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WIRTSCHAFTSFAKTOR EMOTION

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ARCHITEKTUR & AUTO

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WIRTSCHAFTSFAKTOR EMOTION und Liebe zum Design. Nicht selten werden Designstücke zu Erbstücken und zu Wertanlagen. Unsere Lust auf Schönes ist ein wesentlicher Faktor für die Wirtschaft. Design DE LUXE möchte deshalb den Brückenschlag zwischen Traum und Wirtschaftlichkeit schaffen.

TEXT: BARBARA WALLNER

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Mah Jong wurde 1971 von Hans Hopfer für Roche Bobois entworfen und als Kompositionen von namhaften Designern – hier von Jean Paul Gaultier.

Wir lieben den Herbst. Die Tage werden kürzer, die Abende kühler – einfach die perfekte Gelegenheit, es sich auf der Couch gemütlich zu machen. Guten Wein in ein langstieliges Glas einzuschenken. Und zu träumen. Das Design DE LUXE steht Träumern und Planern zur Seite – sowohl beim Bestaunen jener Ikonen und Luxusstücke, die außerhalb unserer Reichweite sind, als auch jenen, die auf diesen Seiten Inspiration für die neue Küche, die neue Wohnlandschaft, das neue Auto suchen. Für viele von uns ist der Bugatti Veyron 16.4 Grand Sport 2.1 ein absolutes Traumauto. Das ikonische Stück wurde in diesem Sommer als erster Bugatti-Klassiker mit dem hauseigenen Echtheitszertifikat „La Maison Pur Sang“ ausgezeichnet, übersetzt etwa Vollblut oder reinrassig. Bugatti ist mehr als ein Auto – es bedeutet Sinnlichkeit, Abenteuer. Und Wertanlage. Die Kultmobile sind seit jeher begehrte Sammlerstücke und werden entsprechend gehegt und gepflegt. Wie sehr wird sich mancher Autoenthusiast darüber freuen, eine Geldanlage mit der eigenen Leiden-

Vollblut: Der Bugatti Veyron Grand Sport wurde als erster Klassiker mit dem Zertifikat „La Maison Pur Sang“ ausgezeichnet. schaft verbinden zu können. Diese Verbindung möchte auch Design DE LUXE schaffen, den Brückenschlag zwischen Wirtschaftlichkeit und der Freude am Besonderen – denn viel zu oft werden diese beiden Aspekte in unseren Köpfen getrennt. Wenn wir den Wirtschaftsteil in der Zeitung aufschlagen, ist es aus mit dem Träumen. Da lesen wir von Lieferschwierigkeiten und Rohstoffknappheit. Wochenlang hatten wir das Bild der quer liegenden Ever Given vor dem medialen Auge und mussten uns damit auseinandersetzen, was alles durch den Suezkanal kommt. Wir lesen von Unsicherheit und Inflation. Sie ist zu hoch, sagen die einen. Nein, die Angst ist unbegründet, die anderen. So oder so, sie ist da. Aber: Ist dann nicht gerade jetzt die Zeit, in Schönes, in Lebensfreude, in Qualität zu investieren? Lassen wir uns von düsteren Szenarien nicht die Lebensfreude nehmen, die Lust am Schönen. Unsere Emotion ist ein Wirtschaftsfaktor, auch die positive, sie setzt sich zusammen aus den Rohstoffen, die auf diesen Seiten durch Design und Handwerk zu Ikonen verwoben werden, die unser Leben, unser Zuhause, unseren Alltag so viel schöner machen. Lesen Sie in diesem Heft von Qualität und Werthaltigkeit. Von der Liebe zum Handwerk. Setzen wir uns damit auseinander, wie wir uns als mündige Endkonsumenten in dieser herausfordernden Zeit bewegen können, ohne die Lust am Schönen zu verlieren.

WAS MACHT DESIGN WERTVOLL?

