazu, dass ich auch noch Stresshormone produziere“, so die Ernährungsexpertin, „und das macht viel kränker, als wenn ich es einfach genossen hätte.“
Birgit Trenkwalder-Prantl