IM JULI ENTREE
3 STORY OF HELL
3 FEUERWEHRÜBUNGEN Editorial
4 DAS INSTITUT: ZWEITER TEIL – DAS ARCHIV SCHWERPUNKT «TRANSPORTWEGE»
5 VON HIER NACH DORT – MIT UND OHNE KONFLIKTE Schwerpunkt Einleitung
6 LANGSAM UND LAUTLOS AUF DEM WEG ZUR DRITTEN SÄULE Verkehrspolitik, nicht nur für Autos 8 SCHMUGGELROUTEN Klandestiner Warentransport
10 WAS KOSTET EIN MENSCH? Sklaverei heute
12 «PIPELINISTAN» – DAS GROSSE SPIEL UM ZENTRALASIEN Die längste Schlange der Welt– Die Ölleitung Baku-Tiflis-Ceyhan 14 PLOPP, DIE POST IST DA Die schnellste Kurierin des Inselspitals
INTERNATIONALISTISCHES
16 DER KAMPF UM ANERKENNUNG Landlosenbewegung in Brasilien
19 EZLN VS. INTER MAILAND Subcommandante Marcos an Inter Mailand
22 OSLO REVISTET – UND DAS GANZE NOCH EINMAL «Sicherheit» in Palästina AUS GUTEM HAUSE
24 ACHTUNG: KULTURBANAUSEN AM WERK! Reitschule Abstimmungsbüro INNENLAND
25 SCHRITTE AUF EINEM LANGEN WEG Zweites Schweizer Sozialforum in Fribourg 26 PLATZ DER MIGRANTINNEN… Demobericht vom 18. Juni 2005 Redebeitrag an der Demo von Mandu
28 EIN JAHR BREITER WIDERSTAND IN DER WAADT Die Bilanz zum ersten Geburtstag
30 DIE «BIZ» WIRD 75 JAHRE ALT 31 «PUTZ DI, ESTI» Wegweisungen in Zürich
BLICK NACH RECHTS
32 CODES UND LIFESTILE IN DER EXTREMEN RECHTEN Die Zeichen der Zeit erkennen KULTUR ET ALL
IMPRESSUM Redaktion AG megafon | Postfach 7611, CH-3001 Bern megafon@reitschule.ch | Fon 031 306 69 66 Layout megafon Plakat #tt Umschlag Mich Meienberg/Tectonics Bilder uvm/mäz Druck Kollektiv Druckwelle, Reitschule In dieser Nummer Tom Hänsel (#tt), Agnes Hofmann (ans), Christa Kläsi (cdk), Jann Krättli (jak), Heiko Morf (hako), Lisa Strahm (las), Markus Züger (mäz), Urslé von Mathilde (uvm). Redaktionsschluss 15. Juni 2005 näxter 13. Juli 2005 | Erscheint monatlich Auflage ca. 1300 Ex.; Jahresabo (mind. Fr. 54.–) bei obenstehender Adresse. Die in den Beiträgen wiedergegebene Meinung muss sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken. Die Schwerpunkt-Beiträge dokumentieren die Entwicklung von Kunst- und Jugend- und Politszenen. Weder mit bildlichen noch textlichen Inhalten sollen die LeserInnen dazu aufgerufen werden, Straftaten zu begehen. Für unsignierte Beiträge ist in der Regel die jeweilige AG verantwortlich.
INHALT
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megafon Nr. 285, Juli 2005
34 GOLDENE FÄUSTE UND WUT IM BAUCH Comix von Baru: L’enragé 35 JAN STEHLE HÖRT RÖYKSOPP Scheiben 36 PROGRAMM 38 KREUZUNGEN
C.A. ZARTSCHMELZENDSTE FOLGE diese Folge wird Ihnen präsentiert von der Vereinigung gereinigter Ventilatoren Das Leben fliesst dahin wie ein kühles Nass, in welches, wenn auch nur in Gedanken, überhitzte Körper tauchen. Manche können nicht anders, sie müssen wieder auftauchen, wenn sie mal im kalten, klaren Wasser waren. Andere gehen unter, weil sie sich nie die Erfrischung gönnen, sich in die Fluten zu stürzen. Im Allgemeinen ist es so, dass die Menschen infolge der Überhitzung um eine Spur verrückter sind, als sie es sonst zu sein wagen, was das Zusammenleben oft in Mitleidenschaft zieht. So hat auch die Belegschaft der Burg, wohl unter dem Einfluss von übermässigem Genuss des Narrenkrauts, begonnen, Stellungen zu beziehen, obwohl der Feind noch weit ist. Überall auf den Zinnen stehen schwere Geschütze bereit, die bei Bedarf
Botschaften in die Umgebung entladen. Die Tore sind verbarrikadiert mit Worten, die die Welt bedeuten, und weit darüber hinaus weisen. Anzeichen sind vorhanden, dass die Wehrhaften, angesichts der erneuten Bestrebungen der aufmarschierenden Heerscharen, die Burg zu schleifen, ihr Innerstes nach aussen kehren werden, einen Anblick offenbaren, der so grausam ist, dass selbst die Feinde voller Abscheu die Waffen strecken werden. Zur Zeit sieht es jedoch noch so aus, als ob die hässlichen Herausforderer und ihre ebenso grässlichen Frauen das Handtuch nicht schmeissen werden, mit dem sie sich noch eben den Schweiss von der Stirn getupft haben. Es wird ein harter Kampf werden, geführt mit Worten, welche mit mehr
oder weniger handfesten Inhalten versehen, von harten Bandagen umgeben sind. Trotz dem Umstand, dass hier Klein und Schmächtig gegen Gross und Mächtig antritt, ist der Ausgang sehr ungewiss: Die Schwerfälligkeit der Masse, die starre Unbeweglichkeit des Kolosses, stehen der Beweglichkeit und Geschwindigkeit der Verteidigung gegenüber, grosse Worte, deren Gehalt etwa mit einem Bier verglichen werden kann, kleinen Worten, die im Verhältnis dazu einem Schnaps entsprechen. Der Vergleich hinkt, denn an dem ganzen Kampf ist gar nichts Berauschendes zu finden.
In der nächsten Folge: Die Konsultation der Kristallkugel
EDITORIAL
FEUERWEHRÜBUNGEN Heiss ists draussen, und dementsprechend hoch ist die Brandgefahr. Der erste Brandherd ist allerdings ein – saisonunabhängig – immerwiederkehrender: die megafon-Produktion, insbesondere der Schwerpunkt, der eher ein Leichtpunkt geworden ist (siehe Einleitung). Wo brennts? Ideen wären vorhanden, doch fehlen manchmal die Schreibenden, respektive den Schreibenden die Zeit, diese umzusetzen und zu vertiefen. Weil es nicht so weitergehen soll, zermartert sich die Redaktion an Klausuren das Hirn, um das Konzept des megafons so weit zu bringen, dass es mindestens den eigenen Ansprüchen genügt. Übler, wenn Brände vorsätzlich gelegt werden. So zeuseln Fuchsens, Glausers und Konsorten immer wieder gerne an der Reitschule. Das faktische Ziel ihrer Initiative «keine Sonderrechte für die Reitschule» ist zwar heute schon hinfällig, verfügt doch die Reitschule über Verträge und zahlt Abgaben und Steuern wie andere Betriebe
auch. Kein Grund für die Brandstifter, ihre Initiative zurückzuziehen, und so sollten diesen Zwängi-Grinden mit einem deutlichen NEIN voraussichtlich am 27. November klare Grenzen gesetzt werden. Die Kampfkasse: PC 30-311254-5, Solidaritätskomitee Reitschule bleibt! 3000 Bern (siehe auch www.reitschule.ch). Von einem Flächenbrand muss beim Asylrecht gesprochen werden, wobei von Recht im Sinne, dass es hier um Menschen und ihre Rechte geht, nicht mehr die Rede sein kann. Die heutige, menschenverachtende Praxis soll weiter verschärft werden – weil Blocher und seine Mithetzer Sündenböcke und Feindbilder brauchen, um ihre Biedermänner und -frauen weiterhin mit einer Politik der Angst bei Laune zu halten. Weil sie anstelle eines lebenswichtigen Organs einen Stein in der Brust tragen. Um dieses Feuer zu löschen, braucht es allerdings mehr als eine Feuerwehrübung. Was jetzt schon geht: Zu lesen in der Rubrik «Innenland»). > FRANK BRODBECK <
EDITORIAL megafon Nr. 285, Juli 2005
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DAS INSTITUT : ZWEITER TEIL – DAS ARCHIV Die Gesichter streifen vorbei, selten fassbar, denn sie sind – das sehe ich – sind da und doch nicht da. Leicht abwesend, leichte Schleier von inneren Traumwelten sind das Markenzeichen, das Make-up der Institutsbeschäftigten. Ob das Innere noch stete Träume gebiert in diesen unter Strom gesetzten Gängen oder einfach eine lähmende Stille das Antlitz verklärt, ist sicher nicht, denn statistisch zu viele Abgänge und temporäre Auszeiten zu verzeichnen, die nicht selten zu immerwährenden Absenzen führen. Einige Leute arbeiten schon seit ihrer Jugendzeit im Institut. Bereits die Lehre hat in ihnen eine träumerische Leere geschaffen und der Raum und die Herrlichkeit der beanspruchten Ewigkeit des Instituts sich bis zu ihrem Ruhestand mit ihnen vereint. Der treue und redselige Bedienstete in Block B leider den Ruhestand wie viele andere nicht auf direktem Wege angesteuert. Ich durfte seine Eigenheiten lediglich zwei Wochen teilen, da ward er bereits wieder in einem anderen Institut einparkiert. Die Lifttüre aufgestossen, ertönten schon die ersten Laute des B-Wärters, der, zwei Schritte vor und zurück gehend, an der Kreuzung Nord-Süd, meine wagenschiebende Ankunft erwartete. Ich kreuzte ihn, blickte kurz in sein aufgedunsenes Gesicht. Da sich Block B einige Meter unter der Erdoberfläche befindet, vermute ich einen 37-jährigen Sonnen- und Frischluftentzug als Quelle seiner Aufgedunsenheit. Mein rechter Arm presst sich in meine Brust und die Wagenachse dreht nach rechts. Ich schiebe weiter, Richtung Norden, und noch in der nächsten Abbiegung vernehme ich sein stetes Lallen als Warnung, nicht allzu lange dem Institut zu dienen. Zugegeben, die Aufgedunsenheit des Blockwärters könnte auch aus seinen Aufenthalten in diesem anderen Institut stammen. Dieses Institut, eine Burg, die nicht aus Holz, doch Holz in seinem Namen trägt, nimmt einen nicht unbeträchtlichen Teil der oben erwähnten Absenzen auf. Fast könnte von einem freundschaftlichen Austausch gesprochen werden, doch leider der Weg in die Holzburg oft eine Einbahnstrasse. Bedienstete P aus Sektor F hingegen nicht gefährdet frühzeitig aus dem Institut zu scheiden. Frau P brauchte nicht viele Bewer-
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bungen in ihrem Leben zu schreiben, genauer verfasste sie eine und dies vor etwas mehr als dreissig Jahren. Das Institut dankte es ihr kürzlich mit einem Blumenstrauss. Er stand auf ihrem Schreibtisch, einfach so. Schlicht mit einem Kärtchen versehen, darauf stand: «Danke. Ihr Institut». Schlichtheit manchmal auch trostlos sein kann. Der Ferienanspruch abgeleitet aus dreissig Dienstjahren konnte aufgrund der extremen Situation im Institut leider nicht entsprochen werden. Die Periode des permanenten Kontrollverlustes. Sie wütet in den warmen Neonlichtgängen des Instituts. Eine schwierige Zeit. Diese ausserordentliche Belastungsprobe für von Milben zerfressene Bücher, abhanden gekommene Nummerierungen sowie verzweifelte MitarbeiterInnen und deren Suche nach noch nicht gelisteten, respektive nie gelisteten Behältern toter Buchstaben, diese geradezu explosive Mischung verhindert die Ferientage unserer Jubilarin P. P selbst scheint jedoch keineswegs unglücklich, zeigt Verständnis für die momentane Belastungsprobe des Instituts und ganz eins mit ihm hegt auch sie nur den Wunsch das alles so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Vermutungen, dass das kleine Glück in der Vorstadt vielleicht doch sehr klein geraten, und P geradezu das Institut rechtfertigt, bleiben offen. Vermutungen nur. Unverzichtbares Utensil des Institutsbetriebes sind die kleinen Wägelchen. Die kleinen, flinken, rollenden Helfer. Die eigentlichen HeldInnen des Alltags, der ohne sie schlicht nicht zu bewältigen wäre. Zumindest nicht in der körperlichen Verfassung eines Grossteils der InstitutsarbeiterInnen. Fast jeder dieser hundert Zentimeter langen und etwa dreissig Zentimeter breiten sowie einhundertfünfzehn in der Höhe messenden Wagen ziert eine Plakette, die Auskunft über Heimathafen, Bestimmungszweck oder zeitlicher Unterstellung prägen. Wer sich nun indische, von farbigen Lämplein und Girlanden verzierte Transportbusse im Kleinformat vorstellt, liegt falsch, denn das Institut eine ernste und wissenschaftliche Sache. Auch wenn die Wägelchen zu Schätzelchen werden, so dies doch nur versteckt, ohne es zu zeigen. Höhepunkt des internen Kampfes um Zuneigung oder eben Zuteilung dieser Wägelchen ist das
Heftplakat «Dieser Wagen bleibt hier!». Dieser Schriftzug prangt auf gut einem Drittel der Wagen. Wer nun belustigt einen Wagen mit Schriftzug um die nächste Ecke schiebt und einige Meter weiter an der nächsten Bücherwand abstellt, dabei sich heimlich ins Fäustchen lacht, hat den Ernst der Sache, des Wissens um die Anstrengungen der Wissensverbreitung, nicht begriffen. Der stabsmässig eingeleitete Umzug wurde detailhaft geplant. Keine MitarbeiterIn, kein Buch, das nicht vermessen und verplant wurde. Die Logistik erstrahlt in hellstem Glanz. Eine organisatorische Glanzleistung allein die monatelangen Planungen und Berechnungen. Akribisch wurden tausende von Laufmetern errechnet, ausgeschieden und in Form leichten Wellblechs in Auftrag gegeben. Gross dann die Enttäuschung als am Tage Null der Umzug jäh ins Stocken geriet. Der Zusammenprall von Theorie und Praxis entlud sich erbarmungslos. Der Transportlift denn auch acht leere Wagen zu fassen vermochte, dies schon, jedoch nur sieben Beladene. Diese Rückschläge zu verarbeiten nicht einfach, doch die MitarbeiterInnen lassen sich von so was nicht unterkriegen und die neuen Quadratmeterlaufflächen, Liftbelegungsquotienten und Staubmaskenfilterdichten schnell hervorgezaubert. Der Kampf gegen Staub und Vergessen kann nur mit akribischer Hartnäckigkeit gewonnen werden und wer einst 48 Laufmeter Archivschachteln kurz nach dem Ausräumen, Transfer und Einräumen erneut ausräumen durfte, um Schachtel L 596: 132-155 gemäss seiner Bestimmung nachfolgend L 596:77-131 und vorstehend L 596:156 -157 einzuordnen, und ein wenig ratlos die folgenden 48 Laufmeter wieder einfädelte, hat noch nie das tiefe, von Reinheit getragene, glückliche und zufriedene Lächeln einer InstitutsarbeiterIn gesehen. Denn erst wenn niemand und nichts mehr durch die Listen fällt, erst dann ist dem Gewicht und der Verantwortung des Instituts gegenüber der Welt genüge getan und Ruhm bekanntlich im Detail gründet. > HAKO <
SCHWERPUNKT TRANSPORTWEGE / EINLIGHTUNG
VON HIER NACH DORT – MIT UND OHNE KONFLIKTE IM SOMMER WIRD HERUMGEREIST, AUF FETTEN
AUTOBAHNEN ODER SCHIENENWEGEN BEWEGEN SICH DIE MENSCHEN VON NORDEN VORNEHMLICH RICH-
TUNG SÜDEN: MEGAFON GREIFT FÜR DIE DAHEIMGEBLIEBENEN DAS THEMA AUF UND BERICHTET
ÜBER TRANSPORTWEGE – NATÜRLICH NICHT NUR SOLCHE FÜR MENSCHEN, SONDERN AUCH FÜR WAREN.
Per Automobil auf dem «Highway to Hell» davon preschen, frisch verliebt in die Ferien über die «Stairways to Heaven» oder einmal per Kamel mit einer Karawane auf der Seidenstrasse gen Osten ziehen… Unterwegs sein ist verlockend, Wege begeistern – möglichst weit weg und oder ins Unbekannte. Aber Wege oder Strassen sind mittlerweile nicht vor allem Spuren in oder durch das Unbekannte, sondern Kampfzone: Fahrzeuge gegen Menschen in den Städten; Pipelines, die mehr dazu dienen, Machtverhältnisse zu zementieren als Öl zu pumpen; Waren und Menschen, die ausserhalb der vorgesehenen Handelsrouten oder
-bestimmungen transportiert werden. Profite und diffuse «Freiheitsbegriffe» hüben und drüben – und verteidigt müssen sie werden… Transport an sich ist zumindest aus westeuropäischer Sicht weit weniger abenteuerlich als viel mehr billig geworden – bezahlt wird aber immer noch oft mit Menschenleben – und das meistens nicht in Europa. Damit wir über Transportwege nicht nur Übles denken müssen, gibts im megafon ausserdem einen Einblick in eine faszinierende Transporttechnik: Die flinkste Kurierin des Inselspitals – die Rohrpost. Was in diesem Heft auch noch hätte thematisiert werden können: Blut- und oder Energiebahnen, Interkontinentale Wasserkanäle, Flugverkehr, Funk- und Mobiltelefonverkehr, Schwalben, Sa-
harastaub, Pilgerwege, was bedeutet «made in…»?, etc. usw… Der Juli-Schwerpunkt ist ein leichter Punkt geworden – megafons SchreiberInnen sind gen Süden abtransportiert worden – oder von Prüfungen heimgesucht. Die obige Aufzählung soll aber mindestens andeuten, was alles noch hätte im Heft stehen können – selber darüber nachdenken oder -lesen gilt auch. Schöne Sommertage > EUER MEGAFON <
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VERKEHRSPOLITIK, NICHT NUR FÜR AUTOS
LANGSAM UND LAUTLOS AUF DEM WEG ZUR DRITTEN SÄULE DER ZURÜCKGELEGTE WEG AUF DEM VELO IST NICHT, NOCH NICHT, DIE FAHRT AUF EINEM VELOWEG. ABER MIT DER DRITTEN SÄULE IM
STRASSENVERKEHR WIRD ALLES BESSER – DIE
FRAGE BLEIBT: REICHT EIN WENIG BESSER, UM
IN EINER ENTSTELLTEN UMWELT – IM VERKEHR – DIE BEVÖLKERUNG AUF DAS VELO ZU BRINGEN?
Der Strassenverkehr ist nicht nur, aber vor Allem, in den Städten ein tägliches Ärgernis. Auch wenn Beatrice Schlag (NZZ-Folio 6/05) berichtet, dass dies lediglich ein Mentalitätsproblem der hier ansässigen LenkerInnen von Fahrzeugen sei, und der Stau eigentlich gar kein Problem, denn die Lenkenden könnten ja Hörspiele hören oder noch besser ein wenig telefonieren und gleichzeitig eine RadfahrerIn planieren, ist es hier schon ein Problem, dear Beatrice.
WEM GEHÖRT DIE STADT? Dem motorisierten Verkehr. Das ist offensichtlich, doch falsch. Der Mikrozensus zum Verkehrsverhalten (Bern 2001) hält fest, dass 47 Prozent aller Wege mit dem Velo oder zu Fuss zurückgelegt werden. Erklärbar wird eine so ungleiche Wahrnehmung allein durch die physische Masse. So ist ein Auto ja viel grösser als ein Mensch und bekommt somit auch die grösseren Strassen, was aber schlussendlich eine Verteilungsungerechtigkeit des öffentlichen Raumes nach sich zieht. Das stimmt so natürlich auch nicht, denn überschneiden sich AutolenkerInnen und Menschen doch in grosser Zahl. Gemäss dem Zensus besitzen 80 Prozent der Haushalte ein oder mehrere Autos. Noch schwieriger wird es im Veloland Ostschweiz, denn dort besitzen auch 80 Prozent der Haushalte ein Velo. Dieser Zahlensalat ist endlos weiter zu führen. Damit andeuten möchte ich,
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dass die oben gestellte Frage sich nicht nur technisch lösen lässt, sondern nach einer gesellschaftspolitischen Antwort verlangt.
DIE DRITTE SÄULE
• Bundesrat Leuenberger machte den Langsamverkehr im Jahre 2001 zur dritten Säule im Schweizer Verkehrswesen. Die ersten zwei Säulen sind der motorisierte Individualverkehr und der öffentliche Verkehr. Der Langsamverkehr – FussgängerInnen und Velos – soll gestärkt werden und dies vor allem im Agglomerationsbereich. Vorgesehen ist von Bundesseite die Bereitstellung und Harmonisierung rechtlicher, planerischer und fachtechnischer Grundlagen wie auch die Mitfinanzierung von Agglomerationsprogrammen, wobei der • Bund sicherstellt, dass der Langsamverkehr bei diesen Investitionen gebührend berücksichtigt wird. So steht es zumindest in den Papieren der Planungsgruppe des Bundesamt für • Strassen (29. September 2004).
DIE VORTEILE DES LANGSAMVERKEHRS Die heillose (?) Verstopfung der Strassen in den Städten und Agglomerationszentren ist wohl nur noch durch eine kombinierte Verkehrspolitik zu entstopfen. Doch Lösungsansätze wie Verbote und Einschränkungen sind verpönt, gerade wenn es um die so genannte persönliche Freiheit geht und im Besonderen, wenn es um das Zeigen der persönlich gelebten Freiheit geht, dem Autofahren. Das Roadpricing – eine Art Strassenzoll – ist eine weitere Möglichkeit, ersetzt jedoch nicht die Agglomerationsverstopfung. Der Bund nennt fünf gewichtige Gründe den Langsamverkehr zu fördern: • Beitrag zur Dämpfung der Mobilitätsnachfragespitze durch Langsamverkehr und kombinierte Mobilität «motorisierter Individualver-
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kehr – öffentlicher Verkehr – Langsamverkehr». In Zürich scheint dies schwieriger zu sein, dauert diese Mobilitätsnachfragespitze doch von sieben Uhr früh bis acht Uhr spät. Wirtschaftlich attraktiv. Der Langsamverkehr ist kosteneffizient. Eine Studie des Forschungbüros Infras von 2003 belegt, dass der Langsamverkehr mit Unterhaltsbeiträgen von 10-40 Rappen pro Weg im Vergleich zu motorisiertem Individualverkehr und öffentlichem Verkehr (40-80 Rappen pro Weg) viel kostengünstiger ist. Was da genau berechnet wurde, und wie, füllt dann eben diese Studie der Infras. Angesichts des Sparwahns eine klare Partie zugunsten des Langsamverkehrs. Gesundheit. Herr Couchepin wird aufatmen. Die Erhöhung der bewegungsaktiven Bevölkerung lässt eine Reduktion der Gesundheitskosten erwarten. Energie und Umwelt. Positive Wirkung auf die Erreichung der energiepolitischen Ziele wie Luft, Lärm, Flächenverbrauch und CO2 wird erhofft. Sozial. Nicht alle haben ein Auto und nicht alle können Autofahren – sei dies aus finanziellen, gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen.