Das Schöne ist ein Grundbedürfnis, das weiß auch die Wirtschaftspsychologie. „Das hedonistische Bedürfnis nach Ästhetik ist ein grundlegendes Motiv, das zum Handeln bewegt“, erklärt Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler, „Henry Murray (amerikanischer Psychologe, Anm.) hat bereits vor über 8 Jahrzehnten Ästhetik in seine Bedürfnisliste aufgenommen.“ Kein Wunder also, dass Kunst und Design eine bedeutende Rolle in der Wirtschaft spielen, meint er. „Der Preis wird nicht nur von den Material-, Herstellungskosten und einer Gewinnspanne bestimmt, sondern vor allem von der Nachfrage und den Zielen der Nachfragenden.“ Was dabei genau als ästhetisch wahrgenommen wird, ist natürlich individuell, aber eben nicht nur: „Ob ein Design, eine Form, eine Stilrichtung als hochwertige Kunst angesehen wird, hängt von den aktuellen Kunststilen und Moden ab sowie von den jeweiligen kulturspezifischen Definitionen von ästhetischen Normen. Die Kriterien der Bewertung variieren über die Zeit und von Kulturkreis zu Kulturkreis. Was zur Zeit des Barock als hohe Kunst galt,

Mah Jong inszeniert sich als der Inbegriff des Luxus – und wird dadurch auch zum Statussymbol.

wurde später als übertrieben bis kitschig verworfen“, so Kirchler. Mathias Harnisch, Designexperte des Dorotheums, beobachtet, dass der Zyklus der gesellschaftlichen Wahrnehmung kürzer geworden ist: „Die tatsächliche Wertentwicklung ist in der heutigen schnelllebigen Zeit immer kürzer währenden Trends unterworfen und so zunehmend schwerer vorhersehbar.“ Daraus ergibt sich für ihn, dass der persönliche Geschmack einen höheren Stellenwert einnimmt – schließlich ist dieser nachhaltiger: „So hat jedes Objekt für seinen Besitzer immer noch einen immateriellen Wert abseits der globalen Entwicklung auf dem Kunstmarkt. Design ist zudem auch etwas Individuelles und Persönliches – und Geschmäcker sind verschieden, wie es so schön heißt. Insofern sollten neben der Qualität und Verarbeitung des Möbels vor allem das eigene Ästhetikempfinden und die persönliche Sammelvorliebe Kriterien für den Kauf sein“, meint Harnisch.

STATUS UND ZUGEHÖRIGKEIT

244.000 Euro war 2018 jemand bereit, für das persönliche Ästhetikempfinden und die eigene Sammelvorliebe, wie Harnisch es beschreibt, auszugeben. Für eine Handtasche. Wir kennen sie alle: die Birkin Bag, die Tasche der Reichen und Schönen. Ganz abseits vom Anlagepotenzial sendet es eine Botschaft, mit einer solchen Tasche am Arm gesehen zu werden. Denn Kunst und Design haben soziales Identifikationspotenzial – wir drücken damit unsere Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe aus. Am augenscheinlichsten ist das wohl in der Mode, aber auch wer das Zuhause einer Person betritt, kann aus Einrichtung, Farbgebung, Stil und Ähnlichem schließen, mit wem er es hier zu tun hat. Und natürlich mit welcher Ein-

Jedes Kissen wird in einem exklusiven Atelier vollständig handgefertigt. Unter den Designern, die sich darin bereits verewigen durften waren unter anderem Missoni Home und Kenzo Takada. kommensklasse. „Bestimmte Designs und der Preis der Objekte sind symbolisch dafür, in der Gesellschaft zu zeigen, zu welchen Gruppen man gehört. Im hochpreisigen Segment dient der Preis auch als Eintrittskarte zu bestimmten sozialen Gruppen und verschließt die Tür für andere. Symbole für Zugehörigkeit und Abgrenzung sind in der Gesellschaft immer wichtig und zur Orientierung im Sozialgefüge notwendig gewesen – und auch während der Pandemie nicht minder bedeutend geworden“, erklärt Kirchler. Aber auch unser soziales sowie Umwelt- und Qualitätsbewusstsein zeigt sich in den Dingen, mit denen wir uns umgeben. Ginge es uns nur um den Status, würden wir zu Tropenholz und Pelzmantel greifen. Doch wir schätzen zunehmend jene Produzenten, die zu regionalen Rohstoffen, zu heimischem Qualitätshandwerk greifen. „Es ist anzunehmen, dass der Trend zu Nachhaltigkeit, zu Naturprodukten, zu hochwertiger Verarbeitung der Materialien dazu führt, dass die Wertschätzung in der Gesellschaft steigt, somit die Nachfrage zunimmt, was letztlich die Preise antreibt,“ so der Wirtschaftspsychologe.

