Block für Block gegen den Staat – Anarchokapitalismus S.1–2 | Die ewigen Anachisten von St. Imier – Anarchie im Hier und Jetzt S.3 | Interview CIRA – Centre international de recherches sur l‘anarchisme S.4 | Vier Zeilen – von nage S.5 | Dichter reiben du musst einfach – FrischeFeder S.5 | Aufstand für die Bildung – Schweizweite Proteste für die emanzipatorische Bildung S.6 | Von Eulen und Pferden – Onomatopoesie S.7 | Flashback – von Christine Anschwanden S.7 | Ds barrikade.info-info, S.7 | Kreuzworte, S.8 | Crimen Pacis Fractae – megafon stattBlick S.8 |
Die Zeitschrift aus der Reitschule | Bern
megafon | N° 431 | Mai 2018 | 6.–
Anarchokapitalismus
Block für Block gegen den Staat Kryptowährungen und die Blockchain bringen Dezentralisierung und Anonymität. Gleichzeitig wollen viele damit den Staat abschaffen und mit radikalem Marktkapitalismus überschreiben.
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Text/Illustration: Florian Wüstholz
lles beginnt mit den Luftmatratzen der Grossbanken. Im Verlauf des Jahres 2008 tun sich darin immer grössere Löcher auf. Irgendwann treiben einige nur noch mit Mühe und Not auf den Wellen des Meeres – heisse Luft entweicht schneller als sie wieder hineingeblasen werden kann. Manche gehen unter, andere sind «too big to sink» und werden mit Pumpen und Pflastern wieder einigermassen seetauglich gemacht. Zur gleichen Zeit fragt sich Satoshi Nakamoto, ob das nicht besser geht. Diese ominöse japanische Nebelgestalt – bis heute weiss niemand, wer sich hinter dem Namen wirklich versteckt – will mit der Kryptowährung Bitcoin ein neues Finanzsystem erschaffen und damit den Zentralbanken die Macht über unser Geld entziehen. Auf die Idee folgt die Manifestation des Netzwerks am 3. Januar 2009 mit der Schöpfung der ersten 50 Coins.
Kryptografie und radikaler Datenschutz Anfangs kommt Bitcoin vor allem bei sogenannten Cypherpunks an, die sich Kryptografie und radikalen Datenschutz auf die Fahnen schreiben. Dazu gehören Menschen wie Julian Assange und die Entwickler*innen des Tor Netzwerks. Die zunehmende staatliche Überwachung im Internet ist ihnen ein Dorn im Auge, den sie mit Verschlüsselung und einer Rückeroberung der Anonymität entfernen wollen. Da passt Bitcoin bestens ins Schema. Damit lassen sich Transaktionen beinahe anonym tätigen – eine Tatsache, die ursprünglich unter anderem für den Erwerb illegaler Güter genutzt wird. Wer mit Bitcoin oder einer von mittlerweile über 1000 anderen Kryptowährungen zahlen will, braucht zwar ein digitales Portemonnaie – eine Wallet. Doch von der Wallet alleine lässt sich nicht auf die Person schliessen, in deren Tasche es steckt. Dafür wäre zusätzliche Detektivarbeit nö-
tig, die sich jedoch durch Verschlüsselung und Spurenverwischung erschweren liesse. Das macht Bitcoin im Endeffekt zu einem pseudonymen Zahlungssystem: Die virtuelle Adresse jeder Wallet dient bloss als Deckname der Besitzer*in. Alle Transaktionen von einer Wallet auf eine andere werden auf der Blockchain vermerkt. Diese ist eine Art dezentralisiertes Logbuch aus einzelnen Blöcken, die aufeinander aufbauen. Mit zusätzlichen Mechanismen wird dabei verhindert, dass Einträge nachträglich verändert, gelöscht oder hinzugefügt werden. Denn wie bei einer Ankerkette wird jeder neue Block an die restlichen durch ein kryptografisches Verfahren geschweisst. Das Resultat: jeder Block baut auf der gesamten bisherigen Kette auf. Möchte jemand einen alten Eintrag manipulieren, ändert sich gleichzeitig der ganze Rest. Die Sache fällt auf und die so entstandene neue Kette wird vom Netzwerk abgelehnt.
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Die Blockchain-Technologie kommt auch bei all jenen gut an, die den Staat abschaffen wollen. Denn sie ermöglicht den freien Austausch von Geld und Dienstleistungen ohne Mittelsperson. Das dafür nötige Vertrauen entsteht bei Bitcoin nicht durch zentrale Geldinstitute. Denn diesen sei nicht zu trauen, meint Nakamoto in einem kurzen Essay im Februar 2009: «Der Zentralbank muss vertraut werden, dass die Währung nicht entwertet wird. Doch die Geschichte von Fiatwährungen ist voll von solchen Vertrauensbrüchen.» Stattdessen ist ein egoistischer Urzustand am Werk. Jegliches Vertrauen ins System ist dezentralisiert. Die Blockchain ist völlig öffentlich und transparent, wodurch jede Person überprüfen kann, ob alles mit rechten Dingen zu und her gegangen ist. Das Problem mit der Macht So sieht die Fantasie aus. Die Evangelist*innen beschwören dabei ein gelobtes Land der entfesselten individuellen Freiheit herauf. Ein Phantasma, das kein staatliches Geldmonopol mehr benötigt. Ein Land, in dem die Macht aller äquivalent ist. Nur sind Menschen keine unbeschriebenen Blätter. Macht, Kaufkraft und Ressourcen sind bereits ungleich verteilt. Und daran ändert auch das Ausschalten der Mittelsperson nichts. Tatsächlich ist das Machtgefälle bei Bitcoin enorm. So wird das Netzwerk nur dank der Arbeit sogenannter «Miner» am Laufen gehalten. Diese überall auf der Welt verteilten Rechner sorgen dafür, dass die Blockchain – und damit die «Buchhaltung» von Bitcoin – nicht nachträglich manipuliert werden kann. Damit ein neuer Block mit Transaktionen an die Blockchain gehängt werden darf, muss erst ein kryptografisches Problem gelöst werden. Das erfordert enorme Rechenleistung. Der erste Miner erhält jeweils eine Belohnung in Form von neuen Coins. Dieser sich stetig in die Höhe schraubende Wettbewerb soll dazu führen, dass niemand die alleinige Kontrolle an sich reissen kann. Kein Wunder frisst das ganze Netzwerk so viel Strom wie die Schweiz.
«Der feuchte Traum mancher Anarchokapitalist*innen wurde wahr.» Die Macht über das Netzwerk und auch darüber, welche Transaktionen zu welchen Gebühren überhaupt verarbeitet werden, liegt damit in den Händen der Miner. Nur: Einen solchen Rechner kann sich nur leisten, wer ohnehin schon über die nötigen finanziellen Mittel verfügt. Das bereits bestehende Machtgefälle wird also einfach virtuell reproduziert. Die User hängen zwar nicht mehr von Zentralbanken und ihren Finanzpumpen ab. Dafür sind sie jetzt einfach denjenigen Gruppen ausgeliefert, die am meisten Rechenleistung ins Bitcoin-Netzwerk einspeisen können. Anarchokapitalismus auf Steroiden Und da wäre noch die Spekulation. Denn was als Alternative zum ausser Kontrolle geratenen globalen Finanzsystem gedacht war, wurde in den letzten Jahren ganz einfach in dieses einverleibt. Dank Bitcoin, Ethereum oder Dash konnten immer mehr Spekulant*innen beinahe anonym und ohne Regulierung ihr Kapital in Windeseile vermehren. So stieg der Kurs von einem Bitcoin im letzten Jahr von ursprünglich rund 1000 US-Dollar auf knapp 20 000 kurz vor Weihnachten. Der feuchte Traum mancher Anarchokapitalist*innen wurde wahr. In diesem Traum ist das Individuum der absolute Souverän. So schreibt der Ökonom Murray Rothbard, dass jeder Mensch «Eigentümer seiner selbst» sei. Freiheit ist hier negativ bestimmt: Als Absenz von Zwang und Einschränkung und nicht als Fähigkeit, sein eigenes Leben selbst zu bestimmen. Das drückt sich auch im neo-lockeanischen Eigentumsverständnis aus: «Falls jeder Mensch das Recht an seinem eigenen Körper hat und falls er Objekte der Natur benutzen und transformieren muss, um zu überleben, dann hat er das Recht, das von ihm geschaffene Produkt zu besitzen», schreibt Rothbard. Steuerabgaben als erzwungene Abgabe von erarbeitetem Eigentum gehören nicht in diesen Traum. Sicherlich hätten auch rechtslibertäre Geister ihre Freude daran. Moralisch versucht sich dieser radikale Marktkapitalismus mit dem darunter liegende Nichtaggressionsprinzip zu legitimieren. Jeder Angriff auf den souveränen Körper eines anderen Menschen stelle eine Einschränkung der über allem
stehenden Freiheit jeder Einzelnen dar. Das staatliche Gewaltmonopol gehört selbstredend ebenfalls dazu. Wenn es überhaupt so etwas wie Polizei, Militär oder Gerichte geben sollte, dann nur als freiwillig eingekaufte private Dienstleistung. Intelligente Verträge statt Gesetze Die Blockchain liefert die nötigen Tools, um diesen Albtraum Realität werden zu lassen. Bitcoin deckt schliesslich bloss den finanziellen Aspekt der anarchokapitalistischen Revolution ab. Bereits heute lassen sich mit sogenannten «Smart Contracts» komplexe Verträge auf der Blockchain der Kryptowährung Ethereum implementieren. Nehmen wir an, jemand will sich ein Mobilfunkabo kaufen. Dabei schliesst sie einen Vertrag mit einer Dienstleisterin ab. Dieser besagt, dass nach der Zahlung eines bestimmten Betrags eine bestimmte Leistung erfolgt. Der Vertrag wird durch Gesetze geregelt, die vom Staat festgelegt wurden und vor Gerichten durchgesetzt werden. Jede Menge Bürokratie und Mittelspersonen, die sich auch vom Tisch fegen liessen – alles unter dem Vorwand der gesteigerten Effizienz.
«Bereits drängen Regierungen in die verloren geglaubte Welt, um den Schleier der Anonymität wieder zu lüften.» Mit einem Smart Contract ist das möglich. Alle möglichen Vertragsszenarien – Eröffnung, Bezahlung, Lieferung, Strafe, Abschluss – werden einfach algorithmisch programmiert und dann auf der Blockchain abgelegt. Von da an führt sich der Vertrag von alleine aus. Jeden Monat wird die Abo-Gebühr automatisch abgebucht und der Algorithmus bestraft gleich selbst, sollte eine Dienstleistung nicht wie versprochen geliefert werden. Überall trübes Wasser Sind die Blockchain und Kryptowährungen also einfach die neusten Ausgeburten der rechtslibertären und anarchokapitalistischen Raubtiere? Wie immer ist die Sicht im trüben Wasser nicht ganz so klar. So drängen bereits wieder Grossbanken und Regierungen in die verloren geglaubte Welt, in der Hoffnung, diese zurückzuerobern. Sie programmieren ihre eigenen Blockchains und führen Regulierungen ein, um den Schleier der Anonymität wieder zu lüften. Das ist nicht zwingend erfreulich. Schliesslich lassen sich auf die Blockchain auch weniger ausbeuterische Systeme aufpfropfen – Systeme in denen Anonymität vor dem Staat eine willkommene Sache ist. Manche alternativen Kryptowährungen wie zum Beispiel Faircoin sind basisdemokratisch organisiert und kontrolliert. Nicht die Miner und Spekulantinnen haben die Macht über das System, sondern alle, die sich an der Weiterentwicklung und der realwirtschaftlichen Anwendung beteiligen. Auch demokratische Prozesse liessen sich mit der Blockchain neu denken und implementieren. Zum Beispiel liesse sich das partielle und flüssige Delegieren von Stimmen innerhalb einer «liquid democracy» mit einer Blockchain transparent und technisch sauber lösen. Jemand könnte seine demokratische Macht so lange an eine andere Person delegieren, bis diese das Vertrauen verliert oder mehr Interesse und Zeit fürs eigene Abstimmen vorhanden ist – und nicht nur in langen Abständen von Wahlen. Dezentralisiert organisierte Energieversorgung ist ein weiteres Feld für eine nachhaltige und solidarische Anwendung der Blockchain. Kleinräumige Kreisläufe könnten transparent und effizient organisiert werden, wo staatliche Strukturen abwesend oder unerwünscht sind. Es wäre also ein Fehler, das technologische Feld dem radikalen Marktkapitalismus und den rechtslibertären Irrlichtern zu überlassen.
Editorial Das aktuelle megafon setzt den Schwerpunkt beim Anarchismus Von 10. bis 12. Mai findet in Bern die anarchistische Büchermesse statt. Auch das megafon wird an der Büchermesse vertreten sein. Was es praktisch heisst, sich für anarchistische Projekte und gegen Faschismus zu engagieren, erlebten wir im April hautnah in Bern. Am 7. April wurde in Bern die Demonstration «Dem Krieg kein ruhiges Hinterland – Solidarität mit Afrin» von der Polizei gestoppt. 239 Menschen wurden in Gewahrsam genommen; darunter waren fast 50 Minderjährige und Menschen aus dem ganzen Land. Als Grund für die grösste Massenfestnahme seit Jahren wurden Sachbeschädigungen durch Demoteilnehmende genannt. Ein paar Graffitis reichten, um eine friedliche Friedens- und Protestdemo zu kriminalisieren. Und ihr dann noch jeden politischen Anspruch absprechen zu wollen: «Afrin diente als Vorwand», behauptete der in den Ferien weilende Sicherheitsdirektor Nause. Herr Neunmalklug-Besserwisser Reto Nause sollte lieber auf Ibiza Sand und Sonne geniessen und am besten gleich dableiben, statt Lügen zu verbreiten. Die links-grün-mitte Gemeinderät*innen schwiegen zur völlig unverhältnismässigen Polizeirepression und verstecken sich hinter ihren Ämtern. Sie stehlen sich aus der Verantwortung, in Zeiten des Krieges und des Unrechts Stellung zu beziehen. Sie schauen zu, wie auch in der Schweiz das gesellschaftliche Klima kälter und die Luft der Freiheit dünner wird. Es liegt an uns, die Freiheit zu verteidigen und diejenigen zu denunzieren, die sich an ihr vergehen. Wer am Samstag, 7. April verhaftet