HOFFNUNG UND WIRKLICHKEIT Die klare Stellungsnahme zugunsten des Langsamverkehrs muss jedoch noch einige Hürden auf dem Weg zu einer wirklichen Dritten Säule nehmen. Die NutzerInnen des Langsamverkehrs sind oft auch jene des motorisierten Individualverkehrs, was zu Interessenkonflikten führt, die meistens mit einem Sieg der meinungsmächtigeren «Freiheit» enden. VelofahrerInnen setzen sich einer extremen Gefährdung aus. Das weiss auch der Bund. In Befragungen wird das Velofahren von breiten Kreisen als
sehr gefährlich erachtet. Der Fakt, dass jedeR froh ist, es heute wieder einmal durch den Strassendschungel geschafft zu haben, spricht für sich. Erst wenn der Langsamverkehr mit gleichen Mitteln ausgebaut wird, wie die beiden anderen Säulen öffentlicher Verkehr und motorisierter Individualverkehr, erst dann werden auch mehr Leute auf das Velo umsteigen. Es reicht nicht aus, da und dort einen gelben Velostreifen auf den Asphalt zu pinseln, der dann 300 Meter weiter einfach wieder versandet. Das Wegnetz muss eine umfassende Durchlässigkeit garantieren und sich nicht in abstrusen Quartierstrassen irgendwo durch die Stadt verlieren. Das Netz muss direkt und dicht geknüpft sein. Auch Parkplätze gehören dazu. Erhält das Velo eigene Fahrbahnen mit eigenen Verkehrsschildern und Ampeln, werden auch ältere Menschen das Fahrrad wieder aus dem Keller holen, Väter und Mütter ihre Kinder in den Anhänger packen oder auf dem Velositz festzurren. Dann können sie die Fahrt geniessen und müssen sich nicht permanent vor aufheulenden Motoren und fetten Lastwagen fürchten. Dass dies geht, zeigen Städte wie Kopenhagen, wo 35 Prozent der Wege mit dem Velo zurückgelegt werden und es seit 1970 keinen Zuwachs an innerstädtischem Autoverkehr gegeben hat. Dieser Schritt zu einer Veränderung der Verkehrskultur kostet und er beansprucht Raum und Infrastruktur. Ohne diese Komponenten wird der Langsamverkehr jedoch immer nur ein his-
torisches Muss am Rande bleiben, mit neidvollen Blicken nach Nordamerika, die viele ihrer Städte direkt auf den motorisierten Verkehr ausrichten konnten. In der vorgegeben Enge der Städte ist der Raum beschränkt. Es wird zu einem Verteilkampf um den bereits geteerten Raum kommen. Bei dieser, bisher nicht eingeleiteten, Umverteilung wird sich weisen, ob den hehren Absichten auch Taten folgen. Auch die Stadt Zürich verkündet laut, die zurückgelegten Wege per Velo von 7 Prozent im Jahre 2004 auf 12 Prozent im Jahre 2010 steigern zu wollen. Es würde viele freuen. Nur, die Interessenkollision (Kapital und Macht) und die Angst vor den WählerInnen (Freiheit versus. Einschränkung) haben schon so manche gute Vorlage in den Schubladenstaub geschickt.
WEGE UND WEGGEFÄHRTEN Hier die Zahlen des Mikrozensus 2000: 12 Prozent der Autofahrten und 20 Prozent der Bus/Tramfahrten sind nicht länger als einen Kilometer (oder zu Fuss etwa 15 Minuten). 34 Prozent der Autofahrten und 60 Prozent der Tram/Busfahrten sind nicht länger als drei Kilometer (oder per Velo etwa 10 Minuten). Insgesamt sind 50 Prozent der Autofahrten und 80 Prozent der Bus / Tramfahrten nicht länger als fünf Kilometer (oder per Velo 15-20 Minuten). Hier steckt also ein enormes Langsamverkehr–Potential, gerade für das Velo. Es ist das ideale Verkehrsmittel
für jung und alt, falls die Strecken attraktiv und sicher sind. Hinzu kommt, dass das Velo meist auch schneller ist. Denn in der Stadt gibt es keinen Zusammenhang zwischen potentieller Geschwindigkeit und realem Fortkommen. Wenn nur schon ein Teil der motorisierten IndividualverkehrerInnen umsteigen und WeggefährtInnen des Langsamverkehrs respektive des öffentlichen Verkehrs werden, sind viele Nadelöhre und Problemstellen des städtischen Verkehrs einfach und billig entlastet, zumindest teilweise. Doch eben, erst müssen Bedingungen geschaffen werden, die neue WeggefährtInnen ermutigen, auch wirklich umzusteigen. Dass dies nachhaltig funktioniert belegen die Verkehrszahlen in Kopenhagen, wo offensichtlich ein grosser Prozentsatz der Bevölkerung auf das – vielleicht sogar vorhandene – Auto verzichtet. Auch in der Stadt Genf ist der Veloverkehr seit der Annahme des Velorichtplanes im Jahre 1989 um 150 Prozent gestiegen. Chapeau.
Quellen: Astra-Bundesamt für Strassen, VCS, IG-Velo und Leonardo (VCSMagazin).
> HAKO <
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KLANDESTINER WARENTRANSPORT
SCHMUGGELROUTEN SEIEN ES DROGEN, RHINOZEROSHÖRNER ODER
ATOMARES MATERIAL, ALSO ILLEGALE WAREN,
DIE TRANSPORTIERT WERDEN, ODER KUNSTGÜTER, DEREN EX- UND IMPORT VERBOTEN IST, DIE TRANSPORTWEGE VERLAUFEN ENTLANG IMMER
GLEICHER, (UN)BEKANNTER BAHNEN UND BIETEN
DIE GRUNDLAGE EINES LEBENDIGEN WIRTSCHAFTSZWEIGES. MENSCH SPRICHT AUCH VON MENSCHENSCHMUGGEL – ABER DAZU MEHR IM TEXT SEITE AUF SEITE 10.
Vielen Menschen garantieren die Handelsbeschränkungen auf einer Ware ein Auskommen: Sie betreiben so genannten Ameisenverkehr, als eine legale Art des Schmuggelns: Eine Person übertritt die Grenze zwischen zwei Staaten wiederholt und führt dabei jedes Mal die maximal legal mögliche Menge einer Ware ein beziehungsweise aus. Dies wird besonders gern auch von Touristen an der Grenze zu zollfreien Gebieten praktiziert. In Industrieländern wird ein steigender Import/Export von weichen Drogen wie Haschisch beobachtet. An den Grenzen von Räumen mit hohem Wirtschaftsgefälle, zum Beispiel der litauisch-russischen, verstopft der Ameisentourismus geradezu die grossen Grenzübergänge, denn die vielen Arbeitslosen versuchen mit dem Einkauf von billigem russischem Benzin, Schnaps und Zucker ihr Budget aufzubessern. Eine weit grössere Bedeutung für die Weltwirtschaft hat der Schmuggel getätigt von transnationalen Verbrecherorganisationen, wie der europäischen und amerikanischen Mafia, den chinesischen Triaden und der japanischen Yakuza. Schmuggel gehört nebst illegalen Waffenverkäufen, Drogenhandel, Prostitution, Glücksspiel und Devisenschwarzmarkt zum Kerngeschäft. Aufgrund der guten Vernetzung und gesicherten Positionen gelingt es, die Er-
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löse aus den illegalen Geschäften in gewöhnlichen Unternehmen reinzuwaschen oder im Bankensystem zu deponieren. Die Schweiz gilt übrigens nach wie vor als eine der beliebtesten Steueroasen. Als möglicher Indikator: Mehr als 40 Prozent aller bei den Banken eröffneten Nummernkonten werden von AusländerInnen geführt. Herrscht in einem Land Krieg oder mangelnde staatliche Kontrolle, blüht der Schwarzhandel auf. In Friedenszeiten gedeiht er bei ungenügenden Schutzmassnahmen gemeinschaftlicher Ressourcen wie Holz oder dem kulturellen Erbe, hohen Wirtschaftgefällen, Korruption und Armut.
KULTURGÜTER, WAFFEN & CO Nicht einmal der französische Präsident Chirac ist vor Schmuggelware sicher. Eine Terrakottafigur aus Mali, die ihm von engsten Mitarbeitern geschenkt wurde, erwies sich als Raubgut. Sie war auf einer illegalen Grabungsstätte von der Polizei beschlagnahmt worden und kam auf dem Transport ins Museum abhanden. Peinlich, weil Frankreich gerade die UnescoKonvention ratifizieren wollte, die den Schmuggel mit geraubten Kulturgütern eindämmen sollte. Chirac war es auch, der die Plünderungen der Archäologischen Museen von Bagdad und Mossul im jüngsten Irakkrieg als «Verbrechen gegen die Menschheit» bezeichnete. Von den über 14 000 gestohlenen Objekten aus dem Bagdader Museum sind bisher nur 4000 wiedergefunden oder zurückgegeben worden. Der Handel mit geraubten Kulturgütern macht einen Umsatz von schätzungsweise drei bis sieben Milliarden Franken und ist damit die drittgrösste kriminelle Branche nach dem Waffen- und Drogenschmuggel. Die Richtung ist klar: D ie Reichtümer des Südens wandern in die Galerien und Sammlungen des Nordens. Besonders gute Lieferanten sind Länder im Kriegszustand – das Museum
von Kabul wurde mehrfach geplündert, das Nationalmuseum Zaires beim Sturz Mobutus leer geräumt. Ein unkontrollierter Wildtiermarkt droht auch, viele Tierarten wegzufegen. Japan steht als Abnehmerland an der Spitze gefolgt von China, der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Kanada. Seis zur Arzneimittelherstellung, zu Forschungszwecken, zur Schmuckherstellung, als Haustier oder als Ausstellungsobjekt: Die Zukunft zahlreicher Tierarten wird zugunsten eines internationalen Handels aufs Spiel gesetzt. Kein Wunder, handelt es sich doch um ein äusserst lukratives Geschäft: Ein Kilo Horn des schwarzen Rhinozeros erhöht seinen Wert von 180 bis 600 Franken, die dem Wilderer gezahlt werden, auf 5000 bis 10 000 Franken für den Endverbraucher. Das Risiko liegt allein bei den kleinen Gaunern: Im südlichen Afrika oder in China wird auf Wilderer scharf geschossen.
KONFLIKT-HOLZ Ein weiteres gehandeltes Gut ist der Rohstoff Holz, der in Regionen Asiens und Afrikas als Zahlungsmittel bei mafiösen Geschäften dient. Der Bürgerkrieg in Sierra Leone zum Beispiel wurde unter anderem mit Gewinnen aus der liberianischen Holzindustrie finanziert. Liberias Expräsident Charles Taylor gab sogar öffentlich zu, dass er Waffeneinkäufe mit Einnahmen aus dem Holzexport bezahlt hat – trotz UN-Embargo. Pol Pot erklärte 1991, dass eben die Naturressourcen hinhalten müssen zur Bewaffnung der Streitkräfte, wenn das Land nicht über genügend Kapital verfüge.1 Konflikte um Holz könnten sogar Kriege verlängern, dies zumindest vermutet eine Expertengruppe mit dem Verweis auf den sinkenden Holzpreis in den Nachbarländern der Demokratischen Republik Kongo. Rebellengruppen, Unternehmen und Regierungstruppen der benachbarten Länder könnten nur schon aus finanzieller Hin-
sicht ein Interesse haben, den Konflikt im Kongo endlos auszudehnen, um sich weiter unbehelligt an den Holzvorräten des Nachbars zu bedienen.2 Vielleicht nicht in erster Linie an Schmuggel denkt man beim Austausch von viren- und bakterienverseuchten Abwässern und verdreckter Luft über die mexikanisch-amerikanische Grenze, zu Ungunsten Mexikos versteht sich. Bekannter ist der rege Personenschmuggel und Drogenverkehr über diese Grenze.
DIE
OPIUMSTRASSE
Die generelle Richtung des Warentransportes verläuft von den armen zu den reichen Nationen. Nicht anders im Falle der Opiumstrasse zwischen den afghanischen Mohnfeldern und dem europäischen Heroinmarkt, sehr zum Leid des Iran, der dazwischen liegt. Die islamische Republik führt einen regelrechten Krieg gegen die Drogenschmuggler, sie hat einen Zehntel ihrer Ordnungshüter an der Ostgrenze zu Afghanistan positioniert. Die Hauptproduktion erfolgt in den Provinzen Helmand im Süden und Nangarhar im Osten Afghanistans. Ein Teil der Ernte wird bereits in Afghanistan in rudimentären Laboratorien zu Heroin verarbeitet und gelangt über die «Südroute» über pakistanisches Gebiet in den Iran. Die Schmuggelpfade sind Jahrhunderte alt und werden mit dem Auto, dem Motorrad oder zu Fuss begangen. Bestimmte sunnitische Belutschen sind seit Generationen in diesem Geschäft, sie sind sowohl in Afghanistan, Pakistan und dem Iran beheimatet und anerkennen die geltenden Grenzen nicht. Für viele ist es ausserdem die einzige Verdienstmöglichkeit in diesen unfruchtbaren Gebieten. Im Gegensatz zu den afghanischen Schmugglern, die das Opium über die «Nordroute» in den Iran schleusen, geniessen die Belutschen die logistische Unterstützung der heimischen
Bevölkerung entlang der Route und müssen so keine Entführungen vornehmen, um an die notwendige Infrastruktur zu kommen. Hilfe ist nötig, denn im Iran sind die Bestimmungen hart: Wer mehr als 30 Gramm Heroin oder fünf Kilo Rohopium auf sich trägt, muss mit der Todesstrafe rechnen. Im Jahre 2000 wurden 900 Schmuggler umgebracht und knapp die Hälfte aller Häftlinge sitzt wegen einem Drogendelikt ein. Das Risiko tragen wieder die Kleinen in dieser gewinnträchtigen Branche, die einen Jahresumsatz von mindestens 500 Milliarden Dollar erzielen.3 Je näher sich die Handelsroute Europa nähert, je mehr nimmt die Gewinnspanne zu, und dies exponentiell. Ein Kilo Rohopium bringt dem afghanischen Bauern einen Gegenwert von 45 Franken in Lebensmitteln, dem Kurier in Sahedan bereits 150 Franken, in Teheran schon 900 und in der Türkei 3600 Franken. Ein Kilo Rohopium ergeben 100 Gramm Heroin, ein Gramm gestrecktes 25- bis 30-prozentiges Heroin kostet im Strassenverkauf in der Schweiz 40 bis 60 Franken.4 Rechnet selbst. 80 bis 90 Prozent des in der Schweiz konsumierten Heroins stammen aus Afghanistan.
FEHLENDE ALTERNATIVEN Die internationale Staatengemeinschaft leistet wenig, um das Drogenproblem an der Wurzel zu bekämpfen und den afghanischen Bauern eine Entwicklungsperspektive neben dem Opiumanbau zu bieten. Die verhängten Sanktionen der Vereinigten Staaten gegen den Iran bewirken indes, dass die Drogenhändler besser ausgerüstet sind als das iranische Militär. Fälle von Korruption gibt es laut amtlicher iranischer Seite keine, was ein wenig erstaunt, liest man doch, dass die kleinen Dealer in den öffentlichen Parks von Teheran für 15 USDollar am Tag unbehelligt ihrem Geschäft nachgehen können...
Die US-Offensive in Afghanistan vermochte den Mohnanbau kaum zu vermindern, in Gegenteil: Im allgemeinen Chaos nutzten die Bauern wieder die Gelegenheit, Mohn zu ziehen – unter den Taliban, drei Jahre zuvor, war die Vernichtung sämtlicher Mohnkulturen verordnet worden. Und Ministerpräsident Karsai hat bestimmt drängendere Probleme, als die Ankündigung, den Mohnanbau zu unterbinden, umzusetzen. Von den versprochenen Milliarden Finanzhilfe für Afghanistan würden nur die Infrastrukturen wieder aufgebaut, Ersatzkulturen würden kaum finanziert, befürchten Experten. Lachender Gewinner ist die internationale Drogenmafia. Schattenwirtschaft ist unsozial und schadet den Staatsgefügen. Als Vietnam 2003 mit dreijähriger Verspätung der Zollunion der Asean-Länder beitrat, war bereits klar, dass der Schmuggelhandel die örtliche Industrie untergraben würde. Steuereinnahmen fehlen derart, dass der vietnamesische Staat nicht mehr über die Mittel zur Sicherung der Grundversorgung in Gesundheits- und Schulwesen verfügt. Demgegenüber die reelle Überlebensmöglichkeit. Die Wege führen direkt vor der eigene Türe durch.
1 Global Witness, the
logs of war: the timber trade and armed conflict, November 2002. 2 Alice Blondel, Die kriminelle Nutzung von Wäldern in Konfliktregionen, le monde diplo Dezember 2003. 3 Annahme der UNDrogenbekämpfungsbehörde aus dem Jahre 1994. 4 Cédric Gouverneur, Die Spur der Drogen, le monde diplo März 2002.
> LAS <
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SKLAVEREI HEUTE
WAS KOSTET EIN MENSCH? EXTREME ARMUT, FEHLENDE ARBEIT, DER
ZUSAMMENBRUCH SOZIALER NETZWERKE UND DES RECHTSSTAATS, SEXISTISCHE GEWALT UND
PATRIARCHALE STRUKTUREN: DIES IST DER NÄHRBODEN FÜR DEN WELTUMSPANNENDEN HANDEL MIT MENSCHEN.
Wer an Sklaverei denkt, hat meist ein antiquiertes Bild vor Augen: ein Gefangenenschiff, eine Reihe aneinandergeketteter dunkelhäutiger Menschen. Ein Bild der Vergangenheit, auch wenn Sklaverei eine Geissel der Gegenwart ist. Inzwischen gehört der Handel mit Menschen nach Drogen- und Waffenhandel zur weltweit drittgrössten Verbrechensbranche. Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft, eine ausgewachsene Verbrechensindustrie: GeldDokumentenfälschung, wäscherei, Schmuggel, Waffen- und Drogengeschäfte und natürlich das schnelle, dreckige Geld mit der Ware «Mensch».
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Schätzungen lassen das Ausmass dieser Verbrechen nur vermuten. Die CIA geht davon aus, dass weltweit jedes Jahr 700 000 bis 2 Millionen Frauen und Kinder grenzüberschreitend gehandelt werden1. Der Menschenhandel innerhalb eines Landes ist dabei nicht berücksichtigt. Menschenhandel tritt dort auf, wo «Marktbedingungen» günstig sind. Seit den Grenzöffnungen Ende der 1980er Jahre verbreitet er sich wie ein Virus in den Ländern Osteuropas – begleitet von der schwachen Wirtschaftslage und schlechten Jobaussichten. Der internationale Handel mit Menschen wird dabei immer brutaler und gleichzeitig ausgeklügelter. Menschenhändler ändern schnell und häufig ihre Methoden. Unter den Kriminellen herrschen keine ethnischen und keine religiösen Barrieren. Was zählt, ist der Profit. So arbeiten auf dem Balkan serbische und albanische Menschenhändler brüderlich zusammen. Helfer finden sie unter den schlecht ausgerüsteten und unterbezahlten Polizisten und Grenzwächtern.
Der Balkan als ehemaliges Kriegsgebiet ist ein trauriges Beispiel. Die Zivilgesellschaft ist instabil und die Rechtsstrukturen sind schwach. Die Präsenz uniformierter Männer hat auf dem Balkan einen Sexmarkt geschaffen, der skrupellose Unternehmer und Verbrecher anlockt. Der Handel mit Menschen ist auf dem Balkan ein lukratives Geschäft – er birgt wenige Risiken und garantiert hohe Profite. Gemäss Berichten kann eine Frau für etwa 1250 bis 1500 Dollar gekauft werden und dann pro Stunde für 250 bis 350 Dollar «vermietet» werden. Südost Europa gilt als europäischer Transit- und Knotenpunkt für den Handel von Frauen und Kindern zur sexuellen Ausbeutung. Jährlich werden etwa 300 000 bis 500 000 Menschen gehandelt. Eine Studie der International Organisation for Migration (IOM) zeigt auf, dass jedes Jahr etwa 170 000 Personen via Menschenhandel in die Balkan-Region geschleust werden2. Gemäss IOM gelangen jährlich auch 1500 bis 3000 Personen als Opfer von Menschenhandel in die Schweiz.
Immer mehr Jungen und Mädchen werden für Kinderpornografie, sexuellen Missbrauch, Kinderarbeit und professionelles Betteln verkauft. Die Kinder werden oft auf ihrem Schulweg gekidnappt. Schätzungen zufolge sind von den 30 000 AlbanierInnen, die in Europa zur Prostitution gezwungen werden, 60 Prozent Kinder3.
BEISPIEL MOLDAWIEN In Moldawien möchten nach Umfragen 90 Prozent der jungen Menschen das Land verlassen. Gemäss Berichten seien einige Dörfer bereits ganz ohne Frauen. Jene mit Geld und Beziehungen arrangieren sich mit Menschenschmugglern. Die anderen, die über keine Mittel verfügen, sind den Bedingungen der Menschenhändler ausgeliefert. Die Händler schiessen der Familie Geld vor. Geld, das der verkaufte Mensch später durch Sex- oder Schwarzarbeit abarbeiten muss. Oft werden in falschen Inseraten gute Jobangebote im Ausland versprochen. Sind die Menschen ausser Landes ge-
schafft, werden sie mit horrenden Rechnungen – manchmal mehr als 50 000 Dollar – konfrontiert. Unter widrigsten Bedingungen werden sie gezwungen, diese Beträge abzuarbeiten. Oft ist ein Nachbar oder ein Bekannter der lokale Mittelsmann des Menschenhändlers. Auffällig ist, dass die Zahl der Frauen, die Menschenhandel betreiben, stark angestiegen ist. Spätestens im Nacht Club verstehen dann die verkauften Frauen, was ihnen geschieht. Dann ist es zu spät. Die Pässe werden ihnen abgenommen, sie werden unter Androhung und Ausübung von Gewalt zu ungeschütztem Sex gezwungen, ohne die Freiheit, einen Freier abzuweisen. Die Frauen werden so lange gedemütigt, bis der Wille zur Flucht gebrochen ist. Einige Frauen akzeptieren ihre Unterdrükkung. Sie können nirgendwo hin gehen, schliesslich sind es ihre eigenen Familien, die sie verkauft haben. > MÄZ <
Dieser Text basiert auf dem Artikel «Trafficking in Human Beings – The Ugly Face of Europe» von Helga Konrad, erschienen 2002 in Helsinki Monitor No. 3. 1 Central Intelligence
Agency: Global Trafficking in Women and Children: Assessing the Magnitude. 1999. 2 IOM: Applied Research and Data Collection on Trafficking in Human Beings to, through and from the Balkan Region. 2001. 3 Report on Child Trafficking in Albania by Save the Children. März, 2001.
