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Einmal um die Welt - aber bitte nachhaltig Wir sagen euch wie!
REISEN UND GLEICHZEITIG DIE UMWELT SCHONEN?
HILFREICHE TIPPS FÜR EINEN NACHHALTIGEN URLAUB!
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Der Sommerurlaub rückt näher und das Reisen ist nach langer Durststrecke endlich wieder möglich. Doch neben der Pandemie hat uns in den letzten Jahren ein weiteres Thema intensiv beschäftigt: der Klimawandel. Können wir überhaupt noch ohne schlechtes Gewissen in den Flieger steigen und eine Fernreise antreten? Oder sind zukünftig nur noch Urlaube im eigenen Land realisierbar, um unseren CO2-Fußabdruck zu reduzieren? Wir wollten dazu eine Expertenmeinung hören. Die Inhaberin des Reisebüros Flugtours in Kempten, Karin Rädler, verrät uns im Interview, wie mit ein paar hilfreichen Tipps auch eure Urlaubsreise nachhaltig wird.
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Einen Billigflieger für 9,90 Euro zu buchen, ist definitiv nicht nachhaltig. Hier gibt es drei Probleme: Es bleibt nie bei den 9,90 Euro, es kommen immer versteckte Zusatzkosten im Nachhinein dazu, die den Preis sehr schnell nach oben treiben. Ein weiteres, sehr elementares Problem ist, dass die Schleuderpreise auf den Schultern der Mitarbeiter:innen ausgetragen werden. Oft gibt es keinen Kündigungsschutz, keinen Betriebsrat oder Mindestlohn. Zudem können Flüge so günstig angeboten werden, weil die Fluglinien nicht mehr den offiziellen Sicherheitsstandards entsprechen – zum Teil dürfen verschiedene Anbieter aufgrund dieser fehlenden Standards in Deutschland nicht landen. Im ersten Moment freuen sich die Verbraucher:innen über die Ersparnis, aber im nächsten Schritt sollte man sich intensiv Gedanken machen, ob man die genannten Konditionen tatsächlich mit einer Buchung unterstützen möchte.
Legen Ihre Kunden Wert auf einen umweltbewussten Urlaub?
Tatsächlich ist es so, dass ich so gut wie gar keine Anfragen dieser Art bekomme. Höchstens die etwas ältere Zielgruppe, die es von früher gewohnt ist, mit einem VW-Bus nach Indien zu fahren und schon immer auf Nachhaltigkeit Wert gelegt hat. Es gibt verschiedene Reiseanbieter – wie zum Beispiel Chamäleon Reisen oder Studiosus Reisen, die nachhaltige Möglichkeiten im Sortiment haben. Angebote, von denen auch wirklich die Einheimischen vor Ort profitieren, Aufforstungsgebiete in den Ländern oder auch Schulen unterstützt werden. Kleineren Reiseorganisationen ist oft die Qualität statt der Quantität wichtig. Sie sorgen dafür, dass die Reisenden vor Ort auch wirklich mit den Menschen und der jeweiligen Kultur in Berührung kommen und nicht nur Massenabfertigung stattfindet. Dafür muss man aber der Typ sein, jede:r Urlauber:in hat andere Prioritäten.
Welche Form von Reisen empfehlen Sie?
Ich empfehle das bewusst nachhaltige Reisen. Also keine fünf Fernreisen im Jahr, sondern lieber eine Reise und dann mindestens drei Wochen. Für den CO2-Ausgleich gibt es mehrere Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Entscheidung für eine nachhaltige Airline, die in die Regenwaldaufforstung investiert und auf dem neuesten technischen Stand ist. Folgende Fluglinien sind hier Vorreiter: Lufthansa, TUI Fly, LATAM aus Chile, Sun Express, United Airlines, Avianca, Air Canada, Etihad und KLM. Zudem empfehle ich immer Direktflüge, das Umsteigen ist generell nicht nachhaltig.
Kreuzfahrten stehe ich etwas kritisch gegenüber. Um Schleuderpreisen anbieten zu können, werden für einen geringen Lohn Arbeiter:innen – meist von den Philippinen – ausgenutzt. Die Urlauber:innen würden niemals für diesen Lohn arbeiten,
Was gibt es für Unterschiede zwischen herkömmlichen und nachhaltigen Reisen?
Das ist nicht wirklich vergleichbar. Ein Beispiel: Wenn ich auf den Bauernmarkt gehe und vom Bio-Bauern Äpfel ohne zugesetzte Chemie kaufe, haben die doch auch einen anderen Geschmack als die vom Discounter. In kleineren, nachhaltigeren Betrieben werden oft die Lebensmittel regional bezogen oder die Zimmer mit hochwertigem Zirbenholz ausgestattet – das bedeutet zwar immer einen Aufpreis, aber auch eine bessere Qualität. Wichtig zu wissen ist auch, dass Nachhaltigkeit nichts mit der jeweiligen Sterneklassifizierung zu tun hat, ein 2-Sterne-Hotel kann eine nachhaltige Stromversorgung haben, das 5-Sterne-Hotel dagegen nicht. Eine bewusst nachhaltige Buchung geht auch nicht unbedingt ins Geld, manchmal macht das nur zehn Prozent aus.
