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September / Oktober 2012
margairaz XAMAX 2012 | BLATTER 2.0 | SUBBUTEO | GOALIE CC | KÖZLE
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ZWÖLF
baut grosses Z
uerst einmal müssen wir ein bisschen Sorry sagen. Ja, wir sind zu spät aus der Sommerpause zurück. Zwar nicht gleich mit so viel Verspätung wie jeweils Adriano nach der Winterpause, aber doch zu spät. Eher den berühmten Schritt zu spät. Zu unserer Verteidigung wollen wir lediglich anbringen, dass es ja irgendwie gar keine Pause gab. Nach dem Schlusspfiff des Champions-LeagueFinals begann gleich die EM, und als die Spanier noch nicht mal fertig geduscht waren, ging auch die Super League schon wieder los. Und das war alles so mitraiffeisend, dass wir kaum zum Heftmachen kamen. Aber nun sind wir wirklich wieder da. In alter Frische. Und gut genährt. Denn Xavier Margairaz, den wir im Hotel seines Präsidenten Constantin besuchten, offerierte unserem Autor und dem Fotografen gleich ein opulentes Mittagsmahl, während er über seine abwechslungsreiche Karriere plauderte. Und weil kurz zuvor sein Boss nach langer Pause wieder einmal seine Qualitäten als Torhüter im Penaltyschiessen gegen Serey Die gezeigt hatte, wollten wir von CCs ehemaligen Teamkollegen bei Xamax und Lugano mal wissen, was der heutige Patron während seiner kurzen Aktivkarriere denn für ein Typ war. Bei Frauen kam er anscheinend besser an als bei seinen Trainern. Auch nicht überall sehr gut kommt der andere Sonnenkönig aus dem Wallis an, Sepp Blatter. Er überstand das grosse Köpferollen an der FIFA-Spitze selbstverständlich unbeschadet, die angekündigten Wirbelstürme seiner einstigen Rivalen blieben bisher aus. Zeit, um sich wieder einmal ein Bild zu machen von der Situation auf dem Sonnenberg. Dürfen wir doch noch auf eine Fortsetzung des grossen Theaters hoffen? Vom Theater endgültig genug hat man in Neuenburg. Bei Xamax musste man nach dem tschetschenischen Abenteuer 100 Jahre und vier Ligen zurück, unter gütiger Mithilfe des alten Patrons Gilbert Facchinetti, den unser Autor in dessen heiligen Hallen besuchen durfte. Dort, wo seine Frau die Mannschaft über Jahre bekocht hat, wo alles an die grosse Zeit erinnert. Aus den Trümmern will er mithilfe der ganzen Region Xamax Stein für Stein wieder aufbauen. Neues entstehen soll unserer Ansicht nach endlich auf dem total vernachlässigten Markt der Schweizer Themenparks. Nie hatte die Liga so viele Zuschauer, diese unglaubliche Euphorie muss man sofort in klingende Münze verwandeln, mit dem «ZWÖLF Theme Park». Herrrrrreinspaziert! Was zum Naschen müsst ihr zwar selber mitbringen, aber Spannung und Spiel ist garantiert. Wie übrigens auch bei Subbuteo, dem entfernten und deutlich komplexeren Verwandten des Tipp-Kicks. ZWÖLF hat sich am Tisch versucht und hätte sogar einmal fast einen erfolgreichen Pass geschafft. Für einen Sieg gegen den Schweizer Meister im «Sporttischfussball» hats dann doch knapp nicht gereicht. Ganz knapp. Wirklich! So. Nun lassen wir Euch lesen. Und wenn Ihr zwischendurch mal im Teletext oder in Eurer App nachschaut, wie es gerade in den Spielen der rumänischen 2. Liga steht und Euch fragt, wie das eigentlich geht, dann findet Ihr die Antwort ebenfalls in diesem ZWÖLF. Euer ZWÖLF-Team
Cover: Stefan Bohrer; Litho: www.fine-tuned.ch
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Planet Constantin: Der Walliser Sonnenkönig im O-Ton
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Wie gesagt, äh…: Fussballer reden
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Die Single: Abendständchen in Feuerthalen
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Die Liste: Verkorkste Saisonstarts
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Das Fundstück: Matchprogramme
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Auswärtsfahrt: Haschisch statt Bratwurst in Marokko
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Turnier-Irrsinn: Chaos in Amerika
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Der Cartoon: Gennaro Gattuso beim Fondue, gesehen von Konrad Beck und Christian Wipfli
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Beni Thurnheer: TV-Fussball-Bingo
16 Schweizerreise Xamax: Zurück auf Start 22 Das vergessene Spiel Der Tipp-Kick-Konkurrent Subbuteo hat hierzulande einen schweren Stand – völlig zu Unrecht 28 Immer auf dem aktuellen Stand Wie die Livescore-Services funktionieren – und was Teletext und das 164 dem entgegenzusetzen haben 34 Der Theme-Park Rustbewältigung in der Super League 36 «Ich bin im besten Alter» Xavier Margairaz über verrückte Jahre und keine schönen Zeiten 42 «Ein mittelmässiger Goalie» Alte Weggefährten gedenken der kurzen NLA-Karriere von CC
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48 Und ewig lacht der Sepp Auch nach den jüngsten Verwerfungen um die FIFA hat deren Präsident nichts zu fürchten 52 Unser Mann in London: Peter Balzli über den Niedergang der Glasgow Rangers
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Auslandschweizer: Fabian Stoller in Israel
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Der Fanarbeiter: Bis zum nächsten Vorfall
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Spiel meines Lebens: Köbi Brechbühl erinnert sich an seinen Cupsieg mit YB im Jahr 1977
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NLA-Legende: Peter Közles langer Anlauf in die Bundesliga
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Das schwarze Brett: Neuer Lesestoff
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Mämä erklärt: In memorian Intertoto-Cup
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Smalltalk und Impressum
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Planet Constantin «Dazu kann ich nur sagen: In vielen Ländern stehe ich in den Rankings der FussballvereinPräsidenten an der Spitze.» Jetzt müsste dies nur auch noch die Mannschaft am Ende der Saison tun. Constantin in «Teletop Matin» gewohnt unbescheiden auf die Frage, ob er stolz auf den Gattuso-Transfer sei.
«Paris hat mehr als 70 Millionen Franken ausgegeben, um zwei Spieler vom AC Mailand zu rekrutieren. Ich habe den Captain dieses Teams geholt – ohne einen Cent zu bezahlen.» Gleich platzt CC vor Stolz über diesen Coup. Jetzt mal ernst: ZWÖLF findet zu Recht.
«Michael Owen wäre eigentlich auch gern zu uns gekommen.» Dann wäre CC geplatzt, wetten? CC in «Teletop Matin».
«Das Retuschieren ist einfach ein Gestaltungselement.» Wer so manchen Trainer wegretuschiert hat, weiss, wovon er spricht. CCs Erklärung in «Le Matin», weshalb bei den Mannschaftsfotos des FC Sion die historischen Schlösser im Hintergrund mit Photoshop entfernt wurden.
«In der letzten Saison verlor ich zu viele Heimspiele.» Weil er vorne keine Tore schoss und hinten zu viele erhielt. Das Ding mit der Ich-AG. CC nochmals in der WOZ.
«Ich sortiere meine Abfälle: Papier, Plastik, Kompost, Glas. Es gibt Recycling-Zentren, und wenn man gut organisiert ist, ist es kein Problem, seine Sachen dort zu entsorgen. Die Menschen müssen an ihren ökologischen Fussabdruck denken. Ich glaube nicht an einen Röstigraben, was Abfall angeht. Die Deutschschweizer sind einfach besser informiert.» Mit Heiko Vogel auch schon mal über Ghüdergebühren geplaudert? Vielleicht hat es tatsächlich was mit dem Röstigraben zu tun, dass wir nicht ganz verstehen, weshalb «24 heures» zu diesem Thema CC befragte.
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«www.ccsion.ch» War auch höchste Zeit, sich diese Adresse zu sichern. Zu finden darauf: alle News, alle Termine, alle Infos über CC... den Curling Club Sion.
wie gesagt, äh . . . «Zwei Wörter, die mit ‹Sch…› anfangen.» David Degen in der «Basellandschaftlichen Zeitung» auf die Frage, was er auf der Ersatzbank gedacht habe, als der Schiri im Spiel gegen Molde auf Penalty entschied. Gleiches Spiel, ähnlich klare Ausdrücke. Molde-Trainer Solskjærs Reaktion auf die Theatralik von Dragovic nach der vermeintlichen Tätlichkeit gegen diesen: «Wenn mein Sohn sich mit 1,90 Meter so fallen lassen würde, brauchte er nicht mehr nach Hause zu kommen. Dragovic sollte sich schämen.»
Gar nicht schämen muss sich Murat Yakin. Er ist schliesslich das Original. «Während der EM habe ich viele SMS erhalten. Man sagte mir, Spaniens Nationaltrainer Vicente Del Bosque habe mich kopiert.» Bei Davide Chiumientos Alter würde auch kopieren nichts helfen. Nüchtern hielt er fest: «Auch wenn ich aussehe wie 20, ich bin schon 27 und werde bald alt.» Apropos alt beziehungsweise eben jung. Die Schweizer Jungspunde in Deutschland sorgen für einigen Gesprächsstoff. «Es gibt auch viele hundertprozentige Schweizer, welche die Nationalhymne nicht singen können. Ich finde sie einfach schwer zu lernen. Aber ganz klar: Ich will und werde sie lernen. Ich bin einfach noch nicht dazu gekommen. Aber es ist mittelfristig ein klares Ziel.» Gladbach-Akteur Granit Xhaka über seine nächsten Ambitionen und auf die Frage, warum er bei der Vorstellung die albanische Nationalhymne gesungen habe. Bei der Borussia müssen neue Spieler zur Einführung vor versammelter Mannschaft ein Lied singen.
Nicht ums Singen, sondern ums Kochen gings im Fachmagazin «Annabelle», das den anderen Jungspund in Deutschland besuchte, Xherdan Shaqiri. Dabei prahlte Xherdan mit seinen Kochkünsten. Der Beweis: Er habe zu Hause den «Tiptopf». Tipptopp übrigens auch das Interview mit Shaqiri, das Goal.com führte. Und zwar «exklusiv», wie die Macher im Teaser, im Titel und mehrmals im Interview selber erwähnten. Sie kitzelten «exklusiv» Hammer-Quotes aus dem Jungstar. Hier nur die prickelndste Passage: «Die beiden Spiele hier waren sehr gute Tests und somit eine exzellente Vorbereitung, da es für uns wichtig ist, Spiele zu bestreiten.» Wichtig, aber gar nicht so einfach ist es, in Luzern Spiele zu bestreiten. Denn, wie sagt doch Murat Yakin, Meister im Erklären von Kausalzusammenhängen: «Die Fasnachtskultur der Region führt dazu, dass auch im Fussball Spektakel erwartet wird.»
das billeTt Erwarten kann man in England, dass man es mit den britischen Tugenden zu tun bekommt. Am allermeisten freuen sich die Briten selber, wenn andere sich erst mal an diese Tugenden gewöhnen müssen. Als sich Chelsea-Neuverpflichtung Oscar im Olympia-Halbfinale gegen Südkorea nach einem Schubser theatralisch fallen lässt, bemerkt BBC-Kommentator Jonathan Pearce süffisant: «Er ist zweifellos ein toller Spieler, aber dennoch freue ich mich besonders drauf, wie das bei ihm an einem regnerischen Dienstagabend gegen einen Abstiegskandidaten aussieht.» Egal, ob an einem Dienstagabend oder am Wochenende. Rolf Fringer hat das Rezept: «Ich gründe einen Taxiservice, hole jeden einzeln ab und bringe ihm noch ein Sandwich mit.» Der FCZ-Trainer auf die Frage, was er mache, um die Zuschauer in den Letzigrund zurückzuholen. Als weiser Entschluss erwies sich übrigens jener von ExFCZler Dani Gygax, nicht zum Stadtrivalen zu wechseln. Sonst wäre der begeisterte Techno-DJ in eine ziemliche Zwickmühle gekommen. Denn GC-Trainer Uli Forte hält gar nix von der Streetparade: «Geile Katzen in geilen Hosen und Leute, die Ecstasy einwerfen» seinen da, erklärt er seinen Spielern. «Ihr müsst nicht mal hingehen. Wer das aber will, der kann jetzt ins Büro von Sportchef Rapic gehen und seinen Vertrag auflösen.» Eine Faustregel für Mediziner in Ausbildung schuf der Teleclub-Kommentator, nachdem die blutende Nase von FCZ-Mann Loris Benito im Spiel gegen YB mit einem tamponähnlichen Utensil gestopft wurde: «Zuerst oweh, dann o.b.»
Das Schlusswort hat, Ehre wem Ehre gebührt, Bellinzona-Trainer Raimondo Ponte: «Ich weiss gar nicht, ob er über sich oder über mich hässig ist.» Wer weiss das schon jeweils bei Hakan Yakin.
FC Basel – Feyenoord Rotterdam 1:2 Stadion Hardturm, Zürich 26. Oktober 2000 Text: Pascal Claude Der Hardturm war das gastfreundlichste Stadion der Schweiz: Alle fanden hier Unterschlupf, aus allen möglichen Gründen. So auch der FCB, der im Herbst 2000 darauf wartete, dass sein neues Joggeli endlich fertig würde und währenddessen grösste Mühe hatte, mit Feyenoord fertig zu werden. Ebenfalls grösste Mühe, aber eher logistischer Art, hatten die Einsatzleiter diverser Schweizer Polizeieinheiten, weil am selben Abend in Lausanne Ajax Amsterdam zu Gast war. Und so kam Basel, wo man aufgrund der Reiserouten am ehesten ein Aufeinandertreffen der verfeindeten holländischen Fan-Lager befürchtete, doch noch zu seinem Fussballabend – wenn man in diesem Zusammenhang auch lediglich von Sicherheitsfussball sprechen kann. Im Hardturm zu Zürich sahen derweil 9700 Menschen, wie Jean-Michel Tchouga bei unangenehmen äusseren Bedingungen zwischenzeitlich ausglich. Nach einer weiteren Niederlage im Rückspiel war die Europareise des FCB dann beendet. Vorerst!
Die Tabelle der Super League.
ZWÖLF präsentiert den Tabellenstand
Rang
Klub
Ø Punkte
Standardabweichung
1. 2.
FC Basel Servette*
75.6 46.7
4.64 6.11
3.
FC Sion**
49.7
8.29
4.
FC St.Gallen
41.6
8.99
5.
FC Luzern
45.3
10.03
6.
Young Boys
63.3
10.11
7.
FC Thun
44.9
10.53
8. 9. –
Grasshoppers FC Zürich Lausanne***
48.0 60.4 30.0
11.00 15.40 –
Diesmal: Die konstantesten Vereine der Super League seit 2003. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt: Das kennen die FCZ-Fans am besten. Ihr Verein ist der unkonstanteste der ganzen Liga. Die geringste Standardabweichung – auf hohem Niveau – findet man beim FCB.
* Halbsaison 04/05 bis Konkurs doppelt gewertet / ** Ohne Punktabzüge von 11/12 / *** Erst eine SL-Saison
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Rubrik
Die Liste
Verpatzte Saisonstarts Kalte Duschen im Sommer können auch nerven. Ein Blick zurück auf epochale Fehlstarts.
FC Basel 2001/02
Die «Basler Zeitung» kriegte sich kaum mehr ein. 1:8 hatte ihr FCB zu Beginn der Saison 2001/02 beim Abstiegsrundenkandidaten Sion verloren – für die BAZ «ein einziges Desaster» und «gigantisches Debakel». Besorgt fragte sie Trainer Christian Gross, ob er noch im richtigen Beruf sei. Spötter behaupteten, am schlimmsten sei es für den zuvor geschassten Sportchef Erich Vogel gewesen. Der habe vor lauter Schadenfreude kein Auge zugetan. Zuletzt jedoch konnten Präsident René C. Jäggi und Mäzenin Gigi Oeri das Double feiern.
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FC Zürich 1995/96
Einen noch schlimmeren Saisonauftakt als der FCB hatte
1962 der FCZ erlitten. 1:9 war er in Lausanne untergegangen – und danach trotzdem Meister geworden. Eine solche Wende blieb 1995 Illusion. Ausgerechnet im Hinblick aufs 100-jährige Bestehen hatte sich der Verein ein neues Logo in Löwenkopf-Form verpasst. Ein kapitaler Fehler: Unter dem Motto «Löwengebrüll im Letzigrund» brachte der FCZ nur gerade ein Wimmern zustande.
Nach sieben Spielen und sechs Niederlagen war der neuerliche Gang in die Auf-/Abstiegsrunde vorprogrammiert, auf den Slogan wurde ab Oktober verzichtet. Wenigstens hielt der Klub dort die Klasse und gewann erst noch das Jubiläumsturnier gegen Juventus Turin.
FCSG 2007/08
Die Meisterschaft hatte noch nicht begonnen, da war sie für den FC St. Gallen schon gelaufen. Das 0:3 zu Hause gegen die unbekannten Moldawier aus Chisinau bedeutete das frühe Aus im UI-Cup: ein Paukenschlag, von dem sich der Klub nicht mehr erholen sollte. Als er nach zwölf Runden das Tabellenende zierte, wurde Rolf Fringer entlassen. Böse Zungen
hatten seine Trainingseinheiten als «Bewegungsübungen für Rheumapatienten» bezeichnet. Nachfolger Krassimir Balakov dagegen trieb seine Spieler in magathscher Manier durch die Wälder, aber auch in den Abstieg. Hatte er bei seiner Anstellung noch kühn behauptet, «kein Verlierer» zu sein, wurde er nach der Barrage gegen Bellinzona eines Besseren belehrt. So endete die Saison, wie sie angefangen hatte: mit einer Heimniederlage – und das im Abschiedsspiel vom Espenmoos.
Verein nach fünf Spielen immer noch Letzter war, trennte er sich von Übungsleiter Ciriaco Sforza. Auf ihn folgte Roberto Morinini. Doch der Tessiner, der dieses Jahr einem Krebsleiden erlegen ist, entpuppte sich nicht nur wegen der Sprachbarriere als grosses Missverständnis. Seine Bilanz: ein Punkt aus sechs Partien. Nun war die Reihe am dritten FCL-Coach innerhalb von drei Monaten… Rolf Fringer. Ihm gelang die Wende: erster Sieg im 13. Spiel und Ligaerhalt via Barrage.
Xamax 2011/12
FC Baden 1985/86
Allen wohl noch in schmerzhafter Erinnerung: Mit Tschagajew kam nicht nur die tschetschenische Folklore, sondern auch Arizmendi, Uche, Sánchez, Seferovic, Bailly, Carlão und viele mehr, das Ziel hiess: Basel fordern. Nach 5 Runden hatte Xamax schon zwei Trainer verheizt, aber noch immer kein Tor erzielt und fand sich mit der roten Laterne wieder. Tschagajew wusste dennoch: «Ende Saison ist Xamax Meister!». Nun ja: Fast.
FC Luzern 2008/09
2008 herrschten in Luzern nicht gerade Verhältnisse wie 2011 bei Bulat Tschagajews Xamax, das beinahe nach jeder Runde Personalrochaden vorzunehmen pflegte. Die Fluktuation auf der FCL-Bank kann sich aber trotzdem sehen lassen. Als der
Länger als der FC Luzern musste sich der FC Baden gedulden. 1985 holte er erst in seiner 14. Partie den ersten Sieg, dafür gleich gegen den späteren Meister YB. Am ernüchternden Saisonverlauf änderte dies nichts. Die Aargauer beendeten ihr bis heute einziges Gastspiel in der höchsten Liga als Schlusslicht, mit acht Punkten. Ihr Trost: La Chauxde-Fonds brachte es ein Jahr später unter Bernard Challandes gerade einmal auf sechs Zähler (siehe ZWÖLF-Nummer 16).
GC 1992/93
Oldrich Svab muss es wie ein böser Traum vorgekommen sein: 1985 hatte er als Trainer des FC Baden das oben beschriebene Trauma mit verantwortet. Und dann wiederholten sich die Ereignisse 1992 bei den Grashop-
Rubrik
dem er in seinen ersten Trainings erst Cabanas, dann Gamboa niedergetreten hatte – verzog in der Nachspielzeit um Millimeter, und der Traum von den Millionen platzte. Für GC begann die Talfahrt damit erst richtig: 5 Niederlagen in Folge, und Nuñez vermeldete: «Unter Koller spiele ich nie mehr!» Musste er dann auch nicht, Koller gab kurz darauf auf. Nach 12 Runden hatten sich die Hoppers schon einen Rückstand von 26 Punkten auf Basel eingehandelt.
pers. Für das Starensemble um Bickel, Sutter, Sforza und Elber kam nur der Titel infrage. Nach sieben Runden allerdings fand es sich auf dem zweitletzten Platz wieder. Der biedere Svab wurde durch den illustren Leo Beenhakker ersetzt. Prompt brachte der Holländer Besserung, GC aber nicht in die Finalrunde. Immerhin: Die Ligazugehörigkeit schaffte er locker.
GC 2003/04
Im Frühsommer 2003 konnte Marcel Koller dank Richard Nuñez mit GC den Titel feiern, doch schon bald nach dem Start der neuen Saison stand der Mann an der Linie unter Beschuss – mit bloss 4 Punkten aus 5 Spielen. Dennoch hätte man alles vergessen machen können, wenn man das 1:0 aus dem Hinspiel des ChampionsLeague-Qualifikation gegen AEK Athen über die Runden gebracht hätte. Doch der Nigerianer Alfred – vom «Blick» nur «Rüpel-Alfred» genannt, nach-
Das Fundstück
FC Luzern 2005/06
2003 war der FCL eine Klasse tiefer gefallen, vom angekündigten sofortigen Wiederaufstieg war man ein ganzes Stück entfernt. Eine Saison darauf klappte es wieder deutlich nicht, und mehrere Leistungsträger verliessen den Verein. Neu machte man am Pilatus auf Understatement: Das Ziel hiess nicht mehr Aufstieg, sondern die Erfüllung des neuen Dreijahresplans. «Diese Saison werden wir kaum an
der Spitze mitspielen können. Allerdings müssen wir nach hinten aufpassen, sonst ist man schnell im Zeugs drin», prophezeite Assistenztrainer Stephan Lehmann. Und tatsächlich war
der FCL bald «im Zeugs»: Nach 3 Spielen hatte er noch immer 0 Punkte auf dem Konto. So viel Bescheidenheit hätte dann doch niemand erwartet. Die «Neue Luzerner Zeitung» zweifelte daran, ob die Spieler Trainer van Eck überhaupt verstünden. Anscheinend ja: Der FCL verlor bis zum Saisonende kein Spiel mehr und stieg souverän in die Super League auf.
YB 1999/2000
Wieder einmal mussten die Young Boys in der NLB starten. Es passte zur chaotischen Zeit
bei den Bernern. Maraggia war der 8. Präsident in den letzten 3 Jahren, Martin Weber der 6. Trainer. Das Saisonziel hiess freilich: sofort zurück in die NLA. Zu den argen finanziellen Nöten gesellten sich auch bald sportliche. Selbst gegen Winzlinge wie Solothurn, Baden oder Kriens fuhr YB Heimniederlagen ein, nach der Hinrunde standen erst zwei Siege auf dem Konto. Fast wöchentlich wurden neue Tiefpunkte vermeldet. «Beschämend», «unterirdisch» oder «peinlich» nannte die «Berner Zeitung» die Leistungen des überteuerten Kaders (Lohnsumme: 150 000 Fr. im Monat). Nach dem drittletzten (!) Platz in der Qualifikationsrunde musste Marco Schällibaum – der 5. Trainer der Spielzeit – das Team in der Abstiegsrunde vor dem Fall in die 1. Liga bewahren. Ihm zur Seite wurde Sportchef Fredy Bickel gestellt, zusammen durften sie drei Runden vor Schluss die einzige positive Schlagzeile der ganzen Saison lesen: «YB: Ligaerhalt geschafft».
Text: Gregory Germond www.sportantiquariat.ch
Liebe Freunde des raren Sportstücks Heute: Lugano-Matchprogramm Es ist Ferienzeit, es herrscht Totenstille im Sportantiquariat, für Abwechslung sorgen lediglich dicke brummende Schmeissfliegen und... E-Mails aus Osteuropa! Kein Monat vergeht, ohne dass sich einer meldet, und immer wollen sie tauschen, die Rumänen, Bulgaren, Polen, Ukrainer und die Russen. Diesmal war es ein Vitaly, hier sein aufregender Text: My name is Vitaly, I am collector from Ukraine. I search in Switzerland next programmes: Basel - Shakhtar 1996/97 intertoto cup, Servett - Shakhtar
1983, Zurich - Shakhtar 1998, Lugano - Shakhtar 2001. I have in exchange: Spartak Luzern 1986, Spartak - Zurich 2007, CSKA - Losanne 2010 Can you help me? Vitaly Wie seltsam: Er sucht ukrainische Programme und bietet nur Moskauer Programme zum Tausch. Na logo, das grosse Geschäft lockt; unterdessen gibt es auch in diesen beiden Ländern Sammler, die bereit sind, stattliche Summen für UEFA-CupAuswärtsprogramme zu zahlen! Nun, ich hab dem Vitaly hämisch
zurückgeschrieben, ich hätte bereits das Heimprogramm von Shakhtar D. vs. FC Lugano von 2001! Das war auch die Steilvorlage zu unserem Fundstück und soll all jene, die in entlegene Destinationen mit ihren Klubs zur ELund CL-Qualifikation reisen, dazu animieren, unbedingt ein oder mehrere Matchprogramme mitzunehmen, denn die sind zum Teil proppenvoll mit Fehlern... Da lässt sich noch Jahre später eine Träne vor Lachen vergiessen. Bei diesem Beispiel konnte sich 2001 Rinat Achmetov (der Mann auf dem Foto), milliardenschwerer Mogul von Donezk, offenbar
noch keinen Englisch-Übersetzer leisten: «We wish you exciting and fire play!» Es ist übrigens der einzige Satz in lateinischer Schrift im ganzen Programm! Wusste ichs doch – Feuer frei!