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DIE LÄNGSTE SCHLANGE DER WELT - DIE ÖLLEITUNG BAKU-TIFLIS-CEYHAN
«PIPELINISTAN» DAS GROSSE SPIEL UM ZENTRALASIEN ES IST EIN JAHRHUNDERTBAUWERK, DAS ENDE
MAI IM SANGACHAL-TERMINAL AN DER ASERBAIDSCHANISCHEN KÜSTE DES KASPISCHEN MEERES
EINGEWEIHT WURDE1. DIE MELDUNGEN ÜBER DIE
sen an der neuen Seidenstrasse, wie die Pipeline von einem türkischen Poli«MILLIARDENRÖHRE» BLIEBEN MEIST DEM WIRTtiker genannt wird, kommen regionale SCHAFTSTEIL VORBEHALTEN, ABER ALLE KOMMENMacht-Interessen Russlands und Irans. TATOREN WAREN SICH DARÜBER EINIG, DASS DIE Beide Länder, und das ist das Heikle beziehungsweise Kühne am Kurs der «BTC-PIPELINE» NICHT NUR «ASERI LIGHT» gigantischen Pipeline, werden umganTRANSPORTIERT, SONDERN AUCH FÜR GEOgen: Das Betreiberkonsortium unter POLITISCHEN ZÜNDSTOFF DER ERSTEN KLASSE der Leitung des britischen Ölkonzerns SORGEN KANN. BP/Amaco wählte die teure und lange Route von Aserbaidschan über Georgien in die Türkei, wo das Öl im türkiDie Ölleitung ist einen Meter dick, einen schen Mittelmeerhafen Ceyhan auf Meter tief – «erdbebensicher» – in der Supertanker verladen wird. Erde begraben und schlängelt sich vom kaspischen Binnenmeer bei Baku über 1760 Kilometer über Georgien (Tiflis) zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan2. In einem «privaten Korridor»3 von etwa 40 Metern Breite überquert die Pipeline bis zu 2800 Meter hohe Bergpässe und 1500 Flüsse. Eine beachtliche technische Leistung, die ihr viele Superlative eingetragen hat («die längste Schlange der Welt«), und ein politisches Projekt, das nationale Empfindlichkeiten und bislang geltende Regeln im «grossen Spiel» um die Herrschaft in Zentralasien links liegen lässt: «Die BTC (Baku, Tiflis, Ceyhan) ist nicht hauptsächlich eine Pipeline: sie ist ein souveräner Staat» (Pepe Escobar).4
NEUE SEIDENSTRASSE Man verspricht sich einiges von den sagenhaften Ölvorkommen im Kaspischen Meer. «Man» sind in erster Linie die Industrieländer mit dem grössten Bedarf an dieser Ressource, allen voran die USA, Europa, Russland und zunehmend China. Und natürlich die Anliegerländer, die sich vom Ölreichtum wirtschaftliche Prosperität versprechen. Zu den wirtschaftlichen Interes-
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Dass sich der amerikanische Luftwaffenstützpunkt Incirlik in der Nähe des Verladehafens befindet, ist für viele Kommentatoren des brisanten geopolitischen Unternehmens kein Zufall. Das «extrem teure» Projekt5 spiegelt vor allem amerikanische Hoffnungen, Wünsche und Interessen wieder. Amerika will sich von der Abhängigkeit von den Ölvorräten im Mittleren Osten befreien und dafür lässt es sich einiges kosten. Etwa 2,5 Milliarden Euro hat die Pipeline gekostet; das meiste Geld kam als Kredit von der Weltbank und der
Bank für Europäischen Wiederaufbau. In beiden Institutionen sind die USA grosse Kapitalgeber. Bauherren sind der britische Ölkonzern BP/Amoco und die staatliche aserbaidschanische Ölgesellschaft Socar. Beteiligt sind ausserdem Unternehmen aus den USA, Norwegen, der Türkei, Italien, Frankreich, Japan sowie Saudi-Arabien. Auf vierzig Jahre ist die Lebensdauer der Rohrleitung ausgerichtet; bei voller Kapazität soll sie eine Million Barrel (159 Millionen Liter) pro Tag transportieren, was in etwa einem Zehntel des täglichen Ölimports der USA entspricht. Doch zeigt sich hier schon die erste Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Anders als zu der Zeit, als der jetzige amerikanische Vizepräsident Dick Cheney noch bei Halliburton im Ölgeschäft war und das gigantische Projekt mitinitiierte, schätzt man die Ölvorräte der aserbaidschanischen Felder bei weitem nicht mehr so üppig ein – manche Kritiker6 gehen sogar so weit, dass sie die Grösse der gesamten Ölfelder im kaspischen Meer für viel geringer als versprochen veranschlagen: Statt der Träume von einem neuen Kuwait könnte das kaspische Meer nur 32 Milliarden Barrel Öl bereithalten, nicht viel mehr als die Reserven von Katar, einem kleinen Produzenten am Golf. Die kaspische See könnte tatsächlich nur 10 Prozent der bekannten Reserven des Mittleren Ostens enthalten (Asia Times). Momentan fördert Aserbaidschan jährlich etwa 15 Millionen Tonnen Öl, der grösste Teil stammt aus dem Feld Cirag. Das BTC-Projekt scheint für viele überdimensioniert: Der grosse russische Ölförderer Lukoil verkaufte 2003 seinen zehnprozentigen CiragFeld-Anteil nach Japan – wegen schlechter Prognosen: Bei einer Höchstförderung des aserbaidschanischen Öls ab 2009 von jährlich 50 Millionen Tonnen würden die etwa 500 Millionen Tonnen bald erschöpft sein.
Weswegen die Ölgesellschaften schon jetzt damit spekulieren, dass sich Kasachstan, das mit der Erschliessung des Riesenfeldes Kaschagan zu einem der weltweit grössten Ölproduzenten aufsteigen will, mit seinen reichen Vorräten am Ölzufluss für die BTC-Pipeline beteiligt. Die Rentabilität der BTC-Pipeline hängt in den Augen der Skeptiker davon ab, ob sich Kasachstan beteiligt. Bereitschaft dazu hat die kasachische Führung bereits signalisiert: Es gibt aber ein Problem, Russland, das von diesem Geschäft ausgeschlossen wäre.
PROFIT UND POLITIK Doch für russische Experten ist längst klar: Es geht bei der neuen Pipeline gar nicht so sehr ums Geschäft – die Transportkosten der BTC-Pipeline sind nach ihren Schätzungen etwa doppelt so hoch wie der bisherige Exportweg des aserbaidschanischen Kaspi-Öls über den russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk – sondern vor allem um politische Macht in Zentralasien; die Pipeline ist in ihren Augen nur ein Vorwand für Amerika, um dort aus Sicherheitsgründen Truppen zu stationieren. Weswegen man jede Bestrebung der Anrainerländer, wie etwa Georgiens, nach Aufnahme in die NATO, mit allergrösstem Argwohn begegnet. Für den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Konstantin Kossatschow, steht ausser Frage, dass «dieses Projekt aus politischen und nicht aus ökonomischen Motiven entstanden ist». Bei einem Besuch des amerikanischen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld bei dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aljiev, am 3. Dezember vergangenen Jahres in Baku, ging es angeblich7 um die Stationierung mobiler US-Truppen unter anderem zur Sicherung der Pipeline vor terroristischen Anschlägen; die russische Antwort war kurz und eindeutig:
«Es hat bisher keine amerikanische Präsenz in der kaspischen Region gegeben und es wird keine geben. Wir werden es nicht erlauben, sie haben hier nichts zu beschützen» (Nikolai Riabov, russischer Botschafter in Aserbaidschan). Tatsächlich verläuft die Pipeline in wenig sicherem Gelände. Aserbaidschan, das sich vom Erdölboom fantastische wirtschaftliche Zuwachsraten (22 Prozent für 2005, 38 Prozent für 2006) erwartet, gilt als sehr korruptes Land, geführt von einem Diktator, Ilham Alijew, der seine Macht von seinem Vater geerbt hat. Obwohl sich Präsident Alijews zu «demokratischen Werten» bekennt, zeigt sich das aserbaidschanische Regime immer wieder im alten, autoritären Stil. Eine Demonstration der Opposition kurz vor Einweihung der BTC-Pipeline wurde zuerst verboten; als mehrere hundert Demonstranten wie angekündigt trotzdem aufmarschierten, wurden sie niedergeknüppelt. Während die USA andernorts Diktatoren stürzt, hält man diesen, in alter Tradition, als Garant für die Sicherheit. Indes politische Beobachter auch im Verlauf der Pipeline durch die kurdischen Gebiete der Türkei eine Gefahr erkennen, sorgen sich Umweltschützer8 um die Artenvielfalt im Kaukasus und darum, dass die Ölleitung durch mindestens drei erdbebebengefährdete Regionen verläuft und die Pufferzone des Kharagauli Nationalparks in Georgien durchquert. Doch das Betreiberkonsortium der grossen Ölfirmen hat mit Aserbaidschan, Georgien und der Türkei vereinbart9, dass die Regierungen die Projektbetreiber finanziell entschädigen müssen, sollten zukünftige Umweltgesetze zusätzliche Ausgaben erfordern.
Dieser Artikel wurde publiziert unter: heise.de/tp/r4/ artikel/20/20199/ 1.html. Merci vielmal für das Abdruckrecht! Links: 1 http://news.independent.co.uk/world/ asia/story.jsp?story= 641172 2 nzz.ch/2005/05/25/ al/newzzE95KJOS212.html# 3 http://news.indepen-
dent.co.uk/world/ asia/story.jsp?story= 641172 4 atimes.com/atimes/ Central_Asia/GE26Ag0 1.html 5 handelsblatt.com/ pshb?fn=tt&sfn= go&id=1042230 6 atimes.com/atimes/ Central_Asia/GE26Ag 01.html 7 atimes.com/atimes/ Central_Asia/EL24Ag 01.html 8 wwf.de/regionen/ welt/georgien/btc 9 taz.de/pt/2005/05/ 25/a0093.nf/text
> THOMAS PANY, TELEPOLIS <
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DIE SCHNELLSTE KURIERIN DES INSELSPITALS
PLOPP, DIE POST IST DA WENN ICH DAVON ERZÄHLTE, DASS ICH FÜRS
MEGAFON EINEN ARTIKEL ÜBER DIE INSEL-ROHRPOST SCHREIBE, ERHIELT ICH REAKTIONEN VON «WOW, WIE INTERESSANT!» ÜBER «GIBT ES DAS
HEUTE NOCH?» ZU «SO WAS IST IM INSELSPITAL TATSÄCHLICH NOCH IM GEBRAUCH?».
TATSACHE IST, DASS ROHRPOST SEIT ÜBER 150
JAHREN BEKANNT UND IMMER NOCH BELIEBT IST,
VOR ALLEM IN SPITÄLERN ODER BANKEN. WIE DIE ROHRPOST IM INSELSPITAL BERN FUNKTIONIERT, RECHERCHIERTE ICH UNTER ANDEREM VOR ORT.
Es rumpelt, dann macht es plopp. Die PatientInnenaufnahme hat die bestellte Magnetkarte prompt geschickt. Die Inselmitarbeiterin nimmt die Büchse aus der Halterung, in die sie bei der Abzweigung aus der Empfangslinie geleitet wurde, öffnet sie mit einem kleinen Dreh, entnimmt ihr das Dokument, schliesst sie wieder und schickt sie zurück an die Heimstation. Dafür braucht sie keine Zahlen einzutippen, die Büchse findet ihren Weg selber. Müsste die Büchse an einen bestimmten Ort hin, gäbe sie die Zieladresse an der Sendestation ein, und schon macht sich die Büchse auf den Weg dorthin. Maximal 4600 Sendungen pro Tag befördert die rund um die Uhr arbeitende voll automatische Doppelrohr-Anlage, wobei Montag der Spitzentag ist. Mit einer mittleren Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern rasen die Büchsen durch die Fahrrohre zum Bestimmungsort. Blut- und Urinproben machen dabei den Hauptanteil aus: 60 Prozent der Sendungen sind Laborproben, 20 Prozent Dokumente, 10 Prozent Röntgenbilder, 5 Prozent Telefonkarten, 5 Prozent anderes. Gäbe es keine Rohrpost, müsste das Inselspital Bern rund zwanzig TransporteurInnen anstellen, welche die Sendungen beim Herkunftsort abholen und an den Zielort bringen müssten, was Kosten in der
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Höhe von rund einer Million Franken verursachen würde. Die Betriebskosten der Rohrpostanlage belaufen sich pro Jahr auf rund 280 000 Franken, eine Sendung kommt auf rund 20 Rappen.1 Das mittlerweile 14 Kilometer lange Rohrpostsystem erhielt im Jahr 2002 eine neue Steuerung und zwei neue Linearverteilzentralen. Das in Europa in dieser Form einzigartige induktive Steuerungssystem funktioniert auf der Basis von Mikroprozessoren. Das heisst, dass die Datenübertragung über Elektrochips erfolgt. Jeder Zielort hat eine Adresse in Form einer Zahlenkombination. An der Sendestation wird der Zielort eingegeben, das Gebläse saugt die Büchse aus der Station heraus und führt sie über eine Weiche ins Rohr, welches zur Zentrale führt. Die Zentrale liest den Datenchip ab und leitet die Büchse über den Verteiler in die entsprechende Empfangslinie, in der sie zur Zielstation entweder gesaugt oder aber mit Luft gedrückt wird.
DER ÜBERGANG VOM ALTEN ZUM NEUEN SYSTEM 1973 wurde die Rohrpostanlage des Inselspitals Bern in Betrieb genommen. Die Steuerung des DoppelrohrSystems funktionierte mechanisch, das heisst, die Datenübertragung erfolgte elektromagnetisch. Im Laufe der Zeit wurde das Rohrpostsystem ständig ausgebaut, neue Kliniken sollten angeschlossen werden. Dies stellte die Spitalleitung vor die Grundsatzfrage, ob es eine Rohrpost überhaupt noch brauche. Sie beschloss die Sanierung der Steuerung, um den heutigen Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei gaben sowohl wirtschaftliche wie ökologische Überlegungen den Ausschlag.
DAS HERZ DER ANLAGE Der Mitarbeiter des technischen Dienstes schliesst einen unauffälligen Wandschrank auf, zum Vorschein kommt eine der beiden Rohrpostzen-
tralen des Inselspitals. Beeindruckt stehe ich vor einer Reihe senkrecht angeordneter Plexiglasrohre, in denen unablässig Büchsen ankommen und in die waagrechte Verbindungslinie verteilt werden. Der Mitarbeiter erklärt mir, dass die Büchsen aus dem freien Fall mit Druckluft sanft gestoppt werden, damit der Chip abgelesen und die Büchse in eine entsprechende Empfangslinie umgeleitet werden können. Über Aufzug und Treppe gelangen wir in den Überwachungsraum, wo drei Monitore stehen. Läuft irgendwo im weitläufigen Rohrsystem etwas nicht rund, löst dies automatisch eine Fehlermeldung aus. Hat beispielsweise eine Abteilung ihren Rohrpoststapel nicht geleert, kann dies zu einem Stau führen. Gerade jetzt zeigt der Überwachungsmonitor einen Fehler an; der Mitarbeiter klickt sich am Monitor bis genau an den Punkt durch, wo der Fehler ist. Aha, in der Abteilung X der Klinik Y hat jemand die Sendestation nicht richtig geschlossen. Schon greift der technische Mitarbeiter zum Telefon und nimmt mit der betreffenden Abteilung Kontakt auf…
DIE EXPRESSLINIE Für ganz dringende Fälle steht im Inselspital Bern eine separate Linie zur Verfügung, eine Einrohranlage, welche mit einem eigenen Gebläse funktioniert und eine Lieferung innerhalb von fünf Minuten garantiert. Diese Expresslinie führt aus 15 Abteilungen direkt in die Pathologie und dient dazu, bei einer Operation entnommene Proben unverzüglich zur Analyse ins Labor zu transportieren, während der Patient in Narkose gehalten wird. Die Ärztin kann dann aufgrund der mit höchster Priorität durchgeführten Laboranalysen Entscheidungen fällen, wie die Operation weitergeführt wird.
DAS PRINZIP DER DOPPELROHRANLAGE Eine Doppelrohranlage besteht aus einer oder mehreren Zentralen, aus Sendelinien, Empfangslinien, Verbindungslinien, welche die Zentralen verbinden, und einer Steuerung. Die Zentralen sind das Herz der Anlage. Alle Sende- und Empfangslinien gehen zu oder kommen von einer Zentrale. Der Eingangsspeicher der Zentrale vereinzelt die ankommenden Büchsen und liest den Zielort vom Chip ab, der im Büchsenkopf untergebracht ist. Der Verteiler in der Zentrale bringt die Büchse von der Sendelinie in die gewünschte Empfangslinie oder in eine Verbindungslinie. Verbindungslinie: Um die Zentralen miteinander zu verbinden, gibt es die Verbindungslinien. Sie haben nur die Aufgabe, Zentralen zu einem System zusammen zu führen und die Büchsen von einer Zentrale zur anderen zu senden. Sendelinie: Eine Station der Sendelinie besteht meist aus einer Programmierstation und einem Sender. In der Sendelinie können mehrere Büchsen unkontrolliert in Richtung Zentrale
unterwegs sein. Die Linie endet als Eingangsspeicher zur Zentrale. Die Sendelinie läuft mit Saugbetrieb, das heisst, die Büchse wird zum Verteilerzugang gesaugt. Empfangslinie: Die Empfangslinie funktioniert entweder im Saug- oder im Druckbetrieb. Bei einer Drucklinie gibt es bei der Empfangsstation eine Druckluftklappe. Die Büchse fährt mit dem Eigengewicht durch diese Klappe, es entweicht dadurch keine oder nur ganz wenig Luft beim Empfänger. Der Luftanschluss ist beim Verteiler der Zentrale. Bei einer Sauglinie hat es beim Empfänger eine Schleuse aus zwei Saugluftklappen. Auch hier fällt die Büchse durch ihr Eigengewicht durch diese Klappen. Bei nur einer Klappe würde Fehlluft angesaugt, und die Büchse würde nicht mehr aus dieser Klappe fallen.
sammen, wenn sie gleichzeitig im Rohr unterwegs sind? Könnte es nicht zu Zusammenstössen kommen, wenn die Büchse aus der Sendestation über die Weiche ins Rohr geleitet wird? Was geschieht, wenn eine Büchse mitten im Rohr stecken bleibt? Sollten dich diese oder andere Fragen vom wohlverdienten Schlaf abhalten oder in deiner Wohngemeinschaft Diskussionen losgehen mit Fragen, die selbst die Physik studierende Mitbewohnerin nicht beantworten kann, darfst du gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Ich würde dann erneut auf Erkundungstour gehen und allenfalls im nächsten megafon einen Nachtrag publizieren.
Quellen: 1 aus Inselbote Nr. 1, 2004, S. 41: Die Rohrpost in der Insel – eine materielle Kommunikationsform. Informationen von Herrn H. Wanner, Leiter Elektrodienste, und Herrn A. Zbinden, technischer Mitarbeiter, beide Inselspital Bern. Unterlagen der Firma Transro AG Wohlen
> CHRISTINE SIEBER <
ALLES KLAR ODER NOCH FRAGEN? Als Rohrpost-Nicht-Fachfrau bin ich bei meinen Recherchen um einiges klüger geworden, nur tauchen jetzt neue beunruhigende Fragen auf, wie: Warum stossen die Büchsen nicht zu-
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LANDLOSENBEWEGUNG IN BRASILIEN
DER KAMPF UM ANERKENNUNG «A LUTA É PARA VALER» IST DIE LOSUNG DER
BRASILIANISCHEN LANDLOSENBEWEGUNG MST. SEIT 20 JAHREN KÄMPFEN SIE, DIE SOZIALEN PARIAS, DIE AUSGESCHLOSSENEN, FÜR IHRE RECHTE UND WÜRDE.
1 Die insgesamt über
40 Personen umfassende Delegation wurde durch die Organisation «e-changer» und die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke organisiert.
Laura ist 11, Marianna 9 Jahre alt. Die beiden anderen Geschwister sind noch kleiner und wollen ihren Namen vor Fremden nicht nennen. Seit vier Jahren leben sie unter Plastikplanen, die auf provisorische Holzgerüste genagelt sind, auf einem Streifen Niemandsland zwischen Autobahn und dem Zaun, den sie damals durchschnitten, um die über 1000 Hektaren grosse brachliegende Farm zu besetzen. Am kommenden Tag wurden sie von einem Grossaufgebot der Polizei unter dem Kommando eines bundesstaatlich bekannten Rechtsextremisten vertrieben. Auch die AnwältInnen der Bewegung konnten dies nicht verhindern. Aber die Landlosen liessen nicht locker, stellten ihre Hütten auf der anderen Seite des Zaunes erneut auf und nannten den Ort Nova Santa Rita. «Wir suchen keine gewalttätige Konfrontation mit dem Staat, die wir ja sowieso nicht gewinnen können, sondern kombinieren unsere Besetzungen und Proteste mit Verhandlungen, um unsere Ziele zu erreichen», wird uns erklärt. Wir, das ist eine Gruppe von Schweizer ParlamentarierInnen, JournalistInnen, GewerkschafterInnen, HilfswerksvertreterInnen und Mitglieder sozialer Bewegungen, welche das fünfte Weltsozialforum Ende Januar in Porto Alegre besuchen und in den Tagen davor ein politisches Besuchsprogramm absolvieren.1 Seit der damaligen Aktion donnern wenige Meter entfernt schwere Lastwagen 24 Stunden lang an den Landlosen vorbei und lassen den Erdboden unter ihren Hütten erzittern. 500 Familien «belagern» die besagte Farm in vier Camps. Mit der naheliegenden
INTERNATIONALISTISCHE
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Tankstelle wurde ein Abkommen getroffen, «wir belästigen sie nicht und sie lassen uns in Ruhe – wenn wir kein Wasser haben, können wir dort welches holen». Das Wasser in den Gemeinschaftstanks, wo es die Familien mit ihren Eimern abholen, wird von der Gemeinde angeliefert, «nachdem wir ein paar Tage vor dem Gemeindehaus im Park campiert haben», wie einer unserer Gastgeber in einem Nebensatz erzählt. Nichts ist gratis, alles muss erkämpft werden von diesen Leuten: «a luta é para valer».
