ZIN 3 – März 2014

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Inhalt

Musik Frühlingsmusik de S.6 Jungs aufgepasst, Mo Hauschka,

S.3

jetzt kommt Rosa! S.10

Omas Trickkiste

Kunst Anne le Troter l S.13 Digita e Fuck the System

lumn S.17 Ko

Film S.20 r Der ganz Theate normale Wahnsinn

Comics, Film und Daniel Clowes S.22

ur S.23 Literat die sen Friss Hälfte! S.26 Wis atz w h c S Walter Beer Ein mit… S.28

Shani Boianjiu

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Kilian Mutter

Mit Abandoned City legt der Meister des präparierten Klaviers, Volker Bertelsmann alias Hauschka, sein neustes Album vor. Aufgenommen in seinem Heimstudio in Düsseldorf ist es das Resultat eines Energieschubes, welchen er nach der Geburt seines ersten Sohnes erlebte. Für die Aufnahmen beschränkte sich Bertelsmann auf sein präpariertes Klavier, eine Bassdrum und einen SubBass. Im Falle von Abandoned City reicht dieses Equipment jedoch aus. Das Album erzählt Geschichten von berühmten Geisterstädten. «Schönheit, Vergänglichkeit, Melancholie und Absurdität – in den verlassenen, von der Natur schon wieder übernommenen Orten finde ich eine Metapher für das, was in mir passiert.», sagt Bertelsmann selbst über die 9 Songs. Gefühle, die durch das spärliche Instrumentarium perfekt widerspiegelt werden und auch dem Hörer von Abandoned City nicht verborgen bleiben. Hauschka – Abandoned City 14. März / City Slang

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20. bis 25. März_20.30

FINSTERWORLD

• 27. März bis 2. April_20.45

von Frauke Finsterwalder Deutschland 2013, 94 Min., D FINSTERWORLD spielt in einem scheinbar aus der Zeit gefallenen Deutschland. Ein Land, in dem immer die Sonne scheint, Kinder Schuluniformen und Polizisten Bärenkostüme tragen und Fusspfleger alten Damen Kekse schenken. Jedoch lauert hinter der Schönheit dieser Parallelwelt der Abgrund. 23. März_18.00 26. März_20.30

THE ACT OF KILLING

von Joshua Oppenheimer GB/DK/NO 2012, 115 Min., Indonesisch/d In einem Land, das Mörder als Helden feiert, wagt es Joshua Oppenheimer mit THE ACT OF KILLING, sich dem Tabu und dem Terror zu stellen. Um die Geschichte des Genozids an über einer Million vermeintlicher Kommunisten in Indonesien nach dem Militärputsch 1965 zu erzählen, entscheidet sich der junge amerikanische Regisseur für den einzig möglichen Weg: er spricht mit den Mördern. stattkino Luzern, Löwenplatz 11, 041 410 30 60 www.stattkino.ch

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Musik

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gsm n i l h ü r F

Es ist ja nicht so, als ob wir einen harten Winter hinter uns hätten, doch der Frühling kann nicht früh genug kommen. Zum astronomischen Frühlingsbeginn vom 20. März hier schon mal eine feine Auswahl an passenden Songs, querbeet durch die Musikgeschichte:

1967

The Young Rascals – Groovin’

1974

Shuggie Otis – Aht Uh Mi Hed

1986

Paul Simon – Graceland

1991

2007

Word!

A Tribe Called Quest – Jazz (We’ve Got)

