Anzeiger für das Nordquartier 2022/11

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FOKUS

VERWALTUNGSZENTRUM GUISANPLATZ

Kreisläufe stärken und nachhaltig nutzen Seit 2016 fördert die Verordnung über den Verkehr mit Abfällen Recycling deutlich stärker. Zirkuläres Bauen ist geboten. Damit werden die Rahmenbedingungen für die Wiederverwertung von Materialien enger und präziser. Das Entsorgungskonzept für den Rückbau und den Neubau des Verwaltungszentrums am Guisanplatz beinhaltet diesbezüglich erstaunliche Lösungen. sr/cae

W

enn im Verlaufe des Monats Juni lysen vor Ort und Erfahrungswerdie fertig gestellte Baugrube an ten erstellt, prüfte das Amt für Wasden Baumeister übergeben wird und ser und Abfall Bern und bewilligte die Hochbauphase beginnt, ist der das Entsorgungskonzept als Teil des Boden des 44 mal 109 Meter grossen Baugesuchs. Jetzt, mit Abschluss der Lochs mit einer hellgrauen Schicht Tiefbauphase, ist das Dokument auf Magerbeton überzogen. Kreisrund 190 Seiten angewachsen. Sion hat zeichnen sich die Umrisse der Fun- es laufend aktualisiert und fortgedationspfähle ab. Man sieht die Fil- schrieben. Er sagt: «Wir haben im terbrunnen, die den Grundwasser- Alltagsgeschäft immer wieder verstand regulieren, und die Fahrgasse sucht, uns an gute, neue Lösungen der zukünftigen Tiefgarage erkennen anzunähern.» PlanerInnen auf einen Blick. Rund wird der Eindruck aber erst durch Magnete, die fischen den Magerbeton an sich. Dieser be- Rückblick in den Sommer 2021. steht unter anderem aus Konstruk- Wochenlang beissen die Zangen der Abbruchtionsbeton, der letzten Sommer bagger Stück für «Rund 13 Prozent sind an gleicher StelStück das Dach le beim Rückbau eine Bagger-Arm-Länge und die Wände der ehemaligen der ehemaligen entfernt in der Nachbar- Einstellhalle für Garagengebäude angefallen ist. Fahrzeuge und schaft verbaut.» des dazugehöriDas Abbruchmaterial bleibt nicht gen Tankstellennur im Kreislauf, es bleibt sogar vor gebäudes weg. Mit einem grossen Ort und bildet die Basis für das Fun- Magneten fischen die Maschinendament des neu zu errichtenden Ge- führer aus den Brocken die Armiebäudes. rungseisen und andere Metallteile. Am Ende der Rückbaumassnahme Steter Optimierungsprozess werden insgesamt 15 000 KubikmeDas Entsorgungskonzept ist be- ter Beton übrigbleiben, die zur Wiereits in der Planungsphase 2019 er- derverwertung abtransportiert und stellt worden. Es stützt sich auf die aufgrund ihrer guten Qualität und Verordnung über den Verkehr mit geringen Verunreinigung wieder Abfällen (VeVa), die fordert, mög- zu Konstruktionsbeton verarbeitet lichst alle Materialien wieder zu werden können. verwenden, vor allem sauberen Betonabbruch und Aushubmate- Auf direktem Weg nach Lätti rial. Christophe Sion, Ingenieur Der Materialkreislauf ist im Recyund Chefbauleiter Tiefbau sowie clingwerk Novakies in Lätti, direkt Christoph Jegge, Umweltingenieur, an der Autobahn, nur 14 Kilometer schätzten alle abzuführenden Mate- vom Guisanplatz entfernt, beispielrialmengen im Voraus. Sie errechne- haft nachzuverfolgen. Was im Vorten, wieviel wiederverwertet werden beifahren wie eine Materialdeponie kann beziehungsweise was geneh- mit grosser Logistikhalle aussieht, migungspflichtig auf die Deponie ist in Wahrheit ein hochspezialisiergefahren werden muss. 100 Seiten tes Werk für die Wiederaufbereitung an Schätzungen, aufgrund von Ana- von Abbruchmaterialien. Ein enor-

mer Berg mit groben Brocken, ein zweiter enormer Berg von gebrochenem, zerkleinerten Material. Das gesamte Abbruchmaterial vom Guisanplatz liegt hier und leuchtet hellgrau in der Maisonne.