VOM STAAT RECHTE EINFORDERN OHNE AUTONOMIE ZU VERLIEREN Laura und Marianna gehen in die Campschule, ein Dach, Stühle, keine Wände oder Fenster. Die Regierung bezahlt die LehrerInnen, die Bewegung bestimmt, wer Schule gibt, auch dies Ergebnis langer Kämpfe. Das Schulprogramm und die Bücher wurden in Eigenregie zusammengestellt, sogar bewegungseigene Unis gibt es bereits, und die Abschlüsse sind staatlich anerkannt. Bei gesundheitlichen Problemen können die BewohnerInnen ein nahes staatliches Gesundheitszentrum aufsuchen. Aber auch hier versucht die Bewegung möglichst auf eigenen Füssen zu stehen. Am Tag zuvor, in der legalisierten Siedlung Viamão, in der auch das bundesstaatliche Weiterbildungszentrum der Bewegung für die Provinz Rio Grande do Sul untergebracht ist, hatte uns Carla von ihrer Arbeit als Gesundheitsberaterin erzählt. Mit ihrem Rucksack ist die ehemalige Pharmaziestudentin von Siedlung zu Siedlung unterwegs und betreut die lokalen GesundheitspromotorInnen. Rund die Hälfte seien Männer, sagt sie, als wäre das selbstverständlich, und lacht ob meinem verblüfften Gesicht. Wissen zu Hygiene und Ernährung werde vermittelt, und in den meisten Gärten der legalisierten Siedlungen hätten die Familien mehre-
re Heilpflanzen. In Gruppen werden Salben, Tinkturen und dergleichen hergestellt. Bereits jetzt, im Januar, seien sie dabei, Medikamente für den nationalen Marsch im Mai in die Hauptstadt Brasilia zu produzieren. Mit dem Protestzug soll der Forderung nach einer zügigeren Landreform Nachdruck verliehen werden. Carlas Lohn stammt ebenfalls aus staatlichen Mitteln, aber die Bewegung hat sie für die Stelle nominiert und bezahlt ihr auch den Lohn aus, «sofern die Regierung den überwiesen hat, manchmal kommt auch drei Monate einfach nichts». Mehrere StudentInnen haben wir getroffen, die sich in Praktikas und Diplomarbeiten mit der Landlosenbewegung befasst haben und geblieben sind. Gegenwärtig studieren 52 StipendiatInnen der Landlosenbewegung Medizin in Kuba. «Selbst in privaten Universitäten beginnen sich Studienzirkel zum Thema Agrarreform zu bilden. Deren Mitglieder besuchen uns hier, laden uns aber ebenso an die Unis zu Debatten ein. So entsteht ein gleichwertiger und ständiger Austausch, und wir erhalten Zugang zu ihrem Wissen», erzählt einer der BewohnerInnen von Nova Santa Rita.
DAS LEBEN IN DER FAVELA IST VIEL HÄRTER Die Januarhitze unter den Plastikplanen ist drückend. Aber die Vorstellung, dass diese Familien bereits mehrere Winter unter diesen Bedingungen verbringen mussten, macht wütend und erschüttert. Die Temperaturen können auch mal den Gefrierpunkt erreichen; die Luftfeuchtigkeit ist hoch, lässt die Kälte in die Knochen dringen und die Nässe vom Erdboden her aufsteigen. Als ich Ricardo darauf anspreche, meint er, mehr als sich warm anziehen könnten sie nicht tun. Er ist seit zwei Jahren und neun Monaten dabei und hat vorher in einer städtischen Elendssiedlung – einer Favela – gehaust, wie ein steigender Anteil der
Laura und ihre Geschwister
Santa Rita heute - es kann auch mal null Grad kalt werden.
Bioreisbauer Ezequiel vor seinen Reisfeldern
Das künftige Santa Rita
Mitglieder der Landlosenbewegung. Aufgewachsen sei er zwar auf dem Land, aber als er Jugendlicher war, habe die Familie ihr Glück in der Stadt versuchen müssen. Mit der Bewegung sei er zufällig in Kontakt gekommen. Als er an einem Camp vorbeigekommen sei, habe er sich informiert und beschlossen, sich dies mal genauer anzusehen. «Ich habe offene Türen vorgefunden. Trotz meiner Drogenprobleme wurde mir ein Platz angeboten, wenn ich die Sucht überwinde. Ich habe das mit meiner Frau besprochen, und zusammen mit unseren vier Kindern begannen wir, in Camps zu wohnen. Wir sind schon mehrmals ‹umgezogen›. Hier ist das Leben besser als in der Favela. Wir haben eine Perspektive, eine Zukunft für die Kinder. In der Favela gibt es keine Solidarität und viel Drogen und Kriminalität. Hier sind wir wie eine grosse Familie, und ich gehe sogar wieder zur Schule.» Von den 500 Familien im Camp werden 100 ein Grundstück in Novo Santa Rita erhalten, wenn die Enteignung (gegen staatliche Entschädigung an den Militär, welcher sich Eigentümer nennt) abgeschlossen ist. Für diese
Familien bietet die Fläche der Farm Platz und Auskommen. Die begünstigten Familien wurden nach Dauer der Besetzung und Los bestimmt. Und der Rest? «Sie werden anderswo weiterbesetzen, bis auch sie ein Stück Land erhalten.» Dass ihr Traum kein Luftschloss ist, wissen die BesetzerInnen von Nova Santa Rita aus eigener Erfahrung. Wenn die Familien in den legalisierten Siedlungen Arbeitskräfte brauchen für Aussaat, Ernte, etc., dann werden dafür Leute aus den Camps zu gerechten Bedingungen angestellt. Die Arbeit wird campintern so verteilt, dass für alle etwas abfällt und minimale Einkommen möglich sind. Aber gleichzeitig sehen die Leute die schmucken Holzhäuser, zum Beispiel in Viamão, die durch Strassen erschlossen sind und über Strom und Wasser verfügen, arbeiten auf Feldern und mit Viehherden und tauschen sich mit Leuten aus, die vor einigen Jahren in einer ähnlichen Situation waren wie sie. Nach der Legalisierung einer Landbesetzung beginnt ein weiterer Kampfzyklus, um von den zuständigen staatlichen Stellen die rechtlich zustehen-
den Kredite für die Produktion und das Haus sowie die Zuschüsse für Infrastruktur zu erhalten. Auch hier wird auf die erprobte Mischung von sozialem Protest und Verhandlungen zurückgegriffen. Biobauer Don Ezequiel beispielsweise braucht ab und zu Leute auf seinem Bio-Reisfeld. Er setzt seit einigen Jahren auf biologischen Landbau und hat nun Erfolg. «Zuerst haben mich alle ausgelacht, als ich von Enten statt Traktoren erzählte, um den Boden aufzulockern», erzählt er. «Mittlerweilen kriege ich öfters Besuch von Leuten, die das sehen wollen und ob der Fische im pestizidfreien Reisfeld staunen. Ausserdem geht dieses Wasser ja als Trinkwasser nach Porto Alegre und wir sind in der Nähe eines Naturschutzgebietes – da haben wir doch eine Verantwortung.» Zwar hat Don Ezequiel die Frage der Produktion gelöst, aber für die Verarbeitung und Ver>
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marktung seines Bioreises fehlen ihm die Kanäle noch, im Gegensatz zu biologischer Melasse, Pelati, Dörrfrüchten und allerlei mehr aus den Siedlungen der Landlosenbewegung. Doch langsam wird das Netz an Verarbeitungsbetrieben und Verkaufsstellen dichter. «Nochmals 20 Jahre – dann wird das alles ganz anders aussehen», meint Don Ezequiel.
LAND UND SOLIDARITÄT Die Familien von Novo Santa Rita zeigen uns ihre Zukunft. Sanft fällt das Land gegen einen kleinen See ab, fruchtbarer, unbestellter Boden in einem Land, in dem Dutzende von Millionen unterernährt sind. «Hier mit meiner Familie leben und mit denen solidarisch sein, die in derselben Situation sind wie wir jetzt», nennt Ricardo als Lebensziel und gibt meiner Bemerkung vom Aufbau einer menschenwürdigen Zukunft für sich und seine Familie eine kollektive Dimension, in der die Ideen des neuen Menschen von Che Guevara, der auf seiner Brust prangt, weiterleben. > BEAT SCHMID <
NACHTRAG: DIE REGIERUNG IST NICHT DIE MACHT Blondes Haar und blaue Augen hat Don Ezequiel von seinen deutschen Vorfahren, ebenfalls arme und sozial ausgestossene Bauern, denen nur die Emigration als Alternative blieb. Er ist Reisproduzent in der MST-Siedlung Viamão. Wie die anderen 374 Familien verfügt er zusammen mit seiner Frau über ein in überschwemmungsgeschützter Höhe liegendes Grundstück
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für sein Haus und rund ein Dutzend Hektaren Land, um zu produzieren. Diese Familien sind teil der 11 600 Familien, die unter der Fahne der Landlosenbewegung alleine im südlichen Bundesstaat Rio Grando do Sul Land erhalten haben. Schmucke Holzhäuser im Chaletstil mit Umland und Gärten lassen Liebe zur Umgebung und viel Arbeit erkennen. Die Grundstücke sind auf den Namen beider Ehepartner eingetragen und im Konfliktfall hat die Frau Priorität, erzählt uns seine Frau, als ob dies selbstverständlich wäre. Sind die Grundstücke erst einmal legalisiert, gilt es, um die staatlich garantierten Basisdienstleistungen zu kämpfen. Werden diese nicht geleistet, so entfällt die Zahlung der Darlehen für Boden und Häuser – die fairerweise sowieso an die Rentabilität der landwirtschaftlichen Produktion geknüpft sind. Diese Überbleibsel der Entwicklungspolitik der 1950er und 1960er Jahre, ein Dorn im neoliberalen Auge, sind die Kampfwerkzeuge der Landlosen- und anderer sozialer Bewegungen. Obwohl mit der Wahl von Lula ins Präsidentenamt vor zwei Jahren grosse Hoffnungen verbunden waren, bleibt Ezequiel realistisch und resumiert besser als viele der Intelektuellen, mit denen wir gesprochen haben: «Heute unter Lula ist es schwieriger Dinge zu erkämpfen, denn die Regierung ist eben nicht die eigentliche Macht. Unsere Fortschritte verdanken wir unserem Kampf, der die Regierung gezwungen hat, nachzugeben».
Der Kampf um Anerkennung und für ihre Zukunft
BRIEF VON SUBCOMANDANTE MARCOS AN INTER MAILAND
EZLN VS. INTER MAILAND Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung ------------------Mexiko, 25. Mai 2005 ------------------An: Massimo Moratti, Präsident des Fussballvereins Internazionale di Milano, Milano, Italien ------------------Von: Subcomandante Insurgente Marcos, EZLN Chiapas, Mexiko ------------------Don Massimo, Wir haben Ihren Brief erhalten, in dem Sie uns darüber in Kenntnis setzen, dass Ihre Fussballmannschaft, die FC Internazionale, unsere brüderliche Herausforderung akzeptiert hat, und wir bedanken uns für die Freundlichkeit und Ehrlichkeit Ihrer Antwort. Wir haben durch die Medien von den Statements des Managements, der Trainer und Spieler von Inter Milan erfahren; sie sind einfach nur weitere Beispiele für den Edelmut Ihrer Herzen. Wir freuen uns, Sie auf unserem nun schon langen Pfad angetroffen zu haben, und fühlen uns geehrt ein Teil der Brücke zu sein, die unsere würdigen Länder eint: Italien und Mexiko. Ich möchte Sie darüber informieren, dass ich, neben meiner Funktion als Sprecher der EZLN, auch einstimmig zum Trainer gewählt worden bin, und mit der Pflege der Intergalaktischen Beziehungen der zapatistischen Fussballmannschaft beauftragt wurde (na ja, in Wahrheit, weil sonst keiner den Job machen wollte). In dieser Eigenschaft sollte ich vielleicht diesen Brief dazu nutzen, die Details für das Spiel etwas auszuarbeiten. Vielleicht könnte ich zum Beispiel vorschlagen, dass, anstatt das Fussballturnier auf ein einziges Spiel zu beschränken, lieber zwei stattfinden sollten. Eins in Mexiko und ein anderes in Italien. Oder ein auswärtiges Spiel und ein Heimspiel. Und der Preis, um den gekämpft wird, wäre die weltberühmte «Schlamm-Pozol» Trophäe.
Und vielleicht könnte ich Ihnen vorschlagen, dass das Spiel in Mexiko, mit Ihnen als Gäste im mexikanischen 1968er Olympia-Stadion in DF stattfinden könnte, und dass die Einnahmen daraus für die von Paramilitärs vertriebenen Indigenas in Los Altos, Chiapas bestimmt wären. Allerdings müsste ich dann natürlich einen Brief an die UNAM Universitätsgemeinde (StudentInnen, LehrerInnen, ForscherInnen, handwerkliche und administrative ArbeiterInnen) schreiben, um sie zu bitten, uns das Stadion auszuleihen, mit dem feierlichen Versprechen, dass wir sie nicht zum Schweigen auffordern würden... um ihnen dann Don Porfirios Wort aufzuzwingen. Und vielleicht könnten wir uns darauf einigen, da Sie ja schon mal hier in Mexiko wären, ein zusätzliches Spiel in Guadalajara, Jalisco, abzuhalten, und dass diese Einnahmen an die gerichtliche Verteidigung der jungen Altermundistas gehen sollten, die ungerecht in den Gefängnissen dieser mexikanischen Provinz eingesperrt sind, und an alle politischen Gefangenen im ganzen
Land. Die Anreise wäre kein Problem, da ich gelesen habe, dass jemand hier in Mexiko, grosszügig wie zuvor, seine Hilfe angeboten hat. Und vielleicht, wenn Sie damit einverstanden sind, würde sich die EZLN für die Spiele in Mexiko an Diego Armando Maradona wenden, mit der Bitte als Schiedsrichter zu fungieren; an Javier El Vasco Aguirre und Jorge Valdano, mit der Bitte als SchiedsrichterAssistenten und Linienrichter einzuspringen, und an Socrates, Mittelfeldspieler aus Brasilien, um das Amt des vierten Schiedsrichters zu übernehmen. Und vielleicht könnten wir diese zwei Intergalaktischen Wanderer einladen, die mit uruguayanischen Pässen reisen: Eduardo Galeano und Mario Benedetti, um das Spiel für das Intergalaktische Zapatistische Fernsehsystem («das einzige Fernsehen, das gelesen wird») zu moderieren. In Italien könnten Gianni Mina und Pedro Luis Sullo die Kommentatoren sein. Und vielleicht, um uns von der Verdinglichung der Frau zu distanzieren, >
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die auf Fussballtournieren und in der Werbung betrieben wird, würde die EZLN die nationale Lesben-undSchwulen-Gemeinde, insbesondere die Transvestiten und Transsexuellen, bitten, sich zu organisieren und für die Spiele in Mexiko das Unterhaltungsprogramm mit ausgefallenen Pirouetten zu gestalten. Auf diese Weise würden sie nicht nur die TV-Zensur herausfordern, die Ultra-Rechten schockieren und die Inter-Ränge verwirren, sondern sie würden auch die Moral und den Kampfgeist unserer Mannschaft heben. Es gibt nicht nur zwei Geschlechter, und es gibt nicht nur eine Welt, und es ist immer ratsam für jene, die aufgrund ihres Andersseins verfolgt werden, Fröhlichkeit und Unterstützung zu teilen, ohne aufzuhören anders zu sein. Wir könnten vielleicht auf die Schnelle noch ein weiteres Spiel in Los Angeles, Kalifornien, in den USA abhalten, wo der Gouverneur (der seine mangelnden Neuronen durch Steroide ersetzt), eine kriminelle Politik gegen Latino-MigrantInnen betreibt. Alle Einnahmen dieses Spiels wären für die gesetzliche Beratung Undokumentierter in den USA vorgesehen, und um die Schläger vom «Minuteman Project» hinter Gittern zu bringen. Zusätzlich dazu würde das zapatistische «Traumteam» ein grosses Banner tragen, mit der Aufschrift «Freiheit für Mumia Abu Jamal und Leonard Peltier». Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Bush nicht zulassen wird, dass unsere Frühling-Sommer-Modell-Skimasken in Hollywood für eine Sensation sorgen, daher könnte das Treffen auf den würdigen kubanischen Boden verlegt werden, vor der Militärbasis, die von der US-Regierung illegal und gesetzwidrig in Guantanamo unterhalten wird. In diesem Fall würden sich beide
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Delegationen (von Inter und der EZ) verpflichten, mindestens ein Kilo Nahrungsmittel und Medikamente pro Kopf mitzubringen, als Zeichen des Protestes gegen die Blockade, unter der das kubanische Volk zu leiden hat. Und vielleicht könnte ich Ihnen vorschlagen, dass das Revanche-Spiel in Italien stattfinden sollte, mit Ihnen als Heim-Mannschaft (und mit uns auch, da das italienische Empfinden bekanntermassen hauptsächlich pro-zapatisch ist). Das erste könnte in Milan, in Ihrem Stadion stattfinden, das andere, wo immer Sie es ansetzen wollen (vielleicht in Rom, weil «alle Spiele nach Rom führen»... na ja, so ähnlich). Ein Teil der Einnahmen könnte dazu dienen, MigrantInnen anderer Nationalitäten zu helfen, die von den Regierungen der Europäischen Union kriminalisiert werden, und der Rest für welchen Zweck auch immer Sie entscheiden. Aber wir würden sicher mindestens einen Tag brauchen, um nach Genua zu gehen und die Statue von Christopher Columbus mit Caracolitos zu bemalen (Anmerkung: mögliche Geldstrafen für das Vandalisieren von Denkmälern würden von Inter getragen werden), und um eine Blume der Erinnerung an die Stelle zu tragen, an der der junge Altermundista Carlo Giuliani gefallen ist (Anmerkung: Für die Blume würden wir sorgen). Und wenn wir schon mal in den Europas sind, könnten wir auch ein Spiel in Euzkal Herria im Baskenland spielen. Wenn es mit «Eine Chance für das Wort» nicht geklappt hat, könnten wir es ja mit «Eine Chance für den Kick» versuchen. Wir würden vor der Geschäftsleitung der Rassisten von BBVA-Bancomer demonstrieren, die versuchen die humanitäre Hilfe zu kriminalisieren, die die indigenen Gemeinden erhalten (vielleicht um von den strafrechtlichen Ermittlungen abzulenken, die gerade gegen sie betrieben werden, wegen «Steuerhinterziehung, Geheimkonten und illegalen Rentenfonds, geheimen
Beiträgen für politische Wahlkampagnen, Bestechungsgeldern, um Banken in Lateinamerika zu kaufen, und unrechtmässige Aneignung von Gütern» - Carlos Fernández-Vega. «Mexico, S.A.» in La Jornada 25. Mai 2005). Hmm... sieht so aus als ob jetzt sieben Spiele stattfinden werden (was nicht schlecht ist, weil wir so auch um das Publikum, die Liberos und die Qualifizierten des Europacups wetteifern könnten). Wer vier aus sieben Spielen gewinnt, bekommt den «Schlamm-Pozol» (Anmerkung: wenn das zapatistische Team mehr als drei Spiele verliert wird das Turnier ausgesetzt). Zu viele? Na gut, Don Massimo, Sie haben Recht, vielleicht ist es besser, es bei zwei Spielen zu belassen (eins in Mexiko, das andere in Italien), wir wollen den guten Ruf von Inter ja schliesslich nicht durch die sicheren Niederlagen trüben, die wir hier vorschlagen. Vielleicht, um Ihren offensichtlichen Nachteil ein wenig auszugleichen, könnte ich einige geheime Informationen an Sie weitergeben. Zum Beispiel ist das zapatistische Team gemischt (besteht also aus Frauen und Männern); wir spielen in so genannten Bergarbeiterstiefeln (sie haben Stahlkappen, deswegen durchlöchern sie immer die Bälle); nach unseren Sitten und Gebräuchen ist ein Spiel erst dann vorüber, wenn auf beiden Seiten kein Spieler mehr aufrecht steht (also in Verteidigungsstellung); die EZLN kann sich nach Belieben Verstärkung holen (das heisst, die Mexikaner «Bofo» Bautista und Maribel «Marigol» Dominguez können in der Mannschaftsaufstellung auftauchen… wenn sie einverstanden sind). Und wir haben eine Uniform in Tarnfarbe entworfen (wenn wir verlieren, tauchen schwarze und blaue Streifen auf unseren Trikots auf, zur Verwirrung unserer Gegenspieler, der Schiedsrichter… und des Publikums). Und wir haben auch, mit relativem Erfolg, zwei neue Spielzüge einstudiert: den «marquia avanti fortiori» (Anmer-
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kung: In gastronomische Begriffe übersetzt wäre das so etwas wie eine Pizza und ein Guacamole Sandwich) und den «marquia caracolia con variante inversa» (Anmerkung: das Äquivalent von Spaghetti mit gebackenen Bohnen, aber angebrannt). Mit alldem (und einigen anderen Überraschungen) könnten wir vielleicht die Fussballwelt verändern, und dann wäre Fussball vielleicht nicht mehr nur ein Geschäft, sondern wäre wieder ein unterhaltsames Spiel. Ein Spiel, wie sie das so treffend ausgedrückt haben, von echten Gefühlen. Vielleicht… Wie auch immer, damit wollen wir nur Ihnen und Ihrer Familie, allen Männern und Frauen von Inter und den Nerazzurro Fans gegenüber, unsere Wertschätzung und Bewunderung für Sie zum Ausdruck bringen (aber ich warne Sie, dass es auf dem Spielfeld vor den Torpfosten weder Gnade noch Mitgefühl geben wird). Was das übrige angeht, nun… vielleicht… aber… Vale. Salud und möge sich das Grün-Weiss-Rot, das unsere Würdenträger kleidet, bald in beiden Ländern finden. Aus den Bergen des mexikanischen Südostens: Subcomanadante Insurgente Marcos (D. T. Z.)… (… der gerade Spielzüge auf einer Schreibtafel entwirft und sich mit Durito streitet, weil der darauf besteht, anstatt des traditionellen 4-2-4 sollten
wir 1-1-1-1-1-1-1-1-1-1-1 präsentieren, weil das, so meint er, verwirrend wäre). Mexiko, Mai 2005. P.S. an die Mexikanische Fussballvereinigung, Real Madrid, Bayern München, Osasuna, Ajax, Liverpool und das Ferreteria Gonzalez Team – Tut mir leid, aber ich habe einen Exklusiv-Vertrag bei der Ezetaelene. P.S. mit dem Tonfall und Lautstärke eines Sportberichterstatters – der Sup, mit der Taktik des Uruguayaners Obdulio Varela im Endspiel gegen Brazil (World Cup, Maracana Stadion, Rio de Janeiro, 7/16/1950), Ball in der Hand, zieht wie in Zeitlupe (seit Mai 2001) vom zapatistischen Torpfosten heran. Nachdem er sich beim Schiedsrichter über die Unrechtmässigkeit des Tores beschwert hat, legt er den Ball in der Mitte des Feldes ab. Er sieht sich nach seinen Companeros um, schweigende Blicke werden ausgetauscht. Mit der Wertungsliste, den Wetten und dem ganzen System gegen sie, macht sich NIEMAND Hoffnungen für die Zapatisten. Es fängt an zu regnen. Eine Uhr zeigt beinahe 18:00 Uhr an. Alles scheint für die Wiederaufnahme des Spieles bereit zu sein... Mehr zur aktuellen Situation in Chiapas: www.chiapas.ch
In einem Communiqué mit Datum vom 19. Juni gibt der Rebellensprecher Subcomandante Marcos bekannt, dass sich die Zapatistische Armee zur Nationalen Befreiung in höchster Alarmbereitschaft befindet und dass die Truppen der EZLN in ihre Stellungen beordert wurden. Alle offen arbeitenden politischen Strukturen gehen in den Untergrund: «Von jetzt an und bis auf weiteres werden sie ihre Arbeit im Versteckten und an wechselnden Orten verrichten. Sowohl die Projekte als auch die autonomen Regierungen werden ihre Arbeit aufrecht erhalten, wenn auch unter anderen Bedingungen als bisher». Auswärtige Personen, die sich in den Friedenscamps oder in Gemeindeprojekten aufhalten, werden aufgefordert, das Rebellengebiet zu verlassen. Wortreich verkündet Marcos, dass die bekannten solidarischen Strukturen und Einzelpersonen nichts mit den zukünftigen Aktionen der EZLN zu tun haben werden und diese alleine in der Verantwortung der Aufstandsarmee liegen. Er bedankt sich ausdrücklich bei all denen, die sich in den letzten zwölf Jahren in ehrlicher und aufrichtiger Absicht der EZLN genähert hatten. Für die in den zapatistischen Dörfern verbleibenden Personen – insbesondere des zapatistischen Gesundheitswesens – fordert Marcos die Behandlung als Zivilisten und «die Respektierung deren Lebens, derer Freiheit und Güter durch die Regierungskräfte». Unternimmt die EZLN die in dieser drastischen Form bisher noch nie da gewesenen Schritte aus der Furcht vor einem bevorstehenden Angriff durch die Bundesarmee? Versetzt sie sich in Alarmbereitschaft, um militärische Manöver durchführen zu können? Oder will sie ganz einfach wieder die Aufmerksamkeit auf ihre Anliegen lenken, die von der politischen Klasse so geflissentlich ignoriert werden? Der Analyst und Kenner der zapatistischen Sache, Luis Hernandez Navarro, schreibt denn auch in der linken mexikanischen Tageszeitung «La Jornada»: «Der Zapatismus hat es verstanden Geduld zu üben, aber die Geduld kennt Grenzen. Der Zapatismus war behutsam, aber Bedachtsamkeit darf nicht mit Handlungsunfähigkeit verwechselt werden. Der Zapatismus war umsichtig, aber die Beherrschung kann nicht darin bestehen, dass man stoisch jede Art von Aggression erträgt.» Und in Anspielung an die unverhältnismässig grosse Aufmerksamkeit, die das angekündigte Spiel zwischen einer Auswahl der EZLN und des FC Internazionale di Milano erregte, schliesst Navarro: «Die Partie wurde wieder aufgenommen. Hoffen wir, dass es nicht sehr spät ist, dass das Wort – das von oben so absichtlich ignoriert wurde – noch gehört wird.» > DIREKTE SOLIDARITÄT MIT CHIAPAS <
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«SICHERHEIT» IN PALÄSTINA
OSLO REVISITED – UND DAS GANZE NOCH EINMAL OFFIZIELL HERRSCHT IN DEN BESETZTEN PALÄSTINENSISCHEN GEBIETEN SEIT MONATEN WAFFENSTILLSTAND UND AUFBRUCHSTIMMUNG. ES IST
RUHIGER ALS AUCH SCHON, DOCH DIE POLITISCHEN AUSSICHTEN SIND TRÜBER DENN JE.