The Good, The Bad & The Queen – Nature Sprinngs

2009

2010

Noah And The Whale – Blue Skies

Houses – Endless Spring

2013

Bill Callahan – Spring März 2014

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MODE

asst, p e g f u sa osa! R t Jungk m om jetzt Cécile Moser

In Sache Mode kommt ihr Jungs ja meist etwas zu kurz. Nicht so in dieser Kolumne – die ist nämlich nur euch und einem interessanten Männer-Trend fürs Frühjahr gewidmet: Rosa! Diese Farbe wurde u.a. an Fashion-Shows von Jil Sander und Burberry Prorsum in wunderschönen Kreationen wie etwa Mäntel, Shorts oder Hemden gesichtet. Wer jetzt gleich denkt, oh Gott, sollte sich zuerst ein paar Gedanken zu dieser Farbe machen. Früher trugen nämlich nicht weibliche, sondern männliche Säuglinge rosa Kleidchen. Erst im zweiten Weltkrieg fand eine negative Umdeutung statt und der rosa Winkel diente als Erkennungszeichen für homosexuelle Häftlinge in Konzentrationslagern. Vergessen gehen dabei Glam-Rock Ikonen wie etwa David Bowie, die Geschlechterdifferenzen aufzulösen versuchten und dazu mit Elementen wie Pink und Rosa kreativ spielten. Genau diese vorbildliche Haltung dürft ihr als Ausgangspunkt und Argument nehmen, um euch ein solches Rosa-Teil zu ergattern. Denn gebt zu: Diese Farbe löst wirklich tolle Frühlingsgefühle aus… Weitere Mode-Abenteuer gibt's unter: www.now-then-forever.blogspot.com

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Sa, 01. 03.

Disco Wildcat

Mi, 5. 03.

Egli-Santana Group (CH/P/D)

Sa, 8. 03.

William White (CH)

«10 Years Anniversary» Tour Do, 13. 03.

Theatersport

Theater Improphil Luzern vs. Steife Brise Hamburg Fr, 14. 03.

Heidi Happy (CH)

Sa, 15. 03.

King King (UK)

Support: Ramon Clau (CH) «British Blues Award» Preisträger

21. & 22. 03. Celtic Soul Festival Fr, 21. 03.

14th Celtic Spring Caravan

Sa, 22. 03.

Fiddler’s Green (D)

So, 23. 03.

Papagallo & Gollo

Folk’n’Roll

«Eiger, Mönch & Jungfrau»

Do, 27. 03.

tick – The Improv Comedy Kitchen English improv comedy

Fr, 28. 03.

Annakin (CH)

«Stand Your Ground» Tour Sa, 29. 03.

Grosi (CH)

«Gigantenstadl» So, 30. 03.

Next Stop: Horizon (SWE)

Sara Jackson-Holman (USA) Chamerstrasse 177, Zug chollerhalle.ch VVK: starticket.ch

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Kunst

oter r T e l Anne

Laura Breitschmid

An den Swiss Art Awards 2013* stellt sich eine Arbeit mit einem Räuspern vor. Das Räuspern wird von einer stotternden Stimme abgelöst. Vielleicht ist es auch kein Stottern, sondern eine Wiederholung. Einzelne Wörter hört man in der schnellen Sprache heraus. Es entstehen keine Sätze, sondern die Geschwindigkeit produziert Bilder. Die Stimme treibt weiter, um von einem Rhythmus unterbrochen zu werden. Der Rhythmus verschafft in den ersten Sekunden eine kurze Verschnaufpause um Raum für neue Momente und Bilder zu schaffen. So geht es fast zehn Minuten weiter, in denen die Worte, Stimme, Geräusche, Silben, Gesang, Sprache und Melodien aus den Lautsprechern klingen. Und am Ende ist man sich sicher: Ein Stottern gab es in dieser Arbeit, die einem auf eine Reise nimmt, nie. Anne le Troter schreibt, zeichnet, spricht und zeichnet auf. Daraus entstehen Performances, Skulpturen, Videos und Toninstallationen, so wie die Arbeit an den Swiss Art Awards vor acht Monaten. Diese haben wir nach ein paar Minuten hinter uns gelassen. Nun ist Anne le Troter in Luzern zu sehen und hören: o.T. Raum ZIN°3


Kunst

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für aktuelle Kunst hat sie zusammen mit Jonas Etter und Barbara Davi eingeladen, die Räume des Kunstpavillons zu bespielen. * Anne le Troter wurde mit dem Swiss Art Award 2013 ausgezeichnet.

o.T. Raum für a Sälis ktuel trass le Ku e 24 nst 6005 Luzer n Ausst ellun gsdau 15. M er: ärz – 3. Ma i 201 4 Verni ssage : Samst ag, 1 5. Mä rz, 1 7.00 Uhr Führu ng du r c h die Ausst ellun g: 5. Ap ril 2 014, 16 Uh r

