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#25
Juli / August 2011
Kuzmanovic / walliser bergfussball / veryoungboyst / sogbie Fankurve im Wandel / fc Breitenrain / totomat
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ALL POWERFUL
OWN THE GAME
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hat gewählt Zwölf
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ie 100 grössten Spiele mit Schweizer Beteiligung: Ganz so arrogant, das einfach selbst zu bestimmen, waren wir dann doch nicht. Vielmehr haben wir in einer 25-köpfigen Jury Einsitz genommen und dort unseren Senf dazugegeben. Und nicht nur das: Um das beim Lesen unserer Titelgeschichte zweifellos aufkommende Bedürfnis nach bewegten Bildern zu befriedigen, haben wir Ausschnitte aus vielen dieser 100 Spiele auf unsere Homepage hochgeladen. In unserer Jubiläumsausgabe mit der Nummer 25 präsentieren wir uns also ganz fortschrittlich und schöpfen die multimedialen Möglichkeiten des modernen Journalismus aus.
Nicht ganz so fortschrittsgläubig gehts im Tourbillon zu Sitten zu und her – wenigstens was den von präsidialer Seite immer wieder gerne zitierten Totomat angeht. Ein Relikt aus vergangenen Tagen ist dieser – und damit natürlich ein idealer Protagonist für eine kleine Geschichte in unserem nicht nur jung-modernen, sondern auch so nostalgiefreundlichen Heft. Gleiches gilt für die Kuttenträger im Letzigrund. Im Gegensatz zum Sittener Totomat sind sie zwar aus dem richtigen Leben verschwunden; aber einen Platz in unseren Herzen und damit auf unseren Seiten haben auch sie. Weil wir nach der Totomat-Geschichte gleich im Wallis geblieben sind und hoch oben die dortigen Bergkicker besucht haben, mussten wir dem Verdacht entgegenwirken, eine Region zu bevorzugen. Getan haben wir das, indem wir unserer beliebten Rubrik «Planet Constantin» die Einzigartigkeit nahmen und ihr den «Circus Tschagajew» gegenüberstellten. Und wer weiss: Vielleicht kommt zum Sion-Sonnenkönig und dem Xamax-Tschetschenen bald noch Servettes iranischer Champions-League-Träumer Pishyar dazu. Auch dieser umtriebige Herr taucht bei uns in einer kleinen Geschichte auf. Nach so viel Welschland brauchten wir auch dazu einen Ausgleich und schauten uns bei den Intellektuellen im Berner Quartierverein FC Breitenrain um. Gleich dort um die Ecke, bei YB, hat Zdravko Kuzmanovic seine Karriere richtig begonnen. Um mit ihm über Heimatgefühle zu sprechen, mussten wir indes über die Grenze nach Stuttgart reisen. Über die Grenze gehen auch sehr viele Nachwuchsnationalspieler schon in frühen Jahren, obwohl die allerwenigsten davon im Ausland ihr Glück finden. ZWÖLF wollte nun endlich mal wissen, warum sich dennoch kaum jemand davon abhalten lässt. Nun wollen wir Euch nicht länger abhalten von der Lektüre. Viel Spass Euer ZWÖLF-Team
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Planet Constantin: Der Walliser Sonnenkönig im O-Ton
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Wie gesagt, äh…: Fussballer reden
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Circus Tschagajew: Erste grosse Töne vom Xamax-Tschetschenen
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Die Liste: Veryoungboyst – vergebene YB-Matchbälle
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Auswärtsfahrt: Playoff in Argentiniens dritter Liga
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Mämä erklärt: Warum Fussball kein Sport mehr ist
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Bieli berichtet: Gedanken zur Challenge League
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Beni Thurnheer: Je mehr desto besser
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Die Single: Otto macht Toto
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Das Fundstück: Bierwerbung aus den Siebzigern
14 Die soziale Maschine Der Erfolg der Walliser Bergdorf-Meisterschaft 20 Die 100 grössten Schweizer Spiele Die Partien, die uns Eidgenossen am meisten bewegten 36 «Ich bin ein ziemlich sturer Typ» Zdravko Kuzmanović spricht über Heimat, Hierarchien und Adrian Mutu 38 Fehlanzeige Wie unsere Liebsten als Werbeträger eingesetzt werden könnten 41 Auf Bewährung: S ervette zurück im Oberhaus
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42 Der Totomat Würdigung eines Fussball-Helvetismus
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46 Kurvenanfänge: Als die FCZ-Fans Pyros kennenlernten 50 Generation U Und ewig lockt der frühe Auslandtransfer
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Unser Mann in London: Peter Balzli berichtet von der Parlamentsdebatte um Giggs
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Schweizerreise: Die Intellektuellen vom FC Breitenrain
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NLA-Legende: Jonathan Sogbies Filmpläne mit Laetitia
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Schwarzes Brett: Bücher und Roboterfussball
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Spinnereien aus Belgien: Wenn Modusdiskussionen ins Absurde führen
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Smalltalk und Impressum
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Einlaufen
Rubrik
Wie gesagt, äh... PLANET CONSTANTIN «Der nächste!» Spieler? Trainer? Für einmal wirklich nicht. Christian Constantin auf die Frage, welcher seiner sieben Cupsiege der Schönste ist.
«Sion gegen Grossklubs ist wie ‹Walliser Bote› gegen ‹Blick›.» Wer sucht, findet sicher Gemeinsamkeiten. Wir möchten anmerken, dass der vorletzte Chefredaktor des «Walliser Boten» 25 Jahre im Amt war.
«Der Trainer ist wie eine Melone, von draussen siehst du nicht, was in ihr steckt.» Treue Leser wissen, dass Früchtehändler Constantin zum selben Thema gerne auch Zitronen bemüht, die es auszupressen gelte. CC in der BaZ.
«Ab einem gewissen Punkt muss man die Maschine vorwärtsbringen. Der Sherpa wird geopfert, Hauptsache, der Rucksack kommt auf den Gipfel.» CC im Interview mit swissinfo.ch. Ob so viel bildlichem Sprechen in dünner Luft wird uns ganz schwindlig, und wir können nur vermuten, dass mit Sherpa wohl der Trainer... Aber Rucksack?
«Die Scheichs dort fragten nicht, wie viel es kostet. Sondern nur, was ich ihnen denn Schönes mitbringen könne.» Architekt CCs mögliches Mitbringsel zur WM in Katar: Ein künstliches Matterhorn auf einer Fläche von 26 Fussballfeldern für drei Milliarden Dollar. Darin: Luxussuiten, Fitness- und Wellness-Tempel, Kinos, Shoppingcenter und ein klimatisiertes Fussballstadion der Superklasse.
«Oder am Dienstag, wenn wir montags noch am Feiern sind.» CC auf die Frage, ob er am Montag nach dem Cupsieg mit Trainer Roussey bei einem Kaffee über dessen Vertragsverlängerung reden werde.
«Aaaah, Serey stellt sich an wie ein dummer Schuljunge!» Im Umfeld von Sion heisst es, dass sich Constantin an der Seitenlinie nie so gepflegt ausdrücken würde. CC im Sion-Webradio als Livekommentator im Spiel gegen St. Gallen.
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«Und ja, ich mag junge Frauen.» Das musste noch gesagt werden. CC zum «Blick», nachdem er die Trennung von seiner Frau Carole bestätigt hatte.
Grosser Auftritt des ehemaligen Nati-Spielers Ramon Vega als einer von 300 auserwählten Party-Gästen im Buckingham-Palast an der Hochzeit von Kate und William: «Es war ein rauschendes Fest. Die ganze Welt war da. Prinzessinnen, Prinzen aus Dänemark, Norwegen, Schweden und Spanien. David Beckham mit Victoria, Elton John und, und, und. Nur die Queen war nicht lange dabei», plauderte er im «SonntagsBlick». Da hatte es die Queen aber immer noch besser als Vega. Der nämlich war eigentlich gar nicht dabei, wie er eine Woche später der Zeitung «Sonntag» gestand. «An der ganz privaten Hochzeitsfeier war ich nicht. Aber das ist ja klar, da waren doch nur die Familie, viele Royals und ganz enge Freunde geladen.» Enge Freunde sind ja auch Muri und Haki. Nur wirds in Luzern jetzt dann wirklich eng. Denn noch wohnt Haki in Muris Haus. Und Letzterer warnte im «Blick»: «Wenn er keine Tore schiesst, schmeisse ich ihn raus.»
Dann hätte es Platz für weitere Familienmitglieder, von denen auch der «Blick» bisher nichts wusste. «Ich muss meine drei Brüder im Oberland verlassen: Eiger, Mönch und Jungfrau», witzelte Muri nach seinem Abgang in Thun. Den Witz von Christian Gross hingegen haben erst wenige geknackt – oder verstehen ihn die meisten einfach nicht? Bei seinem ersten Auftritt in Bern wünschte er sich von den Lokalmedien wahrscheinlich gänzlich ironiefrei eine «aufbauende, begleitende Berichterstattung». Wofür brauchts dann noch das YB-Magazin? Aber es soll niemand sagen, Gross sei stur in seinen Methoden. «Er hat seinen Stil, den er auffrischt – wie ein Software-Update», liess YB-Boss Ilja Kaenzig die NZZ wissen.
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Nur ein Update würde in St. Gallen nicht reichen. FCSGSportchef Heinz Peischl will neue Leute: «Spieler, die mit Herzblut und Leidenschaft dabei sind und dahin gehen, wos wehtut.» Da sind sie beim FC St. Gallen aber sicher an der richtigen Adresse. Am wehsten tuts nämlich noch immer in der Challenge League.
Apropos Challenge League: Gewohnt messerscharf erklärt Andy Egli gegenüber dem «Blick» die Turbulenzen in den Schlussrunden der zweithöchsten Klasse: «In Zeiten der Globalisierung wird es immer schwieriger, so etwas wie Teamgeist zu kreieren. Und sobald mal etwas nicht läuft, wird der Trainer entlassen. Aber selbst danach verlor Lugano 0:6 gegen Servette. In der Challenge League treten extreme Sieges- und Negativserien in den letzten Jahren besonders häufig auf.» Wenns die Globalisierung nicht richtet, brauchts vielleicht Hilfe von ganz oben: «Wir sollten in die Kirche gehen, beten und eine Kerze anzünden, damit die Tore fallen», fand Servette-Trainer Joao Alves nach dem 0:1 im Barrage-Hinspiel gegen Bellinzona.
Dort, in Bellinzona, können sie wenigstens erklären, warum sie gewinnen. Auf die Frage, was denn die Mannschaft heute so stark gemacht habe beim Sieg gegen GC, antwortete Bellenz-Doppeltorschütze Frank Feltscher: «Das Wichtigste war, dass die Mannschaft super gespielt hat.» Da wächst ein grosser Trainer heran. Wie gross er wirklich schon ist, ist ja gerade in Basel eine spezielle Frage. Aber jedenfalls hat Thorsten Fink einleuchtende Erklärungen für den Verlauf der Meisterschaft: «Manchmal gewinnen wir, manchmal verliert der Gegner.» Und dann erklärte Fink nach der Meisternacht auch noch den Lauf der Dinge generell und hinterliess mit einem Satz unzählige fragende Gesichter: «Alles geht, nur die Frösche hüpfen.»
Circus Tschagajew «Ich wollte den Klub kaufen, also habe ich ihn gekauft. Für wie viel? Fragen Sie diejenigen, welche ihn verkauft haben. Ich kann mich nicht mehr erinnern.» Will haben: In der Schweiz sagen das schon die Zweijährigen. Der neue tschetschenische Xamax-Boss Bulat Tschagajew über den Kauf des Klubs.
«Wenn das Team gut spielt, werden wir das Stadion kaufen.» Wenn jetzt jemand flüstert: «Und vorher wohl noch die Schiedsrichter», dann ist das nichts anderes als eine fiese Unterstellung. Nochmals Tschagajew.
«Wir werden uns schnell den Herausforderungen in Europa stellen, angefangen bei der Champions League.» Ach! In dieser «Champions League» (mit den Fingern Häkchen in die Luft zeichnend) mussten alle mal anfangen, Herr Tschagajew.
«Es reicht, wenn ich hier bin.» Die Wasserverdrängung in Tschetschenien ist gross. Der neue XamaxPräsident Andrei Rudakow auf die Frage, warum an einer Pressekonferenz Besitzer Tschagajew nicht persönlich da sei.
«I will kill you all!» Da war er hingegen persönlich da. Laut dem Westschweizer Fernsehen soll Tschagajew das den Spielern in der Pause des Cupfinals beim Stand von 0:2 wirklich gesagt haben.
«Ich habe diese Worte nie ausgesprochen. Ich habe mich auf ein SMS eines jungen Xamax-Fans bezogen, der im Spital liegt und mit dem Tod ringt. In diesem Sinne habe ich den Spielern sagen wollen, dass sie den Jungen töten werden, wenn sie nicht für ihn kämpfen. Und dann habe ich angefügt, dass es an ihnen liege, für ihn zu sterben – das ist alles.» Also doch nur ein Übersetzungsfehler. Tschagajew erklärt sich in «Le Matin».
«Geld hat keinen Familien- oder Landesnamen. Es ist einfach Geld.» Richtig. Manchmal «dreckiges», manchmal «schwarzes», aber immer einfach Geld.
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Die Liste
VERYOUNGBOYST! 50. Minute verkürzte Orlando UEFA-Cup 1993 UEFA-Cup 2003 Bis einem für auf 1:2, und kurz nach Beginn Der Meistertitel war weg, und YB war wieder da. Erstmals seit sein Tun extra ein der YB-Viertelstunde sorgten die siegreichen Aarauer wurden zehn Jahren durfte man sich zwei Direktabnahmen von Orin der Champions-League-Qua- wieder mal europäisch messen. Verb erfunden lando respektive Rey für die auch noch mit der AC «Europa, wir kommen!», hallte wird, muss man Wende. Trainer Martin Trümp- lifikation Milan belohnt. Auch YB bekam der Schlachtruf aus der Hauptler war sich keiner Schuld beeinen renommierten Gegner stadt. Der Gegner in der ersten ebendieses Tun wusst: «Im Nachhinein ist man zugelost: Celtic Glasgow reiste Qualifikationsrunde wurde nach klüger, aber nach der bis auf die Spitze immer in der ersten Runde nach Bern Beobachtung in tiefer Bescheigrossartigen Leistung meiner kam nicht über ein 0:0 hin- denheit als «machbar» eingegetrieben haben. Mannschaft vor der Pause hatte und aus. Im Rückspiel hielt der BSC stuft: Die finnischen Amateure ja keinen Grund, an meiner so wie YB mit sei- ich sehr gut dagegen, wenngleich von Myllykosken Pallo –47, besFormation etwas zu ändern.» die Schotten mehrheitlich im ser bekannt als MyPa, konnten nen vergebenen Angriff waren. Im Abschluss jedenfalls nicht mehr sein als ein Matchbällen. Meisterschaft 1993 offenbarte Celtic jedoch gro- Zwischenstopp für die Berner auf
Cupfinal 1991
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Stürmisch zogen die Young Boys in den Cupfinal ein. Bassecourt, Fribourg, Schaffhausen, GC und den FCZ räumte man aus dem Weg, schoss dabei 18 Tore und kassierte nur gerade ein einziges. Auch dass der Gegner am Pfingstmontag Vizemeister Sion war, schien die Berner nicht zu beeindrucken. 50 000 Zuschauer erlebten einen furiosen Start des Heimteams mit drei Eckbällen, drei Grosschancen und einem frühen Eigentor von Lopez. Auch in der Folge wurden die Walliser geradezu zerpflückt und kassierten noch vor der Pause das zweite Tor nach einem Zuffi-Freistoss. Doch dann griff Sion-Trainer Enzo Trossero in die Trickkiste, brachte die Vokuhila-Zwillinge Alexandre Rey und David Orlando, und mit dem Auftauchen dieser beiden war die Sicherheit im Berner Spiel wie weggeblasen. Bereits in der
Die Aussichten auf den Titel stehen ausgezeichnet in der Saison 1992/93. Leo Beenhakker hat das GC-Starensemble in die Abstiegsrunde gesteuert, YB wurde hingegen u.a. mit Georges Bregy, Adrian Kunz, Piotr Nowak und dem Norweger-Duo Lars Bohinen und Mini Jacobsen Qualifikationssieger und traf dabei mit 44 Toren in 22 Spielen mit Abstand am häufigsten. In der viertletzten Runde der Finalrunde traf YB zu Hause auf die erstaunlichen Aarauer von Rolf Fringer. Lediglich 13 500 Zuschauer wollten sehen, wie sich die Berner wieder an die Spitze setzen und damit den Grundstein legen wollten für die Meisterschaft, denn ihre letzten Gegner standen allesamt ambitionslos im Niemandsland der Tabelle. Doch anscheinend ist auf der Taktiktafel von Martin Trümpler ein Spieler vergessen gegangen: Der bulgarische Stirnbandknipser Petar Aleksandrov traf vier Mal im Wankdorf, drei Mal in den letzten 25 Minuten. Und weil Aarau auch gegen Sion und Lugano nicht patzte, stemmten sie den Kübel in die Höhe, während bei YB der Zerfall einsetzte. Zwei Jahre später war man Stammgast in der Abstiegsrunde.
sse Schwächen, und das Aus im drohenden Elfmeterschiessen war vorprogrammiert, ehe Alain Baumann in der 105. Minute eine Hereingabe von Nicholas im eigenen Tor versenkte. Die Angst der Berner vor dem Erfolg bekam neue Nahrung.
Abstiegsrunde 1999 1997 war YB erstmals seit 50 Jahren in die NLB abgestiegen. Der Betriebsunfall wurde nur ein Jahr später wieder korrigiert, doch 1999 musste YB unter Trainer Claude Ryf schon wieder in die Abstiegsrunde. In der Achterpoule musste lediglich der 4. Platz erreicht werden, angesichts der bescheidenen Vertreter aus der NLB – Delémont, Yverdon, Carouge und Wil – nicht mehr als eine Pflichtübung. Doch YB brachte das Kunststück fertig, sowohl gegen Delémont wie auch gegen Yverdon je zweimal zu verlieren und ihnen den Aufstieg zu schenken. Damit stürzte YB nicht nur sich selber, sondern auch Sion ins Unterhaus, während sich die Schatzmeister der NLA tierisch aufregten, weil die beiden Neulinge alles andere als Publikumsmagnete waren.
ihrem Weg, Europa das Fürchten zu lehren. Unter dem neuen Trainer Bidu Zaugg schien die Mannschaft indes noch nicht richtig in die Gänge zu kommen. Das Hinspiel im hohen Norden ging überraschend mit 2:3 verloren, ein Ausrutscher, der jedem mal passieren kann, den man aber problemlos noch korrigieren kann. Falsch gedacht: Das Spiel, das nach Basel verlegt worden war, wurde zur grossen Peinlichkeit. Trotz Chapuisat, Leandro, Sermeter und Joël Magnin reichten die zwei erzielten Tore nicht zum Weiterkommen, denn vier Minuten vor Ende traf der eingewechselte Tero Teipale zum 2:2. Damit war erstmals ein Schweizer Klub im Europacup an einem finnischen Team gescheitert.
Cupfinal 2006 Unter Gernot Rohr durften sich die Berner endlich wieder zu den Spitzenteams zählen. Zwar stand man in der Meisterschaft im
rubrik Schatten des packenden Zweikampfs zwischen dem FCZ und dem FCB, aber immerhin im Cup gelang der grosse Coup, als man die Zürcher auswärts mit 4:1 besiegte. Wieder einmal erreichte man das Endspiel, einmal mehr gings dann gegen den FC Sion. Nie standen die Chancen besser auf einen Titel, denn Sion spielte in jener Saison in der Challenge Lea gue und kämpfte verzweifelt um den Aufstieg. Konnte da noch was schiefgehen im Stade de Suisse? Stapi Tschäppät reservierte jedenfalls schon mal den Balkon des Bundeshauses für die Siegeszeremonie. Er hatte den Berner Hang zum Scheitern unterschätzt: Zwar bringt Varela die Berner in Führung, doch nach einer halben Stunde fliegt Gohouri für eine Notbremse an Paolo Vogt vom Platz. Danach passt bei YB gar nichts mehr. Obradovic gleicht in der 55. Minute aus, und schon vor dem Elfmeterschiessen wissen alle: Es wird auch diesmal nichts werden. Bei João Paulo flattern die Nerven, der Ball knallt an die Latte, und als Regazzoni auch den fünften Sittener Penalty verwandelt, sind die Walliser der erste unterklassige Cupsieger.
Meisterschaft 2008 Nach verhaltenem Start schafften es die Young Boys dank eines entfesselten Hakan Yakin, der am Ende 24 Tore und 14 Assists auf dem Konto hatte, stets im Gleichschritt mit Leader Basel zu marschieren. Doch kaum standen sie nach 33 von 36 Spielen das erste Mal ganz oben, begannen die Knie zu
das fundstück Text: Gregory Germond www.sportantiquariat.ch
schlottern. Schon eine Runde später war der Vorteil wieder verspielt, weil YB das Heimspiel gegen das achtplatzierte Xamax unverständlicherweise mit 1:3 verloren hatte. Am letzten
konnte. Sarni glich aus, und weil sich Portillo in der 88. Minute gegen Guilherme Afonso besonders ungeschickt anstellte, versetzte dieser YB den Todesstoss und bescherte seinem Team den 11. Cupsieg.
Europa League 2009
Spieltag hätte es für Trainer Andermatt einen Sieg im Joggeli gebraucht, doch die Berner vermochten den FCB nie in Gefahr zu bringen, und nach 25 Minuten war nach Toren von Stocker und Streller einmal mehr schon wieder alles verspielt.
Cupfinal 2009 «Wer sich der Geschichte nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen», schrieb einst der US-amerikanische Philosoph Santayana. Das Gedächtnis der Berner schien einige Lücken aufzuweisen, denn wie 18 Jahre zuvor verspielten sie wieder gegen Sion auf geradezu infame Weise einen 2:0-Vorsprung. Sion steckte mitten im Abstiegskampf, während sich YB Platz 2 sicherte. Und gespielt wurde im heimischen Wankdorf. Dank einem Elfmeter von Yapi und schon wieder einem Eigentor führten die Berner hochverdient und sicher mit 2:0, ehe der Anschlusstreffer durch Obradovic das Nervenkostüm der Berner auf eine Probe stellte, der es einmal mehr nicht standhalten
Nach der Enttäuschung im Cupfinale blieb den Young Boys zumindest die neu geschaffene UEFA Europa League. In der Qualifikation wurde ihnen Athletic Bilbao zugelost. Nach dem sensationellen 1:0-Auswärtssieg war endlich wieder mal ein Sieg über einen Grossen in Griffnähe. Voller Selbstvertrauen bedrängten die Berner im Rückspiel das Tor der Basken, die sichtlich Probleme mit dem Kunstrasen hatten, pausenlos. Doch nahezu jeder Berner sündigte mindestens einmal in guter Position. Doumbia, Yapi, Regazzoni, Schneuwly – sie alle versagten aus nächster Nähe. Bei Spielschluss wies die Statistik gerade mal zwei Torschüsse von Bilbao aus, allerdings fanden diese von Llorente und Munain ihr Ziel, während Frimpongs 1:2 nicht genug war: ausgeschieden nach der Auswärtstorregel, trotz erdrückender Dominanz.
Meisterschaft 2010 «YB wird nicht eher Meister, als dass die Unabsteigbaren aus Aarau absteigen», pflegte man sich in Bern nach all den vermasselten Chancen zu sagen. Und in der Saison 2009/10 musste diese Prophezeiung doch wirk-
lich eintreten. Aarau war abgeschlagen Letzter, YB hingegen spielte fabelhaften Fussball und hatte zwischenzeitlich 13 Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz. Am 3. Spieltag setzten sie sich an die Tabellenspitze, und dort blieben sie auch, bis zwei Runden vor Schluss. Dann kassierte der designierte Meister eine 1:5-Klatsche in Luzern und brauchte deshalb am letzten Spieltag vor heimischem Publikum einen Sieg gegen den FC Basel. Obwohl Trainer Petkovic stets versuchte, Siegessicherheit auszustrahlen, schienen nicht mal mehr die Spieler noch an einen Erfolg zu glauben, so gehemmt traten sie auf. Stocker vor und Chipperfield nach der Pause trafen zum zweiten 0:2 in der zweiten Finalissima gegen Basel. Dass damit zum xten Mal ein Coup verpasst wurde, beschäftigte Marco Wölfli indes gar nicht so sehr. Nach dem Spiel gab er zu Protokoll: «Was mich mehr aufregt, ist, dass aus Sicherheitsgründen schon vor dem Anpfiff festgelegt wurde, auf welcher Seite wir spielen und die Platzwahl ausgelassen wurde.» Denn beim Münzwurf hätte man sicher eher gewonnen.
Liebe Freunde des raren Sportstücks Bierwerbung aus den Siebzigern
Die Temperaturen steigen und damit auch der Durst bei den Fussballfans hierzulande. Deswegen stelle ich euch diesmal diese wunderbare Werbetafel auf Karton im Format 33 x 44 cm vor, die direkt den Fussballfan anspricht. Eines vorweg: Das abgebildete Bier ist frisch gezapft und schön kühl – zwei Tropfen auf dem Glas zeugen davon. Ich persönlich kannte diese Biermarke gar nicht, aber ich wurde wie folgt informiert: Die Brasserie Müller wurde 1861 in Neuchâtel gegründet und verschwand 1980.
Dieses Plakat wurde wohl in den 70er-Jahren als Aushang in Gaststuben oder bei den Verkaufsstellen benutzt. Das Signet benutzt geschickt das M für Müller und den Greifvogel des Stadtwappens von Neuchâtel. Einen Hinweis auf das Datum gibt sicher der Ball, der in dieser Form in den Siebzigern im Umlauf war. Die Mannschaften, die sich im grossen Rund einen Match im Hintergrund liefern, sind – in roten Shirts und schwarzen Hosen – Xamax Neuchâtel und wohl der FC La Chaux-de-Fonds, der eine Zeit lang in
komplett weissen Tenues spielte anstatt in seinen traditionellen Farben Gelb und Blau. Also war der Aufruf zum kühlen Trunk den Berglern wie den Städtern gedacht! Auf jeden Fall ein nicht alltägliches Sujet für die damalige Zeit: Bier und Fussball – und das im Neuenburgischen, der Weisswein-Hochburg schlechthin!
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auswärtsfahrt
Central Norte de Salta Brown de Puerto Madryn 0:2 Torneo Argentino A – Playoffs, 5.5.2011 Estadio El Gigante del Norte, 17 000 Zuschauer
Text & Bilder: Benedikt Widmer
Leidenschaft in der Nacht
Fussball wird im Nordwesten Argentiniens nach dem Abendessen gespielt. Der Schiedsrichter bittet in Salta erst um 22 Uhr zum Tanz. Auf dem Programm steht das Spitzenspiel in der dritten argentinischen Liga zwischen Club Athlético Central Norte de Salta und Spitzenreiter Guillermo Brown de Puerto Madryn. Weit nach 22 Uhr warten noch mehrere Hundert Fans vor dem Stadion auf Einlass. Die Menge ist ungeduldig, schliesslich steht das Heimteam kurz vor dem Aufstieg in die zweite Liga. Doch die Eingangskontrollen sind für ein Drittligaspiel erstaunlich akribisch, sogar Feuerzeuge müssen im Schuh versteckt ins Stadion geschmuggelt werden. Auf die Stehplatzrampen drängen sich schliesslich rund 17 000 fanatische Zuschauer. Ununterbrochen wird gesungen und getanzt. fundstück?? Der Fan im Nordwesten Argentiniens trinkt kein Bier, sondern kaut Coca-Blätter. Auswärtsfans sind keine im Stadion. Puerto Madryn in Patagonien, mehr als 2000 Kilometer südlich von Salta gelegen, ist schlicht zu weit weg für eine Reise an einem Mittwochabend. Das Heimteam Central Norte dominiert die ersten Spielminuten. Ein frühes Tor wird aus unersichtlichen Gründen aberkannt. Die Masse tobt, die Tribünen beben. Das Estadio el Gigante del Norte ist alt und baufällig, die Gitterzäune sind rostig. Eine Anzeigetafel gibt es nicht. Der Bau steht im Kontrast zum tourismusgetrimmten, herausgeputzten Zentrum der Stadt an den Ausläufern der Anden.
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Die Leidenschaft der nächtlichen Playoff-Partie ist bemerkenswert, das Niveau jedoch bescheiden. Nach 22 Minuten verschiesst Central Norte einen Elfmeter. Das Spiel bleibt offen, bis kurz vor der Halbzeit Silvio Giovenale das Auswärtsteam mit einem raffinierten Freistoss in Führung bringt. Das Fluchen der Zuschauer beginnt. In der Halbzeitpause animiert ein Klubmaskottchen das Publikum mit einer skurrilen Pyro-Show zur Nachahmung. Was in Europa bei Politikern und Funktionären verpönt ist, scheint in Argentinien zum Fussball-Alltag zu gehören. Nach der Pause erhöht Central Norte den Druck. Doch die Abwehr von Puerto Madryn steht eng, die Kräfte des Heimteams schwinden, die Angriffsversuche werden umständlicher. Die Zuschauer reagieren ungehalten, jede Schiedsrichterentscheidung wird kritisiert und der Gegner gnadenlos beschimpft. Kurz vor Spielende sorgt Juan Tevez mit dem 0:2 für die Entscheidung. Der Frust sitzt tief. Puerto Madryn liegt zwei Runden vor Schluss bereits mit 6 Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze und wird direkt aufsteigen. Central Norte hingegen muss zu neuen PlayoffPartien antreten, um nächste Saison in der zweiten argentinischen Liga zu spielen. Im Estadio el Gigante del Norte werden weitere heisse Nächte erwartet. Mit Travelclub an aussergewöhnliche Fussballspiele: www.travelclub.ch
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mämä erklärt
Martin «Mämä» Sykora ist der ZWÖLF-Fussballprofessor und Präsident der Alternativliga Zürich
Fussball ist kein Sport mehr
Fairness und Ehrlichkeit sind aus unserem Sport verschwunden. Die Kehrtwende muss sofort kommen. Es mögen sich bestimmt noch alle an Bryan Carrasco erinnern. Nun, vielleicht nicht an den Namen, aber doch zumindest an seine bislang auffälligste Aktion, die ihn zur Youtube-Berühmtheit machte: Im Februar in einem Qualifikationsspiel für die U20-WM ergriff der Chilene nämlich die Hand seines Gegenspielers, eines Ecuadorianers namens Edson Montano, und schlug sie sich selber ins Gesicht, wälzte sich danach auf dem Boden, um eine Rote Karte für den unschuldigen Gegner zu provozieren. Ein Kommentar zu dem Video lautet: «Let’s face it: footballers are a bunch of over-payed sissies. They bring shame to the world of sport.» (Seien wir ehrlich: Fussballer sind ein Haufen überbezahlter Sissis, die Schande über die Welt des Sports bringen.) Trotz der polemischen Formulierung müssen wir Fussballfans anerkennen, dass der unbekannte Kommentarschreiber damit wahrlich nicht sehr falsch liegt. Laut Duden ist ein Sportsmann jemand, der sich «durch sein sportliches, faires Verhalten auszeichnet». Während das in den meisten anderen Sportarten die Regel ist, muss man im modernen Profifussball schon sehr gründlich suchen, um nur schon einen einzigen Akteur zu finden, auf den das zutreffen würde. Nirgendwo sonst wird auch nur annährend so oft geschauspielert, beschissen und der Gegner in die Pfanne gehauen. Schwalben, versteckte Fouls, Simulieren – nichts wird ausgelassen, um sich einen Vorteil zu erschleichen und dem Gegenspieler zu schaden. Fussballern ist wahrlich nichts zu peinlich, selbst wenn ihre Täuschungsmanöver von Dutzenden von Kameras festgehalten werden und in x-facher Slow Motion in alle Wohnzimmer übertragen werden. Einen Ruf zu verlieren haben sie ohnehin nicht.
Ist es in anderen Sportarten undenkbar, dass sich ein Spieler einfach zu Boden wirft und sich dann auch noch freut, wenn der Schiedsrichter darauf reinfällt, ärgern sich im Fussball die Zuschauer bestenfalls noch ein paar Momente. Nicht selten wird dabei dem Betrüger noch «Schlitzohrigkeit» attestiert, wenn einer einen Elfmeter «clever herausgeholt» hat. Wie konnte es nur so weit kommen, dass solch ein Spieler, der jeglichen Sportsgeist und Respekt vermissen lässt, Schulterklopfen statt Bestrafung verdient? In den Anfängen des Fussballs wehrten sich viele der kickenden Gentlemen gegen die Einführung des Elfmeters, weil diese Strafe implizierte, man hätte den Gegner absichtlich am Torschuss gehindert, was nicht dem Ehrenkodex entsprochen hätte. Jahrzehntelang versuchten die Fussballer wie alle Sportler, ihre Spiele mit ehrlichen Mitteln zu gewinnen, und hatten nach einer Niederlage die Grösse, den Sieg des Gegners zu würdigen. So wie Karl Odermatt, der seinem grossen Kontrahenten Köbi Kuhn nach dem Cupfinale 1972 anerkennend den Pokal überreichte, was auf einem bekannten Bild festgehalten wurde. Doch dann kam Bernd Hölzenbein. Im Endspiel der WM 1974 liess sich der Deutsche über das Bein von Jansen fallen, und die Welt sah, dass man Siege auch «anders» erringen konnte. Maradona boxte die Engländer 1986 aus dem Turnier, Klinsmann holte 1990 mit einer perfekten Simulation einer tödlichen Verletzung eine Rote Karte gegen Monzón heraus, und Völler erhielt im selben Spiel für einen Taucher den spielentscheidenden Elfmeter. Seither ist der Fussball nicht mehr derselbe. Mit den nun alltäglichen Betrügereien schwand auch der Respekt vor dem Gegner rapide.