DIE INSTITUTIONALISIERUNG DER ISRAELISCHEN BESATZUNG, WIE SIE IN DEN OSLO-ABKOMMEN ZEMENTIERT WURDE, SCHREITET VORAN –
«SICHERHEIT» UND REPRESSION SIND SELBSTVERSTÄNDLICH HAUPTELEMENTE DAVON. AUCH WENN DIE VOLLSTRECKER NUN PALÄSTINENSISCHE UNIFORMEN TRAGEN.
Seit die palästinensische Polizei wieder mehr Aufgaben übernimmt, gibt es «Zwischenfälle» am Laufmeter: Am 22. Mai starteten neun Palästinenser in Haft der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) einen Hungerstreik. Seit Ende Februar sind sie in Haft – ohne Anklage. Am 18. Mai bewarfen HamasAktivisten in Khan Younis Polizisten mit Steinen und verletzten später drei mit Schüssen, als sie beim Abschiessen von selbst gebastelten Raketen gestört wurden. Am 16. Mai schoss in Gaza eine Polizeitruppe auf eine andere, weil letztere ein Mitglied der erstgenannten festnahm. Am 10. Mai kam es weder zum ersten noch zum letzten Mal zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Aqsa-Brigaden in Jenin und der lokalen Polizei – zwei Wochen darauf folgten nämlich schon die nächsten. Anfang April drangen Soldaten der israelischen Besatzungsarmee (IOF) in den palästinensisch kontrollierten Teil Hebrons ein und schlugen palästinensische Verkehrspolizisten zusammen. Die Begründung eines anonymen Armeesprechers: «If they don't want to come with us nicely, then we will take them not so nicely.» Am 4. März lieferten sich Mitglieder der Awda-Brigaden in Nablus stundenlange Gefechte mit der Polizei, wobei
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ein Dutzend Personen verletzt worden sind. Am 5. Juni begaben sich die AqsaBrigaden aus dem Flüchtlingslager Balata bei Nablus wieder einmal zum lokalen Büro des Innenministeriums und zum Gebäude der Distriktverwaltung, schossen in die Luft und zwangen die Angestellten zur Niederlegung der Arbeit. Damit protestierten sie gegen die «hudna» (dt.: Waffenstillstand), die seit Monaten zwischen Israel und palästinensischen Gruppierungen herrschen soll, allerdings an den allnächtlichen Besuchen der IOF in Nablus und insbesondere im Balata-Camp nichts geändert hat. Zudem forderten die Widerstandskämpfer Jobs im palästinensischen Polizeiapparat beziehungsweise eine Erhöhung der Gehälter von 800 auf 1800 Schekel (Lohn eines gewöhnlichen Polizisten, umgerechnet ca. 500 Franken). Diese Auflistung könnte beliebig fortgeführt werden. Sie belegt die angespannte Situation auf Palästinas Strassen seit die Polizei wieder Präsenz markiert und die IOF ein wenig aus dem Stadtbild zurückgetreten sind. Sie zeigt auch die zwiespältige Position, welche die PA dabei innehat. Spätestens seit Mahmud Abbas von einem kleinen Teil der Bevölkerung, Israel und der diplomatischen Welt zum Präsidenten gewählt wurde, ist die palästinensische Polizei wieder aktiv. Es wird verhaftet, kontrolliert, geschossen, gebüsst, geschlagen. Vielfach auf den indirekten Befehl Israels, obwohl informelle Abkommen mit verschiedenen Widerstandsgruppen bestehen. Der ganze Polizeiapparat wird gegenwärtig auf Initiative Abbas' auf drei Dienste reduziert: Die zukünftige palästinensische Armee, den Geheimdienst und den allgemeinen Sicherheitsdienst. Sind seit langer Zeit in den meisten palästinensischen Städten wieder bewaffnete Polizisten zu sehen, ist dies in den letzten Monaten auch wieder in einer Hochburg des palästinensischen Widerstandes, in Nablus, zur Normalität geworden.
SICH DUMM VORKOMMEN UND SCHARF SCHIESSEN Nach seinen Anweisungen befragt, antwortet mir Ali Omar, ein Polizist in Nablus: «Letzte Woche kam es zu Provokationen zwischen Kämpfern aus dem Balata-Camp und der Altstadt. Nachdem sich ein Provokateur aus dem Camp aus dem Staub gemacht hatte, richteten Kämpfer ihre Waffen auf uns und stellten sich an den Eingängen der Altstadt auf. In solchen Situationen dürfen wir nicht agieren. Man kommt sich dabei ziemlich dumm vor...» In Nablus posieren die Polizisten vorerst nur und kümmern sich prinzipiell um Diebstähle und um unlizenzierte Taxis. In anderen Städten ist der Aufgabenbereich der Polizei aber schon erweitert: Nach der Öffnung der Strasse von Tulkarem nach Nablus durch die IOF liess sich die palästinensische Polizei mit einem Checkpoint nahe des vorgelagerten Dorfes Anabta nieder. Tulkarem als auch Jericho wurden Ende März den palästinensischen Polizeikräften übergeben, in erstgenannter Stadt sammelte die Polizei sogar bereits Waffen ein. Nichtsdestotrotz aber behält sich die israelische Armee das Recht vor, Operationen in der Stadt vorzunehmen, was sie auch tut. In Jenin kam es kürzlich zu Schiessereien, da sich die Polizei wagte, gestohlene Autos zu beschlagnahmen und dabei die Privilegien vieler Kämpfer und anderer Bewaffneter antastet. So weit wagt sich die Polizei in Nablus noch nicht. Hier haben Polizisten die Anweisung, nur auf Angriffe auf Polizeiposten mit scharfer Munition zu antworten und Angreifer im Extremfall zu töten. Erweiterte Kompetenzen würden wohl direkt zu Kämpfen mit der Polizei führen. Ali Omar ist sich zudem sicher: «Obwohl Polizisten in Uniform arbeiten und teil einer Institution sind, müssten sie mit Angriffen auf ihre Person rechnen, würden sie in gewissen Fällen zu weit gehen.»
DER REPRESSIONSSTAAT NACH OSLO «Sicherheit» war schon immer Israels erste Forderung an die palästinensische Seite, alles andere war dem schon immer untergeordnet.1 Dies lädt dazu ein, ein Jahrzehnt zurückzublicken: Die Oslo-Abkommen Mitte der 1990er Jahre verbrieften u.a. unzählige Auflagen und Obligationen an die PARepressionskräfte. Der Kooperation mit Israel verpflichtet, hatten die zahlreichen PA-Dienste deren verlängerter Arm zu spielen. Natürlich behielt sich Israel das Recht vor, wann immer als nötig befunden, einzugreifen und nachzuhelfen. Ebenso waren alle SiedlerInnen, welche die West Bank und Gaza kolonialisieren, dem israelischen und nicht etwa dem palästinensischen Gesetz unterworfen. Rund 40 000 Angestellte2 der Repressionskräfte verteilten sich auf mehr als ein Dutzend verschiedene, miteinander konkurrierende Institutionen, welche jeweils über eigene Gefängnisse verfügten. Dort wurden schliesslich bis 1999 über 4000 politische Gefangene festgehalten, gefoltert und teils sogar getötet. Die PA war somit ein geeignetes Instrument für Fatah, die führende Partei innerhalb der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), um politische Konkurrenten auszuschalten. Dies betraf insbesondere die islamistische Opposition,
linke Gruppen, Medien und MitarbeiterInnen von Menschenrechtsorganisationen.3 Die Israelis hatten in der PA ein hervorragendes Instrument dafür gefunden, bei der Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung keine dreckigen Hände zu kriegen und trotzdem alles unter Kontrolle zu halten.
UND DAS GANZE NOCH EINMAL? Die Reformen im palästinensischen Repressionsapparat mögen dessen Treiben nun wohl ein wenig transparenter machen – an seiner Funktion ändert sich deshalb aber nichts. Obwohl die Situation noch weit entfernt von der Lage nach den Oslo-Abkommen ist, nähert sie sich ihr ständig an; Anzeichen dazu existieren. Daran werden wohl auch die Workshops in Menschenrechten und ziviler Konfliktlösung nichts ändern, die Polizeikader gegenwärtig bei Ta'awon in Nablus besuchen. Satte vier Monate brauchte die Organisation, bis die Polizeiführung der Einladung nachkam, was gemäss einer lokalen Mitarbeiterin von Ta'awon auch «dringend nötig für die Polizeikräfte ist, da viele von ihnen bloss rein militärisch ausgebildet wurden, insbesondere jene, die im Rahmen des Oslo-Prozesses aus dem Exil zurückkehrten [meist vormalige PLO-Kämpfer].» Es wird sich weisen, ob die palästinensischen Polizeikräfte aus ihrem Vorgehen in den 1990er Jahren zu ler-
nen fähig sind. Für die palästinensische Bevölkerung wird sich in der Zukunft wohl einmal mehr die Frage stellen, ob man lieber von Mitbürgern oder israelischen Soldaten unterdrückt werden will. Diese «Wahl» des kleineren Übels ist nicht untypisch für kolonialistische Konstellationen: Wenn Repression nicht von kolonialistischer Seite direkt ausgeführt wird, delegiert man sie halt an die Kolonialisierten selbst. Dies ist erst noch billiger, hat den Vorteil, dass man sich selbst aus der Verantwortung schleichen kann und das Leben eigener Staatsdiener steht nicht auf dem Spiel. > HANS-PETER SCHULER, NABLUS <
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REITSCHULE-COMMUNIQUE ZUM GEMEINDERATSBESCHLUSS VOM 8. JUNI Jetzt ist es offiziell: SVP/SD-Initiative gegen Reitschule ist unnötig!Die Reitschule ist erfreut über den Entscheid des Berner Gemeinderats, der gestern beschlossen hat, die Initiative «keine Sonderrechte für die Reitschule» zurAblehnung zu empfehlen. Wenn der Gemeinderat festhält, «dass die Reitschule keine Sonderrechte hat», ist dies Beleg genug für die schiere Sinnlosigkeit des Begehrens.Wir sehen uns damit in unserer festen Überzeugung bestätigt, dass die Initiative nichts anderes zum Ziel hat, als dem Kulturzentrum Reitschule einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen und unsere Arbeit zu torpedieren. Das zeigt auch die Einschätzung des Gemeinderates, wonach eine Annahme der Initiative «die
Weiterführung des heutigen Betriebs in der Reitschule verunmöglichen» würde. Wobei selbst unter Fachleuten weiterhin umstritten ist, was denn die genauen Auswirkungen der Initiative wären. Soll den Stimmberechtigten der Stadt Bern ein Urnengang erspart bleiben, derselbst einer Bananenrepublik nicht würdig wäre, so gibt es eine letzte Chance: Rückzug der Initiative. Ein Schritt der Vernunft, den wir erstmalig an der Medienorientierung am 20. Mai von den Initianten gefordert haben und inzwischen auch von den Jungfreisinnigen der Stadt Bern wiederholt wurde. Seit der Besetzung der Reitschule vor nunmehr 18 Jahren musste sich das Kultur-
zentrum bisher dreimal an den Urnen legitimeren – und hat alle drei Abstimmungen erfolgreich überstanden. Insofern steht für uns ausser Zweifel, dass auch ein vierter (und hoffentlich letzter) Volksentscheid zu unseren Gunsten ausfallen würde. Das deutliche Urteil der Exekutive («Für den Gemeinderat ist dieInitiative unnötig...») zeigt den Stimmberechtigten, dass es sich bei der Initiative um eine Zwängerei von politisch marginalisierten Rechtsaussen-Männern handelt, die die Reitschule als Vehikel für ihre kulturfeindliche, unsoziale und reaktionäre Politik missbrauchen. > REITSCHULE ABSTIMMUNGSBÜRO 9. JUNI 2005 <
REITSCHULE ABSTIMMUNGSBÜRO
ACHTUNG: KULTURBANAUSEN AM WERK! MIT DER INITIATIVE «KEINE SONDERRECHTE FÜR DIE REITSCHULE» ZIELEN DIE BERNER RECHTS-
PARTEIEN SVP, JSVP UND SD INS LEERE. SÄMT-
Möglichkeiten zur aktiven Freizeitgestaltung sind wichtige Grundlagen für LICHE FORDERUNGEN SIND BEREITS ERFÜLLT, WIE Lebensqualität und StandortattraktiINZWISCHEN AUCH DER GEMEINDERAT BESTÄTIGT vität.» Vier Jahre später, in den UnterHAT (SIEHE KASTEN). WORUM GEHT ES DANN? lagen zu den Gemeindewahlen vom GANZ OFFENSICHTLICH PASST DEN STRAMMEN MAN- vergangenen Herbst, wird die Kultur mit keinem Wort mehr erwähnt. StattNEN DIE REITSCHULE ALS SOLCHE NICHT IN DEN dessen dominieren die SVP-LieblingsKRAM. NUR SO LÄSST SICH ERKLÄREN, WESHALB themen Sicherheit & Sauberkeit. SIE IMMER WIEDER AUFS NEUE (ERFOLGLOS) VER-
SUCHEN, DEN KULTURBETRIEB ZU TORPEDIEREN.
Wer hätte das gedacht! Kultur ist für die SVP kein Fremdwort. Allerdings gibt es für die Rechtspartei wichtigere Themen. Kulturpolitik versteht man deshalb in erster Linie als Finanz-, respektive Sparpolitik. Zur Kultur als solcher hat man wenig zu sagen, und wenn, dann wird sie in einem Atemzug mit anderen Nebensächlichkeiten erwähnt. So ist in der Wahlplattform der SVP der Stadt Bern aus dem Jahr 2000 folgende Plattitüde zu lesen: «Sport, Kultur und
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WELTFREMDE VERHINDERER
Dass sich die SVP nicht mit grösserem Gewicht der Kultur widmet, ist der Partei nicht wirklich vorzuwerfen. Allerdings mutet es seltsam an, wenn ausgerechnet ausgewiesene Kulturbanausen dem Kulturzentrum Reithalle mit gesetzgeberisch unsinnigen Vorschriften in den Betrieb dreinfunken wollen. Nachdem sich nun auch der Berner Gemeinderat klar und deutlich dahingehend geäussert hat, dass die Initiative «Keine Sonderrechte für die Reitschule» unnötig sei, werden die eigentlichen Absichten des Begehrens immer deutlicher erkennbar. Kultur ist bekanntlich eine Sache des Geschmacks und die Reitschule – wen erstaunts – stellt für das SVP-Kul-
turverständnis eine permanente Herausforderung dar. Jede vernünftige Organisation würde die Freiheit das Andersdenkenden respektieren und Toleranz walten lassen. Schliesslich stellt auch niemand die Veranstaltung von Burezmorge und andern volkstümelnden Veranstaltungen in Frage. Aber wie lautet das Sprichwort: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Und in dieser Hinsicht bleibt die SVP ihren bäuerlichen Wurzeln treu. Weil die Reitschule den Herren Glauser, Fuchs, Weil & Co. nicht in ihr Heile-Welt-Bild passt, soll sie von der Bildfläche verschwinden. Doch die Politiker haben die Rechnung ohne ihr sonst so gerne bemühtes «Volk» gemacht. Bereits vor vier Jahren versuchten die gleichen Kreise mit einer Mogelpackung den Kulturbetrieb in der Reitschule abzuklemmen, die Stimmberechtigten haben das Vorhaben durchschaut und der plumpen Initiative eine Absage erteilt. Sagen wir auch diesmal: Nein zur Zwängerei weltfremder Kulturbanausen! > ABSTIMMUNGSBÜRO DER REITSCHULE <
SCHWEIZER SOZIALFORUM
SCHRITTE AUF EINEM LANGEN WEG VOM 3. BIS 5. JUNI FAND IN FREIBURG UNTER
DEM MOTTO «EINE ANDERE SCHWEIZ IST MÖGLICH» DAS ZWEITE SCHWEIZER SOZIALFORUM (SSF)
STATT. ENGAGIERTE BETEILIGUNG UND HOHE QUALITÄT PRÄGTEN DIE DEBATTEN IN DEN RÄUMEN DER UNI FREIBURG.
weiterführende Infos unter: www.socialforum.ch
Nach einem eher bescheidenen Publikumsaufmarsch am Freitagabend stiessen die Konferenzen und Workshops vom Samstag auf ein breites Echo. An der Abschlussveranstaltung vom Sonntagnachmittag wurden die sieben diskutierten Themenblöcke zusammenfassend erörtert, und eine Agenda künftiger Mobilisierungen verabschiedet. Die Konzerte und Workshops im Café 20e siècle, im Centre Fries und im Fri-Son trugen zur Verbreiterung des Forums bei. Während der drei Forumstage nahmen ingesamt gegen 1200 Personen an den politischen und kulturellen Aktivitäten des SSF statt. Das sind deutlich mehr als an der ersten Ausgabe des Forums vom September 2003, als 800 Personen nach Freiburg kamen. Debattiert wurden die Schwerpunktthemen: Migration, repressive und autoritäre Tendenzen, die Verantwortung multinationaler Konzerne, Ernährungssouveränität, die Rolle der WTO zehn Jahre nach ihrer Gründung, gewaltfreie Wirtschaft sowie Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Rund ein Dutzend internationale Persönlichkeiten waren in Freiburg anwesend – unter ihnen Francisco «Chico» Whitaker (Brasilien) und Samir Amin (Ägypten), beide Mitglied des Internationalen Rates des Weltsozialforums von Porto Alegre; Ilan Pappe (Israel), Isabelle Avran (Frankreich), Amadou Kanoute (Zimbabwe), Jason Cainglet (Philippinen), Denise Mendez (Frankreich) sowie Gewerkschafter aus Lateinamerika (Venezuela, Kolumbien, Kuba, u.a.).
EINE AGENDA SOZIALER MOBILISIERUNG
Gruppen wollen sich besser vernetzen. Weiterer Punkt der Agenda ist der Weltfrauenmarsch, der in der Schweiz vom Das 2002 gegründete Schweizer So- 10.-14. Juni unterwegs war. Das Thema zialforum vereinigt 80 Organisationen Geschlechtergerechtigkeit zog sich am und Bewegungen: Gewerkschaften, in Sozialforum quer durch alle Debatten. der Entwicklungszusammenarbeit tätige NGO, politische Gruppierungen, DIE GROSSE Menschenrechts- und Umweltgruppen, HERAUSFORDERUNG Frauen und MigrantInnenbewegungen, Mit seinen reichhaltigen Debatten, Solidaritätsgruppen, etc. Im Geiste von Porto Alegre hat das dem Austausch und der Verstärkung zweite Sozialforum keine Schlusserklä- der Netzwerke der sozialen Bewegung rung verabschiedet, sondern eine hat das Sozialforum eine neue Etappe Agenda der wichtigsten Aktivitäten, In- im langen Weg hin zu einer «anderen itiativen und sozialer Mobilisierungen Schweiz» in Angriff genommen. Das aufgestellt. Bereits am 18. Juni steht Forum zeigte, wie wichtig der Ausdie Kundgebung «Die Schweiz sind wir» tausch auf weltweiter, kontinentaler an. Im Oktober folgen Mobilisierungen und nationaler Ebene ist. Zudem wurde ein grosser Effort ergegen die Verschärfung der Asyl- und bracht, um in den grossen Konferenzen Migrationspolitik. Im weiteren findet am 29. und 30. sowie in der Eröffnungs- und SchlussOktober im Kornhausforum Bern ein veranstaltung ein Gleichgewicht der öffentliches Tribunal zur Politik des Geschlechter zu verwirklichen. Es geMultis Nestlé in Kolumbien statt. Eine lang im weiteren, mit dem musikaliähnliche Initiative auf weltweiter Ebene schen Programm vor allem auch jünist von der Vereinigung «Multiwatch» gere Leute anzusprechen. Eine wichtige Herausforderung aber angeregt worden. In der Schweiz richten sich diverse bleibt: Die Notwendigkeit, dass die MitInitiativen gegen die neue Verhand- glieder-Organisationen und -Bewegunlungsrunde der Welthandelsorganisa- gen sich das Forum zu eigen machen, tion WTO, die im Dezember 2005 mit es mit Inhalt und Präsenz nähren und einem Ministertreffen in Hong Kong ab- erneuern. Die Fundamente wurden gegeschlossen wird. So wird Ende Juli in legt. Nun muss darauf ein Haus errichGenf – aus Anlass der Sitzung des tet werden. WTO-Generalrates – ein Generalrat des > SERGIO FERRARI, Volkes abgehalten. Kurz vor dem weitePRESSEDIENST E-CHANGER < ren Treffen des WTO-Generalrates vom > ÜBERSETZUNG: THEODORA PETER < 16. Oktober 2005 soll international massiv mobilisiert werden. Im Rahmen des Schwerpunktthemas «Neue repressive Tendenzen» wurde zur Unterstützung eines Neuenburger Aktivisten aufgerufen, der in Genf wegen Unruhestiftung zu drei Monaten Gefängnis bedingt verurteilt worden war. Die in diesem Bereich aktiven >
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WIR SIND DIE SCHWEIZ – DEMO VOM 18. JUNI 2005
PLATZ DER MIGRANTINNEN TAUSENDE SIND AM FLÜCHTLINGSTAG UNTER DEM MOTTO «WIR SIND DIE SCHWEIZ.» AUF DIE
STRASSE GEGANGEN UM GEGEN DIE HERRSCHENDE FLÜCHTLINGS- UND AUSLÄNDERINNENPOLITIK ZU DEMONSTRIEREN. EIN DEMOBERICHT.