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Comic

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Digital

Omasste i Trickk Martina Meier

Früher war alles noch so einfach. Wenn man ein Problem hatte, konnte man zu Mama oder Papa gehen und schwups hatte man eine Lösung parat. Seit ich nicht mehr zu Hause wohne ist dies jedoch schwieriger. Seither ist sich meine Grossmama regelmässige Telefonanrufe gewohnt. Wie beispielsweise letzte Woche, als ich meinen Herd einfach nicht mehr sauber kriegte. Aber bevor ich mich voller Wut im Bett verkrochen habe oder meine Grossmutter erneut nervte, schnappte ich mein Iphone und öffnete die App Omas Trickkiste und habe «angebranntes Essen» eingegeben. Schon präsentierte mir mein iPhone die Lösung: Ein feuchtes, seifenhaltiges Handtuch für zwei Stunden auf die Platte legen und dann alles ganz easy abwischen. Von «Brandflecken auf Lampenglocken» bis zu «Tricks gegen Kater» findet man bei diesem App Tipps und Tricks in Bereichen wie Haushalt, Küche, Gesundheit, Kosmetik, Heimwerken, Babys und und und. Für nur einen Franken im App-Store erhältlich. Eure Mütter und Grossmütter werden euch dankbar sein.

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Brief An…

nde, , e r e i s i Politschaffende e b e i L ien ierende d e M e lieb e Diskut lieb

Uns geht etwas fürchterlich gegen den Strich! Und zwar eure Berichte und Debatten aus aktuellem Anlass über die Ausländer_innen. Ihr wagt es über die 1’825’060 in der Schweiz lebenden Menschen zu reden, deren einzige Gemeinsamkeit die fehlende Schweizer Staatsbürgerschaft ist. Menschen die unterschiedlicher nicht sein könnten. So unterschiedlich, dass es pervers ist über sie als Gruppe überhaupt zu debattieren. Falls ihr Lösungen für die Probleme von heute diskutieren wollt, müsst ihr endlich anfangen über die richtigen Kategorien zu sprechen. Über Arm und Reich. Über Stadt und Land. Über Lohndumping und Millionenboni. Über Steuer­erleichterungen und Sparpakete. Über Genügsamkeit und Wachstumswahn. Über weltoffenen Freigeist und konservativen Kleingeist. Das sind die Gräben in unserem Land. Dabei wird uns die Kategorie Ausländer_innen keinen Schritt weiterbringen und Nationalismus schon gar nicht. Herzlichst, die Kinder der Stadt ZIN°3


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Michel Gammenthaler Albin Brun & Alpin Ensemble Salto & Mortale

u.v.m

sind im März im

www.kleintheater.ch Bild: Michel Gammenthaler

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Kolumne

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tem s y s e h Fuck t Edgar Schwarz

Nach der Annahme der Initiative gegen die Masseneinwanderung ist die Schweiz gespalten. Die eine Hälfte sei fremdenfeindlich, die andere sei nicht schweizerisch. Hier ein paar Gedanken zur SVPInitiative: Die Linken können wahnsinnig gut flennen. Am liebsten machen sies über Facebook und Twitter. Da drohen sie auszuwandern und belassen es dann aber bei einer Drohung. Und bei der nächsten Abstimmung vergessen sie ihr Wahlcouvert unter einem Stapel ZINMagazine. Das Dorf St. Martin in Graubünden hat die Initiative mit 62 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Anzahl Stimmberechtigte in St. Martin: 31. Anzahl Ausländer: 0. Einwanderungsprobleme entstehen im Kopf. Bei dieser Abstimmung drehte sich alles um die Frage «mehr oder weniger Ausländer?». Diese emotionsgeladene Frage verdrängte den eigentlichen Kern der Initiative. Der Abstimmungskampf war von Rechts einmal März 2014

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Kolumne

mehr pure Angstmacherei. Und die Linken konnten nicht dagegenhalten. Diese Flaschen. Das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative zeigt schön, wie Politik funktioniert: Sie ist blosse Propaganda. Wann können wir über die Art und Weise, wie politisiert werden soll, abstimmen? Nachdem Ja bedecken sich Gegner der Initiative mit Schuldzuweisungen, anstatt sich mit Konsensbildung auseinanderzusetzen. Dass die Mehrheit ein Problem mit Immigranten hat, ist nun klar. Leider verpassten alle Parteien (ausser der SVP) es dieses Problem in den letzten Jahren ernst zu nehmen und zu thematisieren. Nun folgte die Quittung. Was die Konsequenzen dieser Initiative sind, weiss niemand. Wieso wurde nicht vor dieser Abstimmung abgeklärt, was die Folgen sein könnten? Schlussendlich stimmte das Volk über ein Nicht-fertig-gedachtes-Ding ab. Eine Wundertüte. Kein Schwein weiss, wie die Zuwanderungsinitiative umgesetzt werden soll. Kennen wir das nicht von anderen SVP-Initiativen aus den letzten Jahren? #hakeahnig