wurde und Fragen hat, wie es rechtlich gesehen weitergeht, kann sich unter ea@immerda.ch ans Anti-Rep Bern wenden. Prozesse im Amtshaus und die ZAD Am 15. Mai um 8.30 Uhr finden im Amtshaus Bern Verhandlungen zu Vorfällen im Jahr 2015 statt. Vor Gericht stehen drei Menschen, die sich an einer Blockade einer Ausschaffung beteiligt haben sollen. Im gleichen Gerichtssaal werden zudem zwei Menschen des Landfriedensbruchs angeklagt. Sie hätten die «Grenzen töten»-Demo im November 2015 mitorganisiert. Beide Prozesse sind politisch brisant: Angeklagt sind Menschen, die sich in zivilem Ungehorsam übten, sich für die Abschaffung von Grenzen und Nationen sowie für die Freiheit des Individuums und der Gesellschaft einsetzten – und somit den Rechtsstaat in Frage stellten. Kommt zum Prozess und solidarisiert euch mit den Angeklagten Gefährt*innen und schaut den Richter*innen auf die Finger. Das megafon solidarisiert sich ebenso mit der „Zone a défendre“ in Notre-damedes-lande bei Nantes. Unter www.zad.nadir. org, dem Piratenradio Klaxon und auf Twitter (Hashtags ZAD, NDDL) bleibt ihr auf dem Laufenden. Das selbstverwaltete Projekt auf über hundert Hektaren Land wird seit dem 9. April von 2500 Polizeigreandiren belagert – trotz der Aufgabe des Flughafengrossprojektes. Dutzende Häuser, Gemeinschaftszentren und Produktionsstätten wurden niedergewalzt. Die Besetzenden und Solidarische aus der ganzen Welt verteidigen sich und kämpfen für den Erhalt der ZAD. Solidarité! Die Redaktion
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Anarchie im Hier und Jetzt
Die ewigen Anarchisten von St. Imier
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Text: Klaus Petrus | Illustrationen: David Fürst
t. Imier, Uhrenmacherstadt im Berner Jura. Es ist Sonntag, der 15. September 1872. Arbeiter aus Spanien, Italien, Frankreich und den USA treffen sich mit Vertretern der Fédération jurassienne in einem Hotel, das später «Le Central» heissen wird. Darunter ist ein russischer Berufsrevolutionär mit Namen Michail Bakunin. Anders als dieser autoritäre Sozialist Karl Marx es will, soll sich nach Bakunin die Arbeiterschaft frei und unabhängig organisieren dürfen. Also kein Staat und schon gar nicht eine «Diktatur des Proletariats». So in etwa steht es auch in der Resolution, die tags darauf im Kongress von St. Imier verabschiedet wird. Und die den Grundstein für die anarchistische Bewegung legen wird. Espace Noir oder die Anarchie im Hier und Jetzt Er ist ein Dinosaurier der anarchistischen Bewegung in der Romandie, kein Zweifel. Aufgewachsen in La Chaux-de-Fonds in einem linken Umfeld – der Vater ein Sozialist, die Mutter eine Freidenkerin, die Grosseltern Anarcho-Syndikalisten –, war Michel Némitz 1978 bei der Gründung der noch heute existierenden Fédération libertaires des Montagnes dabei und begann Ende der 1980er Jahre in St. Imier im Kollektiv des «Espace Noir» an der Rue Francillon unweit des «Le Central» zu
arbeiten. «Er war nie eine dominierende Kraft», sagt Némitz auf die Frage, wie es um den Anarchismus stehe. «Aber er hatte zu allen Zeiten Gewicht. Auch jetzt, da der Glaube an den Neoliberalismus langsam schwindet, kommt der Anarchismus wieder zum Vorschein. Das siehst du an der Umweltbewegung, der Antiglobalisierungsbewegung oder der Occupy-Bewegung. Die mögen sich nicht «anarchistisch» nennen, aber sie funktionieren so: ohne feste Struktur, dezentral, skeptisch gegenüber politischen Repräsentanten, konsensorientiert.» Böse Zungen behaupten, für viele Aktivist*innen aus diesen Bewegungen sei der
Anarchismus bloss ein schickes Symbol und der dazugehörige Lebensstil – Häuserbesetzungen, endlose Geschlechterfragen, Veganismus – eine schnelle Mode. Manche nennen sie verächtlich «Lifestyle-Anarchist*innen». Michel Némitz hält wenig von dieser Polemik. Er – ein Anarcho-Syndikalist – meint zwar ebenfalls, man müsse sich an sozialen Kämpfen beteiligen. Genauso wichtig aber sei es, die anarchistische Idee im Hier und Jetzt zu leben. Um den anderen zu zeigen, dass Anarchie kein Humbug ist, keine abstrakte Utopie. Für Némitz ist das «Espace Noir» so ein gelebtes Projekt. Ein selbstverwalteter Ort der Solidarität, an dem unterschiedlichste Menschen am politischen und sozialen Leben teilhaben können. Michel ist selbst Mitglied des Kollektivs. Er arbeitete zehn Jahre im Bistro, wechselte dann in die Buchhandlung, heute veranstaltet er kulturelle Anlässe, zu denen vor allem junge Leute von Genf bis Biel kommen. Soziale Permakultur auf dem Mont Soleil Chris Zumbrunn aus dem Berner Oberland suchte einen «unschweizerischen Flecken» in dieser Schweiz, und er fand ihn: auf dem Mont Soleil, oberhalb von St. Imier, auf 1300 Meter Höhe. Hier hat Zumbrunn vor wenigen Jahren einen libertären Treffpunkt für Menschen aus aller Welt eingerichtet: «La Décentrale», eine um 1904 erbaute JugendstilVilla mit zehn Räumen und einer Hektare Land. Der Ort soll ein anarchistischer Think Tank sein, ein Spielraum für alle: «Menschen von überall können hier oben an ihren Projekten und Visionen arbeiten, sei es allein oder in einer Gruppe, während einem Tag oder für Wochen und Monate.». Die einzige Bedingung: Was in der «Décentrale» gedacht und getan wird, solle den Prinzipien der Permakultur entsprechen, wozu gehören: Nachhaltigkeit, Vielfalt, Integration von Altem und Neuem, Kreativität, Kleinräumigkeit. Was eigentlich ein Konzept aus der Landwirtschaft ist, wird hier weitergedacht und auf soziale Prozesse angewendet. Im Idealfall, sagt Zumbrunn, tragen die Ideen, die so entstehen, zu einem Kulturwandel bei: in Richtung einer selbstorganisierten, dezentralen Gesellschaft mit einem politischen System, «das mit der Natur des Menschen arbeitet und nicht gegen sie». Bloss, es fehlt an Leuten, die solche Projekte langfristig mittragen. Dabei würden doch viele schon, ohne es zu wissen, anarchistisch denken. «Gerade in der Schweiz. Fragt man die Leute: ‹Wer ist der Souverän?›, dann werden sie antworten: ‹Wir sind es doch, jeder einzelne von uns!› Dabei ist es der Kanton. In ihrem Selbstverständnis aber möchten sie eine Politik, die ganz unten ansetzt, beim einzelnen Bürger oder bei der Gemeinde. So denken auch wir Anarchist*innen. Und so denkt im Übrigen auch der durchschnittliche SVP-Wähler.»
Also derjenige Wähler, der auf diese bauernschlaue Propaganda anspricht, die ausgrenzen will wo immer möglich und dabei so viel Menschenverachtendes, Rassistisches transportiert? Zumbrunn winkt ab. Er rede ja nicht von der politischen Klasse der SVP, die sei hoffnungslos, und er sage ja auch nicht, dass die SVP eine verkappt anarchistische Partei sei – wie auch! –, sondern er meine den Wähler, die Wählerin, die einzelnen Menschen also: «Wenn man ihnen wirklich zuhört, wenn man mit ihnen darüber redet, was sie bewegt, dann geht es doch um anderes, oder nicht? Darum zum Beispiel, sich nicht von aussen alles vorschreiben zu lassen, sich selber zu organisieren, ohne viel Staat und Bürokratie, dafür dezentral, kleinräumig, selbstbestimmt.» Dass diese angeblich typische SVP-Wähler*in das Etikett der Anarchist*in weit von sich weisen würde – wenn es denn wirklich auf sie zuträfe –, weiss natürlich auch Zumbrunn.