Alle Ansprachen und Fotos der Demo gibts auf www.ohneuns.ch
111 im Asyl-, Migrations- und Menschenrechtsbereich engagierte Organisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien hatten zu der Demo aufgerufen. Ebenso vielfältig wie die Liste der unterstützenden Organisationen war denn auch die Demo selber. Gruppen aus der ganzen Schweiz machten auf ihre lokalen Kämpfe aufmerksam und setzten gemeinsam ein Zeichen gegen die Fremdenfeindlichkeit im Bundeshaus und anderswo. Auf dem Waisenhausplatz rief Graziella de Coulon, Aktivistin der Coordination Asile Vaud, dazu auf, den «Waadtländer Sonderfall» auf die ganze Schweiz auzuweiten und überall koordiniert für «ein würdiges Leben für alle» zu kämpfen (siehe Artikel auf der übernächsten Seite). Etienne Epengola nutzte die Demonstration, um von seinem absurden Kampf mit den Behör-
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den zu erzählen. Seit 17 Jahren lebt der Flüchtling aus dem Kongo nun in der Schweiz und hat seine eigene kleine Firma aufgebaut. Letztes Jahr wurde er plötzlich gezwungen, diese zu schliessen. Sein zweites Asylgesuch wurde mit einem Nichteintretensentscheid (NEE) beantwortet, was den Ausschluss von der Sozialhilfe zur Folge hatte. Heute lebt er in Abhängigkeit von wohltätigen Organisationen wie der Passantenhilfe, da er sich weigert, getrennt von seiner Familie im Minimalzentrum auf der Stafelalp dahinzuvegitieren.
ES GEHT WEITER Neben den Flüchtlingen waren aber auch «klassische» MigrantInnen stark vertreten. Rita Schiavi von der Gewerkschaft Unia taufte den Waisenhausplatz in «Platz der MigrantInnen» um, denn es sei ein Skandal, dass die Arbeit von Millionen von AusländerInnen ignoriert und heruntergespielt werde. Als sich in der brütenden Hitze der Demozug in Richtung Altstadt in Bewegung setzte, wurde klar, dass Tausende MigrantInnen, Sans-Papiers, Flüchtlinge und BesitzerInnen eines Schweizer Passes nach Bern gekommen waren. Die Demo war bunt, an einigen Stellen
laut und entschlossen, an anderen kreativ bis witzig. Unüberhörbar waren beispielsweise die Sprechchöre für die Regularisierung der Sans-Papiers. Leiser und irritierender wirkte der Bünzliblock, der sich hinter einem Gartenhag mit Geranien verschanzte und alles besser wusste. Die Demo wurde auch medial wahrgenommen. In einigen Medien entstand sogar der Eindruck, Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss habe (statt am Berner Flüchtlingstag auf dem Bundesplatz) an der Demo teilgenommen und zum zivilen Ungehorsam aufgerufen… Im Herbst, wenn die Verschärfungen der Gesetze in den Nationalrat kommen, gilt es an diesen Mobilisierungserfolg anzuschliessen und ein weiteres Mal in Erinnerung zu rufen, dass wir alle die Schweiz sind und dass wir genug haben von rassistischer Stimmungsmache, welche den Abbau von unseren Grundrechten beschleunigen soll. > DINU GAUTIER <
BERN, 18. JUNI 2005 – REDEBEITRAG DER GRUPPE SANKOFA Liebe Schweizerinnen, liebe Schweizer, mit oder ohne Schweizerpass, mit oder ohne Aufenthaltsbewillligung. Es freut mich sehr heute mit Euch den Flüchtlingstag begehen zu können und diesen Tag den Menschen, die fern Ihrer Heimat Zuflucht suchen müssen zu widmen. Deswegen möchte ich, bevor ich meine Ausführungen fortsetze bitten, Euch bitten eine kurze Zeit inne zu halten, um all den Menschen zu gedenken, die auf dem Weg in die «Festung Europa» ihr Leben verloren haben, derjenigen, die während menschenverachtender Zwangsausschaffungen in den Händen staatlicher Beamten gestorben sind oder wegen drohender Ausschaffung oder Inhaftierung den freiwilligen Tod vorgezogen haben. Ich bitte Euch für einen kurzen Moment innezuhalten und auch jenen Unbekannten zu gedenken, die nach Zwangsausschaffungen in den Ländern verschwunden sind und deren Schicksale nicht bekannt sind. Vielen Dank. Ich begrüsse Euch im Namen von Sankofa der Plattform für Menschen Afrikanischen Erbes. Mein Name ist Mandu. Ich bin Schweizer mit Schweizerpass. In Zürich geboren und aufgewachsen und trotzdem kommt es ab und zu vor, dass mich Leute fragen: «woher kommst Du?» um danach gleich weiter zu fragen «wann gehst du wieder nach ‹Hause›?» Bin ich denn nicht hier in der Schweiz zu Hause? Werde ich denn, aufgrund meiner Hautfarbe, nie als Schweizer gesehen werden können? Solche Erlebnisse, so unscheinbar und unüberlegt sie für viele daherkommen, gehören für Menschen afrikanischen Erbes zu den alltäglichen enttäuschenden Erlebnissen, die es schwierig machen sich hier in der Schweiz zu hause und akzeptiert zu fühlen. Als Schwarzer in der Schweiz wird man tagtäglich mit subtilem oder latenten Rassismus konfrontiert. denn auf der Strasse werden wir nicht nur als Mensch mit dunkler Hautfarbe erkannt, sondern aufgrund unseres Aussehens gemustert, gewertet und verurteilt. Ich selber bin schon einige Male in rassistische Polizeikontrollen geraten. In keinem Fall habe ich mich in einer dunkeln Strassenecke der Drogenszene aufgehalten. Ich wurde jeweils aus einer Menschenmenge scheinbar grundlos herausgegriffen, sei es auf dem Arbeitsweg, im voll besetzten Tram oder inmitten eines Parks, um vor allen anderen wie ein krimineller vorgeführt und durschucht zu werden. Ich werde die Worte eines Polizisten nie vergessen, der sein Vorgehen damit rechtfertigte, dass ich aufgrund meiner Hautfarbe zu erwarten habe, an öffentlichen Plätzen willkürlich kontrolliert zu werden. Das zeigt deutlich, dass Rassisten oftmals nicht einen blassen Schimmer haben, dass sie tatsächlich Rassisten sind. Diese Polizisten haben das Gefühl im Auftrag des Volkes zu handeln. Und sie erhalten auch die volle Unterstützung der politisch Verantwortlichen. Was ich aber erlebt habe, ist nichts, rein gar nichts im Vergleich zu einigen Geschichten, die wir in unserer Anti-Rassismus-Arbeit begegnen. Meistens schweigen aber die Opfer von Polizeiübergriffen aus Angst vor Repression und aus Gefühlen der Hilflosigkeit gegenüber den Behörden. Ich habe letzthin mit einem Mann gesprochen, der im letzten Jahr bei einem Bekannten, einem früheren Zimmergenossen im Asylheim, in Luzern auf Besuch war. Auf den Weg heim, wurde er beim Luzerner Bahnhof von Polizisten aufgegriffen, geschlagen und verhaftet. Er wurde eine Nacht eingesperrt und am nächsten Tag aufgefordert ein Papier zu unterschreiben. Er konnte aber den deutschen Text nicht lesen und als er sich weigerte zu unterschreiben, wurde er weiter geschlagen. Kurz darauf erklärte er sich einverstanden und unterschrieb. Er bekam eine Kopie des Papiers und als er wieder im Heim war, legte er einen Deutsch-Kundigen das Papier vor. Dieser sagte ihm, dass er nie wieder nach Luzern darf. Es sei ein Rayonverbot. Und seinen Freund in Luzern habe er seither nicht mehr gesehen! Überlegt einmal, was für ein Bild von Schwarzen Menschen in unseren Köpfen entsteht, wenn es rechtlich erlaubt ist, Schwarze Frau-
en und Männer auf offener Strasse zu jeder Tageszeit willkürlich zu kontrollieren, zu demütigen, zu schikanieren, sie nackt ausziehen zu lassen, aus dem Hinterhalt zu würgen und zu knebeln, mit Füssen zu treten, aufgrund eines Verdachts abzuführen und tagelang, monatelang einzusperren, nachts Daheim aufzusuchen und zu bedrohen? Was für ein Bild, liebe Freunde, haben wir von Schwarzen Menschen, die aufgrund von rassistischen Vermutungen aus unseren Städten verbannt werden können, deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden darf? Welches Bild von Schwarzen Menschen wird in unseren Köpfen erzeugt, wenn es üblich ist Schwarze Frauen und Männer in Ketten und Windeln zu legen, mit Schlagstöcken und Elektroschockgeräte zu zähmen, medizinisch zu betäuben und zwangsauszuschaffen? Früher, meinte mein Vater, hat man Menschen in Ketten gelegt und geknebelt um sie wie Vieh als Sklaven in Übersee zu verschiffen. Ich frage mich, wie ist es möglich dass heute in dieser demokratischen Schweiz, Hort der Menschenrechte, das Bild der Schwarzen so entmenschlicht worden ist, das es wieder möglich geworden ist sie wie gefährliche Tiere in Ketten zu legen um sie ausser Landes zu verfrachten? Wie sehr müssen wir schon von rassistischer Propaganda und diskriminierender Negativen Schlagzeilen geprägt worden sein, dass wir solche entmenschlichten Bilder von Schwarzen Menschen ohne grösseren Widerstand schlucken? Und die Hetze gegen Schwarze Menschen geht auf offiziellster staatlichen Ebene weiter: wie sonst ist erklärbar, dass eine der repressiven Massnahmen in der Asylpolitik unserer Schweizer Regierung sich ausschliesslich gegen Afrikanische Asylsuchende richtet und sogar als «Massnahmenpaket Westafrika» betitelt wird? Weshalb sollen Menschen aus Afrika weniger Recht haben hier Asyl zu beantragen als andere? Ich fordere Euch auf, Schweizerinnen und Schweizer ohne oder mit Schweizer Pass, Schweizerinnen und Schweizer ohne Aufenthaltsbewilligung, die Ihr heute zusammengekommen seid um miteinander für eine solidarische und offene Schweiz zu kämpfen, lasst solche rassistische Politik keinen Platz! Denn die Grundlagen dieser Politik, die Schweizer StimmbürgerInnen vor zehn Jahren mit der deutlichen Annahme der Zwangsmassnahmen von 73 Prozent gelegt haben, holen uns langsam ein. Bislang sind es noch die Schwarzen Flüchtlinge auf den Strassen, die von rassistischen Polizisten diskriminiert und von den Behörden aus- und eingegrenzt worden sind. Doch heute schon hat sich diese Apartheidpolitik mit der Anwendung von Wegweisungsparagrafen auf Drogenabhängige, Alkoholkranke und Obdachlose ausgeweitet. Morgen schon werden es ungern gesehene Demonstranten sein oder vielleicht auch euer kleiner Bruder, der Fussballfan, der sechs Stunden lang im Kastenwagen sitzen muss, schikaniert und polizeilich registriert wird. Setzen wir uns deswegen gemeinsam für den sofortigen Stopp von rassistischen Polizeikontrollen aufgrund der Hautfarbe ein. Für transparente Kriterien bei polizeiliche Kontrollen, wie auch für unabhängige Untersuchungskommissionen bei polizeilichen Übergriffen. Sorgen wir dafür dass zufluchtsuchende AsylbewerberInnen, welche das schwächste Glied unserer Gesellschaft bilden nicht rücksichtslos auf die Strasse gestellt werden. Setzen wir uns ein für eine bessere Betreuung und eine chancengleiche Behandlung von Asylsuchenden. Und für einen sofortigen Stopp der diskriminierenden Zwangsmassnahmen! > MANDU, UKAEGBU UND JOVITA < INNENLAND megafon Nr. 285, Juli 2005
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DIE BILANZ ZUM GEBURTSTAG
EIN JAHR BREITER WIDERSTAND IN DER WAADT ZUM LETZTEN MAL IM FEBRUAR BERICHTETE MEGAFON VOM KAMPF DER ABGEWIESENEN ASYLSUCHENDEN GEGEN IHRE UNGERECHTEN, WILLKÜRLICHEN UND GEFÄHRLICHEN AUSSCHAFFUNGEN. EINIGE
TAGE VOR DER «WIR SIND DIE SCHWEIZ!»-DEMONSTRATION UND DEM ERSTEN JAHRESTAG DER BEWEGUNG ZIEHT DIE ASYLKOORDINATION AUS DEN LETZTEN SECHS MONATEN UND DER AKTUELLEN SITUATION BILANZ.
die grosse Unterstützungsbewegung nicht geschwächt – im Gegenteil, nicht einmal der Spaltungsversuch des Regierungsrats, die Schaffung einer Kommission zur Analyse der Bedingungen einer Rückkehr der Flüchtlinge, vermochte dies. Die Kreise, die diese Untersuchungen durchführten, haben sich alle nach und nach wieder der Koordination angeschlossen, weil sie einsahen, dass ihre Beteiligung nur die Rückschaffunspolitik unterstützte. Der einzige positive Punkt war eine Patenschaftscharta, die den MigrantInnen erlaubte, von zwei Personen (eine aus der Kirche und eine aus der Zivilgesellschaft) unterstützt zu werden. Wenn dies auch nicht gegen eine Ausschaffung schützt, erlaubte es doch neuen Personen, sich in den Kampf zu integrieren. Verschiedene Unterstützungsaktionen haben in den letzten drei Monaten stattgefunden. Vielfältige Veranstaltungen gaben KünstlerInnen die Möglichkeit, die ungerechte Politik zu verurteilen; in einem geheizten Zelt brannte zwei Wochen lang durchgehend ein Feuer des Widerstandes; es wurden neue regionale Koordinationsgruppen gegründet, die sich den bereits aktiven anschlossen und somit den Kanton wirkungsvoller abdecken konnten – und bedrohte Personen lokal in Kirchen unterbringen können.
Nach sechs Monaten des Kampfes und der Entwicklung einer noch nie da gewesenen Unterstützungsbewegung in der waadtländischen Bevölkerung gegen die Ausschaffung von nahezu 700 abgewiesenen Flüchtlingen (medienmässig gilt die «administrative» Zahl von 523) hat die Bewegung während drei Monaten eine kleine Atempause erlebt. Der SVP-Regierungsrat JeanClaude Mermoud hatte am 18. Januar 2005 eine Art Moratorium ausgerufen und die Zwangsmassnahmen eingestellt – was jedoch nur für einen Teil der Betroffenen galt (Familien mit minderjährigen Kindern, alleinstehende, kosovarische und aus Srebrenica stammende Frauen). Trotz dieser «Entspannung» blieben die Diskussionen intensiv, da als einzige längerfristige Lösung die Heimkehr aufgezeigt wurde. Der psychologische Druck hinsichtlich einer Ausreise bestand für alle weiter. Auch drohte bei einer Ausschaffung Gewalt seitens des Staates. Für die durch das Moratorium nicht geschützten Personen kommt hinzu die Angst DIE VERSCHÄRFUNG vor willkürlichen Festnahmen, vor Haft, DER FRONTEN vor der Ausschaffung in zerstörte Herkunftsgebiete und, für einige sehr real, In den ersten drei Monaten des Jahvor dem Tod und der Folter. res hat sich die Asylfront sowohl auf eidgenössischer als auch auf kantonaSPALTUNGSVERSUCHE UND DIE ler Ebene zusehends verhärtet. In der Debatte um die Revision des AsylgesetREAKTION DER BEWEGUNG zes zeigte Blocher, wie beschränkt seiTrotz dieses (Nicht-)Entscheides ne demokratische Kultur ist. Er nahm und den drohenden Gefahren, wurde sich heraus, im Alleingang das Gesetz zwischen den Debatten im Nationalund im Ständerat zu verschärfen und drohte an, die Verfassung zu ändern, INNENLAND falls seine Vorschläge verfassungswidmegafon Nr. 285, Juli 2005 28 rig sein sollten. Diese präfaschistoide
Eigenmächtigkeit bekam leider vom Ständerat Rückendeckung. Im Gegenzug hat er sogar bei einem Teil der rechten Bourgeoisie, der noch humanistische Züge zeigt, Empörung ausgelöst. Der eifrige Korporal der blocherschen Politik im Kanton Waadt, JeanClaude Mermoud, hat sich indessen selbst überboten. Um zwei kosovarische Brüder, deren Familien in der Schweiz regularisiert sind, abschieben zu können, zögerte sein Abteilungsleiter nicht, die zwei zu verleumden (sei es absichtlich gelogen oder durch Inkompetenz), indem er ihnen fälschlicherweise eine kriminelle Vergangenheit nachsagte. Gegen diese Falschaussage wurde umgehend Klage eingereicht. Mermoud anerkannte zwar einige Tage danach den «Fehler» seines Abteilungsleiters, wartete jedoch mit der Zwangsausschaffung der beiden Kläger nicht bis zum Ermittlungsende. Ein anderes Beispiel: Er verzichtet darauf, den behördlichen Handlungsspielraum auszunutzen, und Asylsuchenden – auch mit einem negativen Asylentscheid – eine Arbeitsbewilligung zu erteilen. Mermoud hat sich von Neuem dem blocherschen Denken gebeugt, um die abgewiesenen Flüchtlinge zur Ausreise zu zwingen. Über 400 Personen (darunter viele ÄthiopierInnen und EritreerInnen), die seit Jahren im Kanton Waadt arbeiteten, erhielten ein Arbeitsverbot. Sie werden somit unter Druck gesetzt, in die Armut getrieben, in ihrer Würde gekränkt und in das Klischee des profitierenden Ausländers, der nicht arbeiten will, gezwungen. Seit diese Menschen den Kampf in ihre eigenen Hände genommen haben und jede Woche Demonstrationen organisierten, ist eine neue Bewegung entstanden. Auch eine Petition wurde lanciert. Der Widerstand etlicher ArbeitgeberInnen, denen geschätztes Personal weggenommen wurde, und eine dem kantonalen Parlament vorgelegte Motion, zeigen allerdings, dass diese Massnahme auch noch zurückgezogen werden könnte.
DIE BEWEGUNG MIT DEM RÜCKEN AN DER WAND Am 20. Mai verkündete der Regierungsrat das Ende des Moratoriums. Diese mit vier gegen drei Stimmen gefällte Entscheidung, zeigt sehr deutlich die tiefe politische Krise, die der Kanton durchmacht. Das Parlament musste seine Arbeiten unterbrechen, weil die Mehrheit der ParlamentarierInnen abreiste. Die linke Minderheit des Regierungsrates hat das Kollegialitätsprinzip gebrochen. Das Parlament reagierte am 31. Mai, als eine von der Mehrheit der waadtländischen ParlamentarierInnen unterzeichnete Motion eingereicht wurde: Die Forderungen waren die Suspendierung der Zwangsmassnahmen, keine diskriminierenden Massnahmen (Arbeits- und Lehrstellenverbot) und die Schaffung einer Expertenkommission, die langfristig die Dossiers der immer zahlreicher werdenden Opfer des willkürlichen Asylgesetzes untersuchen soll. Nach einer zweistündigen, hitzigen Debatte in der Woche darauf, reichte Mermoud die Motion in die Kommission. Die Kommission könnte ihre Arbeit sehr bald aufnehmen und somit könnte noch vor dem Sommer eine Abstimmung zu diesem Thema stattfinden. Die Bewegung steht jetzt mit dem Rücken zur Wand, denn radikalere Aktionen sind in Vorbereitung: Flüge werden gebucht und willkürliche Inhaftierungen nehmen zu. Es stellt sich nun die Frage der Wiedereröffnung einer oder mehrerer Kirchen.
Andererseits ist die Unterstützungsbewegung stetig am wachsen. Erst kürzlich haben einige Ärzte eine Anzeige geschaltet, um Einspruch gegen die Ausschaffungen zu erheben. Stellungnahmen von juristischer Prominenz zeigen, dass noch juristische Wege bestehen, wenn ein politischer Wille da ist.