Wer hat schon Achtung vor jemandem, der mit allen Mitteln eine ungerechtfertigte Bestrafung erreichen will? Und selbstverständlich wird Gleiches mit Gleichem vergolten. Das Zeitalter des wahren modernen Fussballs war angebrochen. Bryan Carrasco kann man nicht einmal einen grossen Vorwurf machen. Er hat das imitiert, was ihm täglich vorgeführt wurde. Es war ein Versuch, für sich und seine Mannschaft das Beste herauszuholen. Ausser einer Gelben Karte hat er nichts zu befürchten. Und genau das ist das Problem. Wer dopt, tut dasselbe, nur dass ihn dabei eine monatelange Sperre erwartet. Auf dem Platz hingegen wird man für Betrugsversuche höchstens verwarnt. Dieses Missverhältnis ist schlicht unbegreiflich. Die Grenzen wurden so lange ausgelotet, bis die Sportsmänner ganz ausgestorben waren. Wenn sich der Fussball vor der Sportgemeinschaft nicht komplett lächerlich machen will, muss jetzt die Handbremse gezogen werden. Taxiert Schwalben und Ähnliches endlich als das, was sie sind, nämlich nicht bloss kleinere Unsportlichkeiten, sondern ein grosser Betrug, der auch so geahndet werden muss: mit wirklich schmerzhaften langen Sperren.
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bieli berichtet
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Diese Saison ging in der Challenge League wirklich alles drunter und drüber. Die Siegesserien waren erstaunlich: von Lausanne, Vaduz, Lugano und Servette. Eine Liga mit so vielen Serien, Leaderwechseln und einer so packenden Schlussphase ist ziemlich einzigartig. Da passte das Kuriosum, dass Lugano als Tabellenführer 5 Runden vor Schluss den Trainer entliess. Leider lief es auch beim FC Winterthur nicht wie geplant. Nach Platz 3 im Jahr davor hiess unser Ziel: Rang bestätigen. Davon waren wir meilenweit entfernt. Bis zur zweitletzten Runde schwebten wir in Abstiegsgefahr, und damit hat im Verein wirklich niemand gerechnet. Wir kamen nach dem schlechten Start einfach nie richtig auf die Beine, kassierten mehrere ärgerliche Niederlagen mit Gegentoren in den letzten Minuten. So kommt man schnell in eine negative Spirale. Man beginnt zu hadern und fragt sich, wie man da wieder rauskommt. Dafür muss man aber zuerst das Selbstvertrauen zurückgewinnen. Wir haben das gemacht, indem wir eine Tabelle aufstellten nur mit den 4 Topteams und uns. Da standen wir sehr gut da, und wir haben schwarz auf weiss gesehen, dass wir trotz allem mit diesen Topteams mithalten konnten. Zudem haben wir uns DVDs von unseren guten Spielen angeschaut. Wenn man einige Siege in Folge einfährt, werden Partien aber zum Selbstläufer. Ich habe mit einem Spieler von Vaduz während ihrer Serie von 12 Siegen gesprochen. Er sagte, sie müssten sich gar keine Gedanken machen, selbst bei einem Rückstand, weil sie wüssten, dass sie das noch drehen würden. So kam es dann auch, zumindest bis sie selber – auch wegen massiven Verletzungspechs in der Offensive – in eine Negativspirale gerieten. Solche Schwankungen und Serien sind vielleicht in der Challenge League häufiger, aber auch das GC-Starensemble unter Beenhakker fiel 1992 in die Abstiegsrunde, und Dortmund liess sich von der Erfolgswelle mit einer jungen Truppe bis zum Meistertitel tragen. Für Teams wie den FCB oder
Rainer Bieli spielte schon für 4 Challenge-League-Vereine, bis zuletzt für den FC Winterthur.
den FCZ ist es sicher einfacher, sich in Krisenzeiten wieder aufzufangen. Die Spieler sind solider, deutlich erfahrener und können besser mit der Situation umgehen. Servette, das für mich dank des Umfelds (Stadion, Fans etc.) ohnehin als Favorit galt, und Lausanne sind für mich die verdienten Aufsteiger. Lausanne profitierte enorm von der Europa League. Man merkte, dass man selbst gegen Topteams wie Palermo, Sparta Prag oder Lok Moskau bestehen konnte. Martin Rueda hat das Team davor bewahrt, nach dem Ausscheiden in ein Loch zu fallen, wie ich befürchtet hatte. Hut ab! Wenn die Aufsteiger ihre Teams zusammenhalten, können sie auch in der Super League bestehen. Lieber punktuell verstärken als wild einkaufen: Das hat der FC Thun diese Saison bewiesen. Beeindruckt haben mich Spieler wie Lausannes Silvio und Luganos Senger. Ich verstehe nicht, warum so viele Super-League-Vereine lieber irgendwo auf der Welt unbekannte Stürmer einkaufen, die sich dann zuerst noch
der Cartoon
akklimatisieren müssen, anstatt sich im Unterhaus der Schweiz umzuschauen. Für mich selber endete die Saison mit einem Wechselbad. Obwohl ich mit meiner eigenen Leistung sicher nicht zufrieden sein kann, sicherte ich mit meinem wohl wichtigsten und schönsten Tor der Saison gegen Biel dem FCW den Klassenerhalt. Die Freude wich jedoch bald der Desillusion: Zu meiner grossen Enttäuschung wurde mein Vertrag trotz anders lautenden Aussagen nicht verlängert. So bin ich momentan auf Vereinssuche, freue mich aber trotzdem bereits wieder auf eine neue, ebenso spannende Fussballsaison, die diesmal noch viel wegweisender sein wird im Hinblick auf die neue 10er-Liga!
Das Schweizer Sportfernsehen lässt die verrückte Challenge-League-Saison nochmals Revue passieren. Gabriel Oldham diskutiert mit SSF-Kommentator Patric Schäfler und VaduzTrainer Eric Orie, dazu werden die wichtigsten Szenen nochmals gezeigt. 11.7. Hinrunde, 18.8. Rückrunde (jeweils um 20 Uhr)
Von Konrad Beck, Christian Wipfli
rubrik
beni thurnheer
Die Single Beni National ist der neuste ZWÖLF-Transfercoup.
Auf die Grösse kommt es doch an! Die Entscheidungen sind gefallen: Basel ist Meister, St. Gallen und Bellinzona steigen ab, Lausanne und Servette steigen auf. Überraschend? Überhaupt nicht. Langfristig setzen sich eben immer die Klubs durch, welche aus den grössten Städten kommen. Mehr Einwohner, mehr Auswahl, mehr Qualität, mehr Erfolg! Dies gilt auch international. An der Euro 08 standen mit Deutschland, Russland, Spanien und der Türkei die vier Teilnehmerländer mit den grössten Einwohnerzahlen im Halbfinal. Natürlich braucht der Fussball einen grossen Stellenwert, und dies ist in Europa und Südamerika der Fall. Die Einwohner-Rangliste dieser «Fussball-Welt» lautet: 1. Brasilien, 2. Russland, 3. Türkei, 4. Frankreich, 5. Grossbritannien, 6. Italien, 7. Ukraine, 8. Spanien. Diese Länder finden sich auch regelmässig in den vordersten Positionen der FIFA-Weltrangliste wieder. Gefühlsmässig sind Russland und die Türkei etwas zu gut platziert, doch auch dies lässt sich erklären: Deren Bürger leben zu einem guten Teil in der Nicht-so-Fussball-Region Asien. Zurück zur Schweizer Fussballmeisterschaft: Auf die Grösse der Städte kommt es auch hier an. Mit den Aufsteigern aus Genf und Lausanne sind jetzt die fünf grössten Schweizer Städte in der obersten Liga vertreten, Zürich, das doppelt so gross ist wie die nächstgrössten Städte, stellt folgerichtig zwei Teams. Luzern als Nr. 9 positioniert sich auch noch standesgemäss, Thun als Nr. 11 fast. Abstiegsanwärter müssten in der nächsten Saison demnach Neuchâtel Xamax (Nr. 17) und Sion (Nr. 20) sein. Die rein rechnerischen Aufstiegskandidaten aus der Challenge League sind so Winterthur (Nr.6), das eben abgestiegene St. Gallen (Nr.7), das fast aufgestiegene Lugano (Nr. 9) und Cuphalbfinalist Biel (Nr. 10). Dies alles liegt verblüffend nahe bei der Realität! Köniz (Nr. 12) ist mit knapp 40 000 Einwohnern die grösste Stadt, welche im Profi-Fussball keine Rolle spielt, gefolgt von den ehemaligen Nationalliga-Klubs La Chaux-de-Fonds, Fribourg und Schaffhausen. Allerdings müssten aufgrund der über doppelt so grossen Bevölkerung vorher noch die sieben grössten Städte mit je einem weiteren Verein vertreten sein, also etwa mit YF Juventus Zürich, Etoile Carouge, Old Boys Basel, Breitenrain Bern, Malley Lausanne, Töss Winterthur und Brühl St.Gallen. Wiederum: So folkloristisch sieht die Liste gar nicht aus! Dafür tummeln sich derzeit in der Challenge League Klubs aus Orten, die nicht einmal zu den Top 100 gehören und deshalb Abstiegskandidaten sein müssten Delémont (Nr. 105!) sowie Chiasso und Vaduz, die mit ihren 8000 bzw. 5500 Einwohnern noch nicht einmal Städte sind und für ein ausgeglichenes Budget bei ihren Heimspielen wohl die gesamte Wohnbevölkerung ins Stadion locken müssten! Langfristig ist die Zuschauerzahl also ein ziemlich zuverlässiges Indiz für den Erfolg eines Vereins, weshalb ich Investoren zu Winterthur und Köniz raten würde!
My Otto macht Toto Wirth, Berlinger und Pilloud, Grammoclub, Ende 50er Aus der Sammlung von Pascal Claude Diese aus dem Sportlieder-Wettbewerb von Radio Zürich hervorgegangene EP (vier Lieder statt nur zwei) ist textlich wie musikalisch ein Genuss. Im Titelstück singt Lotte Berlinger das Klagelied der Ehefrau eines Fussball- und Wettsüchtigen, der immer am Match und nie zu Hause ist, und wenn, dann «füllt er Zettel aus». Erst droht sie ihrem Otto mit der Scheidung, dann schickt sie ihn zum Psychiater, der aber, wie sie entrüstet feststellt, bloss Ottos nächster Wettkamerad wird. Das traurige Ende: «De Otto hett de Toto-Wahn, er isch total en Totoman, und mir bliibt nume es Foto, es Foto – vom Otto.» Diese und die früheren «Singles» zum Anhören auf www.zwoelf.ch
Die Tabelle Rang
Klub
Fans
1.
FC Basel
19 267
2.
BSC Young Boys
11 971
3.
FC Sion
10 972
4.
FC Luzern
9498
5.
GC Zürich
8672
6.
FC Zürich
7389
7.
FC St. Gallen
6737
8.
FC Thun
2195
9.
Neuchâtel Xamax
586
10.
AC Bellinzona
508
ZWÖLF präsentiert den Tabellenstand der Super League. Diesmal: Fans der jeweiligen offiziellen (wenn vorhandenen) Facebook-Seite. Die faulsten Fans haben anscheinend Sion, Luzern und GC. Nur bei diesen Vereinen klicken mehr auf «Gefällt mir», als durchschnittlich im Stadion sind. Unser Ziel: in dieser Tabelle einen Europacup-Platz zu ergattern.
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Die soziale Maschine
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Text: Samuel Burgener / Bilder: Stefan Bohrer
Die Oberwalliser Bergdorfmeisterschaft ist seit Jahren ein Erfolgsprodukt. Sie erschliesst kleinste Bergdรถrfer in einem sportlichen Wettbewerb und kommt so einem sozialen Auftrag nach. Trotzdem gibt es kritische Stimmen.
D
er Oberwalliser ist ein genügsamer Mensch. Rummel und Getöse mag er nicht. Eine gesellige Runde hingegen schon. Am liebsten sind ihm die Samstage, an denen irgendwo irgendetwas läuft. Kurz vorbeischauen, ein paar Bierchen trinken – ja, das ist gut. Dieser Samstagabend in Saas-Balen ist wie gemacht fürs Zusammensein. Das Dorf am Eingang des Saastals hat 417 Einwohner, ein paar Touristenbetten, eine schöne Rundkirche, zwei Beizen. Und es hat sich schön herausgeputzt für die Einweihung des Sportplatzgebäudes. Mitten im Dorf, dort, wo im Sommer der Fussballplatz steht und im Winter die Eisbahn, hat die Gemeinde ein kleines Gebäude mit einer schmucken Buvette und flotten Umkleidekabinen bauen lassen. Grund genug für die Dorfmusik, ein Stück zu spielen. Und Grund genug für die Leute des Dorfes, zum Apéro zu kommen. Auch der Jodelklub ist da und macht das, was er immer tut an solchen Anlässen. Und der Pfarrer spricht zu den Leuten. Fussball gespielt wird auch: Der Fussballklub aus Saas-Balen misst sich an diesem Samstag mit dem FC Gspon, einer Equipe, die nach einem kleinen Weiler oberhalb des 600-Seelen-Dorfes Staldenried benannt ist. Es ist das Kräftemessen zweier Mannschaften, die zu den besten ihrer Liga gehören. Es ist ein Match in der Herren-Gruppe A der Oberwalliser Bergdorfmeisterschaft, kurz BDM. Der FC Saas-Balen gewann im vergangenen Jahr den Meistertitel, der FC Gspon war in früheren Jahren Seriensieger gewesen und errang zuletzt mediale Aufmerksamkeit wegen seines Fussballplatzes, der auf 2008 m. ü. M. liegt, Ottmar-Hitzfeld-Arena heisst und der höchstgelegene Europas sein soll. Walliser Gladiatoren Jung und Alt ist zum Sportplatz in SaasBalen gepilgert. Es wird geredet und gelacht. Es regnet zwar, aber dagegen helfen Bier und Kafi-Schnaps. Als die Equipen unter dem Applaus der Zuschauer auf den Kunstrasenplatz stolzieren, wähnt man sich bei den Gla-
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diatoren im alten Rom: Brust raus, Kopf hoch, erste Schweissperlen auf der Stirn. Der Captain des FC Saas-Balen blickt so finster in die Welt, als kämpfe er alsbald um nicht weniger als sein Leben. Die BDM ist ein Erfolgsprodukt. 21 Vereine aus kleinen Oberwalliser Bergdörfern machen mit. Sie stellen insgesamt 26 Equipen für die Meisterschaft der Herren, die in die Leistungskategorien A, B und C eingeteilt ist. Hinzu kommen die Meisterschaften der Damen und der Senioren mit jeweils sieben Teams. Kleine Bergdörfer wie Simplon oder Saas-Almagell, die weniger als 400 Einwohner haben, verfügen gar über ein Reserveteam bei den Herren. Der Start zur Meisterschaft ist jeweils im späten Frühjahr, wenn die letzten Plätze vom Schnee befreit sind. Im Sommer gibt es eine Pause, Anfang Herbst startet die Rückrunde, im Oktober steht der Meister fest. Die Mannschaften bestehen nur aus acht Spielern; Offside- oder Rückpassregel existieren nicht, sonst gelten die Regeln des Schweizerischen Fussballverbandes. 1984 gründeten acht Hobby-Teams aus Oberwalliser Bergdörfern die BDM. Seither hat sich vieles getan. Mehr als 1000 aktive Fussballer zählt die Liga heute. Die Idee der BDM ist seit je die gleiche: Mannschaften, die nicht über genügend Geld, Spieler und eine geeignete Infrastruktur verfügen, um an der offiziellen Meisterschaft des Walliser Fussballverbandes teilzunehmen, messen sich in einem regionalen Championat miteinander. Was vor 27 Jahren aus einer Schnapsidee entstand, ist zu der perfekten Liga geworden. Die Organisation des Spielbetriebs klappt dank der betriebseigenen Internet-Plattform und dem Engagement des Komitees hervorragend. Schiedsrichter gibt es genug, Anfragen neuer Mannschaften auch. Und letzten Sommer spendete FIFA-Präsident Sepp Blatter 10 000 Franken aus der Kasse seiner humanitären Stiftung. Viele Fussballplätze der BDM-Teams sind Schmuckstücke, denn viele Kleingemeinden haben in den letzten Jahren
in die Infrastruktur investiert. Und die Aussicht von den Dörfern Bürchen, Unterbäch, Gspon oder Ausserberg hat schon manchem auswärtigen Spieler die Konzentration geraubt. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» schrieb über den Platz in Gspon vor einigen Jahren: «Man hat das Gefühl, dem Himmel nahe zu sein.» 4. Liga ist nicht genug Auch das sportliche Niveau der BDM ist in den letzten Jahren gestiegen. Viele vergleichsweise gute Spieler lernten die Vorzüge des gemütlichen Bergfussballs kennen und schätzen. Kurze Reisen zu den Auswärtsspielen, viele Zuschauer, viele Derbys, viele Kollegen, viel Bier, viel Folklore, viel Dörfligeist. Das hat mehr Reiz als die Anonymität der 4. oder der 5. Liga. Wie gut das Niveau wirklich ist, lässt sich kaum eruieren. Je nach Grösse, Breite und Beschaffenheit des Platzes kann sich ein Spieler besser oder schlechter entfalten. Was sich sagen lässt: Für eine Spitzenmannschaft aus der A-Gruppe wie Saas-Balen wäre ein durchschnittlicher 4.-Liga-Spieler keine Verstärkung mehr. Spielertypen gibt es in der BDM viele – vom Modelathleten mit Sprinterfähigkeiten bis zum Lehnstuhl-Libero mit Wohlstandsranzen. Unabhängig von seiner Qualität muss ein Spieler aber zum Bergfussball passen. Das Spiel ist schnell, dynamisch, körperbetont – Verschnaufpausen gibt es auf den kleinen Spielfeldern kaum. Weil es keine Offsideregel gibt, kann jeder Ball, der in Richtung Tor getreten wird, gefährlich sein. Qualitäten im Eins-gegen-eins nutzen oft wenig, weil alle Spieler auf einem Haufen stehen und sich gegenseitig auf die Füsse treten. Die besten Spieler sind die mit dem grössten Herzen, dem meisten Mut und dem härtesten Schuss. Die BDM ist kein Kindergeburtstag, zweikampfstarke Spieler haben Vorteile. Doch freilich: Technische, taktische oder konditionelle Qualitäten sind auch hier von Nutzen. Eine interessante Rolle im BDM-Zirkus spielt der «Walliser Bote». Die Lo-
bergdorfmeisterschaft
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kalzeitung schrieb im November 2008 in einem Kommentar: «BDM, das ist Kleinfeldfussball auf bescheidenem Niveau mit viel Folklore und regionalem Enthusiasmus.» Der «Bote» übte regelmässig Kritik am System der BDM und sprach Probleme offen an, was ihm keine neuen Freunde brachte. Gleichzeitig ist die Zeitung aber auch das Sprachrohr der Bergdorfmeisterschaft. Montags sind die Resultate des Wochenendes im Blatt, am Dienstag gibt es einen Nachzug mit viel Text, den der BDM-Präsident Andreas Theiler jeweils selbst verfasst. Meist druckt der «Walliser Bote» sogar ein Foto dazu ab. Über die 4. oder die 5. Liga hingegen
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findet sich in der Lokalzeitung keine einzige Zeile. Die Skepsis des «Walliser Boten» gegenüber der BDM hat ihre Gründe. Die Prosperität der BDM ist für den Fussball im Oberwallis nicht nur ein Segen. Immer mehr Klubs aus der offiziellen Meisterschaft des Walliser Fussballverbandes bekunden Mühe, genügend Spieler zu finden, um eine Equipe zu stellen. Allein in der Region Zermatt/ Saas-Fee gibt es zehn (!) BDM-Vereine mit teilweise mehreren Equipen. Die Folge: Die 4.-Liga-Klubs aus Saas-Fee, Stalden und St. Niklaus leiden; ihnen fehlen Aktivspieler, Trainer, Helfer und Junioren.
Folklore und Dörfligeist Der Walliser Fussballverband hat das Problem erkannt. Er will bald mit den Verantwortlichen der BDM das Gespräch suchen, um Lösungen zu finden. Eine Möglichkeit: Ligaspieler sollen auch in der BDM auflaufen dürfen, was bis dato verboten ist. Die BDM will das so. Sie hat Angst vor dem Verlust der Identifikation und vor Wettbewerbsverzerrungen. Dem Walliser Verband jedoch würde eine Anpassung der Regeln dienen. So könnten die Ligamannschaften auf mehr Spieler zählen. Dem BDM-Präsidenten Andreas Theiler schwebt langfristig allenfalls ein System einer Untergruppierung im Walliser
bergdorfmeisterschaft
Verband vor. So wie das der Schweizerische Fussballverband bereits mit dem Futsal oder dem Firmenfussball handhabt. Aber das alles braucht noch Zeit. Denn momentan sind die Zeiten rosig für den Oberwalliser Bergfussball. Die BDM ist eine Maschine auf Betriebstemperatur. Sie hat in den letzten Jahren das Selbstverständnis entwickelt, ein bestens funktionierendes Fussball-
produkt in der Provinz zu sein. Sie steht zu dem, was sie auszeichnet, obschon das vielerorts verpönt ist: Folklore und Dörfligeist. Mit diesen Tugenden sowie der Kraft des sportlichen Eifers kommt sie einem sozialen Auftrag nach, der für einen Bergkanton wie das Wallis von enormer Bedeutung ist: Sie trägt dazu bei, dass sich die Abwanderung junger Menschen aus Bergdörfern in Grenzen hält. Die Walliser Politiker in der Kantons-
hauptstadt Sitten lachen über solche Aussagen. Sie diskutieren lieber über Subsidien oder den Finanzausgleich, bei dem viele Berggebiete zu den Verlierern gehören werden. Das Oberwallis kann von Glück sprechen, hat es den Bergfussball. Dieser schafft, was Geld und Politik nicht schaffen. Die Politiker sollten sich mal ein BDM-Spiel ansehen. Zum Beispiel in Saas-Balen. Dann wüssten sie, was gemeint ist.
Zwoelf_Rechteck_2011_4c:Zwolf_Rechteck 29.05.11 12:57 Seite 1 Anzeige
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ZWÖLF liebt Listen und Tabellen. Deshalb präsentieren wir in dieser Jubiläumsausgabe diese längst fällige und von einer äusserst kompetenten Jury zusammengestellte Rangliste der 100 grössten Spiele von Schweizer Vereins- und Nationalmannschaften.
Text: David Mugglin
Die top 100
D
er WM-Achtelfinal von 1938 ist wegen einer Kombinati- Mannschaft an, die zur Hälfte aus österreichischen Spielern beon von drei Faktoren das bedeutendste Spiel der bisherigen stand. Ironischerweise sollte just diese politisch motivierte ZusamSchweizer Fussballgeschichte: seiner sportlichen Bedeutung, seiner mensetzung, die den ganz unterschiedlichen Spielstilen keinerlei Dramaturgie und seines politischen Hintergrunds. Rein sportlich Rechnung trug, zum frühen Ausscheiden beitragen. Das einheiwar der Sieg, den die Rotjacken drei Wochen zuvor gegen Lehr- mische französische Publikum stand ganz auf der Seite der Schweimeister England errungen hatten, wohl bedeutender; jedoch hatte zer. In der Schweiz verfolgte man die Ausdehnung des nördlichen es sich dabei lediglich um eine Freundschaftspartie gehandelt, wäh- Nachbarn mit Unbehagen und befürchtete ein ähnliches Schickrend mit dem Erfolg gegen Deutschland der nördliche Nachbar das sal wie Österreich. Umso mehr geriet das Land durch den Sieg in Euphorie, schien es doch nun, als ob sich der demokratische bislang einzige Mal in der Vorrunde einer WM eliminiert wurde. An Dramatik war die Partie kaum zu überbieten. Drei Tage Kleinstaat auch auf anderen Feldern gegen den braunen Koloss zuvor hatten sich die beiden Teams in einem hart geführten Spiel erfolgreich würde behaupten können. Viele Menschen verfolgten nach Verlängerung 1:1 unentschieden getrennt. Die Wiederho- die Rundfunkübertragung der Partie an Lautsprechern, die auf lungspartie schien schon nach einer Viertelstunde entschieden, öffentlichen Plätzen aufgestellt waren, und nach dem Schlusspfiff kam es allenthalben zu spontanen Feiern mit nachdem die Deutschen nach einem SchweiSchweizer Fahnen und Lampions. Bundeszer Eigentor auf 2:0 erhöht hatten. Kurz vor rat, Parlament, zahlreiche Vereine und viele der Pause gelang indessen der Anschlusstreffer, und in der letzten halben Stunde kippte Schweiz - Deutschland 4:2 (1:2) Privatpersonen schickten Glückwunschtelegramme nach Paris, die ganz im Stil der Geisdas Spiel vollständig. Wie jedes Epos hatte 9.6.1938, WM-Achtelfinal auch das Ringen der beiden ungleichen tigen Landesverteidigung gehalten waren. Nachbarländer seine Helden. Dazu zählte der in der französischen Politische Untertöne waren in der Berichterstattung besonders Profiliga kickende Trello Abegglen, der in den beiden Partien gegen deutlich in linken und Westschweizer Zeitungen, fanden sich verDeutschland drei der fünf Schweizer Treffer beisteuerte, sowie der halten aber auch in der bürgerlichen Presse der Deutschschweiz. Staatenlose Genia Walaschek, der als Flüchtlingskind dank einer Nur rechts aussen schwieg man betreten. Der Fussballsieg gegen Sondergenehmigung der FIFA spielen durfte und erst nach der «Grossdeutschland» sollte noch jahrzehntelang im kollektiven GePartie, bei der er den psychologisch wichtigen Anschlusstreffer er- dächtnis haften bleiben, und in jüngerer Zeit wurde er auch zum zielte, den Roten Pass erhielt. Sodann der Stürmer Georges Aeby, Gegenstand literarischer Verarbeitungen und historischer Analyder die Partie mit ausgerenktem Unterkiefer zu Ende spielte und sen. (Christian Koller) dadurch in besonderem Masse alteidgenössische Tugenden zu verSchweiz - Deutschland 4:2 (1:2) – Parc des Princes, Paris – 20 025 Zuschauer – körpern schien. Schiedsrichter: Eklind (Sd) – Tore: 8. Hahnemann 0:1. 22. Lörtscher (Eigentor) 0:2. In politischer Hinsicht war die Partie äusserst brisant. Weni- 42. Walaschek 1:2. 75. Bickel 2:2. 75. Abegglen 3:2. 78. Abegglen 4:2. – Schweiz: ge Wochen vor dem Beginn der WM hatte Hitler-Deutschland Huber; Minelli, Lehmann, Lörtscher, Walaschek, Aeby, Springer, Amadó, Abegglen, Vernati, Bickel. – Deutschland: Raftl, Kupfer, Lehner, Szepan, Streitle, Stroh, Neumer, Österreich annektiert. Nun trat es mit einer «grossdeutschen» Goldbrunner, Janes, Skoumal, Hahnemann.
1.
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2.
Schweiz - Rumänien 4:1 (1:1) 22.6.1994, WM-Vorrunde
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achdem das Startspiel an der WM 1994 gegen den Gastgeber USA unentschieden ausgegangen ist, kommt es zum Liebesentzug. Die Schweizer Presse zweifelt erstmals an ihrem Lieblingstrainer. Sogar die NZZ befindet, dass die Nati schwer enttäuscht habe. Hodgson ist wegen Knups Blessur von seinem gewohnten System abgewichen und hat auf einen Ein-MannSturm gesetzt. Die gestiegenen Ansprüche der Medien sind bereits vor der WM auf die Bevölkerung übergeschwappt. Ein Grossteil traut der Nati das Halbfinale zu, was anhand der jüngsten FIFAWeltrangliste, in der die Schweiz auf Platz 3 geführt wird, ja sogar einer gewissen Logik entspricht. Die Stimmung ist also bereits angespannt. «Ein Sieg muss her – sonst knallts!», weiss der «Blick». Vorerst gibt es für die Presse keine Nahrung. Mit Knup statt Bickel geht es zum zweiten Mal in das von Popcorn-Duft durchzogene und überdachte SilverdomeStadion von Detroit. Der Abend des 22. Juni 1994 wird die Stimmung dann komplett wandeln. Dafür kann man mehrere Gründe anführen. Die Nati hat trotz politischem Röstigraben, welcher durch die EWR-Abstimmung 1992 vertieft worden ist, einen starken Zusammenhalt. Einerseits treten vorurteilsfreie und selbstbewusste Secondos (Rueda, Pascolo, Sforza, Subiat) im Team auf, anderseits sind keine festgefahrenen Blöcke – die ihre Blütezeit in den 80ern (GC und Servette) hatten – ersichtlich. Und in Chappis Fahrwasser zieht es viele Spieler in die Bundesliga. Tatsächlich brillieren beim 4:1-Erfolg ausgerechnet vier Deutschland-Söldner. Knup (Stuttgart) steuert zwei, Chapuisat (Dortmund) und Sutter (Nürnberg) je einen Treffer bei, dabei wird das 3:1 genial und unvergesslich von Sforza (Kaiserslautern) vorbereitet. Dieser Nati steht ein autoritärer und akribisch arbeitender Coach vor, der den Romands nicht nähersteht als den Deutschschweizern. Hodgson lässt jeden Spieler wissen, was er zu tun hat. Von dieser stark taktischen Gewichtung profitiert wohl der technisch limitierte Quentin am meisten. Nicht zufällig leitet er durch seinen halsbrecherischen Einsatz das wichtige 2:1 ein. Im Detail liegt für einmal nicht der Teufel, sondern das Glück. Die Vorbereitung ist stets minutiös geplant, und die Spielzüge sind bis zum Exzess eingeübt. «Das Unglaubliche war», sagt Knup heute,
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«dass Hodgsons Voraussagen auch tatsächlich eintrafen.» Daneben besitzt die Nati, wie wohl keine andere Nationalmannschaft an dieser WM, elf Stammspieler. Dieser ungewöhnliche Umstand hilft dem Team, die eigenen Abläufe im Spiel zu automatisieren. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es auch das Glück beansprucht, dass sich keiner dieser elf während der Saison schwer verletzt hatte. Nach dem grandiosen Sieg schlägt auch Wendehals «Blick» wieder versöhnliche Töne an: «Danke Roy! Danke Boys!» Weitere Seligsprechungen werden folgen. Hodgson ist vom Buhmann zum Volkshelden aufgestiegen, und der Schweizer Fussball ist rechtzeitig zur globalen Kommerzialisierung dieses Ballsports salonfähig geworden. Schweiz - Rumänien 4:1 (1:1) – Pontiac Silverdome, Detroit – 61 430 Zuschauer – Schiedsrichter: Jouini (Tun) – Tore: 16. Sutter 1:0. 36. Hagi 1:1. 53. Chapuisat 2:1. 66. Knup 3:1. 73. Knup 4:1. – Schweiz: Pascolo, Geiger, Hottiger, Herr, Quentin, Bregy, Sforza, Ohrel (83. Sylvestre), Sutter (71. Bickel), Knup, Chapuisat. – Rumänien: Stelea, Belodedici, Prodan, Mihali, Petrescu, Lupescu (85. Panduru), Popescu, Munteanu, Dumitrescu (70. Vladoiu), Hagi, Raducioiu. – Rote Karte: 74. Vladoiu. Verwarnungen: 32. Mihali, 40. Lupescu, 47. Belodedici.
3.