«Das gute Gewissen» «Wir sind das gute Gewissen der Marti AG», sagt augenzwinkernd Michael Siffert, Leiter der Novakies. Das Recyclingwerk ist eine hundertprozentige Tochter der Baufirma. Hier wird sichergestellt, dass auf den eigenen Baustellen anfallendes Material im unternehmenseigenen Kreislauf aufbereitet und dann im Rahmen von aktuellen Baumassnahmen wiederverwendet wird. So ist das auch mit einem Grossteil des Abbruchmaterials vom Guisanplatz geschehen: Es wurde als Recyclingbeton im Verwaltungsneubau des Bundes in Zollikofen verbaut. «Wir können steuern, welches Material wo weiterverarbeitet wird», so Siffert. Der gute Konstruktionsbeton vom Guisanplatz kam also genau zum rechten Zeitpunkt ins Recyclingwerk, um aufbereitet direkt nach Zollikofen ausgeliefert zu werden. Zukunftsorientiertes Handeln Zukunftsorientiertes, zirkulares Planen und Handeln beeinflusste auch die Logistik auf der Baustelle. Insgesamt 26 000 Kubikmeter Material fielen dabei an – davon 22 000 m3 beim Ausheben des 2. Untergeschosses von Mitte Dezember 2021 bis Februar 2022. In dieser intensiven Phase verliess im Schnitt alle 10 Minuten ein LKW die Baustelle; pro Arbeitstag im Durchschnitt 45 LKW-Zufahrten. «Wir haben die Logistik so optimiert, dass möglichst keine Leerfahrten entstehen», sagt Christophe Sion. Jede Extra-Fahrt belaste die Anwohner im Quartier und

Die Betriebsabläufe liessen sich ohne digitale Unterstützung nicht bewältigen. Bilder: © Bundesamt für Bauten und Logistik BBL / Rolf Siegenthaler

Mitarbeitende auf Baustellen-Kontrollgang.

Bern, 15. Juni 2022

DAS VZG IM AFDN Der Anzeiger Nordquartier begleitet das Projekt Verwaltungszentrum Guisanplatz. Er hat 2020 (Ausgaben 13 und 22), 2021 (Ausgaben 2, 4, 21 und 22) sowie 2022 (Ausgabe 9) ausführlich darüber berichtet und wird seine Leser*innen auch weiterhin stets über den aktuellen Stand des Projekts informieren. Sie finden alle bisherigen Beiträge im AfdNArchiv in den angegebenen Ausgaben.  www.afdn.ch > Archiv bedeute mehr Verkehr auf den Zufahrts- und Wegfahrtwegen rund um den Guisanplatz. «Die LKW haben Material auf die Baustelle angeliefert, abgeladen und sind dann vollbeladen mit Aushubmaterial wieder weggefahren», so Sion.

Material für die Nachbarschaft Die Transportwege für das wenige verbliebene Aushubmaterial waren kurz. Rund 13 Prozent sind eine BaggerArm-Länge entfernt in der Nachbarschaft verbaut: als Hinterfüllung einer Wand auf dem Grundstück des Unternehmens CSL Behring. Nur das lehmige Material musste zur Endlagerung auf die Deponie gefahren werden. BBL mit Vorbildfunktion Der Bund bzw. die Bauherrschaft, das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) nimmt bei seinen Bauprojekten eine Vorbildfunktion ein. Ressourcenschonend bauen, umweltschonende Baustoffe verwenden, die Kriterien des Standards Nachhaltiges Bauen Schweiz SNBS beachten, all das beeinflusst die Entscheidungen rund um das Recycling von Beton, Aushub oder Wasser. Ziele sind: Impulse zu geben durch gute Beispiele; aufmerksam darauf zu machen, wo und wie in der Bauwirtschaft lokal neue Lösungen für zirkuläres Handeln im Team erarbeitet werden. Die vollständige Version dieses Textes finden Interessierte im D-Bulletin 4, das online abrufbar ist.  www.verwaltungszentrum-guisanplatz.ch

Noch Baugrube, doch schon bald wird in die Höhe gebaut.


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