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Die Kemptenerin Anastasia über ihre Teilnahme bei Princess-Charming

„ICH WÜNSCHE MIR MEHR QUEERE SICHTBARKEIT IN KEMPTEN“

PRINCESS-CHARMING-TEILNEHMERIN ANASTASIA IM INTERVIEW

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Am 14. Juni startete die 2. Staffel der lesbischen Dating-Show Princess Charming beim Streaming-Anbieter RTL+. Mit dabei: Die Kemptenerin Anastasia. Wir haben die 26-Jährige zum Interview getroffen und über ihre Erfahrungen als lesbische Frau in der Kleinstadt, Musik, die Festwoche und queere Sichtbarkeit im Allgäu gesprochen.

Anastasia, schön, dass du dir Zeit genommen hast. Du hast bestimmt viel um die Ohren seit deiner Teilnahme bei Princess Charming. Wie hat sich dein Leben seither verändert?

Hallo, ich freu mich, dass ich hier sein darf. Was sich auf jeden Fall verändert hat, ist der Fakt, dass ich jetzt in der Öffentlichkeit bin. Ich fühle mich mehr unter Beobachtung, zum Beispiel gab es letztens eine Situation in der Kemptener Innenstadt. Da standen zwei Leute mit Handys in der Hand in meiner Nähe und haben immer wieder zu mir rübergeschaut und getuschelt: „Ist sie das?“ Das ist für mich noch sehr ungewohnt und ich merke, dass ich mein Verhalten mehr überdenke, wenn ich draußen bin und mir so Sachen in den Kopf kommen wie „Darf ich das jetzt gerade?“ Ich würde sagen, das habe ich definitiv unterschätzt.

„ES GEHT UM LESBISCHE SICHTBARKEIT UND DIE SHOW HAT EINEN HOHEN AUFKLÄRERISCHEN ANSPRUCH.“

Kannst du den Leser:innen, die die Show noch nicht kennen, kurz erklären, wie das Format Princess Charming funktioniert? Wie hebt sich Princess Charming von anderen Dating-Shows im TV ab?

In der Show kämpfen 20 Kandidatinnen um das Herz einer Frau. So etwa wie beim Bachelor, nur eben in der Gay-Version. Was die Show besonders macht, ist im Vergleich zu verwandten Formaten, dass es nicht um Dramen und Skandale geht. Bei Princess Charming stehen echte Gefühle im Mittelpunkt. Außerdem ist es die erste Dating-Show für lesbische Frauen im TV überhaupt. Es geht um lesbische Sichtbarkeit und die Show hat einen hohen aufklärerischen Anspruch. Mit 14 hätte ich mir genau das gewünscht. Ich hatte riesige Angst mich zu outen damals, in dem kleinstädtischen Umfeld in Rosenheim, in dem ich groß geworden bin. Mich begleitete eine ständige Sorge, dass jemand mein größtes Geheimnis herausfinden könnte und habe es fast sieben Jahre mit mir herumgetragen. Ich dachte, ich könnte niemals ein normales Leben führen. Damals hätte ich so eine Show gebraucht, die mir zeigt: Lesbische Liebe ist da! Du bist nicht allein und mit dir ist mit Sicherheit alles mehr als in Ordnung!

Was uns natürlich brennend interessiert: Wie bist du dazu gekommen mitzumachen?

Es war eine total spontane Aktion. Wie viele Menschen, bin ich eben auch auf der Suche nach einer liebevollen Beziehung. In Kempten ist es für mich nicht so leicht Frauen kennenzulernen. Dating-Apps habe ich zwar probiert, aber das ist nicht wirklich was für mich. Ich möchte gerne im echten Leben Menschen kennenlernen und da dachte ich: Wieso eigentlich nicht? Und habe mich bei Princess Charming beworben.

„DIE LEUTE HABEN GESCHOCKT REAGIERT, EIN LESBISCHES PAAR HAND IN HAND DURCH DIE STRASSEN LAUFEN ZU SEHEN.“

Fühlst du dich als lesbische Frau gut angenommen in Kempten? Was wünschst du dir für die Community?