Schweiz - Österreich 5:7 (4:5) 26.6.1954, WM-Viertelfinale
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s ist das torreichste Spiel an einer Weltmeisterschaftsendrunde und vom Verlauf her eines der dramatischsten. Bei extremer Hitze in der nicht ganz ausverkauften Lausanner Pontaise führen die Schweizer gegen Österreich schon nach 19 Minuten scheinbar vorentscheidend mit 3:0. Der Schweizer Konditionstrainer Hans Rüegsegger telefoniert nach dieser raschen Führung bereits eilends nach Magglingen, um den Aufenthalt der Mannschaft in der dortigen Sportschule zu verlängern. Doch die favorisierten Gäste gleichen innerhalb von vier Minuten bis zur 28. Minute aus. Es kommt tatsächlich noch besser für die Österreicher: 3:4, 3:5, ehe kurz vor der Pause Ballaman mit seinem Anschlusstreffer den Gastgebern noch einmal Hoffnung auf den Sieg gibt. Dass Robert Körner einen vom «fehlerlosen» Schiedsrichter Faultless diktierten Elfmeter verschiesst, passt zur verrücktesten Halbzeit der Weltmeisterschaftsgeschichte. In der zweiten Halbzeit treten die Österreicher siegessicher auf und lassen sich die Führung nicht mehr streitig machen. Neben der hohen Anzahl Tore und dem dramatischen Verlauf bleibt längerfristig die sengende Hitze in Erinnerung, die
Die top 100 auf Schweizer Seite bis heute als Erklärung des unglücklichen Ausscheidens angeführt wird und in deren Zusammenhang verschiedene Geschichten zirkulieren. Da Auswechslungen damals untersagt sind, kommt es zu dramatischen Szenen. Der Schweizer Verteidiger Bocquet und der österreichische Torhüter Schmied leiden offensichtlich unter einem Sonnenstich. Letzterer taumelt zwischen den Torpfosten umher, sodass seine Starverteidiger Happel und Hanappi – nach denen die beiden grössten Stadien in Wien benannt sind – ihren Tormann stets orientieren müssen, von welcher Seite die Schweizer angreifen. Die beide «Ausfälle» wirken sich aber nicht entscheidend auf den Spielverlauf aus.
ergeschichte» sei. Die Wahrheit liegt wohl wie immer irgendwo dazwischen. Doch eines ist klar: So schnell wird die Schweiz nicht wieder Fussball-Weltmeister sein. (Benedikt Widmer)
Schweiz - Österreich 5:7 (4:5) – Pontaise, Lausanne – 30 340 Zuschauer – Schiedsrichter: Faultless (Sco) – Tore: 16. Ballaman 0:1. 17. Hügi 0:2. 23. Hügi 0:3. 25. Wagner 1:3. 27. A. Körner 2:3. 28. Wagner 3:3. 32. Ocwirk 3:4. 34. A. Körner 3:5. 41. Ballaman 4:5. 52. Wagner 4:6. 58. Hügi 5:6. 76. Probst 5:7. – Schweiz: Parlier, Neury, Kernen, Bocquet, Eggimann, Casali, Antenen, Vonlanthen, Hügi, Ballaman, Fatton. – Österreich: Schmied, Hanappi, Barschandt, Ocwirk, Happel, Koller, R. Körner, Wagner, Stojaspal, Probst, A. Körner.
Türkei - Schweiz 4:2 (2:1) WM-Qualifikation Playoff
Nigeria U17 – Schweiz U17 0:1 (0:0) – National Stadium, Abuja. – 64 000 Zuschauer (ausverkauft) – Schiedsrichter: Vazquez (Uru) – Tor: 63. Seferovic 0:1. – Schweiz: Siegrist; Martignoni (68. Gonçalves), Chappuis, Veseli (78. Hajrovic), Rodriguez; Xhaka (90. Nimeley), Buff, Kasami, Kamber; Seferovic, Ben Khalifa. – Nigeria: Paul; Oliha, Chukwudi, Omeru, Aliyu; Egbedi (71. Kayode), Azeez, Ajagun, Envoh; Omeruo, Emmanuel (77. Otubanjo). – Verwarnungen: 20. Buff, 53. Martignoni, 80. Xhaka (alle Foul).
5.
4.
Schweiz - Nigeria 1:0 (0:0) 15.11.2009, Finale U17-WM
E
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s ist für viele der grösste Tag in der Geschichte des Schweizer Fussballs: Dank einem Kopfballtor von GC-Nachwuchsspieler Haris Seferovic schlägt die Schweiz an der U17-Weltmeisterschaft Gastgeber Nigeria 1:0 und ist Weltmeister. Mehr als 1 Million Zuschauer fiebern in der Schweiz vor dem Fernseher mit. Noch wenige Wochen zuvor waren die jungen Multikulti-Kicker gänzlich unbekannt und die Junioren-WM im fernen Nigeria höchstens eine Randnotiz wert. Doch mit 7 überzeugenden Siegen in 7 Spielen – u.a. gegen die Fussballgrossmächte Brasilien, Deutschland und Italien – spielt sich die Mannschaft von Erfolgstrainer Dani Ryser unauslöschlich in die Herzen der Fans. Der Erfolg ist kein Zufallsprodukt. Seit 1995 arbeitet der Schweizerische Fussballverband höchst professionell im Nachwuchsbereich. Für Hansruedi Hasler, Technischer Direktor des SFV und Baumeister des Erfolges, ist der WM-Titel zum grössten Teil das Verdienst der Spieler. «80 Prozent ist dies das Resultat der Spieler, 20 Prozent macht der Staff aus», sagt Hasler. «Es ist ein sehr talentierter Jahrgang.» Der «Blick» stellt den WM-Gewinn auf eine Stufe mit Bernhard Russis Olympia-Goldmedaille und den Wimbledon-Siegen von Roger Federer und Martina Hingis. Die NZZ analysiert hingegen nüchtern, dass die U17-WM bloss eine «juvenile Abenteu-
s gibt Spiele, die man nicht vergessen sollte. Und es gibt Spiele, die man nicht vergisst. Das Rückspiel in der Barrage zur WM 2006 gehört mit Sicherheit in die zweite Kategorie. Obwohl nach einer Spielminute jegliche Spannung mit dem Elfmetertor von Frei – vorausgegangen war eine unkoordinierte Handbewegung Alpays – dahin scheint. Doch nun spielt die Türkei auf, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie kombiniert sich in einen Rausch – spielerisch von Tunçay, emotional von Emre angeführt – und erzielt erst den Ausgleich, dann die Führung und nach der Pause per Elfmeter das 3:1. Das Zittern beginnt. Nach einer Kerze Tolgas verkürzt Streller mit seinem ersten Pflichtspieltor zum erlösenden 3:2. Noch vor Ablauf der regulären Spielzeit erzielt Tunçay jedoch sein drittes Tor, das grosse Bangen beginnt erneut. Das Spiel, welches die Schweiz an die WM nach Deutschland bringt, ist umringt von einem skandalösen Pro- und Epilog. Als Zuschauer fühlt und leidet man mit wie noch nie mit einer Schweizer Nationalmannschaft. Es wird tatsächlich für alle Beteiligten der von den Gastgebern angekündigte Weg durch die Hölle. SF-Kommentator Beni Thurnheer bringt die Erschöpfung nach der schönsten Schweizer Niederlage perfekt auf den Punkt: «Kollegen, wir müssen uns erholen. Wir wissen nicht mehr, was sagen. Wir haben nichts mehr zu sagen. Wir haben keine Energie mehr für nur noch ein einziges Wort.» Türkei - Schweiz 4:2 (2:1) – Sükrü Saraçoglu, Istanbul – 42 000 Zuschauer – Schiedsrichter: De Bleeckere (Be) – Tore: 2. Frei (Handspenalty) 0:1. 24. Tuncay 1:1. 38. Tuncay 2:1. 52. Necati (Foulpenalty) 3:1. 84. Streller 3:2. 89. Tuncay 4:2. – Türkei: Volkan; Hamit Altintop, Tolga, Alpay, Ergün; Selçuk; Serhat (70. Tümer), Emre (82. Bastürk), Tuncay; Necati (80. Fatih Tekke), Hakan Sükür. – Schweiz: Zuberbühler; Philipp Degen (46. Behrami), Müller, Senderos, Spycher; Vogel; Barnetta, Cabanas, Wicky; Gygax (33. Streller/87. Huggel); Frei. Verwarnungen: 9. Degen (Foul), 11. Selçuk (Foul), 21. Emre (Unsportlichkeit), 44. Tolga (Foul), 63. Zuberbühler (Spielverzögerung), 66. Ergün (Foul), 67. Behrami (Foul), 73. Tümer (Foul).
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6. Spanien - Schweiz 0:1 (0:0) 16.6.2010, WM-Vorrunde Es ist die Sensation der Weltmeisterschaft 2010: Die Schweiz schlägt im ersten Gruppenspiel den späteren Weltmeister Spanien mit 1:0. Die genialen iberischen Tiki-TakaSpezialisten Xavi, Iniesta und Co. sind zwar 64 Prozent im Ballbesitz und schiessen gar 23 Mal aufs Schweizer Tor, scheitern aber immer wieder am herausragenden Diego Benaglio. Den historischen Sieg, den ersten überhaupt gegen Spanien, feiern die Schweizer Medien euphorisch. Torschütze Gelson Fernandes wird über Nacht zu «Geilson» und Trainer Ottmar Hitzfeld endgültig zu «Gottmar». Im ganzen Trubel vergisst auch der kritischste Geist, dass dem überraschenden Triumph keine nachhaltige Strategie zugrunde liegt, sondern bloss eine einfältige Mauertaktik, zwar in der Tradition des Schweizer Riegels, jedoch ohne den Jahrhundert-Sturm der WM-Mannschaft von 1938. Die einmalige Ausgangslage wird schliesslich auf fahrlässige Art und Weise verspielt. Die Schweizer Nati verliert ohne Offensivkonzept gegen Chile 0:1 und enttäuscht gegen Fussballzwerg Honduras (0:0). Der gloriose Erfolg gegen Spanien kam ebenso sehr aus dem Nichts, wie er im Nichts endete. (Benedikt Widmer) Spanien – Schweiz 0:1 (0:0) – Moses Mabhida, Durban – 62 453 Zuschauer – Schiedsrichter: Webb (Eng) – Tor: 52. Gelson Fernandes 0:1. – Spanien: Casillas; Sergio Ramos, Piqué, Puyol, Capdevila; Busquets (61. Torres), Xabi Alonso; David Silva (62. Navas), Xavi, Iniesta (77. Pedro); Villa. – Schweiz: Benaglio; Lichtsteiner, Senderos (36. Von Bergen), Grichting, Ziegler; Barnetta (92. Eggimann), Huggel, Inler, Fernandes; Derdiyok (79. Yakin); Nkufo.– Verwarnungen: 30. Grichting (Foul). 73. Ziegler (Foul). 91. Benaglio (Spielverzögerung). 94. Yakin (Hands).
7. FC Basel - FC Liverpool 3:3 (3:0) 12.11.2002, Champions League Es war eine halbe Stunde für die Ewigkeit, die beste Leistung einer Schweizer Klubmannschaft auf internationaler Ebene. Der FC Basel führt in der Champions League nach 30 Minuten gegen den grossen FC Liverpool mit 3:0. Der St.Jakob-Park steht Kopf, berauscht vom glänzend aufspielenden Regisseur Hakan Yakin. Die behäbigen Engländer wissen nicht, wie ihnen geschieht.
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Nach nur eineinhalb Spielminuten schlägt Yakin im Strafraum mit seinem linken Fuss einen flachen Pass zu Rossi. Der Argentinier hat das Leder nur noch über die Linie zu schieben – 1:0. 20 Minuten später spielt Yakin aus dem Stand einen seiner unnachahmlichen Pässe an den englischen Verteidigern vorbei in die Tiefe. Gimenez vollendet eiskalt – 2:0. Und beim dritten Basler Treffer nach 29 Minuten schiesst Yakin einen Freistoss von halbrechts derart raffiniert aufs Tor, dass Liverpools Schlussmann Dudek das Leder nur halbherzig abwehren kann. Atouba baut die Führung zum 3:0 aus. Der Totomat lässt das Publikum in ganz Europa aufhorchen. Am Ende steht es 3:3, was den Baslern genügt, um Liverpool auszuschalten und in die Zwischenrunde der Königsklasse einzuziehen. Das hat zuvor noch keine Schweizer Mannschaft geschafft. Hakan Yakin denkt heute mit Wehmut an die erfolgreiche Zeit: «Ein solches Team wie damals beim FC Basel wird es in der Schweiz nie mehr geben.» (Benedikt Widmer) FC Basel - FC Liverpool 3:3 (3:0) – St. Jakob-Park, Basel – 29 500 Zuschauer (ausverkauft) – Schiedsrichter: Colombo (Fr) – Tore: 3. Rossi 1:0. 22. Gimenez 2:0. 29. Atouba 3:0. 61. Murphy 3:1. 63. Smicer 3:2. 85. Owen (Handspenalty, Nachschuss) 3:3. – Basel: Zuberbühler, Zwyssig, Murat Yakin, Haas, Atouba, Esposito, Hakan Yakin (91. Koumantarakis), Giménez (67. Barberis), Cantaluppi, Ergic, Rossi (77. Tum) – Liverpool: Dudek, Hyypiä, Smicer, Heskey (61. Baros), Owen, Murphy, Hamann, Gerrard (46. Diao), Riise, Carragher (80. Diouf), Traore. – Verwarnungen: 40. Esposito (Foul); 64. Smicer (Unsportl. Verhalten); 70. Murphy (Reklamieren).
8. BSC Young Boys - Stade de Reims 1:0 (1:0), 15.4.1959, Meistercup 64 000 Zuschauer sind im Wankdorf. Vorhandene Dokumente weisen eindeutig darauf hin: Das Wankdorf ist am 15. April 1959 übervoll! Körper an Körper, Kopf an Kopf stehen die Menschen. Und sie erleben einen furiosen Start, ja es ist geradezu ein Feuerwerk der Berner – zwei Lattenschüsse, ein nicht gegebener Elfmeter des schwachen belgischen Schiedsrichters, ein nicht gegebenes Tor Wechselbergers sowie Meiers Führungstor sind die Bilanz der ersten fünfzehn Minuten. Bei diesen spektakulären Szenen bewegt sich das stehende Publikum wie ein Ährenfeld, auf und ab, hin und her. Nach dem Führungstor von «Bomben-Meier» – ein Übername,
der eingedenk des Kalten Kriegs eher unglücklich gewählt ist (er hat ihn aber seinem harten Schuss zu verdanken) – geht es auch auf dem Platz hin und her. Die Champagner-Fussballer kommen stärker auf – kein Wunder, zählen die Franzosen doch zu den europäischen Topteams. Just Fontaine, der an der WM im Vorjahr sagenhafte 13 Treffer erzielt hat, vergibt eine Grosschance. YB bleibt aber souverän und kann, trotz erkennbarem Kräfteverschleiss aus der Startphase, den Sieg der Amateure über die Profis nach Hause bringen. Der Traum vom Finale erlischt im Rückspiel nach einer klaren 3:0-Niederlage. BSC Young Boys Bern - Stade de Reims 1:0 (1:0) – Wankdorf, Bern – 60 000 Zuschauer – Schiedsrichter: van Nuffel (Be) – Tor: 15. Meier 1:0. – YB: Eich; Zahnd, Steffen, Bigler, Schnyder, Schneiter, Allemann, Meier, Wechselberger, Rey, Flückiger. – Reims: Colonna; Rodzik, Jonquet, Giraudo, Penverne, Baratto, Leblond, Fontaine, Piantoni, Vincent, Lamartine.
9. FC Basel - FC Zürich 1:2 (0:1). 13.5.2006, Meisterschaft NLA «Stahel, der Ball kommt zur Mitte. Filipescu! Tor! Tor! Das gibt es doch gar nicht! Iulian Filipescu. Du meine Güte! Unglaublich! Die 93. Minute!» Das Tor zum 2:1 von Zürich gegen Basel ist wie kein anderes in der Schweizer Fussballgeschichte mehr mit der Spielminute als mit dem Torschützen verbunden. Damit es überhaupt zu dieser ominösen 93. Minute hatte kommen können, waren einige seltsame Vorkommnisse nötig. Zunächst lässt der noch mit acht Punkten Vorsprung in den Winter gehende Leader aus Basel – auch wegen seiner energieraubenden Europacupeinsätze – immer öfter Federn. Dennoch muss Basel aus seinen letzten zwei Spielen nur einen Punkt ergattern, um Meister zu werden. Das Nachtragsspiel in Bern, wo Basel 2002 erstmals seit 22 Jahren die Meisterschaft gewonnen hatte, wird zu einem Fiasko. Hakan Yakin, der Basler in den Diensten von YB, erledigt den FCB im Alleingang. Die 2:4-Niederlage bedeutet für Zürich, dass es mit seinen drei Punkten Rückstand nun mit einem Sieg im Direktduell, der Finalissima, doch noch Meister werden kann, denn der FCZ verfügt über die bessere Tordifferenz. Der FCZ, der gewinnen muss, hat nach 28 Minuten zwei potenzielle Torschützen
Die top 100 weniger auf dem Platz. César und Raffael müssen verletzt ausgewechselt werden. Dennoch erzielt Keita nach einem abgelenkten Flankenball die Führung. Mit Petrics Ausgleich zwanzig Minuten vor Schluss reduzieren sich Chancen und Kräfte der Gäste gleichzeitig. In der Folge lässt namentlich Basels Spielmacher Delgado unzählige beste Kontergelegenheiten trotz entblösster FCZ-Defensive nonchalant versanden. Und dann kommt sie, die 93. Minute. Nef wirft etliche Meter zu weit vorne ein. Der Ball kommt von Keita zu Stahel. Der unscheinbare Blonde, der vor allem darauf bedacht ist, nichts Falsches zu machen, passt fast von der Grundlinie aus in den Rücken der Basler Abwehr, wo Filipescu die Hereingabe direkt in das von Zuberbühler bewachte Tor schiesst. Sekunden später ist das Spiel aus und Zürich nach 25 Jahren wieder Schweizer Meister. FC Basel - FC Zürich 1:2 (0:1) – St.-Jakob-Park, Basel – 32 712 Zuschauer (ausverkauft) – Schiedsrichter: Busacca – Tore: 30. Keita 0:1, 72. Petric 1:1, 93. Filipescu 1:2.– FC Basel: Zuberbühler, Berner, Majstorovic, Ba, Zanni; Nakata, Ergic, Delgado (90. Smiljanic), Chipperfield (86. Sterjovski); Eduardo (56. Carignano), Petric. – FC Zürich: Leoni, von Bergen, Stahel, Filipescu, Schneider, Margairaz, Dzemaili, Inler, Cesar (6. Nef), Rafael (28. Alphonse), Keita. – Verwarnungen: 6. Delgado, 25. von Bergen, 38. Schneider, 45. Margairaz, 59. Leoni, 80. Petric, 83. Filipescu.
10. Brasilien - Schweiz 2:2 (2:1). 28.6.1950, WM-Vorrunde Ein Gefühl, als würden sie zur Schlachtbank geführt: In dieser Stimmung befanden sich die Nati-Spieler vor dem Spiel gegen den Gastgeber der WM 1950. Man befürchtete eine Kanterniederlage. Brasilien, berühmt für seinen Fussballzauber und wegen des Fanatismus auf den Rängen gefürchtet, hatte die kleinen Eidgenossen wie verhext. Im Vorfeld des Spiels in São Paulo hatte der gleichsam angeborene helvetische Minderwertigkeitskomplex wieder die Oberhand gewonnen. Eine verdorbene Eierspeise hatte das Ihre dazu beigetragen: Einige Spieler litten an Magenbeschwerden. Nach drei Spielminuten ist im Estádio do Pacaembú bereits der Teufel los. 1:0 für die Gastgeber. Ein irreguläres Tor, aber es zählt. Der Ball hat nämlich die Behindlinie überschritten, ehe Ademir
zur Flanke ansetzt, die zum Treffer führt. Vergeblich versuchen die Schweizer den Schiedsrichter umzustimmen. «René Bader schrie sich so heiser, dass seine Stimme nachher völlig versagte», wird sich Roger Quinche, der linke Läufer, später erinnern. «Wir waren wütend in jenem Moment in jenem Hexenkessel, und wir fuhren in der Folge mehrmals rücksichtslos drein.» Am Schluss steht es 2:2. Zweimal hat der Genfer Jacky Fatton die brasilianische Führung ausgeglichen. Zweimal herrscht Totenstille im Stadion. Kurz vor dem Abpfiff steht Friedländer gar alleine vor dem brasilianischen Goalie, vermag diesen aber nicht zu bezwingen. Das Unentschieden ist für die Gastgeber eine gefühlte Niederlage. Die brasilianischen Spieler müssen vor ihren eigenen Fans geschützt werden, derart gross ist die Enttäuschung. Aus Schweizer Optik ist das Remis eine Sensation. «Die Bedeutung unseres Landes stieg nach dem 2:2 so gewaltig an, wie man sich das auf politischem oder wirtschaftlichem Gebiet nicht vorstellen kann», hat Roger Quinche diesen Match rückblickend kommentiert. (Beat Jung) Brasilien - Schweiz 2:2 (2:1) – Estádio Pacaembú, Sao Paulo – 42 032 Zuschauer – Schiedsrichter: Roma (Sp) – Tore: 2. Alfredo 1:0. 16. Fatton 1:1. 31. Baltazar 2:1. 88. Fatton 2:2. – Brasilien: Barbosa, Augusto, Juvenal, Bauer, Rui, Noronha, Alfredo, Maneca, Baltazar, Jair, Friaca – Schweiz: Stuber, Neury, Bocquet, Lusenti, Eggimann, Quinche, Tamini, Bickel, Antenen, Bader, Fatton.
11. Schweiz - Uruguay 0:3 (0:1), 9.6.1924, Olympia-Finale Die Partie brachte gleich drei Premieren. Erstens stand die Schweiz zum ersten und bislang einzigen Male im Endspiel eines internationalen Turniers. Zweitens sollte erstmals eine Partie der Rotjacken live am Rundfunk übertragen werden, jedoch wurde der Ballon mit den technischen
Apparaten nach kurzer Zeit vom Wind abgetrieben. Drittens spielte die Schweiz zum ersten Mal gegen eine aussereuropäische Nationalmannschaft. Dabei traf sie auf Uruguay, das dominierende Team des Jahrzehnts, in dessen Reihen mit José Leandro Andrade, dem Sohn eines ehemaligen Sklaven, der wohl beste Spieler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kickte. Gegen die Stars aus Montevideo hatten die Schweizer keine Chance, zogen sich aber mit einem 0:3 besser aus der Affäre als etwa Jugoslawien, das als bestes Team Europas galt und mit 0:7 überfahren worden war. (Christian Koller) Schweiz - Uruguay 0:3 (0:1) – Stade de Colombes, Paris – 40 522 Zuschauer – Schiedsrichter: Slawick (Fr) – Tore: 9. Petrone 0:1. 65. Cea 0:2. 82. Romano 0:3. – Schweiz: Pulver; Ramseyer, Reymond; Pollitz, Schmiedlin, Oberhauser; Fässler, X. Abegglen, Dietrich, Pache, Ehrenbolger. – Uruguay: Mazali; Arispe, Nasazzi; Ghierra, Vidal, Andrade; Romano, Cea, Petrone, Scarone, Urdinarán.
12. Schweiz - Italien 1:0 (0:0), 1.5.1993, WM-Qualifikation Es ist die erste Niederlage Arrigo Sacchis, der lebenden Trainerlegende, in seinem Amt als Coach der Squadra azzurra. In einem ausgeglichenen Spiel sorgt ein allzu strenger Platzverweis an die Adresse von Dino Baggio kurz vor der Halbzeit für die entscheidende Weichenstellung. Denn in der ersten Halbzeit agiert Italien mit einem imposanten Pressing. Die Schweiz hält dank ihrer mann-
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schaftlichen Kompaktheit und Pascolos Souveränität erfolgreich dagegen. Erst die defensivere Marschroute Italiens in der zweiten Halbzeit ermöglicht es den Schweizer, ein, zwei Chancen zu kreieren. Eine davon nutzt am Abend des 1. Mai der Arbeiter Hottiger mit einer Direktabnahme. Schweiz - Italien 1:0 (0:0) – Wankdorf, Bern – 32 000 Zuschauer – Schiedsrichter: Navarrete (Sp) – Tor: 55. Hottiger 1:0. – Schweiz: Pascolo; Hottiger, Quentin, Herr, Geiger; Bregy, Sutter, Ohrel, Sforza; Knup (76. Grassi); Chapuisat. – Italien: Pagliuca; Mannini, Maldini, D. Baggio, Vierchowod; Baresi; Fuser, Zoratto (64. Lentini), R. Baggio; Mancini (46. Di Mauro), Signori. – Rote Karte: 44. D. Baggio – Verwarnungen: 5. Zoratto, 15. Hottiger, 73. Fuser, 81. Ohrel.
13. Schweiz - Italien 4:1 (1:0), 23.6.1954, WM-Vorrunde Ultradefensiv mit überfallartigen Kontern: mustergültig, wie Hügi, Vonlanthen und Co. an der WM im eigenen Lande die taktischen Kniffs ihres Trainers umsetzten. Schon im ersten Gruppenspiel hatte Karl Rappan die Italiener in die Falle gelockt, indem er statt des Mittelläufers einen weiteren Verteidiger aufgestellt hatte, der die Aufgabe hatte, den italienischen Goalgetter lahmzulegen. Der Coup gelang, die Schweiz gewann 2:1, wodurch aufgrund der Punktegleichheit ein Entscheidungsspiel um den Einzug ins Viertelfinale fällig wurde. Rappan überraschte die Italiener erneut mit einem Schachzug. Die Squadra azzurra hatte sich auf eine weitere helvetische Abwehrschlacht eingestellt, doch diesmal setzte Rappan auf Angriff. 4:1 für die Schweiz lautete das Verdikt. Und der italienische «Tuttosport» lobte nach dem Match die helvetische Kickkunst als «einfachen, kräftigen und zielstrebigen Fussball; einen Fussball ohne Alchemie und Firlefanz». Zwei Siege gegen Italien innerhalb von sechs Tagen: Es sollte bis 1982 dauern, ehe die Schweiz ihren südlichen Nachbarn erneut würde bezwingen können. Schweiz - Italien 4:1 (1:0) – St. Jakob, Basel – 28 655 Zuschauer – Schiedsrichter: Griffiths (Wal) – Tore: 14. Hügi 1:0. 28. Ballaman 2:0. 67. Nesti 2:1. 85. Hügi 3:1. 90. Fatton 4:1. – Schweiz: Parlier, Neury, Kernen, Eggimann, Bocquet, Casali, Antenen, Vonlanthen, Hügi, Ballaman, Fatton. – Italien: Viola, Magnini, Giacomazzi, Mari, Tognon, Nesti, Muccinelli, Pandolfini, Lorenzi, Segato, Frignani
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14. Grasshoppers Zürich - Real Madrid 2:0 (1:0), 1.11.1978, Meistercup «So habe ich mich wohl überhaupt noch nie gefreut», strahlt der für Berbig im Tor stehende Inderbitzin, «als Knirps sass ich jeweils vor dem Bildschirm und bewunderte Real Madrid. Jetzt haben wir die Spanier aus dem Europacup geworfen.» Was tatsächlich nicht alltäglich ist. Bis heute bleibt diese Elimination Reals aus Schweizer Sicht die einzige. Hinzu kommt, dass GCs Erfolg verdient ist. Nur kurz vor dem zweiten Treffer müssen die Zürcher bei einem Pfostenkopfball Santillanas etwas Glück beanspruchen. Neben dem zweifachen Torschützen Sulser und dem Jensen-Bewacher Heinz Hermann imponiert GC mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung. Grasshoppers Zürich - Real Madrid 2:0 (1:0) – Hardturm, Zürich – 25 000 Zuschauer – Schiedsrichter: Prokop (DDR) – Tore: 8. Sulser 1:0. 86. Sulser 2:0. – GC: Inderbitzin, Wehrli, Montandon, Hey, Heinz Hermann, Ponte, Meyer, Bauer, Herbert Hermann (76. Egli), Sulser, Traber. – Real Madrid: Miguel Angel, Sol, Benito, Pirri, San José, Del Bosque, Guerini (80. Roberto Martínez), Wolff, Juanito, Santillana, Jensen.
15. Xamax Neuchâtel - Real Madrid 2:0 (1:0), 19.3.1986, UEFA-Cup Maurizio Jacobacci erinnert sich an diesen Märzabend, als wäre es gestern gewesen: «Wir haben an diesem Abend eine Riesengelegenheit ausgelassen. Und ich hätte eigentlich im Alleingang für die Sensation sorgen können. Nach Stielikes frühem 1:0 auf Vorlage von mir schoss ich zunächst knapp am Gehäuse vorbei. In der zweiten Halbzeit traf ich dann bereits die Torumrahmung. Und erst in der Schlussminute traf ich volley nach einer Hereingabe Ryfs zum 2:0. Es wäre interessant zu sehen gewesen, wie Real auf ein früheres 2:0 reagiert hätte. Bedauerlich ist auch der Ausfall von Stielike, der gegen seine Ex-Kollegen nach 54 Minuten wegen einer ungenau verpassten Spritze zur Pause – sein Bein schlief dadurch ein – sich auswechseln lassen musste. Ja, das grosse Real mit all seinen Stars wie Sánchez, Valdano, Michel, Camacho und Butragueño liess sich von unserem Offensivdrang überraschen. Trotz dem Ausscheiden – das Hinspiel ging unnötig 3:0 verloren – überwiegt, eine erfreuliche Leistung gegen eine Spitzenmannschaft bei Rekordkulisse abgerufen zu haben.»
Neuchâtel Xamax – Real Madrid 2:0 (1:0) – Maladière, Neuenburg – 25 500 Zuschauer – Tore: 10. Stielike 1:0. 90. Jacobacci 2:0. – Xamax: Engel, Küffer, Thevenat, Ryf, Perret, Stielike (52. Salvi), Hermann, Jacobacci, Nielsen, Mottiez, Lüthi (75. Elsener). – Real Madrid: Ochotorena, Chendo (89. Santillana), Sanchís, Gallego, Camacho, Michel, Juanito, Martín Vázquez, Butragueño, Valdano (86. Cholo), Hugo Sánchez.
16. Schweiz - Frankreich 0:0 (0:0), 4:2 n. Pen., 10.5.2002, U17-EM-Final, Farum Park, Farum. Europameister! Die Schweiz ist Europameister! Was man sich kaum getraut auszusprechen, wird wahr. Der Makel, dass es nicht die Grossen sind, ist keiner. Denn der Titel steht für die seit 1995 professionell aufgezogene Nachwuchsarbeit und damit auch für den Namen Hansruedi Hasler, den Technischen Direktor. Der Titel steht zudem für den Anfang der Karrieren Senderos', Barnettas und Zieglers. Mit fünf Siegen, darunter ein diskussionsloser 3:0Sieg gegen Rooneys England, zieht man ins Finale ein. Dort trifft die U17 auf eine elfmeterschiessenerprobte Equipe. Sowohl gegen Deutschland wie auch gegen Spanien hatten die Franzosen erst im Elfmeterschiessen die Oberhand behalten. Im Finale ist das Glück schliesslich erschöpft. Nach einem torlosen Remis wird Torwart König zum Held. Schweiz U17 - Frankreich U17 0:0 (0:0) 4:2 n. Pen. – Farum Park, Farum – 1214 Zuschauer – Schiedsrichter: Rosetti (Ita). Elfmeterschiessen: Plessis 0:0. Barnetta 1:0. Houri 1:0. Burki 2:0. Zubar 2:1. Preisig 3:1. Kisamba 3:2. Ziegler 4:2. – Schweiz: König; Barnetta, Bühler, Siqueira, Senderos; Milosavac (60. Ziegler), Maksimovic (94. Preisig), Burki, Iten; M. Schneuwly (66. Antic), Schlauri. – Frankreich: Benvegnu; Azizou (46. Kisamba), Rippert, Medjani, Folly; Plessis, Khiter (77. Houri), Lejeune, Clichy; Bru (56. Mandanne), Zubar. – Verwarnungen: 7. Milosavac, 80. Schlauri, 88. Antic, 98. Preisig.
17. Schweiz - Deutschland 2:1 (1:1), 20.4.1941, Freundschaftsspiel Die Partie mitten im Krieg sollte nach offizieller Lesart die freundnachbarlichen Beziehungen demonstrieren, wurde in der Bevölkerung aber ganz anders aufgenommen. Während auf der Ehrentribüne politische, militärische und diplomatische Prominenz beider Länder präsent war, interpretierte man in den Stehkurven das Spiel als eine Wiederholung des Sieges von 1938. Besonders süss schmeckte der Triumph, da er sich just am Geburtstag des «Führers» ereignete. Dies liessen trotz einer Ermahnung der
Die top 100 Pressezensur, jegliche politischen Untertöne zu unterlassen, auch einige Zeitungen durchblicken, von denen zwei in der Folge für einige Zeit verboten wurden. Schweiz - Deutschland 2:1 (1:1) – Wankdorf, Bern – 35 000 Zuschauer – Schiedsrichter: Scorzoni (Ita) – Tore: 23. Hahnemann 0:1. 42. Monnard 1:1. 78. Amadó 2:1. – Schweiz: Ballabio; Minelli, A. Lehmann; Guinchard, Andreoli, Winkler; Eggimann, Amadó, Monnard, Fornara II, G. Aeby. – Deutschland: H. Klodt ; Janes, Miller; Kupfer, H. Rohde, Kitzinger; Hanreiter, Hahnemann, F. Walter, Schön, Kobierski.