Rubrik
Die Auswärtsfahrt
MAS Fès Horoya AC
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CAF Champions League, 1. Runde. 8.4.2012 Complexe sportif de Fès, 18 000 Zuschauer Text & Bilder: Marcel Gray
Haschisch statt Bratwurst
Auf meiner Reise durch das wunderschöne Marokko wollte ich natürlich nicht auf den obligaten Stadionbesuch verzichten. Meine Recherchen – vor allem via «L’Equipe» – ergaben, das Maghreb Association Sportive de Fès (kurz: MAS) gegen WAC Casablanca anzutreten hatte. Bereits am Vortag des Spiels sah ich in Fès Jung und Alt in MAS-Fanklamotten gehüllt – eine erfreuliche Abwechslung zu den anderen marokkanischen Städten, in denen fast nur Barça- und Real-Trikots zu sehen waren. Deshalb befürchtete ich schon, das Spiel könnte allenfalls vorverlegt worden sein. In der Hotellobby versicherten mir aber lokale und französische Sportjournalisten, dass die Partie wirklich erst morgen anstehe, allerdings sei es kein Ligaspiel, sondern der Gegner hiesse Horoya AC aus Conakry (Guinea), und es sei ein Spieltag der afrikanischen Champions League. Nun gut, Hauptsache Fussball. Eine gut 30-minütige Taxifahrt quer durch Fès brachte mich am darauffolgenden Tag überpünktlich zum Stadion Complexe sportif de Fès. Von aussen betrachtet ist das Stadion ziemlich eindrücklich, auf das Innere wird allerdings weniger Wert gelegt. Obwohl das Stadion (Gesamtkapazität 45 000, reines Sitzplatzstadion) noch keine zehn Jahre alt ist, befindet es sich bereits in einem ziemlich schlechten Zustand. An der Kasse verlangen sie 30 marokkanische Dirham (ca. CHF 3.–) für einen Sitzplatz auf der Gegentribüne – ein wahres Schnäppchen für die Champions League. Allerdings nur für uns Europäer und längst nicht für alle Marokkaner. Das Rund war denn auch nur zu gut einem Drittel gefüllt, zudem versuchten viele Fans, ohne Ticket ins Stadion zu kommen, was einigen auch
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gelang. Die meisten scheiterten aber und wurden von der Gendarmerie äusserst unzimperlich mit Knüppeln davongejagt. Als ich auf der Tribüne sass, kroch mir derweil je länger, je mehr ein bekannter Geruch in die Nase. Um mich herum wurden eifrig lokale Köstlichkeiten aus dem Rif-Gebirge konsumiert, Marokko ist schliesslich der weltgrösste Exporteur von Haschisch. Den unzähligen Polizisten, die überall herumstanden, schien das völlig egal zu sein. Die drakonischen Drogengesetze – Marokko ist ja ein islamisches Land – fanden für einmal keine Anwendung. Auch auf dem Platz herrschten klare Verhältnisse: Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten dominierte MAS die Gäste aus Guinea zur grossen Enttäuschung von deren circa 20 mitgereisten Fans und siegte hoch verdient mit 3:0. Das reichte nach dem Remis im Hinspiel zum Weiterkommen. Die «Fatal Tigers», die grösste und am besten organisierte UltraGruppierung in Marokko, fielen durch lauten und vor allem abwechslungsreichen Support auf, der häufig auch Haupt- und Gegentribüne mit einbezog. Selbst einige Pyro-Aktionen waren dabei. So einige Kurven in unseren Breitengraden könnten sich an den MAS-Fans in Sachen Diversität der Fangesänge ein Beispiel nehmen. Der Versuch, ein Trikot von MAS zu sichern, scheiterte indes kläglich. Einen Fanshop oder Ähnliches gibt es leider schlichtweg nicht. Trotzdem: Marokko, der dortige Fussball und speziell die MAS kann ich jedem nur wärmstens empfehlen! Groundhoppingtechnisch war das definitiv etwas vom Interessantesten, was ich jemals gemacht habe.
(bwin inserat)
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Rubrik
turniersinn
Heute: Amerika
Punkteflut in den USA Der weltweite Fernseherfolg der WM 1966 in England rief in den USA findige Unternehmer auf den Plan, die den Fussball ebenso clever vermarkten wollten. Zu der bereits entstehenden American Soccer League (ASL) im Nordosten der Staaten kam 1967 die landesweite National Professional Soccer League (NPSL) hinzu. Um den Zuschauern Offensivspektakel und Torfluten zu bieten, wurde ein neues Punktesystem eingeführt: 6 Punkte für einen Sieg, 3 für ein Unentschieden, 0 für eine Niederlage, dazu einen Bonuspunkt für jedes erzielte Tor, maximal aber deren 3. Diese Regel führte jedoch dazu, dass einem Team nach einer 1:0-Führung bereits stolze 7 Punkte winkten, worauf umgehend die Schotten dichtgemacht wurden, um diese nicht wegen eines Bonuspunkts noch aufs Spiel zu setzen. Für eine Mannschaft mit bereits drei erzielten Toren gab es zudem keinen Anreiz, weiterhin nach vorne zu spielen. Weitere Kritik musste die NPSL einstecken, nachdem bekannt geworden war, dass in der Partie zwischen den Toronto Falcons und den Pittsburgh Phantoms 11 der 21 Pfiffe von Schiedsrichter Peter Rhodes im Auftrag des Fernsehsenders CBS erfolgt waren, der damit Zeit für Werbeunterbre-
Der Cartoon Von: Konrad Beck, Christian Wipfli www.konradbeck.ch
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chungen gewonnen hatte. Darüber hinaus hatte der Referee die Spieler dazu angehalten, aus dem gleichen Grund dann und wann Verletzungen vorzutäuschen. Die NPSL ging nach nur einer Saison in der North American Soccer League (NASL) auf, die ebenso wie die ASL auch die absurde Punkteregelung übernahm – teilweise in leicht modifizierter Form. In der letzten Saison der NASL gab es 6 Punkte für einen Sieg, 0 für eine Niederlage, bis zu drei Bonuspunkte für erzielte Tore sowie 4 Punkte für einen Sieg nach Shoot-out, bei dem im Falle eines Unentschiedens je 5 Spieler von der 35-Meter-Offside-Linie auf den Torwart zustürmen und innerhalb von 5 Sekunden abschliessen mussten. Damit erreichten die New York Cosmos 1979 die stolze Bilanz von 216 Punkten aus 30 Spielen. Forfait-Könige aus Haiti Die Erfolge von Vereinsmannschaften aus Haiti nehmen sich eher bescheiden aus. Immerhin gab es bereits zwei Titel im Champions Cup der CONCACAF-Zone, wenn auch beide etwas ungewöhnlich zustande kamen. 1963 schaffte es Racing Club Haïtien dank Siegen über einen Verein aus den Niederländischen Antillen und einen aus Guatemala sowie einem Freilos in Runde 3 ins
Finale gegen CD Guadalajara. Das Finale musste indes drei Mal verschoben werden, weil die haitianischen Spieler von der Diktatur von «Papa Doc» Duvalier keine Pässe ausgestellt bekamen. So erklärte der CONCACAF die Mexikaner zum Sieger, nach einem Protest von Racing Club ordnete sie dann doch an, dass das Spiel innert zweiter Monate nachgeholt werden müsse. Weil Guadalajara aber gerade auf Europa-Tournee war, wurde der Titel eben den Haitianern zugesprochen. 1984 schaffte es dann auch Violette A.C. als Gewinner der Karibik-Zone ins Endspiel. Diese geografische Unterteilung wurde stark kritisiert, denn während im Norden die starken Mexikaner, die US-Amerikaner, Guatemala und Honduras gegeneinander antraten, kamen die Gegner im Süden aus Französisch Guyana, Guadeloupe und Martinique. Aber auch dieses Endspiel wurde nicht ausgetragen, weil sich die Halbfinalisten der Nord-/Zentralamerika-Zone – die New York Pancyprian-Freedoms und wiederum der CD Guadalajara – nicht auf einen Austragungstermin einigen konnten. Violette A.C. wurde daher kampflos zum Gewinner erklärt.
beni thurnheer
Das grosse TV-Fussball-Bingo So wird Fussball am Fernsehen noch schöner, noch spannender, noch reizvoller! Es geht doch allen so: Man schaut sich am Fernsehen ein Fussballspiel an und stöhnt auf, wenn der Kommentator wieder einmal eine unglaubliche Floskel von sich gibt. Bei den Experten in der Pause ist es auch nicht besser. Und erst die Trainer und die Spieler bei den Interviews... Aus Frust wird Lust dank unserem Fussball-Bingo! So gehts: Jeder Mitspieler erstellt eine Liste mit 16 gängigen Floskeln und nummeriert diese von 1 bis 16. Jedes Mal, wenn der Kommentator/Experte/Trainer/Spieler einen dieser Sätze wörtlich von sich gibt (Wörter in Klammern sind Beispiele, die also nicht wörtlich zu nehmen sind), kann das betreffende Feld angekreuzt werden. Wer als Erster eine Vierereihe beisammenhat (waagrecht, senkrecht oder diagonal), ist der grosse Triumphator und darf sich vor seinen Freunden in Balotelli-Siegerpose werfen. Wer zu faul ist, um selber Phrasen zusammenzustellen, für den haben wir schon mal vorgerdrescht: Aus den Beispielen in diesen drei Listen kann sich jeder die vielversprechendsten Floskeln aussuchen. Natürlich werden die absoluten TVFussball-Bingo-Profis sich vorher informieren, wer denn nun das Spiel kommentiert, wer die beiden Trainer sind und wer wohl als Spieler interviewt werden könnte. Man kennt ja seine Pappenheimer. Viel Spass!
FUSSBALL-KOMMENTATOREN-BINGO 1 Das grenzt an Arbeitsverweigerung 2 Die Stimmung im Team ist ausgezeichnet
3 Ein Tor im psychologisch ungünstigen Moment 4 Ein unnötiger Ballverlust 5 Torchancen sind Mangelware 6 Das war beste Werbung für den (Schweizer) Fussball 7. ... hätten vor dem Spiel für dieses Resultat unterschrieben 8 Der Schiedsricher ist auch nur ein Mensch 9 Chancen im Minutentakt 10 Freistoss: Eine Distanz für ... (Frei, Ronaldo, Shaqiri) 11 Die Reaktion erfolgte postwendend 12 ... der mit (Real/Bayern/Manchester) in Verbindung gebracht wird 13 ... der mit einem Transfer ins Ausland liebäugelt 14 Die Gardinenpredigt zeigte Wirkung 15 Verlieren verboten 16 Das ist nur noch Resultatkosmetik
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FUSSBALL-EXPERTEN-BINGO 1 Es fehlt das kreative Element 2 Jetzt müssen sie Gas geben 3 Der Trainer hat die Mannschaft optimal eingestellt 4 Die kochen auch nur mit Wasser 5 Es fehlt an den Automatismen 6 Die einen können nicht, die anderen wollen nicht 7 In dieser Form ein Kandidat für die Nationalmannschaft
8 Ein Sieg ist Pflicht 9 Der Cup kennt seine eigenen Gesetze 10 Ein Versprechen für die Zukunft 11 ... macht Werbung in eigener Sache 12 Sie müssten mehr über aussen spielen 13 Es fehlt die Kaltblütigkeit im Abschluss 14 Schiesst du keins, kriegst du eins 15 Müsste mehr Verantwortung übernehmen 16 Mit Geld kann man keinen Meistertitel kaufen FUSSBALLSPIELER-UNDTRAINER-BINGO 1 Wir konnten die Leistung nicht abrufen 2 Wir müssen diese individuellen Fehler abstellen 3 Wir dürfen den Gegner nicht unterschätzen 4 Ich will den Schiedsrichter nicht kritisieren, aber ... 5 Ich bin stolz auf diese Mannschaft 6 Wir müssen über den Kampf zum Spiel finden 7 Ich kann meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen 8 Wir wollen ihm keine Steine in den Weg legen 9 Der Star ist die Mannschaft 10 Nicht meine Tore sind wichtig, sondern die Mannschaft 11 So ist Fussball 12 Wir haben Charakter gezeigt 13 Wir müssen im Training weiterhin hart an uns arbeiten 14 Auch wir Schweizer können Fussball spielen 15 Wir konzentrieren uns nun voll auf (die WM 2024) 16 Wir konnten die Vorgaben des Trainers nicht umsetzen
Passivdienst
Hach, wie sich die Zeiten ändern! Aus diesem Foto während eines Trainingsspiels der Schweizer Nati im November 1939 im Berner Wankdorf lernen wir: Früher hat man im Militär doch noch Sinnvolles gemacht. Und Suchtprävention war irgendwie noch nicht so ein grosses Thema.
Schweizerreise
Text: Claudio Spescha Bilder: Stefan Bohrer; Litho: www.fine-tuned.ch
Zur체ck auf Start
Acht Monate nach dem Konkurs glaubt man am Neuenburgersee wieder an eine fussballerische Zukunft. Dabei setzt man auf heimisches Schaffen und regionale Solidarit채t. Auf und neben dem Platz. Wie fr체her. Und doch wird es wohl nie mehr so sein, wie es einmal war.
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o liegt denn eigentlich dieses Xamax», soll Günter Netzer gesagt haben, nachdem er 1976 von Real Madrid zu den Grasshoppers gewechselt hatte. «Als wir 1982 im UEFA-Cup-Viertelfinal auf den Hamburger SV trafen, wo Netzer Manager war, haben wir ihn und seine Mannschaft nach dem Spiel hierher eingeladen, um ihnen zu zeigen, was Xamax ist und was den Verein ausmacht – wie wir das auch mit allen anderen ausländischen Gegnern gemacht haben», erzählt Gilbert Facchinetti im grossen unterirdischen Saal auf seinem Anwesen hoch über Saint-Blaise am Neuenburgersee. Wer das Herz des alten, des grossen Xamax finden will, muss hierherkommen. Ringsum an den Wänden hängen Hunderte von Wimpeln, Fotos und Widmungen, zum Beispiel von Pelé oder Franz Beckenbauer – Erinnerungen an die Blütezeit von Neuchâtel Xamax in den Achtzigerjahren, die in den zwei Meistertiteln von 1987 und 1988 und in den glorreichen Europacup-Heimsiegen gegen Real Madrid und Bayern München gipfelte. Eine charmante private «Hall of Fame» im Dekor der Siebzigerjahre, Zeugnis vom Herzblut, mit dem Facchinetti den Verein über Jahrzehnte geleitet hat. Der Grossteil der Geschichte (ab 1940) ist akribisch dokumentiert in 82 dicken Büchern. Dieses Material und andere Objekte aus der privaten Sammlung von Gilbert Facchinetti werden auch für die grosse Ausstellung verwendet, die im September im Musée d’art et d’histoire von Neuenburg zum 100-jährigen Vereinsbestehen eröffnet wird. «Ich nenne es die Höhle von Neuchâtel Xamax – ein mythischer Ort, einzigartig, nicht nur in der Schweiz.» Facchinettis «Höhle» steht für die besondere, familiäre Ambiance, die Xamax unter der Präsidentschaft des Bauunternehmers und Patrons alter Schule auszeichnete. Während fast vierzig Jahren – bis zum Bezug des neuen Stadions 2007 – wurde die Mannschaft hier immer am Spieltag zur Matchvorbereitung eingeladen und von Facchinettis Ehefrau Vally bekocht. Es fehlte an nichts: Neben dem grossen Saal liess «Monsieur Xamax» eine Bar samt Stammtisch einbauen, und im Erdgeschoss konnten sich die Spieler zum Schlafen zurückziehen. Auch in der Freizeit waren die Spieler dort immer willkommen. «Die ganze Familie Facchinetti hat für den Verein gelebt», wird uns später Robert Lüthi sagen. Der Patron und die Junioren Gilbert Facchinetti fährt noch heute jeden Tag zur Arbeit in sein Büro nach Neuenburg, und obwohl er die Leitung der Baufirma Facchinetti in den Neunzigerjahren abgegeben hat, kennt er noch immer
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alle Bauarbeiter persönlich und winkt ihnen zu, wenn sie auf den Baumaschinen durch die Strassen von Saint-Blaise fahren. Das Los des Vereins, dessen Geschicke er über 40 Jahre geleitet und den er als Mäzen grosszügig unterstützt hat, hat dem 76-Jährigen das Herz gebrochen. «Der Konkurs hat alles zerstört, was wir aufgebaut haben. Alles, alles, alles. Und wir konnten nichts dagegen tun. Ich kann nachts immer noch nicht schlafen.» Doch Gilbert Facchinetti würde Xamax nie im Stich lassen. Seine grösste Sorge gilt nun aber nicht mehr der ersten Mannschaft, sondern den 180 Junioren. Bereits im Februar, nur ein paar Wochen nach dem Konkurs, hat er zusammen mit Gleichgesinnten eine Stiftung gegründet, die seinen Namen trägt und sowohl von der Stadt und dem Kanton Neuenburg als auch von glaubwürdigen Partnern aus der regionalen Wirtschaft und der Swiss Football League unterstützt wird. Eine Million Franken beträgt das Budget für die nächste Saison; das Ziel ist, eine professionelle Juniorenabteilung zu erhalten – und zwar auf Super-League-Niveau, wie bisher. Ohne eine breite Mobilisierung in der ganzen Region wäre die Juniorenbewegung nicht zu retten gewesen. Auf Facchinettis Wunsch hat eine jüngere Identifikationsfigur das Präsidium der «Fondation Gilbert Facchinetti» übernommen: der ehemalige Xamax-Goalgetter und Nationalspieler Alexandre Rey. Die sportliche Verantwortung für den gesamten Juniorenbereich trägt der Rumäne Adrian Ursea, ehemaliger Spieler und Trainer von Servette. Ursea war bis im vergangenen Sommer schon Nachwuchs-Chef gewesen, hatte den Verein aber kurz nach dem Amtsantritt Tschagajews verlassen. Die Stiftung ist autonom. Die Juniorenbewegung soll nicht betroffen sein, falls die Gesellschaft, die die Geschicke der ersten Mannschaft lenkt, eines Tages wieder in Konkurs gehen sollte. Anfang
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Juli wurde zudem eine Partnerschaft mit dem Challenge-League-Verein FC Biel vereinbart. Inskünftig werden die besten Junioren der beiden Vereine ein gemeinsames U17- und U18-Team bilden. Ziel: Challenge League Gänzlich vertrieben sind sie noch nicht, die Geister Bulat Tschagajews: In den Gängen des Stade de la Maladière prangt da und dort immer noch das alte Vereinslogo, das vor einem Jahr mit einem reichlich skurril anmutenden Lorbeerkranz aufgepeppt wurde – auf Wunsch des tschetschenischen Ex-Präsidenten, der in acht Monaten 35 Millionen Franken Schulden angehäuft haben soll. Im Pressesaal des 200-Millionen-FrankenStadions mitten in Neuenburg empfängt uns der Präsident des neu gegründeten Vereins, der nun Neuchâtel Xamax 1912 heisst. Christian Binggeli ist 59-jährig und Mitinhaber zweier DentaltechnikUnternehmen in der Westschweiz mit zwölf Angestellten. Binggeli – schweizerischer könnte der Mann, der den Verein aus den tschetschenischen Ruinen wieder aufbauen will, kaum heissen. Der langjährige Xamax-Fan – der von sich sagt, er sei ein Fussball-Ignorant gewesen, habe aber in kurzer Zeit enorm viel gelernt – sieht sich nicht als Mäzen: «Ich könnte mich nie wie Sylvio Bernasconi oder Christian Constantin einbringen. Ich kann meine kleinen Unternehmen nicht in Gefahr bringen und habe auch nicht die finanziellen Mittel, um einen SuperLeague-Klub zu alimentieren, wohl nicht einmal einen 1.-Liga-Klub.» Mit 150 000 Franken hat sich Binggeli an der neuen AG beteiligt. Sein Ziel ist es, Leute aus der Region zusammenzubringen, die Xamax verbunden sind und dasselbe tun wollen, um den Verein so «der Region zurückzugeben». Von fremden Vögten hat man in Neuenburg augenscheinlich genug. Im neuen Vorstand befinden sich ausschliess-
lich Personen aus der Region, darunter drei Frauen. «Stein um Stein» heisst das Motto, mit dem der Verein von Grund auf neu aufgebaut wird. Dazu gehört eine Spenderaktion für die Fans der ersten Stunde: Mit mindestens 10 Franken kann jeder einen virtuellen Baustein erwerben und seinen Beitrag leisten. Über 210 000 Franken sind bisher zusammengekommen, von 1700 Käufern aus der ganzen Schweiz und dem Ausland. Ende April wurde Xamax in die 2. Liga interregional zwangsrelegiert, wo in der vergangenen Saison die U21-Mannschaft spielte. Diese stellt nun den Stamm der ersten Mannschaft. Die Gegner heissen nicht mehr Basel, Sion oder FCZ, sondern Wacker Grenchen, Bassecourt oder Allschwil. Binggeli hegt ein ehrgeiziges Ziel: Er will Xamax 1912 innerhalb von vier, fünf Jahren in die Challenge League bringen, von der fünfthöchsten in die zweithöchste Division. «Mit der jetzigen Mannschaft sollte man in die 1. Liga Promotion aufsteigen können», ist Binggeli überzeugt. «Nachher wird es schwierig. Wenn wir es in die Challenge League schaffen sollten, wäre das schon etwas Grossartiges. Ich denke nicht, dass sich die Region heute einen Super-LeagueVerein leisten könnte. Dazu ist die Stimmung in der Wirtschaft zu pessimistisch.» Für 2.-Liga-Verhältnisse ist Xamax jedenfalls ein Riese: mit einem respektablen Budget von gegen 700 000 Franken, einem Trainer, der zu 80 Prozent angestellt ist, und einem Staff mit Assistenztainer, Goalietrainer, Konditionstrainer und Masseur – und mit einer Mannschaft, die sechsmal pro Woche trainiert. Eine junge Mannschaft mit Spielern aus der Region, punktuell verstärkt mit zwei erfahrenen Stürmern, die jahrelang in der Challenge League gespielt haben: Yohan Viola, früher bei Winterthur und Lugano, und Mickaël Rodriguez, ehemals Goalgetter bei Delémont. Binggeli steht unter
Gilbert Facchinetti, «Monsieur Xamax»
Christian Binggeli, Präsident von Neuchâtel Xamax 1912.
Druck: «Wenn wir nächstes Jahr nicht aufsteigen, bin ich nicht mehr glaubwürdig, weil wir ein Budget haben, das schon fast für die dritthöchste Spielklasse genügt. Ich könnte nicht mehr bei denselben Leuten um Unterstützung anfragen, die mir schon Geld gegeben haben. Das macht mir Angst. Die Finanzen werden unser grösstes Problem bleiben.» Für die Mission Aufstieg wollte Christian Binggeli ursprünglich einen bekannten Trainer mit Xamax-Vergangenheit verpflichten. Er dachte zum Beispiel an Gérard Castella, der vor ein paar Jahren das Kunststück fertigbrachte, Lausanne nach dem Zwangsabstieg in die 2. Liga interregional auf direktem Weg in die Challenge League zu führen. Schliesslich gab Binggeli aber einer internen Lösung den Vorzug. Der Mann, der die Neuenburger Spieler wieder nach oben bringen soll, heisst Roberto Cattilaz, ist 38-jährig und trainierte bisher die U21-Mannschaft von Xamax. Für ihn und die Spieler wird sich also nicht viel ändern, Kontinuität ist garantiert. Viel zu diskutieren gab in
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der Romandie Binggelis Aussage, dass die neue Xamax-Führung in sportlichen und Transferfragen bei Bedarf auf den Ratschlag von Thun-Trainer Bernard Challandes zählen könne. So wurde in den Medien bereits gemunkelt, Challandes könnte nächstes Jahr zu Xamax zurückkehren und Catillaz ersetzen. Binggeli fühlt sich missverstanden: «Es wurde viel Lärm um etwas gemacht, was eigentlich selbstverständlich ist. Challandes stammt aus der Region, ist dem Verein verbunden. Da ist es klar, dass er helfen will, wenn man ihn um Rat fragt.» Und was ist mit Gilbert Gress? Wäre der ehemalige Meistertrainer des grossen Xamax, der in Saint-Blaise eine Wohnung besitzt, nicht auch infrage gekommen, um den sportlichen Neuaufbau voranzutreiben? Binggeli antwortet dezidiert: «Ich bewundere Gilbert Gress. Aber mit 70 Jahren kann er nicht mehr für einen Neuanfang stehen. Und ich glaube auch nicht, dass er mit jungen Spielern gut umgehen kann. Ich erinnere mich, wie er jeweils am Spielfeldrand herumschrie wie ein Verrückter. Aber ich glaube auch nicht, dass ihn ein solcher Wiederaufbau interessiert hätte.» Apropos Spielfeldrand: Neuchâtel Xamax 1912 wird alle Heimspiele im Stade de la Maladière austragen, auch in der 2. Liga interregional. Die Stadt Neuenburg als Stadionbesitzerin ist bei der Miete stark entgegengekommen. «Wir bekom-
men super Konditionen», freut sich Präsident Binggeli. «Es gibt keine Probleme mehr zwischen Xamax und der Stadt.» Noch vor ein paar Monaten stritt sich die Stadt mit der alten Xamax-Führung um nicht bezahlte Rechnungen in der Höhe von gegen 200 000 Franken für die Stadionmiete im ersten Halbjahr 2011. Binggeli wünscht sich einen Schnitt von 500 bis 700 Zuschauern pro Heimspiel. «In der Rückrunde mit der U21 hatten wir jeweils etwa 450 Zuschauer. Das sollte also möglich sein.» Alte Helden und die Fusion mit Biel Etwas mehr Zuschauer als das neue Xamax wird wohl der FC Biel anlocken, der seine Heimspiele ab dieser Saison auf der Maladière austrägt, weil sein marodes, fast 100-jähriges Stadion Gurzelen die Normen nicht mehr erfüllt und ein neues Stadion erst noch gebaut werden muss. Der Zufall oder die Ironie will es, dass gleich zwei Xamaxiens aus der grossen Mannschaft der Achtzigerjahre die sportliche Verantwortung für Biels Challenge-League-Team tragen. Beide haben über ihre ganze Nationalliga-A-Karriere Neuchâtel Xamax die Treue gehalten: Biel-Trainer Philippe Perret, 14-facher Nationalspieler, der auf die sagenhafte Zahl von 540 NLA-Spielen zurückblicken kann, die er in 20 Saisons absolviert hat, und sein Assistent Robert Lüthi, 4-facher Internationaler und Rekordtorschütze von Xamax mit 119 Toren in 14 Saisons. Der einstige Biel-Junior Lüthi ist nach seiner Karriere in Neuenburg geblieben, hat später Nachwuchsmannschaften von Xamax trainiert und arbeitet für die Baufirma Facchinetti, heute als Verantwortlicher für den Materialeinkauf. «Man sieht, dass ein grosser Aufwand betrieben wird, um nächstes Jahr in die 1. Liga aufzusteigen», stellt Lüthi fest. Philippe Perret ist dennoch skeptisch, ob Präsident Binggeli seine hochgesteckten Ziele
xamax Bastien Geiger, ehemaliger Xamax-Spieler
erreichen kann: «Wer glaubt, dass Xamax in drei, vier Jahren schon wieder in der Challenge League spielen muss, wird seine Ansprüche herabsetzen müssen. In Biel brauchte man viele Jahre, um endlich in die Challenge League aufzusteigen. Das Wichtigste ist Geduld.» Die Verbindungen zwischen Xamax und dem FC Biel sind eng und zahlreich. Nicht erst seit kurzem. So hat zum Beispiel Gilbert Facchinetti einst für die Bieler gespielt und als langjähriger Saisonkartenbesitzer einen engen Kontakt zu Biel. Im Frühling gab es Gerüchte, wonach gar eine Fusion der beiden Vereine diskutiert werde. Gilbert Facchinetti könnte sich das sehr gut vorstellen: «Warum nicht? Ich sehe da keine Nachteile. Diese Frage beschäftigt mich sehr ernsthaft. Ich denke zwar, dass das ein Projekt für die Zukunft ist. Aber man kann nie wissen. Manchmal kann die Zukunft sehr nahe sein.» Auch für Philippe Perret ist das nicht abwegig: «Möglicherweise ist es ein Wink des Schicksals: Xamax muss wieder aufgebaut werden, Biel hat die Partnerschaft mit YB verloren, arbeitet nun auf Juniorenebene mit Xamax zusammen und trägt seine Heimspiele auf der Maladière aus. Vielleicht sind das alles Puzzleteile, die eines Tages zu einer Fusion führen. Ich werde nicht sagen, dass das nicht möglich ist. Alles ist möglich.» Der neue XamaxPräsident Christian Binggeli wiegelt aber eher ab: «Als ich mit unseren Sponsoren darüber sprach, hatte niemand Lust darauf. Im Moment zumindest. Die nächsten Jahre werden es zeigen. Vielleicht gibt es ja eines Tages einen Verein für die Dreiseenregion. Aber der Name Xamax würde sicher nicht verloren gehen.» Die letzten Mohikaner Verloren gegangen sind aber mittlerweile alle Spieler aus dem letztjährigen Profikader von Xamax. Während sich die ausländischen Spieler sehr rasch in alle
Winde verstreuten, schlossen sich zwei Einheimische für die Rückrunde der U21-Mannschaft von Xamax an: die beiden Verteidiger Bastien Geiger (27) und Mike Gomes (23). Beide Spieler hätte Präsident Binggeli auch gerne beim angestrebten Marsch nach oben dabeigehabt: «Geiger haben wir verschiedene Angebote gemacht, aber er hätte immer nebenher noch arbeiten müssen. Er hat aber seit zehn Jahren nur Fussball gespielt, und ein Profisalär hätte ich ihm nie anbieten können. Und Gomes wäre bei Xamax geblieben, wenn er keinen Verein in der Super League oder im Ausland gefunden hätte.» Auf die angelaufene Saison fand Gomes nun aber bei Servette Unterschlupf, und Bastien Geiger spielt neu in der Challenge League. Der Sohn des langjährigen Nati-Liberos Alain Geiger fühlt sich Xamax sehr verbunden. Man nimmt ihm ab, dass er gerne bei Xamax geblieben wäre: «Ich hatte viel Spass in der U21-Mannschaft und war nahe dran, hierzubleiben, auch in der 2. Liga. Es hätte sich fast ergeben. Doch ich bin erst 27 und Profifussballer, und das Projekt des Neuaufbaus kommt für mich vielleicht noch etwas früh. Aber es ist eigentlich nicht eine Frage der Liga. Ich brauche einfach eine gewisse Summe für meinen Lebensunterhalt. Und das liess sich leider nicht machen. Ich hoffe, dass es in Zukunft möglich ist.» Kontakte
zu Vereinen aus der Super League führten aber zu keinem konkreten Angebot, und in der Challenge League kam für Bastien Geiger nur Biel infrage: «Erstens kenne ich die Trainer und einige Spieler. Und ausserdem bin ich Familienvater und habe zwei Kinder. So muss ich mit meiner Familie nicht umziehen.» Dass Mickaël Facchinetti in diesem Sommer wieder heim nach Neuenburg ziehen würde, erfuhr Gilbert Fachinetti als Erster. Per Telefon – während des ZWÖLF-Interviews. Mickaël Facchinetti gehörte zum letzten Aufgebot von Xamax in der Super League und hat ein unglückliches halbes Jahr bei Chievo Verona hinter sich. Der U20-Nationalspieler spielt zwar nun in Lausanne, wohnt aber wieder in Saint-Blaise auf dem Anwesen seiner Grosseltern. Dort, wo früher alle XamaxSpieler ein und aus gingen. Fussball am Neuenburgersee ist eben eine Familienangelegenheit. Und so lebt der Geist der alten Xamax-Familie doch noch weiter. Auch wenn es wohl nie mehr so sein wird, wie es früher war.
