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Clueso im Gespräch

| 30 JAHRE KASSABLANCA |

INTERVIEWER UND INTERVIEWTER IM PORTRÄT: Christian Gesellmann (r.) im Gespräch mit Clueso

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»Das Kassa war unser Zuhause«

CLUESO. MUSS MAN EIGENTLICH NICHT VORSTELLEN. Der Mann gehört inzwischen zum Kulturerbe Thüringens wie Vita Cola und Rennsteiglauf. Auch während der Corona-Pandemie gönnt sich der Erfurter keine Auszeit, sondern ist, wie er sagt, so produktiv wie nie. Clueso ist ganz oben angekommen – hat aber nicht vergessen, wo er herkommt. Bei unserem Treffen im Zughafen in Erfurt erinnert er sich an die ersten Schritte im Musikgeschäft.

In deinem Wikipedia-Eintrag steht: »Durch Platten wir kauften und die wir nur aus dem zahlreiche Jams im Jenaer Kassablanca und Fernsehen kannten, von Viva oder so. Und in anderen Städten Deutschlands konnte er wir sind da immer hingefahren und desweseine Fähigkeiten als Rapper und Entertai- gen war das so ›unser Club‹. ner trainieren.« Du warst damals 16 bzw. 17 Jahre alt. Helmut Kohl war noch Kanzler, Ihr seid mit dem Zug gefahren? Berti Vogts Bundestrainer und in der Stra- CLUESO: Ja, wir sind teilweise mit dem ßenbahn durfte man noch rauchen… Wochenendticket, mit 30 Leuten rübergefah-

CLUESO: In Fahrstühlen auch, und im ren. Wir hatten — der Begriff stammt noch Kinderzimmer … aus dem Osten — eine ›Patenbrigade‹, die sive Töne zum Beispiel, alles so Leute, deren immer mit uns unterwegs war, 6300, eine Nimm uns doch bitte mal mit auf eine Crew aus Ilmenau, und viele kreative Leute kleine Zeitreise. Was waren das für Jams, aus Erfurt — Maler, Writer, Breakdancer, DJs wie bist Du überhaupt darauf aufmerksam — die wollten alle ins Kassa, das war das Pageworden, mit wem warst Du da? radies. Weil dort gab es Waggons mit Graffi-

CLUESO: Wir haben etwa 1995 angefan- ti, es gab Breakdancer, die getanzt haben in gen, uns für Hip Hop und Rap zu interessie- kleinen Runden, es gab Freestyle-Sessions, ren. Wir hatten den Traum, mal eine eigene wo Leute in irgendeiner Ecke gefreestyled Band zu haben. 1996 gründeten wir dann un- haben. Für uns war Hip Hop so ein kreatives ser erstes Projekt, EFP96 … Auffangbecken, und das Kassa war unser ZuDas Erfurt Projekt 96 … geblieben und haben in den Schlafwaggons

CLUESO: Genau, und dann fingen wir gepennt. Es gab glaub ich damals mehr Leuan, von Jam zu Jam zu fahren, meist waren te, die was Kreatives gemacht — sowohl im die in Jugendclubs, und da bekamen wir ir- Publikum als auch auf der Bühne — als heute. gendwann mal einen Flyer in die Hand vom Jeder war Aktivist, jeder hat was gemacht. Kassablanca, Gleis 1. Dort traten praktisch Heute ist es schon eher so, dass man mehr alle unsere Helden aus dem Hip Hop auf, Mas- Konsument ist, wenn man ausgeht. hause, manchmal sind wir zwei volle Tage

Es ist dann manchmal auch ein wenig ausgeartet, wenn ihr gefeiert habt.

CLUESO: Ja, man war ja auch noch jung. Und das Kassa war, was das angeht, immer strapazierfähig. Es hat uns, ähnlich wie in einem Jugendheim, dirigiert und uns einen Platz gegeben, wo wir uns austoben und kreativ weiterentwickeln konnten. Und das war noch vor den ersten Auftritten! Und die kamen, weil wir Danny Engel kennengelernt haben, der später dann auch Manager von ›Wir sind Helden‹ wurde …

Danny Engel, der damals seinen Zivildienst im Kassa machte.

CLUESO: Genau, und der hat gesagt, »Wenn ihr Bock habt, mach ich ein bisschen Management für euch.« Und meinen späteren langjährigen Manager, Andreas Welskop, den hab ich ebenfalls im Kassa kennengelernt. Der hat mich dort bei einem Jam gesehen. Manchmal, wenn ich mir Videos von damals anschaue, frage ich mich, was er da gesehen hat. Aber irgendwas hat er halt gesehen, und er hat mir eine Platte geschenkt, »Quadratur des Kreises« von Freundeskreis. Das hat mich sehr geprägt. Und er hat gesagt, dass er toll findet, was ich mache, und dass ich ihn mal bei MZEE Records in Köln besuchen soll, wo

er damals gearbeitet hat. Das hat mir ganz CLUESO: Im Endeffekt ist das ja in dieser viel Hoffnung gegeben. Und dann bin ich da Corona-Zeit die allgemeine Frage, die man irgendwie so reingerutscht. sich so stellt: Ist das Kunst oder kann das Abgesehen von dem Karriereschub, warum nen? Ich glaube, es ist einerseits grundsätzwaren diese Jams so wichtig für dich? lich wahnsinnig wichtig für eine Gesellschaft,