18. Schweiz - Schweden 2:1 (1:1), 5.6.1924, Olympia-Halbfinale Mit dem Erreichen des Halbfinales der Olympischen Spiele 1924 hatte in der Schweiz niemand gerechnet. Wohl hatte die Schweiz in der Vorrunde Litauen mit dem Rekordergebnis von 9:0 vom Platz gefegt, sich dann aber gegen die Tschechoslowakei erst im Wiederholungsspiel durchgesetzt. Nach einem weiteren Sieg im Viertelfinale gegen Italien musste die Fachzeitschrift «Sport» Geld für die zusätzlichen Hotelübernachtungen sammeln. Der Sieg gegen Schweden, einen der Turnierfavoriten, brachte nicht nur die Finalqualifikation, sondern auch einen inoffiziellen Europameistertitel. Nach der Partie lud der Schweizer Botschafter die Mannschaft ins Restaurant am Eiffelturm ein, und Bundespräsident Ernest Chuard telegrafierte die Glückwünsche der Landesregierung. (Christian Koller)
bittersten Minuten meiner Karriere». Das vermeintlich vorentscheidende 5:2 feiert Torschütze César am Zaun und fliegt dafür mit Gelb-Rot vom Platz. Nur noch die GC-Spieler glauben an die Wende, viele Anhänger erfahren deshalb erst auf dem Heimweg vom unglaublichen Schlussspurt. Unter gütiger Mithilfe von FCZ-Keeper Taini holt der Heimklub innerhalb von 524 Sekunden auf, ehe Nuñez in der Verlängerung dem taumelnden Gegner den K.-o.-Schlag versetzt. Es passt zu diesem Spiel, dass Meier ein klares Foul von Denicolà an Nef im Strafraum übersieht. «Diesen Match kann man nicht vergessen. 10 Jahre lang nicht, 100 Jahre lang nicht, vielleicht denken wir daran, bis wir gestorben sind», stammelt Favre nach der verrücktesten Partie in der Geschichte des Schweizer Cups. (syk)
Schweiz - Schweden 2:1 (1:1) – Stade de Colombes, Paris – 7448 Zuschauer – Schiedsrichter: Ivancsics (Ung) – Tore: 15. X. Abegglen 1:0. 41. Kock 1:1. 77. X. Abegglen 2:1. – Schweiz: Pulver; Reymond, Ramseyer; Oberhauser, Schmiedlin, Pollitz; Ehrenbolger, Pache, Dietrich, X. Abegglen, Fässler. – Schweden: Lindberg; Alfredsson, Hillen; Friberg, Carlsson, Sundberg; Brommesson, Rydell, Kaufeldt, Dahl, Kock.
Grasshoppers Zürich - FC Zürich 6:5 n.V. (1:3, 5:5) – Hardturm, Zürich – 11 200 Zuschauer – Schiedsrichter: Meier – Tore: 6. Gygax 0:1, 12. Ziegler (Eigentor) 0:2, 37. Petric 1:2, 44. Gygax 1:3, 57. Eduardo 2:3, 61. Gygax 2:4, 61. César 2:5, 83. Eduardo 3:5, 89. Eduardo 4:5, 90. Petric 5:5, 95. Nuñez 6:5. GC: Borer; Lichtsteiner (75. Da Silva), Castillo, Denicolà, Ziegler (65. Alfred); Cabanas (81. Mitreski), Tararache, Spycher; Eduardo, Petric, Nuñez. – FCZ: Taini; Dal Santo, Nef, Filipescu, Chihab; Schneider, Dzemaili, Petrosyan (90. Yasar), Di Jorio (18. César); Gygax, Keita (74. Pallas). Gelbe Karten: 19. César (Foul), 16. Cabanas (Foul) 112. Chihab (Foul), 116. Gygax (reklamieren). Gelb-Rot: 63. César (übertriebener Torjubel).
19. Grasshoppers Zürich - FC Zürich 6:5 n.V. (1:3, 5:5), 3.3.2004, Cuphalbfinal «Das wird ein verrücktes Spiel», hatte Schiedsrichter Urs Meier vor dem Anpfiff orakelt. Doch auch er konnte kaum erahnen, was er erleben würde. Meister GC offenbart auf dem schwierigen Terrain eklatante Abwehrschwächen und streut verschiedene komödiantische Einlagen ein. Dafür macht Dani Gygax das Spiel seines Lebens, trifft dreimal und spricht später von den «80 schönsten und den 10
20. Ajax Amsterdam - Grasshoppers Zürich 0:1 (0:0), 25.9.1996, Champions League Gruppenphase Der linke Aussenverteidiger Pascal Thüler erinnert sich: «Es war vermutlich das erste Europacupspiel in diesem imposanten neuen Stadion. Ajax hatte eine Riesentruppe zusammen und war in der vorgehenden Saison erst im Final an Juventus gescheitert. Van der Sar, die De-Boer-Zwillinge, Blind und Overmars. Mit Letzerem, dem flinken linken Flügel, hatte ich es auch zu tun, da er oft mit meinem eigentlichen Gegenspie-
ler Babangida die Seiten wechselte. Es war eine ungemein intensive Partie, aber wir waren auf der Höhe – auch dank unserem Konditionstrainer Jean-Pierre Egger. Was Yakin vor seiner Freistoss-Granate gedacht hat, bleibt sein Geheimnis. Das waren mindestens 30 Meter. Van der Sar hatte gar keine richtige Mauer gestellt. Aber es war typisch für unsere Mentalität. Wir wollten überall gewinnen, so auch in diesem Spiel. Leider reichten uns in dieser verrückten Gruppe am Schluss neun Punkte nicht für die Viertelfinalqualifikation.» Ajax Amsterdam - Grasshoppers Zürich 0:1 (0:0) – ArenA, Amsterdam – 43 134 Zuschauer – Schiedsrichter: Benkö (Ö) – Tor: 60. M. Yakin 0:1. – Ajax: Van der Sar; Márcio Santos, R. De Boer, F. De Boer, Blind; Musampa, Overmars, Juan (68. Melchiot), Bogarde; Babangida (75. Scholten), Litmanen (46. Wooter). – GC: Zuberbühler; Gren, Thüler, Haas, Gämperle; Vogel, Yakin, Lombardo (89. Koller), Esposito; J. Magnin (78. Comisetti), Moldovan (89. Smiljanic). – Verwarnungen: 54. Gämperle, 58. Márcio Santos, 82. Moldovan.
21. Schweiz - Rumänien 7:1 (3:0), 24.5.1967, EM-Qualifikationsspiel «Gody, bleib ruhig. Es steht 5:0. Überschlag dich nicht. Meine Mutter hat mir immer gesagt, wenn ich mich aufrege, soll ich bis zehn zählen.» Schliesslich musste Radioreporter Gody Baumberger an diesem Abend nur bis sieben zählen. Auf dem glitschigen Rasen ist fast jeder Schuss ein Treffer. Fortuna ist grosszügig und sorgt dafür, dass Quentins Schuss zum 2:0 unhaltbar abgelenkt wird und Künzlis nicht wunschgemässer Abschluss dank einer Grasnarbe trotzdem zum 7:0 im Netz landet. Kein Glück hat der eigentliche Natio-
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naltrainer Dr. Alfredo Foni. Er verpasst den denkwürdigen Abend wegen einer akuten Blinddarmerkrankung.
Treffer, denn der Ball landete hinter dem Pfosten an einem Befestigungsnagel des Netzes und prallte zurück.»
Schweiz - Rumänien 7:1 (3:0) – Harrdturm, Zürich – 21 337 Zuschauer – Tore: 12. Künzli 1:0. 15. Quentin 2:0. 32. Quentin 3:0. 46. Blättler 4:0. 59. Blättler 5:0. 63. Odermatt 6:0. 67. Künzli 7:0. 70. Dobrin 7:1.
FC Zürich - Real Madrid 1:2 (0:2) – Letzigrund, Zürich – 30 000 Zuschauer – Tore: 16. di Stefano 0:1. 25. Zoco 0:2. 71. Brizzi 1:2.
22. Schweiz - Schweden 2:1 (0:1), 12.11.1961, WM-Qualifikationsspiel Noch am Sonntagvormittag demonstrieren die ostzonalen Arbeiter mit dem Zumauern von Fenstern vor den Augen der Schweizer Anhänger den ganzen Wahnsinn der ulbrichtschen Politik. Am Nachmittag geht es nur um die Qualifikation für eine Weltmeisterschaft. Und doch lassen weder der FIFAPräsident Stanley Rous noch der Berliner Bürgermeister Willy Brandt das Entscheidungsspiel sich nehmen. Das Gleiche gilt für 50 000 weitere Zuschauer, die ausser den 3000 mitgereisten Schweden mit den RotWeissen sympathisieren. Den Schweizern können die dauernden «Hopp-Schwiiz»Rufe nur recht sein, brauchen sie doch nach dem frühen 0:1 Moral. Nach einem Lattenknaller der Schweden kommt die Wende in einer grossartigen Schluss-Halbstunde mit den zwei Kopftoren von Schneiter und Antenen. Chile, wir kommen! Schweiz - Schweden 2:1 (0:1) – Olympiastadion, WestBerlin – 50 000 Zuschauer – Tore: 21. Brodd 0:1. 62. Schneiter 1:1. 82. Antenen 2:1.
23. FC Zürich - Real Madrid 1:2 (0:2), 22.4.1964, Meistercup Im zum Bersten vollen Letzigrund herrscht Volksfeststimmung. Die Aschenbahn ist von Dutzenden Fans mit Transparenten und Lärminstrumenten besetzt. Nahe der Behindlinie, wo sonst einige Fotografen ihrem Beruf nachgehen, sitzen Hunderte von Menschen, die beim Auftauchen der Mannschaften aus dem Tribünenausgang die Klänge des Marsches «Einzug der Gladiatoren» hören. Weniger provinziell tritt der FCZ auf. Obwohl der dritte Torwart Eichenberger beim 0:1 di Stefanos unglücklich agiert, hält man gegen die «Weltmänner» aus Madrid gut dagegen. Brizzi erzielt gar zwei Treffer, wobei sein erster nicht anerkannt wird. Für Klaus Stürmer unverständlich: «Brizzis Schuss war ein
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24. Schweiz - Deutschland 5:3 (3:1), 5.4.1908, Freundschaftsspiel Die Partie brachte für die Schweiz im erst dritten offiziellen Länderspiel den ersten Sieg, während Deutschland seine erste offizielle Begegnung auf internationalem Parkett überhaupt als Verlierer verliess. 3500 Zuschauer verfolgten bei strömendem Regen die Partie im vollbesetzten Stadion der Old Boys, dessen Kapazität kurz zuvor um 700 Plätze erweitert worden war. Die in einem chaotischen Auswahlverfahren bunt zusammengewürfelte deutsche Mannschaft ging gleich bei ihrem ersten Angriff in Führung, geriet aber nach einer knappen halben Stunde ins Hintertreffen und musste von da an in der torreichen Partie stets einem Rückstand hinterherrennen. (Christian Koller) Schweiz - Deutschland 5:3 (3:1) – Landhof, Basel – 3500 Zuschauer – Tore: 6. Becker 0:1. 21. Kämpfer 1:1. 28. Jordan (Eigentor) 2:1. 32. Pfeiffer 3:1. 52. Förderer 3:2. 57. Pfeiffer 4:2. 69. Becker 4:3. 89. Kämpfer 5:3.
25. FC Wettingen - SSC Napoli 0:0, 18.10.1989, UEFA-Cup «Maradona hat heute wohl nicht seinen besten Tag erwischt und ich dafür einen umso besseren. So einfach ist das!» Tatsächlich tut sich Svensson, Wettingens Bester, nicht schwer bei der Bewachung des kleinen Superstars. Auch die anderen Schwergewichte wie Careca, Alemao und Carnevale beissen sich die Zähne an Heldmann, Schepull und Rueda aus. Der Letztgenannte sieht seinen Kopfball in der 56. Minute sogar von der Latte abprallen. Ansonsten bleibt die Partie chancenarm, im Gegensatz zum Rückspiel im San Paolo, welches äusserst unglücklich 1:2 verloren geht. Wettingen – Napoli 0:0 – Letzigrund, Zürich – 22 000 Zuschauer.
26. England - Schweiz 1:1 (1:0), 8.6.1996, EM-Vorrunde
«Hoppla Schorsch», titelt der «SonntagsBlick» für einmal nüchtern. Dem sensationellen Punktgewinn gegen den Gastgeber beim Eröffnungsspiel bei der ersten EMTeilnahme geht eine menschenverachtende Kampagne des Boulevardblatts gegen Nati-Trainer Artur Jorge voraus. Im Spiel vermisst niemand die ausgebooteten Sutter und Knup. Nach Shearers Führungstor wachsen das Innenverteidigerduo Henchoz-Vega und der junge Pilzkopf Vogel über sich hinaus. Dazu spielt Türkyilmaz mit Neville Katz und Maus. Aber erst ein glückhaftes Handspiel in der Schlussphase ermöglicht es ihm, per Elfmeter den verdienten Ausgleich zu erzielen. Zuvor hatte Grassi bereits ein Zuspiel seines Sturmpartners aus drei Metern an die Unterkante der Latte gedonnert. England - Schweiz 1:1 (1:0) – Wembley, London – 76 567 Zuschauer – Tore: 23. Shearer 1:0. 84. Türkyilmaz (Pen.) 1:1.
27. Schweiz - Frankreich 6:2 (3:1), 12.10.1960, Freundschaftsspiel Fünf Tore von Josef «Seppe» Hügi: Der Basler Mittelstürmer versenkte die Bälle links- und rechtsfüssig, den letzten mit einem Hechtköpfler. Fünf Tore in einem Länderspiel: Damit hatte Hügi eine Rekordmarke gesetzt, die bis zum heutigen Tag Bestand hat. Tore waren Hügis Markenzeichen. In den 50ern war der gelernte Malermeister dreimal hintereinander Torschützenkönig der NLA. In seinen 34 Partien in der Nationalelf erzielte er 23 Tore. An der WM im Jahr 1954 war Hügi mit sechs Treffern zweitbester Torschütze des Turniers. Seinen liebevollen Übernamen «Goldfiessli» (Goldfüsschen) bekam er mehr als zu Recht. (Beat Jung) Schweiz - Frankreich 6:2 (3:1) – St. Jakob, Basel – 37 517 Zuschauer – Tore: 19. Goujon 0:1. 19. Weber 1:1. 40. Hügi 2:1. 55. Hügi 3:1. 61. Hügi 4:1. 80. Hügi 5:1. 87. Goujon 5:2. 88. Hügi 6:2.
28. Schweiz - Schweden 4:2 (1:1), 12.10.1994, EM-Qualifikation «Die Schweiz hat ein Weltklasseteam demontiert», jubelt der «Bund» anderntags. Schweden stellt nach dem dritten Platz an der WM 1994 tatsächlich so etwas wie Weltklasse dar. Bemerkenswert ist aber vor
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allem das Wegstecken zweier Rückstände auf diesem Niveau. Im 100. Länderspiel Geigers gleicht zunächst Ohrel die frühe Führung Kenneth Anderssons aus, dann benötigt die Schweiz nach Dahlins erneuter Führung ein Eigentor, um wieder zurück ins Spiel zu finden. Den Unterschied bringt der eingewechselte Türkyilmaz. Sein brillantes Zuspiel findet Sforza, der gekonnt den Ball annimmt und vor Ravelli die Nerven behält. Ein Klassetor! Im Rausch und im Rauch (der Petarden) der erstmaligen Führung behält wiederum Türkyilmaz den Überblick und netzt zum 4:2 ein. Damit erreicht diese Nati-Generation ihren Zenit. Schweiz - Schweden 4:2 (1:1) – Wankdorf, Bern – 24 000 Zuschauer – Tore: 5. K. Andersson 0:1. 36. Ohrel 1:1. 61. Dahlin 1:2. 64. Blomqvist (Eigentor) 2:2). 79. Sforza 3:2. 81. Türkyilmaz 4:2.
29. Schweiz - Türkei 2:0 (1:0), 12.11.2005, WM-Qualifikation Playoff 6 Unentschieden in 10 Spielen brachten der Schweiz den Ruf ein, eine schwer zu bezwingende, aber keineswegs stürmische Mannschaft zu sein. Doch im Fahnenmeer des Stade de Suisse verblüfft Köbi Kuhn den WM-Dritten mit kraftvollem und direktem Offensivspiel und starkem Zweikampfverhalten. Vor der Pause verlängert Senderos eine weite Freistossflanke Magnins unhaltbar, und als sich die Mannschaften mit dem Resultat arrangiert zu haben scheinen, erstaunt Kuhn die Zuschauer mit der Herausnahme des starken Barnetta. Ein weiteres Mal beweist er ein glückliches Händchen: In der 86. Minute rutscht der eingewechselte Behrami in eine Hereingabe von Alex Frei und schafft damit eine ideale Ausgangslage für das schwere Rückspiel in Istanbul. Schweiz - Türkei 2:0 (1:0) – Stade de Suisse, Bern – 31 130 Zuschauer (ausverkauft) – Tore: 41. Senderos 1:0. 86. Behrami 2:0.
30. Schweiz - England 2:1 (2:0), 30.5.1981, WM-Qualifikation Es ist Heinz Lüdis grosses Jahr. Das Jahr 1981. Spieler des Jahres, Schweizer Meister und zum Saisonabschluss die perfekte Manndeckung von Trevor Francis. Lüdis 13. Länderspiel, welches er nur dank der Sperre Heinz Hermanns bestreitet, bringt
ihm Glück. Die überragende Leistung von «Huber», wie ihn seine Nati-Kollegen nennen, wird mit der Auswechslung von Francis zur Pause belohnt. Zu jenem Zeitpunkt steht es bereits 2:0. Dafür zeichnet sich der überragende Sulser mit einem Assist und einem Tor als Hauptverantwortlicher aus. Das vermeintlich letzte Spiel unter Coach Wolfisberg verleiht der Nati ein neues und positiveres Image, welches einige Jahre anhalten soll. Schweiz - England 2:1 (2:0) – St. Jakob, Bern – 40 000 Zuschauer – Tore: 27. Scheiwiler 1:0. 29. Sulser 2:0. 54. McDermott 2:1.
31. Schweiz - Schweden 3:2 (1:1), 29.10.1961, WM-Qualifikation Rappan setzt auf drei Söldner und liegt richtig. Vor allem Eschmann (Stade Français) spielt brillant und ist nach zwei Kopfballtreffern von Antenen und Wüthrich für das entscheidende Tor zuständig – wiederum per Kopf. Gegen denselben Gegner, immerhin Vizeweltmeister, ist man fünf Monate zuvor mit 0:4 untergegangen. Jetzt wartet der dritte und entscheidende Kampf in Berlin um das WM-Ticket nach Chile. Wankdorf, Bern – 57 447 Zuschauer – Tore: 1. Simonsson 0:1. 9. Antenen 1:1. 68. Wüthrich 2:1. 79. Brodd 2:2. 81. Eschmann 3:2.
32. Bulgarien - Schweiz 2:3 (2:0), 1.5.1991, EM-Qualifikation «Summer of 91»: Die Schweiz füllt gegen San Marino ein Stadion, Chapuisat wirbelt die Bundesliga durcheinander, und die Nati träumt erstmals von einer EM-Qualifikation. Die Basis dafür legt ein imperiales Solo über 40 Meter von Türkyilmaz – am Fernsehen begleitet von einem Crescendo Hüppis –, welches die Aufholjagd mit dem 3:2 krönt, nachdem Knup bereits zweimal getroffen hat. Die Nati läutet eine neue Zeitrechnung ein und wird sexy.
Vasil Levski, Sofia – 55 000 Zuschauer – Tore: 12. Kostadinov 1:0. 27. Sirakov 2:0. 59. Knup 2:1. 85. Knup 2:2. 90. Türkyilmaz 2:3.
33. FC Basel - FC Zürich 4:0 (2:0), 10.6.1972, Meisterschaft NLA Die Ausgangslage am letzten Spieltag ist folgende: Basel kann bereits mit einem Remis den Titel sichern, Zürich muss gewinnen, um eine Entscheidungspartie zu erzwingen. Vieles spricht gegen Basel, denn innerhalb von zwei Wochen muss Basel zwei empfindliche Rückschläge in Bern einstecken: zunächst im Cupfinal gegen Zürich (0:1), danach gegen die Young Boys (1:4). Doch vor der grössten NLA-Kulisse aller Zeiten bittet Odermatt zum grossen Tanz. Nebst dem zweifachen Torschützen sorgen Mundschin und Hitzfeld mit je einem Treffer für die Basler Gala. St. Jakob, Basel – 54 700 Zuschauer – Tore: 20. Mundschin 1:0, 40. Odermatt (Foulpenalty) 2:0, 78. Hitzfeld 3:0, 80. Odermatt 4:0.
34. Irland - Schweiz 1:2 (0:1), 16.10.2002, EM-Qualifikation «Selten sind Schweizer auswärts mit solchem Mut angetreten. Kuhn hat seine Spieler von ihrem alten Minderwertigkeitskomplex befreit», schreibt der Sportjournalist Jacques Ducret nach dem siegreichen Spiel. Neben Kuhn zeichnen vor allem die Yakin-Brüder, die im Rausch der Basler Champions-League-Nächte spielen, für den Sieg verantwortlich. Beim Führungs-
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treffer bereitet Murat mit einem präzisen Pass über 40 Meter den Abschluss von Hakan vor. Das 2:1 erzielt Celestini kurz nach seiner Einwechslung in der Schlussphase. Landsdowne Road, Dublin – 35 000 Zuschauer – Tore: 45. H. Yakin 0:1. 78. Magnin (Eigentor) 1:1. 87. Celestini 1:2.
35. FC Basel - Lausanne-Sports 2:1 (1:0) – 3:0 gewertet, 15.5.1967, Cupfinal Eine Flanke von Benthaus in der 88. Spielminute ist dem 1:0-Schützen Hauser zugedacht. Dieser fällt im Duell mit Grobéty. Elfmeter. Erst fünf Minuten später – nach starken Unmutsäusserungen seitens der Waadtländer – kann der vermeintlich Gefoulte den fälligen Strafstoss versenken. Derweil sich die Basler in den Armen liegen, wählen die enttäuschten Lausanner eine Protestform, die passend zu jener Zeit ist: ein Sit-in in der eigenen Platzhälfte, ohne den Anschein zu erwecken, das Spiel fortsetzen zu wollen. Diese Art von Rebellion provoziert den bis anhin geduldigen Schiedsrichter Göppel zum ersten und einzigen Spielabbruch in einem Cupfinal. Wankdorf, Bern – 45 000 Zuschauer – Tore: 11. Hauser 1:0. 47. Kiefer (Eigentor) 1:1. 88. Hauser (Pen.) 2:1.
36. Schweiz - England 2:1 (1:1), 21.5.1938, Freundschaftsspiel Kurz vor der WM testet die Schweiz gegen England, welches eine Woche zuvor in Berlin den Deutschen eine schmerzliche 6:3-Niederlage zugefügt hat. 25 000 Zuschauer wollen überzeugende englische Profis sehen. Doch stattdessen sehen sie – von Bickel angeführt – entfesselte Schweizer. Aeby per Kopf und Trello Abegglen per Handspenalty erzielen die notwendigen Tore für den Sieg. Der Hardturm steht Kopf!
entschärft die Lage aber noch vor dem Pausentee. Nach diesem geht die Gala weiter. Nicht nur der St. Galler Torwart Agosti ist überfordert, sondern auch der Wiler Totomat: Er kann am Schluss nur das Resultat 1:3 wiedergeben. Berholz, Wil – 7300 Zuschauer (ausverkauft, Stadionrekord) – Tore: 3. Barnetta 0:1. 12. Romano 1:1. 17. Bamba 2:1. 24. Naldo 3:1. 30. Bamba 4:1. 33. Fabinho 5:1. 38. Tachie-Mensah 5:2. 40. Wolf 5:3. 45. Bamba 6:3. 49. Romano 7:3. 52. Naldo 8:3. 70. Mordeku 9:3. 76. Lustrinelli (Foulpenalty) 10:3. 90. Pavlovic 11:3.
38. Schweiz - Südkorea 2:0 (1:0), 23.6.2006, WM-Vorrunde Im letzten Gruppenspiel zirkelt Hakan Yakin nach 23 Minuten einen Freistoss auf Senderos’ Kopf. 1:0. Das Bild des Genfers, der nach dem Zusammenstoss blutend seinen Zeigefinger in den Himmel reckt, geht um die Welt. Zuberbühler kann die wenigen Chancen der Koreaner sicher behändigen und bleibt als einziger Torwart der WM ohne Gegentor. Freis Tor in der 77. Minute bedeutet den Gruppensieg. FIFA WM-Stadion, Hannover – 44 652 Zuschauer (ausverkauft) – Tore: 23. Senderos 1:0. 77. Frei 2:0.
39. Grasshoppers Zürich - FC Basel 4:3 (1:1, 2:2) n.V., 8.6.1971, Meisterschaft Eine Belle muss die Entscheidung nach 26 Spieltagen zwischen den punktgleichen Basel und GC erzwingen. Vor 51 000 Zuschauern kommt es zu einem dramatischen Spiel. Die Zürcher verdanken den Titel vor allem dem deutschen Mittelfeldspieler Ohlhauser und dem schwedischen Torschützen Grahn, welche drei der vier Treffer erzielen.
Hardturm, Zürich – 25 000 Zuschauer – Tore: 22. Aeby 1:0. 33. Bastin (Pen.) 1:1. 68. A. Abegglen 2:1.
Wankdorf, Bern – 51 000 Zuschauer – Tore: 17. Ohlhauser 1:0. 23. Mundschin 1:1. 69. Wenger 1:2. 74. Grahn 2:2. 97. Grahn 3:2. 107. Meier 4:2. 118. Benthaus 4:3.
37. FC Wil - FC St. Gallen 11:3 (6:3), 3.11.2002, Meisterschaft NLA Nach 150 Sekunden steht es im Derby 0:1. Der Aufsteiger reagiert aber innerhalb von 21 Minuten heftig mit fünf Toren. Innerhalb von zwei Minuten wird es durch einen St. Galler Doppelschlag wieder spannend. Bamba, mit seinem bereits dritten Treffer,
40. USA - Schweiz 1:1 (1:1), 18.6.1994, WM-Vorrunde «Es gibt keinen Zweiten wie Bregy», versucht sich TV-Kommentator Thurnheer mit einer mutmachenden Prophezeiung, bevor Gastgeber Wynalda einen Freistoss aus 25 Metern genau in den Winkel zimmert. Nur wenige Minuten zuvor hat der
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nicht einmalige Bregy Torwart Meola, ebenfalls mit einem Freistoss, auf dem falschen Fuss erwischt. Pontiac Silverdome, Detroit – 73 425 Zuschauer – Tore: 40. Bregy 0:1. 45. Wynalda 1:1.
41. AC Milan - FC Zürich 0:1 (0:1), 30.9.2009, Champions League Zürich geht gegen den Spielverlauf durch einen Geniestreich Tihinens in Führung. Danach spielt der FCZ gross auf, allen voran Gajic, der den Gegner im Vornamen trägt. Zürich steht durch Margairaz nahe am 2:0, muss aber in der allerletzten Szene der Partie Glück beanspruchen (Pfostenschuss Zambrottas), um den grossen ChampionsLeague-Erfolg Tatsache werden zu lassen. Giuseppe Meazza, Mailand – 32 439 Zuschauer – Tor: 10. Tihinen 0:1.
42. Schweiz - Niederlande 2:1 (1:0), 14.11.1965, WM-Qualifikation Die Schweiz startet furios ins Spiel und geht nach elf Minuten in Führung. Schindelholz und Kuhn leiten das Tor von Hosp ein. Dann verletzt sich Bäni. Weil Auswechslungen noch nicht erlaubt sind, agiert die Nati 41 Minuten zu zehnt und muss gegen harmlose Niederländer den Ausgleich hinnehmen. Drei Minuten vor Schluss bringt Allemanns Treffer den Sieg und zehn Tage später – nachdem die Nordiren in Albanien nicht über ein 1:1 hinausgekommen sind – die WM-Qualifikation für England. Wankdorf, Bern – 44 009 Zuschauer – Tore: 10. Hosp 1:0. 64. Laseroms 1:1. 87. Allemann 2:1.
43. Inter Mailand - Lugano 0:1 (0:0), 27.9.1995, UEFA-Cup Nach einem 1:1 im Hinspiel sind die Chancen der Luganesi auf ein Weiterkommen überschaubar. Lugano spielt im Rückspiel gefällig und kann bis in die Schlussminuten das ehrenvolle 0:0 halten. Dann erhält Carrasco am Strafraumeck mit einem Freistoss sogar eine valable Torgelegenheit. Sein scharf getretener Ball auf die nahe Ecke wird von Galvão entscheidend abgelenkt, sodass Pagliuca dämlich aussieht und Lugano sensationell Inter eliminiert. Giuseppe Meazza, Mailand – 15 955 Zuschauer – Tor: 86. Carrasco 0:1.
Die top 100
44. England - Schweiz 1:1 (1:1), 10.11.1971, EM-Qualifikation Ein Bogenball von Summerbee unter die Latte bringt dem Gastgeber nach neun Minuten die erwartete frühe Führung. Doch nur eine Viertelstunde später kann Odermatt mit einem Bananenschuss aus 22 Metern ausgleichen. Der junge Shilton sieht dabei nicht gut aus. Wie auch das gesamte englische Mittelfeld, welches spielerisch dem zentralen Trio OdermattKuhn-Blättler wenig zu entgegnen hat. Wembley, London – 90 423 Zuschauer – Tore: 9. Summerbee 1:0. 26. Odermatt 1:1.
45. FC Sion - Young Boys 3:2 (0:2), 20.5.1991, Cupfinal Zur zweiten Halbzeit wechselt Sion-Trainer Trossero die zwei Teenager Orlando und Rey ein. Ohne sich warmzulaufen, betreten die unerfahrenen Offensivspieler das volle Wankdorf. Doch weder die 0:2-Hypothek aus Halbzeit eins noch die starke Maisonne kann die Vokuhila-Zwillinge stoppen. Nach dem Anschlusstreffer Orlandos kommt es in der Schlussviertelstunde zum am Vorabend gemeinsam ausgemalten Traum: Die beiden entscheiden innerhalb von zwei Minuten den Cupfinal zugunsten Sions. Wankdorf, Bern – 50 000 Zuschauer – Tore: 3. Lopez (Eigentor) 0:1. 45. Zuffi 0:2. 50. Orlando 1:2. 78. Orlando 2:2. 79. Rey 3:2.
46. FC Sion - FC Wettingen 1:0 (0:0), 7.10.1989, Meisterschaft Kurz vor dem Ablauf der Nachspielzeit, Sion führt durch Baljic 1:0, tritt Brigger einen Freistoss aus der eigenen Platzhälfte so dilettantisch, dass der Ball vom Rücken Romanos zu Rueda abprallt. Rueda, eigentlich im Abseits stehend, lobt den Ball über Lehmann ins Tor. Doch Schiedsrichter Klötzlis Schlusspfiff kommt der Torlinienüberquerung des Balles zuvor und verhindert somit den vermeintlichen Ausgleichstreffer. Dies hat einen beispiellosen Rachefeldzug zur Folge, an dem sich neben einigen Spielern auch Trainer Klug beteiligt. Für die Schläge und Tritte kassieren die Wettinger Germann, Frei, Baumgartner
und Kundert Sperren von bis zu einem Jahr. Tourbillon, Sion – 6700 Zuschauer – Tor: 87. Baljic 1:0.
47. FC Basel - FC Zürich 1:1 (1:0), 30.4.1994, Meisterschaft Basel braucht im Spiel gegen Zürich noch einen Sieg für den Aufstieg nach sechs Jahren NLB. 42 126 Zuschauer kommen erwartungsfroh zum Treffen der alten Giganten und sehen einen Start nach Mass: Cantaluppi schiesst seine Farben in Front. In Halbzeit zwei verpassen Smajic und Hertig kläglich die Vorentscheidung. Nach Abstoss Widmers und Sahins Kopfballverlängerung skort Skoro zum schmeichelhaften Ausgleich. Basels Aufstieg wird aber nur um einen Spieltag verschoben. St. Jakob, Basel – 42 100 Zuschauer – Tore: 11. Cantaluppi 1:0. 81. Skoro 1:1.
48. Young Boys - Old Boys 15:3, Januar 1918, Meisterschaft, Spitalacker, Bern. Nomen est omen: Jung gegen Alt. Auf dem verschneiten Spielfeld erlebt NatiTorwart Bieri die schlimmsten 90 Minuten seiner ruhmreichen Karriere. Fünfzehnmal muss er den Ball aus den Maschen holen. Von seinen Verteidigern arg im Stich gelassen, sieht er sich wiederholt alleine anstürmenden Gegnern
gegenüber. Es bleibt bis heute das torreichste Spiel der höchsten Spielklasse. 49. FC Zürich - FC Basel 4:1 (0:0;1:1) n.V., 18.5.1970, Cupfinal Nach der torlosen ersten Halbzeit trifft Odermatt zur Führung, welche Zürichs Quentin zehn Minuten später egalisiert. Dann kommt Künzlis Verlängerung: Beim 2:1 profitiert er von einer Hereingabe Kuhns und köpfelt den Ball in die entferntere Ecke. Beim 3:1, Künzlis zweitem Treffer, reklamieren die Basler – bis heute noch – eine Abseitsstellung. Zum Endresultat von 4:1 trifft der junge Corti. Wankdorf, Bern – 48 000 Zuschauer – Tore: 62. Odermatt 0:1. 74. Quentin 1:1. 92. Künzli 2:1. 101. Künzli 3:1. 113. Corti 4:1.