Spielt es am Ende überhaupt eine Rolle, ob man sich als Anarchist*in bezeichnet? Für Michel Némitz schon: «Es ist wichtig, dass wir uns so nennen. Nur dann bleiben wir sichtbar. Und nur wenn wir sichtbar bleiben, wird es Menschen geben, die anfangen, sich mit der Tradition und Gegenwart des Anarchismus zu beschäftigen.» Das Hotel «Central», wo im September 1872 der erste anarchistische Kongress stattfand, ist heute übrigens nicht etwa ein Museum anarchistischer Historie, sondern eine: Diskothek.
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Centre international de recherches sur l‘anarchisme
Une mine d‘or pour les anarchistes Le CIRA a été fondé en 1957 à Genève. Depuis 1989, le CIRA se trouve à Lausanne dans un bâtiment construit par des camarades, près de l’hôpital CHUV. On y trouve des ouvrages en différentes langues, la majorité étant en français, allemand, anglais, italien et espagnol. Le CIRA n’est pas seulement une bibliothèque, mais conserve aussi en son sein des journaux, des affiches et toute une panoplie d’archives video. C’est avec grand plaisir que nous avons trouvé chez eux une collection de notre journal, le megafon.
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I nterview: ffg, fuh | Illustration: David Fürst | Aide à la traduction: as
ors d‘une journée ensoleillée, avec toutefois pluie et orage, deux jeunes hommes du megafon se sont rendus au CIRA, afin de visiter l’espace et de rencontrer son équipe. À la fin de notre visite et de nos discussions, Marianne, Gap et le reste de l‘équipe nous incitent à encourager les gens de la Suisse allemande à se rendre au centre anarchiste. Mais aussi, « Avant une visite, recherchez-nous en ligne, et consultez le catalogue sur notre site internet ! » Être au CIRA, c‘est comme dans la vie : on ne sait pas forcément ce que l’on cherche, mais on sait que l’on trouvera beaucoup de choses sûrement très fascinantes. Le CIRA possède une énorme archive, avec des livres, qui – pour certains – datent de 1850. Vous êtes très importants pour le mouvement anarchiste suisse et de ses environs. Marianne : Tout d’abord, il faut soulever un aspect important : le CIRA n’est pas une organisation anarchiste. Nous sommes avant tout une bibliothèque, une archive sur l‘anarchisme. On conserve aussi des document contre l’anarchisme! Les gens qui travaillent ici ont bien sûr des sympathies pour cette philosophie, mais le CIRA est ouvert à tout le monde. Et surtout pour les personnes qui font de la recherche sur l‘anarchisme. Megafon :
Qui vous rend visite ? Bien sûr, beaucoup des personnes sympathiques. Il y a souvent des étudiant.e.s, quelque fois leurs professeur.e.s ou des classes complètes, qui nous rendent visite. Il y a également beaucoup de personnes qui viennent pour une recherche bien précise – notamment aussi venant de l’étranger. Gap : Nous recevons aussi la visite de copains et copines, de curieuses.eux qui passent pour Marianne :
découvrir le CIRA, parfois de journalistes. Et régulièrement des personnes plus jeunes, qui ont entendu parler de l’anarchisme et aimeraient savoir ce que c’est. Marianne : Les journalistes nous demandent souvent : « L’anarchisme, c’est quoi? L’auditrice.eur ne sait rien ! » C’est drôle, ils nous posent cette question depuis 25 ans, en pensant que leurs auditrices.eurs n’ont aucune idée de ce qu’est l’anarchisme! Pourquoi vous conservez toutes ces affiches, ces livres, etc. ? Marianne : Un des buts de notre centre, c‘est de conserver toutes les publications qui concernent l’anarchisme, sans aucune censure. C’est pourquoi on a aussi des choses très stupides ou très mauvaises ici... (tout le monde rigole). Mais bien sûr, cela provoque parfois des discussions, pour déterminer si les choses que l’on reçoit rentrent encore dans la catégorie de l’anarchisme – ou si elles traitent d’un autre thème. Gap : On a parfois des situations où on nous a dit : « C’est quoi cette merde ? ». Mais notre principe est la suivante : si l’auteur.e se considère comme anarchiste ou y fait explicitement référence, on va garder son ouvrage, même si on n‘est pas forcément d‘accord avec ses positions. Notre lectrice est assez grande pour juger par elle-même. Après, c‘est vrai que si on reçoit des livres anarcho-capitalistes, on va peut-être mettre un peu plus de temps à les cataloguer... (il sourit) Comment se remplissent vos archives ? Achetez-vous les livres ? Marianne : On n’achète pas de livres – nous recevons des cadeaux. Ce sont des affiches, des journaux, des livres, des bulletins, etc. Si les choses ont un rapport direct avec l’anarchisme, on va le prendre. On fait aussi des exceptions parfois, par exemple tout le monde aime beaucoup les écrits de George Orwell, donc on garde ses livres. Comment êtes-vous organisé.e.s ? Quel sont vos tâches au quotidien ? Tout le monde travaille bénévolement, mis à part nos deux civilistes. Nous sommes une dizaine de personnes qui s‘organisent sur une base horizontale. On se voit tout.e.s une fois par mois pour une réunion d‘équipe. Le CIRA est ouvert, de mardi à vendredi, les après-midi. Une fois par mois, nous organisons une discussion ouverte au public concernant un texte, une brochure ou autre, qu’on a diffusé et lu au préalable. Sinon, on s’occupe de collectionner, cataloguer et classer le matériel qu’on reçoit. Rédigez-vous aussi des ouvrages vousmême ? Marianne : Oui, par exemple le bulle-
tin du CIRA, qu‘on publie chaque année. On a aussi produit quelques livres et des rééditions. Mais ce qu’on a fait le plus souvent, c’est d‘éditer des collections de textes sous forme de brochures. Je pense que nous vivons tou.te.s dans notre carré. Alors moi je n’ai pas un aperçu, vers quoi le mouvement anarchiste suisse et international tend. Estce-que vous remarquez une certaine tendance ou une certaine direction à travers les livres et journaux selon la période à laquelle vous les recevez ? Gap : On n’a pas un aperçu exact, non. Bien sûr, l‘arrivée des outils informatiques a rendu plus facile la publication de journaux et de livres par des petites structures, mais ce changement date d‘il y a quelques années déjà. Il est difficile de dire précisément quels sont les thèmes les plus discutés, d‘autant plus que souvent des sujets différents sont abordés dans une même publication. Marianne : Moi je note que les insurrectionnalistes publient beaucoup plus qu’avant ; ils publient énormément… Gap : …mais la moitié est écrite par Bonanno !1 (rigolent) Marianne : On traite moins de l’antimilitarisme et du pacifisme : on voit les ouvrages qui en parlent diminuer un peu aujourd’hui. D’autre part, les sujets comme l’intersectionalité et l’antispécisme sont devenus plus importants. Nous n‘avons pas de chiffres précis, mais nous pourrions une fois essayer de faire une recherche là-dessus! Par ailleurs, il n’est pas toujours écrit explicitement dans un ouvrage qu’il a été rédigé par un.e anarchiste, même si c‘est le cas, par exemple dans des publications qui traitent des personnes sans-papier. Comment évolue le nombre de demandes que vous recevez ? A-t-il augmenté en raison de votre présence en ligne ? Gap : Oui, maintenant chaque titre d’ouvrage peut apparaître individuellement sur les moteur de recherches. Cela donne pas mal de visibilité en ligne à notre bibliothèque, et peut amener des gens à se rendre au CIRA pour emprunter ou consulter des documents. Marianne : Malheureusement, notre présence sur internet a aussi eu un effet négatif. On reçoit des demandes, par exemple de Paris, pour pouvoir imprimer quelques pages d’un livre et l’envoyer par la poste, parce que – nous a-t-on dit – la personne était trop paresseuse pour se déplacer à la bibliothèque nationale de Paris. Vous dites que vous êtes principalement une bibliothèque. Avez-vous quand-même eu des problèmes avec l’Etat et la répression ? Marianne : A l’époque de « Fischen-Fritz », surtout dans les années 70, on a eu une fiche énorme. On a eu des visites de la police, qui ont pris des photos de nos réunions. Ils étaient habillés avec des « Trench-Coats », très classique et facile à reconnaître. Une fois, ma
mère a ouvert la porte, vu un homme habillé ainsi, et lui a directement demandé : « Vous êtes flic ? » Il a répondu: «Non, mais je suis employé du département militaire fédéral « (Marianne imite un accent suisse-allemand, probablement bernois). Il était assez sympathique ! (tout le monde rit) Notre ancien site internet, hébergé par anaracha-bolo.ch, était bloqué dans les écoles à Genève – où on était considéré comme une «page extrémiste ». Comment êtes-vous reliés avec le mouvement ici à Lausanne ? Marianne : Depuis quinze ans, on a eu beaucoup de contact avec les squats. Ils étaient vraiment un soutien essentiel pour nous : ils nous aidaient avec l’archivage, le jardin, la construction « de choses acrobatiques » dans le jardin. On a notamment fait beaucoup de projets avec un squat qui s’appelait « la Laiterie » , pas loin d‘ici, qui malheureusement n’existe plus. Avec l’espace autogéré, on a aussi organisé des pièces de théâtre, des soirées-cinéma, etc. Bon, on ne peut pas dire que le CIRA serait loin dans les nuages (tout le monde rit). Beaucoup de gens réalisent que c’est aussi grâce au soutien des squats que le CIRA perdure. Auriez-vous une recommandation de lecture à nous proposer ? Gap : J‘aime beaucoup Panaït Istrati, un auteur roumain qui a écrit en français dans les années 1920, après une carrière de vagabondage et de métiers variés. Il était révolutionnaire, d‘abord proche des communiste, puis tout-à-fait anti-stalinien après un voyage en Russie. Très beaux textes à lire. Marianne : Je conseillerais plusieurs personnages complètement différents : Premièrement, Fritz Brupbacher, il était «60 Jahre lang Ketzer», avait été exclu du PS puis du Parti communiste suisse. B. Traven, bien sûr. Et aussi Jens Björneboe, un écrivain norvégien, qui a écrit des livres plus sombres, assez nihilistes, mais que je trouve tout-à-fait passionnant. www.cira.ch Wir haben das Interview auch auf Deutsch über-
setzt. Die Übersetzung findet ihr ab dem 1. Mai auf www.barrikade.info.
1: Alfredo Bonanno, *1937, insurrectionalist italien. Il propage la révolte armée individuelle ou dans des
groupes d‘affinité. Bonanno était quelques années au prison, par exemple a cause des hold-ups.
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Vier Zeilen
von nage
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frische Feder
dichter reiben du musst einfach Text: «Mändi – Das feministische Montagskollektiv»
So düngt man heute. Wir hatten Fläche und wir hatten Körner. hauertrasen.ch Einmal gestreut, eine Saison lang Freude. Hauert Rasen Langzeitdünger. MIT TULPEN KENNE ICH MICH NICHT SO AUS ABER AUS DEM HAUS GEH ICH GERN IN DIE WIESEN So pflückt man heute. Wir hatten Lächeln und wir hatten Körper. kaummerkuasten.ch. Einmal geheult, ein Sommer lang Träume. Kaummer Kuasten Anstecktulpen. DIE HASEN HATTEN’S GUT SIE PFLÜGTEN UND BAUTEN SICH EIN HAUS DA DRIN UND ZEUGTEN KINDER DA REIN IN DIE LÖCHER So spriesst man heute. Wir hatten ein Zögern und wir hatten den Drang. aeuglieblerliegkugler.ch Einmal gespritzt, ein Abend lang Sorgen. Äugliebler Liegkugler Samenbank. ABER OB DIE SICH WIRKLICH LIEBEN SO VON MATSCH ZU MENSCH ICH KANN’S DIR NICHT SAGEN INS GEWISSEN So ziert man heute. Wir hatten Vasen und wir hatten Wasser. tottefruch.ch Einmal gegossen, eine Woche lang Duft. Totte Fruch’s Friedhofblumen. NEIN DAS TOR WAR VERRIEGELT TUT MIR LEID ABER AUS DEM HAUS GEH ICH GERN SONST IN DEN GARTEN • wenn ich ein papier über einen fünfliber lege und mit dem bleistift darüber pause und nicht mehr weiss ob kopf oder zahl dann kann ich es schaffen mich selber damit zu überraschen was dabei rauskommt meistens ist es sehr unerwartet also klar ich habe darauf gewartet aber eben ohne zu wissen was mich erwartet helvetia oder fünf aber gut ich sag mir einfach dran bleiben und dichter reiben du musst da dran einfach dichter dran bleiben
«Mändi» ist Das feministische Montagskollektiv aus Zürich, Bern und Leipzig.
Aktiv seit März 2018, versteht sich «Mändi» als Zusammen-
schluss aus drei Vagina-Betroffenen und einem Penis-Betroffenen. In dichter reiben du musst einfach reisst das Quartett
aus dem Alltag der Dinglichkeit (Münzen, Rasen, Vasen, Samen) aus und pflanzt sich ein in die Anderswelt: Wo das gerubbelte
Schicksal zu Helvetia und .ch die erste und letzte Anlaufstelle ist. Dort, wo Paradies und Tod hinterm Gartentor liegen. «Mändi» – 2018 lebt.
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Schweizweite Proteste für emanzipatorische Bildung
Aufstand für die Bildung
Vom 19. bis 25. März wurde von Genf bis St. Gallen, von Basel bis ins Tessin der Bildungsaufstand geprobt. Student*innen, Schüler*innen, Lernende und Angestellte wehrten sich gegen den Bildungsabbau. Und setzten sich für eine starke und emanzipatorische Bildung ein. Was war das für ein Aufstand? Und wie geht es weiter?