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Kolumne

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Die Schweiz schotte sich ab, ist auf vielen Medienportalen zu lesen. Doch was macht die EU? Sie sichert ihre Grenzen, teils sogar gewaltsam (Stichwort Frontex), und lässt Flüchtlingsdramen in den europäischen Gewässern zu. Wenn die Schweiz nun die Grenzen dicht macht, dann hat die EU ihre schon längst zugemacht. Die Schweiz ist ein nichttrennbarer Teil der EU. Und wann merkt die EU, dass sie ein nichttrennbarer Teil der Welt ist? Wenn die ECOPOP-Initiative angenommen wird, wandere ich aus. #machiehned

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FILM

und m l i F s, Comiciel Clowes Dan Alan Mattli

Obwohl es mitunter so wirkt, als beschränkten sich amerikanische Comicverfilmungen ausschliesslich auf die Superhelden-Geschichten von Marvel (The Avengers) und DC (Batman) sowie auf vereinzelte AlanMoore-Projekte (Watchmen), hat das US-IndieKino einen kleinen Kanon von Adaptionen alternativer Graphic Novels zu bieten, dessen Höhepunkte beide auf einen Namen zurückzuführen sind: Daniel Clowes. Er schuf die Comics Eightball (1989–2004) und Ghost World (1993–97), funktionierte sie zu Drehbüchern um und liess sie von Terry Zwigoff (Bad Santa) inszenieren. Ghost World, der von zwei Teenager-Aussenseitern (Thora Birch, Scarlett Johansson) an der Schwelle zum College-Alter handelt, begeisterte 2001 die Kritiker und wurde zu Recht für einen Drehbuch-Oscar nominiert. Eightball entnahm Clowes die Geschichte Art School Confidential um einen desillusionierten Kunststudenten, welche Zwigoff 2006 verfilmte. Filme wie Comics geniessen Kultstatus und sollten auf keinem Regal fehlen. Mehr von Alan Mattli auf: www.facingthebittertruth.com

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FILM

23 Sehen swert The G rand Budap est H otel Ab 06 . Mär z Savin g Mr. Banks Ab 06 . Mär z Augus t: Osage Count y Ab 13 . Mär z The B ook T hief Ab 13 . Mär z Lone Survi vor Ab 20 . Mär z Capta in Am erica The W : inter Soldi Ab 27 er . Mär z Lone Survi vor Ab 27 . Mär z

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Theater

ale m r o n nz Der gaahnsinn W Noemi Wyrsch

Um den Tisch: Pizzaessen. Der Leiter muss zahlen. An der Tür: Feliciano kommt zu spät. Auf der Bühne: Der Text? Vergessen. Eine Mail? Gestern? Welche Mail? Auf der Sofa Ecke: Absturzgeschichten von Samstag Nacht. Im Grundsatz: Der ganz normale Wahnsinn einer Probe. Und doch – ganz normales Theater wird es bestimmt nicht. Der erste Satz, den ich höre bei meinem Besuch bei Verona 3000: «Das mönd ehr lehre. Das das cool esch, wemmer das zeiget.» Viele junge Leute, unter anderen Stefan Schönholzer, mit einer Stimme, die beim Singen überzeugt und beim Sprechen variabel ist, dass man um die Stimmbänder fürchtet. Wenn Daniel Kobler in seinen Pink-Weissen Socken sagt, «Nei, wörklech, söscht dräi döre», klingt sogar das sympathisch. Das Ensemble macht weiter, mit einer Energie, die mich umhaut. Weil nicht nur die Geschichte, die Protagonisten und das Leitungsteam jung sind, sondern weil alle jung geblieben sind. Trotz Probe ZIN°3