50. Schweiz - England 3:1 (1:0), 21.7.1945, Repräsentativspiel Zwischen 1945 und 1948 tritt die Nati viermal gegen Union Jack an. Beim ersten Match – die Alliierten haben eben den Luftraum für die Swissair freigegeben – feiert der SFV bei seinem eigenen 50-Spiele-Jubiläum einen sensationellen Sieg. Wädu Fink von den Young Fellows macht das Spiel seines Lebens und sticht seinen Antipoden, den weltbesten Mittelstürmer Tommy Lawton, mit einem Tor und einem Assist klar aus. Wankdorf, Bern – 42 000 Zuschauer – Schiedsrichter: Ebes (Frankreich). – Tore: 35. Fink 1:0. 62. Friedländer 2:0, 72. Brown 2:1, 80. Amado 3:1
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60. FC Zürich - Galatasaray Istanbul 2:2 (0:0;1:1) n.V. 11.12.1963, Meistercup, Rom. Nach 300 Minuten Spielzeit braucht es im Entscheidungsspiel im Achtelfinale einen Münzwurf, um eine Entscheidung hervorzubringen. Captain und Torwart Schley darf als Erster jubeln.
51. Xamax Neuenburg - Young Boys 1:4 (1:1). 24.5.1986, Meisterschaft, Neuenburg. Zuffi und Lunde schiessen am vorletzten Spieltag YB nach 26 Jahren wieder zum Meistertitel. 52. FC Thun - Malmö FF 3:0 (2:0). 23.8.2005, Champions-League-Qualifikation, Bern. Lustrinelli schiesst ein Traumtor aus 40 Metern und macht das Märchen vom Champions-League-Einzug perfekt. 53. Xamax Neuenburg - Bayern München 2:1 (1:0). 21.10.1987, Meistercup, Neuenburg. Der Vorjahrsfinalist wird im Achtelfinal des Meistercups durch die Tore von Lüthi und B. Sutter fast aus dem Wettbewerb geworfen. 54. Young Boys - Wismut Karl-Marx-Stadt 2:1 (2:0). 1.4.1959, Meistercup, Amsterdam. Meier und Wechselberger schiessen im Entscheidungsspiel des Meistercups die Berner in den Halbfinal. 55. FC Zürich - FC Barcelona 3:1 (1:1). 20.9.1967, Messestädte-Cup, Zürich. Zweimal Winiger und Kuhn drehen das Spiel und werfen Barcelona in der ersten Runde aus dem Messecup (Vorgänger des UEFA-Cups). 56. Griechenland - Schweiz 1:2 (0:1). 15.10.2008, WM-Qualifikation, Piräus. Nach Zauberpass von Hakan Yakin macht Nkufos Tor die Luxemburg-Blamage vergessen. 57. Schweiz - Litauen 9:0 (4:0). 25.05.1924, Olympische Spiele, Paris. Die Schweiz erspielt sich an den Olympischen Spielen in Paris den höchsten Sieg ihrer Verbandsgeschichte. Alleine Sturzenegger (4) und Xam Abegglen (3) sind für sieben Tore verantwortlich. 58. Lausanne-Sports - Servette Genf 2:5 (2:3). 2.6.1999, Meisterschaft, Lausanne. In der packenden Dreier-Finalissima, in der auch GC noch Meister werden kann, sind Vurens (3) und Petrov (2) für alle fünf Tore besorgt. 59. Tschechien - Schweiz 1:2 (0:0; 1:2) 3:4 n.E.19.11.2003, U21-EM-Qualifikation, Ostrava. Nach Strellers Ausschluss und der Hinspiel-Hypothek kämpfen sich zehn U21-Schweizer dank Eggimann und Koubskys Eigentor ins Elfmeterschiessen und reüssieren dort.
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61. Hertha Berlin - Servette Genf 0:3 (0:1). 6.12.2001, UEFA-Cup, Berlin. Favre setzt dank den Toren von Hilton, Frei und Obradovic ein erstes internationales Ausrufezeichen als Trainer. 62. Lausanne-Sports - FC Zürich 4:3 (0:1,2:2) n.V. 8.6.1981, Cupfinal, Bern. Crescenzi reichen zwei Tore in drei Minuten, um sich unsterblich zu machen. 63. Italien - Schweiz 0:1 (0:0). 27.10.1982, Freundschaftsspiel, Rom. Elseners Tor entzaubert Italien in seinem ersten Testspiel nach dem Weltmeistertitel in Spanien. 64. Lokomotive Moskau - Lausanne-Sport 4:5 (0:1,1:1) n.E. 26.8.2010, Europa-LeagueQualifikation, Moskau. Lausanne qualifiziert sich als Challenge League-Verein für die Gruppenphase der Europa League. Silvio hatte Lausanne in Führung gebracht. 65. Cantonal Neuenburg - FC Genf 10:1. 11.12.1921, Meisterschaft, Neuenburg. Xam Abegglen stellt mit acht Toren in einem Spiel einen einmaligen Rekord auf. 66. Servette Genf - Young Boys 3:2 (1:2). 20.6.1979, Cupfinal, Bern. Servette krönt seine überragende Saison im Wiederholungscupfinal dank Toren von Weber, Barberis und Hamberg. 67. FC Sion - Servette Genf 3:2 (0:1). 19.5.1996, Cupfinal, Bern. Sion macht innert zehn Minuten aus einem 0:2 ein 3:2 und gewinnt im achten Anlauf zum achten Mal den Cup. 68. FC Zürich - FC Liverpool 1:3 (1:1). 6.4.1977, Meistercup, Zürich. Risi sorgt im Meistercup-Halbfinal für einen optimalen Start, danach setzt sich der spätere Wettbewerbssieger aber klar durch. 69. La Rondinella - Servette Genf 1:4 (0:0,1:1) n.V. 7.10.1978, Cup 1/16-Final, La Neuveville. Der am Neuenburgersee ansässige Arbeiterverein und Drittligist kann nur vom Schiedsrichter gestoppt werden, welcher in der Nachspielzeit ein Abseits übersieht und damit die Verlängerung ermöglicht. 70. Schweiz - Schweden 3:0 (2:0). 25.11.1945, Freundschaftsspiel, Genf. Amadò spielt mit GC-Copain Bickel gross auf und erzielt zwei Treffer.
71. Young Boys - Servette Genf 1:4 10.5.1994, Meisterschaft, Bern. Der dreifache Torschütze Neuville entscheidet das Fernduell um den Titel mit GC im Alleingang. 72. Schweiz - England 1:0 (1:0). 18.5.1947, Freundschaftsspiel, Zürich. Fatton vollendet einen von Amadò eingeleiteten Angriff erfolgreich und sorgt für einen Sieg über die Mannschaft um Starspieler Matthews. 73. Grasshoppers Zürich - Servette Genf 1:0 (0:0) n.V. 15.6.1984. Meisterschaft, Bern. Eine Schwalbe Jaras und der Elfmeter von Egli sichern im Entscheidungsspiel die Meisterschaft. 74. Young Boys - Servette Genf 4:2 (2:2;1:1). 8.6.1987, Cupfinal, Bern. Zuffi, Prytz, Siwek, Gertschen wissen bei ihren Toren noch nicht, dass es für YB der letzte Titel für lange Zeit ist. 75. Frankreich - Schweiz 2:4 (1:4). 11.11.1953, Freundschaftsspiel, Paris. Antenen erzielt drei der vier Tore einer vor allem in der ersten Halbzeit entfesselten Schweizer Mannschaft. 76. Schweiz - Togo 2:0 (1:0). 19.6.2006, WMVorrunde, Dortmund. Frei und Barnetta stossen in einem «Heimspiel» das Tor zum Achtelfinal weit auf. 77. West Bromwich Albion - Grasshoppers Zürich 1:3 (0:2). 30.9.1981, UEFA-Cup, West Bromwich. Durch Tore von Fimian, Koller und Jara muss sich zum ersten Mal eine englische Mannschaft auf heimischem Boden einer Schweizer Equipe geschlagen geben. 78. Portugal - Schweiz 0:2 (0:2). 16.4.1969, WM-Qualifikation, Lissabon. Vuilleumier nickt gegen den WM-Dritten um Superstar Eusébio Flanken von Kuhn und Künzli ein, was der Nati neue Hoffnung für die WM in Mexiko gibt. 79. FC Basel - Celtic Glasgow 2:0 (2:0). 28.8.2002, Champions-League-Quali, Basel. Gimenez und Murat Yakin sorgen rasch für die Korrektur des Hinspiels, doch erst Suttons Fehlschuss Sekunden vor Schluss stellt den erstmaligen ChampionsLeague-Einzug sicher. 80. Grasshoppers Zürich - Lausanne-Sports 10:0 (2:0). 29.3.1937, Cupfinal, Bern. GC gelingt ein «Stängeli» dank Toren von Wagner (4), Abegglen II (3) und Rupf (3) – und dank der Absenz von Lausanne-Torwart Séchehaye. 81. Xamax Neuenburg - Celtic Glasgow 5:1 (3:0). 22.10.1991, UEFA-Cup, Neuenburg. Hossam Hassan (4) und Christophe Bonvin besiegen die Schotten im Alleingang.
Die top 100
82. Grasshoppers Zürich - Lugano 4:3 (4:1). 14.6.1945, Meisterschaft, Zürich. Im Spitzenkampf macht die Effizienz Friedländers die verwundbare Verteidigung von Rappans GC vergessen. 83. Spanien - Schweiz 2:2 (1:1). 10.3.1957, WM-Qualifikation, Madrid. Die zwei Tore von Hügi und die Paraden von Parlier lassen 110 000 Zuschauer verstummen.
88. Lausanne-Sports - FC Zürich 5:2 (1:1). 3.7.1932, Meisterschaft, Bern. Ein eigenartiger Modus erlaubt es Lausanne, als Unterklassiger in einem Meisterfinal um den Titel zu spielen. Das Tandem Kramer III/Gerhold nutzt die Gelegenheit und dreht das Spiel nach einem 0:1-Rückstand.
94. FC St. Gallen - Chelsea FC 2:0 (2:0). 28.9.2000, UEFA-Cup, Zürich. Ein Doppelschlag von Müller und Amoah nach einer halben Stunde reicht gegen die harmlosen Gäste aus dem noblen Londoner Viertel für das Weiterkommen, und Imhof beendet die Karriere von Di Matteo.
89. Atlético Madrid - FC Sion 2:3 (1:3). 3.10.1984, UEFA-Cup, Madrid. Dank einer Doublette Cinas und einem madrilenischen Eigentor in der Startviertelstunde ergattert Sion den ersten Schweizer Sieg auf spanischem Boden.
95. Schweiz - Ungarn 4:5 (2:3). 17.9.1955, Europapokal der Nationalmannschaften, Lausanne. Puskas, Kocsis und Hidegkuti siegen gegen eine starke Schweiz Nati nur dank Abseitstoren, denn je zwei Treffer von Antenen und Vonlanthen können das Spiel ausgeglichen gestalten.
90. AC Milan - FC Aarau 0:0 (0:0). 29.9.1993, Champions-League-Qualifikation, Mailand. Fringers Truppe erreicht nach einer beachtlichen Leistung ein ehrenvolles Remis gegen die weltbeste Mannschaft um Baresi, van Basten, Boban und Papin.
84. FC La Chaux-de-Fonds - AS St-Etienne 2:1 (0:1). 16.9.1964, Meistercup, Chaux-de-Fonds. Spielertrainer Skiba sorgt für den Ausgleich und das Weiterkommen gegen «Les Verts».
91. Grasshoppers Zürich - St. Gallen 4:4 (3:3). 10.3.2000, NLA-Finalrunde, Zürich. Nach 14 Minuten 3:0 und nach 90 Minuten 4:3, doch Amoah und seine Kollegen machen alles wett und ebnen den Weg zum Meistertitel.
85. Grasshoppers Zürich - Eintracht Frankfurt 1:0 (1:0). 14.3.1978, UEFA-Cup, Zürich. Ponte erzielt das goldene Tor zur Halbfinalqualifikation per Elfmeter, nachdem der schnelle Elsener regelwidrig gestoppt worden ist.
92. Schweiz - Frankreich 1:1 (0:0). 8.10.2005, WM-Qualifikation, Bern. Die Schweiz spielt «magninfique» und hätte den Sieg in einem hochstehenden Spiel gegen Zidane & Co. verdient gehabt.
86. FC Basel - Club Brügge 6:4 (3:2). 7.11.73, Meistercup, Basel. Basel bedarf in einem verrückten Spiel dreier Tore Hitzfelds, um ins Viertelfinal einzuziehen.
93. Italien - Schweiz 2:2 (0:2). 14.10.1992, WM-Qualifikation, Cagliari. Zunächst profitieren die beiden Freunde Ohrel und Chapuisat von defensiven Fehlern der Squadra azzurra, doch in den letzten Spielminuten verteilen auch Egli und Geiger Geschenke.
87. Grasshoppers Zürich - Glasgow Rangers 3:0 (2:0). 11.9.1996, Champions League, Zürich. Erster Champions-League-Sieg für die Hoppers dank dem zweifachen Torschützen Türkyilmaz und M. Yakin.
96. Ipswich Town - Grasshoppers Zürich 1:1 (1:0). 7.11.1979, UEFA-Cup, Ipswich. Sulsers Ausgleichstor reicht dank der Auswärtstorregelung für den Aufstieg in die dritte Runde. 97. Xamax Neuenburg - FC St. Gallen 2:1 (1:0). 1.5.2011, Meisterschaft, Neuenburg. Im Spiel um den Abstieg dezimiert sich die Heimmannschaft durch Unsportlichkeiten selber um drei Spieler, dennoch erzielt Tréand in der Nachspielzeit den wichtigen Siegestreffer. 98. Schweiz - Sowjetunion 2:2 (1:1). 17.4.1985, WM-Qualifikation, Bern. Eglis Ausgleichstor in der Nachspielzeit lässt den patriotisch aufgebauschten Abend versöhnlich enden. 99. England - Schweiz 2:2 (1:2). 4.6.2011, EMQualifikation, London Barnettas Doppelpack lässt von Historischem träumen, am Schluss ist es für stark verjüngte Nati immerhin ein passabler Neuanfang. 100. FC Lugano - Grasshoppers Zürich 4:1 (2:0). 31.5.1993, Cupfinal, Bern. Subiat vermiest den Zürchern die Saison total und holt erstmals nach 25 Jahren einen Titel ins Tessin.
Die Idee zur vorliegenden Top-100-Liste stammt von David Mugglin. Für ein aussagekräftiges Resultat stellte der Luzerner eine Jury aus folgenden Experten zusammen: Marco von Ah (Medienchef SFV) Pierre Benoit (Ex-Kommunikationschef SFV) Andreas Blum (europacup.ch) Andreas Böni (Blick-Fussballchef ) Wolfgang Bortlik (Autor, u.a. «Hopp Schwiiz») Fabian Brändle (Autor, u.a. «Goal!») Flurin Clalüna (Redaktion NZZ Sport) Jacques Ducret (Ex Match Mag/Sportinformation) Gregory Germond (Sportantiquariat Zürich) Philippe Guggisberg (Autor, «75 Jahre NLA») Fredy Hunkeler (Teleclub, ex-DRS) Daniel Jeandupeux (Ex-Internationaler) Beat Jung (Autor, u.a. «Die Nati»)
Christian Koller (Autor, u.a. «Sternstunden des Schweizer Fussballs») David Mugglin (Initiant) Saro Pepe (FCZ-Museum) Daniel Reichmuth (super-servette.ch) Daniel Schaub (rotweiss) Albert Staudenmann (YB-Pressechef ) Mämä Sykora (Zwölf) Beni Thurnheer (SF) Fredy Wettstein (Tages-Anzeiger) Benedikt Widmer (tschuttiheftli) Micha Zbinden (blick.ch) Josef Zindel (FCB-Pressechef )
Videos zu den Spielen auf www.zwoelf.ch
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Zdravko Kuzmanovic
«Natürlich ist die Schweiz meine Heimat» Text: Oliver von Allmen / Bild: Keystone
Zdravko Kuzmanović hat hierzulande viel Kredit verspielt. In ZWÖLF erklärt er sich. Ein Gespräch über den Entscheid für Serbien, aber auch über zornige Tifosi, Hierarchien und Adrian Mutu.
Der Schweiz-Kroate Mario Gavranović von Schalke 04 hat sich in diesem Jahr entschieden, für die Schweizer Nationalmannschaft zu spielen. Warum hast du dich gegen die Schweiz und für dein Vaterland Serbien entschieden? Ich bin in der Schweiz aufgewachsen und habe meine gesamte Jugend hier verbracht. Schlussendlich war es für mich eine Herzensangelegenheit, weil meine ganze Familie aus Serbien stammt. Für mich war es ein Traum, als mir die serbische Nationalmannschaft ein Angebot machte. Es war überhaupt keine einfache Entscheidung, aber dieser Entschluss war
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sehr gut überlegt. Ich habe mich nicht von einem Tag auf den anderen entschieden, sondern habe mir sehr viel Zeit gelassen. Mit dem serbischen Verband stand ich ohnehin schon lange in Kontakt, während die Schweizer gar nichts unternahmen. Ich hatte lange die Hoffnung, dass auch vonseiten des Schweizer Verbands ein Angebot kommen würde, dies blieb aber aus. Ich wollte mich auch nicht aufdrängen, etwa indem ich den Serben gegenüber behauptet hätte, auch die Schweizer hätten mir ein Angebot gemacht. Trotz der langen Überlegungszeit kann ich nun sagen, dass ich mich
schliesslich mit voller Überzeugung für die serbische Auswahl entschieden habe. Du würdest also sagen, dass du dich eventuell anders entschieden hättest, wenn die Schweizer eher reagiert hätten? Während dieser Zeit war ich beim FC Basel immer Stammspieler. Da hätte ich schon erwartet, dass ich das Interesse der Schweizer zu spüren bekomme. Dies war wie gesagt nicht der Fall. Alles andere stand in der Folge gar nicht zur Debatte. Welche Rolle spielte bei diesem Entscheid für Serbien und gegen die Schweiz dein Elternhaus? Meine Eltern haben keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt. Sie liessen mir freie Wahl bei diesem wichtigen Entscheid. Ich war völlig unvoreingenommen und hatte auch noch keine Tendenz. Serbien war einfach schneller, die Schweizer reagierten erst, als sie wussten, dass die Serben an mir interessiert waren. Das war für mich einfach zu spät!
Wie reagierten deine Klubkameraden auf deinen Entscheid? Ich war ja damals schon in Florenz und damit weit weg vom FC Basel und der Schweiz, wo das eher zu einem Thema geworden wäre. Für die Teamkollegen in Italien spielte es überhaupt keine Rolle, ob ich jetzt für die Schweiz oder für Serbien auflaufen würde.
«Die Schweizer unternahmen gar nichts.» Gab es auch keine negativen Reaktionen von deinen Schweizer Kollegen? Nein, überhaupt nicht! Das war mein Entscheid, und ich wollte das ganz alleine bestimmen. Das müssen nicht andere für mich übernehmen. Das wurde auch so akzeptiert. Ich denke, ich habe alles richtig gemacht und diesen wichtigen Schritt niemals bereut. Doppelbürger stehen ja oft zwischen zwei Kulturen. Wie ist das bei dir? Was bezeichnest du als deine Heimat? Natürlich ist die Schweiz meine Heimat. Ich habe immer hier gelebt und habe ein Haus in der Schweiz, in dem ich noch immer teilweise lebe. Ein Teil meiner Familie lebt in Serbien, meine Eltern und meine Schwester in der Schweiz, wobei mein Vater auch viel Zeit in seiner Heimat verbringt. Ich versuche, beiden Seiten möglichst gerecht zu werden. Du würdest also deine Heimat als zweigeteilt ansehen? Absolut! Ich habe immer noch viele Freunde in der Schweiz, vor allem in Basel. Zum Glück ist es nun, da ich in Stuttgart spiele, auch möglich, diese regelmässig zu besuchen. Die Distanz ist ja wirklich nicht gerade gross. Deine Schweizer Vergangenheit hat dich sicher geprägt. Was würdest du an dir als typisch schweizerisch bezeichnen?
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Ich bin pünktlich und ehrgeizig. Diese Schweizer Mentalität hat mir sehr viel geholfen auf meinem ganzen Weg. Dagegen ist mein Temperament natürlich ganz klar serbisch, was schlussendlich eine ganz gute Mischung ergibt. Fussballer ist für viele ein Traumberuf, du hast es bis dahin gebracht. Was würdest du eigentlich machen, wenn du nicht Profi geworden wärst? Keine Ahnung. Wirklich nicht die leiseste Ahnung. Ich habe von Anfang an auf die Karte Fussball gesetzt, und das hat sich ausbezahlt. Etwas anderes hätte ich mir gar nicht vorstellen können. Ich war in der Schule nicht gut und hätte damit auch nicht die besten Voraussetzungen gehabt, einen befriedigenden Beruf zu finden. Du sprichst das Wort Schule an. Du hast die YB-Tagesschule absolviert? (Lacht.) Ja, so nebenbei! Wieso «so nebenbei»? Ist die YB-Tagesschule kein gutes Instrument zur Förderung des Nachwuchses? Die Idee an sich ist sogar sehr gut. Aber die langen Reisewege sind für einen jungen Spieler alles andere als vorteilhaft. Ich zum Beispiel musste jeden Tag um sechs Uhr aufstehen und kam dann erst um zirka elf Uhr abends nach einem langen, anstrengenden Tag wieder nach Hause. Natürlich hätte ich daraufhin noch Hausaufgaben machen müssen. Aber das wurde dann doch zu viel. Als damals 14-Jähriger war das schlicht zu hart. Es war eine gute Erfahrung, aber schlussendlich war das wahrlich nicht optimal gelöst. In solchen Situationen muss man dann auf die Unterstützung von anderen Personen zählen können. Wer hat dich am meisten bei deiner Karriere unterstützt? Ganz klar meine Familie und vor allem mein Vater. Die waren immer und überall für mich da. Seit vier Jahren unterstützt mich auch mein Manager Marko Naletilić. Er hält mir immer den Rücken frei und unterstützt mich in allen möglichen Belangen.
Mit Stuttgart hast du eine sehr schwierige Saison durchgemacht. Da ist es sehr wichtig, auch einmal vom Fussball Abstand zu gewinnen. Wie gelingt dir das? Ich gehe nach Hause zu meiner Freundin und versuche dort, ein wenig abzuschalten. Mittlerweile gelingt es mir deutlich besser, vom Fussball Abstand zu nehmen. Ich habe trotz meines jungen Alters schon relativ viel erlebt, diese Erfahrungen helfen mir sehr dabei. Klar macht man sich dann so seine Gedanken über die eigene Leistung, wenn diese nicht den eigenen Ansprüchen entspricht. Das kann einen an gewissen Tagen doch sehr beschäftigen, aber zu Hause in der eigenen Wohnung geht das dann meistens schon wieder. Bei schlechten Leistungen sparen auch die Medien nicht mit Kritik, in Italien und Deutschland wohl noch ausgeprägter als hierzulande. Damit habe ich keine Probleme. Es ist mir sogar mehrheitlich egal. Eigentlich motiviert mich diese Kritik meistens zusätzlich. Je härter ich kritisiert werde, desto besser spiele ich. Gleiches gilt für die Zuschauer im Stadion. Du wirst es nie 40 000 Zuschauern recht machen können. Also muss man damit umgehen können, dass es auch negative Reaktionen von der Tribüne geben kann. Du kamst als 20-Jähriger zur Fiorentina, einer Mannschaft mit einigen grossen Stars in ihren Reihen. Was war deine Stellung innerhalb der Mannschaft? Ich hatte zwar am Anfang ein wenig Probleme, weil ich die Sprache nicht beherrschte. Darauf hatte ich mich aber eingestellt. Auf dem Platz konnte ich meine Leistung jedoch glücklicherweise stets abrufen. So konnte ich mich schnell durchsetzen und spielte fast jedes Spiel von Anfang an. In den zweieinhalb Jahren dort konnte ich unglaublich viel lernen. Mit der Zeit hatte ich dann auch einen gewissen Stellenwert innerhalb der Mannschaft. Wie hast du die als heissblütig geltenden Tifosi erlebt? Ich habe sehr unterschiedliche Reaktionen erlebt. Nach guten Leistungen wurde man
Zdravko Kuzmanovic rubrik sehr positiv auf der Strasse angesprochen. Bei schlechten Darbietungen verlangten viele Erklärungen für die nicht zufriedenstellenden Ergebnisse. Das ist hier in Deutschland sehr unterschiedlich. Hier lassen dich die Menschen grösstenteils in Ruhe, wenn du privat unterwegs bist. In Italien gilt dies nicht. Gab es auch sehr unerfreuliche Begegnungen? Angegriffen wurde ich nie. Es gab aber mal eine Szene, als wir zwei Niederlagen in Folge hatten einstecken müssen und beim Essen von ein paar Fans aufgefordert wurden, nach Hause zu gehen. Mir machte das aber nicht viel aus, weil ich ein ziemlich sturer Typ bin. Solche Vorkommnisse habe ich in der Folge einfach ausgeblendet und mich besser auf den Fussball konzentriert. Wie muss man sich eigentlich die Freundschaften innerhalb der Mannschaft vorstellen? Wir sind in einem Geschäft, bei dem es um sehr viel Geld geht. Auf dem Platz gibt jeder dementsprechend hundert Prozent oder manchmal noch mehr. Aber mit jedem wirst du nicht auskommen können, wie das überall im Leben auch so ist. Du hast in der Garderobe vielleicht zwei bis drei Freunde. Auf dem Platz aber muss die Mannschaft geschlossen auftreten können, und jeder Spieler muss seine Aufgaben erledigen. Jeder muss sich rein auf das Spiel fokussieren, persönliche Befindlichkeiten dürfen keine Rolle spielen. Dass nicht alle beste Freunde sind, ist ja auch logisch. Vielleicht hat man ja sogar drei bis vier Spieler als direkte Konkurrenten auf der eigenen Position. Gibt es da Unterschiede zwischen Bundesliga und der Serie A? Ganz einfach: In Italien ist es viel brutaler! Als Neuling in Italien wurdest du also jeweils dazu verdonnert, das Tor zu tragen und Bälle zu pumpen? (Lacht.) Das macht man überall! In Italien ist die Hierarchie einfach viel wich-
tiger als in anderen Ligen. Wer zum Beispiel 100 Serie-A-Spiele auf dem Buckel hat, ist viel anerkannter und respektierter als ein junger Profi. Und diesen Unterschied bekommt man in Italien viel deutlicher zu spüren als in anderen Ländern.
Zdravko Kuzmanović Der Serbe mit Schweizer Wurzeln (*1987) begann seine Profikarriere 2005 beim FC Basel. Während der Winterpause 2007 wechselte der damalige Schweizer U-21Nationalspieler für 3 Millionen Euro zur AC Fiorentina. Dort konnte sich der Mittelfeldspieler schnell einen Stammplatz erkämpfen und absolvierte bis zu seinem Transfer nach Deutschland 70 Serie-ASpiele. Für Gesprächsstoff sorgte sein Entscheid im Jahr 2007, dem Schweizer Verband den Rücken zu kehren und für die serbische Nationalmannschaft zu spielen. Seit Sommer 2009 spielt der ehemalige FCB- und YB-Junior für den VfB Stuttgart. Auch dort ist er Stammspieler.
In Florenz hast du mit dem Rumänen Adrian Mutu gespielt, der wohl aktuell grössten Skandalnudel im Weltfussball. Wie kamst du mit ihm klar? Er kann nur so gute Leistungen bringen, weil er gegen aussen so unnahbar wirkt. Mutu ist sehr aggressiv und kann ein Spiel ohne Probleme alleine entscheiden. Aber ja, es ist wirklich ein verrückter Typ! Ich habe mit ihm zusammengespielt und halte ihn für einen absoluten Weltklassespieler. Die privaten Sachen sind halt dann immer so eine eigene Geschichte. Weil er eben so richtig berühmt ist, versuchen die Journalisten natürlich stets, ein Skandälchen aufzudecken. Das macht es ihm bestimmt nicht einfacher, sein Image zu verbessern. Was hast du denn Verrücktes mit ihm erlebt?
Ich habe mit ihm zusammen sehr viel erlebt. Das möchte ich jedoch nicht mit der Öffentlichkeit teilen. Wenn er will, kann er gewisse spannende Geschichten auspacken, aber ich möchte das nicht tun. Seit deinem Abgang bei Fiorentina wurde Mutu wiederum positiv auf Doping getestet, 9 Monate gesperrt, später aus disziplinarischen Gründen suspendiert und wieder begnadigt. Auch bei euch in Stuttgart blieb es nicht lange ruhig. Wie hast du das Chaos nach der Entlassung von Christian Gross erlebt? Christian Gross kam nach Stuttgart und erzielte vor allem in der Anfangsphase sehr gute Ergebnisse. Er hatte damals die Mannschaft komplett im Griff. Nach dem Absturz in der Tabelle kam es halt zur Trennung, und eine nicht einfache Phase begann. Es war nicht einfach, einen guten Trainer zu finden, doch unter Bruno Labbadia fingen wir uns wieder. Erkennst du zwischen den beiden Trainertypen Gross und Labbadia Parallelen? Beide Trainer sind Anhänger von langen und sehr harten Trainingssequenzen. Sie ähneln sich auch in der Eigenschaft, konsequent durchzugreifen, wenn es nötig ist. Beide halten zudem nicht stets an den gleichen Spielern fest. Nur wer in guter Form ist, darf auch spielen. Meiner Meinung nach ist das eine sehr gute Methode. Wenn eure Saison vorbei ist, beginnt in Deutschland die Frauenfussball-WM. Wer wird Weltmeister? Ich muss zugeben, dass ich Frauenfussball kaum verfolge, ich weiss eigentlich nicht mal genau weshalb. Es ist eine gute Sache, wenn Frauen Fussball spielen wollen. Mir fehlt aber ein wenig die Zeit, um mich darüber zu informieren. Wenn die WM beginnt, bin ich schon in den Ferien, und dann kümmere ich mich nicht um Fussball. Es dreht sich die ganze Saison alles um den Fussball, also sollten in den Ferien auch mal andere Sachen in den Vordergrund rücken.
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SERVETTE
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23 000 Fans feierten die Rückkehr von Servette in die Super League. Doch mitten in der Euphorie sorgte der undurchsichtige Präsident Pishyar mit irritierenden Aussagen für Unruhe. Text: Nicola Berger
E
s gibt viele Möglichkeiten, einen grossen Erfolg zu feiern. Manche pflegen Champagner in rauen Mengen zu konsumieren. Andere ohrfeigen Manuel Neuer. Servette-Boss Majid Pishyar dachte sich nach dem 3:1-Sieg der Grenats im Barrage-Rückspiel über Bellinzona etwas nicht minder Kurioses aus. Erst schrie er zu Tränen gerührt und als ob er gerade höchstselbst den Siegtreffer erzielt hätte in eine Kamera: «I did it, I did it»; danach brüskierte er den portugiesischen Erfolgstrainer João Alves, indem er diesem eine «erniedrigende» (Alves) Vertragsofferte unterbreitete. Am Tag nach dem grossen Triumph rief Pishyar die Seinen für eine Ansprache zusammen. Man hätte erwartet, dass an dieser Stelle die grosse präsidiale Lobes- und Dankesrede folgen würde. Doch nicht bei Pishyar, der verstörende Worte an seine Schützlinge richtete. Die Rede wurde von Ohrenzeugen so zusammengefasst: Wenn keine anderen Investoren Pishyar finanziell unterstützen, werden alle Löhne um 50 Prozent reduziert. Sollte es so weit kommen, sei es allen Akteuren freigestellt, zu gehen. Das ist, wie wenn man seiner Frau nach dem Schwangerschaftsbescheid sagt: «Wenn mir nicht jemand anderes Geld gibt, kümmere ich mich nicht mehr um dich. Und wenn dir das nicht passt, kannst du gehen.» Es überrascht daher nicht, dass es sich dabei eher nicht um jene Sätze handelte, welche die Spieler gerne gehört hätten. Schliesslich hatte Pishyar im Frühjahr jedem Spieler für den Aufstiegsfall einen Porsche versprochen. In einem Interview mit der «Tribune de Genève» ruderte er nun zurück: «Den Porsche hätte es nur gegeben, wenn wir Erster geworden wären.»
Schon früher hatte er Versprechen nicht eingelöst: Den Deutschschweizer Anhängern hatte er einst einen Gratis-Car an jedes Heimspiel versprochen. Unter den Fans – spätestens seit dem Desaster mit dem Franzosen Marc Roger sind sie gebrannte Kinder – ist seither die Skepsis zurückgekehrt. Denn auch in seinem dritten Amtsjahr bleibt Pishyar schwer zu fassen. Im Dunstkreis des Vereins heisst
es, der Umgangston sei nicht immer angenehm und der Präsident sei selten präsent. Der Terminkalender des Iraners, dessen Firma 32 Group Dependancen in aller Welt führt, ist dicht gedrängt. Dennoch weigert sich der Zampano, einen Sportdirektor einzustellen. Pishyar dazu: «Servette hat einen Sportchef: mich.» In der Challenge League ging das deshalb gut, weil das Gerüst der Mannschaft bereits vorhanden war: Korsettstangen wie Eudis, Vitkieviez oder Rüfli standen schon vor der Ära Pishyar im Kader. Allerdings verpflichtete die neue Führung mit Xavier Kouassi (21) 2009 den vielleicht besten Akteur der letzten Challenge-League-Saison.