ROHSTOFF: DAS ERSTE GLIED IN DER KETTE

Im Angesicht des fertigen Produkts kommt uns nur mehr selten der Rohstoff in den Sinn. Wenn es um Design geht, wird es in dieser Hinsicht aber spannend. Bei Holz oder Stein lieben wir die Maserungen, die jedes Stück zum Unikat machen, wir genießen die vermeintliche Verbundenheit mit der Herkunft der Naturmaterialien. Diese Sehnsucht nach Herkunft und Natur macht sich auch die Designbranche zunutze, wirbt mit heimischen Schätzen aus Wäldern und Steinbrüchen, die nicht CO2-intensiv um die halbe Welt geschickt werden müssen, um uns zu erfreuen (einen kleinen Überblick über diese Schatzkammern gibt es ab Seite 28).

Nachhaltigkeit. Ein Stichwort, das uns in den letzten Jahren geradezu auf Schritt und Tritt begleitet. Die Auswirkungen des Klimawandels konnten wir im vergangenen Sommer weltweit beobachten: verheerende Feuer, Überschwemmungen, Unwetter. Das Thema der Endkonsumentenverantwortung, des ethischen Handelns im eigenen Konsum wird immer größer, man setzt sich mit der Herkunft von Produkten und den dafür verwendeten Rohstoffen auseinander. Gezwungenermaßen hat auch die Pandemie dafür gesorgt, dass das Thema Rohstoffe in unseren Köpfen präsent ist. Reise- und Transportbeschränkungen, heruntergefahrene Produktionen und Lockdowns – all das hat dazu geführt, dass Lieferketten eingeschränkt waren, teilweise sogar zusammengebrochen sind. Das komplexe, weltumspannende Handelsnetz, das hinter den Produkten steht,

die wir täglich nutzen, hat Risse bekommen. Das Papier, das diese Zeilen trägt, war gar nicht einfach aufzutreiben, denn Holz gehört zu jenen Rohstoffen, die besonders von der Knappheit betroffen sind.

Nun, da das Licht am Ende des Tunnels absehbar ist und die Einschränkungen weniger werden, röhrt der Weltwirtschaftsmotor auf wie ein Sportwagen – doch die Reifen drehen durch: Lieferanten können die plötzliche Nachfrage nicht bedienen. „Der Aufschwung der Weltwirtschaft hat im Frühjahr 2021 sehr kräftig eingesetzt, für heuer wird das stärkste globale Wirtschaftswachstum seit 50 Jahren erwartet“, erklärt Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung: „Die anziehende Konjunktur hat aufgrund der stark gestiegenen Nachfrage die Preise wichtiger Industrierohstoffe auf ein Hochkonjunkturniveau getrieben. Zuvor hatten viele Rohstofflieferanten ihre Produktion nach unten angepasst und sind dann bei schnell anspringender Nachfrage mit den Lieferungen nicht nachgekommen. Dazu kommt, dass viele Unternehmen mit Lieferverzögerungen und kräftigen Preisaufschlägen durch fehlende Frachtkapazitäten konfrontiert sind.“ Corona alleine aber die Schuld an der derzeitigen Situation zu geben wäre zu kurz gegriffen, meint er: „Die Ursachen sind vielfältig: Wie erleben eine hohe Nachfrage aus den USA durch die Konjunkturpakete und zusätzlich eine anziehende Wirtschaft in Asien, vor allem in China. Hinzu kommt der Halbleiterboom für Chips, der für eine hohe Nachfrage nach hochreinem Silizium sorgt. Auch der steigende Bedarf nach E-Mobilität oder erneuerbaren Energien hat die Nachfrage nach Rohstoffen wie Lithium oder seltenen Erden in die Höhe getrieben. Halbleiter sind bereits seit Monaten Mangelware – mit massiven Folgen unter anderem für die Autoindustrie. Der weltweite Bauboom und niedrige Lagerstände haben die Holzpreise und Lieferzeiten nach oben getrieben.“ Trotzdem sieht Neumayer die Lage letztlich positiv: „Man darf nicht vergessen, dass wir Teil der eng vernetzten Weltwirtschaft sind und von dieser Vernetzung massiv profitieren. Außerdem sollte sich die