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Von der Kritische Politik Bern und Zürich
s war nicht irgendeine kalte Nacht Ende November. Es war die Lange Nacht der Kritik in Basel. Die Gegenveranstaltung zur Langen Nacht der Karriere, einer Werbeplattform für Grossunternehmen an Hochschulen, hatte spannende Workshops, Vorträge und Diskussionsrunden zum Thema Ökonomisierung der Bildung im Programm. In diesem Rahmen kam eine Gruppe von Student*innen für ein Vernetzungstreffen zusammen. Hier wurde die Idee geboren, sich gesamtschweizerisch gegen die Erhöhungen von Studiengebühren zur Wehr zu setzen. Es war dabei kein Zufall, dass insbesondere Leute von Bern, Basel, Zürich und Fribourg anwesend waren. Denn in diesen Städten wurden Diskussionen über die Erhöhungen gerade intensiv geführt. Im Verlauf der nachfolgenden Treffen formte sich die lose Vernetzung immer mehr zu einem Bündnis. Dieses gewann mit dem Einbezug von Schüler*innen und Gruppen aus der Romandie und dem Tessin zunehmend an Breite. Dadurch verschob sich auch der Fokus auf den Bildungsabbau im Allgemeinen. Ende Februar trat dann das Bündnis unter dem Namen Action_Éducation – Aktion_Bildung – Azione_Istruzione an die Öffentlichkeit. Und kündigte eine schweizweite Aktionswoche und die grosse gemeinsame Demo in Bern an. Auf der inhaltlichen Ebene entwickelte das Bündnis den Konsens, sich für offene, demokratische und partizipative Bildungsinstitutionen einzusetzen. Und Zugangsbeschränkungen – wie Studiengebühren, Schulgeld oder Aufnahmeprüfungen –, die Einflussnahme der Privatwirtschaft auf Bildungseinrichtungen und prekäre Lern- und Arbeitsbedingungen zu bekämpfen. Der Fokus liegt also auf der Bildung, doch lehnt die Aktion_Bildung die Spar- und Abbaupolitik als Ganzes ab und solidarisiert sich mit den Betroffenen der anderen Bereiche. Bildung ist kostbar Unter diesem Motto startete dann Ende März die Berner Aktionswoche. Gymnasiast*innen in den Stadtberner Gymnasien Kirchenfeld und Neufeld führten eine fiktive Sparübung durch. Sie stellten bei den Schulhauseingängen grosse goldene Tore mit dem Schriftzug «Bildung ist kostbar» auf. Ganz stilecht in Anzügen gaben sie sich als Angestellte des Kantons aus und verlangten von ihren Mitschüler*innen Semestergebühren. Die Aktion machte darauf aufmerksam, dass die Erhöhung der Studiengebühren viele Gymnasiast*innen in Zukunft betreffen und es eine praktische Solidarität zwischen Schüler*innen und Student*innen braucht. Trotz der Aufmerksamkeit von TeleBärn und Nau.ch wollte es sich der Rektor vom Gymnasium Kirchenfeld nicht nehmen lassen, die Aktion nach kurzer Zeit zu verbieten. Denn die Schüler*innen verzichteten darauf, eine Bewilligung einzuholen. Vernetzte Praxis Die Aktionswoche wurde an diesem Montag aber nicht nur in Bern eröffnet. In Basel und Zürich gab es ein ProtestZ’Mittag, in Luzern eine Aktion vor dem Regierungsgebäude und in Lausanne wurde das Rektorat von Uni und EPFL kurzzeitig besetzt. Am Abend war auch in Fribourg eine Besetzung im Fokus, als der Film «Education is not for Sale» über die Zürcher Unibesetzung von 2009 gezeigt wurde.
Am Dienstag machte in Genf die Studierendenorganisation der Uni mit einem grossen Transparent auf die finanziellen Hürden eines Studiums aufmerksam. Im Tessin gab es eine erste Aktion am Mittwoch, als das Recht auf Studium symbolisch zu Grabe getragen wurde. Die Schüler*innen der kantonalen Handelsschule und des Gymnasiums Bellinzona protestierten damit gegen die Kürzungen bei den Stipendien. Am Freitag fand dann in Liestal nochmals eine symbolische Beerdigung der Bildung im Rahmen einer Demo mit rund 400 Schüler*innen statt. Bildungsaufstand gegen sozialen Kahlschlag Zurück nach Bern. Dort hatte das Kollektiv Sozialen Kahlschlag Stoppen am Mittwochabend zur Demo «Keine Sozialhilfekürzungen für Steuergeschenke an Firmen» aufgerufen. Über 500 wütende Menschen liefen vom Kornhausplatz zum Rathaus, wo sie den Parlamentarier*innen einen ohrenbetäubenden Empfang bereiteten. Wir als kritische Politik versuchten mit einem Flyer und der anschliessenden Veranstaltung «Bildungsabbau und Widerstand» die beiden Kämpfe zu verbinden. Denn wenn Kürzungen in einem Bereich verhindert, sie dann aber einfach auf einen anderen Bereich abgewälzt werden, bringt uns das nicht weiter. Es braucht vielmehr eine praktische Solidarität gegen die neoliberale Abbaupolitik. Und über ebendiese Solidarität wurde auch an der anschliessenden Veranstaltung diskutiert. Eingeladen waren die StudentInnenschaft Uni Bern (SUB), der Berufsverband Bildung Bern, das Kollektiv Sozialen Kahlschlag Stoppen und die Bewegung für den Sozialismus (BFS). Bildung Bern wollte nicht kommen, da sie «viel häufiger und erfolgreicher über Gespräche und mit Überzeugungsarbeit» als mit Widerstand Erfolg hätten. Auch die SUB betonte ihren korporatistischen1 Ansatz. Der Vertreter von Sozialen Kahlschlag Stoppen und die BFS hielten dagegen. Denn alleine im Berner Bildungswesen wurden seit 2013 über 95 Millionen Franken gekürzt. Wir von der kritischen Politik warfen darum die Frage ein, warum trotz nicht gestoppter Abbaupolitik noch an der korporatistischen Strategie festgehalten wird. Einigkeit über die Widerstandsformen gab es an diesem Abend also nicht. Doch alle Anwesenden betonten die Ablehnung der aktuellen Bildungspolitik und ihrer Abbauprogramme. Überregionale Demo Die Schützenmatte war wieder einmal autofrei. Gegen 14 Uhr versammelten sich an diesem sonnigen Samstag immer mehr Menschen auf dem Platz. In der Mitte stand das Soundmobil, auf dem gut sichtbar ein Transparent mit der Forderung «Bildung für alle» montiert wurde. Nach mehreren Reden, die auf den Bildungsabbau im Allgemeinen und die Situation der Berufslernenden und Migrant*innen im Spezifischen aufmerksam machte, ging es los. Über 1200 Menschen bewegten sich mit zahlreichen Transparenten, Schildern und lauter Stimme das Bollwerk hinauf. Es waren Student*innen, Schüler*innen, Lehrer*innen und Lohnabhängige, die lauthals skandierten: «Wir sind hier, wir sind laut – weil man uns die Bildung klaut!». Bevor der Demozug in die Speichergasse einbog, gab es schon die erste Aktion. Auf der Fussgänger*innenüberführung wurden die Transparente «Von innen sieht auch ein Hamsterrad wie eine Karriereleiter aus» und «Kein Hoffen auf den Staat des Kapitals – Die Zukunft in die eigenen Hände nehmen» aufgehängt