LITERATUR

am Samstag von 12.00 – 18.00 Uhr nach einer wilden Nacht in der Bar 59. Weil alle da sind und gut sind. Verona 3000 wird man sehen müssen. Denn es wird uns viel zu erzählen haben. Über die Liebe, über die Medien, über die Jungen. Und man muss ihnen zuhören. Wel esch wörklech cool, wen si das zeiget. Verona3000, Musical- Experiment über die heutige Jugend, ab 9. Mai in der Mehrzweckhalle Allmend, www.verona3000.ch

rieg K , t l a Gew andere und hlichkeiten säc Neben Simone Keller

In Israel ist der Militärdienst für alle obligatorisch. Auch für Frauen. Darüber schreibt die erst 26-jährige israelische Schriftstellerin Shani Boianjiu in ihrem ersten Roman. Sie erzählt vom Alltag der drei Freundinnen Yael, Avishag und Lea, der geprägt ist von Krieg, Langeweile und Perspektivlosigkeit. Dagegen hilft oft nur Blödsinn: So zieht sich Avishag am helllichten Tag auf einem Wachturm nackt aus und Yael pumpt sich eiskaltes Wasser aus tiefgefrorenen Infusionsbeuteln in die Venen. März 2014

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Literatur

Obwohl Boianjiu auf ihre eigenen Erfahrungen zurückgreift, stellt sich dem Leser immer wieder die Frage: Was ist wirklich wahr? Die Grenze zwischen Realität und Fiktion verläuft so fliessend, dass die Autorin an einer Stelle sagen muss: «Das hier stimmt.» An anderer Stelle heisst es: «Und vielleicht ist alles nur das Fantasiegebilde von irgendjemanden. Bitte nicht richten.» Das fällt schwer. Wenn Shani Boianjiu Sätze schreibt wie «es könnte aber auch spannend sein, wenn ein minikleines Baby aus mir rausfällt, während ich im Kontrollraum Schicht habe und eine Zigarette rauche» möchte man wissen, woher diese Abgeklärtheit kommt. Boianjiu gibt die Antwort an einer Stelle selbst: «Das liegt an dieser Scheissarmee, die versaut jeden.» Frech, direkt, ungeschminkt – dieser Ton zieht sich durch das ganze Buch. Am Ende weiss man nur eines ganz gewiss: Der zynische Titel führt in die Irre. Das Volk der Ewigkeit kennt grosse Angst. Angst vor der Zukunft, Angst vor den Möglichkeiten. Der Satz «Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst» ist nicht mehr als ein Aufkleber. Shani Boianjiu, Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst, Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-04558-1

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Bergpostkartenpanoramascheissdreck

My only friend, the end Schauspiel von Martina Clavadetscher Ab 14. März 2014 im Theater Pavillon Luzern

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LUZERNER THEATER… www.luzernertheater.ch


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Wissen

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Keny P.V.

Neulich nach der Menüwahl fragte mich meine Essensgenossin: «Isst du gar kein Fleisch?» Ich gab mich als Vegetarierin zu erkennen und bereitete mich auf den üblichen Kampf der Rechtfertigung vor. Mein Gegenüber eröffnete die Debatte: «Bio-Fleisch kann man doch mit gutem Gewissen essen und die Tierhaltung in der Schweiz ist sehr artgerecht.» Ich konterte: «Auch Bio-Rinder werden nicht totgestreichelt. Trotz artgerechter Haltung wird das Tier umgebracht damit du es verspeisen kannst. Es gibt kein Fleisch von glücklichen Tieren, nur von toten.» Das Essen wurde serviert und ich begann genüsslich den Gang durch den Teller. «Ein Leben ohne Fleisch kann ich mir nicht vorstellen!» Jetzt wollte sie es genau wissen und ich holte aus: «Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung trägt mehr zum Klimawandel bei als der gesamte Transportverkehr (Auto, Zug, Schiff & Flugzeug) zusammen. Ausserdem wird für die Produktion von 1 Kg Rindfleisch 15’000 Liter Wasser benötigt, das entspricht dem Inhalt von ZIN°3


WIssen

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70 Badewannen.» «Deine Moralpredigt verdirbt mir den Appetit. Muss ich denn auf alles Gute verzichten?» «Musst du nicht, aber du könntest deinen Fleischkonsum halbieren. Denn in der Schweiz essen wir unglaubliche 400’000 Tonnen Fleisch pro Jahr, das sind 1 Kg pro Woche und Person! Friss die Hälfte. Halbiere beim Kochen die Fleischration und mache wöchentliche einen fleischlosen Tag.» Und wenn du jetzt denkst das sei ein Verzicht, dann kennst du die vegetarische Küche schlecht! Lass dich überraschen. Mehr Infos zur Fleischgenussformel unter: www.evb.ch/fleisch