Ursprung und Ergebnis: in den Händen von Designern wie Rainer Mutsch wird Marmor zu Kunstwerken. Hier die AEON Collection, umgesetzt von Breitwieser.

Lage wieder etwas einpendeln. Der Preis für Schnittholz aus den USA ist deutlich gesunken, auch bei Eisenerz und Kupfer beginnt der Trend nach unten zu zeigen. Also: Entspannung sollte in Sicht sein.“

EIN „NEUES NORMAL“

Auch Gerald Hörhan, „Investmentpunk“ und ebensolcher -experte, rechnet damit, dass sich die Lage einpendeln wird, wie das auch in der Vergangenheit bereits der Fall war. Denn die Finanzmärkte seien, wenn auch nicht langfristig, emotional getrieben: „Zunächst kommt der große Schock, der für eine emotionale Überreaktion sorgt – genauso wie man umgekehrt in Boomzeiten Risiko oft zu gering bewertet. Die Dinge kommen dann schneller als gedacht wieder auf das Normalniveau zurück.“ Aber er gibt zu bedenken: „Wir werden ein neues Normal erleben. Das Virus wird uns bleiben, auf die Klimakatastrophe haben wir heuer ein paar Hinweise gesehen, und zwar weltweit. Das wird die Welt in fundamentalen Fragen ganz massiv verändern.“

Stefan Knopp holt die Kraft des Holzes durch sein Handwerk in den Wohnraum. Mit seiner speziellen Flammtechnik arbeitet er den Charakter des jeweiligen Stammes heraus.

Womit wir wieder beim Stichwort Nachhaltigkeit wären. Seit Langem wird es als nachhaltig gepriesen, auf regionale Produkte zu setzen – dass jene Betriebe, die auf kurze Lieferketten und regionale Vorprodukte gesetzt haben, auch jetzt im Vorteil sind, hat dieses Verkaufsargument noch verstärkt. Regional ist nicht nur umweltfreundlicher, erzählt man uns, es ist auch krisenresistenter. Ob das so bleiben wird? „Es ist noch zu früh, um das zu beurteilen“, findet Hörhan, „das hängt damit zusammen, wie sich die Restriktionen im Zuge des Klimawandels entwickeln werden.“ CO2-Ausstoß werde tendenziell teurer, in Kombination mit dem sogenannten Climate Shame, also der sozialen Stigmatisierung von Umweltbelastungen, werde sich das auch auf den Transport von Rohstoffen auswirken.

IST REGIONAL AUTOMATISCH NACHHALTIGER?