STAATSRÄSON VERSUS SOLIDARITÄTSBEWEGUNG Auch wenn die Bewegung nicht alle Ausweisungen verhindern konnte, wie jene der beiden kosovarischen Brüder oder neulich eines Überlebenden eines serbischen Vernichtungslagers, geht der Kampf weiter und erweitert seine Aktions- und Unterstützungsformen. Dass wegen Ausschaffungen einiger abgewiesenen Asylsuchenden eine solche politische Krise ausgelöst werden kann, ist einer der Erfolge dieses Kampfes, der zeigt, dass das Denken eines ängstlichen und rassistischen Bevölkerungsteils nicht den Ton angibt. Eine Stärke der Bewegung besteht darin, dass sie Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren vereint, TrägerInnen von Visionen sehr unterschiedlicher Art, die jedoch in gewissen humanistischen und demokratischen Punkten sowie Forderungen an eine Gemeinschaft übereinstimmen. Ein grosser Teil der waadtländischen Bevölkerung will es verhindern, dass der Staat das Leben der abgewiesenen Asylsuchenden zerstört. Von Menschen, die seit Jahren hier
sind: Sie sind die Unsrigen, ein Teil von uns, den man ausstossen will. Der Kampf wird noch lange andauern, aber er hat bereits gezeigt, dass der Widerstand sich lohnt, dass der blochersche Diskurs über Asylmissbrauch nicht verfängt, wenn das Volk die Realität erfährt über das Leben der MigrantInnen, sei es in ihren Herkunftsländern oder hier in der Schweiz. In Anbetracht der knallharten Bedingungen der Migration brechen die Hirngespinste der Überbevölkerung und der Invasion ein. Hoffnung ist vorhanden, doch das Aus dem Gleichgewicht ist sehr instabil… Französischen: Lea Schenk, Sans-
Lausanne, den 17. Juni 2005 Papiers-Kollektiv Bern > YVES SANCEY UND CHRISTOPHE Für weitere Infos : TAFELMACHER, MITGLIEDER DER www.stoprenvoi.ch ASYLKOORDINATION WAADT <
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DIE «BIZ» WIRD 75 JAHRE ALT. Zum runden Geburtstag wagt sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich «BIZ» scheinbar an das Licht der Öffentlichkeit. Mit einer Ausstellung («this is the biz») will sich die «BIZ» vom 28.6 -12.7.05 präsentieren. Nicht nur, dass BesucherInnen Ihren Ausweis mit Foto mitbringen sollen, um in die heiligen Räume der «BIZ» zu gelangen (Centralplatz 2). Bereits am 25. Juni traf sich eine exklusive Männerrunde mit internationalen Gästen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um auf ihre Weise das Bestehen des Geldturmes und seiner Funktion zu feiern. Ungestört und abgeschottet von jedem kritischen Blick treffen sich die Zentralbankchefs aus mittlerweile 56 ausgewählten Ländern und ihre Stäbe seit 75 Jahren. In diesem, auch architektonisch arroganten Bauwerk mitten in Basel, fallen ständig Entscheidungen, damit sich Krieg, Elend und Ausbeutung weltweit die Waage halten und für die Mächtigen eine kalkulierbare Grösse bleiben. Während die Erde, auf der wir leben, an den Folgen einer materialistischen Lebensweise kollabiert , preist die «BIZ» das Klima in Basel, in dem sich ihre internationalen Gäste sorgenfrei bewegen können. Während sich Kriege immer mehr zu einem globalen permanenten Krieg ausweiten, betrachten die Vertreter der «BIZ» auch diese Umstände als gewinnbringende Bereicherung zugunsten der Herrschenden . So hatte rückblickend die «BIZ» bei der profitablen Zusammenarbeit mit dem Faschismus keine ideologischen Vorbehalte gehabt. Im Gegenteil: Gemeinsam mit den Zentralbankchefs der anderen kriegsführenden Länder (wie den USA, England, Deutschland usw.) wurde bereits im Jahre 1942 über eine Nachkriegsituation beraten, so dass das Währungssystem und der Geldgewinn für alle Herrschenden und die Industrie eiskalt kalkulierbar blieben. Die selbstgesetzte Aufgabe, Währung und Geldsysteme weltweit zu steuern, macht die Institution zum frühen Vorreiter einer auf globale Ausbeutung aus-
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gerichteten Welt bis zum heutigen Tage. Wir sagen ganz klar: Es reicht! Wir brauchen keine «BIZ»! 75 Jahre «BIZ» sind genug!
Diese Institution gehört ersatzlos abgeschafft. Und wir akzeptieren schon gar nicht, dass einerseits die Welt in Flammen steht, während die Mitverursacher von Krieg, Elend, Tod und Zerstörung in Basel in Frieden ihrem mörderischen und doch so unscheinbaren Handwerk nachgehen dürfen! Kreative Aktivitäten haben stattgefunden oder finden noch statt: • Wir luden ein zur kritischen Begleitung eines Presserundgangs der «BIZ» vom 23. Juni, mit Hinweisen auf die nachfolgenden Ereignisse. • Wir luden auch recht herzlich ein zur Begrüssung des Geheim-Empfangs der internationalen Gäste am 25. Juni auf den Bahnhofvorplatz. Ortfremde durften gerne mit Kleingeld für die notleidenen Banker anreisen... Trillerpfeifen eigneten sich für die schwerhörigen älteren Herrschaften der «BIZ»... Wer solange abseits der öffentlichen Wertschätzung lag, durfte sich jetzt doppelt stark auf unseren Empfang freuen. • Wir laden ein zu einer Veranstaltung mit Gian Trepp am 1 Juli im Gewerkschaftshaus in Basel (Claraplatz, Rebgasse) um 19.00 Uhr. Der Autor des Buches «Bankgeschäfte mit dem Feind» gibt uns einen Einblick auf die aktuelle und vergangene Geschichte der «BIZ». Anschliessend steigen wir in eine Diskussion um Perspektiven von Alltagswiderstand. Wenn das WEF überall ist, wie kommt es, dass unser Widerstand nicht aus dem Alltag geführt wird? Was bedeutet es für uns, in einer reichen Schweiz zu leben, die als Tresor für allerlei Geldgeschäfte für die Mächtigen dieser Welt bereitsteht. Und und… • Und wir laden zu einer öffentlichen Begehung der «BIZ» am 6. Juli, 17.00 Uhr. Die
Reiseleitung der «WITZ»-AG (Hr. Zinsli und Fr. Schröder) führt durch das Programm und freut sich, Ihnen die Reinwaschung eines Bankers zu präsentieren. Eine Seligsprechung seitens des neuen Papstes wird in Erwägung gezogen. Anschliessend findet die Einweihung eines Denkmals zur Erinnerung der Menschheit an die Folgen materialistischer Lebensweisen statt. Wir freuen uns auf Euch!! «E BIZ TOO MUCH»
Was ist die «Bank für Internationalen Zahlungsausgleich»
Laut Eidgen. Finanzdepartement fördert die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) die Zusammenarbeit zwischen Notenbanken und internationalen Organisationen. Seit einigen Jahren koordiniere sie zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die technische Hilfe an die ehemals kommunistischen Staaten Osteuropas und der früheren Sowjetunion (Gemeinschaft unabhängiger Staaten, GUS). Die BIZ verwalte für einzelne Notenbanken einen Teil ihrer Währungsreserven. Die BIZ wurde 1930 gegründet und hat ihren Sitz in Basel. Gegenwärtig hat sie über 50 Mitglieder, worunter seit 1930 die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die SNB arbeitet in verschiedenen Ausschüssen der BIZ mit, beispielsweise im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, dem Ausschuss für Zahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme sowie dem Ausschuss für das weltweite Finanzsystem. Gemäss der Schweizer Nationalbank ermöglichen die regelmässigen Treffen der Notenbankchefs bei der BIZ einen Gedankenaustausch über die internationale Wirtschaftslage und über die Geld- und Währungspolitik…
WEGWEISUNGEN IN ZÜRICH
«PUTZ DI, ESTI!» NACH BERN, WINTI UND ST. GALLEN DROHT AUCH
ZÜRICH DIE EINFÜHRUNG DES WEGWEISUNGSARTI-
KELS. EINE GESCHICHTE EINER STADTRÄTIN, DIE ES SICH GAR EINFACH MACHEN WILL.
«Mitten durch die Stadt führt ein Pfad mit Namen Waldweg, was einerseits etwas befremdlich wirkt, da weit und breit kein Wald zu sehen ist, andererseits aber auch wieder einer Logik folgt, da der Wald ja weg ist…» Der uralte ökopädagogische Witz erlebt, wenn es nach dem Willen von Esther Maurer, Polizeivorsteherin der Stadt Zürich geht, bald sein trauriges Revival – im Kontext der polizeilichen Wegweisungen. Spätestens in fünf Jahren, wenn denn alles schief geht, werden vermutlich sämtliche grösseren zentral gelegenen Plätze und Strassen Zürichs bescheiden mit «Freudenweg» angeschrieben sein: als Reminiszenz an jene wilden Zeiten, als das Leben mancher Stadtoriginale teils noch auf der Strasse stattfand. Und als Mahnmal, da die Freude an den öffentlichen Orten weg ist. SP-Stadträtin Maurer lernt vorbildlich über Kantons- und Parteigrenzen hinaus: Kaum nötig zu erwähnen, dass sie ihr Mödeli mit dem Wegweisungsartikel vom inzwischen durchgefallenen Berner Polizeigspänli Wasserfallen abschaute. Bereits seit Jahren arbeitet Maurer an der Einführung des Wegweisungsartikels, und mit der Revision der Allgemeinen Polizeiverordnung (APV) sah sie wohl ihre Stunde kommen. Was tauchte nämlich im Entwurf der APV auf? Genau, der Wegweisungsartikel! Und schärfer formuliert als etwa jener von Bern: Trotz verhaltener Informationspolitik ist inzwischen durchgedrungen, dass im Entwurf nicht nur Gruppen, sondern auch Einzelne mit Wegweisungen bedacht werden dürfen. Eine Regelung, welche sogar noch mehr Willkür erlaubt als sie bis anhin hauptsächlich Bern erlebt. Ansonsten wird erwartet, dass Zürich wie Winterthur im letzten Jahr die dreimonatige Geltungszeit übernehmen wird. Als
Sündenbock für die Einführung des Wegweisungsartikels herhalten müssen die Obdachlosen, die Drogenszene, die Punks, die Fussball-Hools und natürlich die NachdemonstrantInnen des 1. Mai. Genauso könnte gesagt werden: Alle jene werden potentiell betroffen sein, von welchen angenommen wird, sie könnten irgendwie das stadtvermarktungstechnische Bild der «Neat City» stören. Und wer oder was stört, das weiss wegen der ungenauen Vorgaben im Gesetzesentwurf niemand so genau. Denn wer stört «durch sein Verhalten oder seine Anwesenheit im öffentlichen Raum … die öffentliche Sicherheit und Ordnung»? Oder was muss man getan haben, um «andere Personen in der ordentlichen Benutzung des öffentlichen Grundes zu behindern»? Aus Berner Erfahrungen ist längst hervorgegangen, dass Wegweisungen nicht der Sicherheit dienen, welche dauernd argumentativ vorgeschoben wird. Es geht hauptsächlich darum, menschliche Störfaktoren billig aus hippen Stadtzonen rauszuekeln und es wird ganz bewusst in Kauf genommen, dass sich etwa wegen oberflächlicher Säuberungspolitik im Zentrum die Drogenszene in periphere Wohnquartiere verschiebt, womit diese sich bald mal in gesellschaftlich problematischen Situationen wieder finden könnten. Es wird auch in Kauf genommen, dass ganze Personengruppen aufgrund eines Generalverdachtes und einzelne Personen aufgrund schwammiger Unterstellungen von Dingen, die sie eventuell zu tun gedenken, in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt werden. Willkür und die Einschränkung von verbrieften Freiheitsrechten gegen ein bisschen Citycleaning – «Aso gäll, Esti, für wie blöd haltisch eus eigentlich!»
POLIZEIVERORDNUNG VOR STADTRAT ABGEBLITZT Letzten Mai wollte der Stadtrat, die Exekutive auf städtischer Ebene, den Entwurf der neuen APV mitsamt dem Wegweisungsartikel besprechen und dem Gemeinderat zur Diskussion und Beschlussfassung unterbreiten. Im Hinblick darauf organisierten gleich drei Gruppen Aktionen gegen die drohende Einführung des Wegweisungsartikels. Die Gruppe für Freiraum und Radio Lora riefen zum Radioballett, die Velokarawane Hors Contrôle doppelte mit einer Flugblattaktion nach, und die Stattpolizei Zürich steckte die neuesten Zierden der Stadt, «cosy» menschengrosse Plastikbären, in dunkle Müllsäcke. Auf Augenhöhe prangten die gewohnten zürilike gelben Zero Tolerance-Kleber. Da Esther Maurer inzwischen mit der APV vor dem Stadtrat abgeblitzt ist – offiziell wegen ungenügender Vorbereitung des Geschäfts – könnte es gut sein, dass die gesamte APV erst nächstes Jahr besprochen wird. Immerhin wartet Ende Jahr der Wahlkampf und trotz allem forschen Auftreten scheinen bürgerliche Politiker das Thema Ausgrenzung als Wahlkampfthema nicht zu schätzen – eine Chance für die ausserparlamentarische Linke und die Grünen, welche sich bis anhin als Einzige offiziell gegen den Wegweisungsartikel gestellt haben. > CLAUDIA ACKERMANN <
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DIE ZEICHEN DER ZEIT ERKENNEN
CODES UND LIFESTYLE IN DER EXTREMEN RECHTEN WAS VERBINDET DIE HEIMATTREUE DEUTSCHE
JUGEND – EINE EXTREM RECHTE ORGANISATION,
DIE SICH DER BRAUNEN VERFÜHRUNG VON JUGENDLICHEN IN DEUTSCHLAND WIDMET – MIT DER
Stilistische und symbolische Codes der rechtsextremen Szene weiten sich HELVETISCHEN JUGEND AUS LANGENTHAL? NEBEN aus, neue Lifestyles sind in Entstehung. IDEOLOGISCHEN PARALLELEN NUTZEN BEIDE ORGA- Gerade beim Rechtsrock ist diese EntNISATIONEN DIE KRAFT DER KÜRZEL UND SYMBOwicklung augenfällig. Das verbindende Element der rassistischen, nationalistiLE, DIE UNTER DER EXTREMEN RECHTEN EINEN KITT UND ZUSAMMENHANG SCHAFFT. WAS SZENEIN- schen und antisemitischen Texte wird heutzutage in verschiedensten Stilen TERN VERSTANDEN WIRD, VERMAG GEGEN AUSSEN an die ZuhörerInnen herangetragen. HIN ABZUGRENZEN. DIE ABKÜRZUNGEN DER Von Dark Wave über Punk, Hip-Hop, HEIMATTREUEN DEUTSCHEN JUGEND (HDJ) UND Hardcore bis Heavy Metal ist kein MuDER HELVETISCHEN JUGEND (HJ) WEISEN – sikstil mehr vor braunen Tönen gefeit.
QUASI VERSCHLÜSSELT – AUF IHRE NÄHE ZUM NSREGIME UND IHRE SYMPATHIE FÜR DIE HITLERJUNGEND (HJ) DER DREISSIGERJAHRE HIN.
Neben solchen Kürzeln gibt es unzählige Symbole, Zahlencodes, Kleidermarken und Runen, die ähnliche Funktionen übernehmen. Sie dienen einer internen Kommunikation, verstecken, verbinden und schaffen eine Brücke zwischen Distanziertheit und Identifikation.
NATIONALISTISCH, RASSISTISCH UND HIP
Die beiden Artikel der Antifa Bern stammen aus der antifaschistischen Zeitschrift «no pasarán», die dem Vorwärts beigelegt war. Wer sich für «no pasarán» interessiert: Bestellen bei: nopasaran@immerda.ch. Die nächste Nummer erscheint im Herbst.
Die Tage der Bomberjacken-undSpringerstiefel-Faschos ist langsam aber sicher gezählt. Was in Deutschland an rechten Aufmärschen bereits zum gewohnten Bild gehört, wird in absehbarer Zeit auch in der Schweiz vermehrt feststellbar sein: Rechtsextreme mit Che Guevara T-Shirts, «Palästinensertücher» oder Irokesenfrisuren. Die nationalistische Neuinterpretation macht es möglich: Che, der Kämpfer gegen die USA und Befreier des kubanischen Volkes. Intifada-Tücher zur Symbolisierung antisemitischer Ressentiments und Irokesenfrisuren als Ausdruck einer sich äusserlich stark differenzierenden rechten Jugendkultur.
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JUGENDKULTURELLE CODES Die Ursachen solcher Stilwechsel in Teilen der rechtsextremen Szene sind vielschichtig. Häufig spielt der simple Grund, nicht mehr für alle auf den ersten Blick erkennbar zu sein – vornehmlich für Lehrer, Arbeitgeber und Eltern – eine entscheidende Rolle. Jugendkulturelle Codes dienen darum der Erkennung untereinander, insbesondere dort, wo das äussere Erscheinungsbildung nicht mehr auf eine rechtsextreme Gesinnung schliessen lässt. Zahlencodes und Kürzel werden auf Kleidern getragen, eintätowiert oder als Signatur in einschlägigen Chat-Foren und Gästebüchern verwendet. Gängige Zahlencodes sind 18 (Synonym für Adolf Hitler, die Zahlen stehen für die entsprechenden Buchstaben im Alphabet) oder 88 (Heil Hitler). Nicht zuletzt können mit Hilfe von Zahlencodes juristisch verbotene Zeichen umgewandelt und weiterverwendet werden. So dient seit dem Verbot der Organisation «Blood&Honour» in Deutschland die Zahl 28 als Synonym für B&H und wird auch von «ehemaligen» Mitgliedern in dieser Form weiterverwendet. Auch Kürzel wie RaHoWa (Racial Holy War), WAR/WAW (White Aryan Resistance/Weisser Arischer Widerstand) und ZOG (Zionist Occupied Government) sind vielverbreitete und beliebte Erkennungszeichen in rechtsextremen Kreisen.
Die Hintergründe und Bedeutungen dieser Codes sind ihren TrägerInnen vielfach nicht vollumfänglich bewusst. Es genügt, wenn das Symbol als stilles Bekenntnis zu einer rechtsextremen und antisemitischen Gesinnung von «Insidern» wiedererkannt wird.
KLEIDERMARKEN ALS POLITISCHE SYMBOLE Bestimmte Kleidermarken spielen bei der Selbstdarstellung der jungen Rechten eine ähnliche Rolle wie die oben genannten Kürzel und Zahlencodes. Neben den schweren und allseits bekannten Doc Martens Stiefel werden beispielsweise vermehrt auch leichte Turnschuhe der Marke New Balance getragen. Das Markensymbol – ein aufgenähtes N – wird als Kürzel für Nationalsozialist/Nationalist gedeutet. New Balance hat sich entschieden von ihrem neonazistischen Kundenkreis distanziert. Auch mit Kleidermarken wie Fred Perry, Consdaple und Lonsdale deckt sich die extreme Rechte gerne ein. Bei Fred Perry – der Kultfigur der englischen Arbeiterklasse – spielt vor allem die Verwurzelung der Marke in der Skinheadszene eine ausschlaggebende Rolle. Consdaple (eine von Neonazis entwickelte Marke) und Lonsdale erfreuen sich wegen der Buchstaben nsda(p) im Schrifzug einer breiten Beliebtheit.
RASSISMUS UND NEONAZISMUS BEKÄMPFEN! Die wachsende Anzahl von Symbolen und Lifestyles in der extremen Rechten bedeutet eine Diversifizierung der Szene. Neue Anknüpfungspunkte werden sowohl äusserlich wie auch inhaltlich gefunden. So versucht sich die extreme Rechte, sich verstärkt auch bei demokratischen und linken Diskursen zu profilieren, sei dies beim Irak-Krieg, beim Nahost-Konflikt oder bei sozialpolitischen Themen auf lokaler Ebene.
NEONAZIS – OPFER DER MODERNISIERUNG? Zur Ursachenfrage des Rechtsextremismus
Eine äusserliche Identifizierung rechtsextremer Akteure wird schwieriger, auch inhaltliche Abgrenzungen müssen bewusster gezogen werden. Diese Tatsache macht antifaschistische Arbeit nicht einfacher. Sie stellt aber auch eine Chance dar: Die neue Situation zwingt zur Reflektion gefestigter Feindbilder. Nie waren die Glatzen und Bomberjacken das Problem, sondern immer die Inhalte und politischen Überzeugungen, die dahinter steckten. Dies bleibt auch in Zukunft so, egal ob diese Überzeugungen und rassistischen Ressentiments in den Köpfen der breiten Bevölkerung oder dem plötzlich brav aussehenden Neonazi stecken. > ANTIFA BERN <
Ein Antifaschismus, der nicht nach den Entstehungsbedingungen rechtsextremer Phänomene fragt, beschränkt sie sich auf das blosse Kratzen an der gesellschaftlichen Oberfläche. Einfache Antworten auf die Frage nach dem «warum» finden sich nicht! Erschwerend kommt hinzu, dass bisherige Analysen zu den schweizerischen Verhältnissen äusserst dünn gesät sind. Was hierzulande fehlt, ist eine breite Ursachenforschung des Rechtsextremismus. Um trotzdem Erklärungsansätze zu finden, kann an die deutsche Forschung angeknüpft werden, die auf diesem Gebiet einen schon fast unüberblickbaren Umfang an Arbeiten liefert. Aber auch dort ist viel Blödsinn zu lesen, wenn beispielsweise von «Modernisierungsverlierern», «desintegrierten Jugendlichen» oder «Erziehungswaisen» gesprochen wird. Etliche Erklärungsmuster dienen nicht nur Wissenschaftlern, sondern auch der Politik und Gesellschaft als Abgrenzung und Alibi. Mit Hilfe solcher Deutungsmuster kann vom eigenen politischen Versagen und der eigenen, nicht wahrgenommenen Verantwortung abgelenkt werden.
spektivlosigkeit heraus. Unsichere Arbeitsverhältnisse und die Überforderung des gesellschaftlichen Wandels führten zu rechtsextremer Gesinnung. Neonazis seien also «Modernisierungsverlierer», die sich aus lauter Hilflosigkeit an den klaren Ordnungsmustern des Nationalsozialismus orientieren. Etliche empirische Studien haben jedoch bewiesen, dass gerade in sozial gefestigten Berufen wie etwa demjenigen des deutschen Polizeibeamten ein hoher Prozentsatz an Sympathisanten für rechte Parteien existiert. Der Hang zu rassistischem und antisemitischem Gedankengut ist unter männlichen Facharbeitern am höchsten. Wenn das Problem in der Arbeitslosigkeit liegen würde, wären die Nazis – rein empirisch gesehen – in der Mehrheit Frauengruppen. Rechtsextremismus ist ein politisches Problem
Insgesamt handelt es sich beim Rechtsextremismus nicht um ein soziales oder psychosoziales Problem, sondern um ein politisches. Verschiedene Studien belegen, dass es zwischen der politischen Einstellung von Kindern und Eltern eine erstaunlich hohe Übereinstimmung gibt. Es spielt somit eine wesentliche Rolle, welche Meinungen die Eltern in Bezug auf MigrantInnen Sündenbock: «68er-Bewegung» oder die Asylpolitik an ihre Kinder weitergeben. Um und Arbeitslosigkeit diese Feststellung auf die gesamte Gesellschaft zu Aus der breiten Palette von Alibi-Erklärungsmustern übertragen: Es spielt eine wesentliche Rolle, welche sollen zwei exemplarisch herausgegriffen werden: Die asylpolitischen Diskurse in Parlament und StammkneiExtremismustheorie ist eine – auch hierzulande – bepen geführt werden. Solange Rassismus weiterhin eine liebte Vereinfachung der Verhältnisse. Indem Linksradi- Meinungsoption ist, solange wird es auch weiterhin so kalismus und Rechtsextremismus gleichgesetzt werwas wie Rechtsextremismus geben. den, bleibt eine neutrale und saubere Mitte übrig. Das Neonazis vertreten Ideale, die auch in der gesellschaftverurteilungswürdige am Rechtsextremismus belichen Mitte zu finden sind – Ordnung, Fleiss, Disziplin, schränkt sich in erster Linie auf die exzessive GewaltLeistung. Ihre Gewalt richtet sich nicht nur gegen Mianwendung der Neonazis und die Ursachen für die Zu- grantInnen, sondern auch gegen Behinderte, Obdachlonahme rechtsextremer Gewalttaten wird quasi in die se und Sozialhilfeempfänger. Existenzberechtigung haHände der radikalen Linken gelegt. Diese würden mit ben in ihren Augen nur die, die zu Leistung fähig sind. ihrer Agitation eine rechtsextreme Gegenposition pro- Eine Wertvorstellung, die nahtlos an die vorherrschenvozieren. Eine ausgebautere Version dieses Erkläde kapitalistische Verwertungslogik anknüpft. rungsmusters verortet die Ursache des RechtsextreHier muss schliesslich erwähnt werden, dass Rechtsmismus im antiautoritären Erziehungsstil der 68er-Ge- extremismus somit noch bei Weitem nicht erklärt ist. neration. Die extrem rechte Politik sei eine Protesthal- Weitere Ansätze müssten hineinfliessen, wozu eine tung gegen die elterliche Erziehung und somit das Pen- umfangreiche Analyse der Schweizer Verhältnisse undant zur «68er-Bewegung» selbst. abdingbar wäre. Ein soziologischer Erklärungsversuch lautet: Rechte Jugendliche handeln aus einer Orientierungs- und Per> ANTIFA BERN <
Laufend aktualisierte Infos sind zu finden unter: durchbrechen.ch.vu
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BARU: L'ENRAGÉ
GOLDENE FÄUSTE UND WUT IM BAUCH ANTON WITKOWSKI HAT EIN GROSSES ZIEL: RAUS. RAUS AUS DER GRAUEN VORSTADT, RAUS AUS DEM BESCHEIDENEN LEBEN SEINER ELTERN. REICH
WERDEN, JEMAND SEIN, DAS IST ES, WAS ANTON WILL. GRIPS HAT ER FÜR DIE VERWIRKLICHUNG SEINER HOCHFLIEGENDEN PLÄNE NICHT GENUG, DAVON IST ER ÜBERZEUGT. DAFÜR HAT ER WAS ANDERES: EIN PAAR GOLDENE FÄUSTE.