und Rauchtöpfe gezündet. Beim Haus der Kantone, das sich an der Ecke Genfergasse-Speichergasse befindet, hielt ein Mitglied der Tessiner Student*innen-, Schüler*innen- und Lernenden-Gewerkschaft SISA die nächste Rede. Sie machte auf die Situation im Süden der Schweiz aufmerksam und meinte kämpferisch: «Bildung ist keine Ware – Schule ist kein Unternehmen!». Auch aus der Romandie waren viele Teilnehmer*innen angereist und so schallte es dann auch vermehrt «Stop (à) la hausse» – Stoppt die Erhöhungen (der Studiengebühren) – durch die Gassen. Neben den unterschiedlichen Sprachgruppen gab es auch einen starken Antirassismus-Block, der klar machte: «Wir wollen Bildung für alle, egal welcher Herkunft, welchen Alters, egal ob mit oder ohne Aufenthaltsbewilligung! Gleichheit für alle! Gegen Diskriminierung, Rassismus und Ausschluss!». Ein Hochtransparent mit der Aufschrift «Bildung für alle» in persisch und englisch, welches weit vorne in der Demo zu finden war, unterstrich die Forderungen. Die Demo gewann eine immer stärkere Dynamik und auf dem Kornhausplatz, eingerahmt von einer antikapitalistischen Rede, ertönte dann auch erstmals die «A-AntiAntiCapitalista!»-Parole. In der Amtshausgasse, kurz vor dem Bundesplatz, sprach eine türkische Revolutionärin über die Situation der Student*innen in der Türkei – wenige Tage vor der Demo wurden wieder einmal mehrere Dutzend von ihnen festgenommen. Auf dem Bundesplatz selber gab es nach weiteren Reden zum Abschluss eine Solidaritätsaktion für Afrin. Dabei wurde die Wichtigkeit der internationalen Solidarität im Kampf für eine emanzipatorische Bildung betont. Wie weiter? Der Bildungsaufstand ist ein Meilenstein. Es ist seit Jahren die erste überregionale und von Student*innen mitgetragene Protestaktion gegen den Bildungsabbau. Doch können wir uns nicht auf diesem Erfolg ausruhen, denn die Angriffe auf die Bildung sind noch lange nicht gestoppt. Doch wie kann der Widerstand weiterentwickelt werden? Für uns als kritische Politik stehen drei Ebenen im Fokus: • Die lokalen Strukturen zu stärken – denn nur dadurch kann Widerstand auf überregionaler Ebene erfolgreich sein. • Die Vernetzung auszubauen und zu intensivieren – das heisst, neue Gruppen ins Boot zu holen und den bestehenden Austausch zu verstärken. • Aktiv zu bleiben – um einen schlagkräftigen Widerstand aufzubauen, braucht es laufend überregionale Aktivitäten, sei es in Form von gemeinsamen Mobilisierungen oder Publikationen. Tragen wir also den Bildungsaufstand weiter. Denn wir können viel voneinander lernen, Kämpfe verbinden und gemeinsam agieren! Weiterführende Infos: bildungsaufstand.ch | fb.com/kriPoBern | fb.com/kritischePolitik.Zuerich
Fussnote 1: Gesellschaftliche Akteur*innen, zum Beispiel Grup-
pen oder Oragnisationen, die trotz gegensätzlicher Mandate und
Interessen in scheinbarem Einklang kooperieren und so Probleme zu lösen versuchen. Beispiel ist die sogeannte Sozialpartnerschaft von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften.
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Nr. 431 | Mai 2018
Flashback
Onomatopoesie
Von Eulen und Pferden
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Text: HvH | Illustration: fuh
ul, das ist nicht nur ein Berg in Graubünden mit beachtlicher geografischer Dominanz, sondern auch ein Musiktrio von Roland Wäspe, Martina Berther und Mario Hänni. Die Liste der Bands, in der die drei mitwirken, ist lang; um in der Schweiz von der Musik leben zu können muss auf vielen Hochzeiten getanzt und auf vielen Bühnen gespielt werden. Neben aul spielen sie in so unterschiedlichen Bands wie Pablo Nouvelle, Gimma, Ursina, Weird Beard, Ester Poly oder Hanreti, deren stilistische Bandbreite von Rap über Jazz, Soul, Pop bis hin zu Punk reicht. Und nun spielten die drei an einem gewöhnlichen Mittwoch Abend im geliebten Ross dermassen unprätentiös, dass kaum vermutet würde, dass die Musiker und die Musikerin so mannigfaltige Erfahrungen mitbringen. Wäre da nicht die mit einer Präzision und Lockerheit gespielte Musik, wie sie nur von umtriebigen Instrumentalist*innen zur Perfektion gebracht wird. iTunes nennt das Contemporary Jazz, aul selber geben sich
das Etikett «Experimental Space Clash!», ganz in der Tradition der Schubladisierungsverweigerung vieler anderer Musiker und Musikerinnen. Der Jazz Einfluss ist unüberhörbar, es findet sich aber auch eine ganze Portion Rock, was etwa an Schnellertollermeier erinnert. Deren David Meier notabene anschliessend im Ross bei LEON an den Fellen sass. Aul überzeugen nicht nur live. Auch der mit einer abstrakten Eule (englisch owl) geschmückte zweite Tonträger groovt ganz schön und sorgt mit den ersten paar Liedern zumindest für Kopfnicken. Bisweilen lädt er sogar dazu ein, den Schreibstuhl für einen kleinen Tanz zu verlassen. Dass Mario Hänni, der am Schlagzeug massgebend ebendiesen Groove zeichnet, Trip-Hop und zeitgenössischen R‘n‘B als Einflüsse nennt, erstaunt darob nicht. Für Martina Berther, am Bass der Kitt zwischen Perkussion und Melodie, fühle sich das Spiel idealerweise wie Wellenreiten an, was ihr definitiv ausgezeichnet gelang!
flashback #03 für Christine Aschwanden. Sie ist Keramikerin und Gestalterin aus Herzblut.
aulmusic.bandcamp.com
Ihre Arbeiten entstehen auf der Engehalbinsel in der Ateliergemeinschaft «zum weissen Peter».
Kontakt via keramikdesign.ch
Impressum
ds barrikade.info-Info:
Redaktion AG megafon | Neubrückstrasse 8, Postfach, CH-3001 Bern megafon@reitschule.ch | Fon 031 306 69 66 PostFinance PC 61 – 489034 – 1 | IBAN CH26 0900 0000 6148 9034 1
DI, 1. Mai 2018, ab 15:45 Uhr
DI, 8. Mai 2018, ab 19:00 Uhr
DO, 24. Mai 2018, ab 18:30 Uhr
Demo: Revolutionärer 1. Mai
Workshop: Privateigentum und Klassengesellschaft
Stammtisch: Intergenerationalität
Rosengarten Bern
DI, 1. Mai 2018, ab 18:00 Uhr Rathausplatz Thun
Demo: Revolutionärer 1. Mai
Café Toujour, Bern
DI, 15. Mai 2018, ab 19:00 Uhr
AkuT, Thun
DO, 3. Mai 2018, ab 19:30 Uhr
Workshop: Wenn wir uns organisieren...
VoKü und Screening «13th»
DI, 22. Mai 2018, ab 19:00 Uhr
Kasama, Winterthur
Brasserie Lorraine «Säli», Bern
BS29, Bern
Digitalisierung, Automatisierung & technischer Fortschritt
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Layout megafon Druck Druckerei Reitschule | Weiterverarbeitung Druweva Redaktion Felix Graf (ffg), Basil Schöni (bass), Andres Marti (res), Milena Gsteiger (mfg), Patrick Kuhn (pak), Tom Hänsel (#tt), Nicolas Fuhrimann (fuh), Jasmin Jacobs (jmj). Redaktionsschluss immer am 1. des Monats Erscheint monatlich, Auflage ca. 1 000 Ex.; Die in den Beiträgen wiedergegebene Meinung muss sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken. Weder mit bildlichen noch textlichen Inhalten sollen die Lesenden dazu aufgerufen werden, Straftaten zu begehen. Die Artikel dieser Zeitung unterstehen einer CreativeCommonsLizenz. Für nicht-kommerzielle Zwecke können sie mit Quellenangabe frei verwendet werden.