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Unter den Tisch gefallen Text: Mämä Sykora Bilder: Hannes Heinzer
In England ein Kultspiel, hierzulande kaum bekannt: Das Tischfussballspiel Subbuteo wartet auf das grosse Revival.
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ur noch wenige Tage verbleiben bis zur WM, Liverpool und Barcelona stellen sich für ein Freundschaftsspiel auf. Die beiden Spieler beim Anstoss erwartet eine massierte 6er-Abwehrreihe, die sofort die Maschen enger zieht, als die Nummer 10 mit dem Ball am Fuss über den Rasen auf sie zugleitet. Gleiten ist hier für einmal nicht bildlich, sondern wörtlich gemeint. Denn der Finger von Thomas Baumeler schnippt die kleine Nummer 10 so geschickt über den grünen Filz, dass diese sich, den Ball vor sich hertreibend, bald schon in Schussdistanz befindet. Nur Bruchteile einer Sekunde später ist der Weg zum Tor aber zugestellt, weil Thomas' Gegnerin, seine Tochter Trisha, ihre Nummer 3 wenige Millimeter vor dem Ball zum Stoppen gebracht hat. Liverpool wird sich eine Alternative überlegen müssen, denn Barça lauert nur auf einen Ballverlust und die Möglichkeit zu kontern. Das Trainingsgelände an diesem Freitagabend bildet eine kleine Wohnung in einer Blocksiedlung im Zürcher Aussenquartier Leimbach. Im Wohnzimmer von Wolfgang Haas und Yang Wang stehen zwei Tische, je eineinhalb auf einen Meter, bezogen mit grünem Filz. Zu Gast
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sind heute Thomas und Trisha sowie der Engländer Brian Butterworth. Es ist ihr letztes gemeinsames Training, bevor es eine Woche später ernst gilt im EtihadStadion von Manchester City. Denn dort findet dieses Jahr die Weltmeisterschaft im Subbuteo statt. Sport oder Spiel? Subbuteo ist abgeleitet vom lateinischen Wort für Baumfalke (falco subbuteo). Diesen Namen benutzt Wolfgang Haas indes nie. Er, der Österreicher, der zu den Top 20 der Welt zählt, sagt immer «Tischfussball». «In meiner Heimat versuchen wir, stets den Namen ‹Sporttischfussball› zu verwenden.» So sollen Verwechslungen mit dem «Töggelen» – dem man dort ohnehin «Wutzeln» sagt – sowie mit TippKick ausgeschlossen werden. Zudem wird betont, dass es wirklich ein Sport sei, den die fünf in ihrem Wohnzimmer betreiben. Trisha, die 15-jährige Nummer eins der Frauen-Weltrangliste, erklärt es so: «Es gibt klar definierte Regeln, während einer Partie schwitzt man wirklich stark, man hat enorme Adrenalinschübe und muss mental sehr auf der Höhe sein. Das sind alles Eigenschaften, die Subbuteo für
mich zu einem Sport machen.» Ein Modellathlet braucht man freilich nicht zu sein, aber eine gewisse Fitness sollte man schon mitbringen, damit man ein zweitägiges Turnier übersteht. Es gebe aber auch einige Spieler auf der Tour, die «ein bisschen mehr trainieren könnten», wie es Wolfgang vorsichtig ausdrückt. Denn Subbuteo ist schnell. Sehr schnell. Wenn Thomas und Trisha spielen, flitzen die Hände nur so über die Tischplatte, die kaum drei Zentimeter hohen Figuren treiben den Ball nach dem Spicken vor sich her oder machen Räume zu. Unterbrüche gibt es lediglich bei Einwürfen, Abstössen, Freistössen, Offsides oder Toren. Ganz wie im richtigen Fussball eben, nur dass sich das Spielgeschehen deutlich schneller verlagert als auf dem Rasen. Die Spielzüge und die Positionierung der Mini-Ausgaben von Liverpool und Barcelona gleichen denen ihrer Kollegen aus Fleisch und Blut erstaunlich stark. Ein realistisches Fussballspiel zu schaffen, genau das war das Ziel der Erfinder. Schon 1925 schnitt William Lane Keeling Figuren aus Pappe aus, setzte sie auf einen Gummisockel und vertrieb das Spiel unter dem Namen «Newfooty». 1946 platzierte der Ornithologe – daher ist der Namensgeber auch ein Federvieh – Peter Adolph in der Kinderzeitschrift «The Boy's Own Paper» ein Inserat für ein neuartiges Fussballspiel, ohne darin gross ins Detail zu gehen, meldete das Patent an und verschwand in die USA, um seltene Vogeleier zu verkaufen. Erst als sich seine Mutter mit der Frage meldete, was sie denn mit den erhaltenen 7500 Pfund für Bestellun-
gen machen sollte, reiste er sofort in die Heimat und begann mit der Produktion. Damit begann ein Siegeszug, der aber an der Grenze zum deutschsprachigen Raum endete. An Tipp-Kick war schlicht kein Vorbeikommen. Während hierzulande jeder Fussballbegeisterte in seiner Jugend mit jenen Figuren mit dem Knopf auf dem Kopf in Berührung kam, ist das seit 1921 erhältliche «Fussballbrettspiel» in England nur den wenigsten ein Begriff. Brian, der Liverpooler, kennt Tipp-Kick nur vom Hörensagen, er und seine Jugendfreunde massen sich ausschliesslich im Subbuteo. Nordstern auf dem Filz Thomas, der amtierende Schweizer Meister, hat das Spiel auch so kennengelernt: «Im FC Horw haben wir die ganze Schweizer Meisterschaft durchgespielt. Jeder wählte eine Mannschaft, ich musste mit Nordstern antreten, bis später wenigstens Lugano frei wurde. Darum kenne ich noch heute deren ganze Aufstellungen von damals. Erlachner, Mata, Feiegenwinter, Grimm, Süss, Hiller, Schädler...», sprudelt es aus ihm heraus. «Wir haben dazu Tabellen und Torschützenlisten geführt.» Die kindliche Faszination für das Spiel hielt bei ihm hingegen nicht an. Nach langer Pause stieg er erst 2006 wieder ein, und zwar praktisch bei null. Dennoch holte er schon ein Jahr später seinen ersten Meistertitel, vier weitere folgten seither. Für komplette Neueinsteiger ist dies undenkbar. Subbuteo ist wesentlich kom-
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plexer als etwa das einfache Tipp-Kick, die Regeln deutlich komplizierter, und wer einmal versucht hat, einen Spieler zu schnippen, der weiss, wie viel Übung es braucht, um ein Gefühl für das Spiel zu kriegen. Trisha, die das Glück hatte, schon früh mit ihrem Vater üben zu können, gibt unumwunden zu: «Für Anfänger gestaltet sich der Einstieg sehr schwer. Wenn man zum ersten Mal gegen einen schon etwas erfahrenen Spieler antritt, hat man keine Chance und kassiert Tore am Laufmeter, ohne selber überhaupt zum Abschluss zu kommen. Bis ich gegen Papi zum ersten Mal gewonnen habe, vergingen zweieinhalb Jahre.» Thomas hat auch heute noch die Nase klar vorne: Von über 600 Partien gegen seine Tochter hat er erst 10 verloren. Wolfgang kam mit 12 Jahren zum Subbuteo, nachdem er ihm auf dem Spielefest in Wien begegnet war. Auch seine Geschwister waren begeistert, was untereinander Partien auf ähnlichem Niveau ermöglichte. Das blieb bis heute so: Sein Bruder Alexander ist in der Weltrangliste direkt hinter ihm platziert. Für ihn ist es verständlich, dass nur wenige den Durchhaltewillen an den Tag legen, um den Einstieg zu schaffen: «Wenn keine gleichstarken Gegner vorhanden sind, dann fehlt der Spass. Wer zu Beginn gleich eine Klatsche nach der anderen bekommt, der bleibt nicht lange dabei. Man muss sich wirklich durchbeissen. Erst nach zwei Jahren Training kann man mit einem guten Spieler mithalten.» Die motivierte Kantischülerin Trisha hat versucht, Nachwuchs zu rekrutieren. Sie hat Flyer gestaltet und Mitschüler zum Probetraining eingeladen. Der Erfolg blieb aus: «Bis das erste Tor gefallen war, vergingen eineinhalb Stunden! Es wurde zwar mit Freude gespielt, aber gepackt hat es keinen.» Sie erklärt die fehlende Begeisterung mit der Einstellung ihrer Generation, die nur noch auf den Spielkonsolen spielt. «Da hat man
Das «München-Set» zur Fussball-WM 1974: Zu gross für die Verkaufsregale, zu teuer für die Kinder, heute aber ein begehrtes Sammelobjekt.
mit einer Mischung aus Carrom, Billard und Schach einen sehr schweren Stand.» Der Vergleich mit den genannten Spielen bietet sich tatsächlich an. Wie bei Carrom und Billard ist Geschicklichkeit gefragt, wie im Schach Taktik und die Fähigkeit, mehrere Züge im Voraus zu planen. Nur: Wissen, was man tun will, heisst noch lange nicht, dass man dies auch hinkriegt, wie ZWÖLF im Selbstversuch schmerzlich erfahren musste. So wurden bei uns die Spieler mehr oder weniger konsequent am Ball vorbeigeschnippt, mit dem unschönen Effekt, dass sich bald das Spielgerät sowie ein Dutzend Spieler in der Nähe der Eckfahne befanden. SubbuteoResultate seien mit jenen im Eishockey vergleichbar, sagte man uns. Doch von einem Torerfolg sind wir meilenweit entfernt geblieben. Talent sieht wahrlich anders aus. «Die Schweiz ist wie Gambia» Dabei hätte die Schweizer SubbuteoSzene Zuwachs dringend nötig. Gab es vor 30 Jahren noch 150 Lizenzierte, sind es heute noch gerade mal 16. Selbst das Mutterland England erlebte einen Rückgang, doch die Popularität des Spiels ist seit dem Aufschwung zur WM 1966 noch immer gross. Die neuen 3-D-Figuren, die in den Trikots aller Teilnehmerländer der Endrunde erhältlich waren, liessen die Verkaufszahlen explodieren – 1970 ging verglichen mit den Zahlen drei Jahre zuvor bereits das Fünfzehnfache über den Ladentisch. Bald kamen auch Accessoires hinzu: Tribünen, Anzeigetafeln, berittene Polizisten, Kameramänner und sogar Flutlichter. Um mit der Produktion nachzukommen, wurden Figuren entwickelt, die maschinell bemalt werden konnten. Die lieblos gestalteten und klobig wirkenden Figuren wurden bald «Zombies» genannt und hatten einen zwischenzeitlichen Einbruch des Absatzes zur Folge. Trotz der weiten Verbreitung auf der Insel gehört England nicht zu den Topnationen. Führend ist Italien, auch Malta, Spanien, Griechenland und Belgien gehören zur Weltspitze. Deren Superstars erhalten auch deutlich mehr Aufmerk-
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Die Schweizer Subbuteo-Nati (v. l. n. r.): Brian Butterworth, Thomas Baumeler, Trisha Baumeler, Yang Wang.
samkeit. So wurde etwa der Malteser Massimo Cremona in seiner Heimat 2010 zum «Sportler des Jahres» gewählt. Den Schweizer Willi Hoffmann, den einstigen Dominator dieses Sports, kennt hierzulande hingegen kaum jemand. Seit sich Hoffmann, der massgeblich an der Entwicklung der neuen, flachen Sockel beteiligt war, etwas zurückgezogen hat, spielen die Schweizer auf internationalem Parkett nur noch eine Nebenrolle. «Wir sind Exoten», sagt Thomas, «wie etwa Gambia an einer Fussball-WM.» Tatsächlich finden sich in der Weltrangliste der Nationen hinter der Schweiz nur noch die Niederlande und Ungarn, Brian rangiert als bester Schweizer auf Platz 284 der Weltrangliste. «Es ist teilweise fast beschämend, dass einige der besten Spieler bei einer WM zu Hause bleiben müssen, weil die Anzahl Teilnehmer pro Land beschränkt ist, während wir dabei sind», gesteht Thomas ein. Er selber ist die Nummer 90 bei den Veteranen, der Kategorie für die Über-40-Jährigen. Derzeit seien die Spieler dort ähnlich stark wie
diejenigen in der Open-Kategorie, und das Niveau steigt kontinuierlich, weil auch die Top-Spieler unweigerlich nachrücken. Immerhin bei den Damen sorgt die Schweiz für Furore. Dank Trisha, die in kürzester Zeit zur Weltnummer eins aufgestiegen ist. Dabei hat sie davon profitiert, dass einige der besten Frauen just in dem Moment aufgehört haben, als sie angefangen hat. Der Aufstieg der jungen Schweizerin hat nun aber bei den zuvor unterforderten Damen den Ehrgeiz geweckt. Die Serienweltmeisterin Delphine Dieudonné aus Belgien ist wieder auf die Tour zurückgekehrt und beendete denn auch gleich die Titelträume von Trisha im Halbfinale der WM in Manchester. Noch immer gibt es aber nicht mehr als eine Handvoll Damen, die auf hohem Niveau spielen können. An die WM reisten nur 18 Teilnehmerinnen, im Teamwettbewerb nahmen gar nur zwei Mannschaften teil: Belgien und der «Rest of the World». Die Teamwettbewerbe sind für Wolfgang das eigentliche Highlight. Vier Parti-
en werden gleichzeitig gespielt. Es gewinnt jene Mannschaft, die mehr Einzelsiege errungen hat. «Dabei kann ein Tor auf einem anderen Tisch die ganze Ausgangslage verändern», erklärt der Österreicher und erzählt begeistert von seinen packendsten Erlebnissen, während Yang asiatische Köstlichkeiten reicht. Sie, die chinesischkanadische Doppelbürgerin, gehört ebenso zur Schweizer Nationalmannschaft wie der Brite Brian. Denn im Subbuteo kann man auch für die Wahlheimat antreten. Gemeinsam mit Thomas und Trisha bilden sie auch den Subbuteo-Verein SC Anfield Hoppers Zürich, benannt nach den Lieblingsvereinen von Thomas und Trisha. «Wir sind Traditionsfans», sagt Trisha entschieden «Wir haben es hart momentan», lacht Thomas und verweist auf die schwierigen Zeiten, die Liverpool und GC durchleben. Aus einem eigens zur Aufbewahrung der Subbuteo-Figuren hergestellten Holzkoffer holt Thomas seine GC-Mannschaft. Sogar der «Vontobel»Werbeaufdruck wurde berücksichtigt.
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Subbuteo Subbuteo wird auf einem 80 x 120 cm grossen Filzfeld gespielt, das vorzugsweise auf ein Brett aufgezogen ist. Ein Spiel dauert zweimal 15 Minuten. Jeder Spieler verfügt über 10 frei bewegliche Feldspieler, die auf einem Sockel stehen. Mit Zeige- oder Mittelfinger wird gegen den Sockel geschnippt. Nur der Angreifer darf den Ball spielen. Er verliert den Ballbesitz, wenn er ihn mit seiner Figur verfehlt oder wenn eine gegnerische Figur mit dem Ball angeschossen wird. Mit derselben Figur darf der Ball höchstens dreimal nacheinander gespielt werden. Bei jedem Zug des Angreifers darf der Verteidiger einen Zug machen, um dem Gegner das Spiel zu erschweren, allerdings ohne den Ball oder eine andere Figur zu berühren. Auf den Verteidigungszug braucht der Angreifer nicht zu warten; er kann also, solange er den Ballbesitz nicht verliert, immer weiterspielen (auch den rollenden Ball). Tore können erst erzielt werden, wenn der Ball in der Schusszone (dem letzten Viertel des Feldes) liegt. Ein Set mit zwei Teams und einem Feld gibts ab 120 Franken und gibts beim Spielwarenladen Jugglux in Winterthur, direkt bei Subbuteo (www.subbuteo.com) oder über Ebay & Co. Für mehr Infos: SC Anfield Hoppers: www.anfieldhoppers.jimdo.com Weltverband FISTF: www.fistf.com
Heute ist so etwas eine Seltenheit, in der Blütezeit waren aber unglaubliche 322 Mannschaften erhältlich. «Die gabs für lediglich 10 Franken im Franz Carl Weber», erinnert sich Thomas. Ab Mitte der 1990er-Jahre – nur kurze Zeit nachdem sogar die Weltmeisterschaft im Fernsehen übertragen worden war – nahm die Vielfalt rapide ab. Die Rechte an Subbuteo wurden alle paar Jahre weitergeschoben, bis das Spiel plötzlich gar nicht mehr erhältlich war. Was zumindest in England für Proteststürme sorgte: Auf allen Kanä-
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len erzählten Prominente von ihren Subbuteo-Erinnerungen, der Handel übers Internet boomte. Das wiedererwachte Interesse sorgte dafür, dass das Spiel im Januar dieses Jahres einen Relaunch erfuhr, mit Three-Lions-Legende John Barnes als Botschafter. Sechs Jahre zuvor hatte der SubbuteoVerein San Siro Worthing Five Star für einen Eklat auf der Insel gesorgt, als er die gesamte englische Nationalmannschaft von einem Konkurrenten abgeworben hatte. Viel Geld dürfte dabei kaum geflossen sein. Denn wer Subbuteo ernsthaft betreibt, muss finanziell einiges auf sich nehmen. Lediglich die Top-Spieler bekommen Anreise und Hotel von ihren Vereinen bezahlt, die dies dank Sponsorengeldern ermöglichen können. Preisgelder gibt es erst seit wenigen Jahren, allerdings in sehr bescheidenem Rahmen: Mehr als 300 Euro für den Sieger liegt nicht drin. Wolfgang, der schon in jungen Jahren an Turnieren in Portugal oder Tschechien teilgenommen hat, konnte dies nur mit der Unterstützung seiner Eltern tun. «Es ist halt auch wie eine Sucht», erklärt Thomas. «Wenn man so weit ist wie wir, dann kann man gar nicht mehr aufhören, selbst wenn es uns einiges kostet. Wer Pech hat, reist mehrere Hundert Kilometer an ein Turnier, kriegt zweimal auf die Mütze und muss wieder nach Hause.» Wenn die Fäuste fliegen An diesen Wettkämpfen, bei denen meist um die 50 Spieler mittun, geht es teilweise rauer zu, als der Schweizer Delegation lieb ist. Denn wer mitspielt, muss auch als Schiedsrichter amten, und das sei nicht immer eine leichte Aufgabe. Es gebe nämlich unter den Top-Spielern durchaus welche, die mit schmutzigen Tricks arbeiten würden. «Das ist im Subbuteo wie überall: Ab einem gewissen Niveau gibts halt auch Arschlöcher», so Thomas. Wolfgang erinnert sich sogar an ein Turnier, bei dem ein Belgier einem Franzosen mitten im Spiel einen Faustschlag verpasst hat. Normalerweise sei der Umgang auf der Tour aber freundschaftlich. Man kennt sich,
man trifft immer die gleichen Leute, man bleibt gerne nach dem Turnier noch auf ein Bier. Oder zwei. Während Thomas erzählt, läuft auf dem überdimensionalen Fernseher in Wolfgangs und Yangs Wohnzimmer eine Aufzeichnung einer Partie des Spaniers Carlos Flores. «Der beste Spieler der Welt», schwärmt Wolfgang. «Wenn der den Ball hat, kommt er immer zum Abschluss. Da kannst du verteidigen, wie du willst.» Dennoch ist Flores nicht der Seriensieger, denn die Leistungsdichte an der Spitze ist sehr hoch. Dass die Weltnummer 50 einen Top-10-Spieler schlägt, ist keine Seltenheit. Eine Woche später wird Flores dann aber doch seinen zweiten Weltmeistertitel feiern können. Bevor sich Trisha und Thomas zum letzten Testmatch des Abends aufstellen, bekommen ihre Figuren noch eine Spezialbehandlung. Der Sockel wird mit Möbelpolitur eingerieben, damit er besser auf dem Filz rutscht. Für einmal dauert es nach dem Anpfiff nicht lange bis zur ersten Torchance. Mit einem Prellball über Trishas Torwart geht Thomas gleich in Führung, seinen kurzen Jubel unterdrückt er aber, indem er sich die Hand vor den Mund. «Trisha mag es gar nicht, wenn ich juble», entschuldigt er sich lachend. Ihr wäre es lieber, er bliebe auch im Triumph stumm wie der Plüsch-Schlumpf, der stoisch aus der Ecke des Zimmers das hektische Treiben verfolgt. Die Hoffnung darauf, dass Papa Schlumpf bald neuen Mitgliedern des SC Anfield Hoppers beim Training zuschauen kann, haben Thomas, Trisha, Wolfgang, Brian und Yang noch nicht aufgegeben. Derzeit verhandeln sie mit dem Hersteller des Spiels darüber, ob sie den Packungen im deutschsprachigen Raum eine Broschüre beilegen dürfen mit dem Hinweis auf die Verbände in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Damit die Subbuteo-Kultur in der Schweiz nicht verloren geht. Es wäre ihnen und diesem Spiel zu wünschen, dass so herrlich quer in der Landschaft der immer einfacheren und virtuelleren Welt der Fussballsimulationen steht.
Wolfgang Haas, รถsterreichischer Nationalspieler, zweifacher Junioren-Weltmeister.
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Tor in Narva, Einwurf in Basel, Eckball in Chiclayo Irgendwo auf der Welt wird immer Fussball gespielt. Irgendwelche Websites kennen dann auch sofort den Spielstand, die Torschützen und alle Auswechslungen. Woher? Und was soll das überhaupt bringen? Ein Abend in der Welt der Livescores. Text: Silvan Kämpfen Illustrationen: Yael Textor
U
m 20.08 Uhr sind 85 Minuten vorüber im Kreenholmi-Stadion zu Narva. Da passierts. Spielmacher Mastianica lanciert auf der rechten Seite steil den eingewechselten Volko. Dieser setzt sich im Eins-gegen-eins durch und findet in der Mitte den Russen Bebikh, der bloss noch einzunicken braucht. Die Führung für den JK Sillamäe Kalev im Tabellennachbar-Duell auswärts bei Narva Trans
ist perfekt. Die Gästefans geraten in Ekstase. So könnte das etwa passiert sein. Wie Bebikh das Tor tatsächlich erzielt hat, wissen am Ende neben den Akteuren auf dem Platz bloss 140 Menschen. Mehr wollen das Spiel der estnischen Meistriliiga, der obersten Spielklasse des Landes, nicht live im Stadion sehen. Fernsehbilder gibt es keine, und auch das Lokal-
radio wird nicht vor Ort gewesen sein. Doch die Kunde von Torschütze Bebikh geht innert Sekunden von Narva aus um die Welt. Die Welt, das ist zum Beispiel die Webseite des britischen Wettbüros William Hill. Die Tipper werden darauf täglich mit jeden erdenklichen Live-Daten über Fussball-Spiele versorgt. Selbst der Eckball, den Sillamäe Kalev in der 77. Mi-
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nute treten durfte, geht nicht vergessen. Daneben profitieren die Buchmacher von noch mehr Informationen, die sie aber nicht veröffentlichen und die gerade deshalb so wichtig sind: Welches Team erarbeitet sich mehr Feldanteile, wie ist das Wetter? Regnet es, so ist der Rasen tiefer, und die Wahrscheinlichkeit auf ein torreiches Spiel sinkt. Hoch also mit den Quoten für das «Over 2.5 Goals». Die Tausenden von Live-Wettern auf der Welt kennen den Zustand des Platzes in Narva aber nicht und wissen auch nicht, wo sich der Ball gerade befindet. Dank solchem Informationsvorsprung verdient ein Wettbüro Geld. William Hill etwa machte letztes Jahr einen Nettogewinn von 1,1 Milliarden Pfund. Live-Wetten sind besonders lukrativ für die Buchmacher, weil diese einen schnell – wer kennt es nicht – zu leichtsinnigen Spontan-Wetten auf wildfremde Mannschaften animieren. Lukrativer Nebenjob Darum sind Seiten wie Livescore.com oder Ergebnisselive.com auch so vollgepflastert mit Wett-Annoncen. Derlei Websites gibt es Hunderte, kontaktiert hat ZWÖLF mindestens ein Dutzend von ihnen. Es hatte jedoch niemand ein Interesse daran, uns darüber aufzuklären, woher sie so viel wissen über Tore und Gelbe Karten in Estland. Dabei liegen die Antworten hier, im Herzen Europas, im zugerischen Hünenberg etwa. Dort residiert das Unternehmen Running Ball, das sich auf EchtzeitSportinformationen spezialisiert hat.
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Deshalb gleich von einer Schweizer Firma zu sprechen, wäre vermessen. Running Ball wurde vom Österreicher Hans Thomas Gross gegründet und operiert heute global mit Niederlassungen in Österreich, Portugal, Zypern und Malaysia. Insgesamt sind für Running Ball 1100 sogenannte Scouts im Einsatz, die in 70 Ländern Sportereignisse verfolgen. Auch Super und Challenge League finden sich im Portfolio. Der 29-jährige Daniel ist einer von diesen Schweizer Spielbeobachtern. Der fussballverrückte Bankangestellte besucht ohnehin schon jeden erdenklichen Kick in seiner Umgebung. Jetzt ist daraus ein Nebenjob geworden. Ein Montagabend in Aarau gefällig? Wohlen? Oder wie an diesem Samstag in Basel? Alles kein Problem. Mit seinem Smartphone ausgerüstet, begibt er sich auf die Joggeli-Haupttribüne. Steht einmal die Internetverbindung, beginnt er auf der hauseigenen Software zu drücken. Gelbe Karte für Basel, Abseits Luzern, Einwurf Basel. Jetzt kommt der FCB dem gegnerischen Tor näher, «Attack Zone», Díaz flankt zur Mitte, «Danger Zone», Sali Sarr klärt, «Safe Zone». Das Telefon klingelt, ein Supervisor aus Graz ist dran. Ob Daniel die Luzerner Auswechslung bestätigen könne aus der 78. Minute. Es ist schon vorgekommen, dass ihm in der Hektik Karten oder Auswechslungen entgangen sind. Durch die Anstrengungen, die Running Ball im Bereich der Qualitäts-
sicherung unternimmt, sind Fehler bei kritischen Events wie Toren oder Roten Karten jedoch selten. Laut Angaben des Unternehmens kommen in nur etwa ein Prozent der angebotenen Spiele derartige Fehler vor. Am Ende bezahlt Running Ball ein schönes Sackgeld fürs Scouten, vergütet die Fahrspesen und kommt für das Matchticket auf. Vor allem bei einem wie Daniel, der mehrere Male im Monat als Scout unterwegs ist, kommt da einiges zusammen. Running Ball ist beileibe nicht das einzige solche Unternehmen, das in der Schweiz operiert. Auch Marktführer Sportradar, dessen Holding sich in St. Gallen befindet, ist bei möglichst vielen Spielen dabei. Beliebt sind solche Scouting-Jobs nicht zuletzt bei Studenten. Die Real Time Sportscast, ein weiterer Player, sucht zurzeit auf diversen UniPortalen nach neuen Scouts. Auch die Liga macht mit Um 20.04 Uhr fällt in Basel das erste Tor. Lezcano bringt Luzern mit 1:0 in Füh-
REsultatService Kabel können irren: Als England sich 1950 endlich dazu bequemte, mit den übrigen, fussballerisch minderwertigen Nationen an einer WM-Endrunde teilzunehmen, erreichte die Redaktionen aus dem fernen Brasilien die erstaunliche Resultatmeldung «England - USA 0:1». Mehrere Zeitungen vermuteten einen Übermittlungsfehler und druckten stattdessen ein 10:1 ab. Längere Berichte über dieses Spiel gab es ohnehin nicht, weil die damals noch eher kleinen britischen Zeitungen zumeist lediglich eine Sportseite hatten und gleichzeitig England zum ersten Mal im Cricket gegen die West Indies verloren hatte, was den Grossteil dieser Seite ausfüllte.
rung. Die Vertreter der Scouting-Firmen vor Ort erheben die Ereignisse innert Sekundenbruchteilen. Ähnliches macht auf nationaler Ebene die Swiss Football League. Auf die aktuelle Saison hin hat Muri aufgerüstet. Zwar war schon in den letzten Jahren in jedem Stadion jemand vor Ort, der für den Totomat der Website die Ergebnisse durchgegeben hat. «Die Leute haben aber bisher ihren eigenen Computer mitgenommen, mussten selbst für die Verbindung sorgen. In der Challenge League wurden uns die News sogar noch per Telefon durchgegeben – wie in der Steinzeit», blickt Philippe Guggisberg von der SFL ohne Wehmut zurück. Das hat sich geändert. Ab dieser Saison hamstert auch die Liga fleissig Statistiken wie Torschüsse, Eckbälle oder Karten, jedoch nicht für die Wettbüros. Aufgrund des neuen TV-Vertrags, den die SFL eingegangen ist, verpflichtet sie sich, die Fernsehstationen mit Zahlenmaterial zu versorgen. Die gezielt geschulten Liga-Spotter sitzen mit ihren konfigurierten Laptops – im Unterschied zu den Scouts von Running Ball und Co. – direkt neben den Kommentatoren und übertragen die Daten via Internet-Leitung der TV-Anstalten. Die Statistiken werden übermittelt und in der Halbzeitpause sowie nach Spielschluss vom Fernsehen eingeblendet – ähnlich wie etwa beim Tennis. Bei Anruf Sport In Mitteleuropa ist es 20.08 Uhr. Der Schweizer Schauspieler Maximilian Schell hat gerade in Hollywood sein Frühstück
beendet. Vielleicht. Er greift zum Hörer. Möglich. Er wählt die 164. Wahrscheinlich. «Schell ist seit Jahrzehnten so etwas wie ein Botschafter für uns», sagt Peter Lerch, Chefredaktor der Agentur Sportinformation, die seit den 50er-Jahren den Telefonsportdienst Sport164 betreibt. Bis in die 70er- und 80er-Jahre war die Kurzwahl 164 die Anlaufstelle schlechthin für Sportinteressierte in der Schweiz. Viele von ihnen riefen täglich an. Zur Erinnerung: Es gab da weder Internet noch eine tägliche TV-Sportsendung. Bis zu 15 Millionen Mal pro Jahr klingelte in dieser Zeit das Telefon. Die «Damen» von der Auskunft waren es, die bis ins Jahr 2007 die Sportfans auf den neuesten Stand brachten. Infolge mangelnder Sachkompetenz brachte das auch allerlei phonetische Stilblüten hervor. Benjamin «Hagel» Huggel etwa wurde einmal so ausgesprochen, als sei er ein Landsmann von Scott Chipperfield. Livescore made in Switzerland eben. Heute wird Schauspieler Schell nicht mehr von der Auskunftsdame begrüsst und beglückt. Das übernimmt jetzt Karl-Heinz, ein Deutscher. «Basel im Rückstand gegen Luuuzern mit null zu eins. Die Führung erzielte Dario Letzkano. Schon nach acht Minuten wäre Luuuzern beinahe in Führung gegangen. Basels Goulie Yann Sommer machte eine
Chance von Dimitar Rangelov, Luuuzerns Neuzugang, zunichte», erfahren wir von Karl-Heinz, wie die elektronische Stimme von Sport164 intern genannt wird. Sie wird von einem Mitarbeiter mit Namen und Toren gefüttert und liest diese den Anrufern automatisch und einigermassen passabel vor. Der welsche Karl-Heinz heisst Sophie, fürs Tessin spricht Antonella. «Das hat früher vielleicht alles etwas besser getönt», sagt Peter Lerch. «Doch ohne diese Text-toSpeech-Lösung würde es Sport164 nicht mehr geben. Früher konnten wir nur Halbzeit- und Schlussresultate anbieten, mussten sogar warten, bis alle Spiele einer Runde zu Ende waren. Jetzt verarbeitet Karl-Heinz jedes Tor in Sekundenschnelle. Wir sind nun auch die Schnellsten.» Sagen wir gleich schnell wie andere. Denn der Teletext etwa arbeitet mit derselben Methode wie Sport164. Beide setzen sie für die Super-League-Spiele einen oder zwei Totomat-Dienstler auf der Redaktion ein, welche die Runde via Bildschirme verfolgen. Für den Teletext übernimmt dies die SRF-Sportmultimedia-Redaktion am Leutschenbach. Denn seit 2008 sind die einzelnen SRG-Unternehmenseinheiten verantwortlich für die
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Teletext-Inhalte und aktualisieren auf einen Schlag auch gleich Sport.sf.tv oder die mobilen Apps. Für die Challenge League, wo Live-Bildmaterial nach wie vor Mangelware ist, müssen sie auf den Ticker von Sfl.ch zurückgreifen. Ein Teletext für die Zukunft Der Teletext ist nebst Sport164 das zweite grosse Schweizer Medium, mit dem die Sportfans in der Vor-Internet-Ära das Wichtigste auf Abruf erhalten konnten. Eingerichtet wurde der Dienst 1984 – wie auch in anderen Ländern zunächst als Unterstützung für Gehörlose. Ab Barcelona 92 wurde dann der Sport zum grossen Thema und bescherte dem Teletext immer höhere Nutzerzahlen, was in den 2,2 Millionen Aufrufen am 19. Februar 2006 gipfelte. Es war die Zeit, als Simon Ammann und die EishockeyNati in Turin gross auftrumpften. Die Zahlen sind in den letzten Jahren relativ stabil geblieben, doch Frédéric Mast, Product Manager Sport bei Swiss TXT, bleibt realistisch: «Wir leiden unter jenen Konkurrenten, die
in der Lage sind, animierte Bilder anzubieten. Nach Griechenland - Deutschland rufe ich nicht den Teletext auf, um mir die sechs Tore anzusehen.» Die SRG will nun auf HbbTV setzen, den Teletext der Zukunft mit MultimediaElementen, die das TV-Gerät zum Teil über das Internet reinholt. Im Herbst bietet das Westschweizer Fernsehen eine erste Version an. Aber auch im bisherigen Sport-Kerngeschäft, dem Resultateservice, ist die Konkurrenz spürbar. Der Teletext und Sport164 versuchen dem mit Bezahl-Apps fürs Mobiltelefon entgegenzuwirken. Trotzdem besuchen immer mehr Fans internationale LivescoreSeiten. «Das Wett-Publikum hatten wir nie im Visier. Wir sind und bleiben ein reiner Informations-Dienst», stellt Mast allerdings klar und lässt damit auch durchblicken, dass andere mehr sein wollen als das. Bei Sport164 sind die Zahlen stark rückläufig, daraus will Chefredaktor Peter Lerch kein Geheimnis machen. Jene, die ihre tägliche Dosis Sport via Telefon konsumieren, sind praktisch ausgestorben. Wie der Teletext lebt Sport164 bei punktuellen Ereignissen wieder auf. «Wer da gerade dummerweise auf Familienbesuch ist, schleicht sich rasch aufs WC und stellt die 164 ein», weiss Lerch über seine Kundschaft zu berich-
ten. Dass während einer Super-LeagueRunde alle zwei Sekunden das Telefon klingelt, ist deshalb nach wie vor keine Seltenheit. Eine Frage von Millisekunden Zurück zu Running Ball, Sportradar, Real Time Sportcast und wie sie alle heissen: Warum müssen die Scouts ein FC-Basel-Spiel überhaupt live im Stadion verfolgen, wo doch der Teletext und Sport164 zeigen, dass es auch vor dem Bildschirm geht? Warum lässt man nicht gleich alles von TV-Scouts erledigen, wie das bei gewissen Partien mangels genügend Personal der Fall ist? «Bei uns zählt buchstäblich jede Millisekunde», sagt Running-Ball-Sprecher Herren. Wer in der Stadionloge einmal einen Blick auf ein TV-Gerät geworfen hat, weiss, wo der Hund begraben liegt: Das Fernsehbild ist oft um einige Sekunden verzögert. Zeit genug, um auf den nächsten Freistoss zu setzen, der in Wirklichkeit bereits gepfiffen worden ist. Derartige Lücken können sich die Wettbüros nicht leisten. Sowohl Running Ball wie auch Sportradar kennen das Phänomen: Scouts werden von Dritten unter Druck gesetzt, mit der Datenübermittlung ein wenig zuzuwarten, sodass in der Zwischenzeit jemand Wetten platzieren kann. Im Falle von Running Ball schaltet sich in solchen Fällen die firmeninterne Sicherheitsabteilung ein. Gegebenenfalls sucht das Unternehmen den Kontakt zum austragenden Verband oder Veranstalter, erklärt Herren. Auch bei Sportradar hebt man die Kontrollmechanismen hervor, die das Unternehmen
Als Livescores noch nicht einmal in Science-Fiction-Romanen eine Rolle spielten: Im «kicker» erschien erst 27 Tage nach dem Finale der ersten Weltmeisterschaft 1930 ein Artikel über das Endspiel zwischen Uruguay und Argentinien. Darin wurde die Leistung des belgischen Unpartieiischen Jean Langenus besonders gewürdigt. Kein Wunder: Der Autor war er selber.
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entwickelt hat und die solches Gebaren verunmöglichen sollen. Ob man damit vor Betrügereien für immer gefeit ist, wird sich zeigen. Der enorme Aufwand verdeutlicht aber vor allem eines: Hier ist Geld im Spiel – und zwar richtig viel. Running Ball wurde im Mai an die britische Perform Group verkauft, der unter anderem Goal.com gehört. Kostenpunkt: 120 Millionen Euro. Der Wert von Sportradar wird ähnlich hoch geschätzt. Der Umsatz von Running Ball im Jahr 2011 betrug 16,1 Millionen Euro, bei Sportradar dürfte es gut das Doppelte sein. Milliarden mit abstrakten Daten Die Beziehungen – manche würden von Verflechtungen sprechen – zur Fussballwelt sind ausgeprägt. Sportradar liefert nicht nur Daten an Wettbüros und Livescores an Medienunternehmen – in der Schweiz etwa Blick.ch –, sondern überwacht von London aus auch gleich noch die Wettströme für die UEFA. Carsten Koerl, Geschäftsführer und Hauptaktionär des Unternehmens, hat sein Knowhow nicht von irgendwoher. Koerl war es, der 1996 Betandwin gründete, dank späterem Börsengang reich wurde und dann mit Sportradar erneut ein goldenes Händchen bewies. Das Schweizer Fernsehen hat ihn einst porträtiert. Wir sehen, wie Koerl im Maserati mit Tempo 260 von Gera, wo die Daten aufbereitet werden, in die Schweiz bolzt. Weiter gehts auf Stippvisite nach Trondheim. Dort beschäftigt Sportradar 50 Programmierer. Weltweit ist man nun bei 500 Fest-
angestellten angelangt. Das Unternehmen wächst weiter. Running Ball seinerseits beschäftigt mit Andreas Herren einen der profiliertesten Kommunikatoren der Fussballbranche. Der Schweizer war jahrelang Sepp Blatters FIFA-Sprachrohr, weibelte erfolgreich für Putins WM 2018 und hat ein Mandat bei der WM-Ticketagentur Match. Längst sind die Datensammler Teil der grossen Fussballbühne geworden. Sie haben dort ihre Füsse im Spiel, wo derzeit der grosse Reibach gemacht wird. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – weiss man so wenig über sie. Problematisch ist diese grossgeschriebene Diskretion nicht. Es wäre bloss naiv, zu glauben, dass Livescore-Websites über die estnische Meistriliiga berichten, weil der Fussball dort tatsächlich jemanden interessiert. Diese Seiten sind höchstens ein angenehmes Nebenprodukt der WettIndustrie, die pro Jahr mehrere Hundert
Milliarden Franken umsetzt. Das tut sie mit abstrakten Informationen, für die der Fussball lediglich als Schauplatz dient. Dem muss man aber auch entgegenhalten: Ein bisschen unnützes Wissen hat noch keinem Fussballfan geschadet. Jetzt wissen wir immerhin, wo Narva liegt. Unterdessen neigt sich der Samstagabend langsam dem Ende zu. Nicht für Sportradar, Running Ball und Co. Sie schlafen nie, der Erd- und der Fussball rollen immer weiter. Um 23.05 Uhr weiss Williamhill.com zu vermelden, dass Juan Aurich gerade einen Corner gegen Inti Gas Deportes treten wird. Schon der zweite an diesem Abend. Juan Aurich ist kein Spieler, sondern ein Verein aus der peruanischen Stadt Chiclayo. Aber wen ausser ein paar Aficionados kümmert das schon. Hauptsache, die Quote stimmt.
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Rustbewältigung
Der Mystery Park war ein Debakel, Swissminiatur lockt keinen mehr hinter dem Ofen hervor und dem Conny-Land gehen bald die Delfine aus. Wir hätten da eine Idee ...
Idee & Illustration: Sascha Török
«In Spanien bin ich erwachsen geworden» Xavier Margairaz hat im FC Zürich gelernt, wie man Meister wird. Im FC Sion will er seine Erfolge wiederholen. Ein Gespräch über das Open Air Frauenfeld, geduldige Uruguayer und Fussball im Waadtländer Mittelland. Interview: Samuel Burgener Bilder: Stefan Bohrer; Litho: www.fine-tuned.ch
Xavier margairaz ZWÖLF: Xavier Margairaz, Sie sind Besitzer eines Jaguars, fahren aber stets mit einem kleinen, in die Jahre gekommenen Lancia ins Training des FC Sion. Xavier Margairaz: Ja, weil den Jaguar meine Frau braucht, um einzukaufen und die Kinder zu chauffieren. Wenn ich zum Training fahre, genügt der Lancia. Aber Fussballer legen Wert auf Statussymbole. Ist das wirklich so? Bei uns in der Kabine sind Autos jedenfalls nie ein Thema. Viele Spieler fahren die Peugeots, die ihnen ein Sponsor des Klubs zur Verfügung stellt. Und die Jungen verdienen wohl zu wenig, um sich ein tolles Auto zu leisten. Es ist Sommer. Die halbe Westschweiz ging ans Paléo Festival. Sie auch? Nein. Für mich war der Zeitpunkt nicht ideal, weil das Championat schon Mitte Juli begann. Aber mich stört das nicht. Ich würde lieber einmal nach Frauenfeld ans Open Air gehen. Sie mögen Hip-Hop? Ja, sehr. Ich glaube, Musik und Hip-Hop sind mein einziges Hobby. Ich mag vor allem den Hip-Hop dieser Pariser BanlieueFormationen. Aber manchmal auch englischen.
«Das ist das Schönste: Man hat viel Freizeit.» Hip-Hop hören füllt aber wohl nicht Ihre ganze Freizeit... Hauptsächlich kümmere ich mich um meine Familie. Nun gut, viel eher kümmert sie sich um mich. Und ich geniesse die Zeit mir ihr. Das ist das Schönste als Fussballprofi: Man hat viel Freizeit, kommt nicht um 19 Uhr ausgelaugt nach Hause, kann für die Kinder da sein, die Partnerin unterstützen. Sie lesen gerne. Ja, wenn es die Zeit erlaubt, lese ich Bücher. Ich finde, ein gutes Buch ist etwas Wunderbares.
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Stimmt es, dass Sie eine Biografie Nelson Mandelas gelesen haben? Ja. Mandela und sein Wirken haben mich immer beeindruckt. Schon in der Schule war ich an der Geschichte Südafrikas interessiert. Mandela muss eine enorm starke innere Kraft haben. Genauso wie sie zuvor Gandhi hatte. Ihre Überzeugung, mit gewaltfreiem Widerstand gegen Diskriminierung und Hass einzustehen, für Demokratie und Selbstbestimmung. Das ist grossartig. Das sind grosse Errungenschaften der Geschichte. Ist es wahr, dass Sie, als Sie für den FC Zürich spielten, an einem freien Tag nach München fuhren, um das Konzentrationslager in Dachau zu besichtigen? Ja. Ich wollte das immer tun. Als wir frei bekamen, fuhr ich hin. Es war – wie soll ich sagen – erschütternd und spannend zugleich. Ich kann es jedem empfehlen, dort hinzufahren. Ich denke, es ist wichtig, sich mit der Weltgeschichte so direkt wie möglich auseinanderzusetzen. Fernsehen reicht nicht. Als Sie im Januar vom FC Zürich zum FC Sion wechselten, mussten Sie da unbedingt sagen, dass es zwischen dem Sitten-Patron Christian Constantin und Mandela Parallelen gibt? Das habe ich nie gesagt. So stand es auf einem Internetportal. Ich weiss nicht, was alles im Internet steht. Ich habe das nie gesagt. Bei allem Respekt für Christian Constantin und sein Engagement – der Vergleich wäre nicht angebracht. Wissen Sie eigentlich, wer entscheidenden Anteil daran hat, dass sie Fussballprofi wurden? Ich glaube, da gibt es viele. Ich selbst? Ja, klar, Sie. Aber auch ein Trainer. Raten Sie. Lucien Favre? Er war Trainer, als ich in Yverdon meine Karriere lancierte. Favre. Das musste ja kommen. Nein, es ist Bernard Challandes. Warum?
Als Sie 2003 19-jährig waren und bei Lausanne-Sports spielten, standen Sie am Scheideweg. Challandes kannte Sie von den U-Nationalteams. Als er mit dem damaligen Xamax-Trainer Claude Ryf telefonierte, legte er ihm ans Herz, Sie nach Neuenburg zu holen. Ryf wollte nicht, doch Challandes überzeugte ihn. Ist das wahr? Ich habe diese Geschichte noch nie gehört. Aber sie ist toll. Ich habe Challandes immer gemocht. Als Trainer und Mensch. Er trägt ein Feuer in sich, das haben nicht viele im Fussball-Geschäft. Unter Favre in Yverdon spielten sie um die Jahrtausendwende bereits mit Ihrem heutigen Teamkollegen Arnaud Bühler zusammen. Alle drei stammen Sie aus kleinen, nahe beieinander gelegenen Dörfern im Waadtländer Mittelland. Ist das Zufall? Wahrscheinlich schon. Aber die Leute in dieser Region, in Rances, Baulmes oder St-Barthélemy, haben eine besondere Affinität zum Fussball. Es gibt nur wenige Einwohner in den Dörfern, keine Kinos und Spielsalons, aber schöne Fussballplätze. Als ich klein war, spielten meine Brüder und ich jeden Tag, auch wenn es schneite. Doch eine tiefere Bedeutung? Man sollte solche Dinge nicht überbewerten. Aber in diesem Gebiet gilt der Fussball etwas. Arnaud und ich sind nicht die Einzigen. Es gibt noch Anthony Favre, den Goalie von Lausanne. Oder Jérémy Manière, einen jungen Verteidiger im FC Thun. Oder Mirko Salvi, Nachwuchsgoalie des FC Basel. Sie alle kommen aus dieser Umgebung. Und es gibt die Geschichte des Klubs aus dem Dörfchen Baulmes, in dem es keine 1000 Einwohner hat. Er schaffte es vor ein paar Jahren bis in die Challenge League. Zu den Heimspielen kamen stets mehr als 1500 Zuschauer. Verrückt. Und da ist noch Favre. Ein Welttrainer. Er kehrt immer wieder nach St-Barthelemy zurück, wenn er keine Inspiration mehr hat. Vielleicht liegt in diesem Gebiet etwas in der Luft (lacht).
Erinnern Sie sich an Ihr erstes Spiel in der Super League? Geben Sie mir etwas Zeit (überlegt). Das war mit Xamax.