Am Anfang war es schon etwas befremdlich für mich. Ich bin vor vier Jahren für meine damalige Beziehung von München nach Kempten gezogen. Die Leute haben schon ziemlich geschockt reagiert, ein lesbisches Paar Hand in Hand durch die Straßen laufen zu sehen. Ich habe richtig gemerkt, wie manche nicht recht wussten, wo sie hinschauen sollen. Das war ich so aus der Großstadt nicht mehr gewohnt. Für Kempten wünsche ich mir mehr queere Sichtbarkeit. Ich kenne hier nur wenige queere Menschen und habe das Gefühl, jede:r bleibt so ein bisschen unter der Oberfläche für sich. In München gibt es zum Beispiel die She-La Party für Lesben und Freund:innen, aktuell in wechselnden Locations. Das fehlt hier. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Gay-Party im Parktheater in regelmäßigen Abständen? Da könnte sich die Community in einem Safe Space treffen, feiern, flirten und einfach zusammen eine gute Zeit haben.

„MUSIK IST MEIN LEBEN.“

Wo wir schon bei Partys, Clubs und Feiern sind: Musik scheint ja auch fernab der Tanzfläche eine große Rolle in deinem Leben einzunehmen – das lässt zumindest dein Instagram-Profil vermuten. Da veröffentlichst du musikalische Videos unter dem Pseudonym Sia Wine.

Absolut, ja – Musik spielt eine große Rolle in meinem Leben. Ich würde sogar so weit gehen und sagen: Musik ist mein Leben. Meinen ersten Auftritt hatte ich mit 16. Ich schreibe selbst Songs und spiele Gitarre. Zwischenzeitlich habe ich zwar einige Jahre Pause von der Musik gebraucht, weil ich mir unsicher war, wohin mich dieser Weg führen wird. 2020 bin ich dann aber wieder voll eingestiegen. Da habe ich dann zum Beispiel mit Losamol und anderen Künstler:innen zusammengearbeitet und einen Song für den guten Zweck aufgenommen.

Das klingt spannend! Gibt es aktuelle Projekte, ist was in Planung?

Ja, so einiges. Es sind Auftritte für den Sommer in Kempten und der Umgebung geplant. Aber es ist noch nichts spruchreif – ihr dürft gespannt sein!

Auch auf der Allgäuer Festwoche geht es ja dieses Jahr, nach zwei Jahren Pandemie-Pause, endlich wieder musikalisch zu. Treffen wir dich dort an und wenn ja, in welchem Outfit?

Aber sowas von! 2019 war ich da jeden Tag und ich muss sagen, ich habe mich dort verliebt … und zwar in die Vierspurige. Eine gefährliche Liebe … schmeckt süß und süffig, aber haut dann doch ganz schön rein (lacht). Wenn ich nicht gerade dort am Vierspurigenstand bin, gehe ich auch gerne mal ins Bierzelt, wenn ich mit einer größeren Gruppe unterwegs bin. Outfitmäßig steht bei mir Tracht auf dem Programm. Ich besitze sowohl ein Dirndl als auch eine Lederhose und wechsle da gerne ab.

Hast du ansonsten Pläne für den Sommer? Wie gestaltest du deine Freizeit hier im Allgäu?

Worauf ich mich sehr freue, ist mal wieder einen Tag am Alpsee zu verbringen und dort Tretboot zu fahren. Oder am Öschlesee im Seebad zu entspannen, da gibt es einen Kiosk, bei dem ich mir gerne das eine oder andere kühle Bier genehmige. Und wisst ihr was? Auch da können Tretboote ausgeliehen werden … ihr seht schon, wo meine geheime Leidenschaft hingeht (lacht). Außerdem freue ich mich sehr auf das Stadtfest im Juli. Es ist einfach so toll, dass sowas wieder stattfinden kann!

Das finden wir auch! Vielleicht sehen wir uns ja auf ein kühles Bier dort. Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast.

von Kathrin Hörmann

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