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StattBlick
Crimen Pacis Fractae – Highnoon in Landfriedensbruchhausen Text: Tom, emeritierter Post-Reitschüler | Illustration: fuh
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Waagrecht: 1 freigeistige Landesgrösse aus St. Gallen. trat am 20. April im Dachstock auf 7 Vorname der Ehefrau eines ehemaligen französischen Präsidenten, der aktuell wegen Bestechung angeklagt ist 9 Vor über 130 Jahren wurde dieser Chefredaktor und Sprecher der Arbeiterbewegung in Chicago hingerichtet 11 engl. Hirn 12 frz. Knoblauch 13 Abk. Nullpunkt 15 Von ihr erschien neu das Essay «Die Freiheit, frei zu sein» 18 Dieses Flüsschen aus Norditalien heisst fast gleich wie ein Fluss aus Russland 20 engl. Wesen, Befinden 22 Dieses Material hat viel Gewicht und ist doch nicht schwer 24 Dem Namen nach auf die Unterwelt zurückgehende Fantasiewesen von J.R.R. Tolkien 25 längst in die urbanen Wortschätze dieser Welt aufgenommener Begriff für Aufruhr 26 Abk. Rekrutenschule 27 Name einer vermeintlichen Friedenstruppe, die seit Dezember regelmässig in der Reithalle einmarschierte 29 Abk. für Südost, Sonntag, Solothurn 30 karI sed tdatstpuaH 33 Wegen der Gefährdung dieser Tiere lehnen sich ihre Hirten in Norwegen gegen eine Stromleitung und die Regierung auf 34 vegetationsarmes Gebiet 35 engl. scheint 38 überzeugte Bieler Rechtspopulistin, die ins Kantonsparlament gewählt wurde 41 Rüstungsbetrieb mit Sitz in Düsseldorf und mehreren Standorten in der Schweiz, deren Geräte auch in Afrin eine entscheidende Rolle spielen, wurde Ziel von antimilitaristischen Aktionen Senkrecht: 1 Plattform für antiautoritär Bewegte oder ein meist improvisierter Schutzwall im Strassenkampf 2 lat. Tag des Zorns: Dies … 3 hübsches aber nutzloses Ding 4 Aus diesem Land hört man viel über Drogenepidemien, Waffengewalt, Korruption und Rassismus 5 Teil der Geschlechtsorgane bei weiblichen Wirbeltieren 6 Welsches Pendant zu 1 senkrecht 8 Er wurde damals in Chicago nicht hingerichtet, da er vorher in seiner Zelle unter unbekannten Umständen ums Leben kam 10 ist je nach Sprache eine Anstecknadel, ein geheimer Code oder eine Nadelbaumart 11 Möglicherweise das Frühstück der Bären nach dem Winterschlaf, wenn es nicht im Sous le Pont auf den Tisch kommt 14 Der Herausgeber der Wochenzeitung Alarm war ein weiteres Opfer eines der grössten Justizmorde der USA 17 es ermöglicht anonymes Surfen und verschafft deinem Computer eine erwünschte Amnesie 21 Seit 5 Jahren wird der Prozess um diese rechtsextreme Terrorgruppe verschleppt 22 engl. vor 23 frz. Apfel 28 Neudeutsch für anfeinden 31 Abk. Graustufe 32 bei dem 35 Fribourger BKW 36 engl. Epoche 37 Denk…, Merk…, Mutter… 39 frz. weder… noch 40 türk. Fleisch
«Ursprünglich war der Landfrieden im Mittelalter ab dem 11. Jahrhundert das zeitlich und räumlich beschränkte Verbot, eine Fehde durchzuführen. Der König sprach den Landfrieden aus, der von den Mitgliedern des Reichsadels beschworen werden musste. (...) Landfriedensbruch war der Bruch eines solchen Landfriedens. Ein Landfriedensbruch entsprach gewissermaßen einer Missachtung des Gewaltmonopols des Staates: des Königs, des Landesherrn, der Regierung.» (Wikipedia) «Fiel ein Burgherr etwa dadurch auf, dass er benachbarte Burgen und deren Besitzungen überfiel, ohne förmlich eine Fehde angesagt zu haben, wurde dies als ein gewalttätiger und unrechtmäßiger Übergriff betrachtet. Dasselbe galt auch für die Beraubung von Klöstern, Dörfern, Kaufleuten und Handelsreisenden. In solchen Fällen konnten die Geschädigten Klage vor der Landfriedensversammlung führen, die aus Vertretern der Fürsten, der Ritterschaft und der Städte bestand. Diese berieten den Vorfall und konnten den Störenfried zu einem ‹landschädlichen Herrn› erklären. Der König als oberster Herr der Landfriedenstruppen, bzw. sein Beauftragter, konnte jetzt die Landfriedenstruppen aufbieten und vor die Burg des Störenfrieds ziehen lassen. Gegner war nach mittelalterlicher Rechtsauffassung nicht nur der Herr selbst, sondern auch seine Burg, von der die Übergriffe ausgegangen waren. Die Burg wurde also personifiziert und als landschädliches Subjekt eingestuft. Den Landfriedenstruppen stand es frei, die Burg nach der Eroberung dem Erdboden gleichzumachen oder für den König in Besitz zu nehmen. Die Zerstörung der landschädlichen Burg verlief nach einem festgelegten Verfahren. Nachdem die Landfriedensmitglieder die Abtragung beschlossen hatten, begab sich der vom Landrichter damit beauftragte Herr vor die Burg und schlug mit einem Beil dreimal gegen das Tor. Dies war das Signal für die Arbeiter, mit den Abbrucharbeiten zu beginnen. Man trug die Steine mit Äxten, Brecheisen und Rammen solange ab, bis der Bau oberhalb der Erde so zerstört war, dass ‹kein Stein mehr auf dem anderen blieb›. Es war aber untersagt, die Steine nach dem Abbruch abzutransportieren. Sie mussten auf der zerstörten Burgstatt liegen bleiben, ein Wiederaufbau war aber nur mit Genehmigung des Landrichters möglich. Diese harten Bestimmungen wurden 1281 von König Rudolf von Habsburg in seiner Verordnung um burge abgemildert. Dort wurde bestimmt: ‹Es soll niemand eine Burg besitzen zum Nachteil für das Land. Geschieht daraus jemand ein Schaden, so soll die Burg und ihr Herr in Acht verfallen sein, es sei drum, daß er Buße zahlt, wie Recht ist›. Die ‹von Reichs wegen› eroberte Burg konnte in diesem Fall, anders als bei der rechten Fehde, dem Burgherrn weggenommen werden. Er wurde enteignet und die Burg fiel der Krone zu. Der König behielt sie in der Regel aber nicht selbst, sondern gab sie – meist in der Form eines Reichslehens – einem Vertrauten oder Verbündeten. Es lässt sich erahnen, dass gewiefte Territorialpolitiker diese übliche Verfahrensweise ausnutzten und sich über geschickte Beeinflussung der königlichen Landfriedenspolitik auf diese Weise in den Besitz von Burgen brachten. Bedeutende Landesherren, wie etwa der Mainzer Erzbischof und der Landgraf von Hessen, schlossen Bündnisse, die größere Landstriche befrieden sollten. Diese Gebiete erklärten sie zu Landfriedensbezirken. Verstieß ein Burgherr gegen die Friedenspflicht, wurde er von den beiden zur Rechenschaft gezogen. Seine Burg wurde gegebenenfalls erobert, und ihm nicht wie im Fehderecht vorgesehen zurückgegeben, sondern nach Landfriedensrecht weggenommen. Die so ‹ergaunerten› Burgen teilten Erzbischof und Landgraf unter sich auf, dabei konnten sie auf die stillschweigende Zustimmung des Königs vertrauen.» (Unrechte Fehde, in: «Fehde», regionalgeschichte.net, Stefan Grathoff) Hiermit erkläre ich die Büros und Polizeistützpunkte der Polizei- und Sicherheitsdirektionen von Stadt und Kanton Bern für landschädlich. Friede den Hütten, kriegt die Paläste!