«Das waren verrückte, wilde, tolle Jahre.» Ja. Sie haben ein Tor geschossen. Ja, das war 2003. Ich war 19-jährig. Wir spielten in Basel. Claude Ryf schenkte mir das Vertrauen, aber ich war nervös. Ein paar Minuten vor Schluss schoss ich den Anschlusstreffer zum 2:3. Schliesslich verloren wir 2:4. Anderthalb Jahre später, im Januar 2005, wechselten Sie zum FC Zürich. Wegen Favre? Vor allem, weil ich in meiner Karriere den nächsten Schritt machen wollte. Der FC Zürich schien mir dafür eine gute Adresse. Zudem konnte ich Deutsch lernen. Aber klar, dass Favre dort arbeitete, war auch ein Grund. Er sprach lange mit meinem Berater, dem ehemaligen Fussballer Walter Fernandez. Er sagte ihm, dass er etwas aufbauen will. Und dass in Zürich etwas entstehen könne. Favre hat recht behalten. Ja, das hat er. Ein halbes Jahr nach meinem Wechsel gewannen wir den Cup, in den zwei darauffolgenden Jahren jeweils die Meisterschaft. Das waren verrückte, wilde, tolle Jahre. Wir waren eine junge Mannschaft. Inler, der Nobody, gekommen vom FC Aarau, spielte gemeinsam mit dem FCZ-Junior Dzemaili im Mittelfeld; Filipescu als Patron in der Verteidigung; César und ich im Couloir. Sie wurden mit dem FC Zürich dreimal Meister. Welcher Titel bedeutet Ihnen am meisten? Alle stehen auf derselben Stufe. Hinter jedem Titel stecken unzählige Stunden Arbeit, viel Wille und Fleiss, Hingabe
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und Verzicht. Es ist nicht möglich, den Wert von Titeln gegeneinander auszuspielen. Welchen Titel haben Sie am intensivsten erlebt? Den ersten, 2006. Weil der erste Meistertitel im Gefühl etwas Besonderes ist. Da weiss man noch nicht, wie sich das anfühlt. Was das in einem freisetzt. Dazu war die Dramaturgie damals wie gemacht für einen Thriller. An einem Mittwoch konnte Basel in Bern Meister werden, aber YB spielte dank Hakan Yakin überragend, gewann 4:2. Dann folgte die Finalissima in Basel. Es stand 1:1, die Nachspielzeit lief, Basel wäre Meister gewesen. Dann flankte Stahel, und Filipescu traf zum 2:1. Ich sass damals auf der Bank, ausgewechselt. Ich konnte nicht hinschauen. Es gibt kein anderes Wort als Wahnsinn für das, was damals passiert ist. Zum FC Zürich pflegten Sie eine spezielle Beziehung. Warum? Weil es ein toller Klub ist, geführt von tollen Leuten, mit tollen Fans. Wir feierten gemeinsam Erfolge. Da entsteht automatisch ein Kitt. Dem Sportchef Fredy Bickel standen Sie besonders nahe. Fredy und ich hatten kein Verhältnis, wie es ein Sportchef normalerweise mit einem Spieler hat. Das war mehr. Fredy war wie ein Freund, hat sich immer um mich gekümmert. Er hat mir zugehört und meine Meinung akzeptiert. Oft war er auch wütend auf mich, aber er blieb immer anständig. Warum war er wütend? Er sagte manchmal, ich hätte einen Dickschädel. Wegen der Geschichte mit dem Zusatztraining? Ich war damals jung und motiviert, ja übermotiviert. Im ersten Jahr trainierte ich zusätzlich zu den Trainings mit dem
Team täglich für mich allein. Ich war ein Perfektionist, aber hatte keine Ahnung von der Trainingslehre. Das zeigte sich auf dem Platz. Mein Körper war oft müde. Da wurde Bickel nervös (lacht). Bickel sagt, Sie seien auf eine besondere Art sensibel. Das kann sein. Aber ich bin älter geworden und reifer. Damals war ich sehr froh, dass Fredy im FCZ war. In vielen Situationen war ich unsicher. Als ich nach Spanien gehen wollte, unterstützte er mich. Er gönnte mir den Wechsel. Als ich vor einem halben Jahr das Angebot des FC Sion bekam, brachte er Verständnis auf. So ist er. Immer loyal. Im Sommer 2007 wechselten Sie nach Spanien zu Osasuna. Die richtige Entscheidung? Ja. Es gab damals andere Angebote. Doch ich war überzeugt, dass Osasuna eine gute Wahl sei. Ich wollte unbedingt nach Spanien. Im ersten Halbjahr ging alles gut. Der Trainer José Angel Ziganda liess mich regelmässig spielen, ich adaptierte mich schnell an das höhere Tempo. Aber im Februar 2008 riss mein Kreuzband. Das warf mich zurück. Für die neue Saison war ich optimistisch, weil Ziganda mir Mut zusprach. Aber im Oktober wurde er nach sechs Spielen und vier gewonnenen Punkten entlassen. Dann kam José Antonio Camacho, der mich nicht kannte und auch nicht kennenlernen wollte. Waren Sie enttäuscht von Camacho? Nein. Die Situation des Teams war prekär und ich nicht fit. Camacho sollte recht behalten mit seinen Entscheiden. Osasuna schaffte später den Ligaerhalt. Da waren Sie nicht mehr dabei, weil sie leihweise zum FCZ zurückgingen. Bernard Challandes wollte Sie unbedingt haben. Ja, das war so. Vielleicht hat Challandes in meiner Karriere tatsächlich einiges beeinflusst (lacht).
Xavier margairaz Der FCZ wurde daraufhin Meister. Fredy Bickel sagt, Sie hätten nie besser gespielt als in diesem Halbjahr. Ich will das nicht beurteilen. Aber es lief gut. Persönlich und im Team. Was ist aus Spanien geblieben? Ich habe viel gelernt. Im Fussball und fürs Leben. In Spanien bin ich erwachsen geworden. Und ich habe Menschen kennengelernt, die mir Eindruck gemacht haben. Walter Pandiani zum Beispiel. Der war Nationalspieler Uruguays, ein Star im Team. Aber Ziganda setzte nicht auf ihn. Pandiani verlor nie ein böses Wort, trainierte mit vollem Engagement, monatelang. Als dann Camacho kam, durfte Pandiani spielen und rettete das Team mit 12 Saisontoren vor dem Abstieg. Würden Sie noch einmal ins Ausland wechseln? Wenn sich noch einmal die Möglichkeit ergibt und alles passt: sicher. Ich bin im besten Alter. Sie leben seit einem halben Jahr im Wallis. Wie gefällt es Ihnen? Die Sonne, die Berge, die Ruhe – es ist wunderbar, hier zu arbeiten. Zuvor habe ich lange in Zürich gewohnt. Das war auch toll, weil Zürich eine pulsierende Stadt ist. Aber für unsere Söhne ist das Wallis ideal. Hier sind die Wege kürzer, es gibt weniger Anonymität, mehr Platz. Meine Familie und ich haben in Monthey eine schöne Wohnung gefunden. Mit dem Auto bin ich in 15 Minuten im Training in Martigny. Wenn ich freihabe, sind wir schnell in Lausanne oder der Innerschweiz. War das Angebot von Constantin ein solches, das man nicht ablehnen kann? Er hat mich im Winter kontaktiert, ich signalisierte Interesse, wir trafen uns, redeten miteinander. Mir wurde ein guter Vertrag über dreieinhalb Jahre offeriert. Ich zögerte nicht lange. Dann teilte ich dem FC Zürich meine Absicht mit.
Stimmt es, dass Constantin Sie mit seinem Privatflugzeug im Trainingslager des FCZ in Portugal abholte und direkt ins Trainingscamp des FC Sion nach Tunesien flog? Ich habe das gelesen. Aber das stimmt nicht. Ich weiss nicht, wer Interesse hat, solche Geschichten zu verbreiten. Ich flog mit einem Linienflugzeug von Portugal in die Schweiz und fuhr nach Martigny, um zu unterschreiben. Danach flog ich mit Constantins Privatjet nach Tunesien ins Trainingslager. Wie haben Sie das vergangene Halbjahr erlebt, als der FC Sion mit den 36 vom Verband verhängten Minuspunkten leben musste? Glauben Sie mir, das war keine schöne Zeit. So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Wir haben alle immer gesagt, dass uns die Situation nicht belastet. Aber das stimmte nicht. Niemand kann am Morgen ins Training fahren und unbeschwert sein, wenn er nicht weiss, ob er bald in der Barrage, um den Ligaerhalt, oder um einen Europacup-Platz spielt.
Xavier Margairaz Geboren am 7. Januar 1984
Aus Rances im Waadtland, ist Mittelfeldspieler im FC Sion. Seine Karriere führte ihn über Yverdon, Lausanne und Xamax zum FC Zürich, wo er dreimal Meister und einmal Cupsieger wurde. Zwischenzeitlich spielte er anderthalb Jahre in Spanien bei Osasuna. Seit letzem Winter ist er im Wallis engagiert. Das letzte von 18 Länderspielen bestritt Margairaz im Oktober 2010. (sbu)
Und Ihr bester Mitspieler? Fraglos Yassine Chikhaoui im FC Zürich. Er ist sonderbar talentiert, macht einzigartige Bewegungen mit dem Ball. Er würde für Real Madrid oder Barcelona spielen, wenn er nicht so oft verletzt wäre. (überlegt) Ich meine das im Ernst. Sie können das so schreiben.
Für diese Saison hat Constantin viel investiert und den Kader verstärkt. Was ist möglich für den FC Sion? Unser Team ist auf jeder Position stark besetzt. Und Gennaro Gattusos Mentalität hilft uns in schwierigen Situationen. Eine Prognose wage ich nicht.
Haben Sie Chikhaoui auch genannt, weil er Fussball so spielt, wie es Ihnen gefällt? Ja. Chikhaoui spielt fein, technisch brillant, leichtfüssig, mit Übersicht. Er liebt es, denn Ball am Fuss zu haben, viele kurze Pässe zu spielen anstatt einen langen Ball ins Nichts. Das entspricht meiner Auffassung von schönem Fussball.
Der neue Spielmacher Oussama Darragi spielt hinter den Spitzen. Sie müssen auf die Seite weichen. Stört Sie das? Ich spiele dort, wo mich der Trainer aufbietet. Die Position auf dem Flügel kenne ich vom FC Zürich. Als ich dort spielte, wurden wir Meister.
«Glauben Sie mir, das war keine schöne Zeit.»
Sie haben in Ihrer Karriere gegen einige grosse Spieler antreten dürfen. Wer war der beste? Robinho, als er für Real Madrid spielte. Es ist, als schwebe er über den Platz. Ich glaube, der benötigt keine Kraft, um sich fortzubewegen.
Auch Sie haben den Ball gerne lange am Fuss. Ach, ich kenne diesen Vorwurf. Ich sei zu verliebt in den Ball. Ich muss sagen: Ich habe mich gebessert, spiele deutlich schneller als früher. Trotzdem: Wer nicht ballverliebt ist, übt den falschen Sport aus.
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Goalie Constantin
In der letzten Ausgabe fragten wir: Der Präsident eines Super-League-Vereins hat in seiner Karriere mit zwei aktuellen Trainern einer europäischen Nationalmannschaft zusammengespielt. Wer sind die drei gesuchten Herren? Die Antwort: Christian Constantin, Ottmar Hitzfeld und Bidu Zaugg (Liechtenstein)
Constantins 764 Tage in der NLA
Text: Benedikt Widmer
Nur kurz dauerte die Goaliekarriere von Sion-Patron Christian Constantin. Ehemalige Mitspieler von Xamax und Lugano erinnern sich an den Walliser.
S
t. Gallen, 17. September 1977: Es ist Samstagabend. Ein kühler Wind weht durch das Espenmoos. Der FC St. Gallen empfängt Xamax Neuenburg. 4600 Zuschauer sind gekommen, um ihr Team um Kurt Brander und Martin Gisinger zu unterstützen. Doch sie ahnen nicht, dass sie Zeugen eines historischen Moments werden. Zum ersten Mal betritt jener Mann die grosse Bühne des Schweizer Fussballs, der den Sport hierzulande noch Jahrzehnte lang prägen wird: Christian Constantin. Der Walliser ist 20 Jahre alt, Hochbauzeichner und Torhüter bei Xamax. In den ersten Spielen der Saison setzt Trainer Antonio Merlo noch auf den erfahrenen Schlussmann Pierre Forestier. Doch der selbstbewusste Constantin weiss, dass seine Chance kommen wird. Der mächtige Xamax-Präsident Gabriel Monachon ist sein Mentor. Nach der heftigen 2:5-Schlappe zu Hause gegen den FC Basel ist die Zeit reif: Constantin hütet erstmals das Neuenburger Tor.
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Der Walliser rechtfertigt das Vertrauen. Xamax gewinnt in St. Gallen 1:0, und Constantin wird nach der überzeugenden Leistung auch in den kommenden Spielen eingesetzt. Constantin ist lernfähig, Constantin ist ehrgeizig. In seinen ersten Partien läuft alles nach Plan. Gegen Lausanne auf der Pontaise hält er sogar einen Elfmeter. Mitspieler Rolf Osterwalder erinnert sich: «Constantin war ein Kamikaze-Goalie. Er riskierte stets Kopf und Kragen. Ich fühlte mich nicht unwohl, wenn Christian im Tor stand.» Doch dann kommen im Oktober die Grasshoppers. Der spätere Schweizer Meister spielt mit Xamax und Constantin Katz und Maus. Nach 32 Minuten steht es nach einer Claudio-Sulser-Doublette bereits 0:2, zwei Minuten später erhöht Richard Bauer sogar auf 0:3. Constantin werden erstmals seine Grenzen aufgezeigt. Nach dieser Pleite setzt Trainer Merlo wieder auf Routinier Forestier. Eine harte Zeit für Constantin. Im Training gibt er Vollgas,
getrieben vom Hunger nach Erfolg und Anerkennung. «Wenn es regnete, hechtete Constantin bereits nach fünf Minuten in die Pfütze. Er hatte eine tolle Einstellung», erzählt Osterwalder. «Keine Anzeichen von Unvernunft» Sein Einsatz lohnt sich. In der Rückrunde spielt fast ausnahmslos Constantin. Der 20-Jährige scheint sich in der Nationalliga A zu etablieren. Der Walliser ist ein ruhiger, unaufgeregter Schlussmann. In der Rückrunde kassiert er zwei Gelbe Karten, eine wegen Reklamierens, eine wegen einer Unsportlichkeit. Es werden die einzigen zwei Verwarnungen in seiner Karriere bleiben. Sein damaliger Mitspieler Hans-Peter «Bidu» Zaugg: «Er fiel nicht auf. Er war jung, es gab damals noch keine Anzeichen, dass er unvernünftig werden könnte.» Die Abstiegsrunde wird für Xamax zum Fiasko. Aber die Neuenburger kommen mit einem blauen Auge davon. Zwei Punkte trennen sie schlussendlich vom Abstieg. Dabei werden auch Constantins Schwächen offensichtlich: Auf der Linie ist er stark, aber die Strafraumbeherrschung ist das grosse Defizit des Goalietalents. Das sieht auch der auf die neue Saison hin installierte Trainer Erich Vogel so, der Keeper Hans Stemmer mitbringt. «Ich holte Stemmer zu Xamax, um einen erfahrenen Goalie zu haben», erinnert sich Trainer Vogel. Constantins
Christian Constantin Geboren am 7. Januar 1957.
1977/1978: Xamax Neuenburg (17 Spiele) 1978/1979: Xamax Neuenburg (10 Spiele) 1979/1980: FC Lugano (4 Spiele) 31 Spiele in der NLA (2790 Minuten), davon 19 Spiele in der Auf-/Abstiegsrunde 52 Gegentore Clean Sheet: 6 Spiele alle 53 Minuten ein Gegentor 1 Penalty gehalten, 3 nicht pariert 2 Gelbe Karten
zweiter Kontrahent Forestier verlässt den Verein. Die Hierarchie für die Saison 1978/79 ist klar. Nummer 1: Hans Stemmer. Nummer 2: Christian Constantin. Der Walliser trainiert trotzdem wie ein Verrückter. Vogel: «Constantin wollte mit dem Kopf durch die Wand, er machte alles für die Karriere. Aber er hatte zu wenig Erfahrung. Er konnte das Spiel nicht lesen. Ihm fehlte die Spielintelligenz.» Constantin kommt bis zur Winterpause nicht mehr zum Einsatz. Stets sitzt der stolze Walliser auf der Ersatzbank. Doch er bleibt ruhig. «Er konnte an der Situation nichts ändern. Ich war sehr zufrieden mit dem Stammgoalie Stemmer. Constantin war schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort», erklärt Trainer Vogel. «Ein ziemlicher Frauenschwarm» Dank einer starken Hinrunde zementiert Stemmer seine Rolle als Nummer 1. Über seinen jungen Rivalen sagt er: «Christian war nicht glücklich mit der Situation als Ersatzspieler. Aber er merkte, dass er gegen mich keine Chance hatte.» Die Konkurrenten teilen ab und zu das Zimmer. Probleme gibt es keine. Stemmer: «Christian war ein mittelmässiger Goalie. Sein Talent reichte knapp nicht für die Nationalliga A. Auf der Linie war er noch
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am besten. Mühe bekundete er beim Herauslaufen. Er war ein guter Ersatzgoalie, mehr nicht.» Auch Osterwalder ist überzeugt: «Constantin hatte nicht die Klasse für die Nationalliga A. Zudem hatte er mit Gewichtsproblemen zu kämpfen.» Denn geniessen, das konnte Constantin schon damals. Nicht nur das Essen, wie sich Robert Lüthi erinnert: «Christian war noch jung, und er war als Gentleman überall gern gesehen – besonders bei der Damenwelt. Er war ein ziemlicher Frauenschwarm.» Im Team hingegen gilt er als ruhiger, introvertierter Typ. Als Ersatzgoalie gehört er nicht zu den Wortführern. Seine dunkelbraunen Haare trägt er mittlerweile länger als in seiner ersten Saison. «Christian war ein anderer Typ als heute. Er akzeptierte seine Rolle als Ersatzmann», so Stemmer. Zufrieden ist er freilich nicht angesichts seiner ins Stocken geratenen Karriere. Der Walliser schottet sich immer mehr ab. Er ärgert sich vor allem über Trainer Erich Vogel, dessen lange Reden zum Einschlafen seien. «Constantin suchte mit Vogel nicht die offene Konfrontation, aber im kleinen Kreis nervte er sich masslos über dessen ausschweifende Theorielektionen», erzählt Osterwalder. Zudem spielt Xamax auch in der Saison 1978/79 keinen be-
rauschenden Fussball. Erneut wird die Finalrunde knapp verpasst. Auch für Constantin ändert sich im neuen Jahr wenig: In der Abstiegsrunde ist sein Stammplatz die Ersatzbank. Doch im April verletzt sich Stammkeeper Stemmer. Eine alte Verletzung am Ellbogen macht sich wieder bemerkbar, ausgerechnet am Tag vor dem CuphalbfinalHit gegen Servette. Es ist das Spiel des Jahres für Xamax. Die medizinische Abteilung versucht alles, um Stemmer fit zu spritzen. Ohne Erfolg. Am 14. April 1979 spielt Xamax auf der Charmilles im Cuphalbfinal gegen Servette. Im Tor: Christian Constantin, mittlerweile 22 Jahre alt und seit knapp einem Jahr ohne Spielpraxis. 10 500 Zuschauer säumen das Spielfeld, einen grösseren Publikumsaufmarsch wird Constantin als Torhüter nie mehr erleben. Es ist das wichtigste Spiel seiner Karriere. Dennoch bleibt er ruhig. Der Mann hat Nerven wie Drahtseile und spielt fehlerlos. Bis zur 87. Minute führt Xamax 2:1. Doch dann zerfetzt der Holländer Piet Hamberg mit einem Doppelschlag sämtliche Neuenburger Cupfinal-Träume. «Constantin machte ein tolles Spiel. Leider verloren wir diese sehr wichtige Partie», resümiert Osterwalder. Trainer Vogel ereifert sich noch heute: «Schieds-
Goalie Constantin Constantin als Torwart 2012: 7 von 18 Schüssen aus 18 Meter hielt der Sion-Präsident gegen seinen ivorischen Mittelfeldmann Serey Die – trotz gebrochenem Finger, wie CC betonte. Bei 14 von 20 verwandelten – so die Wette – wäre dem Ivorer drei Tage lang Constantins Ferrari zur Verfügung gestanden. Zum Glück kam es nicht dazu: «Ich hätte ihm meinen Fahrlehrer als Kindermädchen ins Auto gesetzt. Sonst wäre die Kiste nicht heil zurückgekommen.»
richter Ernst Dörflinger pfiff klar gegen uns. Das war ein Skandal. Aber Constantin spielte stark.» «Er war ein Einzelgänger» Weil Stemmer bis zum Saisonende ausfällt, kommt Constantin auch in den letzten zehn Spielen zum Einsatz. Der Walliser ist engagiert. Doch mehr als einmal kassiert er drei oder mehr Tore. Gegen Chênois verliert Xamax sogar mit 3:6. Die Neuenburger entkommen wie im Vorjahr nur knapp dem Abstieg. Constantin merkt,
dass seine Zeit bei Xamax abgelaufen ist, und wagt im Sommer 1979 einen Neuanfang. Er wechselt zu NLA-Aufsteiger Lugano, der soeben Trainer Istvan Szabo von Sion verpflichtet hat. Das ist die grosse Chance für Constantin, denn Szabo ist ein alter Walliser Bekannter. «Constantin ging bei Xamax freiwillig. Ich habe ihn nicht weggeschickt. Er dachte wohl, dass er im Tessin mehr zum Einsatz kommt», erklärt Vogel. Constantin wohnt in Lugano zuerst in einem Hotel im Stadtzentrum, zusam-
men mit Erich «Rico» Jauner, dem Neuzuzug vom FC Bern. Jauner erinnert sich: «Christian war ein angenehmer Zimmergenosse. Aber oft war er gar nicht im Hotel. Er hatte zu jener Zeit noch eine Wohnung in Neuenburg und war viel unterwegs.» Im Team sei er nie integriert gewesen. «Er war ein Einzelgänger und redete ausschliesslich Französisch», erzählt auch Fredy Gröbly, ein anderer Mitspieler aus jener Zeit. Lediglich mit Trainer Szabo verbringt der Walliser viel Zeit. Sie diskutieren über Systeme und Trainingsmethoden. Constantins Konkurrent auf der Torhüterposition ist Claudio Wagner. Ein Tessiner, ein Einheimischer. Wagner ist in der Region verankert und geniesst als Aufstiegstorwart auch im Team grossen Rückhalt. Klar, dass Wagner, der Liebling der Vereinsführung, die Saison als Stammtorhüter beginnt. Doch schon am dritten Spieltag kommt Constantin zum Einsatz, der Liebling von Trainer Szabo. Zum Erstaunen vieler: «Constantin war schon damals ein extremer Typ. Er war sehr trainingsfleissig. Aber zur klaren Nummer 1 reichte es nicht. Er war zu wenig talentiert», urteilt Jauner. Der Walliser trägt bei Lugano Scheitel und einen trendigen Schnauz. Mit einem kleinen Fiat chauffiert er Teamkollege Jauner jeweils zum Training. Die beiden
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Sag mal: Fehlt dir was?
32 Ausgaben sind bislang erschienen, davon braucht man eigentlich alle. Wer eine verpasst hat, kann diese selbstverständlich nachbestellen. Damit ihr euch in 30 Jahren nicht grün und blau ärgern müsst, wenn ihr die Sammlerpreise für diese Hefte auf Ebay sieht. Und natürlich auch, weil sie fast ebenso viel Spass bei der Lektüre bieten wie eine brandaktuelle Nummer. www.zwoelf.ch/nachbestellungen
Goalie Constantin Neuzuzüge verstehen sich gut, sie reden über Gott und die Welt. Doch über seine Ambitionen als Architekt spricht Constantin nie. Er ist in Lugano Profifussballer. Neben dem Sport bleibt keine Zeit für ein Studium oder einen Job. Aufsteiger Lugano spielt eine miserable Vorrunde und bleibt in der NLA ohne Chance. Weder Wagner noch Constantin können die hohen Niederlagen verhindern. «Das war unser grosses Problem. Wir hatten keine guten Goalies. Sowohl Wagner als auch Constantin waren für die Nationalliga A zu schwach», meint Jauner. Im Herbst 1979 wird die Lage im Tessin immer ungemütlicher. Trainer Szabo gerät ins Kreuzfeuer der Kritik.
Als im September nur noch Wagner zum Einsatz kommt, beschwert sich Constantin lauthals bei der Klubführung. Das kommt nicht gut an. «Constantin wurde aufmüpfig, er war nicht zufrieden mit der Ersatztorhüterrolle», erinnert sich Jauner. Am 20. Oktober 1979 versucht Trainer Szabo alles, um seinen Kopf zu retten. Nach einer 1:5-Niederlage gegen Zürich und der 0:8-Ohrfeige bei Servette setzt er ein letztes Mal auf Constantin. Vergeblich: Lugano verliert zu Hause auch mit Constantin im Tor gegen Luzern 1:4. Dann kommt der grosse Knall. Trainer Szabo wird fristlos entlassen. Gleichzeitig muss auch sein 22-jähriger Zögling
Constantin den Verein verlassen. Lugano gibt als Begründung disziplinarische Gründe an. Teamkollege Jauner kann das bis heute nicht verstehen: «Das war überraschend. Es gab keinen eigentlichen Eklat mit Constantin. Niemand kennt die genauen Gründe. Die Klubleitung dachte wohl, es sei am besten, beide gleichzeitig freizustellen, um Ruhe zu haben.» Nach 764 Tagen oder 2790 Spielminuten ist Constantins NLAKarriere beendet. Kurz noch spielt er bei Monthey in der Nationalliga B, dann hat er genug vom Fussball. Erst 1992 taucht Constantin wieder auf – als Präsident des FC Sion und millionenschwerer Architekt. Der Rest ist Geschichte.
Das grosse adidas-Quiz ZWÖLF präsentiert in jeder Ausgabe das etwas anspruchsvollere Quiz. Zusammen mit adidas stellen wir euch jeweils eine Frage, für die einschlägige Internetsuchportale mit einer einfachen Abfrage keine brauchbaren Resultate liefern. Wer hier reüssiert, darf sich mit Recht zum erlauchten Kreis der Fussballkenner zählen. Stellt ihr euch der Herausforderung?
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Und ewig lacht der Sepp
Text: Jean-François Tanda / Bild: Keystone
Ob sich in der FIFA was ändert nach den jüngsten Verwerfungen? Höchst zweifelhaft. Ob sich Blatter auch weiterhin winden wird? Höchst wahrscheinlich.
J
oseph «Sepp» Blatter hat kein einfaches Leben. Immer wieder wird er falsch verstanden. Als Präsident des Weltfussballverbandes FIFA hat er viele Neider und Feinde. Sie drehen ihm die Worte im Munde um. Doch trotz aller Widerwärtigkeiten: Während weltweit das Sprichwort gilt «Wer zuletzt lacht, lacht am besten», lacht bei der FIFA immer wieder der Gleiche: der Walliser, dem Papa der Legende nach schon früh eine Karriere als Profifussballer verboten habe. Korruption? Schmiergelder? Schummeleien? Immer waren es die anderen, nicht er. Doch Blatters Kulisse fängt langsam an zu bröckeln. Den letzten Rückschlag musste er Anfang Juli hinnehmen, als das Sportgericht in Lausanne die lebenslange FIFA-Sperre gegen Mohammed Bin Hammam aufhob. Der Mann aus Katar hatte sich erdreistet, im Rennen um die FIFA-Präsidentschaft 2011 gegen Blatter anzutreten. Doch das Imperium schlug zurück, Bin Hammam wurde wegen angeblicher Bestechung von der FIFA-Justiz lebenslänglich gesperrt. Nun haben die Richter in Lausanne diese Verurteilung aufgehoben. «Bis der Teufel weg ist» Das Verdikt aus Lausanne ist kein Ruh-
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mesblatt für die FIFA-Justiz. Sie hatte Bin Hammam 2011 grad rechtzeitig sperren lassen, damit der FIFA-Kongress – also das Parlament – ihn nicht als Nachfolger Blatters zum Präsidenten wählen konnte. Praktischerweise verbannte die sogenannte FIFA-Ethikkommission den Katarer so früh, dass sein Name auf den Stimmzetteln gar nicht mehr aufgeführt war. Somit konnte das FIFA-Parlament am 1. Juni 2011 nur einen einzigen Namen ankreuzen: jenen des ewigen Präsidenten Blatter. Heute weiss man allerdings: Die Justiz von Blatters Gnaden hat versagt. Der Vorwurf lautete, der Mann aus dem Wüstenstaat habe versucht, in der Karibik Stimmen zu kaufen. 40 000 Dollar pro Stimmberechtigten habe er bezahlt, um FIFA-Präsident zu werden. Doch die Sportrichter in Lausanne kamen zum Schluss, dass es dafür keine Beweise gebe. Nach seinem Freispruch hat Bin Hammam im engsten Freundeskreis angekündigt, dass er nicht ruhen werde, bis der «Teufel» weg sei. Der Teufel, damit meint er Blatter. Und er ist nicht der Einzige, der so denkt. Auch João Havelange, Vorgänger Blatters und heute Ehrenvorsitzender, wolle sich den kleinen Walliser vorknöpfen, munkelt man in Brasilien.