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Ein Schwatz mit…

er e B r e t Wal Angela Meier

Wenn sich Büros, Cafés, Coiffeurs oder Boutiquen in Ausstellungsräume verwandeln und die Stadt randvoll mit Comicfiguren gefüllt ist, dann ist das Fumetto in Luzern angekommen. Vom 5. bis am 13. April wird die Leuchtenstadt zur Comicstadt. Aber Comics sind auch in den übrigen 51 Wochen ein Thema. Dafür sorgt Walter Beer vom Co-Mix Remix, dem Luzerner Comicladen in der Pfistergasse. Mit je zwei Kaffees und Gipfeli sind wir bei einem Gespräch zusammen in den Tag gestartet. Der Co-Mix Remix ist nicht nur für seine Comics bekannt, sondern auch für seine Graffiti-Utensi­ lien und seine Plattenauswahl. Drei Nischen­ produkte, sozusagen. Funktioniert das?

Und wie! Es gibt viele Kunden, die vom Einen zum Anderen gebracht worden sind und heute alles kaufen, was wir im Angebot haben. Was geht in der Comic-Welt grad so ab?

Die japanische Comicszene, welche mit Dragonball gestartet hat, wird momentan stark gepusht. Daneben werden aber auch immer noch die amerikanischen und die klassischen francobelgischen Comics viel gelesen, wie zum Beispiel ZIN°3


Ein Schwatz mit…

Tim und Struppi. Seit einigen Jahren erlebt zudem der Graphic Novel einen starken Aufschwung. Graphic Novels sind auch Comics, jedoch nicht die lustigen, wie man sie aus der Kindheit kennt. Sie richten sich eher an Erwachsene. Was bedeutet das Fumetto für den Co – Mix Remix?

Während der Fumettowoche ist eine grosse künstlerische Szene in Luzern unterwegs. Viele bleiben für zwei, drei Tage und verbinden den Festivalbesuch mit einem Kurzurlaub. Dabei steht offensichtlich auch ein Besuch bei uns auf der «Must have seen»- Liste, was uns natürlich freut. Deine Meinung zum diesjährigen Fumetto?

Das Programm ist für mich wieder «back to the roots», was dazu führt, dass ich mich so sehr freue wie schon länger nicht mehr. Im Programm erkennt man keinen Aushängestar, sondern viele kleinere und zudem auch unbekanntere Künstlerinnen und Künstler. Nun müsste sich das Fumetto nur noch auf «Illustrationsfestival» umtaufen – dann wäre für mich alles gut! Denn das Fumetto ist nun mal kein klassisches Comicfestival, wie man es aus Frankreich kennt. März 2014

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Wenn du dich in eine Comicfigur verwandeln könntest… wer möchtest du sein?

(Kurzes Nachdenken, langes Grinsen) Der Comicverkäufer aus The Simpsons: Grosser Bauch, Elfenbeinohren und extrem unfreundlich. So wäre ich manchmal auch gern, nur leider traut man sich nicht immer, ganz so ehrlich zu sein. Zur Person: Walter hatte seine Ausbildung im Buchladen Räber als Buchhändler gemacht. Gleich zu Beginn wurde er in die Comic-Abteilung geschickt, wo er hängen blieb. Heute liest er alles, was ihm an Comics unter die Finger kommt. Sammeln tut er es jedoch bis heute nicht.

Die Silbenkönigin hüllt sich in ein Wortkorsett

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impreSSum

Verein

ZIN mag, Bernstrasse 57A, 6003 Luzern www.zinmag.ch HerauSgeBer

Marco Schmidiger, Bruno Affentranger cHeFredaktion

Julia Furrer, redaktion@zinmag.ch redaktion

Kilian Mutter, Cécile Moser, Laura Breitschmid, Martina Meier, Edgar Schwarz, Alan Mattli, Noemi Wyrsch, Simone Keller, Keny P.V., Angela Meier layout

Simon Rüegg, Kaj Lehmann marketing und anzeigen

anzeigen@zinmag.ch VertrieB

Modul AG druck

B. Blöchlinger AG, Luzern kooperation

Fotog ra Thoma fien Cover s : www.s Skof, kof.c h

Radio 3FACH

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