Die Frage, die sich nun jedoch stellt: Wie ernst ist es Pishyar mit Servette wirklich? Er hat den Klub in Genf gut vernetzt und zweifelsfrei bereits viel bewegt. Man kann es ihm auch schwerlich vorwerfen, dass er nicht ewig den Mäzen spielen und Geld verlieren will. Wahrscheinlich würde es aber nicht schaden, wenn er mit seinen vollmundigen Äusserungen (Meister 2014, Champions-League-Sieger 2018) einen Gang zurückschalten würde. Nach einer für Genfer Verhältnisse ruhigen Vorrunde hatte der Geschäftsmann mit unglücklichen Aussagen und Handlungen für viel Unruhe gesorgt. Am merkwürdigsten war die Übernahme des portugiesischen Erstligisten BeiraMar, die der punkto Öffentlichkeitsarbeit nicht optimal beratene Präsident via Genfer Lokal-TV ankündigte – und die bis Redaktionsschluss nicht abgeschlossen war. «Kein anderer Schweizer Verein kann seinen Spielern eine Partnerschaft bieten», feierte Pishyar sich vorsorglich (und wie so oft) selber. Dabei scheint er zu vergessen: Pro Klubbesitzer kann nur ein Team an den UEFA-Wettbewerben teilnehmen – auch wenn die Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb für den portugiesischen Beinahe-Absteiger (letzte Saison 13. von 16 Teams) gewiss nicht das vordringlichste Thema darstellt. Auch beim 17-fachen Champion Servette dürfte es dauern, bis das europäische Parkett überhaupt zum Thema wird. Star-Angreifer Carlos Varela (33) sagt zwar: «Wir können auch ohne Verstärkungen problemlos im Mittelfeld mitspielen»; gerade im Angriff wird Servette aber aufrüsten müssen, will es nicht gegen den Abstieg kämpfen. Pishyar wird aber bewusst sein: Die Grenats sind zum Erfolg verdammt. Spielt Servette nicht vorne mit, dürfte das anspruchsvolle Genfer Publikum kaum in Massen ins La-Praille-Stadion strömen. Servette, so sieht es momentan aus, ist nach sechsjähriger Abstinenz deshalb erst einmal auf Bewährung zurück. Auch auf Pishyars Regentschaft trifft kaum ein Substantiv besser zu.
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totomat
Der oberste Richter Text: Silvan Kämpfen / Bilder: Yanick Imboden
Trotz Trainer, TV-Experten und Taktikfüchsen – die ganze FussballWahrheit kennt letztlich doch nur einer: Der Totomat ist die vielleicht grösste Errungenschaft der Fussballschweiz.
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rgendwann im Jahr 1965. Der vor Kurzem aufgestiegene FC Sion spielt zum ersten Mal vor heimischer Kulisse gegen den grossen FC Zürich. Noch nie waren so viele Menschen im Parc des Sports zugegen, und ausgerechnet heute ist André-Philippe Titzé seiner Pflicht nicht nachgekommen. Das Spiel läuft schon eine gute Viertelstunde. Der Zeiger der Sumiswalder Pendeluhr aber steht still. «Damals kannten Väter mit ihren Söhnen bei Fehlern wenig Erbarmen. Vor allem wenn der Ruf der eigenen Firma auf dem Spiel stand», erzählt Titzé, mittlerweile 64-jährig. Er hatte seine Lektion gelernt – fürs Leben. Als Massimo Busacca Ende April 2011 den Cuphalbfinal zwischen Sion und Biel anpfeift, dauert es keine halbe Sekunde, bis Titzé den mit grossen Lettern beschrifteten Start-Knopf betätigt. «Instinktiv» geschehe das unterdessen, sagt er nach nun gut 50-jähriger Praxis. Einmal die wackligen Sprossen von der Gegentribüne hochgestiegen, ist man in Titzés Refugium: einem Metallgerüst, höchstens einen Meter breit, abgedeckt von jener Blechtafel, die mit ihren Zahlen Geschichte schreibt. Der
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älteste intakte Totomat der Schweiz ist Titzés zweites Zuhause. Sein Vater Otto war es, der diese legendär gewordene Tafel zur Eröffnung des Stade de Tourbillon 1968 beisteuerte und damit natürlich Werbung für sein Geschäft machen wollte. Die 125-jährige Uhrenboutique Titzé führt André-Philippe heute in der vierten Generation. Die Sumiswalder draussen tickt laut, aber die Zeit ist in diesem Stadionestrich irgendwie stehen geblieben. Neueste Errungenschaft ist wohl die Digitalanzeige aus den 80ern, die Titzé mit einer ebenso alten Tastatur in Betrieb setzt. «FC Sion» und «Bienne» tippt er ohne wilde Hast ein. Als Bildschirm dient dabei ein Verkehrsspiegel, der ihm durch eine Luke anzeigt, ob die Uhr auch läuft. Viel zu tun gibt es an diesem Abend nicht. Von den berüchtigten roten Teletext-Kreuzen hat heute nur eines Dienst. Zürich trifft dreimal im Nachtragsspiel gegen Xamax. Wenn das Lämpchen einmal blinkt, ist es vorbei mit Titzés Gemütlichkeit. Die Metallplatte wird schnellstens und mit lautem Scheppern ausgetauscht, das ganze Gerüst rumpelt. «Der Teletext ist einfach viel zu langsam», lamentiert Titzé.
Oft klingle sein Handy bereits nach 30 Sekunden, wenn ein Resultat nicht mehr aktuell sei. Dennoch will er weiterhin auf die Informationen aus der Bieler Zentrale setzen. «Dieses neue System» von der Liga sei nämlich viel zu kompliziert. Ob er damit so etwas wie Internet meint, das wird aus seinen Worten nicht ganz klar. Geboren im Espenmoos Eines der Fensterpaare ist mit Plexiglas abgedeckt, so wird Titzés Arbeitsort zur Loge. Die anderen 13 sind für die übrigen Spielpaarungen des Tages reserviert. Die Zahl 13 – wie der Totomat überhaupt – ist ein Relikt aus der Blütezeit des SportTotos. Die früheste Erwähnung in den Archiven datiert von 1952, als das St. Galler Espenmoos einen «Totomat» erhielt. Vor 1970 und der Einführung des
Zahlen-Lottos war das Sport-Toto (die Abkürzung steht für «Totalisator») das einzige Glücksspiel der Schweiz gewesen. Auch jene, die mit Fussball wenig anfangen konnten, versuchten sich. Gewann ein Schein mit eher unwahrscheinlichen Resultaten, sprach man denn auch von einem «Hausfrauentipp». Es war eine Zeit, als jedermann mit seinem Tippzettel zum Spiel kam und der Totomat während 90 Minuten den nötigen Überblick über 1, X oder 2 bot – meist in der richtigen Reihenfolge, wie Willy Mesmer von der Sport-Toto-Gesellschaft erklärt. Auch Titzé erinnert sich gerne an die Zeit, als die Spiele noch alle gleichzeitig begannen. Und da fällt ihm noch eine Anekdote ein: «Die Sport-Toto-Gesellschaft hat einst 5000 Franken gesponsert, damit die Tafel neu gestrichen wurde. Vom Geld habe ich
aber bis heute nichts gesehen.» Der SionPräsident hiess zu der Zeit übrigens André Luisier. Überhaupt erhält Titzé wenig Anerkennung für seine Arbeit, hat doch in sein Häuschen auch schon der Blitz eingeschlagen oder der Uhrzeiger ob der eisigen Kälte haltgemacht. Zuletzt flatterte Titzé sogar ein Brief vom Verband zu, weil er während der Nachspielzeit unerlaubterweise die Matchuhr weiterlaufen liess. «Grundsätzlich erhalte ich nur Rückmeldungen, wenn etwas nicht funktioniert. Dabei bringt man ein ganzes Stadion zum Leben mit einer Anzeigetafel. Das müssen die Leute doch einsehen», klagt er um Verständnis ringend. Die jetzige Vereinsführung habe sich als einzige immerhin einmal bei ihm bedankt. Irgendwie nachvollziehbar. Denn Christian Constantin
würde es ohne Titzés Totomat schnell langweilig. Und es gäbe sie nicht, diese berühmten Sätze: «Es ist der Totomat, der entscheidet, wie viel Geduld jemand haben kann.» Oder: «Der Totomat ist der oberste Richter.» Und natürlich der Klassiker: «Nicht ich entlasse die Trainer, das macht der Totomat.» Wird der Boutiquier also alle paar Monate zu Richters Henker? Von seinen Freunden muss er sich jedenfalls genug faule Sprüche anhören. Über Constantin sagt Titzé bloss: «Vom Totomat versteht er nichts.» Eine Zigarre pro Halbzeit Wenn an einem Samstag acht Partien anstehen, fällt es Titzé bisweilen etwas schwer, den Überblick zu behalten. Im welschen Sion-Forum wird deshalb hin und wieder die Vermutung geäussert, im
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sagenumwobenen Totomat werde Alkohol ausgeschenkt. Falsch ist das nicht, denn der Uhrenhändler geht jetzt zum zuvor geschickt hereingeschmuggelten «Petite Arvine» über. «Aber nur, weil zum ersten Mal in den 50 Jahren ein Journalist den Weg hierher gefunden hat.» So ist das also. Und dann beginnt es auch noch zu qualmen. Eine Zigarre pro Halbzeit, die will sich Titzé dann schon noch gegönnt haben. Draussen hat Sion soeben das 2:1 erzielt und steht kurz vor dem Einzug in den Cupfinal. Für jemanden, der wohl am meisten Spiele dieses Vereins gesehen hat – davon kein einziges auf der Tribüne –, nimmt Titzé die Jubelszenen gelassen zur Kenntnis. Früher habe er noch als Fan mitgefiebert. Heute sei es nur noch «une habitude». «Der Fussball hat sich eben auch verändert», sagt der Ur-Sittener. Dass der Verband vor dem Bulgarien-Spiel einfach so mit Benthaus verlängert, so etwas hätte es früher nicht gegeben, beklagt er sich. Das Spiel draussen ist zu Ende. Der Zeiger stoppt, das Ticken ist nicht mehr. «Pardon, Hitzfeld, bien sûr.» In den nächsten Jahren soll der Totomat im Tourbillon einer modernen, professionell betriebenen Leinwand weichen. Nostalgisch wird Titzé ob dieser Vorstellung nicht. So sei halt die Entwicklung. «Ich bin einer der letzten Dinosaurier im Sport. Die Freiwilligenarbeit gibt es nicht mehr.» Mit der Absicht, diese These zu bestätigen, geht es in den Letzigrund. Es ist noch nicht lange her, da durften sich die Zuschau-
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er hier an den orange-schwarz verpixelten Konterfeis von André Muff oder Feliciano Magro über der Nordkurve ergötzen. Hinter dem anderen Tor waren TotomatTäfelchen für insgesamt 24 Partien neben klangvollen Namen wie Pfiffner, Rothmayr oder Merker Bianca reserviert. Wer die Zwischenresultate der anderen Spiele kennen wollte, musste wissen, welcher Sponsor für welche Paarung stand. Dafür bedurfte es eines Matchprogramms oder zumindest eines generösen Sitznachbars. An dieser genialen Fussballmarketing-Idee hält in der obersten Liga heute nur noch der FC Thun fest. Im Letzigrund hingegen ist der Fussball jetzt modern. Die beiden LED-Wände messen 54 Quadratmeter und sind damit die grössten der Schweiz. Hinter einer Glasfront oberhalb der Haupttribüne waltet die vierköpfige Stadionregie. Die erste Frage vor dem Abstiegskampf GC - Xamax, noch ganz in Gedanken an André-Philippe Titzé: «Seid ihr hier ehrenamtlich tätig?» Der Bild- und der Tonverantwortliche sowie der GC-Speaker verneinen erwartungsgemäss. Etwas später stösst als Letzter ein Mann im Anzug hinzu – und meint doch etwas überraschend: «Für mich ist es Leidenschaft. Klar könnte ich mir auch ein anderes Hobby suchen, Golf zum Beispiel. Das hier macht mir aber Spass. Und ein Netzwerk habe ich so auch.» Der Stadionregisseur heisst Benjamin Sinniger und ist eigentlich Direktor des Kinderzoos Rapperswil. An den
Spieltagen zieht der Berner im Letzigrund die Fäden und bestimmt, was über die Lautsprecher ertönt und was über die Leinwand flimmert. «Willkommen top, jetzt ein bisschen Musik, als Nächstes dann um 17:10 der App-Trailer»: Etwa so klingt das. Via Mikrofon ist Sinniger verbunden mit dem Bildverantwortlichen und dem Speaker, dem er vor Matchbeginn noch mitteilt, dass man bei Xamax’ Freddy Mveng «ds M nid seit». Und dann ist da noch ein gewisser Ricardo zugeschaltet. Er steht unten bei der Spielerbank und funkt angekündigte Wechsel oder Nachspielminuten nach oben. Aufpassen muss Sinniger vor allem bei der Wiederholung von Spielszenen, dass etwa keine strittigen Offside-Entscheide bis auf die LED-Wand dringen. Der Zirkusdirektor, der selbstverständlich gerne einmal Fussballprofi geworden wäre, redet gerne, viel und über alles Mögliche. So fragt er seine Kollegen via Mikrofon, ob Zuber eigentlich beim Coiffeur gewesen sei, erzählt ihnen von den «Testimonials», die er gerade für einen Elefantenpark eingeholt habe, und fordert Kaufleuten-Verbot für Rennella. Wenn im Letzigrund mal nicht GC oder der FCZ ranmüssen, dann darf der 49-Jährige als offizieller Letzigrund-Speaker auch selbst die Durchsagen machen, wie er es einst zu erfolgreichen GC-Zeiten im Hardturm tat. «Die Euro 08 oder das U2-Konzert, das waren schon Höhepunkte», sagt er. Im Liga-alltag gibt er aber nur die Anweisungen. Zur Abwechslung kommentiert er jetzt den Zugeschalteten, was gerade auf den Logen-Screens läuft: «Samschtig-Jass». «Rose ist Trumpf. Jetzt muss er nur noch das Nell holen und ist bei 34. Perfekt.» Ricardo steht neben dem vierten Offiziellen und sagt dazu nichts. Höchstens viermal pro Spiel GC erhält den x-ten Corner zugesprochen, und Sinniger meint, man solle doch schon einmal den «Goal-Trailer» bereithalten. Es fällt kein Tor. Aber was waren das noch für Zeiten, als hinter dem Gästesektor der Luzerner Allmend das so irrelevante Eckball-Verhältnis aufleuchtete! Permanent, unausblendbar. Für später eingetroffene, ortsunkundige Gäste ein Graus, hielten sie diese Zahlen doch oft für das eigentliche
totomat Zwischenresultat. Klammer zu. Sinniger will jetzt, dass Bildregisseur Stefan «den Totomat parat macht». Von football.ch – die Liga hat bei jedem Spiel einen Korrespondenten vor Ort – holt dieser sich die aktuellen Resultate und bringt sie im GC-Design auf die Leinwand. «TotomatJingle top». «Derrick»-Melodie. Speaker: «Dä Grasshopper-Club Züri präsentiert dä Totomat.» Spannung. «Totomat top.» Thun hat gegen Sion ausgeglichen, und auch bei YB gegen Luzern stehts unentschieden. Drei-, viermal höchstens darf der Totomat dorthin, wo er eigentlich hingehört: auf die Anzeigetafel. Der Bildverantwortliche präzisiert: «Bei ganz wichtigen Spielen bringen wir das Resultat sofort. Sonst aber halten wir uns an das Konzept von GC.» Dieses sieht genau vor, wann im Stadion welcher Einspieler gesendet wird. Kein Thema mehr
sind, und das ist inzwischen bei fast allen Klubs so, die Resultate aus Kriens, Wohlen oder Delémont. Abgesehen von der Endphase der Meisterschaft sei «diese Information nicht von grosser Bedeutung», meint Stefan Huber, Marketing-Leiter von GC. Der Totomat, ein Stück Schweizer Fussballgeschichte, ist also zur Marginalie verkommen. Constantin sagte neulich im «Nouvelliste»: «Ich muss Roussey noch erklären, was ein Totomat ist. In Frankreich kennen sie nur die Anzeigetafel.» Es entzieht sich unserer Kenntnis, ob und wie er das schliesslich getan hat. Für den Sion-Präsidenten ist ein Totomat wohl das über 40-jährige Gehäuse der Horlogerie Titzé. Doch dieses Bild ist bald hoffnungslos verstaubt. Das Stadionreglement der Liga schreibt den Vereinen zwar nicht mehr vor als eine «An-
zeigetafel mit Uhr und Resultatanzeige». Trotzdem rüsten immer mehr Klubs auf Grossbildschirme um. Der Totomat als Apparatur, er wird Seltenheit erhalten und nur mehr einige Provinzstadien beseligen. Zumal immer mehr Zuschauer sich via Handy auf dem Laufenden halten. Das Wort aber, dieser Fussball-Helvetismus, lebt weiter. Auch wenn ihm etwa der «Live-Ticker» inzwischen das Leben schwer macht. Denn im Radio verkünden die Moderatoren noch immer, was ihnen «der Blick auf den Totomat» verrät. Für die SMS-Dienste der Vereine meldet man sich mit dem Zauberwort «Totomat» an. Und selbst der Internet-auftritt des sonst so fortschrittsgläubigen Verbands verweist auf den «Totomat ASL und ChL». In diesem Sinne: Der Totomat ist tot, lang lebe der Totomat!
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Mit der Kutte in die Südkurve Text: Alex Koulouris und Thomas Tribelhorn
Heute ist die Zürcher Südkurve Heimat der Ultras und Symbol für die Anziehungskraft des FCZ. Das war nicht stets so. Ein Blick zurück auf eine Zeit, als im «Züri-Egge» Kuttenträger den Ton angaben und erste Pyros gezündet wurden.
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esittet wirken die Zuschauerränge auf den Fotos aus den frühen Sechzigerjahren. Man sieht viele Herren in Anzügen mit Krawatten und Hüten. So kleidete man sich damals eben. Dieses Outfit stellt genauso ein Abbild der damaligen Gesellschaft dar wie ein Blick auf die Ränge im Letzigrund heute. Gepflegt sollen auch die akustischen Sitten gewesen sein. «Einem Spieler der gegnerischen Mannschaft wurden höchstens mal lautstark zwei linke Beine vorgeworfen», sagt Hanruedi Steinegger, regelmässiger Stadiongänger seit dieser Zeit. Hannes Schmidhauser, dem bekannten Schauspieler, der unter anderem auch im Dienste der Grasshoppers Fussball spielte, wurde gerne empfohlen, doch besser bei der Schauspielerei zu bleiben. Dies könne
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er sowieso besser, riefen ihm die FCZ-Fans gerne nach, wie Steinegger weiter berichtet. Ansonsten hallten Begeisterungsstürme und Klatschorgien durch das weite Rund, wenn es dazu Anlass gab. Fan-Utensilien fand man auf den Stehrampen des Letzigrunds in den frühen Sechzigerjahren noch sehr selten. Das war anders, als 1964 der FCZ im MeistercupHalbfinal gegen Real Madrid antrat. «Zürich wirft sie aus dem Tritt, die alten Herren aus Madrid!», stand auf einem der Transparente. Und auf einem Foto sieht man Fans beider Teams, die mit über 30 Spruchbändern vor dem Spielerausgang im Innenraum des Stadions stehen. Die wenigen anwesenden Hundeführer waren gemäss «Sport» machtlos gegen die spanischen und Zürcher Fans, die ihre ge-
malten Transparente auf dem Platz präsentieren wollten. Die das Feld stürmenden FCZ-Anhänger stammten dabei vorwiegend aus der «Kurve der Badenerstrasse», wie der «Sport» weiter schreibt. Hautnah dabei in den 60ern Allgemein wurde das Thema Sicherheit weniger eng gesehen. Das Betreten der Rundbahn war in den Sechzigerjahren kein Grund für ein Stadionverbot. Viel eher bot der Platz zwischen Tribüne und Feld bei Spielen gegen Zuschauermagneten wie Basel und dem GC eine willkommene Ausweichmöglichkeit für überfüllte Rampen. Nicht selten wurden am Spielfeldrand auch Bänke aufgestellt, sodass die Zuschauer wortwörtlich das Spiel hautnah miterleben konnten. Eine Sektorentrennung gabs nicht; oft wechselten die Zuschauer in der Pause wie die Spieler die Platzhälfte, um die FCZ-Angriffe aus der Nähe mitzuerleben. Anhänger der Gäste waren zwar da, mischten sich aber unter die Einheimischen, wo es zu teils witzigen Wort- und Singgefechten, aber zu keinen weiteren Reibereien kam. So sangen Basler Fans für ihren damaligen Star Karl Odermatt «Odermättli, Odermättli, schiiies es Gööli under s Lättli», worauf die blauweissen Anhänger mit «Odermatt du Teigli» antworteten.
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Cupspiel FCZ-FCB, 1967 (Bild: FCZ-Museum, Alexander Roth) cupspiel_fcz-fcb_196711xx_alexander_roth.jpg
«Stumm blieben wir während den Spielen nie», erzählt Peter Blaser vom FCZFanclub Bülach. Im Arsenal der Fans fand sich auch eine Prise Ironie, so feuerte man Köbi Kuhn bei Spielen gegen den FCB in breitem Basler Akzent an: «Köbi Küehn, rüpf das Hüehn!» Der Präsi verneigt sich vor den Fans Nähe zu den Spielern und Funktionären war auch neben dem Spielfeld gegeben. So war es ein Leichtes, ein Autogramm seines Lieblingsspielers beim Einlaufen vor dem Spiel auf dem Nebenplatz zu ergattern. Auswärts traf man an den Bahnhöfen auf den einen oder anderen Spieler, der sich nach getaner Arbeit auf den Heimweg machte. Oder gar den Präsidenten persönlich. «Edi Naegeli zog am Winterthurer Bahnhof seinen Hut und verneigte sich vor uns zum Abschied», erinnert sich Roland Facchini, der damals mit seinen Kollegen bei offenem Zugfenster auf die Abfahrt wartete und den Sieg gegen Winterthur bejubelte. Mit der Überdachung der Stehrampen Süd und Nord des Letzigrunds in den frühen Siebzigerjahren beginnt auch die Geschichte des «Züri-Egge». So nannte man den Ort, der heute Südkurve heisst, aufgrund der architektonischen Form der Rampe. In den Letzigrund strömte ein immer jüngeres Publikum. Ganz
gefüllt war der südliche Stehplatzsektor bei Weitem nicht immer, doch waren bereits damals Ansätze zur heutigen Vielfalt erkennbar. Facchini erinnert sich an Rocker, Normalos und sogenannte Kuttenträger. Diese ärmellosen, mit Vereinsemblemen bestickten Jeans-Jacken hatte man von der deutschen Bundesliga abgeschaut, wo sie zum Teil heute noch anzutreffen sind. Auch im Liedgut liess man sich in den späten Siebzigern von der Bundesliga inspirieren. «So wie Eisen und Granit» etwa, welches noch 30 Jahre später gesungen wird, ist ein Gassenhauer aus dem Münchner Olympiastadion. Entdeckungen in Liverpool Inspirierend für die Kunst des Anfeuerns war das Meistercup-Halbfinale gegen Liverpool von 1977, und besonders das Auswärtsspiel bildete eine Entdeckungsreise in Sachen Fankultur. An der legendären Anfield Road wurden die rund 300 mit dem Flugzeug angereisten Zürcher neben dem Kop platziert, der Fanrampe des FC Liverpool. «The Kop» genoss Ende der Siebziger den Ruf, einer der lautesten und kreativsten Fansektoren der Welt zu sein. Neben den deutschen Einflüssen fanden sich nun auch englische Elemente im «Letzi» wieder. Die Beatles, aber auch Lieder von Chartstürmern wie Abba waren in aller Munde.
Durch das Aufschnappen von Liedern aus der Hitparade oder aus anderen Stadien und durch die vielen selber gebastelten Fahnen wurde der «Züri-Egge» zu einem immer lebhafteren und wilderen Fansektor. Erstmals eckten Fans in ihrer rüder werdenden Art beim bürgerlichen Establishment an. Man drückte seine Rebellion durch Kleidung und unangepasstes Verhalten aus, wobei schon lautes Singen von Beatles-Liedern zur Provokation werden konnte. Auf der Heimfahrt von einem Auswärtsspiel seien ihm deshalb von einem älteren Herrn Ohrfeigen angedroht worden, erzählt Roland Facchini. Und an Auswärtsspiele reisten manchmal viele, sehr viele Fans; an die Cupfinals in den Siebzigerjahren jeweils über 10 000 Leute. Aufnahmen vom Final 1976 zeigen ein riesiges blau-weisses Fahnenmeer. Bereits in den Sechzigerjahren organisierten sich die ersten Fans. Der FCZFanclub Bülach, gegründet 1968, gilt als erster seiner Art. In den Siebzigerjahren taten sich verschiedene Freundeskreise, meist Stifte oder Büezer aus demselben Betrieb, immer öfter zu Fangemeinschaften zusammen, um ihre Kultur auszuleben und gemeinsam an die Auswärtsspiele zu reisen. 1977 entstand der heute noch aktive FCZFanclub Letzi, daneben gründeten sich weitere Fanclubs wie die Wizzards oder der Fanclub Blau-Weiss. Das noch heute oft bemühte Image des «Eisenleger-Klubs» war durchaus real: ein Schmelztiegel verschiedener Einflüsse von Jugendkulturen. Vehement verteidigte Reviere 1981 gewann der FCZ in der zweitletzten Runde mit einem Unentschieden gegen die Grasshoppers im Hardturm den letzten Meistertitel für lange Zeit. Während des Spiels kam es auf den Rängen zu vielen kleinen Raufereien. Die harten Jungs vom Fanclub Blue Angels hatten zudem Drahtscheren mitgebracht und ebneten damit den Fans den Weg zur Titelfeier auf dem Rasen. Der Gesangsklassiker «Züri isch Meischter, GC isch Chleischter!» wurde wiederholt zum Besten gegeben. Die Umgangsformen im Fansektor waren damals rau. «Neue» oder «Fremde»,
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FCZ Fanclub Blau-Weiss, 1983 (Bild: FCZ-Museum, W. Gestetter)
aber auch Frauen hatten im damaligen «Züri-Egge» einen schweren Stand. Ohne «Beziehungen» war es unmöglich, in den oberen Teil der Kurve zu gelangen. Dort fanden sich die Fanklubs ein, die ihre angestammten Reviere vehement verteidigten. Bestanden «Meinungsverschiedenheiten» mit gegnerischen Anhängern, so «ging man rüber», um «denen eine Reibung zu verpassen». Über eine «Wirtshausschlägerei unter Alkoholisierten» gingen die Auseinandersetzungen laut Zeitzeugen jedoch kaum hinaus. Die grösste Fahne der Schweiz Der Fanclub Blau-Weiss – im Sommer 1977 gegründet – war in diesen Jahren der aktivste Fanklub im «Züri-Egge». Die «Kutte» (Jeansgilet mit Stickern und Fransen) und ein blau-weisser Schal waren Pflicht. Dazu nannte der Fanclub Blau-Weiss die damals grösste Fahne der Schweiz sein Eigen. Diese musste aufgrund ihrer Sperrigkeit von zwei Trägern an die Spiele transportiert werden. Der Alkohol floss in rauen Mengen, das Liedgut hatte entsprechend Bierzeltcharakter. In zuvor unbekannter Manier stürmten dann 1984 Fans von Royal Antwerpen über den Letzigrund-Rasen und machten sich an den Bannern am Zaun und den Fahnen der FCZ-Fanclubs zu schaffen. Einhellig wird berichtet, dass der Eroberungszug mit vereinten Kräften abgewehrt und die belgischen Angreifer in die Flucht geschlagen werden konnten.
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Im Umfeld des FCZ wurde das Gewaltphänomen fortan häufiger zum Thema. Insbesondere die Fehden zwischen Basler und Zürcher Fans machten Schlagzeilen. Gegen Ende der Achtziger kam es zudem vereinzelt zu Fällen von Hooliganismus klassischer, englischer Prägung: Rauflustige kauften sich in fremden Stadien bewusst Tickets für den gegnerischen Sektor, um sich dort nach «Gleichgesinnten umzuschauen», also um eine Schlägerei zu provozieren. Als der FCZ 1988 abstieg, folgten zwei trostlose Jahre. Die wenigen verbliebenen Fans erlebten sie auf den Erdhügeln von Glarus bis Malley. Die Unentwegtesten wurden im Frühling 1990 mit dem Wiederaufstieg belohnt. Rund 1500 Zürcher Fans unterstützten den FCZ beim entscheidenden Spiel in Fribourg. Als Novum wurde an diesem Spiel eine LeuchtfackelReihe gezündet, die am Spielfeldrand begann und am oberen Rand der Tribüne endete. Zuvor hatte Feuerwerk nur vereinzelt zur Zürcher Fankultur gehört – meist in Form von gängigen 1.-August-Artikeln. Auf offizieller Seite wusste man zu dieser Zeit noch gar nicht, worum es sich bei «bengalischem Feuer» genau handelt. Nachdem sich der Klub schlaugemacht hatte, mussten erwischte Pyromanen zur Strafe einige Spiele unter der Obhut des als gemässigt geltenden Fanclubs Letzi verfolgen. Der Begriff «Stadionverbot für Pyrovergehen» fand erst einige Jahre später Eingang ins Vokabular der Klubbosse und Sicherheitskräfte.
Schnauze halten in den Neunzigern Auf dem Platz herrschte nach dem Aufstieg weiterhin pure Tristesse, das FanDasein blieb ein einziges Leiden – bis zur Saison 1995/96 tauchte der FCZ vier Mal in die Auf-/Abstiegsrunde. Im Letzigrund herrschte meist gähnende Leere. Auf der Stehrampe Süd wurde man angezischt, wenn man anderen Fans durch Aufstehen die Sicht versperrte. In fremde Stadien trauten sich meist nur 20 bis 30 FCZ-Anhänger. Auswärtsreisende berichten, dass man als Zürcher damals gut daran tat, «die Schnauze zu halten» und sich möglichst unauffällig zu benehmen. Das Gesangsrepertoire war zu dieser Zeit sehr bescheiden, bis sich im Jahre 1993 die FCZ Tigers in der Kurve etablierten. Sie engagierten sich insbesondere in den Bereichen Gesang, Biervernichtung, Auswärts-Support, Unterstützung der Juniorenabteilung, Einführung von Banderolen und Bengalen-Fackeln und führten Stürme auf die Tartanbahn an. Die Tigers gingen in die Gründungsgeschichte der Südkurve ein, weil sie für die erste lange Zaunfahne mit der Aufschrift «ZÜRCHER SÜDKURVE» verantwortlich zeichneten. Das war 1995, und die Stehrampe Süd hatte einen klaren Namen. 1996 schlossen sich junge Kurvengänger zur neuen Gruppierung Boys Zürich zusammen. Zu ihrem Namen kamen die Boys über Inter-Tifosi desselben Namens, ihr Ritterlogo zierte neben den Zäunen der Stadien auch prominent die Zimmerwand eines Hauptdarstellers im Langstrassen-Film «Strähl». Mit Unterstützung jener Tigers, die ebenfalls der südländischen Ultra-Kultur nachhingen, gelangen bald erste Choreografien und kleinere Pyroshows. Seither zeichnen sich die Boys und die Südkurve als Ganzes immer wieder durch teilweise gigantische Choreografien aus, die bis in ausländische Fanszenen grossen Respekt geniessen, wie Berichte in ausländischen Fanzines zeigen. Die Boys sind bis heute die aktivste und mitgliederstärkste Gruppierung innerhalb der Südkurve;
Auswärtsspiel in Lugano, 1992 (Bild: FCZ-Museum, Remy Steinegger)
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Der Züri-Egge, 1989 (Bild: Markus Imbach)
wer Mitglied werden will, muss zuerst über längere Zeit mitmachen und möglichst alle Spiele besuchen. Selbstregulierung in der Kurve Ab der Saison 1996/97 kamen bessere Zeiten; der FCZ qualifizierte sich (bis auf eine Ausnahme) stets für die Finalrunde. Trotz neuem Enthusiasmus entstanden vorerst keine weiteren Gruppierungen. Ein «Einschleichversuch» einer Gruppe von Nazi-Skins wurde «mit aller Deutlichkeit» unterbunden, die Skins also unter Androhung von Hieben rausgebeten. Ein früher Akt der viel diskutierten Selbstregulierung.
Zu dieser Zeit zeichnete sich aber auch eine Verhärtung der Fronten zwischen Sicherheitsdiensten und Fans ab: Nachdem Pyroshows über Jahre halbwegs geduldet worden waren, wurden Handfackeln und Feuerwerk ab dem Sommer 1999 in den Schweizer Stadien generell verboten. Wer erwischt wurde, musste nun mit einem Stadionverbot rechnen.
Der Text stammt aus: Michael Lütscher (Hrsg.): FCZ. Eine Stadt, ein Verein, eine Geschichte. Der FC Zürich von 1896 bis heute. Verlag: NZZ Libro, 88 Franken.