Der 96-jährige Brasilianer fühlt sich vom 20 Jahre jüngeren Blatter verraten. Denn nachdem Mitte Juli die sogenannte ISL-Einstelllungsverfügung – eine FIFA-Korruptionsakte der Zuger Justiz – veröffentlicht worden ist, weiss die ganze Welt, was Blatter schon immer wusste: Havelange hatte über Jahre hinweg Schmiergelder von einer FIFA-Geschäftspartnerin kassiert. Dennoch spielte Blatter den Entsetzten und forderte in einem Interview, man müsse Havelange die Ehrenpräsidentschaft aberkennen. Dabei war Blatter die ganzen Jahre ein Mitwisser, wie etwa Weggefährten bestätigen. Die drei vom Fax Eine heisse Nacht in Saudi-Arabien. In einem Hotel in der Hauptstadt Riad stehen drei Männer um ein Faxgerät und warten auf ein Dokument. Auf gar keinen Fall soll irgendjemand sehen, was aus dem Fax herauskommen würde. Wir schreiben das Jahr 1997, und die Fussballmannschaften von Brasilien, Aus tralien, Tschechien und Uruguay spielen in Saudi-Arabien um den Confederation Cup. Zum ersten Mal ist der Weltfussballverband FIFA Organisator des Turniers, das vom 12. bis zum 21. Dezember dauert. Die drei Männer rund um das Faxgerät sind bis heute prominente Figuren im Weltfussball: Havelange, damals FIFA-Präsident, stand neben Blatter, seinem Generalsekretär. Der dritte Mann im kleinen Kreis war Jean-Marie Weber, damals Chef der Sportvermarktungsagentur ISL aus Zug, der FIFAGeschäftspartnerin, die ihr Business
Fifa
mit Schmiergeldzahlungen absicherte. Jahrelang hat die ISL von der FIFA die Exklusivrechte erhalten, um Fussballweltmeisterschaften zu vermarkten und WM-Fernsehrechte zu verkaufen. Für diesen Gefallen liessen sich die Fussballfunktionäre privat bezahlen. 15 Jahre nach der heissen Nacht in Riad gewinnt die von Augenzeugen beschriebene Szene rund um das Faxgerät plötzlich wieder an Aktualität. Das Ereignis bettet sich nämlich perfekt in eine Liste von Schmiergeldzahlungen ein,
deren Begünstigte FIFA-Funktionäre waren. Neun Monate vor dem Fax nach Riad erhielt Havelange 1,5 Millionen Franken, drei Monate später flossen weitere 2,5 Millionen Franken an eine Tarnfirma, die ihm gehört. Das alles lässt sich mittels der sogenannten ISL-Akte bzw. FIFA-Korruptionsakte nachweisen. Mit Entscheid vom 3. Juli 2012 hat das Bundesgericht in Lausanne veranlasst, dieses 41-seitige Dokument der Zuger Justiz für die Öffentlichkeit freizugeben. Es handelt
sich dabei um die Einstellungsverfügung, mit welcher ein Zuger Staatsanwalt seine jahrelangen Ermittlungen im Dunstkreis der FIFA abgeschlossen hat. Im Visier seiner Untersuchungen rund um Schmiergelder standen einerseits die FIFA als Organisation, anderseits Ehrenpräsident Havelange und dessen Ex-Schwiegersohn Ricardo Teixeira, ehemaliger Präsident des brasilianischen Fussballverbandes. Im Mai 2010 bezahlten die drei Parteien 5,5 Millionen Franken, um eine drohende Anklage gegen
sie abzuwenden. Blatter liess daraufhin mitteilen, er sei von «jeglichem Fehlverhalten» freigesprochen worden. Was aber so nicht stimmt: Vielmehr musste er tief in die FIFA-Kasse greifen, um ein Strafverfahren gegen sich selber abzuwenden, wie die Einstellungsverfügung dokumentiert. Bombe in kleiner Runde 21. September 2009, ein Montag. Die Zuger Staatsanwaltschaft hat zu einem geheimen Treffen eingeladen. Blatter kommt in Begleitung des FIFA-Anwaltes. An der Sitzung mit dabei sind auch der Oberstaatsanwalt des Kantons Zug sowie Sonderermittler Thomas Hildbrand, ein Experte für Wirtschaftskriminalität. In der kleinen Runde, laut Einladung eine «Informationsrunde», lässt der Sonderermittler eine Bombe platzen. Er informiert über seine vierjährigen Ermittlungen gegen die FIFA und präsentiert seine Erkenntnisse. Seiner Meinung nach liege ein Fall von ungetreuer Geschäftsbesorgung vor. Dann macht er Blatter klar: Entweder die FIFA bezahlt eine sogenannte Wiedergutmachung – oder er müsse damit rechnen, persönlich ins Visier der Strafuntersuchung zu geraten. Was war geschehen? Sonderermittler Hildbrand hat bei seinen Untersuchungen festgestellt, dass eine ehemalige Geschäftspartnerin der FIFA jahrelang Millionen von Franken an FIFA-Funktionäre bezahlt hatte – Schmiergelder. Obwohl die FIFA-Führung davon wusste, hat sie sich das Geld von den Funktionären nicht zurückerstatten lassen. Und damit die Kassen der FIFA geschädigt, der das Geld eigentlich zugestanden hätte. Auch Blatter war ein Mitwisser, blieb aber tatenlos. Wenig verwunderlich hat sich Blatter für die Millionenzahlung aus der FIFAKasse entschieden. Er stellte zudem die Bedingung, dass mit dem geplanten Deal auch die Ermittlungen gegen Havelange und Teixeira eingestellt werden müssten. Keine vier Monate nach dem Geheimtreffen war der Deal beschlossene Sache. Havelange bezahlte eine halbe Million zurück, Teixeira 2,5 Millionen. Die FIFA schliesslich musste 2,5 Mil-
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lionen Franken an eine gemeinnützige Organisation bezahlen und die Verfahrenskosten von 91 970.70 Franken übernehmen. Die Übersetzungskosten in Höhe von über 5000 Franken übernahm der Staat. Letztlich ein Gewinngeschäft Das FIFA-Exekutivkomitee wurde nie angefragt, ob die FIFA die 2,5 Millionen Franken bezahlen soll, damit Blatter den Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Heute kann die FIFA-Medienabteilung das Vorgehen auch gut begründen: Da Teixeira und Havelange 3 Millionen Franken in die FIFA-Kasse zurückbezahlten, der Weltverband aber selber nur 2,5 Millionen bezahlen musste, sei der Deal unter dem Strich ein Gewinngeschäft gewesen. Seit Veröffentlichung der brisanten Akten hat Blatter in wenigen Tagen mehrere bemerkenswerte Volten vollführt: Erst liess er mitteilen, nun sei bewiesen, er sei nicht in den Fall «verwickelt». Einen Tag später musste er einräumen, dass er von den Bestechungsgeldern gewusst, aber nichts dagegen unternommen habe. Mit anderen Worten: Er war eben doch darin verwickelt. Er begründete seine Passivität gegenüber den geschmierten Funktionären damit, dass die Zahlungen legal gewesen seien. Wieder einen Tag später krebste Blatter erneut zurück, dieses Mal, um zu sagen, er wolle Bestechung nicht rechtfertigen. Und zuletzt sagte er in einem Interview, doch nichts von den Schmiergeldern gewusst zu haben. Trotz aller Beweise gegen ihn: Mitwisser Blatter, der Schmiergelder jahrelang toleriert hat, führt sich weiterhin als Reformer der FIFA auf. Support erhält er dabei von Mark Pieth, Basler Strafrechtsprofessor und Präsident der OECD-Arbeitsgruppe gegen die Korruption. Dieser sagt, es gebe keine Alternative zu Blatter. Zur Kenntnis genommen Doch Pieth verschliesst die Augen vor der Realität. Bisher hat er als Chef der sogenannten unabhängigen Kommission nichts erreicht. Dass die sogenannte Ethikkommssion der FIFA in zwei Kam-
mern aufgeteilt werde – in eine Staatsanwaltschaft und in ein Gericht –, das hatte Blatter bereits anlässlich seiner Wiederwahl im Juni 2011 angekündigt und vom FIFA-Parlament absegnen lassen. Diese Zweiteilung ist keine Erfindung von Pieth, auch wenn dieser diese Neuerung als zentrales Element seiner FIFA-Reform bezeichnet. Mit all den anderen, ebenso wichtigen Neuerungen ist Pieth bisher gescheitert: Weder will Blatter sein Präsidentensalär öffentlich machen, noch ist derzeit vorgesehen, Personen von ausserhalb der sogenannten FIFA-Familie in die FIFA-Regierung aufzunehmen. Amtszeitbeschränkung, Alterslimite für FIFA-Funktionäre – all diese Vorschläge von Pieth hat die FIFA bislang lediglich zur Kenntnis genommen. Immerhin: Die FIFA besitzt nun ein sogenanntes Audit-Komitee, das über die Finanzen und eine gute Geschäftsführung wacht. Und seit Mitte Juli hat die FIFA zwei neue Köpfe, mit denen sie nach aussen Werbung in eigener Sache macht. Ein ehemaliger Staatsanwalt aus den USA ist nun Chef der FIFA-Staatsanwaltschaft; ein deutscher Strafrichter ist nun Chef des FIFA-Gerichts. Ob die FIFA-Justiz damit wahrlich unabhängig sein wird, muss sich weisen. Bisher durfte die FIFA-Justiz nur tätig werden, wenn die FIFA-Regierung damit einverstanden war. Das soll sich nun ändern, sagt Blatter. Allerdings hat er bei der Präsentation des neuen Ethik-Kodex bereits geschummelt. Entgegen seinen Ankündigungen wird es weiterhin Verjährungsfristen für Verstösse geben. Die Ausnahmen sind Korruption und Bestechung. Allerdings: Die Schweizer Justiz hatte nicht wegen dieser beiden Delikte gegen die FIFA, Havelange und Teixeira ermittelt, sondern wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Veruntreuung. Da solche Delikte FIFA-intern nach zehn Jahren verjähren, ist Blatter bereits heute fein raus aus der Sache. Und lacht sich wahrscheinlich ins Fäustchen. Mehr zum Thema: Auf S. 64 findet ihr eine Rezension von «Fifa-Mafia»
Fifa schon unter Blatters Vorgänger João Havelange. Er galt als Protegé beider. Kein Wunder: ohne Warner keine Stimmen aus der Concacaf-Zone. Und die konnten entscheiden über Wahl oder Nichtwahl eines FIFAPräsidenten. Umso einschneidender muss es für Warner gewesen sein, als ihn Blatter im Zuge der Causa Bin Hammam verstiess. Er polterte los, der FIFA-Präsident müsse «gestoppt werden». Verklausuliert beschuldigte er ihn des Bestechungsversuchs gegenüber der Concacaf. Warner drohte, «bald sehr viel mehr zu dieser Sache zu sagen» und einen E-Mail-Verkehr mit Blatter zu veröffentlichen. Dazu kam es nie. Warner ist verstummt, ohne Angaben von Gründen.
Das Schweigen der Männer Text: Silvan Lerch
Jeder gegen jeden: Wenn FIFAFunktionäre drohen, sich anzugreifen – und dann doch lieber nichts sagen.
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ielleicht bereitet sich der gefallene einstige FIFA-Präsidentschaftskandidat Mohammed Bin Hammam ja tatsächlich auf seinen persönlichen Rachefeldzug gegen Sepp Blatter vor (vgl. Haupttext). Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe erfuhr aber zumindest die Öffentlichkeit noch nichts von einer Abrechnung. Das passt ins Bild, das sich von den Hauptfiguren der Affäre um Bin Hammam zeichnen lässt. Zuerst bauen sie eine Drohkulisse auf und kündigen brisante Enthüllungen an. Dann aber folgen ihren Worten keine Taten. Erdrückende Beweislast Als sich Bin Hammam vom Wahlhelfer Blatters zu dessen Rivalen entwickelte, versprach er, für mehr Transparenz innerhalb der FIFA zu sorgen. Er bewirkte das Gegenteil: Der Katarer verstrickte sich selber in schwierig durchschaubare Aktionen. Während seines Wahlkampfs 2011 bat er Jack Warner, Vertreter der karibischen Verbände zu einer Veranstaltung nach Trinidad einzuladen. Warner war damals Präsident der nord- und zentralamerikanischen Konföderation Concacaf und FIFA-Vizepräsident. Schilderungen und Dokumente von Teilnehmern der Veranstaltung nähren die
Vermutung, dass dabei versucht wurde, Stimmen für Bin Hammam zu kaufen. Der internationale Sportgerichtshof TAS hat ihn nun zwar mangels Beweisen freigesprochen. In der Urteilsbegründung räumt er aber Zweifel ein an dessen Unschuld. Deshalb rollt die Ethikkommission der FIFA den Fall nochmals auf. Sie trieb mit der Aufarbeitung der Ereignisse in Trinidad bereits Jack Warner in die Enge. Obwohl der sofort betont hatte, die fraglichen Summen an die geladenen Concacaf-Mitglieder stammten von Bin Hammam, führten Nachforschungen dazu, dass er von all seinen Ämtern suspendiert wurde. Schliesslich blieb Warner nur noch der Rücktritt. Zu erdrückend scheint die Beweislast. Allerdings entzog er sich so weiteren Untersuchungen, stellte doch die FIFA als Gegenleistung das Verfahren ein. Angriff gegen Blatter Damit ersparte sie sich und Warner wohl einiges Ungemach. Warner gilt als dubiose Figur, die ihre Macht dafür nutzte (oder missbrauchte – je nach Sichtweise), einträgliche Geschäfte zu machen. Kraft seines Amtes verdiente Warner persönlich am Verkauf von Fussball-Tickets und -Fernsehrechten,
Bruch der Verbündeten Chuck Blazer schweigt nun ebenfalls. Dabei hatte der Generalsekretär der Concacaf als Whistleblower die ganze Affäre um Bin Hammam erst ins Rollen gebracht. Aufgeschreckt durch Rapporte von Verbandsmitgliedern, die am ominösen Treffen mit Bin Hammam und Warner in Trinidad teilgenommen hatten, liess er ein Dossier zu den Vorgängen erstellen. Daraufhin warf er den beiden Verschwörungstaktik und Bestechung vor. Blazer profilierte sich als Saubermann. Dabei profitiert der US-Amerikaner selbst von seinem Amt im FIFA-Zirkel. Nebst üppigem Verdienst als Generalsekretär der Concacaf-Zone erhält er seit über zwanzig Jahren jeweils zehn Prozent aus den Marketingeinnahmen seiner Föderation. Diese Millionenbeträge fliessen direkt in die Kasse eines Unternehmens auf den Cayman Islands – einer Steueroase. Den Deal schloss Blazer in den 90erJahren mit… Jack Warner ab. Zuvor hatten sie sich die Posten des Generalsekretärs respektive Präsidenten der Concacaf praktisch gegenseitig zuschanzen können. Nach dem Bruch zwischen ihnen knirscht es im Gebälk. Der Concacaf droht ein Verfahren wegen unterlassener Steuerzahlungen, und die verbandsinterne Kritik an Blazer nimmt zu. Dieser attestiert sich indes, «einen hervorragenden Job» gemacht zu haben. Mehr will er nicht sagen. Braucht er vielleicht auch nicht. Sein Vorbild heisst João Havelange. Der wurde mittlerweile als Begünstigter von Schmiergeldzahlungen überführt.
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Gebrochene Herzen
Kein anderer Klub der Welt wurde so oft Landesmeister wie sie. Jetzt werden die bankrotten Glasgow Rangers zwangsrelegiert. Schottland bebt.
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m Fussball gibt es eigentlich nie einen sicheren Tipp für eine Wette beim Buchmacher. Aber jetzt gibt es einen, der ist fast sicher: Diese Saison gewinnt Celtic Glasgow die schottische Meisterschaft. Doch die Gewinnchance ist naturgemäss erbärmlich: Wer 100 Pfund setzt, bekommt Ende Saison 106 Pfund zurück, falls Celtic den Pokal stemmt. In den letzten 27 Jahren gewannen übrigens immer Celtic oder die Glasgow Rangers diese merkwürdige Liga. Die Rangers wurden 54 Mal Landesmeister. Das ist Weltrekord. Ende April filmte ich für die Sendung «Sportpanorama» in einem Londoner Fussball-Pub die Reaktionen der Fans
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während und nach dem Derby Chelsea - Queens Park Rangers. Plötzlich hörte ich in einem Nebenraum ein grosses Geschrei. Ich ging hin und sah ein bizarres Bild: Auf einem Bildschirm lief die «Old Firm», das Derby zwischen den Glasgow Rangers und Celtic Glasgow. Die Rangers lagen 0:3 hinten. Die anwesenden Rangers-Fans verloren Nerven und Anstand und beschimpften mit den wüstesten Ausdrücken die Celtic-Spieler auf dem Bildschirm und die Celtic-Fans im selben Raum. Diese blieben glücklicherweise ruhig und lächelten mitleidig. Kein Erbarmen Die Szene machte wieder einmal klar,
wie viel Emotionen und Geschichte in diesem banalen Fussballspiel verpackt sind. Damals ahnte noch keiner der Anwesenden, dass es für viele Jahre die letzte «Old Firm» der Scottish Football League sein würde. Wenige Tage später flog ein riesiger Steuerbetrug der Rangers auf. Der Klub hatte jahrelang einen Teil der Spielergehälter schwarz ausbezahlt. Die Forderungen der Steuerbehörde trieben die Rangers in die Pleite und in die Zwangsrelegation. Die dreissig Klubs der Scottish Football League hätten es in der Hand gehabt, die Glasgow Rangers mit einem blauen Auge davonkommen zu lassen. Sie hätten den Rangers in der zweithöchsten Division einen Neustart ermöglichen können. So wäre der Verein wohl in zwölf Monaten zurück in die höchste Spielklasse aufgestiegen. Die Liga hätte ihr wichtigstes Derby zurückbekommen und damit viel Aufmerksamkeit, Einschaltquoten und Werbegeld. Doch die Verantwortlichen entschieden sich anders. Mit 25 von 30 Stimmen wurden die Rangers in die viert-
unser mann in london
die reaktionen Als die Nachricht vom Konkurs der Glasgow Rangers die Runde machte, lief Twitter heiss. Hier einige Reaktionen: Rangers-Fans @pj_matthews Das ist das Ende der Glasgow Rangers. Die Scottish Premier League wird jetzt in der Vergessenheit versinken.
Text: Peter Balzli Bild: Keystone
höchste und damit tiefste schottische Profiliga relegiert. Fairness statt Business Damit wurden die Statuten gegen die mit 166 Millionen Euro verschuldeten Rangers kompromisslos durchgesetzt. Dies obwohl ihr Abstieg der Liga sozusagen das halbe Herz herausreisst. Ausser der «Old Firm», die der schottischen Wirtschaft angeblich rund 150 Millionen im Jahr einbringt, hat die Liga nicht viel zu bieten. Im Fernsehvertrag ist sogar festgeschrieben, dass das Glasgower Derby viermal pro Jahr ausgetragen werden muss. Die TV-Anstalten hatten denn auch wacker für die Rangers lobbyiert. Doch die Liga entschied: Fairness ist wichtiger als Business. Im Wissen, dass dieser Entscheid für den schottischen Fussball verheerende Folgen haben könnte. Mindestens drei Jahre lang werden sich die Rangers jetzt in Fischernestern wie Montrose oder Peterhead tummeln, wo die Stadien weniger als 3500 Zuschauer fassen. Bereits haben mehrere Rangers-Spieler mitgeteilt, dass sie nicht in der 3rd Division, der vierthöchsten Liga, antreten werden. Die Zwangsrelegation zeigt aber auch, wie verhasst sich die Rangers mit ihrem Grössenwahn bei den anderen Klubs in Schottland gemacht haben. Die RangersFans haben es ja geradezu zelebriert, verhasst zu sein. Eines ihrer Lieblingslieder geht so: We are Rangers Super Rangers Noone likes us We don't care We hate Celtic, Fenian bastards And we'll chase them everywhere
Überraschenderweise richtete sich die Wut der Rangers-Fans nicht so sehr gegen die Liga, sondern gegen die Klubbosse, ganz besonders gegen Charles Green, einen Engländer, der den Klub im Juni übernommen hatte. Kaum zu glauben: In Umfragen sprachen sich rund 80 Prozent der Rangers-Fans dafür aus, lieber ganz unten neu zu starten, als sich jahrelang irgendwelche Geschenke vorwerfen zu lassen – schon gar nicht von Celtic, dem verhassten Rivalen. Celtic-Trainer Neil Lennon hatte zwar eilig erklärt, dass sein Klub die Rangers nicht brauche, um stark aufzuspielen. Aber auch er weiss natürlich, dass der Zwangsabstieg des verhassten Rivalen Celtic enorm schaden wird. Das Interesse an der Scottish Premier League wird jetzt ins Bodenlose stürzen, ebenso wie die Zuschauerzahlen und die Werbeeinnahmen. Die Kassiere der Vereine in der 3rd Division dagegen reiben sich die Hände.
@_elliotjack Die Steuerbehörde hat gerade Millionen von Herzen gebrochen. @Captain_Buns Ich möchte wissen, warum die Steuerbehörde bei den Rangers eine so harte Linie fährt und andere Firmen trotz Milliardenschulden laufen lässt. @Hayden_Jillions Wenn die Rangers sterben, dann stirbt auch die Scottish Premier League. @JohnDCGow Die Rangers sind nicht die Betriebsgesellschaft. Der Klub existierte schon länger als die Betriebsgesellschaft und wird deshalb deren Untergang überleben. Warum? Weil die FANS die Rangers sind. @markayton Ich möchte, dass die Rangers in der 3rd Division neu starten und von dort aus ihre Glaubwürdigkeit neu aufbauen. Aber die Fans werden den Preis dafür zahlen. Die Neutralen: @mikey50boy Die Glasgow Rangers gehen unter. Das beweist, dass sich eine Schuldenwirtschaft immer eines Tages rächt. @duncanbick Die Rangers verdienen eine Strafe für ihr Verhalten. Aber diese Strafe sollten sie kriegen und nicht der ganze schottische Fussball. @hordon_mfc Wenn ich ein Rangers-Fan wäre, dann würde ich mir den Abstieg in die dritte Division wünschen. So würde ein echter Neustart möglich.
AUSLAN Auslandschweizer
Sprungbrett am Meer Text: Matthias Dubach / Bild: zvg.
1800 Franken Lohn pro Monat in der Challenge League sind für Fabian Stoller Vergangenheit. Der Thuner spielt nun schon beim zweiten Verein in Israel.