„In Österreich werden pro Jahr rund 80 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe gewonnen“, berichtet Georg Scattolin, Leiter des Bereichs Global Solutions bei WWF Österreich. Im Bereich der Baurohstoffe wie Sand und Kies sei Österreich Selbstversorger, bei Metallen

Minottis Tisch Marvin in Bianconero Marmor. Entworfen wurde das ikonische Stück von Rodolfo Dordoni, der schon lange mit Minotti zusammenarbeitet. und fossilen Energieträgern jedoch in hohem Maße von Importen abhängig. Doch auch wenn Regionalisierung eine Einsparung bei transportbedingten Emissionen bedeute, heißt das nicht, dass sie automatisch nachhaltig ist, gibt er zu bedenken: „Bergbau und beispielsweise Schotterabbau in Flüssen sind immer schwerwiegende Eingriffe in die Natur.“

Auch das Thema Holz sollte man sich genauer ansehen: Die Vorstellung, dass einst ein heimisches Reh an unserem Holztisch aus den österreichischen Wäldern knabberte, gefällt uns – und wir müssen auch kein schlechtes Gewissen haben, denn es wird ja nachgepflanzt, das Holz kommt aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Aber wie so oft ist es leider auch nicht ganz so einfach – denn Ökosysteme unterliegen immer einer ganz speziellen Balance, alles, was der Mensch entnimmt, hat eine Auswirkung, die über eine reine Plus-Minus-Rechnung hinausgeht, wie WWF-Waldexpertin Karin Enzenhofer erklärt: „Grundsätzlich geht es nicht um die Frage, ob es genug Holz in Österreich gibt, sondern ob die Nutzung naturverträglich erfolgt und in großer Menge noch naturverträglich erfolgen kann. Meistens wird zur Beurteilung nur das Verhältnis von Nutzung und Zuwachs herangezogen: Wenn weniger Holz genutzt wird als nachwächst, ist die Nutzung nachhaltig, weil insgesamt das Holz im Wald nicht weniger wird. Aber: Wir müssen auch andere Faktoren miteinbeziehen, etwa Totholz, Kohlenstoffspeicherung und auch ganz besonders das Risiko gegenüber Borkenkäfern und Wetterextremsituationen. Nur wenn wir eine Gesamtrechnung durchführen, sehen wir, wie es dem Wald aktuell geht.“ Was natürlich nicht heißt, dass wir die Flinte ins Korn werfen und gleich zum Tropenholz greifen sollen – aber es sollte uns zum Nachdenken anregen. „Auch wenn in Österreich in puncto naturverträglicher Holznutzung noch einiges zu tun ist, ist Holz aus Österreich einem Tropenholz oder einem Holz aus fernen Ländern jedenfalls vorzuziehen“, so Enzenhofer, „Das heißt als Konsument, dass es wichtig ist, auf die Herkunft des Holzes zu achten. Beim Kauf von nichtösterreichischen Hölzern ist das Siegel FSC eine gute Orientierung. Ein enorm wichtiger Punkt ist auch die Nutzungsdauer. Die Verwendungsdauer der Holzprodukte hat einen immens großen Einfluss auf den ökologischen Fußabdruck. Das heißt die Produkte sollten für eine möglichst lange Nutzungsdauer designt werden.“

WERTANLAGE SAMMLERSTÜCK

Wirkliche Nachhaltigkeit ist also langlebig – sie braucht Qualität: Uromas Geschirr, das wir immer noch verwenden, die Couch, die wir zum vierten Mal neu überziehen lassen, weil die Polster immer noch nicht durchgesessen sind.

Wegwerfen ist nie nachhaltig. Im Designbereich gibt es zahlreiche Klassiker, die über Generationen weitergegeben werden, ohne sich Trends und Moden zu unterwerfen. Unsere Großmutter saß schon auf Thonet- und Wittmann-Stühlen, und unsere Enkel werden es genauso tun. Diese Stücke avancieren vom Gebrauchsgegenstand zum Liebhaberstück und weiter zur Anlageform. Das derzeit teuerste Möbelstück der Welt, das Badminton Cabinet, ist ein Barockschrank, der im 18. Jahrhundert in den Pietra-Dura-Werkstätten der Medici in Florenz für den englischen Duke of Beaufort gefertigt wurde.