FCZ-Fans in Liverpool, 1977 (Bild: FCZ-Museum, Heidi Allaz)
Das FCZ-Museum Der Fussballclub Zürich blickt zurück auf seine 115-jährige Geschichte. In sieben Themenbereichen werden grosse und kleine Geschichten zu einem Verein, einer Stadt und einer Entwicklung mit sportlichen Höhen und Tiefen präsentiert. Die FCZ-Bibliothek bietet zusätzliche Informationen zu den Ausstellungsbereichen: Bücher und Dokumente, Fotos und Filme laden ein zum Entdecken und Vertiefen. Letzigraben 89, Zürich Mi–Sa 14–17 Uhr www.fcz.ch/museum
Text: Manuel Jakob
Jung, wild & weg sind sie Text: Mämä Sykora / Bild: pixathlon, Keystone
Abschreckende Beispiele von Schweizer Talenten, die früh ins Ausland gewechselt haben, gibt es zuhauf. Dennoch zögern viele U-Nationalspieler nicht, wenn ein Angebot kommt. ZWÖLF machte sich auf die Suche nach den Profiteuren.
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und 50 Spieler kamen seit dem Amtsantritt von Köbi Kuhn bis heute zu Pflichtspiel-Einsätzen in der Schweizer A-Nationalmannschaft. Darunter waren gerade mal drei (Djourou, Benaglio, Padalino), die den Sprung ins Ausland gewagt haben, bevor sie es zu regelmässigen Einsätzen in der Super League gebracht haben. Dem gegenüber steht die Vielzahl der Profis, die in jugendlichem Alter in ausländische Ligen gewechselt haben, bis heute aber vergeblich auf ein Aufgebot warten, die allermeisten von ihnen wohl auch für den Rest ihrer Karriere. Chiumiento und Clemente (Juventus), Zambrella
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(Brescia), die Bellon-Zwillinge (Aston Villa), Elmer (Chelsea), Burki (Bayern) – die Liste jener, die als Toptalente im Ausland kaum über Einsätze im Nachwuchs oder Reservistenrollen hinauskamen, liesse sich noch fortsetzen. Und dennoch wagen Jahr für Jahr viele unserer vielversprechendsten Nachwuchsinternationalen den gleichen Schritt. Das Interesse der grossen Vereine erwachte mit dem U17-Europameistertitel von 2002 und blieb konstant, der U17Weltmeistertitel von 2009 steigerte es freilich noch mehr. Für die Spielervermittler sind solche Voraussetzungen natürlich paradiesisch. Es braucht lediglich
ein, zwei Gespräche, und schon wird bei Vertragsabschluss eine nette Provision fällig. Dass hierbei nicht alle Agenten in erster Linie auf die für die Karriere ihres Schützlings beste Lösung abzielen, versteht sich von selbst. Nach dem Coup der U17 in Nigeria sprach beispielsweise der umstrittene Spielervermittler Max Urscheler im Schweizer Fernsehen von der Gefahr, dass nun viele Trittbrettfahrer versuchen könnten, die Spieler von einem schnellen Wechsel ins Ausland zu überzeugen, während er selber seinen Klienten rate, sich erst auf nationaler Ebene zu etablieren. Gleichzeitig offerierte «Mischler-Max» per Fax seine Stars beinahe sämtlichen europäischen Grossklubs. Es lockt das schnelle Geld Für Sacha Willemsen, der das Fussballgeschäft seit Jahren bestens kennt und auch schon als Ausbildner für Spielervermittler tätig war, ist es logisch, weshalb die Agenten nicht abwarten können: «Wenn ein junger Spieler gerade eine gute Phase hat, versuchen viele Berater, daraus sofort finanziellen Nutzen zu ziehen. In den folgenden Jahren kann viel passieren, der Marktwert des Spielers kann
In die Zukunft zu investieren lohnt sich. Auch im Fussball. credit-suisse.com/fussball
sinken. Wenn ein so junger Spieler gar schon einen Titel im Gepäck hat, gibt es richtig was zu verdienen.» Auch die ausländischen Grossvereine sind erpicht drauf, Talente früh schon in den Verein zu holen. Viele davon haben ein Spielsystem entwickelt, das in sämtlichen Juniorenteams gespielt wird. Im Idealfall wird ein Spieler darin schon in jungen Jahren geschult und ist dann bereit für den Sprung in die erste Mannschaft, wie das Barcelona mit Messi oder Arsenal mit Fàbregas oder Djourou gemacht haben. Dass neben diesen beiden unzählige jung in den Verein geholte Talente auf der Strecke bleiben, in ihr Heimatland zurückkehren oder es gar nie in den Profifussball schaffen, ist für die Grossklubs zumindest finanziell kein Problem. Die Löhne und Ausbildungsentschädigungen fallen bei den riesigen Budgets kaum ins Gewicht, für die Umworbenen reichen indes schon verhältnismässig kleine finanzielle Anreize, etwa das bei ablösefreien Transfers übliche und legale
Handgeld. «Wenn eine Familie für ihren Sohn ein Handgeld in der Höhe eines halbes Jahreslohns des Vaters angeboten bekommt, drängt diese ebenfalls auf einen sofortigen Wechsel», so Willemsen. Gerade wenn – wie in einem aktuellen Fall in einer U-Nati – beide Eltern arbeitslos sind und in sehr bescheidenen Verhältnissen leben, ist ein früher Weggang beschlossene Sache. Ebenso wenn der Stammverein auf die Einnahmen aus dem Verkauf angewiesen ist, wie das bei GC und dem U17-Duo Ben Khalifa und Seferovic der Fall war. Auch wenn der Unterschied zwischen dem, was ein aus der eigenen Jugend aufgestiegener Spieler in der Super League verdienen kann, und dem, was im Ausland für ihn drinliegt, schon riesengross sein kann, ist das Geld nicht zwingend das entscheidende Argument. Zudem wäre es zu einfach, die Agenten als Hauptverantwortliche für die vielen zu frühen Transfers zu bezeichnen. Schliesslich ist es immer noch der Spieler selbst,
der einem Vereinswechsel zustimmen muss. Und die meisten sind durchaus alt genug, um sich der Stolpersteine bewusst zu sein, und sie kennen auch die vielen mahnenden Beispiele. «Das sind zwar alles hochtalentierte Fussballer, aber die meisten sind bei Angeboten ausländischer Vereine schon ziemlich naiv und blauäugig», meint Willemsen. «Doch es ist nun mal deutlich mehr sexy, wenn man sagen kann, man spiele bei der Fiorentina statt beim FC Thun. Vor allem aber ist es eine Bestätigung, die gerade für Secondos, die sich hierzulande mehr beweisen müssen als andere, sehr wichtig ist. Plötzlich bekommt man die Chance, zu einem grossen Verein zu wechseln. Da denkt keiner mehr an die potenziellen Gefahren.» Klublegenden als Lockmittel Markus Frei, 2002 Trainer der U17Europameister und heutiger Leiter der Expertengruppe Karriereplanung des Schweizerischen Fussball-Verbands
Die Stammspieler der U17-Weltmeistermannschaft von 2009: Einsatzminuten in der 1. Mannschaft in der Saison 2010/2011 Ausland Siegrist (Aston Villa) 0 Veseli (Man City) 0 Hajrovic (Arsenal) 0 Martignoni (Cagliari) 0 Ben Khalifa (Nürnberg) 9 Seferovic (Fiorentina) 12 Kasami (Palermo) 386
Inland 0 0 398 1018 1135 2616
Kamber (FCB) Chappuis (GC) Buff (FCZ) Rodríguez (FCZ) Xhaka (FCB) Gonçalves (Aarau)
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(SFV), attestiert den Grossklubs, sehr genau zu wissen, wie sie die Jungprofis beeindrucken können: «Ein Jungtalent fühlt sich natürlich sehr geschmeichelt und geehrt, wenn ein konkretes Interesse vorliegt. Die Spieler werden eingeladen, man zeigt ihnen die beeindruckende Infrastruktur, die hervorragenden Trainingsmöglichkeiten mit mehreren Profitrainern. Und meistens werden die Umgarnten von einer Klublegende begrüsst. Wer sich so begehrt fühlt, dem ist nur schwer von einem Transfer abzuraten.» Um widerstehen zu können, braucht es ein solides Fundament. Das soziale Umfeld muss stimmen, die sportlichen Perspektiven müssen klar und die Familie muss mit einer langfristigen Karriereplanung einverstanden sein. Hilfreich ist, wenn der Vereinstrainer proaktiv auf die Jungen zugeht und ihnen gute Möglichkeiten bietet, sich weiterzuentwickeln, wie dies Ciriaco Sforza bei GC macht. Vonseiten des Verbandes wird darüber hinaus versucht, die Spieler umfassend zu informieren. Frei: «Wenn ein Spieler lediglich von seinem Agenten informiert wird, besteht die Gefahr, dass gewisse unbequeme Fakten verschwiegen werden. Ein gutes Beispiel sind Transfers nach Italien: Wer früh dahin wechselt, spielt erst in den Juniorenmannschaften und hat da schnell mal einen Stammplatz. Doch dann kommt man erst mal in die Primavera, die Meisterschaft der U20-Teams der Serie-A- und -B-Mannschaften. Diese Teams bestehen dann aus 30 Spielern, da ist man dann plötzlich nur noch dritte Wahl. Viele wissen schlicht nicht, dass das dort so läuft, und dem Agenten ist das oft auch egal. Beim Transfer hat er ja bereits verdient.» Diesen Missständen will der SFV mit der Kommission für Karriereplanung entgegenwirken. Es fanden bereits Treffen mit den Spielervermittlern statt, in Zukunft soll es weitere Meetings geben, an denen die Problematik und die Folgen von frühen Auslandstransfers diskutiert werden sollen. Gleichzeitig sucht
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die Kommission mit Informationsveranstaltungen für Eltern und Spieler den direkten Kontakt. Ein schlagkräftiges Argument gegen einen frühen Wechsel ist dabei die eingangs erwähnte Statistik: «Jeder im Ausland gescheiterte Spieler hilft der Aussagekraft unserer Statistik. Doch sie alleine ist für einen Spieler kein Grund hierzubleiben», räumt Frei ein. «Jeder denkt, dass er zu den wenigen gehören wird, die es ganz nach oben schaffen. Viele machen lieber sofort das schnelle Geld als in eine gute Ausbildung zu investieren. Natürlich ist dabei keinesfalls gesichert, dass sie je eine grosse Karriere machen werden.» Bei 14-Jährigen mag es verständlich sein, dass jeder für sich dereinst einen Platz im Kader des FC Barcelona vorsieht; diese Haltung sei aber selbst bei Ersatzspielern einer U18 noch vorherrschend. «Die holen sich dann einen Agenten, und schon droht ein baldiger Transfer ins Ausland, wo der Spieler auf der Bank versauert.» Jeder Spieler ein Projekt Nebst der lückenlosen Information setzt der Verband darauf, die Ausbildung weiter zu verbessern, obwohl sie schon heute als vorbildlich gilt. Es werden individuelle Ausbildungsprogramme ausgearbeitet, sogar Ernährungspläne erstellt, und bald sollen sogenannte Talent-Coaches auf Vereinsebene mit den besten Nachwuchskickern arbeiten. «Wir machen alles für unsere Talente, vielleicht sogar zu viel», meint Frei. «Es wird oft diskutiert, ob wir unsere Spieler nicht zu sehr verhätscheln.» Denn im Ausland werden die Prioritäten anders gesetzt. Dort heisst es: Konkurrenzkampf über alles. Wer darin besteht, hat sich seine Chance verdient. Dennoch soll sich gemäss Frei die Schweizer Strategie in die gegenteilige Richtung entwickeln, d.h., die individuelle Förderung soll noch wichtiger werden. «Es gibt keinen Masterplan, wie aus einem Talent ein Topstar wird, man kann keinen Messi züchten. Wir sehen jeden Spieler als eigenes Projekt an, aus
dem wir das Maximum herausholen wollen. Mit einem Einzelkind aus guten Verhältnissen muss komplett anders umgegangen werden als mit einem aus einer kosovarischen Grossfamilie. Einige brauchen mehr Druck, andere haben genau damit Mühe, wieder andere werden vielleicht durch einen allzu fordernden Vater gebremst. Auch da versuchen wir einzugreifen und Lösungen zu finden.» Nicht nur dem sozialen Umfeld wird Rechnung getragen, auch auf dem Platz sollen die Unterschiede betont werden. Es reicht nicht, wenn die ganze Mannschaft gleich trainiert, es bedarf eines massgeschneiderten Ausbildungsplans für jeden Akteur. Noch werde in der Jugendarbeit zu viel Augenmerk auf das Resultat gerichtet, obwohl es auch den Vereinen mehr bringen würde, wenn es möglichst viele der eigenen Junioren in die erste Mannschaft schaffen würden, findet Frei. «Das Positionstraining zum Beispiel wurde zu lange vernachlässigt. Mittlerweile haben viele Vereine dieses Manko erkannt, aber leider noch nicht alle. Man muss sich nicht wundern, wenn einem Stürmer die Abschlussqualitäten fehlen, wenn er dafür kein spezifisches Training erhält. Momentan bekommen vielerorts nur die Goalies eigene Übungseinheiten.» Wundertüte Jugendspieler Von der U17-Weltmeistermannschaft spielten 2009 vier Spieler im Ausland, drei davon in England. Ausser Pajtim Kasami kam bislang keiner von ihnen zu einem Einsatz in der ersten Mannschaft. Für Sacha Willemsen, der die Werdegänge der Junioren aufmerksam verfolgt, ist dies keine Überraschung: «Für einen Fussballer ist es wahnsinnig entscheidend, was zwischen 17 und 21 Jahren passiert. Da befindet er sich noch immer in der Lern- und Ausbildungsphase, aber es ist auch die Zeit, in der sich ein Talent beweisen muss. Es sollten sich alle darüber im Klaren sein, dass es hierzulande wesentlich einfacher ist, eine gute
In die Zukunft zu investieren lohnt sich. Auch im Fussball. credit-suisse.com/fussball
Generation u Position innerhalb einer Mannschaft zu erkämpfen.» Mit 16 Jahren steht ein Spieler noch mitten in der Entwicklung, und manch einer profitiert in den Nachwuchsmannschaften von seinen körperlichen Vorteilen. Wird ein solcher Spieler nicht ideal betreut oder entpuppt er sich als mässig lernfähig, droht die Stagnation und damit das Aus für den Traum vom Superstar. «Man kann im Alter von 15 bis 18 Jahren sehr schwer einschätzen, wer das Zeug dazu hat, es bei Arsenal zu schaffen», meint Markus Frei. «Nehmen wir als Beispiel die U17Weltmeister: Granit Xhaka war ein Spätentwickler und deshalb lange Zeit nicht Stammspieler in den Auswahlen, nun spielte er bereits für die A-Nati. Janick Kamber hingegen, immer ein unbestrittener Leader, hat Mühe, es bei Basel in den Kader zu schaffen.» Für Frei ist es ohnehin schwer nachvollziehbar, warum sich ausländische Vereine hier bedienen: «In England oder Deutschland gibt es deutlich mehr Spieler als hierzulande, und billiger sind unsere auch nicht. Mir kommen diese Vereine manchmal so vor wie die Millionäre, die drei Autos und mehrere Häuser haben. Man gönnt sich nun mal ein paar Ausländer, solche mit einem Weltmeistertitel machen sich natürlich besonders gut.» Platini als Hoffnung Für die Schweiz mit ihrer dünnen Spielerdecke ist es essenziell, dass ihre wenigen Talente optimal gefördert werden. Fällt ein Spieler in ein Formloch oder hat er plötzlich Mühe mit der Motivation, hat der Verband die Möglichkeit, helfend einzugreifen, wenn der Junge noch im Land spielt. Passiert dasselbe in England oder Italien, ist dies nahezu unmöglich. Ein weiterer Grund, weshalb der Verband grosses Interesse daran hat, seine Nachwuchsinternationalen nicht zu früh abgeben zu müssen. Auch wenn Frei mit Nachdruck betont: «Es ist überhaupt keine Garantie, dass es einer bis ganz nach oben schafft, wenn
Markus Frei, 2002 mit der U17 Europameister.
er länger hierbehalten werden kann. Wer weiss, vielleicht hätten es Chiumiento oder Elmer nicht mal in den Profifussball geschafft, wären sie geblieben.» Jeder gute Auftritt einer Schweizer Nachwuchsnationalmannschaft weckt weitere Begehrlichkeiten. Andere Möglichkeiten ausser dem Vorhaben des Verbandes, den Spielern optimale Betreuung zukommen zu lassen und sie damit von einem frühen Transfer abzubringen, sieht auch Sacha Willemsen nicht. «Man kann niemanden zwingen, hierzubleiben. Auch den Grossklubs kann man so frühe Transfers nicht untersagen.» Ein grundsätzliches Verbot für internationale Transfers von Minderjährigen hat die FIFA zwar vor einigen Jahren eingeführt, allerdings gilt dies nur sehr eingeschränkt für über 16-Jährige innerhalb des EU-/EWRRaums. «Ein ‹Gentlemen’s Agreement› funktioniert nicht, dafür ist zu viel Geld im Spiel», so Willemsen weiter. «Ich denke auch nicht, dass schärfere Vorschriften etwas bringen würden. Will man die Situation verbessern, müsste man alle grossen Player – also die FIFA, die Verbände und die grossen Vereine – an einen Tisch
bringen und Lösungsansätze diskutieren. Kampagnen wären hilfreich, die mögliche negative Konsequenzen aufzeigen. Denn immerhin sollten ja alle Beteiligten ein Interesse daran haben, dass sich die jungen Spieler wohlfühlen und so auch ihr ganzes Potenzial ausschöpfen können.» Die Gefahr durch die Einflussnahme der Spielervermittler wurde derweil auch beim Weltverband erkannt: Am kürzlich stattgefundenen FIFA-Kongress wurde beschlossen, dass keine Kommissionszahlungen mehr fliessen dürfen, wenn der Klient minderjährig ist. Gar einen Schritt weiter gehen will Michel Platini. Der UEFA-Präsident, aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Sepp Blatter, forderte vor drei Jahren in der «Stuttgarter Zeitung» ein gesetzliches Verbot von Transfers von Minderjährigen. Darüber hinaus will er junge Spieler dazu verpflichten, ihren ersten Profivertrag mit dem Ausbildungsverein abzuschliessen: «So lässt sich die regionale Identität stärken, und es kommen wieder soziale und menschliche Aspekte ins Spiel.» Eine Vision, die man beim Schweizer Fussballverband gerne hören wird.
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Der schmuddelige Saubermann Text: Peter Balzli / Bild: Keystone
Ryan Giggs war die moralische Lichtgestalt der Premier League. Sein tiefer Fall beschäftigt jetzt sogar das britische Parlament und dürfte die britischen Mediengesetze für immer verändern.
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r gewann zwölf Mal die Premier League, vier Mal den englischen Cup, zwei Mal die Champions League, je einmal die Klub-Weltmeisterschaft und den Weltpokal. Er war Englands Fussballer des Jahres (2009), britischer Sportler des Jahres (2009) und wurde heuer von den Fans gar zum besten Spieler in der Geschichte von Manchester United gewählt. Doch Ryan Giggs war mehr als das. Er ist Träger des Verdienstordens Officer of the Order of the British Empire. Er galt als perfekter Sportler und Familienvater. Er war die Lichtgestalt der Premier League, in der es nur so wimmelt von Spielern mit Skandalen, Affären, Intrigen und Ge-
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richtsterminen. Giggs war nicht nur eine fussballerische, er war auch eine moralische Instanz. Imogen Thomas ist ehemalige Miss Wales. Ein bildschönes und ebenso intelligentes Fotomodel. Im April enthüllte die Boulevardzeitung «The Sun», dass sie eine halbjährige Affäre mit einem «sehr bekannten» Fussballer gehabt habe. Doch jener Fussballer habe vor Gericht eine sogenannte Gagging Order (Maulkorberlass) erwirkt, weshalb die Zeitungen seinen Namen nicht nennen dürften. Als dies bekannt wurde, ging die stolze Imogen Thomas in die Offensive. Sie beklagte sich, es könne ja wohl
nicht sein, dass jener «sehr bekannte» Fussballer seine Identität geheim halten könne, während sie vor aller Welt als Ehebrecherin dastehe. Nun begannen sich auch Juristen für den Fall zu interessieren. Schliesslich haben insgesamt 28 Fussballer der englischen Liga einen Maulkorberlass erwirkt, die meisten von ihnen, um einen Seitensprung oder eine Liebesaffäre zu vertuschen. Doch der Ex-Gespiele von Imogen Thomas hatte die Rechnung ohne die Neuen Medien gemacht. Schon bald begannen einige Eingeweihte den Namen Ryan Giggs auf der Kurznachrichtenplattform Twitter zu verbreiten. Theoretisch war das eine Straftat. Ryan Giggs reagierte prompt. Durch seine Anwälte versuchte er die Firma Twitter mit Sitz in Kalifornien dazu zu zwingen, die Identität sämtlicher TwitterBenutzer herauszugeben, welche den Namen von Ryan Giggs und seine Affäre enthüllten. Das kam gar nicht gut an bei der Twitter-Gemeinde. Aus Rache verbreiteten sie den Namen des Walisers zehntausendfach. Als die Boulevardzeitungen das erfuhren, wurden sie sehr ärgerlich. Es könne doch nicht angehen, so klagten
unser mann in london
sie, dass auf Twitter und Mobiltelefon erlaubt sei, was in der Zeitung verboten sei, nämlich den Namen dieses Seitenspringers zu nennen. Die Frage wurde nun auch in den Rechtsfakultäten des Landes heiss diskutiert, und schliesslich schaltete sich gar Premierminister Cameron ein und sprach: «Es ist nicht gerecht, wenn neue Medien darüber berichten können, aber die Zeitungen nicht. Das Gesetz muss deshalb dem modernen Medienkonsum angepasst werden.» Der Fall schrie geradezu nach Umgehung der veralteten englischen Mediengesetze. Und das passierte auch, nicht nur per Twitter. Plötzlich druckte die schottische Zeitung «Sunday Herald» ein Bild von Ryan Giggs auf der Frontseite mit einem sehr schmalen Zensurbalken über den Augen. Dazu einen Artikel über den «Wahnsinn der Gesetze zum Persönlichkeitsschutz». Alle konnten sehen, wer auf dem Bild war, aber die Zeitung erscheint in Schottland, also ausserhalb des englischen Justizzugriffs. Jetzt diskutierte sogar das britische Parlament über das Thema. Dort benutzte der Abgeordnete John Hemming (selbst ein leidenschaftlicher Seitenspringer) seine parlamentarische Immunität, um den Namen von Ryan Giggs öffentlich zu nennen. Jetzt brachen alle Dämme. Am nächsten Tag druckte jede
Zeitung des Landes das Foto von Ryan Giggs auf der Frontseite. Und auch in den Tagen danach erschienen Hunderte von Artikeln über den Fall. Giggs kann von Glück reden, dass er die Titel «Fussballer des Jahres» und «Sportler des Jahres» bereits auf sicher hat. Nach dieser Affäre würde ihm diese Ehre nie und nimmer mehr zuteilwerden. Hier wäre die Geschichte eigentlich am Ende. Die Geschichte eines schmuddeligen Saubermanns, der mit seinem Seitensprung die Neuschreibung der englischen Mediengesetze bewirkte. Doch vor ein paar Tagen veröffentlichten die Boulevardzeitungen eine Fortsetzung, die sich der verrückteste Drehbuchschreiber Hollywoods nicht hätte ausdenken können. Die Schlagzeile der «Sun» dazu lautete: «Giggs’ Bruder verlässt Frau wegen Affäre mit Ryan». Was war passiert? Die Ehefrau von Ryan Giggs’ Bruder hatte zugegeben, dass sie ihren Mann Rhodri Giggs während acht Jahren mit Schwager Ryan Giggs betrogen hatte. Giggs soll sich laut «Daily Mirror» angeblich auch an deren Mutter herangemacht haben. Genau 20 Jahre spielt Ryan Giggs bereits in der Premier League. Länger als alle anderen noch aktiven Spieler. Sieht ganz so aus, als hätte er einen Abgang in Würde verpasst.
Ryan Joseph Giggs Geburtstag 29. November 1973 Geburtsort Cardiff, Wales Größe 180 cm Position Flügelspieler, Stürmer Jugendverein Manchester City Verein als Aktiver Manchester United (seit 1990) Erster Einsatz in der höchsten Liga: 1991 613 Ligaspiele 110 Tore Nationalmannschaft England U15 (9 Spiele) Wales U21 (1 Spiel) Wales (64 Spiele, 12 Tore) Privatleben Verheiratet mit Stacey Cooke, Tochter Liberty (8) und Sohn Zach (4)
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Rubrik
Schweizerreise
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Ein Hauch St. Pauli Text: Wolf Röcken, Bilder: Daniel Bernet
Der rasche Aufstieg des Berner Quartiervereins FC Breitenrain führte vor wenigen Tagen fast bis in die Challenge League. Möglich machten das Spieler aus Challenge und Super League. Aber auch Züri West, Marilyn-Monroe-Krawatten, Thomas Häberli und ein umtriebiger Sportchef, der jedes Spiel verpasst.
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Rubrik schweizerreise: FC breitenrain
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ie Rückwand der kleinen Holztribüne ist bunt besprayt. Auf einer Betonwand gleich daneben in Grossbuchstaben: «China can suck my DICK!» Zwei Meter neben dem Rasen steht ein Traktor, der Geräteschuppen heisst «Chez Werni», vor den ToiToiWCs gibts Schlangen, und der Bratwurststand erinnert an eine Bushaltestelle. Alles etwas heruntergekommen, alles etwas improvisiert, alles ziemlich charmant. Es ist nasskalt an diesem Abend auf dem Sportplatz Spitalacker, den in Bern alle «Spitz» nennen. Der Platzklub, der Erstligist FC Breitenrain, spielt in der ersten Runde um den Aufstieg in die Challenge League, Gegner ist der SC Brühl St. Gallen, der seit Anfang Saison Integrationsfigur Marc Zellweger in seinen Reihen hat. Unter den 181 Matchballspendern sind auch Züri West. Den Ankick macht NHL-Spieler und Breitenrain-Fan Mark Streit, und hinter dem Tor steht Neo-YBTrainer Christian Gross mit Schirm und plaudert mit Mundart-Autor Pedro Lenz. Einige YB-Fans sind sich noch nicht sicher, ob die Anwesenheit von Gross nun cool ist oder doch eher anbiedernd. Sicher aber ist: Der FC Breitenrain ist chic in Bern, einige sagen Kult. Auf dem Spitalacker treffen Fussballfans auf Szenegänger. «Breitenrain ist speziell», sagt auch René Erlachner, seit letztem Herbst Trainer des ambitionierten Quartierklubs. Erlachner lehnte für Breitenrain ein Angebot des FC Aarau ab. «Ich stand damals in dieser winzigen Garderobe auf dem ‹Spitz› und dachte nur: Geil!» Er habe sich sofort daheim gefühlt, sagt Erlachner, der früher einmal selbst im Quartier wohnte. Auf den «Spitz» kommen Fussball-Fans, die die denkmalgeschützte Holztribüne dem Betonrund des Stade de Suisse vorziehen, die ihr Fussball-Glück finden, wenn sie einen Meter neben der Seitenlinie stehen können und während des Spiels auch rund ums Feld laufen können. Die Speaker-Stimme scheppert durch die Boxen, die mit Plastiksäcken überzogen am Boden stehen. «Das ist Fussball pur, ohne Schnickschnack, das kommt an», sagt Christoph Schöbi. Er ist Sportchef des Ver-
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eins und noch vieles mehr. Schöbi hat den FC Breitenrain bei seinem Aufstieg von der 3. Liga bis an die Tür der Challenge League in verschiedenen Funktionen begleitet. Breitenrain ist heute die Nummer 2 der Stadtberner Fussballvereine. «In der Stadt sind wir zwei Schritte vor jedem anderen», sagt Schöbi selbstbewusst. Dabei ist Breitenrain eigentlich ein junger Verein. Er entstand 1994 – als Fusionsklub von FC Zähringia und FC Minerva. Die intellektuellen Spassfussballer Dem FC Breitenrain eilt der Ruf des Kultklubs voraus. Das ist zum Teil gewachsen, zum Teil wird das Image sehr gezielt gepflegt. «Vorbild ist St. Pauli», sagt Schöbi. In Bezug auf die Nische, nicht auf die Grösse natürlich. In Bern wie auch in Hamburg gibt es einen Grossverein, der in einem modernen Stadion spielt, und daneben Platz für einen kleineren Verein, als Alternative. Statt der Piratenflagge weht auf dem Spitalacker die «Gemeinsam gegen Rassismus»-Fahne. An den Spielen wird ausschliesslich Berner Musik gespielt. Special Guests am Vereins-Jassturnier waren Roman Kilchsperger und Pornoproduzent JP Love. Und dann gibt es diese kleinen Skandälchen und Geschichten, die einen Verein auch interessant machen. Vor der Saison 2007 etwa verweigerte sich das Team der Berner Presse für eine Vorschau; man sei mit der Vorbereitung zu beschäftigt. Im Frühjahr 2010 verliess Trainer Adrian Kunz den Verein Hals über Kopf, weil er nach eigenen Angaben erst aus der Zeitung erfahren hatte, dass sich der Erstligist trotz guter sportlicher Aussichten gar nicht um eine Aufstiegslizenz bemüht hatte. Zum Image passt der intellektuelle Ruf der Equipe. Mehr als die Hälfte der Spieler hat an der Uni abgeschlossen oder studiert noch, etwa Kunstgeschichte (Roman Friedli) oder Philosophie (Alain Portmann). Trainer René Erlachner attestiert seinen Spielern eine hohe Intelligenz und viel Sozialkompetenz. «Die reden im Training auch über anderes als über Fussball.» Und in der Garderobe komme es nie zu Streit, obwohl diese tatsächlich nur
wenige Quadratmeter gross ist. «Das sind Freunde, die miteinander Fussball spielen wollen. Alles gestandene Männer. Aber manchmal sind sie auch sehr kindlich und lieblich», sagt Erlachner und schmunzelt. Im Team steckt viel Erfahrung aus Challenge und Super League. Raphael Kehrli (YB), Oliver Portmann (Lausanne, Biel), Alain Portmann (Thun, Solothurn), Roman Friedli (Xamax, Yverdon, Aarau, YB, Thun) und Jeremy Niederhauser (Biel) gehören zum Kader. «Hier zu spielen, das ist Freude pur», schwärmt Roman Friedli, der im Herbst auch Angebote von ChallengeLeague-Klubs hatte. «Kein Vergleich mit der Super League.» Bei Breitenrain spüre er nur positiven Druck und vor allem einen gesunden Ehrgeiz. «Unser bester Transferchef ist die Mannschaft», erklärt Sportchef Schöbi die geballte Erfahrung. «Die meisten Spieler kennen Dutzende andere Spieler und wissen, wenn diese einen neuen Verein suchen.» Im Fall von Jeremy Niederhauser erhielt Schöbi ein SMS von Raphael Kehrli aus New York mit dem Inhalt, dass Niederhauser einen neuen Verein suche. Auf nächste Saison stösst nun auch Raphael Kehrlis Bruder Nicolas (FC Biel) zu Breitenrain. Und dann gibt es Spieler wie Duri Baumgartner, die von der Juniorenstufe bis ins 1.-Liga-Team jede Stufe bei Breitenrain durchlaufen haben. «Es ging ja immer einen Schritt vorwärts», erklärt er, weshalb er den Verein nie gewechselt hat. Im Winter verzichteten die Spieler auf das Trainingslager, das Trainer Erlachner gerne durchgeführt hätte. Es hat zu viele Berufstätige im Team. Die Spieler organisierten stattdessen ein gemeinsames Wochenende in Berlin, Ferien fürs Teambuilding. Die Ambitionen von Breitenrain und das Interesse an Spielern aus der Super und der Challenge League sind weit herum bekannt. Letzten Herbst wurde den Bernern etwa der frühere Sion-Goalgetter Paolo Vogt angeboten. Letztlich ging es dessen Spielervermittler aber vor allem darum, die Konditionen zu verbessern und seinem Arbeitgeber, dem FC Solothurn, Druck zu machen. «Das geforderte Handgeld hätten wir nicht zahlen können», sagt Schöbi.