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srael taucht für gewöhnlich in der politischen Berichterstattung auf, und dies eher selten mit positiver Note. Der langjährige Konflikt mit Palästina sorgt für viel Leid und Blutvergiessen am östlichen Ufer des Mittelmeers. Es gibt aber auch ein ganz anderes Israel, das mit Lebensfreude, Lebensqualität und mediterranem Flair aufwartet. «Es ist das Paradies hier. Das Klima ist super, die Sonne scheint fast immer, und in zehn Minuten bin ich am Strand», strahlt Fabian Stoller. «Klar, es gibt überall viele Sicherheitskontrollen. Aber das ist hier normal, es gehört zum Alltag.» Für den 24-jährigen Berner Oberländer
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ist Israel seit eineinhalb Jahren der Lebensmittelpunkt. Auch wenn Stoller die touristischen Vorzüge preist: Er ist zum Arbeiten in Israel, den Arbeitsplatz hat er diesen Sommer gewechselt. Der defensive Mittelfeldspieler wurde von Hapoel Haifa engagiert, das in der Ligat Ha’al, der Top-Liga des Landes, ein Mittelfeldclub darstellt und den Spitznamen «die Haie» trägt. «Der bekanntere Verein in Haifa ist Maccabi», erzählt Stoller. Der Söldner aus der Schweiz ist im 14 000-Plätze-Stadion von Hapoel einer von reglementarisch maximal fünf erlaubten Ausländern pro Mannschaft. «Wir haben zwei Serben und einen Mon-
tenegriner im Team. Der fünfte Platz ist nicht besetzt.» Die Saison beginnt Mitte August, Stoller traut seinem Team aus der drittgrössten Stadt Israels (nach Jerusalem und Tel Aviv, ca. 500 000 Einwohner) einiges zu. «Wir sind sehr optimistisch. Die Testspiele waren gut, gegen Maccabi haben wir 0:0 gespielt. In dieser Liga ist viel möglich, in der letzten Saison wurde ein relativ unbekanntes Team Meister (Anm.: Hapoel Ironi Kirjat Schmona). Wir wollen unter die besten sechs», stellt Stoller fest. Minus 9 Punkte Bisher tummelte sich der Thuner in der unteren Hälfte der 16er-Liga, mit seinem vorherigen Verein Hapoel Petach Tikva kämpfte Stoller gegen den Abstieg: 2011 erfolgreich, 2012 erfolglos. 2011 stiess Stoller im Winter zum Team und hatte als Stammspieler erheblichen Anteil an der Steigerung in der Rückrunde und dem Ligaerhalt. «Die folgende Saison war dann ziemlich hart. Es gab finanzielle Probleme, wir mussten mit
auslandschweizer
Fabian Stoller Geboren am 31. März 1988
Der Mittelfeldspieler gab 2005 unter Longo Schönenberger sein Debüt für den FC Thun in der Super League. Bis 2008 lief er für die Berner Oberländer auf, danach wechselte er für zwei Saisons zum FC Locarno und wurde in dieser Zeit auch einmal für die U20Nationalmannschaft aufgeboten. Im Winter 2010 wechselte er nach Israel zu Hapoel Petah Tikva, wo er gleich zum Stammspieler wurde und in 39 Spielen auch 2 Tore erzielte. Sein Verein stieg letzte Saison ab, Stoller spielt nun für Hapoel Haifa. (syk)
minus 9 Punkten starten. Ausserdem mussten einige Teamstützen verkauft werden.» Stoller entschied sich, zum Verein zu stehen, der ihm einen Neuanfang im Ausland ermöglicht hatte. Er machte sich bei Petach Tikva mit 55 Ernstkämpfen in eineinhalb Spielzeiten einen Namen in der Liga. «Es gab ein paar Angebote, ich war grundsätzlich offen für alles. Ich hatte auch ein Angebot aus Aserbaidschan, dort hätte ich mehr verdienen können. Aber der Trainer von Hapoel wollte mich unbedingt», erzählt Stoller über das Engagement von Trainer Nir Klinger. Auch der für seine heissblütigen Fans berüchtigte Verein Beitar Jerusalem zeigte Interesse am Schweizer. Stoller entschied sich aber für den eher familiären Klub in Haifa, auch aus privaten Gründen. «Ich bin als Single nach Israel gekommen, aber nun habe ich schon seit anderthalb Jahren eine Freundin. Vor einem Jahr kam noch ein Hund dazu», lacht der ehemalige U20-Nationalspieler. Trotz des Vereinswechsels behielt Stoller seine Wohnung im hübschen Tel Aviver Vorort Petach Tikva. «Ich pendle mit dem Zug nach Haifa. Die Fahrt dauert eine Stunde, es gibt eine Haltestelle direkt beim Trainingsgelände.» Der Tipp von Hodzic Noch vor vier Jahren war für Stoller Is-
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rael einfach ein Land, das ab und zu in den Medien thematisiert wird. «Ich war 20, wir sind mit Thun in die Challenge League abgestiegen. Ich bin dann zu Locarno gegangen und habe gehofft, dass ich ein Angebot aus der Super League erhalte», sagt der Mittelfeldspieler über die zwei Jahre im Tessin. Das Angebot aus dem Oberhaus kam nicht, Stoller wollte 2010 zum Ligarivalen FC Wohlen wechseln. «Dort wollten sie mich aber übers Knie nehmen», erinnert sich Stoller unverblümt zurück, der Wechsel platzte. Es blieb nichts anderes übrig als das Gnadenbrot im U21-Team des FC Thun. «Murat Yakin holte mich dann wieder in die 1. Mannschaft.» Aber der mit einem Halbjahresvertrag ausgestattete Stoller konnte sich im Herbst 2010 in der Super League nicht durchsetzen. Die zweite Chance beim Stammklub war weg, Stoller musste wieder die Koffer packen. Diese hätten im Winter 2010/11 auch in Schaffhausen oder Kriens wieder ausgepackt werden können, es gab Gespräche – aber Stoller stieg in ein Flugzeug mit Ziel Tel Aviv. Die Idee für den aussergewöhnlichen Transfer entstand wegen Selver Hodzic. Der frühere Thuner Innenverteidiger und heutige Wohlen-Akteur ist seit seiner Zeit im Berner Oberland mit Stoller befreundet und wechselte 2007 selber nach Israel. «Er schwärmte vom Land. Ich war zunächst skeptisch. Nach Israel zu wechseln, ist etwas anderes, als nach Deutschland oder Frankeich zu gehen», versichert Stoller. Über Spielervermittler Peter Bozzetti und Agent Mattia Galli kam dann der Wechsel zu Petach Tikva zustande. «Am Flughafen war ich doch ein bisschen unsicher, was mich da erwartet. Aber jetzt bin ich froh, ist es so herausgekommen. Ich bin Stammspieler in einer obersten Liga», atmet der Thuner auf. Das Niveau sei schwierig zu vergleichen, «die Super League ist wohl taktisch und vom Rhythmus her etwas höher einzuschätzen». Für den beim Transfer fast 23-jährigen Fussballprofi war es ausserdem der erste Vertrag, der ein Einkommen garantierte,
das diese Bezeichnung verdiente. «Meine Eltern haben bereits durchblicken lassen, dass ich vielleicht besser arbeiten gehen sollte», schmunzelt der gelernte Polygraf. Bei Locarno hatte Stoller 1800 Franken verdient, bei Wohlen wären es 2500 Franken gewesen. Saläre in dieser Grössenordnung sind in der Challenge League nichts Aussergewöhnliches. Wichtiges Internet Der Wechsel in den Nahen Osten brachte ausserdem eine Sprachbarriere mit sich. Stoller: «Mit Englisch kommt man aber gut durch. Mittlerweile verstehe ich auch etwas Hebräisch. Die Schrift ist aber ziemlich schwierig. Natürlich wäre ich gerne ein bisschen näher an der Schweiz. Aber mein Agent besucht mich oft, auch Kollegen waren schon da. Die Eltern kamen bisher zweimal. Es gefällt allen, dass man hier auch im November noch am Strand liegen kann.» Die Distanz zur Heimat verringert Stoller mit Internet-Hilfsmitteln wie WhatsApp und Facebook, die er fleissig benutzt. Durch seinen neuen Einjahresvertrag wird Stoller spätestens im nächsten Sommer wieder vor der Frage stehen: Bleiben oder gehen? «Ich habe keinen Karriereplan. Im Fussball kann man nichts planen, sonst wäre ich ja bei Manchester United», lacht der HapoelSpieler, der das beste Beispiel für eine unvorhersehbare Karriere ist. «Gerne würde ich nächstes Jahr zu einem Topklub in Israel wechseln. Oder nach Italien, Frankreich oder Deutschland. Die 2. Bundesliga fände ich sehr interessant. Der israelische Fussball wird von Europa beobachtet, er ist ein gutes Sprungbrett», ist sich der Söldner sicher. Zum Beispiel holte Maccabi Tel Aviv für die neue Saison Trainer Oscar Garcia aus der berühmten Nachwuchsabteilung des FC Barcelona. Maccabi-Sportdirektor ist Johann Cruyffs Sohn Jordi, der die Kontakte spielen liess. Stoller lässt sich überraschen: «Das Schöne am Fussball ist, dass wir unseren Beruf auf der ganzen Welt ausüben können.»
King Lear beschimpft den Haushofmeister als «niederträchtigen Fussballspieler» Der 1. FC Köln bekommt einen jungen Geissbock als Glücksbringer geschenkt und lauft ihn auf den Namen «Hennes». Der wohl populärste Filmschauspieler der Schweiz ist auch Captain der Nationalmannschaft.
Bringen Sie das in Ordnung! Ein Spiel um wichtige, witzige und wunderliche Ereignisse der Fussball-Geschichte. Erhältlich auf www.zwoelf.ch
Text: Thomas Gander / Bild: Andreas Meier (freshfocus)
Bis zum nächsten Vorfall
Auch in dieser Saison wird es zu Zwischenfällen mit Fans kommen. Genau darauf warten gewisse Kreise.
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ussballfreie Zeit – Zeit der Besinnung? Es war erstaunlich ruhig im medialen und politischen Umfeld des Schweizer Fussballs. Es scheint, dass die wortgewaltige Repressionsmaschinerie heruntergefahren und oder zumindest gewartet wurde. Doch, da war ein kurzes Intermezzo zwischen der Swiss Football League (SFL), die es gewagt hatte, in einer Presskonferenz die Nulltoleranzstrategie in der Fanthematik mit konstruktiven Vorschlägen infrage zu stellen, und der Kantonalen Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoreninnen und -direktoren (KKJPD), die diesen Vorstoss während der HooligankonkordatVerabschiedungsphase natürlich scharf kritisieren musste. Und ja, da waren noch die Zürcher Behörden, welche mehr oder weniger freiwillig eine kleine Pyrolegalisierungsdebatte lancierten, die zumindest ein paar aktive OnlinezeitungskommentarSchreibende etwas verwirrte. Anders unsere deutschen Nachbarn, die nach dem Fast-Spielabbruch beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC eine eindrückliche Fussballfan(-Gewalt)-Debatte inszenierten. Die Gewalt bestand übrigens darin, dass Düsseldorfer Fans dummerweise aus Freude über den Aufstieg eine Minute zu früh aufs Spielfeld rannten. Während also in Deutschland die mediale Aufarbeitung mit fragwürdigen Fernsehtalks – Johannes B. Kerner zündete mit einer Pyrofackel eine Puppe an – ihren Höhepunkt erreichte, konnten die Schweizer Fussballfans die Saisonpause als fast normale, nicht vorverurteilte Menschen geniessen. «Haben wir alles hier schon durchgemacht», hörte
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man einige Fans aus der Schweiz sagen als Reaktion auf die hochgehenden und hysterischen Emotionen aus Deutschland, womit wir in dieser Frage dem deutschen Fussball voraus sind. Der andere Ansatz Vielleicht war die Energie nach dem Spielabbruch des Zürcher Derbys vom 2. Oktober 2011 schon verpufft, oder aber es gab in dieser Saison gar nicht so viele öffentlichkeitswirksame Vorfälle, die die Spirale der Gewaltverhinderungsdebatte bis in die Saisonpause hinein in Schwingungen versetzt hätte. Nimmt man den Jahresbericht 2011 des Fedpol (Bundesamt für Polizei) zur Hand, fällt es einem schwer, daraus eine Einschätzung abzuleiten. Einerseits wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Radikalisierung und die Solidarisierung unter Fangruppen zugenommen haben, was teilweise in Gewalt münden kann. Andererseits fehlt einmal mehr jeglicher Versuch, auf die Ursachen dieses Radikalisierungsphänomens einzugehen. Stattdessen wird man an gleicher Stelle mit dem äusserst widersprüchlichen Hinweis konfrontiert, dass die Massnahmen des Hooligankonkordats sich bewährt hätten. Der Bericht beruft sich auf sogenannte Ereignisstatistiken und Zahlen aus der Hooligandatenbank, obwohl man sich in den nationalen Gremien einig ist, dass diese Zahlen aufgrund ihres grossen Interpretationsspielraums zum Ableiten von Tendenzen nicht dienlich sind. Mit einem anderen Ansatz versuchen es die sozioprofessionellen Fanarbeitenden der Schweiz seit letzter Saison. Nach jedem
Spiel erstellen sie für sich einen sogenannt qualitativen Bericht, welcher das subjektive Erleben eines Matchtages enthält. Dabei wird darauf geachtet, dass die Erstellung und die Verwendung solcher Berichte (selbst-)kritisch begleitet werden. So sollen die Fanarbeitenden sich keinesfalls in einer «Spitzelrolle» wiederfinden. Ergebnisse werden primär nur unter den Fanarbeitenden ausgetauscht. Durch den Abgleich der Beobachtungen der Fanarbeitenden wird es möglich, relevante Veränderungen zu verstehen und auf Ursachen einzugehen, also in die «Tiefe» zu gehen, was der Realität oftmals näher kommt als der Vergleich von Zahlenmaterial. Wünschenswerte Effekte wären: die einseitig geprägte Wahrnehmung der «Fankultur» aufzubrechen und der Schwarz-Weiss-Semantik von Zahlenmaterial Gegensteuer zu geben. Da die Fanarbeitenden von fünf SuperLeague-Klubs an allen Spielen und nahe am Geschehen zugegen sind – insgesamt also 80 Prozent aller Ligaspiele abdecken –, sind umfassende Erkenntnisse möglich. Werden diese zusammengefasst, entstehen neue Sichtweisen, die nicht selten dem in die Öffentlichkeit transportierten Bild widersprechen. Hier ein paar Auszüge: Reisewege: Die Auswärtsfans der fünf Vereine reisten, bis auf zwei Ausnahmen, immer mit den Extrazügen der SBB an die Spiele. Bei den fünf Vereinen konnten keine massiv hohen Sachschäden am Rollmaterial festgestellt werden (in fünf Zügen gab es Schäden beispielsweise an Fenster oder Lampenabdeckungen sowie Tags und Kleber), ansonsten wurden in den Zügen, nebst grösserer Verunreinigung (Abfall), keine Sachschäden festgestellt. Einer der grösseren Schäden (Fenster) ist zurückzuführen auf einen Steinwurf von aussen, geschehen auf offener Fahrtstrecke. Weiter sind immer noch hier und da Wurfgegenstände beobachtbar. Die Fans verteilen
der fan-arbeiter informiert
jedoch Merkblätter und versuchen solche Vorfälle zu thematisieren und bei der Beobachtung von Würfen zu reagieren. Weg zum und vom Stadion: Der Weg zum Stadion ist an den meisten Spielorten gut geregelt (kurze Strecken zwischen Bahnhof und Gästesektor oder Bustransfer). An einzelnen Orten finden Fanmärsche statt, die, bis auf eine Ausnahme in der Vorrunde, friedlich vonstattengingen. Der besagte Vorfall ist darauf zurückzuführen, dass die Fans die bereitgestellten Busse nicht bestiegen und von der Polizei zurückgedrängt wurden. Eingangssituation: Bei den 70 Spielen zeigte sich, dass die Eingangssituation meist das heikle Moment darstellt. Kritische Situationen ergeben sich durch eine kleine Anzahl offener Eingänge, durch enge Wartebereiche vor den Eingängen, durch fehlendes Personal im Searching (Effektenkontrolle und Leibesvisitationen) sowie durch entdecktes pyrotechnisches
Material und den entsprechenden Folgen. Im Gästebereich sind durchschnittlich zwei Eingänge bzw. Drehkreuze offen, was für die Masse an Gästefans (vor allem bei den fünf grösseren Vereinen) offensichtlich zu wenig ist. Dazu kommt, dass im Eingangsbereich sowohl die Fans wie auch die Sicherheitsdienste massiv unter Anspannung stehen. Im Stadion: Bei 49 von 70 Spielen der Vorrunde 2011/12 wurde durch Fans der fünf Vereine, die in den Berichten abgedeckt sind, pyrotechnisches Material gezündet. In diesem Bericht wird nicht berücksichtigt, ob der Gebrauch durch Heim- oder Auswärtsfans erfolgte. In diesen 70 Spielen gab es zwei Vorfälle. Einerseits wurde ein Spiel nach Fackelwürfen und Ausschreitungen im Stadion abgebrochen, an einem anderen Spiel erlitt eine Person Verbrennungen. Mit dieser Form der «Erhebung» lassen sich Erklärungsansätze und Wertungen formulieren, welche einer unaufgeregten Debatte
förderlicher sind als das abstrakte Formulieren von Tendenzen und das einseitige Zuweisen von Verantwortlichen aufgrund «nackter» Zahlen. Diese Form der Aufarbeitung erfordert jedoch mehr Zeit und die Bereitschaft, sich auf Widersprüche einzulassen, was in unserer schnelllebigen Zeit kaum mehr gefragt ist. Dem Bedarf an Lösungen und Antworten wird mehr Priorität eingeräumt als dem Blick hinter die Kulissen von Gut und Böse. In diesem Punkt wird sich auch die laufende Spielzeit nicht von der letzten unterscheiden. Ein nächster Vorfall mit Fussballfans wird sich auch diese Saison ereignen, und auch dieser wird wieder mit der vermeintlichen Klarheit von Zahlenstatistiken und mit der Forderung nach der sofortigen Lösung aufgebauscht werden. Der Motor der Gewaltverhinderungsdebatte wird sich freudig in Gang setzen und die gut geölte Repressionsmaschinerie wiederum ihre Forderungen formulieren und ihre Druckmittel im Tandem von Medien und Politik spielen lassen.
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«Ich war der Rucksack» Jakob «Köbi» Brechbühl (*1952), Young Boys (1971–1983). Cupsieger 1977. 20 Länderspiele.
Aufgezeichnet von David Mugglin / Bild: YB-Museum
Beidfüssig und unglaublich lauffreudig: YB-Aussenverteidiger Köbi Brechbühl erinnert sich an den gewonnenen Cupfinal 1977 gegen St. Gallen.
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ieser Cupfinal fand an einem kalten Ostermontag statt. Viermal spielte ich einen Cupfinal, dreimal herrschte eine Affenhitze. Bei meinem einzigen Titelgewinn herrschten hingegen tiefe Temperaturen. Wir begannen das Spiel im heimischen Wankdorf druckvoll und hatten in der Startviertelstunde einige
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passable Einschussgelegenheiten. Karl Odermatt führte im offensiven Mittelfeld hervorragend Regie. Für mich als Rechtsverteidiger, der fast immer die Nummer 2 trug, war es ein Traum, mit ihm zusammenzuspielen. Er lancierte mich stets mit genialen Pässen ins Couloir, so wie ich sie ansonsten nur von
Köbi Kuhn in der Nati zugespielt bekam. Ich war das Pendant zu Peter Ramseier, dem rechten Läufer zu Odermatts Zeiten in Basel. Ich konnte blind nach vorne laufen, und plötzlich hatte ich den Ball vor meinen Füssen. Es war einfach sensationell, mit Karli in einem Team zu sein. Ich machte mir rasch einen guten Namen als Rechtsverteidiger. Umberto Barberis, mein Nati-Kollege und einer der begnadetsten Schweizer Fussballer seiner Zeit, brach sogar eine Lanze für mich. Ich sei nicht nur unglaublich lauffreudig, sondern für einen Verteidiger technisch äusserst versiert. Meine Flanken konnte ich sowohl mit dem linken als auch mit dem rechten Fuss in den Strafraum schlagen.
das spiel meines lebens
11.4.1977 Cupfinal Young Boys – St. Gallen 1:0 (0:0) Wankdorf, Bern. – 30 000 Zuschauer – Schiedsrichter: Guignet (Yverdon). Tor: 76. Andersen 1:0. Young Boys: Eichenberger, Vögeli, Mast, Rebmann, Brechbühl, Odermatt, Bruttin, Andersen, Conz, Lorenz, Küttel. St. Gallen: Schüepp, Stöckli, Brander (76. Seger), Bigler, Feuz, Oettli, Graf, Niggli, Mogg (60. Schneeberger), Ries, Blättler.
Das galt damals in der Schweiz als Seltenheit. So wurde im Cupfinal ein Abwehrspieler – das heisst: der gegnerische Linksverteidiger – eigens auf mich angesetzt. Meistens war es indes umgekehrt: Ich war bekannt als Rucksack für den spielstärksten Mann in den gegnerischen Reihen. Erfolgreich hatte ich den amtierenden WMTorschützenkönig Grzegorz Lato beim Spiel Schweiz - Polen im Herbst 1976 an Ketten gelegt. Meine tolle Leistung hätte ich mit dem vorentscheidenden 2:0 krönen müssen. Doch ich zeigte alleine vor dem Torwart Nerven. Kevin Keegan oder Didier Six waren weitere «Opfer», denn sie sahen gegen mich kein Land. Klarer Favorit Rolf Blättler, der einzige namhafte Spieler bei unserem Cupfinalgegner St. Gallen, hatte hingegen Glück, denn unser Trainer Kurt Lindner stellte mich von dieser Manndeckungsaufgabe frei. Schliesslich waren wir der klare Favorit gegen einen in der Abstiegsrunde nahe am Abgrund dümpelnden Kontrahenten. So wollte Lindner – und das war meistens seine Devise – sich nur auf die eigenen Stärken konzentrieren. Die Taktik und die Formation unserer Gegner standen in den Spielbesprechungen im Hintergrund. Vor allem in den Heimspielen forderte er Dominanz von Spielbeginn an. Die war in jenem Cupfinal auch tatsächlich vorhanden, doch je länger es trotz klarer Überlegenheit zu keinem Torerfolg kam, desto nervöser wurden wir. Hans Niggl, Zwillingsbruder des damaligen GCSpielers und heutigen Journalisten Tho-
mas Niggl, hatte Odermatt immer besser in den Griff bekommen. Da wagte ich für einmal über die linke Seite einen Vorstoss. Statt einwärts zu flanken, zog ich mit einem Dribbling in die Mitte und servierte Seppi Küttel in die Tiefe, zehn Meter halblinks vor dem Tor. Dessen Schuss aus der Drehung konnte im letzten Augenblick von einem St. Galler Bein ins Aus bugsiert werden. Der anschliessende Eckball wurde von Odermatt toreinwärts gespielt. Der bebrillte St. Galler Torwart Schüepp bekundete bei dieser Bananenflanke grosse Mühe und konnte das Leder nur ungenügend abwehren. Jan Andersen reagierte am schnellsten und spedierte den Ball mit einer akrobatischen Einlage endlich in die Maschen. Der Däne Andersen war nach drei Jahren beim FC Fribourg 1973 von Trainer Lindner zu uns in die Hauptstadt gelotst worden und galt nach dieser langen Zeit als Fussballschweizer. Er war sackstark. Andersen und Lindner verstanden sich sehr gut, was man von der Beziehung Lindner und Odermatt nicht behaupten konnte. Der Transfer-Coup im Sommer 1975 von Superstar Odermatt nach Bern war das Verdienst unseres Präsidenten Ralph Zloczower. Lindner schien dieses präsidiale Solo zu missfallen. Doch auf Odermatts Qualitäten konnte er nie verzichten. Obwohl ich unter Lindner, den es wenig später zu Cruyffs Ajax zog, meinen fussballerischen Zenit erreichte und stets dessen Vertrauen genoss, missfiel mir sein Kommunikationsstil. So was gibts nur bei YB Der erste grosse Titel des BSC Young Boys seit 17 Jahren musste nun nur noch eine Viertelstunde warten. Fünf Minuten vor Ende wurde es in dieser erstaunlich fairen Partie doch noch hektisch, als Rolf Blättler eine seitliche Kopfballvorlage volley aus etwa 15 Meter einnetzte. Doch bei Blättlers Einschuss stand ein weiterer Grün-Weisser – zumindest nicht ganz passiv – daneben. Unser Glück war es, dass dieser eifrige Angreifer aus einer Abseitsstellung zum Ball zurücklief, das Tor zählte deshalb nicht. Wenig später stand mein erster und einziger Titelge-
winn fest. Ausgerechnet aus den Händen von Bundesrat Kurt Furgler, bekanntlich ein sportbegeisterter St. Galler, erhielt unser Captain und Torwart Walter Eichenberger die Sandoz-Trophäe. Im letzten Mai habe ich meine siegreichen Fussballkollegen nach 35 Jahren im Stade de Suisse bei einem Cupsiegertreffen wieder mal gesehen. Unglaublich, es waren fast alle Spieler inklusive Trainer Lindner anwesend! So was gibt es eben nur bei YB. Ausser den viel zu früh verstorbenen Bernd Lorenz und Joseph Küttel fehlte nur noch einer. Und zwar jener, der derzeit von uns allen den besten Job hat und auch das beste Salär verdient: Vorstopper Urs Siegenthaler sass damals auf der Ersatzbank, heute sitzt er auf den Tribünen der Welt und beobachtet für die deutsche Nationalmannschaft zig internationale Spiele. Übrigens hätte ich beinahe meine Karriere auf den Skiern statt auf dem Rasen gemacht. Als 16-Jähriger fuhr ich in einem Mixed-Rennen aus Slalom und Riesenslalom zum Schweizer-Meister-Titel und absolvierte zahlreiche Trainings im Nationalkader mit Roland Collombin. Doch ich wohnte gleich beim Wankdorf, und so kickte ich bis zu meinem gesundheitlich bedingten Rücktritt 1983 auf der grünen Unterlage – und das stets nur für einen Verein. Köbi Brechbühl führt heute ein Stellenvermittlungsbüro in Bern und lebt in Worblaufen.
In «Das Spiel meines Lebens» erzählen 50 Schweizer Fussballer der letzten 60 Jahre von ihren schönsten 90 Minuten. Das Buch ist für 29.80 Franken erhältlich über www.dasspielmeineslebens.ch Für ZWÖLF treffen die Autoren David Mugglin und Benedikt Widmer weitere Grössen vergangener Tage und lassen sie von ihrem persönlichen Highlight ihrer Karriere erzählen.
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Bayrische Mähne Text: Romano Spadini Bild: Keystone
Mit Alain Sutter verband ihn eine tiefe Freundschaft, mit Erich Vogel eher das Gegenteil: Der Deutsche Peter Közle war ein Beispiel für gute Karriereplanung.
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ein Einstand war bemerkenswert. Im ersten Spiel für YB im Cupmatch gegen Olten wurde der junge Deutsche Peter Közle zur Pause eingewechselt und schoss gleich zwei Tore beim 4:0-Sieg. Peter Közle? Den meisten Fussballfans war der in Oberbayern geborene Közle zu dieser Zeit noch kein Begriff. Im Dezember 1987 war er abseits der grossen Schlagzeilen in erster Linie für das Nachwuchsteam verpflichtet worden. Doch schon bald drängte Közle ins Fanionteam, obwohl er sich nach besagtem Cupmatch zurückhaltend gab: «Holmquist und Nilsson sind schliesslich gesetzt. Wenn beide gesund sind, bin ich nur dritte Wahl.»