2004 wurde das Stück bei Christie’s für rund 27 Millionen Euro versteigert – an das Wiener Liechtenstein Museum. Und auch wenn der Ebenholzschrank mit Einlegearbeiten aus Lapislazuli, Amethyst, Jaspis und Quarz sicher sehr edel und hochwertig ist – diesen Preis erzielt er nicht wegen des Materials. Gutes Design macht Dinge wertvoll – und damit nachhaltig. Zugegeben, Großmamas Nussholzgarnitur mag keine solche Wertsteigerung erfahren – aber wer weiß, in wie vielen Haushalten sich geheime Wertanlagen verbergen? Was einen Gebrauchsgegenstand zur Ikone

Minottis Lido 02 bringt Farbenfreude ins Leben.

Nicht nur die Innenausstattung, auch die Lage einer Immobilie sorgt für Status und Prestige. Und gleichzeitig erhöht sie den Anlagewert. Hier das Palais Schottenring in der Wiener Innenstadt.

und damit zum Anlagestück macht, kann man übrigens auch in diesem Magazin nachlesen (S. 52).

DER ÖSTERREICHER UND SEIN NEST

Das eigene Zuhause ist so viel mehr als die Summe seiner Teile. Es ist Lebensgefühl. Und darin sind wir bereit zu investieren – mit einer geradezu absurden Determination, findet „Investmentpunk“ und Immobilieninvestor Gerald Hörhan: „Die Österreicher haben eine Besonderheit – sie investieren irre viel in die eigene Wohnsituation. Wenn man sich ansieht, was in anderen Ländern – England, Frankreich zum Beispiel – als Wohnraum akzeptiert wird, das wäre in Österreich unvermietbar. Selbst Menschen mit weniger Geld haben Luxusküchen und Tischlermöbel – auf Schulden. Verrückt. Wirtschaftlicher Selbstmord, kann man nur sagen.“ Wobei Hörhan einräumt, dass er selbst sicherlich eine Ausnahme sei: „Meine Wohnung sieht aus wie eine Airportlounge – weil es mir egal ist. Dafür liegt sie am Stephansplatz.“ Auch der Kauf eines Eigenheims ist für ihn eine eher suizidale Entscheidung. Und die ökonomische Lebensmüdigkeit scheint zu steigen. Laut Statistik Austria ist die Eigenheimquote im letzten Jahr auf 48,8 Prozent geklettert – die höchste der letzten fünf Jahre. Auch Wohnkredite für Einrichtung oder Renovierungen werden gerne in Anspruch genommen, berichtet Bank-Austria-Pressesprecher Matthias Raftl – auch wenn man natürlich nicht genau sagen könne, ob es sich dabei um Luxusküchen oder -bäder handle oder um moderatere Anschaffungen.

Was man nicht durcheinanderbringen sollte, sind Eigenheim und Wertanlage. Immobilien gelten als der Goldstandard der sicheren Investments – fraglich ist nur, wie sehr eine hoch verschuldete Immobilie als Wertanlage dienen kann. Mischt sich Sehnsucht mit Anlageverhalten? Erfüllen wir uns den Wunsch nach dem Eigenheim mit dem Argument der sicheren Wertanlage? Die Antwort kann sich letztendlich jeder nur selbst geben. Für Daniel Jelitzka, Geschäftsführer von JP Immobilien, haben Sehnsucht und Anlageverhalten nichts miteinander zu tun: „Wenn ich mir etwas Gutes tun möchte, dann bin ich auch bereit, Geld dafür auszugeben, ohne dem eine wirtschaftliche Berechnung zugrunde zu legen.“ Und das dürfe man auch, ist er überzeugt: „Ganz einfach: Wenn ich Geld für etwas ausgebe, das mein Leben schöner macht, dann ist das ein gutes Investment. Natürlich kann ich dann noch entscheiden, in welcher Preisklasse ich mich umsehe. Prinzipiell aber ist jedes Investment gut, das ich brauche – oder das mich glücklich macht. Es ist ein Investment in das eigene Serotonin, und das ist unbezahlbar.“ Investieren wir also in uns selbst – es lohnt sich. ∏

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