Anton boxt sich durchs Leben, im wahrsten Sinne des Wortes: Er ist schnell und er ist unberechenbar, kurz, er hat das Zeug zu einem ganz grossen Boxer. Gegen den Willen des Vaters nimmt der Jugendliche an Amateurkämpfen teil und wird prompt entdeckt. Sehr schnell steigt er auf, bezwingt erst drittklassige Gegner, dann werden die Gegener stärker, die Siege spektakulärer. Und dann hat er es endlich geschafft: Er ist erst 21 Jahre alt, als er um den Weltmeistertitel kämpft – und siegt. Auf einmal ist Witkowski eine Berühmtheit, er schwimmt im Geld und schöne Frauen geben sich die Klinke in die Hand. Doch der Band heisst nicht umsonst «Wut im Bauch»: Talent hin, goldene Fäuste her, Witkowskis schlimmster Feind heisst Witkowski. Seine Arroganz und sein unbeherrschtes Temperament machen ihn bei Gegnern und Publikum gleichermassen verhasst. Den
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besten Freund verletzt er so rüde, dass dieser achselzuckend von dannen zieht. Und auch der eigene Vater hat noch nicht verziehen, will nichts von all dem Geld, das der Sohn nach Hause schickt. So lässt Anfang und Ende des Bandes Böses erahnen: In den eingestreuten Szenen sitzt Witkowski nämlich in einem Gerichtsaal. Auf der Bank des Angeklagten…
VON SCORSESE INSPIRIERT Die auf zwei Bände angelegte Serie ist der neueste Geniestreich des französischen Zeichners Hervé Baruela alias Baru. Auch diesmal ist Baru den immer auch autobiografisch motivierten Themen Immigration, Gewalt und Rassismus treu geblieben. Ist die Figur Anton Witkowski der Sohn von polinischen Einwanderern, so hat ihr Schöpfer italienische Wurzeln. Und wie Baru
stammt auch Witkowski aus einer der gesichts- und perspektivenlosen französischen Vorstädte. Vielleicht hat sich der Zeichner auch von Jake la Motta inspirieren lassen, dessen Aufstieg und Untergang Martin Scorsese 1981 in «Wie ein wilder Stier» aufgezeichnet hat. Gemeinsam ist Film und Comic aber auch, dass die Geschichte nicht nur alte Boxfans begeistert. Band zwei soll bis Januar 2006 fertig sein – wenn das mal kein Grund ist, sich auf den Winter zu freuen! > CDK <
JAN STEHLE HÖRT RÖYKSOPP Chlyklass - ke summer
Es gibt ja migotstüüri viele Gerüche in dieser Küche, aber da haben unsere Jungs wirklich was zusammengebrutzelt, dass mit allen Wassern gewaschen ist. Ohne den Geschmack zu verlieren, haben die Mannen von Wurzel 5, PVP und Baze es endlich geschafft, gemeinsam einen fulminant frischen Eintopf zu brauen, der an Düsterheit und Schwere für unsre Raclette-Nation nun wirklich schwer verdaulich, aber wohl bekömmlich ist. Reich gepfeffert im Wort und lang an Chuscht dank Beats von Link, Sad und Dimos. Erste Sahne! Pola - Pola
In Zeiten wie diesen, wo es Zweimannelektro-Orchester gibt wie Sand am Meer, ist es doch sehr erfreulich, dass es einige Individuen gibt, die aus jenem lauwarmen Haufen ausbrechen können. Oli Kuster und Marcel Blatti heissen die zwei nicht ganz unbekannten Tausendsassas, denen es gelungen ist, ein 13trackiges Album zu fabrizieren, welches durchaus auch in internationalen Gewässern mitsurfen kann. Musik für den Strand, zum Fischen und zum Lieben oder für sonst was, egal wann, egal wo: Pola passt immer irgendwie. Hoffen wir also, dass dieses Stück bernensische Kultur nicht untergeht in den Wellen zu Bern, von denen es jetzt ja nun wirklich genug hat... Coldplay - x&y
Es soll also wirklich so sein, dass sich jenige Briten vor ihrer neusten Veröffentlichung zuerst ihre Bierbäucher weg und andersartige Ausbeulungen haben antrainieren müssen, und so sieht man sie im neuem Video so, als ob seit ihrem letzten Album ein Jahr vergangen wäre. Naja, Zeit ist relativ, und schliesslich geht es ja hier um Musik, und die ihre klingt immer noch wie Coldplay. Nur eben ein bisschen schlanker. Und das ist auch gut so. Röyksopp - Understanding
Da treffen sich zwei Norweger an einer Grillparty, in der Hand den Calvados, natürlich. Da ist zum einen ein SnorreB, seines Zeichens Schlagzeuger bei einer immer noch angesagten norwegischen Band, zum andern ein gänzlich unbekannter Bassist in einer gänzlich unbekannten Luftschutzkeller-Eierkarton-Combo. Und sie reden in etwa dies: R: Hallo, bist du nicht Snorre von Transjoik? Wir lieben eure Musik. Ihr seid unsere grossen Vorbilder, Mann! S: Ach, freut mich. Hast denn eine Band? R: Jaja, ich bin Bassist. S: Ou schön. (Nippt am Calva) R: Ja, wir heissen Röyksopp, und wir machen jetzt sogar hoffentlich bald ein Album. S: (Calva) Schön. Nur ja nicht aufgeben, das klappt schon. Hör mal, ich muss mal weiter. Ich wünsche dir einen schönen Abend! Snorre klopft ihm auf die Schulter, ohne zu wissen, dass drei Monate später ein zusammengebrösmeltes Rhodessynthitönchen aus jenem Bandraum die Welt erobert. Übrigens: Das neue Album ist toll, wenn wohl auch ihr letztes.
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PROGRAMM
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_SONNTAG, 10. JULI
_MITTWOCH, 13. JULI
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_DONNERSTAG, 7. JULI _ _FREITAG, 1. JULI_
_DONNERSTAG, 7. JULI
_DONNERSTAG, 30. JUNI_ _MITTWOCH, 6. JULI _
IMJULI:
IN DER REITSCHULE BERN
Sozusagen die Offene B hne der Hip H ppschters und Rappers, aber vor allem der Freestylers. Das ganze findet zum siebzehnten mal und etwa zum dritten mal im SousLePont statt. Diesmal, nebst Wortgefechten und ˙Real Rap¨ gibt es noch die Release Party zum ˙Rabe Rappers Tape Vol. 3¨, der Sendung ˙am Anfang war das Wort¨ von Spee Dee, zu h ren jeden Samstag von 16-18 Uhr auf Radio Rabe 95.6 MHz. Darauf verewigt sind Studiog ste beim Rappen, wie auch Darbietungen per Telefon.
PLUS ∫RABE RAPPERS VOL. 3ª RELEASE PARTY
FREESTYLE IN ROTATION #17
SOUS LE PONT_ FREITAG, 1. JULI, AB 22.00 UHR
Das Dokvideo ber die Bauh tte ist ein bewegtes Zeitdokument. Galoppierende Rhythmen, experimentelle Kameraf hrung und Menschen von der Reitschule, die erz hlen wie und was der Umbau im Bauh ttenmodell mit ihnen gemacht hat.
DOKVIDEO VON URSLÉ VON MATHILDE, CH 2005, 40 MINUTEN
BAUZEIT -
KINO_ DONNERSTAG UND FREITAG, 30. JUNI & 1. JULI 2005 JEWEILS 21.00 UHR
Die Formel des in New Orleans ans ssigen EinmannOrgel-Orchesters von Quintron, welcher neben seinen F higkeiten als Alleinunterhalter an der Orgel mit einem Mikrophon auch noch diejenige eines unerm dlichen Erfinders an den Tag legt, ihn neben der Fingerfertigkeit an den Keyboards auch noch in Begeleitung seines selbsterfundenen Drum Buddies in Erscheinung treten l sst, hat ihm mittlerweile den Ruf eingetragen, jedes Altersheim in Verz ckung und daraus resultierende Bewegung zu versetzen. Miss Pussycat bietet uns zu Beginn des Spektakels eine irrwitzige Puppenshow und wird dann Quintron stimmlich-gesanglich unterst tzen. Kurz: Was uns Quintron bietet ist die Verbreitung des Rock n Roll-Virus via OldfashionedOrgan und Hyper-Tin Can-Driven, Licht-Impuls-ausgel stem Entertainment in yer Face, Ferien-Unterhaltung galore, und rawkin und rowling Fun till you drop.
MAD ORGANIST MINGLIN' WITH ANALOG DRUM COMPUTER & PUPPETSHOW FOR ADULTS, > AVANT DISKO PUNK
QUINTRON & MISS PUSSYCAT ( U S A ) SUPPORT: LES GEORGES LENINGRADS ( CA N )
DACHSTOCK_ DONNERSTAG, 7. JULI, 22.00 UHR
f r Frauen & Intersex & M nner
MILOU»S LOUNGE
IDA_ DONNERSTAG, 7. JULI, 20.00 UHR
SOLIBAR SAUFEN GEGEN RECHTS
I-FLUSS_ MITTWOCH, 6. JULI, 19.00 UHR
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Der Gewinn kommt dem 3. Thuner Antifaschistischen Abendspaziergang zu gute, welcher diesen Herbst stattfinden wird. Trotz massiver Kriminalisierung und Hetze von Seiten der Beh rden, lassen wir es uns nicht nehmen, ein antifaschistisches Zeichen zu setzen. Das ein solches Zeichen n tig ist, erlebt man in Thun tagt glich. bergriffe von Neonazis, rassistische Polizisten, Wegweisungs-
SOLIBAR DER THUNER ANTIFA
I-FLUSS_ MITTWOCH, 13. JULI, AB 19.00 UHR
TREFFPUNKT BAHNHOFPLATZ THUN, GUMMIBOOT MITBRINGEN!! ANSCHLIESSEND BRÄTELN IN BERN. WEITERE INFOS: WWW.ANTI-WTO.CH
G8 ABSCHIFFEN
GUMMIBOOTDEMO:
SONNTAG, 10. JULI, 12.30 UHR :: AARE_
Sie gibt sich den Texten hin, vibriert mit ihnen auf einer Frequenz, die zwischen Sprache und Musik oszilliert. Zusammen mit den Grooves und Sound-Patterns von Heidi Moll am E-Bass ergibt das ein filigranes und ber hrendes Wort-Klang-Gewebe. Das aktuelle Programm ˙wenn ich himmel w r¨ handelt von der Hingabe an den Himmel, den wir in uns tragen, von der Befreiung die m glich ist, sobald wir sie erlauben. Eveline Blum: geboren 1957, T nzerin, Autorin, Performerin und interdimensionale K nstlerin. Diverse Radio- und H rst ckproduktionen. Interessiert an den Grenzbereichen zwischen Sprache, Musik und Stille. Erforscht Zusammenh nge zwischen Wahrnehmung, Bewusstsein und Wirklichkeit. Seit 1982 Auftritte als T nzerin, S ngerin, Text-Performerin und Lyrikantin. Beteiligung an diversen sparten bergreifenden Kunst- und Kulturprojekten. Heidi Moll: geboren 1958, spielt Elektrobass in verschiedenen Formationen im Rock-, Blues- und Jazzbereich (fr her u.a. mit Magda Vogel, J rg Haller’s Inamorate, Hellen Barden). Arbeitet immer wieder mit K nstlerInnen aus anderen Sparten (Tanz, Theater, Film ).
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_SONNTAG, 3. JULI_
_ _SAMSTAG, E L L2.E DJULI_ _CANC
_SONNTAG, 10. JULI
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_SAMSTAG, 30. JULI
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_MITTWOCH, 20. JULI _ _SAMSTAG, 9. JULI
_FREITAG, 1. JULI_
FLOHMARKT IN DER GROSSEN HALLE & BRUNCH IM SOUS LE PONT UND I-FLUSS
SONNTAG, 3. JULI, 8.00 -16.00 UHR
PSYCHEDELIC POST-DRONE ROCK
KINSKI
DACHSTOCK_ LED_ A N C E,LAB 22.00 _ CJULI SAMSTAG, 2. R RY _ UHR RY S O E V E R _ W E A( U S A )
Seit der Begr ndung 1998, ihren beiden ersten Ver ffentlichungen ˙The Stingers¨ (2000) und der EP ˙Big in Mississippi¨ (2001), beide auf ihrem eigenen Label Electric Entertainment erschienen, hat das Sixpack aus Austin, Texas, den eigenen Hybriden aus Reggae/Rocksteady aus Jamaica und dem klassischen amerikanischen Soul best ndig weiterentwickelt. Ihr von Quellen wie Bob Marley & The Wailers, Gregory Isaacs, Sam Cooke und den Drifters beeinflusstes Songwriting und dessen Umsetzung haben sie nicht nur zu Gigs mit Leuten wie Laurel Aitken, Neville Staple (The Specials) oder den Slackers, l ngeren Aktivit ten mit der Bob Marley Festival Tour gebracht, sondern auch zum Kontakt mit dem Label Grover Records, einem der aktivsten Reggae- und SkaLabels Europas aus Deutschland, f r welches sie alsbald das von Victor Rice produzierte Album ˙This Good Thing¨ (2002) herausbrachten. Es folgt ˙All in a Day¨, ein weiteres Album mit karibisch relaxten, soulful groovenden Rocksteady-Tunes, und nun eine weitere EuropaTour, solche auch in diesen L ngen und Breiten den Sommer einl uten zu lassen. Wazomba, welche eigentlich als Support angesagt gewesen w ren, mussten ihren Auftritt kurzfristig wegen einer Verletzung ihres Gitarristen absagen. Die DJs werden dar ber hinwegtr sten, und wir w nschen gute Besserung!
SOULFUL ROCKSTEADY SKA REGGAE
THE STINGERS ATX ( U S A ) SUPPORT: DJS RAPH THE TOUGH & DYNAMIC WITSCHI
DACHSTOCK STEADY BEAT SERVICES PRESENT:
DACHSTOCK_ FREITAG, 1. JULI, AB 22.00 UHR
Eveline Blum ist eine Pionierin der Poetry-PerformanceKultur, die sie Ende der 1980er Jahre mit begr ndete. Neben Lyrik schreibt sie auch Prosa und Theatertexte. Ver ffentlicht hat sie neben einem Gedichtband mit Zeichnungen diverse H rst cke und CDs mit H rgedichten und Sprachmusik. Auf der B hne verschwindet die Person Eveline Blum und wird zu dem, was sie (per)formt.
for women and men
SPOKEN WORD UND BASS, EVELINE BLUM (TEXT, STIMME) HEIDI MOLL (E-BASS)
∫WENN ICH HIMMEL WÄRª
MATINÉE-LESUNG WORTRAUM.WORTREICH PRÄSENTIERT:
IDA_ SONNTAG, 10. JULI, 10.30 UHR
BY THE CULTURE FACTORY PARTICIPANTS: GIDEON SOLDIER, MORE FIRE SOUND, GZA(SEN), DJ SERGE, D-SHOK, BLACKRICH (HIPHOP, REGGAE, AFRO)
ROOTS SOMMER JAM
I-FLUSS_ SAMSTAG, 9. JULI, 21.00 UHR
*) Wobei anzumerken bliebe, dass es ein (Lowbudget) Hof-Sommerkino geben wird, Wahrscheinlich ab dem 14. Juli jeden Donnerstag jeweils bei Dunkelheit. Konkreteres dazu: www.reitschule.ch/reitschule/kino/soki.html
SOMMERPAUSEN:_ KINO 2. JULI BIS 31. AUGUST* SLP 4. JULI BIS 6. AUGUST DACHSTOCK 8. JULI BIS 19. AUGUST IDA 11. JULI BIS 15. AUGUST 26. JUNI BIS 23. SEPTEMBER TOJO
BY THE CULTURE FACTORY PARTICIPANTS: GIDEON SOLDIER, MORE FIRE SOUND, GZA(SEN), DJ SERGE, D-SHOK, BLACKRICH (HIPHOP, REGGAE, AFRO)
ROOTS SOMMER JAM
I-FLUSS_ SAMSTAG, 30. JULI 21.00 UHR
SOLIBAR FÜR ANTIRASSISTISCHES FESTIVAL IN BURGDORF
I-FLUSS_ MITTWOCH, 20. JULI, 19.00 UHR
praktiken gegen ber Randst ndigen, Repression gegen Aktivisten, usw. sind in Thun normal geworden. Wir lassen uns nicht einsch tern und vordern alle Menschen auf, aktiv zu werden, sich den Machtstrukuren zu widersetzen und endlich aufzuwachen. Gemeinsam k nnen wir etwas erreichen, gemeinsam k mpfen wir f r eine bessere Welt, ohne Rassismus, Sexismus, Homophobie, Unterdr ckung und Ausbeutung. W hrend den beiden Solibars werden verschiedene politische Filme gezeigt (welche wissen wir selbst noch nicht).
KREUZUNGEN
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LÖSUNGEN VOM JUNI-RÄTSEL WAAGRECHT: 1 IL 3 NACKT 7 RADELN 13 VIELSAUGEND 16 AO 17 BRUXISTEN 19 SETE 20 KABYLEI 22 IGELEI 24 WARLORD 26 SS 27 TORF 29 LEU 30 ORNATTERN 32 KREPIERT 35 LYCEE 37 EMCH 38 ANGOIS 39 HNU 40 WEKO 41 DB 42 TLC 43 TEND 44 ALS 45 NR 47 EIK 49 HR 53 AKT 54 AUS 55 NIKOTIN 56 KARRIERE 58 EGEL 59 RNA 60 INTONIEREN 62 IA 63 SALZGITTER 67 BLS 68 LEE 69 MORBID 70 ETE 71 EAR 72 RECETTE
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WAAGRECHT 1 Da wird geschort und geschissen 8 Das Und vom englischen Naund 11 Fällt kaum auf, weder als Bindewort noch als Tampon 13 Speisefisch 14 faule Figur bei Eddings 16 Gewürzspezifikation 18 geschmeidig, fast schon schleimig 20 Kriminalzar Chicagos 22 Kuhantilopen 24 Berufsrohling 29 Einkörperung in Bisnessenglisch 30 Unsüd 32 Auch in der Homöhe Fingerschmuck 33 Beizen in Deutschland 35 Zu Roms Zeiten wurde sie Opfer des grössten Frauenraubs je. Heute ein Vorname. 37 Hochzeit zu Bochzeit, Heirat zu ihm. 39 … und Roma nennt man oft im gleichen Topf. 41 Rote Armee Republik (Abk.) 42 Brndt. Eis 43 der Traube Urbusch 46 Absichtserklärung 47 Arbeitslosenpartei (Abk.) 48 Töfflitalohallo 49 Stadt in Frankreich und in Polen 50 griech. Vorsilbe: gut-, wohl51 französischer Dativrest 52 Hamburger Omnibus Verein 53 -pilze und -metze gibts davon 56 Vorname Masts 57 franz. Tasse 60 Reim: Meine … liegt im Koma 63 Eichenrindenprodukt 65 Wenn die Kuhleni aben göhn 68 engl. Giel 69 Tag eines menschlichen Erlöschens 70 Züricher Tageszeitung SENKRECHT 1 Reim: Meine Oma liegt im … 2 engl. hatte 3 Vorname der Connor 4 dt. ergo 5 Bahnhofsnamenmitnennung Lüterkofens 6 Situation 7 Kurzforname Kubricks 8 längster Strom Europas 9 unfreiwillige Vermutung 10 ital. dich
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12 Heissluftflug 15 Fussballsammelbildlihersteller 17 ital. öffnest 19 Russischer Komponist mit indischem Tee im Namen 21 Vorsilbe für Hirn 23 Schiffixierer 25 Vakuum 26 dt. lui 27 ugs für Bett 28 ugs. für Marihuanablüten 31 Artikel 34 Reim: Wir pissten auf die… 36 engl. Nutte 38 Alternative Erziehungsanstalt 44 Körpersaft 45 Bdt. Spitze 46 Nachname Ruis 51 Franzartikel 52 Heimsuchender im Alten Testament 54 Laubbaum 55 Nebenfluss der Donau 58 Tonlage 59 Niederl. Ebbe 61 Vergrösserungsform von Mädel 62 Ausruf abrupter Erkenntnis 64 Farbe 66 Zeichen für Eisen 67 Franz du
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SENKRECHT 1 IV 2 LIRA 3 NEUBRUECKSTRASSE 4 AL 5 KASERNENBESETZER 6 TUT 8 AENGSTLICHKEIT 9 DNS 10 EDEL 11 LATERNE 12 NOEIFAEUD 14 SILO 18 XYLOPHON 21 IDA 23 ETE 25 AERMELKANAL 28 ORCHESTER 29 LKEWA 31 RIAD 33 RGT 34 TOLKIEN 36 YS 43 TROG 46 RUIN 48 IN 51 WILER 52 UNGNADE 53 AKRIBE 54 ARIAL 57 ROGER 61 ETRE 64 LEA 65 IME 66 EBT
Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule IKuR
MEGAFON POSTFACH 7611 3001 BERN
Briefmarke
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frauenAG ida@reitschule.ch T 031 306 69 68 grossehalle@reitschule.ch T 031 306 69 63
(BITTE ANKREUZEN)
tojo@reitschule.ch T 031 306 69 69 (Di N)
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souslepont@reitschule.ch T 031 306 69 55
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druckwelle T 031 306 69 65