CLUESO: Ein Typ wie ich, für den war das dass es Orte wie Clubs oder Theater oder Kreativste, was er damals machen konnte, ähnliches gibt, an denen man sich entladen eine Friseurlehre. Und ich hab’s gehasst. Sor- kann. Neben den ganzen Befehlen, die man ry, für alle, die Friseur lernen. Aber ich hab’s so kriegt im Leben, ist der einzige Befehl bei gehasst, weil ich hab da nicht reingepasst. so einer Veranstaltung: Mach dich frei! Das Für einen Typen wie mich war das geil, zu ist gut, damit wir nicht so gereizt durch den sehen: Da im Kassa gibt es eine Bühne, und Alltag gehen, und irgendwie auch ein bissdie fühlt sich nicht so riesig an. Dieser ganze chen kreativ im Hirn werden. Das andere ist: Personenkult war nicht so big, nicht so, dass Clubs wie das Kassa, die so lange überlebt haman dachte: Das werde ich nie schaffen. Ich ben und jetzt straucheln und kämpfen müsstand nur einen halben Meter tiefer als die sen, leisten auch eine kulturelle Basisarbeit. Stars und dachte: geil! Die sind so wie ich! Hier wird Kultur im Kleinen gefördert. Die Vielleicht ein paar Jährchen älter, aber das allerersten DJs, die ich kenne, haben alle hier könnte ich auch machen. Und das ist das aufgelegt. Egal, mit wem du redest hier in der Gute an solchen Clubs, dass es so nah ist, und Region — wer irgendetwas mit dem Business nicht so aufgeblasen durch riesen Shows oder zu tun hat, war im Kassa, hat sich dort ausirgendwas. Das sag ich als jemand, der jetzt getauscht und kennengelernt. Und da ist es Riesenshows gibt, aber ich kann es halt jetzt egal, ob das jemand ist, der gebreakt hat und nicht mehr verkleinern, ich mein das nicht jetzt eine Tanzschule hat, oder ob jemand angeberisch. Ich hab mir so viele Bands rein- gesprayt hat und jetzt Ausstellungen macht gezogen im Kassa — aus allen Richtungen, irgendwo in der Welt. auch Sachen die ich gar nicht kannte, wie weg? Wozu braucht man das im Allgemei›Bohren und der Club of Gore‹, einfach weil Deswegen weiß offenbar auch Samy Dedas Kassa so ’ne Instanz ist, die jede Woche luxe noch, was das Kassa ist. was Geiles macht und man denkt so: Ich geh CLUESO: Genau, ich war gestern in Berlin da mal hin, auch wenn ich nicht weiß, was und hab mich mit Samy Deluxe unterhalten. da läuft. Und der meinte: »Ich hab dich gesehen damals im Kassa!« Irgendwann in den 90ern Mit deinem ehemaligen Manager Andreas nach seinem Konzert mit Dynamite hat er Welskop hast Du 2002 in Erfurt den Zug- mich da noch rappen gehört. »Wenn es berghafen gegründet. Kannst Du mal kurz er- ab geht«, hieß das Lied. Und er hat sich die klären, mal unabhängig von deiner Musik Hook gemerkt! Ich konnte mich gar nicht und Karriere, warum gerade ostdeutsche dran erinnern. Aber dann haben wir über Städte wie Jena und Erfurt solche Clubs das Kassa gesprochen und er hat erklärt, dass brauchen? das auch für ihn geil war, dass er sich da eine Community aufbauen konnte. Das ist ja auch geil, dass man, wenn man eine Weile unterwegs ist, auch das passende Ego bekommt. Denn wenn man Musik macht, bekommt man viel Kritik. Weil man auf Kunst nur mit Kritik antworten kann. Aber das Ego kann man dann wieder aufladen, wenn man ’ne Bühne hat, auf der man spielen kann, auch ohne dass man bekannt ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian Gesellmann

CHRISTIAN GESELLMANN

Das »Kassablanca« feiert dieses Jahr seinen 30. Geburtstag! Ein Jahr lang werde ich mich aus diesem Anlass als Stadtschreiber mit all den Menschen treffen, die diesen einzigartigen Verein und Club geprägt haben, und ihre Erinnerungen aufschreiben – und natürlich mit euch teilen: auf dem JenaKultur-Blog, auf Facebook und Instagram und eben auch hier im Stadtmagazin 07. Welche Geschichten und Erinnerungen verbindet ihr mit dem Kassablanca? Habt ihr noch irgendwo alte Fotos von euch und euren Freunden im Kassa? Ich freue mich auf eure Post an: allesgute@kassablanca.de

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