Pudelwohl in Bern Zur neuen Saison übernahm der Schwede Tord Grip das Traineramt bei den Bernern. Und der Schwede war sogleich voll des Lobes über Közle: «Er ist dynamisch, dribbelstark, ein guter Techniker und ungemein willensstark.» Der ehemalige Jugendspieler von Bayern München nannte die Bundesliga als sein Ziel, und Grip prophezeite damals im «Sport»: «Közle kann ein ganz Grosser werden.» An selber Stelle zeigte sich der 21-Jähri-
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ge entsprechend ambitioniert: «Ich habe mir zweieinhalb Jahre Zeit gegeben, dann will ich in die Bundesliga.» Sein Traum von der heimischen Liga hätte sich freilich schon ein halbes Jahr früher realisieren lassen, wenn er denn das Angebot des HSV angenommen hätte. Közle aber entschied sich für den Umweg über die Schweiz, was er nicht bereute. Und es lief weiterhin gut für Közle. Bis zur Winterpause erzielte er 8 Tore und kratzte immer mehr an einem Stammplatz, den er dann in der Rückrunde endgültig ergattern sollte. Seinem Ziel Bundesliga kam er immer näher, besass er doch Angebote von Gladbach und Kaiserslautern. Auf die Anfragen aus Deutschland angesprochen, liess er strategische Überlegungen in seine Worte mit einfliessen: «Wenn ich jetzt schon in die Bundesliga gehe, dann muss ich mich dort wieder von Grund auf nach oben kämpfen. Deshalb will ich noch hierbleiben und mir als Stammspieler in der Schweiz einen Namen schaffen.» Ausserdem fühlte sich Közle ausgesprochen wohl in Bern und war dank seines fröhlichen, liebenswürdigen und optimistischen Wesens sehr beliebt, sowohl bei den Mitspielern als auch bei den Fans. Und neeben
Sturmpartner Zuffi wurde er zum konstanten Goalgetter. Nicht zuletzt dank seinen 12 Toren rangierten die Berner Ende Saison auf dem guten 5. Platz. Der Transferhammer In der Saison 1989/90 schaffte Közle endgültig den Durchbruch bei YB, für den Verein verlief sie mehr als enttäuschend. Es herrschte ständig Unruhe, und die Quelle für diese Querelen wurde in der Rückrunde in der Person des neuen Trainers Pal Csernai ausgemacht. Und so klassierten sich die Berner Ende Saison auf dem enttäuschenden 7. Rang. Közles Vertrag lief aus, und der damalige Branchenprimus GC buhlte um den Rohdiamanten. Doch YBs Präsident Ruedi Bär stellte sich zunächst quer und beteuerte in einem «Sport»-Interview vom Mai 1990, dass ein solcher Transfer nicht zustande kommen werde: «Ein Wechsel zu GC ist ausgeschlossen.» Doch Közle zog schliesslich doch nach Zürich, für damals spektakuläre 1,3 Millionen Franken. GC hatte damals um Sutter, Sforza, und Bickel eine junge, aufregende Mannschaft. Da passte der Transfer des 22-jährigen Közle ausgezeichnet ins Konzept von Ottmar Hitzfeld und Erich Vogel. Getätigt hatte Vogel diesen offenbar im Alleingang, was die GC-Revisionsstelle wiederum nicht so toll fand. Kein Sex mit Alain Közle startete gut bei GC, schoss in den ersten zwei Meisterschaftsspielen je ein Tor, doch danach bekam er Ladehemmungen beim amtierenden Doublege-
NLA-Legende
winner. Die gehobenen Ansprüche und der damit verbundene Druck bei GC bereiteten Közle anfangs Mühe, wie er im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» verriet: «Mit der Presse habe ich in Zürich eine neue Erfahrung gemacht. Da habe ich erst lernen müssen, damit fertigzuwerden, so unter Beschuss zu geraten.» Doch Közle fing sich allmählich wieder und konnte mit GC den Meistertitel feiern. In seinen drei Jahren in Zürich absolvierte er 56 Spiele und schoss dabei 21 Tore. Eine auch von Verletzungen geschmälerte Bilanz, die aber in der Bundesliga aufhorchen liess. Der Lohn war ein Wechsel zum MSV Duisburg. Bestehen blieb die Freundschaft zu Alain Sutter, der ebenfalls den Sprung in die Bundesliga wagte. In einem «Blick»Interview meinte Közle: «Mit ihm kann ich über alles reden. Er ist für mich wie ein Ehepartner – ohne Sex.» Wahnsinn im Pott Der Start im Ruhrpott verlief für Közle sensationell. Bis zur Winterpause
erzielte er 9 Treffer für Aufsteiger Duisburg; und sein Team kletterte im Februar gar auf den Leadertrohn – trotz negativem Torverhältnis Der langmähnige Peter war ungemein beliebt bei den Fans. Von Eltern, die liebend gerne ihre Tochter unter die Haube bringen wollten, wurde er mehrfach zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Und dabei wäre Közle im Sommer 1993 nach einem heftigen Disput mit Vogel beinahe beim FC Solothurn in der 1. Liga gelandet. Nachdem Vogel das erste Angebot von Duisburg abgeschmettert hatte, begab sich Közle mit einem Schlafsack auf eine Tour de Suisse, wo er sich in eine Solothurnerin verliebte. Den «Blick» liess er danach wissen: «Wenn Vogel weiter eine solch astronomische Summe für mich verlangt, höre ich mit Fussball auf.» Als dann Vogel die Duisburg-Delegation nach Hause abkommandierte, platzte Közle endgültig der Kragen: «Vogel, ein Riesen-A…! Jetzt lasse ich mich reamateurisieren!» Der Wechsel sollte schliesslich für 1,4 Millionen Franken doch noch über die Bühne gehen. In Duisburg drängte er sich auch abseits des Platzes ins Rampenlicht, indem er eine rockige CD gegen Fremdenhass aufnahm und in der Duisburger Innenstadt ein Bistro namens Cash eröffnete. Közles Identifikation mit der Mannschaft und der Stadt kannte keine Grenzen. Doch das Glück in Duisburg hielt nicht mehr lange. Der Verein stürzte sportlich immer mehr ab, und Közle wurde zur Zielscheibe der zusehends zornigen Fans. Nachdem er in der Rückrunde der
Saison 1994/95 eine hundertprozentige Torchance gegen Uerdingen vergeben hatte, bekam er Morddrohungen von enttäuschten Fans. Das war zu viel für den sensiblen Közle: Er schmiss die Brocken hin. Auf Vermittlung von Sutter konnte er sich bis zum Sommer bei Bayern München fit halten. Und die nächste Sensation Er selbst fand im Sommer 1995 in Bundesliga-Absteiger Bochum einen neuen Verein und übte danach Selbstkritik: «Ich habe mich in Duisburg zu stark exponiert.» Mit dem VfL stieg er nach einem Jahr wieder auf und erreichte in der Saison 1996/97 sensationell die Qualifikation für den UEFA-Cup. Im Sommer 1998 zog es ihn dann in die Hauptstadt zu Union Berlin, wo er allerdings aufgrund von Verletzungen in zwei Jahren nur 27 Partien bestritt. Nach einem kurzen Intermezzo bei Duisburg (!) liess er seine Karriere in den unteren Ligen Deutschlands ausklingen. 2010 gab er ein sehr selbstkritisches Interview, in dem etwa über seine Zeit in Duisburg sagte: «Ich stand jeden Tag in der Zeitung und habe das volle Programm mitgenommen. Ich bin damals an keiner einzigen Kamera vorbeigelaufen, ohne etwas zu sagen.» Im so schwierigen zweiten Jahr in Duisburg habe sich das dann gerächt: «Da hat sich all das Positive ins Negative gewandelt. Ich bin natürlich abends nach dem Spiel noch in die Kneipe oder die Disco gegangen. Ich habe mich quasi hingestellt und gesagt: ‹Komm, hau mir eine aufs Maul›.» Auch zu seiner Zeit bei GC äusserte sich Közle, und dabei bekam Erich Vogel wieder sein Fett weg. «Als es den Grasshoppers nicht besonders gut ging, hat mich der Manager gefragt, ob ich auf Gehalt verzichten würde. Ich habe zugesagt. Er meinte, wenn ich in zwei Jahren meinen Vertrag wieder verlängere, gibt er mir das doppelt und dreifach zurück. Als es dann um den neuen Vertrag ging, sollte ich plötzlich noch weniger verdienen.» Worte, so bemerkenswert wie sein Einstand in der Schweiz vor einem Vierteljahrhundert.
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Das schwarze Brett
Katz-und-Maus-Spiel
Die Stadien der Welt
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westfa Lensta dion Schaut man sich die anfieL d road berna beu bisher im Callwey-Verlag maraCana aLLian z arena erschienenen Bücher so an, hätte man nicht unbedingt san siro Camp nou gedacht, dass da als Nächsaztek enstad ion La bombo nera tes gleich ein Fussball-Buch azadi stadio n oLd traffo rd h Doc . rde wü nen CeLtiC park erschei oLymp iastad ion stadio n inönü tatsächlich findet sich nun ★ ★ ★ arena auf sChaL ke emirat es zwischen Garten-Ratgebern, n die sChönsten stadie und ihre Tipps für stilvolles Wohnen Craven Cottag e estadi o muniCi paL und Rezeptsammlungen estadi o huraC án Campino und vielen mehr auch das Buch «Fussballmit günter netzer, hansi müller, Wunder-Bauten» – Architektur ist nämlich auch ein sich die «11 Stadien weltweit haben Schwerpunkt des Verlags. 20 sowie Archiff lho Kuh in jam Ben Bock und Freunde»-Autoren Andreas er vorstellen näh zmer ausgesucht, die sie tekturjournalist Alexander Gut genannt. sie n rde we » ten und schönsten – so wollen. Die 20 «faszinierends den stan ver ein hl wa Aus ganz mit der sie Selbstverständlich ist keiner ist r hba d dabei –, aber nachvollzie ist nicht einmal das Brügglifel Schalke Camp Nou bis zur Arena Auf das r allemal: Vom Maracanã übe chunrras Übe n ige ein mit rt treten, garnie sind alle Stars der Szene ver Hur dio acán in e von Fulham oder das Esta gen wie dem Craven Cottag os (u.a. von Fot dion finden sich zahlreiche Buenos Aires. Zu jedem Sta chichten Ges aus hin r übe rial gar und dar Reinaldo Coddou), Planmate rviews mit Fans, sowie Reportagen und Inte aus ihrem bewegten Leben Promis oder Experten. t der Leser en Herangehensweise sieh Dank der architektonisch üne ins Trib der von k Blic den indrucken für einmal nicht nur den bee keln: Win n ufnahmen aus verschiedene k den Rund, sondern auch Detaila dan er n kan aus naletik. Darüber hin der vom Flutlichtmast bis zur Sig fe Lau im n nge eru änd auch die Ver erlich historischen Schnappschüssen eig unw und die Texte wecken dabei n Zeit nachverfolgen. Die Fotos die Sta ten ähl esuchten der 20 ausgew den Wunsch, die bislang unb . Liste abzuhaken möglichst bald auf der To-Do-
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lhoff / Alexander Gutzmer: Andreas Bock / Benjamin Kuh Seiten, 150 Fotos, gebunden. Fussball-Wunder-Bauten. 192 g. 53.90 Franken. Erschienen im Callwey-Verla
Fan-themen Bevor im Oktober das ZWÖLFSonderheft erscheint (siehe rechts), empfehlen wir die Lektüre des Magazins «Transparent» aus Deutschland, das seit Mai erhältlich ist und sich Fan-Themen verschrieben hat. Die bislang einzige Ausgabe hat den Schwerpunkt Derby und sei hiermit allen Fankultur-Interessierten ans Herz gelegt. Erhältlich ist es direkt über www.transparent-magazin.de, in Kürze auch über www.zwoelf.ch (spart Portokosten).
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Das Buch über die Praktiken der FIFA liest sich wie ein hochkomplexer Krimi, bei dem der Täter von Anfang an klar ist. Die Opfer werden dagegen nicht explizit genannt, weil sie – zumindest für den Autor – zu wenig von Bedeutung sind. Denn das Werk von Thomas Kistner, Sportredakteur der «Süddeutschen Zeitung», mit dem provokativen Titel «FIFA-Mafia» interessiert sich vornehmlich für die Täter. Dabei wird der Bogen bis in die Zeiten von Adidas-Gründer Dassler zurückgespannt. Mit ihm beginnt das Zeitalter der Verstrickungen zwischen Sport, Politik und Wirtschaft. Die Ära Havelange lanciert die Ungereimtheiten rund um den Weltverband, und fortan gewinnen die aneinandergereihten Kurzgeschichten an Dichte und Relevanz. Kistners Recherchenarbeit aus den letzten zwei Jahrzehnten ist zwar einseitig, aber beeindruckend reichhaltig, wobei das zeitweise horrende Tempo den Leser an gewissen Stellen überfordert. Nichtsdestotrotz ist das Buch dank der Sprache Kistners und den teils nicht von Komik freien Anekdoten leicht zu lesen. So wird etwa Jean-Marie Weber, Assistent von Adolf Dasslers Sohn und Nachfolger Horst, stets in Verbindung mit einer Geldkofferübergabe präsentiert, als gäbe es ihn ohne diesen Koffer gar nicht. Mit «The Bagman» verbindet man auch den Konkurs der Vermarktungsagentur ISL aus dem Jahre 2001, dem im Buch viel Raum zugestanden wird. Es ist nur einer von vielen Fällen, wo der menschliche Makel in Verbindung mit der FIFA offengelegt wird. Denn keine Seite vergeht ohne Beschuldigung, Verdächtigung, Skandal oder Verurteilung rund um Blatters Welt. Sind die Fakten diffus, fallen Kistners Hypothesen stets zu 100% gegen Blatter & Co. aus. So hat seine tendenziöse und damit ermüdende Rhetorik eine Prise Sektiererisches an sich. Er ist besessen vom Thema und gleichzeitig desillusioniert – eine unvorteilhafte Konstellation, um Aufklärung zu betreiben. Er beraubt sich somit seiner eigenen Stärke. Sinnvolle Projekte und auch die Tatsache, dass die FIFA eine gewaltige Veränderung in den letzten 15 Jahren hinter sich hat, finden bei ihm keine Erwähnung. Fast bezeichnend ist, dass Kistners bester Moment nicht ein Vorwurf an die Adresse der FIFA, sondern an die Politik ist, welche ihre demokratischen Grundsätze für eine WM kurzfristig aufgibt. Den vergangenen korrupten Geflechten und Sauereien, die Kistner materialreich – und in vielen Punkten vermutlich zu Recht – aufzeigt (Der ehemalige FIFA-Marketingdirektor Guido Tognoni: «Leider ist jedes Wort in diesem Buch wahr»), will die FIFA nicht effektiv nachgehen. Seine desaströse Reputation kümmert den Verein erst seit einem Jahr mit dem Stärken der Governance-Strukturen. Das einzige wirkliche Monopolunternehmen der Welt muss sich denn auch nicht um seine Kunden und das Marktgeschehen sorgen, denn die alleinige Herrschaft über die Fussball-WM ist das Patent zum «grössten Emotions-Generator» und somit das Tor zu einem nie endenden Sponsoringinteresse. So schaut die FIFA in ihrer Reform statt mit der Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) in die Vergangenheit mit dem Korruptionsexperten Mark Pieth eben nur in die Zukunft. Die Vergangenheit lässt man, so das Hausblatt «FIFA World», «endlich ruhen». Hoffnung auf Besserung zu hegen, ist beim krankhaft pathetischen Missionar und machtbesessenen «le président» Blatter naiv – ja dümmlich. Der absolute Wille, den Funktionären jegliche Macht bei der Vergabe von Grossanlässen zu nehmen, ist nicht vorhanden. Somit bleibt weiterhin Raum für Unmoralisches. Gegen den aalglatten Blatter reicht kein Buch und kein Zeigefinger, um Effektives zu erreichen, sondern einzig der von Uli Hoeness Ende Mai laut angedachte Wettbewerb. Dieses sehr ambitionierte Modell, die Emanzipation von den Nationalverbänden und die gleichzeitige Austragung von Alternativmeisterschaften, bleibt wohl aber Wunschdenken. Deshalb bleibt alles beim Alten, denn die Empörung weilt zu kurz im Menschen. (David Mugglin) Thomas Kistner: FIFA-Mafia. 432 Seiten, gebunden. Erschienen im Droemer-Verlag.
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FANKULTUR Die Fans werden auch in dieser Saison eines der grossen Themen im Schweizer Fussball sein. Als Gegenstück zur festgefahrenen Diskussion zwischen Schuldzuweisungen, Provokationen und Pauschalverurteilungen bietet ZWÖLF mit dem im Oktober erscheinenden Sonderheft «FANKULTUR» neue Blicke, Standpunkte, Erklärungsversuche, Sentimentales, Wissenswertes, Emotionales und Ausgewogenes.
Auf über 100 Seiten stehen die Schweizer Fankurven im Zentrum, es kommen aber auch jene zu Wort, die sonst in der Öffentlichkeit kaum eine Stimme haben. So bietet das Heft eine ausgewogene und tief gehende Lektüre, liefert Wissenswertes zur Historie, wagt Blicke über die Grenzen und präsentiert unzählige unveröffentlichte Fotos aus fünf Jahrzehnten Fankultur in der Schweiz. Lanciert wird das Heft gleichzeitig mit der Eröffnung der Sonderausstellung «Fankultur – Szenen aus dem Stadion» (09.10.12 – 31.03.2013) im FCZ-Museum in Zürich, die zudem mit einer vielseitigen Veranstaltungsreihe aufwartet.
ZWÖLF-Leser können das limitierte Sonderheft «FANKULTUR» schon heute vorbestellen (9,50 Franken plus Porto) und erhalten es dann gleich nach Erscheinen bequem nach Hause geliefert. Ganz einfach über www.zwoelf.ch/fankultur
Rubrik
mämä erklärt
Mämä Sykora ist der ZWÖLF-Fussballprofessor und Präsident der Alternativliga Zürich
Tot wie Intertoto
fussball ist auch ein verdammt guter lehrer Der Fussballverein aus Uppsala heisst IFK und kann nichts. Seit Jahren dümpelt er in der fünfthöchsten Division rum, er spielte nie europäisch und wird das auch in absehbarer Zeit nicht tun. Eher gewinnt wohl Tahiti den nächsten Konföderationen-Pokal. Wo Uppsala liegt, weiss dennoch jeder. Schliesslich ist es ein total lustiger Name. Uppsala. Hihi. So was kann man sich merken. Wie auch Fucking (Österreich), Batman (Türkei) ode r Bitsch (Schweiz). Leider für Geografiemuffel sind aber nicht alle Ortsnamen so lustig. Nach Uppsala ist sogar ein Gesellschaftsspiel benannt. «Ausgerechnet Uppsala» heisst dieses, und dabei müssen Städte auf einer Nord-Süd- und einer OstWest-Achse richtig eingeordnet werden. Für einige sehr anspruchsvoll, für einen Fussballfan ein Klacks. Tauchen Städte wie Burgas, Székesfehérvar oder Vejle auf, ergänzt er diese bloss um ein Chernomorets, Videoton oder BK und erinnert sich an die Kürzel hinter diesen Vereinsnamen in den Telegrammen des leider nicht mehr ausgetragenen «International Football Cup»: (Bul), (Ung) und (Dk). Ein schlicht grandioser Wettbewerb, der hierzulande kurz IFC-Cup genannt wurde. Was eigentlich Sprachpuristen hätte auf die Palme treiben müssen, zumal das C ja schon für Cup stand. Aber ein «IF-Cup» hätte wohl gewisse Fragen aufgeworfen, weil «IF» ausgesprochen für uns trotz des Ypsilons immer noch die Young Fellows sind und diese eher für Präsidentenverhaftungen bekannt sind denn als Wettbewerbsgründer. Und IF gehört ja ohnehin zu Helsingborgs, einem der Dauerbrenner im besagten bildenden Cup, bei dem jeweils in der Sommerpause Vereine aus dem Tabellenmittelfeld gegen ihre Leidensgenossen aus Europa vor ein paar Hundert Zuschauern antreten durften –
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ohne dass Titel vergeben wurden und mit Preisgeldern, die kaum die Getränkerechnung der Mannschaft nach dem Spiel zu decken vermochten. Dennoch: Ich habe diesen Cup geliebt. So viele Resultate, so viele Tabellen, so viele unbekannte Vereine. Ich war sogar derart begeistert, dass ich im Korridor unseres Hauses meinen eigenen IFC-Cup ausgespielt habe. Ein Tor war die Haustür, das andere zwischen Treppenaufgang und Toilette. Ich gegen mich selber, meistens gingen die Spiele so aus, wie ich das wollte. Malmö FF war immer im Finale. Manchmal gingen Glühbirnen oder Schranktüren zu Bruch, manchmal bekam mein kleiner Bruder einen Ball unglücklich ins Gesicht, wenn er denn mal das Tor hüten durfte für Dukla Banská Bystrica oder so. Und natürlich wurden alle Ergebnisse fein säuberlich in ein Heft eingetragen. Das Format erfreute sich derartiger Beliebtheit – bei mir zumindest, bei meiner Mutter weniger –,
dass auch Afrika bald einen IFC-Cup bekam. Dank kindlicher Fantasie und einem Atlas kam es in der Folge zu Krachern wie Torpedo Accra gegen Nouakchott IF oder Inter Freetown gegen Lokomotive Nairobi. Wer da gewann, ist leider nicht mehr zu eruieren. Mein Bruder wurde wohl mit der Zeit doch zu gut und die Partien demnach schwerer nach eigenem Gusto zu gestalten, weshalb die Freude etwas nachliess. Geblieben ist hingegen das dank des IFC- und später Intertoto-Cups erworbene Geografiewissen. Mag der sportliche Wert noch so bescheiden gewesen sein – schliesslich führt nicht mal YB den Gruppensieg von 1994 als letzten Titel auf –, für die Bildung hat er mehr getan als sämtliche Reclam-Bücher, SJW- und YPSHefte sowie Simone und ihr Cousin René aus Genève. Wir wollen deshalb einen Moment innehalten, um dieses Cups und seiner 47 tschechoslowakischen Gruppensieger zu gedenken, der just ab dem Zeitpunkt dem Tode geweiht war, als ihm eine gewisse sportliche Bedeutung zuteilwurde.
Fussball-Smalltalk Die Partie der beiden polnischen Vereine Lech Posen und Pogonia Szczecin wurde Anfang April 2005 in der 38. Minute abgebrochen, weil Papst Johannes Paul II. im Sterben lag. Seit der Einführung der englischen Premier League 1992 lag Manchester United am Ende einer Saison immer unter den Top 3. Das gelang in den besten fünf europäischen Ligen (Spanien, England, Italien, Frankreich, Deutschland) in diesem Zeitraum keiner anderen Mannschaft. In den ersten zehn Jahren seiner Karriere als Trainer kassierte José Mourinho nur eine einzige Heimriederlage in einem Ligaspiel, und zwar 2002 mit Porto gegen SC Beira-Mar. Im elften Jahr unterlag er hingegen mit Real Madrid zu Hause Sporting Gijon, Real Zaragoza und dem FC Barcelona. Toni Kroos ist Fan der Deutschrock-Band Pur und hat die Biografie des Sängers Hartmut Engler gelesen. Der einzige Klub, der je Alex Ferguson entlassen hat, ist St. Mirren FC. Dort wurde er 1978 wegen mehrerer Vertragsbrüche gefeuert. So hatte er verbotenerweise bereits mit Aberdeen verhandelt, unautorisierte Zahlungen an Spieler veranlasst und die Sekretärin eingeschüchtert, um steuerfreie Spesen für die Mannschaft herauszuschlagen. Sechs Wochen sprach er nicht mehr mit ihr, konfiszierte ihre Schlüssel und kommunizierte nur über eine 17-jährige Assistentin mit ihr. Das Gericht befand Ferguson für «aussergewöhnlich kleinkariert» und «unreif», der St.-Mirren-Präsident urteilte, Ferguson habe «keinerlei ManagerFähigkeiten». Beni Thurnheer kommentierte in seiner Karriere 102 WM-Partien live. Keine Nation ist in der UEFA-5-Jahres-Wertung in den letzten 10 Jahren so tief gestürzt wie Norwegen: von Platz 15 auf Platz 28. In der gleichen Zeit kletterte Weissrussland von Platz 38 auf Platz 19 und ist damit der grösste Gewinner. Bei der ersten Europameisterschaft stand bei den qualifizierten acht Mannschaften kein einziger Legionär im Kader. Dies blieb mit Ausnahme von zwei in Italien tätigen Spaniern an der EM 1964 bis und mit 1972 stets so. An der EM 2012 standen 174 Legionäre im Aufgebot, das entspricht 10,9 pro Team. Die meisten Länderspiele an einem Tag am selben Ort gab es am 6. Februar 2007 in London: Brasilien - Portugal, Australien - Dänemark, Nigeria - Ghana sowie Griechenland - Südkorea. Vier Länderspiele wurden in vier verschiedenen Stadien ausgetragen. England selbst spielte an jenem Tag in Manchester gegen Spanien.
In den letzten zwei Saisons schoss der Waliser Aaron Ramsey vier Tore für Arsenal. Am Tag nach seinem ersten Treffer starb Osama Bin Laden, nach seinem dritten Muammar Gaddafi und nach seinem vierten Whitney Houston. Nach seinem zweiten Tor vergingen immerhin 3 Tage, bis mit Steven Jobs eine Berühmtheit das Zeitliche segnete. Paraguay und Japan bestritten im Achtelfinale 2010 das erste WM-Elfmeterschiessen, an dem keine europäische Mannschaft beteiligt war. Dies war zuvor 21 Mal der Fall gewesen. Bevor er sich auf Druck seiner Grosseltern ganz dem Kickboxen verschrieb, erhielt der mittlerweile verstorbene Andy Hug ein Aufgebot der U-16-Fussballnationalmannschaft. Die besten Chancen auf den Weltmeistertitel hat man, wenn man gegen England spielen muss. Keine Mannschaft hat nämlich an Endrunden so oft gegen den späteren Weltmeister verloren wie die Three Lions: 1962 gegen Brasilien (1:3), 1970 gegen Brasilien (0:1), 1986 gegen Argentinien (1:2), 1990 gegen Deutschland (1:1, 3:4 n.P.) und 2002 wieder gegen Brasilien (1:2). Dick Advocaat wurde 2008 nach dem UEFACup-Triumph mit Zenit St. Petersburg zum Ehrenbürger der Stadt ernannt, als erster Ausländer seit dem US-Botschafter George Fox im Jahre 1866. Michael Laudrup gewann mit dem FC Barcelona in der Saison 1993/94 5:0 gegen Real Madrid. In der Folgesaison siegte er mit Real mit demselben Resultat gegen Barcelona. David Icke, der seine Torwartkarriere bei Coventry City und Hereford United wegen Arthritis früh beenden musste und danach 15 Jahre lang als Sportreporter bei der BBC tätig war, fand erst 1991 seine wahre Berufung: Er präsentierte sich bei einer Pressekonferenz in türkise Gewänder gehüllt als «Sohn Gottes», seine Ehefrau als «Engel Gottes» und seine spirituelle Beraterin als «Tochter Gottes». In der Folge wagte er diverse dreiste apokalyptische Prophezeiungen, von denen allerdings keine einzige eintraf, was ihn nur zu noch gewagteren Verschwörungstheorien anstachelte. So vertrat er etwa in Büchern und Vorträgen die Ansicht, George W. Bush, die Queen und Kris Kristofferson seien in Wahrheit dreieinhalb Meter grosse Reptilien aus der niederen Vierten Dimension, die ihr menschliches Antlitz nur dank Konsum vom Menschenfleisch bewahren könnten. Mit deren Bruderschaft seien sie die Beherrscher der Welt und wollten nun den Menschen einen Chip implantieren, um sie besser zu kontrollieren. Die Erde sei im Übrigen hohl, im Innern wohne eine reptiloid/menschliche Rasse, den Erdkern bilde zudem eine kleine Sonne.
«ZWÖLF – Fussball-Geschichten aus der Schweiz» wird von ZWÖLF – Verein für Fussball-Kultur mit Sitz in Bern herausgegeben. ZWÖLF erscheint sechs Mal pro Jahr. Verein und Magazin sind unabhängig. Meinungen von Autoren müssen sich nicht mit jenen der Redaktion decken. Kontakt: www.zwoelf.ch ZWÖLF auf facebook.com info@zwoelf.ch leserbriefe@zwoelf.ch Herausgegeben von: ZWÖLF – Verein für Fussballkultur Postfach 8951 3001 Bern PC 60-668720-9 Gian-Andri Casutt, Präsident Abonnemente: ZWÖLF – Das Fussball Magazin. Leserservice, Postfach, CH-6002 Luzern, Tel.: 041 329 23 10. Fax: 041 329 23 03. E-Mail: zwoelf@leserservice.ch Jahresabo (6 Ausgaben/39.– CHF) per Gratis-SMS an 919 mit ABO12 und Adresse (Beispiel: ABO12 Max Muster, Sportweg 12, 8000 Torhausen) Vertrieb: MDS – Media Data Services AG Chefredaktor: Mämä Sykora Stv. Chefredaktor: Sandro Danilo Spadini ZWÖLF, Postfach 8951, 3001 Bern Redaktion: Wolf Röcken, Silvan Lerch, Silvan Kämpfen, Claudio Spescha, Michele Coviello Autoren dieser Ausgabe: Peter Balzli, Samuel Burgener, Matthias Dubach, Thomas Gander, Marcel Gray, Silvan Kämpfen, Silvan Lerch, David Mugglin, Romano Spadini, Claudio Spescha, Jean-François Tanda, Beni Thurnheer, Benedikt Widmer. Bild: André Bex (Bildchef ), Stefan Bohrer (Titelseite), Hannes Heinzer, Andreas Meier (freshfocus), Yael Textor, Sascha Török. Anzeigen: Kilian Gasser Medienvermarktung GmbH Hellgasse 12, 6460 Altdorf, Tel. 041 871 24 46 kg@kiliangasser.ch Marco Durisch, durisch@zwoelf.ch, Tel. 079 221 11 12 Gestaltungskonzept, Art Direction: bex.fm, Stauffacherstr. 106, 8004 Zürich André Bex, Visueller Gestalter (FH) www.bex.fm Druck: Neidhart + Schön AG, Dorfstrasse 29, 8037 Zürich Auflage: 10 000 Exemplare ISSN Nummer: 1662-2456
Das nächste Heft erscheint Im oktober 2012. ZWÖLF gefällt auch online: www.facebook.com/zwoelfmagazin
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