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schweizerreise: FC breitenrain Wegen solcher Gerüchte um Spieler, die zu Breitenrain wechseln und dort viel verdienen sollen, hat der Verein Neider in Bern. «Davon bekomme ich nichts mit», sagt zwar Vereinspräsident Urs Huber. Hinter vorgehaltener Hand wird aber über die finanziellen Möglichkeiten des FCB spekuliert. Tatsache ist: Bei Breitenrain sind zurzeit vier Spieler mit etwas mehr als 1000 Franken monatlich die Höchstverdiener. Und das Budget von derzeit etwas mehr als einer halben Million Franken gilt für alle 15 Teams des Vereins mit den 1200 Mitgliedern. «Sermeter, das wär so einer» Ein Quartierverein wie Breitenrain braucht Typen, Fussballverrückte. Typen wie Sportchef Christoph Schöbi, dessen Söhne im Verein spielen. «Da ist es schon mal Grundmotivation, ihnen ein gutes Umfeld zu schaffen.» Erst war er Juniorentrainer, dann Präsident, dann Präsident und Sportchef gleichzeitig. Aktuell ist der Sekundarlehrer Sportchef und trainiert gleich mehrere Nachwuchsteams. Schöbi verhandelt mit Sponsoren, räumt nach dem Spiel Absperrgitter weg, ist irgendwie überall auf dem Spitalacker. «Alles ist immer weitergegangen, wurde grösser, und ich bin immer mehr reingewachsen», sagt er. Warum dieser riesige Einsatz? «Manchmal kann ich mirs selber nicht erklären», sagt Schöbi und lacht und überlegt. «Ganz sicher auch für so ein Spiel wie jenes gegen Brühl St. Gallen.» Streng genommen weiss Schöbi nicht, wovon er spricht: Er hat sich das Aufstiegsspiel nicht angesehen, und er sieht sich auch sonst keine Breitenrain-Spiele an. Zu nervenaufreibend, zu abergläubisch. Während der Spiele spaziert er durchs Quartier, immer die gleiche Route. Eine Viertelstunde vor Schluss kommt er auf den Platz zurück, geht der Seitenlinie entlang und blickt auf die Anzeigetafel. «Wie die Tore gefallen sind, können mir ja dann alle erzählen.» An den Spielen hat er einen Glücksstein dabei und trägt stets dasselbe T-Shirt. Breitenrain lebt von Typen, und der Verein zieht sie auch an. Der frühere Prä-
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sident Stephan Siegenthaler, ein Informatiker und Theologe, sammelte MarilynMonroe-Krawatten und spielte als DJ Sigo in der Berner Cowboy-Bar Schlagermusik. Breitenrain zieht die Typen aber nicht nur an, der Verein sucht sie auch. Thomas Häberli etwa, in seiner letzten Spielzeit bei YB zur Kultfigur emporgehoben und in Bern quasi zum «geile Siech» geadelt. Häberli löste einen Spielerpass bei Breitenrain. Doch es fehlte ihm die Zeit für Partien in der ersten Mannschaft, und es blieb bei einem Einsatz bei den Senioren. Typen wie Häberli passen zu Breitenrain, findet Schöbi und sagt: «Gügi Sermeter, das wär so einer.» Doch noch hat der ExYBler Sermeter einen Vertrag bei Bellinzona. Und er ist eher Zürich-orientiert. Das Dilemma Aufstieg Es ist kurz nach 21 Uhr an diesem Abend des ersten Aufstiegsspiels, Breitenrain hat 1:2 verloren. Die Partie ist längst abgepfiffen, Spielbeginn war mit Einverständnis des Gegners um 18.30 Uhr, die Beleuchtung wäre zu schwach für ein Abendspiel. Die wenigen Lichtmasten rund um den Rasen sind mit den städtischen Strassenlampen gekoppelt und leuchten erst, wenn auch diese in Betrieb sind. Einige Hundert der 1450 Zuschauer sitzen noch bei einem Bier, BreitenrainSpieler gesellen sich dazu, einige von ihnen gönnen sich eine Zigarette. Kinder holen sich Autogramme bei den Spielern und betteln um Trikots und Fussballschuhe. «Mit diesen Aufstiegsspielen sind wir eigentlich auf dem Höhepunkt von dem, was wir erreichen können», sagt Sportchef Schöbi. «Es geht um etwas, wenn für alle anderen Klubs die Saison fertig ist. Das ist toll», findet auch Spieler Roman Friedli. Vier Tage später wird die Saison nach einem 0:1 im Rückspiel auch für Breitenrain beendet sein. Sportlich machte das niemandem Freude. Aber es bewahrte den Verein vor heiklen Entscheiden und der Herausforderung eines doppelt so grossen Budgets. In der Challenge League hätte
Breitenrain zudem ins Neufeldstadion wechseln und dafür viel Miete bezahlen müssen. «Hier auf dem Spitz ist unser Herz», meint Schöbi dazu vielsagend und ergänzt: Beim letzten Schritt müsse man auch mal intelligent genug sein, ihn nicht zu machen. «Wir sind ein Quartierklub, wir wissen, wo unserer Grenzen sind.» Die Challenge League wäre für Breitenrain wohl eine Nummer zu gross gewesen. Ein Abenteuer, um «sportlich Geschichte zu schreiben», wie Trainer Erlachner sagt. Aber auch eine Liga mit weiten Reisen und womöglich vielen Niederlagen. Ab 2012/13 könnte der FC Breitenrain womöglich in der neuen 1. Liga Promotion, zwischen der heutigen 1. Liga und der Challenge League, spielen. «Es wird drei, vier Jahre dauern, bis wir unseren Platz gefunden haben», sagt Schöbi. Die Aussage des Sportchefs kann man doppeldeutig verstehen. Denn Breitenrain spielt nur mit einer Ausnahmebewilligung Erstligafussball auf dem Spitalacker. 1922 schlug die Schweizer Nationalmannschaft hier Holland vor 16 000 Zuschauern mit 5:0. Die Aussage ist etwas zugespitzt, hat aber viel Wahres: Seither ist die Zeit stehen geblieben rund ums Stadion im Wohnquartier. Die Gästemannschaft zieht sich in der Schulhaus-Garderobe um, weil es in der engen Garderobe des Heimteams keine getrennten Duschen gibt. Betreffend Ausbau liegt der Verein im Clinch mit der Stadt. «Wir stecken in einer schwierigen Situation», findet Präsident Urs Huber. Laut dem städtischen Sportkonzept werden «Spitz» und Garderoben erst 2015 saniert. Dann zieht der nahe FeuerwehrStützpunkt weg, und es gibt Platz rund um den Sportplatz. Stärkeres Flutlicht ist nicht vorgesehen. Die Stadt rechnet mit vielen Einsprachen von Anwohnern. Vorerst punktet der «Spitz» weiterhin mit dem Charme des Zerfalls und der Improvisation. Das Gesamtpaket kommt an. «Ich bin sehr gerne da», sagt auch Trainer René Erlachner. «Ich wäre todunglücklich, wenn ich weg müsste.»
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ANNO DOMINI
FUSSBALL
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Schätzen, bluffen, zweifeln: ZWÖLF zum Spielen Nein, nach Jahreszahlen wird nicht gefragt bei Anno Domini. Bei diesem Spiel für 3 bis 8 Personen müssen Ereignisse aus der Fussballgeschichte lediglich in die korrekte Reihenfolge gebracht werden. Zumindest in eine glaubwürdige. Kein Problem für dich? Umso besser: eine gute Möglichkeit, deine Freunde von deinem unendlichen Fussballwissen zu überzeugen. Oder so richtig überrascht zu werden.
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Rubrik
Text: Romano Spadini Bild: Keystone
Bunter Hund, der bellt und beisst Jonathan Sogbie schwärmte für Eddie Murphy und Laetitia, beleidigte die Servette-Fans und wollte Politiker werden. Ein treffsicherer Stürmer war er auch.
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ür den damaligen «Blick»-Kolumnisten Timo Konietzka war Jonathan Sogbie zu seiner Zeit bei Lausanne «der bunteste Hund der Liga». Und tatsächlich hatte der Torjäger einen gewissen Unterhaltungswert. Während seine Eddie-Murphy-Parodien noch zur allgemeinen Belustigung beitrugen, gabs um den Liberianer aber auch immer wieder Stunk. So sorgte die Nachricht, Sogbie habe neben seinem Vertrag bei Servette noch einen weiteren in Katar unterschrieben, für einige Kopfschmerzen beim Präsidium der Genfer. Bei den Fans von Servette wiederum löste er nach einem «Blick»-Interview im November 1995 heftigste Empörung aus mit der unklugen Aussage: «Die Fans in Genf sind eh nichts wert…». Eher wieder auf der heiteren Seite waren derweil seine Überlegungen für die Zeit nach dem Karriereende. Von seinem Betätigungsfeld nach dem Fussball hatte er nämlich schon klare Vorstellungen: Ihn zog es ins Filmbusiness. Offenkundig war er überzeugt,
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über Begabungen in den verschiedensten Bereichen der Glamour- und Glitzerwelt zu verfügen: «Mein Ziel ist es, mich mit dem Fussball so bekannt zu machen, dass ich einmal mit Eddie Murphy einen Film drehen kann. Das Drehbuch habe ich schon im Kopf.» Oder auch: «Ich würde gerne einen Film mit Laetitia (PornoHeidi) drehen, sie wäre sicher nicht enttäuscht.» Ohne Anlauf Für ganz so viel Aufregung sorgte Sogbie Mitte der Neunziger im Schweizer Fussball dann aber doch nicht, als dass es mit Hollywood respektive der HerrenfilmIndustrie geklappt hätte. Begonnen hatte er seine Laufbahn in der Elfenbeinküste, bei ASEC Abidjan, von wo ihn im Oktober 1993 Lausanne-Sports verpflichtete. Entdeckt worden war er vom damaligen Lausanne-Coach Marc Duvillard, der als ausgewiesener Kenner des afrikanischen Fussballs galt. Sogbie brauchte keine
Aufwärmphase und startete voll durch. Er schoss Tore wie am Fliessband, nach 13 Runden standen schon 10 Treffer auf seinem Konto, davon alleine 6 in der Finalrunde. Der Liberianer verfügte über einen robusten Körper, was ihm im Hauen und Stechen im Strafraum zugutekam und ihn zu einem klassischen Mittelstürmer machte. Nachdem Lausanne auf der Zielgeraden der Finalrunde eingebrochen und so aus dem Rennen um einen UEFACup-Platz gefallen war, liess Sogbie bei jeder Gelegenheit verlauten, dass es ihn nach Italien oder in die deutsche Bundesliga ziehe. Doch weil er nach einer Roten Karte, die er im letzten Meisterschaftsspiel kassiert hatte, für drei Spiele der beginnenden Saison 1994/95 gesperrt war, schreckte die Interessenten ab, und so nahm er unter dem neuen Trainer Trümpler seine zweite Saison mit Lausanne in Angriff. 15 Tore und Transferobjekt Im Umfeld der Waadtländer stiegen mit der Verpflichtung des YB-Erfolgscoachs Martin Trümpler die Erwartungen, und die Mannschaft enttäuschte ihre Anhänger keineswegs. Ende Oktober, nach einem Auswärtssieg gegen YB, tönte Sogbie gar: «Jetzt spielen wir im Frühling um den Meister mit.» Souverän gelang schliesslich die Finalrunden-
Die NLA-Legende
Quali, zu deren Erreichen Sogbie mit 12 Toren einen massgeblichen Beitrag leistete. Der Liberianer agierte äusserst effizient im Strafraum. Seine Tore schoss der schnelle und trickreiche Stürmer meist in Brecher-Manier: Augen zu und draufhalten! Zudem fand der sensible Sogbie in Trümpler einen Trainer, der sehr darauf bedacht war, dass sein Juwel von seinen Teamkameraden akzeptiert und damit auch integriert wurde. Leider musste sich der Stürmer im Februar einer Meniskusoperation unterziehen, was nicht ohne Folgen für sein Team bleiben sollte, wie bereits zwei Pleiten zum Finalrundenstart erahnen liessen. Obwohl Sogbie schon bei seinem Comeback wieder traf und auch im Laufe der Finalrunde stärkster Lausanner blieb, brach das Team wie schon im Vorjahr völlig ein und belegte Ende Saison mit grossem Abstand den 8. und letzten Platz. Dem Lausanne-Vorstand war klar, dass er den Starstürmer keine weitere Saison würde halten können. Dank seinen 15 Toren war Sogbie heiss begehrt. Trümpler wollte ihn zu seinem neuen Verein Aarau mitnehmen, auch Meister GC buhlte um ihn, ebenso Sion und Cannes. Das Rennen machte freilich Servette, das 1,2 Millionen für Sogbie hinblätterte. Kein Glück in Genf Die Hoffnungen, die mit der zugkräftigen Verpflichtung Sogbies einhergingen,
wurden allerdings schon vor Meisterschaftsbeginn getrübt: Im Testspiel gegen Monaco brach sich der Unglücksrabe den Ellbogen, was ihn zu einer längeren Pause zwang. Die Verletzung geschah zum ungünstigsten Zeitpunkt und hatte für Sogbie weitreichendere Folgen, als damals abzusehen war. Sie verhinderte nicht nur die so wichtige Eingliederung in das neue Team mit den Sturmkonkurrenten Neuville und Sesa; sie erhöhte vielmehr auch den ohnehin schon grossen Druck, der auf Sogbies Schultern lastete. Die Situation verschärfte sich noch mit dem schlechten Saisonstart der teuren Truppe (Trainer Challandes: «Mit Sogbies eiskaltem Torinstinkt hätten wir fünf Punkte mehr auf dem Konto.»), und der eingangs erwähnte Trubel um den ebenfalls im Sommer abgeschlossenen Vertrag in Katar half auch nicht. Als Sogbie Ende August bei der Niederlage gegen den FCZ auf den Rasen zurückkehrte, war die Stimmung schon vergiftet. Die Startruppe enttäuschte auf der ganzen Linie, auch Sogbie wurde davon angesteckt. Als er auch im achten Spiel für Servette ohne Tor blieb, reagierte das anspruchsvolle Genfer Publikum mit Frust und Anfeindungen gegen die teure Neuverpflichtung. Obwohl der Knoten bei Sogbie im elften Spiel endlich platzte und die Mannschaft mit Ach und Krach die Finalrunden-Quali schaffte, blieb er ein Fremdkörper. Er konnte den Fans die Schmährufe nicht verzeihen und wollte am liebsten im Winter die Genfer verlassen, was er gegenüber dem «Blick» deutlich kundtat: «Ich überlege mir, ob ich abhauen soll. Es haben sich bereits türkische Klubs gemeldet.» Der neue Trainer Umberto Barberis glaubte indes an Sogbies Klasse und konnte ihn zum Bleiben überreden, doch auch er vermochte nicht zu verhindern, dass dem Liberianer weiterhin die Ablehnung der Anhängerschaft entgegenschlug. Das hatte naturgemäss zur Folge, dass Sogbie nicht glücklich wurde in Genf. Nachdem Servette den Cupfinal gegen Sion verloren und in der Meisterschaft nur Platz 7 belegt hatte, trat Barberis zurück – Startrainer Vujadin Boskov übernahm zur neuen Saison. Unter dem
einstigen Sampdoria-Meistermacher lief es für Sogbie anfänglich gut, doch im September schlug die Verletzungshexe wieder zu: kaputtes Schlüsselbein – drei Monate Pause. Nachdem die Startruppe das Kunststück fertiggebracht hatte, sich nicht für die Finalrunde zu qualifizieren, brannte der Baum. Die Millionäre vom Lac Léman konnten schliesslich die Klasse zwar halten, doch die Ehe zwischen Servette und Sogbie war endgültig zerrüttet: Der Liberianer floh Ende Saison gen Amerika, wo er in der Soccer League drei Jahre verlebte, ehe er nach einem kurzen Abstecher nach China seine Laufbahn beendete. Gegen Weah Nicht ins Filmbusiness, sondern in die Politik zog es Sogbie nach Karriereende. Dort trat er Mitte des letzten Jahrzehnts recht ungünstig in Erscheinung, als er sich dezidiert gegen die Präsidentschaftskandidatur seines ehemaligen Nati-Kollegen Georges Weah aussprach. Sogbie zog Weahs Befähigung für das Amt in Zweifel und begründete dies mit dessen mangelnder Bildung. Und das, noch bevor herauskam, dass der Ex-Weltfussballer mit dem Bachelor-Abschluss einer Uni hausieren ging, die gar nicht existiert. Weah verlor schliesslich die Wahl gegen die noch heute amtierende Ellen Johnson-Sirleaf, und Sogbie bewarb sich seinerseits in deren Regierung um das Amt des Vizeministers für Jugend und Sport. Bei der Audition für den Ministerposten präsentierte er sodann einen politikwissenschaftlichen Titel des Nebraska Christian College, was wiederum seinen einstigen Nati-Kollegen Zeogar Wilson stutzig machte. Eine von diesem angestrengte Untersuchung ergab schliesslich nicht nur, dass man an der amerikanischen Uni nichts von Sogbie wusste, sondern auch, dass man dort gar keine politikwissenschaftlichen Abschlüsse machen kann – bei Sogbies vermeintlicher Alma Mater handelt es sich um eine rein theologische Fakultät. Mit dem Ministerposten wurde es auch nichts, als Sogbie kurz darauf noch einen zweiten Abschluss von einer Uni in Abidjan präsentierte.
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Schwarzes Brett Für Fans, n die das Spiel lese
r das Chaos, und de «Am Anfang war r». So beginnt lee d un st wü r Fussball wa n Werk «Revolutione Jonathan Wilsons ch au es g fin so d un auf dem Rasen», tik. Anfang des an mit der Spieltak nnte man zwar ka s ert nd 20. Jahrhu n Taktik konnvo er Spielsysteme, ab n de Re sein. Ab de te noch nicht die elte sich dann so ick tw en ren Jah 1920err taktik. Und seithe olgveretwas wie Fussball öner Regelmässigkeit an neuen erf mit sch in r se nach, die t ne ich ze pröbeln Traine n g, men. Autor Wilso n. Mal theorielasti sprechenden Syste n und Geschichte wie Karl Rappan bei de iso Ep , eln af Schaut reibt er, gespickt. So besch ber Vollprofis schlechtere mal mit Episoden gegenü die te, ch su Fussballer, eg W Servette einen sei kein geborener en. Der Schweizer er könne – ich gle he ge szu an au ge ss ne Din Fit die . So t nüchtern, wie er ssballlehrer Rappan sondern gewohn t der Autor den Fu an ier pp zit , Ra en er lan eiz sp hw daher vorau der legendäre Sc en eb ff er uy od Cr u an rro entstand der Ve lvoetbal von Joh Buch um den Totaa m», die Viererkette oder die Riegel. Es geht im ste -Sy -M «W s da , um r traditionelle Spiel und Rinus Michels Erkenntnis, dass de m de die f au um n ht ne ge tio es olu d Raute. Un den ist. «Rev t völlig verschwun g geschriemacher heute fas il auch recht süffi lesen. Es ist Te m zu d un ich re iel en Sp kt ein fa e », rn sen ge Ra , die kte Buch für Fans chbuch. Wer Taktik ben, ist das perfe n auch kein reines Fa d un h uc seb Le s nd ausgezeichnete kein reine t mit dem in Engla ing rbr ve bt, lie und Systeme Stunden. Werk interessante te sen. Eine Geschich en ionen auf dem Ra ch lut vo uts Re de r n. zu g ilso W run Jonathan Mit einer Einfüh n. ite Se 4 46 . tt. tik sta der Fussballtak rlag Die Werk toph Biermann. Ve Ausgabe von Chris
Do the robot!
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Fussballkultur als Wundertüte Ben Redelings ist eine Kon stante im mittlerweile doch schon recht weiten Universum der Fussball-K ultu Fussball-Kulturschaffende r. Ein r oder ein Fussballkultur-Schaffender , wie auch immer. Mit viel Sinn für die Geschichten auf den Stehrängen, vor und Spieler-Interviews, vor und nach den hinter dem Bierstand. Ein halbes Jah r war er auf Lesetournee, und diese Zeit hat er nun neuerlich zu einem Buch verarbeitet. Worum es da ung Kurzgeschichten zwar nich efähr geht, verraten die Titel der t wirklich. Aber etwas läss «Wer will ein Kind vom t sich bei Weltmeister?», «Den Gü nter Netzer vom Hof tun» oder «Jürgen Klopp und der Seuchenvo gel» ja erahnen: Es geht um beste Unter haltung im Umfeld des Fussballs. Manchmal etwas arg ichb ezogen, aber das haben Tagebücher eben so an sich. «Freun de der Südsee» ist wie eine Wundertüte: Es überrascht und unterh ält sofort. Dann ist es ma l vor ist dann auch nicht so sch limm. Hat schliesslich Spa bei, und das ss gemacht. Ben Redelings. Freunde der Südsee. Meine Spielze it. 192 Seiten. Verlag Die Werkstatt.
iPhone als Trainer Früher sorgten Handys auf dem Trainingsplatz noch für einen Eklat, heute haben sogar die Übungsleiter neben den Hütchen das iPhone mit dabei. Grund dafür ist die App «Der Fussballtrainer», entwickelt von Stevie Brunner, Konditionstrainer und Leiter Préformation beim FC Luzern. Damit können einfach und schnell Trainingsprogramme zusammengestellt, per Mail verschickt und ausgedruckt werden. 200 erprobte Übungen und Spielformen für alle Leistungsniveaus stehen zur Ausw ahl bereit, unterteilt in verschiedene Kategorien. Die App selber ist kostenlos in Deut sch, Englisch und Französisch erhältlich. Danach könn en einzelne Übungspakete dazu gekauft werden oder gleich die Vollversion für 15 Franken. Erhältlich im iTunes-Store (Testversi on kostenlos, Vollversion 15 Franken)
Verlosung
r so lieb sind, Einfach so, weil wi plare des em Ex 15 r wi sen verlo aren Buchs wahrlich wunderb r Schweizer de er au «Die Zusch t» (Limmat af ch Nationalmanns Bosshard und er ern W n vo g) Verla der Verlosung Beat Jung. Um an eine e-Mail ick sch , en SCHAUER teilzunehm d dem Betreff ZU un se mit deiner Adres ch lf. oe zw an wettbewerb@
Text: Florian Bogner / Illustration: Nahuel Morales
Einen an der Waffel, Belgier? Ganz im Ernst. Haben die sie noch alle? Wäre ich Fussball-Fan in Belgien, ich würde austicken. Volles Rohr. Warum ich mich so aufrege? Weil ich den Liga-Modus der Jupiler Pro League für einen schlechten Witz halte – und viele Belgier stimmen mir da zu. Jupiler ist ein belgisches Bier, und es muss ganz einfach so sein, dass die Verantwortlichen während der Modusdiskussionen ebendiesem Bier keineswegs abgeneigt waren. Frage in die Runde: Wer weiss, wie in Belgien der Meister ermittelt wird? Und die internationalen Plätze? Und die Absteiger? Ich kenn und mag das ja eigentlich so: Jeder zweimal gegen jeden in Hin- und Rückrunde, am Ende abrechnen. Sieht der Belgier ja anders. Der lässt seine 16 Teams schön 30 Spiele machen und teilt dann in Playoffs ein. Aber wie! Ich erklär das mal ganz kurz und fange unten an. Das ist schon ne Show: Der 15. und der 16., die ganze Saison schon gedemütigt, dürfen nämlich in fünf (!) Playoff-Spielen gegeneinander ausbaldowern, wer wirklich der Grottigste der Liga ist. Dabei gehts aber nicht um «Best of five», sondern es wird eine Tabelle angelegt. Der 15. bekommt drei Punkte Startkapital, der 16. fängt mit null an. Egal ob man jetzt vorher in den 30 Spielen vielleicht 16 Punkte Abstand hatte – geschenkt! Und worum gehts? Der Loser aus diesen Spielen, also der Klub, der nach den fünf Grottenkicks gegeneinander weniger Punkte hat, steigt direkt ab. Ruhe in Frieden. Der «Sieger» aber darf dann noch gegen den Zweiten, den Dritten und den Vierten der zweiten Liga um den Verbleib in der Jupiler Pro League spielen. In Hin- und Rückspiel, versteht sich. Auf die Bundesliga gemünzt hiesse das: St. Pauli und Frankfurt spielen erst fünfmal gegeneinander. Die Eintracht setzt sich durch, St. Pauli steigt ab. Dann spielt Frankfurt gegen Augsburg, Bochum und Fürth um einen Platz in der Bundesliga. Maria hilf. Noch lustiger gehts beim Belgier auf den Plätzen 7 bis 14 zu. Nix mit Sommerpause, auch hier gibts Playoffs. Was es zu gewinnen gibt? Die lausige Chance auf einen Europa-League-Platz. Der Sieger der Siebenbisvierzehnplayoffs darf nämlich gegen
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den Vierten der Meisterplayoffs (Erklärung kommt noch, keine Bange!) um einen ELStartplatz spielen. Yippie! Dafür spielen die Teams auf Platz 7 bis 14 in zwei Vierergruppen (in Hin- und Rückspiel, is klar!) je einen Sieger aus. Die zwei Sieger spielen gegeneinander (Hin und Rück, auf jeden!) und dann gegen den Vierten der Meisterrunde (auch hier: Hin und Rück, Baby!). Der Clou: Damit kann theoretisch auch der 14. der regulären Saison, also der drittschlechteste Verein nach 30 Spielen, noch
in die EL kommen. Das hätte Lierse SK auch beinahe geschafft, by the way. Die wurden in der Gruppe nur knapp Zweiter, weil sie im letzten Spiel 3:4 verloren haben. Und dies, obwohl sie nach 30 Spieltagen nur einen Punkt vor dem 15. (Eupen) lagen. Man stelle sich auch hier auf die Buli gemünzt vor: Gladbach, euphorisiert vom Saisonfinale, walzt über Schalke, Stuttgart, Köln und Hamburg drüber und schlägt dann Hannover – und spielt Europa League. Bei den Belgiern ist alles möglich! Zur entscheidenden letzten Schlacht zwischen dem Gewinner der Siebenbisvierzehnplayoffs und dem Vierten der Meisterplayoffs ist es indes gar nicht gekommen, weil Westerlo im Pokalfinale auf das bereits für Europa qualifizierte Standard Lüttich traf und deshalb seinen Platz in der Europa League schon sicher hatte. Damit waren die 26 vorangegangenen Partien in diesem Playoff vollkommen unnötig gewesen.
Kommen wir zu den Meisterplayoffs der Teams auf den Plätzen 1 bis 6. Wird lustig, versprochen. Hier haben die Partien der regulären Saison zumindest HALBwegs was zu bedeuten. Die Punkte der Regular Season werden nämlich zu Beginn der Playoffs halbiert. Bei ungerader Punktzahl wird aufgerundet (merken, wird noch wichtig!). Am Ende wird der Erste Meister (boah!), der Zweite und der Dritte dürfen in der EL antreten, und der Vierte muss gegen den Sieger der Siebenbisvierzehnplayoffs ran. Fünf und sechs gehen leer aus. Anderlecht hatte also nach der regulären Saison eigentlich 16 Punkte Vorsprung auf Lüttich, das wiederum nur wegen eines Punkts mehr als Mechelen überhaupt erst Sechster geworden ist. Aber Lüttich hatte dann Bock. So viel Bock, dass man in den Playoffs von den ersten neun Spielen acht gewann und sich plötzlich vor dem zehnten und letzten Spiel punktgleich mit Genk und weit vor Anderlecht an der Spitze wiederfand. Gegner im letzten Spiel: Genk, auswärts. Lüttich geht in Führung, nachdem einer ihrer Spieler zuvor fast vom Gegner umgebracht worden ist (de Bleeckere hat immerhin Gelb gezeigt), fängt sich aber dummerweise kurz vor Schluss den Ausgleich. Ich dachte ja jetzt: Scheissegal, Lüttich hat das bessere Torverhältnis und auch den direkten Vergleich gewonnen und darf gleich Champagner schlürfen. Nix da, sagt der Belgier. Bei Abpfiff freuen sich nämlich die Genker (oder Genkesen?) wie Schnitzel und bekommen die Meistertrophäe. Warum? Weil in den Playoffs folgende Regel bei Punktgleichheit gilt: Wenn ein Verein bei der Punkthalbierung zu Beginn der Playoffs einen aufgerundeten Punkt «geschenkt» bekommen hat, steht er bei Punktgleichheit automatisch hinter einem Klub, der astrein halbierte Punkte hatte. Kapiert? Weil bei Lüttich aus 49 Punkten 25 gemacht wurden, bei Genk aber aus 64 32, wurde Genk am Ende Meister. Ganz im Ernst: Die spinnen, die Belgier. Florian Bogner ist Gründungsmitglied von Spox.com und dort als Redakteur tätig.
Auslaufen Fussball-Smalltalk Gegen Mannschaften, die in der FIFA-Weltrangliste schlechter als Platz 100 – und damit hinter Antigua und Barbuda – klassiert sind, hat die Schweiz unter Ottmar Hitzfeld eine Bilanz von 2 Siegen, 1 Unentschieden und 1 Niederlage.
Er stand kurz vor einem Profivertrag, als er im September 1962 einen schweren Autounfall hatte. Seine Fussballkarriere musste er daraufhin beenden, um die Feinmotorik wieder hinzukriegen, bekam er eine Gitarre geschenkt und begann zu singen.
Das erste Bundesliga-Spiel im Westfalenstadion bestritten am 2.4.1976 Borussia Dortmunds Rivalen VfL Bochum und Schalke 04 (1:4). Bochum musste wegen des Neubaus des Ruhrstadions dahin umziehen.
In der Qualifikation für die WM 2002 bestritt Australien im April 2001 4 Spiele in 7 Tagen und schoss dabei gegen Tonga, Amerikanisch-Samoa, Fidschi und Westsamoa 66 Tore – also alle 327 Sekunden eines –, ohne ein einziges zu kassieren.
Von den fünf grössten Fussballstadien der Welt befinden sich deren vier in Asien. Es sind dies das Stadion des 1. Mai (Pjöngjang), Yuba Bharati Krirangan (Kalkutta), das Azadi-Stadion (Teheran) und das Bukit Jalil (Kuala Lumpur). Ex-FCZ-Star Shabani Nonda war Moderator in der burundischen Version von «Wer wird Millionär?». Selbst wenn der FC St. Gallen nächste Saison wieder aufsteigt, es ist noch ein weiter Weg zu einem wahren Yoyo-Team. Aris Limassol aus Zypern ist darunter das Mass aller Dinge: 1997 stieg der Verein aus der höchsten Liga ab, und darauf folgte jedem Aufstieg der direkte Abstieg und umgekehrt – 10 aufeinanderfolgende Saisons mit Divisionswechsel. 2007 konnte man sensationell die Klasse halten, ein Jahr darauf gleich nochmals, danach fand Aris den Trott wieder. Die aktuelle Serie steht bei 4 Auf-/Abstiegen in Folge, das Total nun bei 24. Bislang liefen elf Spieler für Schweizer Vereine auf, die Rekordtorschützen ihres Landes sind. Und zwar: Henri Camara (Senegal; Xamax 1999/2000, GC 2000/01), José Cardozo (Paraguay; FCSG 1990–92), Teófilo Cubillas (Peru; Basel 1973), Tomas Danilevicius (Litauen; Lausanne 1999/2000), Mario Frick (Liechtenstein; FCSG, FCB, FCZ, GC), Mohammed Kallon (Sierra Leone; 1995–97 Lugano), Hossam Hassan (Ägypten; Xamax 1991/92), Ildefons Lima (Andorra; Bellinzona seit 2009), Artur Petrosyan (Armenien; YB 2001–03, FCZ 2003–06), Santos (Tunesien, FCZ 2007) und Rasheed Yekini (Nigeria; FCZ 1997/98). Iker Casillas, Torwart von Real Madrid, vergass als 8-Jähriger einst, den Fussball-Toto-Tippschein seines Vaters abzugeben, auf dem sämtliche 15 Partien korrekt getippt worden waren. Damit entging ihm ein Gewinn von über 1 Million Euro. Julio Iglesias war einst ebenfalls ein vielversprechendes Goalietalent bei Real Madrid.
In der rumänischen Divizia C in der Gruppe VIII lagen 1983/84 zwischen dem zweitplatzierten UMT Timisoara und dem 16. und Letzten, Minerul Aninoasa, gerade mal 3 Punkte. 9 Mannschaften waren punktgleich. Dazu hiessen 8 Mannschaften «Minerul». Der Sieg im Cup-Halbfinale gegen den FC Biel war das erste Cupspiel im Tourbillon des FC Sion seit dem 11. Dezember 2005 gegen Bellinzona. Die Walliser erreichten seither trotzdem dreimal das Endspiel und gewannen jedes davon. Keinem einzigen Verein ist es gelungen, den Titel des zwischen 1961 und 1999 ausgespielten Cups der Cupsieger zu verteidigen, obwohl acht Mal der Titelverteidiger im Endspiel stand. Alania Vladikavskas qualifizierte sich ohne auch nur ein einziges Tor erzielt zu haben über den nationalen Pokal für die Europa League 2011/12. Die Spiele gegen KamAZ Chelny, Gornyak Uchaly und FK Rostov endeten allesamt 0:0 und wurden im Elfmeterschiessen gewonnen, im Viertelfinale hatte Alania ein Freilos, weil Gegner Saturn Oblast bankrottgegangen war. Finalgegner ZSKA Moskau war bereits für die Champions League qualifiziert. Immerhin gelang im Endspiel endlich das erste Tor, das aber wegen einer Doublette von Seydou Doumbia doch zu wenig war für den Titel.
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Den Finalsieg der Schweizer bei der U17-EM in Dänemark 2002 gegen Frankreich wollten lediglich 1214 Zuschauer im Stadion Farum Park sehen.
Korrigenda In der letzten Ausgabe geriet bei der Fairplaytabelle etwas durcheinander. Den wenigsten Respekt vor dem Schiri-Trio zeigte der FCSG, die Fans von YB verhalten sich am schlechtesten und die Offiziellen von Sion sind die unbequemsten.
ISSN Nummer: 1662-2456
Das nächste Heft erscheint Mitte August 2011.
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