Was für Vorteile hat nachhaltiges Reisen?
ich nach Paris fahre und, anstatt in den Flieger zu steigen, den TGV nehme – übrigens direkt von Kempten über Ulm möglich, bin ich in wenigen Stunden dort und habe gleichzeitig eine wunderschöne Landschaft auf dem Weg dorthin erlebt. Ich habe das Gefühl, dass es in der heutigen Zeit gar nicht mehr darum geht, fremde Länder, Sprachen, Kulturen und Menschen kennenzulernen, sondern nur noch das eine perfekte Instagram-Foto zu machen. Das ist schade! Alles ist so schnelllebig geworden - wenn das Handy verloren geht, ist der Urlaub gelaufen. Reisen findet im Hier und Jetzt statt und nicht auf irgendeinem Display.
Ein Haus am Meer. Der Albtraum bengalischer Bauern.
Steigende Meeresspiegel versalzen in Bangladesch die Böden. Landwirtschaft wird nahezu unmöglich. brot-fuer-die-welt.de/klima
erwarten aber, dass es andere tun, um so wenig Kosten wie möglich für eine Reise zu zahlen. Es gibt Antarktis-Reisen von nachhaltigen Anbietern, Segelturns oder auch das erste gasbetriebene AIDA-Schiff, diese Angebote kann ich guten Gewissens empfehlen.
Woran erkenne ich ein nachhaltiges Hotel?
Anhand verschiedener Zertifizierungen. Die unzähligen Green Labels können für Verbraucher:innen erst einmal verwirrend sein, die Reisebüros haben jedoch verschiedene Möglichkeiten, Systeme mit Suchfiltern und natürlich auch persönliche Erfahrungen, um das passende nachhaltige Angebot mit gutem Gewissen maßzuschneidern.
Was halten Sie von dem 9-Euro-Ticket? Ist das nachhaltig?
Im Grunde ist es eine gute Idee, die Leute vom Auto zur Bahn zu bringen. Doch leider ist das Konzept nicht bis zum Ende durchdacht. Es herrscht durch den Personal- und Transportmangel oft blankes Chaos. Als lokale und nachhaltige Lösung wäre ein Nachtzug von Kempten nach München – zumindest in den Sommermonaten – schon lange überfällig. Gerade weil in den Sommermonaten viele Airlines früh morgens abheben, könnten viele Reisende ihr Auto stehen lassen und den Zug nutzen. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Die Deutsche Bahn muss sich dringend an die örtlichen Gegebenheiten anpassen.
Wie sieht ein nachhaltiger Aufenthalt in dem gewünschten Reiseland aus?
Nicht jeden Tag die Handtücher zum Wechseln auf den Boden legen. Die Klimaanlage nur anschalten, wenn man auf das Zimmer kommt oder in der Nacht – ist ja auch nicht gesund. Ressourcen wie Wasser sparen. Plastikmüll vermeiden und Mehrweglösungen nutzen. Hier müssen die Urlauber:innen, Reiseveranstalter und der Staat generell umdenken. In Costa Rica werden am Flughafen direkt Mehrwegflaschen ausgegeben – das macht einen Unterschied. All-inclusive-Hotels sind auch sehr verschwenderisch, lieber ein Angebot wählen, das nicht auf Massenabfertigung ausgelegt ist. Dann isst man auch nicht mehr, als man sollte (lacht).
Was gibt es vor Ort zu beachten?
Auf keinen Fall irgendwelche Angebote für Tiershows annehmen. Tanzende Bären, Tigershows und erzwungenes Elefantenreiten sind nichts anderes als Tierquälerei. Bitte genau hinschauen! Manchmal gibt es Angebote wie zum Beispiel das Elefantenwaisenhaus „Elephant Hill“ in Thailand. Hier können guten Gewissens Elefanten in ihrer Rente besucht und gefüttert werden ohne grausig erzwungene Touristenbelustigung.
Welche nachhaltigen Ansätze kennen Sie aus anderen Ländern?
Es gibt auf Bali mehrere Organisationen, die sich für die Reinigung des Meeres und der Strände einsetzen. Die Einheimischen - ich meine, in diesem Fall waren es Studentinnen - haben die ruhige Corona-Auszeit genutzt und angepackt – sehr beeindruckend! In Bolivien gibt es ein Programm zur Reduzierung von CO2-Emissionen, welches auch die Gesundheit der Menschen verbessert und den Druck auf die lokalen Waldbestände verringert. Hierfür werden ineffiziente Holzöfen durch Solarkocher ersetzt. Sonne gibt es überall genug und umsonst, daher braucht man keine Bäume mehr fällen. Das war ein Beispiel, welches mich zu meiner Kooperation gebracht hat. Unsere Kooperation namens RTK, an die wir schon viele Jahre angeschlossen sind, unterstützt zwei Projekte. Einmal Geräte zur Aufbereitung von sauberem Trinkwasser in Kenia, um Infektionskrankheiten vorzubeugen. Zum anderen werden Solarkocher für Madagaskar finanziert. Dadurch kann das Abholzen der Wälder verringert werden. Die Insel hat einen sehr hohen Bevölkerungszuwachs und gekocht wird ausschließlich mit Holzkohle. Deswegen werden seit Jahrzehnten die Regenwälder niedergebrannt. Dies verursacht nicht nur einen hohen CO2-Ausstoß, sondern auch Erosionen, und trocknet die Böden aus. Das führt dann zu einer Dürrekatastrophe und damit zur Hungersnot – das muss verhindert werden.
Von Jasmin Kaiser
Costa Rica:
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· 27 % der Fläche von Costa Rica steht unter Naturschutz · 99 % der Stromversorgung wird aus erneuerbaren Energien gewonnen · 2019 greift das Verbot von Einwegplastik · 2018 wird der Steuererlass auf gebrauchte Elektrofahrzeuge beschlossen
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