3 minute read

ARCHITEKTUR & AUTO

Next Article
MOBILITY

MOBILITY

TECHNOLOGIE

UND SINNLICHKEIT

Advertisement

Das Auto verbindet seit jeher technischen Fortschritt mit Sinnlichkeit. Kultmarken wie BMW und Porsche schaffen sich dazu passend ihre Identifikationstempel, deren Architektur diese Verbindung manifestiert und als Mythos verankert. Ein Porträt zweier Welten.

TEXT: BARBARA WALLNER

W

er auf die breiten Glastüren des Porsche Museum zugeht, wird merken, dass sich die Schritte beschleunigen. Das ist kein Zufall. Denn die drei Prozent Gefälle im Eingangsbereich sind genau dafür da, uns in das ikonische Gebäude hineingleiten zu lassen. Und das ist nicht der einzige dramaturgische Trick, mit dem das Architekturbüro Delugan Meissl den Identifikationstempel der Kultmarke zum Erlebnis macht, erklärt Architekt Martin Josst: „Die Herausforderung für uns war es, diesen Mythos Porsche, den man seit der frühen Kindheit in sich trägt, in die Architektur zu transportieren.“ Erhabenheit ist das Wort, das er gebraucht, wenn er über die Vision des Gebäudes spricht. Er hebt die Hände, wie Atlas, der die Welt stemmt, und demonstriert damit

zugleich den Gedanken hinter dem Gebäude. Denn der Korpus scheint zu schweben, getragen von v-förmigen Stehern. Die Unterseite ist durch hochpolierten Edelstahl komplett verspiegelt. „Ein Taxifahrer, der aus Griechenland kam, hat mir einmal erzählt, der Bau erinnere ihn ans Mittelmeer“, erzählt Josst. Dabei ist die Anmutung recht kantig: „Das ist ein bewusst gesetzter Kontrapunkt, damit wir uns nicht in eine Gleichartigkeit oder ein Nachahmen der Formen der Autos begeben. Die Form sollte aber trotzdem dynamisch und kraftvoll sein – man sieht ja auch förmlich die Kraftverläufe in der Architektur des Gebäudes.“

Das Foyer ist bewusst klein gehalten, fokussiert auf die Klassikwerkstatt. Hier kann man beobachten, wie an Kultautos geschraubt, wie

Wirbelsturm und Vierzylinder – die BMW Welt und das BMW-Hochhaus sind Wahrzeichen.

Leder gespannt wird. Die Botschaft ist klar – hier entstehen Liebhaberstücke. „Dann kommt der Moment, an dem man eine der zwei Rolltreppen betritt, die einen in diesen schwebenden Baukörper tragen“, erzählt Josst und verliert sich fast ein bisschen in der eigenen Beschreibung, „man gleitet in diesen Kosmos Porsche hinein.“ Hier verändert sich das Gebäude nicht nur visuell, auch die Akustik ist gedämpfter. Der Raum ist bis auf ein Fenster völlig geschlossen, Boden und Wände sind weiß. Das von außen so imposante Bauwerk nimmt sich hier völlig zurück und lässt den wirklichen Superstars den Vortritt – den Autos.

EINE WELT FÜR BMW

Schon der Vierzylinder, wie das BMWHochhaus in München heißt, ist heute ein Wahrzeichen. Die Geschichte von Karl Schwanzer, der seinen Studenten 1968 sagte: „Ab heute glaub ich an den Weihnachtsmann, ich hab BMW gewonnen“, ist ein fixer Bestandteil seiner Legende. Wolf Prix, Mitbegründer der Architektenkooperative Coop Himmelb(l)au, war damals ein Schüler Schwanzers. 35 Jahre später, er bereitet sich gerade auf eine Vorlesung vor, läutet auch sein Telefon. Sein Entwurf wird als BMW Welt Wirklichkeit werden. Was er seinen Studenten sagt, ist: „Heute lehre ich euch Geduld – denn vielleicht könnt ihr in 40 Jahren ein Gebäude neben meines bauen.“ Ziel sei es gewesen, die Dynamik des Autos in der Architektur umzusetzen, erklärt Prix. Der Ansatz, den er wählt, ist ein ganz anderer als der, den Delugan Meissl Jahre später bei Porsche umsetzen werden: „Grundidee war, einen Wirbelsturm aus einem dynamischen Doppelkegel zu entwickeln, der dann zum Dach wird“, so der Architekt. Wie schafft man sinnliche Architektur, die gleichsam den technologischen Fortschritt vermittelt, und wie manifestiert sich beides im Auto als Kulturphänomen? „Wir haben das zum einen über fließende Formen und Kurven erreicht, die Bewegung in den Raum bringen, andererseits über Raumdifferenzierung, über die Verschiedenartigkeit der Erlebnisse.“ Deshalb gebe es auch Eventflächen und Gastronomie innerhalb des Gebäudekomplexes – das Ziel sei es gewesen, Aufenthaltsqualitäten zu schaffen. Ob man Ehrfurcht gebieten wolle? Nein, keinesfalls: „Ehrfurcht gehört vielleicht in eine Kirche – die BMW Welt ist ein öffentlicher Raum. Es ist eine Bühne, auf der ein Produkt präsentiert wird, in diesem Fall das Auto.“ Das Auto selbst sei zwar ebenfalls ein Raum, in der Dramaturgie aber völlig unterschiedlich zur Architektur: „Im Auto sitzt man und wird bewegt – in der Architektur bewegt man sich dreidimensional und erfährt sie so ganz anders.“ Die BMW Welt ist natürlich auch ein Herzensprojekt des ehemaligen Rallyefahrers – auch wenn der 8er-BMW, den er heute fährt, nicht mehr viel gemein hat mit dem kleinen Puch 500, mit dem er damals kleine Bergrennen gefahren ist. Die Seite der heutigen Kraftmaschine ziert übrigens eine von Prix selbst gezeichnete Skizze der BMW Welt. ∏

This article is from: