AD 09/2018

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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Deutschland  September 2018 / 8 Euro

Zum Anbeißen

Tableware, die Sie so garantiert noch nie gesehen haben Auf zum Designfestival! Mit Lichtstar Lee Broom durch London

Bohème

September 2018 Deutschland 8 € Deutschland, Österreich / 13 SFr Schweiz

Die Kunst der Lässigkeit in Palermo, Paris, Kopenhagen

Das kleine Grüne Renaissance des Schrebergartens


Inhalt September 70

Studio Das Aus für Plastikstuhl & Gartenzwerg: Im Schrebergarten von heute wird die Parzelle zum Paradies. 78 Praxis 80 Guide

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Architektur 84

Projekt 60

An Mexikos Südküste steht ein introvertiertes Haus wie eine fast vergessene Lücke im Alltag.

Daria Zinovatnaya

Das große Krabbeln 97

Panorama 98

Kunst Die chinesische Künstlerin Cao Fei dokumentiert das absolute Jetzt. 101 Ausstellungen 102 Julius Bissier 106 Bücher

90 Radar

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Garten 27 Editorial 28 Impressum 35 Entdeckung 36 Agenda 41 AD stellt vor

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Wo einst Abfälle lagerten, blühen nun Orchideenbäume: der Paradiesgarten mitten in der Medina von Marrakesch.

108

Reise Wohin, wenn es nicht mehr höher, schneller, weiter geht? Auf die Schiene! 112 Reise Neuheiten

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Cover: Helenio Barbetta / Living Inside; Porträt: Kamilla Hanapova; Fotos: La DoubleJ; Marianne Majerus; Nome Furniture

Stil 44

Neuheiten Die Stil-News – von Poltrona Fraus coolem Leder-Lounger „Byron“ bis zu Versaces Tischchen im Disco-Look von Bo Derek.

92

Blühende Medina

56 Thema

58

Dior Atmen Sie tief ein! Dior-Parfumeur François Demachy hat einen betörenden Duftgarten für die neue „Maison Christian Dior“-Linie kreiert. 60 Talent

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Ikone Charmante Sessel und schwebende Schreibtische: Bodil Kjærs Entwürfe sind – noch immer! – der Zeit voraus. 64 Inspiration 68 Adresse Armani

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Unikat, 1960 17


Inhalt September 115

Leben 116

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Stefania Aristei

Das Leben ist ein langer Fluss Louis XV, Régence – und Hervé Van der Straeten. So lebt der Möbelkünstler auf der Pariser Île Saint-Louis.

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„Farben verlangen Respekt!“

Porträt: Helenio Barbetta / Living Inside; Fotos: The Invisible Collection; Stephan Julliard

Nadia Olive Schnack krempelte die Villa eines malenden Polarforschers in Frederiksberg um – und huldigt ihm doch.

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Passion für Patina Mit sizilianischer Opulenz und graziler Anmut erzählt Dario Longo in Palermo seine Version von Vintage.

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Die Schichten der Geschichte In einer alten Schuhfabrik in Norditalien erfüllte sich ein Fotograf seinen Traum: eine Symbiose aus Industrie und bellezza.

150

Forum Stefanianum Stefania Aristei zog ins römische Viertel Monti und sattelte um. Seither widmet sich die Juristin ganz dem Design.

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Chez Alix

158

Das geheime Leben der Dinge In seiner aparten Wohnung in Mailand verwickelt der Architekt Nicola Resta Gegenstände in eine kultivierte Plauderei.

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Troddeln am Stiel

Stadtgrün Eine wagemutige Besitzerin, eine Stardesignerin und ein Garten mitten in Paris. Allez hopp: Heraus kommt ein Feuerwerk des Stils! 172 Summaries 173 AD bei … AD 174 AD bei … Vola  176 Apropos 178 Genie & Spleen

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AD Editorial

„Auch ein Coffeetable ist eine Erzählung. Was hier mit treffsicherer Nachlässigkeit versammelt scheint, ist am Ende vielleicht der Ort, an dem das Geheimnis wohnt.“

Foto: Marco Bertolini; Porträt: René Fietzek

E in paar Vasen, ein Pferdchen, eine Kerze, eine Schar von Schach­ teln, ein Stapel Bücher auf einem Coffeetable. In tausendfacher Variation gesehen und leicht abgetan: dekorative Geste? Staubfän­ gertum? Plunderparade? Sammlerstolz? Die Geschichte der Zivili­ sation ist in den eigenen vier Wänden immer auch eine des Anhäu­ fens von Dingen, die der Mensch nicht wirklich braucht. Ausdruck einer Passion, die wahnhafte Züge annehmen und doch so hin­ reißende Triumphe feiern kann. Und es müssen beileibe keine Ming-Vasen sein. Wer erinnert sich nicht des grandiosen Gefühls, das einen überfiel, wenn es gelungen war, das so lange gesuchte letzte Bild eines Panini-Albums in den Händen zu halten? Ethnologen wie Werner Muensterberger, der einmal ein wun­ derbares Buch über die psychologische Dimension des Sammelns geschrieben hat, markieren darin auch den heroischen Versuch, Ordnung – irgendeine Ordnung – in das Chaos der Erscheinungen zu bringen. Den Versuch, wieder ein Ganzes zu gewinnen aus den Fragmenten, die man aufsammeln konnte. Phänomenologisch be­ trachtet, ist das Zusammenführen verstreuter Gegenstände auch ein kulturtragender Akt des Bewahrens. Das reicht von den Wun­

derkammern und Kunstschränken der Renaissance bis hin zum neuzeitlichen Museum (das sich meist ja auch der individuellen Sammlungspraxis europäischer Fürstenhäuser verdankt). Es gibt kein noch so fantastisches Objekt, das nicht die Begier­ de eines Sammlers erregt hätte. Dabei ist das wichtigste Stück ei­ ner Sammlung immer das, was ihr noch fehlt. Zugleich bedeutet die sammelnde Geste auch ein Stück Heilung und Trost, für wel­ che Wunde auch immer. Dinge enttäuschen vermeintlich nicht, sie liefern exakt das Momentum an Magie, das derjenige, der die Stü­ cke um sich reiht, ihnen zuschreibt. Gleichwohl muss man nicht unbedingt vor jedem hübschen Ensemble, das einem auf einem Sideboard begegnet, in die Psyche des Sammlers eintauchen – es ist aber doch ein schöner Gedanke zu wissen, dass hier etwas errichtet ist, das Wohlgefallen spendet und Freude jenseits bloßer Oberflächenqualitäten. Meist ist so ein Ensemble kunstvoll arran­ gierter Funde auch ein Theater der eigenen Erinnerungen. In diesem Sinne die Lebensräume der Bohemiennes und Bohe­ miens zu durchstreifen, die wir diesen Monat besucht haben, bietet einen Schlüssel von eigenem Reiz, um eine Ahnung zu bekommen, wie wenig zufällig ausgerechnet das ist, was wir mit scheinbar nachlässiger Geste um uns versammeln. Vielleicht sitzt das Ge­ heimnis genau da, zwischen dem Pferdchen und der Vase.

O liver Jahn

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Stil

Neuheiten, Thema, Adresse, Talent, Ikone, Inspiration, Studio, Praxis und Guide

Vive la Franse! Hängen, aber schwingen. Kaschieren, aber kokettieren – das Comeback der Franse ist ihren mannigfaltigen Talenten geschuldet. Und dem Flair, das sie versprüht: Bohème ist kein Stil, sondern eine Haltung. Munnas „Fringes“-Sessel mag also auf den ersten Blick klassisch samtig daherkommen, wäre da nicht der akkurate Stufenschnitt, den Daniel Duarte ihm verpasst hat. Boho? Ein echter Vanity Chair! 2940 Euro. SF

Foto: Luis Díaz Díaz

munnade sign.com

Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

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Stil Neuheiten

Troposphäre Im Teppichparadies Verstaubte Traditionen? Hat India Mahdavi einfach weggeblasen! Und für „Garden of Eden“ Blätter imaginiert, die vom Wind erfasst durch persische Gärten wirbeln, um sich schließlich mal ungestüm, mal brav in Reihe auf ihren Wollteppichen niederzulassen. Zick­zack­ kanten ersetzen die konventionellen Fransen. In vier intensiven F ­ arb­stellungen, die die Monate März (rechts), Juni, September, Dezember und ­ihre jeweiligen Jahreszeiten symbolisieren. Ab 5350 Euro. NLV golran.c om

Licht & Schatten Urwüchsige Fächerpalmblätter aus den tropischen Wäldern Yucatáns standen Pate für „Inez Chandelier“ von Rosie Li. Handgearbeitet aus patiniertem Kupfer, Messing und Alabaster. 9750 Euro. rosieli.com

Feurige Typen Satt pigmentierte Emaille ließ Kwangho Lee wie glühende Lava über Kupferbleche fließen. In Kirschholz gefasst, zählt seine Linie „Shape of a River“ 25 Möbelstücke. Preise auf Anfrage. salon9 4 de sign.com

Flirrend schöne Schreine Als hätte sich die schwere Hitze der Tropen in die Form gebrannt! Ronan und Erwan Bouroullecs Objekte „Alcova“ aus venezianischem Glas sind glühend gelb, rotbraun oder libellengrün und allein oder als ganze Landschaft very hot. Ab 2250 Euro für ein Trio. wonderglas s.com

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Fotos: Golran; Galerie Vivid; Kwangho Lee and Salon 94 Design; Leonardo Duggento; Black & Steil

Useful Column Painting 2“ Thomas Trum für Galerie Vivid Gesso und Acryl auf Holz Preis auf Anfrage thomastr um.nl


Stil Neuheiten

Adrett kokett Weniger ist mehr! Der Name suggeriert, bei der Entstehung von Northerns Daybed „Daybe“ sei nicht ganz zu Ende gedacht worden. Doch das ausgeklügelte Sofa, das mit nur einem Griff zum Bett wird, überzeugt sofort vom Gegenteil, ab 2970 Euro. nor thern.no

Neue Rolle Die haben den Bogen raus: Lange fristeten Troddeln ein rein dekoratives Dasein. Nun erfinden sich die Quasten neu und hängen – statt an Vorhängen – an den Metallmasten von Pierre Gonalons’ Leuch­ten­serie „Empire“. Als Lampenschirme! Ab 750 Euro. theinvisible colle c tion.com

Fotos: Chris Tonnesen; The Invisible Collection; Charlie Schuck; Fracas; Hieronymus

Wer ist der Schönste?

„Galata“ Edvin Klasson für Fracas in div. Farben 440 Euro f r aca s - o nl i ne.co m

Spiel mit der Form Zylinder, Quader, Zylinder. Wie ein Relief wird die subtile Gestalt von Hieronymus' „Sculpture Pen“ aus einem massiven Stück Messing herausgearbeitet. Für klare Worte sorgt die goldene Feder, 2230 Euro. FW hieronymus- cp.com

Studio Bower schicken mit dem „Ring Chair“ (1835 Euro) und dem nuss­ baumgerahmten „Half Circle Mirror“ (1385 Euro) zwei Favoriten ins Rennen. b ower-s tudios.com


Sushi bei Mondschein: Rosenthals Speiseteller „Suomi Ardesia“ mit schwarzem Rand, „Mesh Line“ mit Schraffierung und „Mesh Colours“ in Schwarz, 31, 16 bzw. 21 Euro. Edelstahlbesteck „Nuovo Milano“ von Alessi, im Set 920 Euro; Riedels „Vinum“-Gläser, als Duo 45 Euro. Auf Zack! Links oben Stein­gutkaraffe „Zag“ von Atelier Polyhedre (320 Euro), unten Meissens „­Antarctica“-Krug, 49 Euro. Aus Biskuitporzellan sind KPMs Windlichter „Planeta­rium“, je 88 Euro. Schale für Soße und Suppe: „­Fluen“ von Fürstenberg, ab 39 Euro. Weiser Kopf mit stiff upper lip: Weinkühler „Prome­theus“ von Sieger by Fürstenberg, 499 Euro.


Stil Inspiration

Mit Essen spielt man nicht Oder doch? En miniature formte Knetkünstlerin Irma Gruenholz unsere liebsten Tischgenossen. Produk tion Sally Fuls Tex t Nina Luisa Vesic und Friederike Weißbach Illus trationen und Fotos Irma Gruenholz

Morgenstund: das Service „Fluen“ im Dekor „Shifting Colors“ von Fürstenberg – vom Speise- und Früh­ stücks­teller (99 und 49 Euro) über die Müsli- und Dippschalen (49 bzw. 39 Euro) bis hin zu Zuckerdose und Étagère (99 und 199 Euro). Hat Gold im Mund! Messingbesteck von Koi­ chi Futatsumata für Valerie Objects, Set 747 Euro. Ekaterina Semenovas zweiarmige Tonkaraffe, 114 Euro. Silberkrug „Magnum“ mit Nussbaumgriff von Meister 1881, 21 000 Euro. Eierbecher von Hedwig Bollhagen, 18 Euro. Brotkorb „CC Bowl“ aus Ton von Humble Matter, 625 Euro.

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Tex t Sally Fuls

Die RĂźckkehr der Laubenpieper Das Aus fĂźr Gartenzwerg und Plastikstuhl: Im Schrebergarten von heute wird die Parzelle zum Paradies und die Laube zur Datscha de luxe.

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Stil Studio

S ie kennen das vielleicht. Die wilden Zwanziger liegen ein paar Jährchen zurück, die Familie wird größer, die Kater dauern länger, die Einschläge kommen näher. Ein Zustand, in dem man sich entscheiden muss. Lebenskrise? Teures Auto? Oder besser: ein Garten! Eigener Hände Arbeit, sich selbst versorgen und den Rücken gleich mit. Leider haben mitten in der Stadt die wenigsten die Möglichkeit, einen urbanen hortus conclusus anzulegen. Aber auch wer kein zeit-, kosten- und arbeitsintensives Projekt wie ein Wochenendhaus wagen möchte, kann seinen Allerweltsdaumen zum grünen trimmen. Die Lösung lautet: Schrebergarten. Bestenfalls fußläufig erreichbar, samt Häuschen, das auch stilistisch einen zweiten Lebensentwurf spiegeln darf. Dass man daraus weitaus mehr machen kann als einen möblierten Regenunterstand, weiß Melissa Antonius, Interiordesignerin und eine Hälfte des Berliner Duos Antonius Schimmelbusch, die seit Januar selbst Pächterin einer Parzelle samt Laube ist. Daraus, das ist ihr Plan, soll „zukünftig ein Mini-Cottage werden“.

Fotos: Hannah Queen; Tuomas Uusheimo; Altrad Limex; Mark Scheppert

Der Anfang In Deutschland existieren mehr als 910 000 Kleingärten. Wer einen davon pachten möchte, muss zuallererst suchen. Zum Beispiel bei Ebay Kleinanzeigen, auf Immobilien Scout oder gezielt die Internetseite 14 Quadratmeter misst das City Cottage (o.) von Verstas Architects – das Küchen­ zeile, Spüle und drei mögliche Schlaf­ gäste unter ein Dach bringt. Rustikaler ging es in der DDR zu, an der Datsche links bauten die Besitzer damals über fünf Jahre. Unten: Schubkarre „Limex“ (70 Euro), ein praktischer Helfer beim Beackern jedes kleinen und größeren (li. Seite in Blue Ridge, Georgia) Gartens.


Tex t Andreas Kühnlein Fotos Nin Solis

Béton brut: Architekt Ludwig Gode­froy versteht sich als Brutalist mit Liebe zum Hand­gearbeiteten und zum Lokalkolorit. Ein Haus in Mexiko, sagt er, muss vor allem mexikanisch sein. Zur Casa Zicatela ließ er sich deshalb von traditionellen Haziendas und alten Maya-­Stätten inspirieren.

Unter freiem Himmel Mauern, die befreiend wirken: An der Südküste Mexikos steht ein introvertiertes Haus wie eine fast vergessene Lücke im Alltag – ohne Fenster, ohne Dach, dafür in absoluter Ungestörtheit. 84


Architektur Projekt

Von draußen ver­ zichtet die Casa Zi­ catela auf jegliche Details – ein trut­ ziger, schachtelar­ tiger Bau, durch­ brochen einzig von zwei Holztoren. Wer hier wohnt und wie, enthüllt sich erst beim Eintreten. Drinnen ist alles im Fluss, das Schlafzimmer unten re. braucht nicht ein­ mal eine Schwelle.

Fotos: Nin Solis / Living Inside

V ier Wände und ein Dach – so hat OMA-Partner Reinier de Graaf den Job des Architekten kürzlich auf den Punkt gebracht. Freilich gehört am Ende meistens doch mehr dazu. Manchmal aber auch weniger. Ludwig Godefroy ist Architekt. Und ein Meister der Reduktion. Sein jüngstes Projekt zelebriert die Kunst des Weglassens. Vom üblichen Set sind bloß die Wände übrig – kein Dach, auch keine Fenster oder jedwede Details; ein Guckkasten ganz aus Beton, den Blick streng nach oben gerichtet. Von außen ist die Casa Zicatela uneinnehmbar und verschlossen; ein Ort, der seinen Bewohner aus der Welt heraus in einen Zwischenraum versetzt, in dem die Zeit stillsteht wie in einer vergessenen Maya-Ruine. Aufgewachsen ist Godefroy in Frankreich, in Paris hat er studiert, später dann bei OMA in Rotterdam gearbeitet. Nach Mexico C ­ ity ging er vor elf Jahren. „Heute“, erzählt er, „bin ich hier der Franzose und in meiner Heimat der Mexikaner.“ Genau das ist die Perspektive, die er auch als Architekt ganz bewusst einnimmt. Manche Details, sagt er, sehe man als Außenstehender tatsächlich besser. Und so mischen sich in der Casa Zicatela die Weltkriegsbunker der Normandieküste mit der Monumentalität der Maya-Stufenpyramide, auch wenn die hier quasi negativ und auf die Spitze gestellt aufscheint. Sein wichtigster Bezugspunkt in der ­Architekturgeschichte ist der Brutalismus


Tex t Barbara G är tner

Porträt: Myrzik und Jarisch / © BMW AG; Fotos: Courtesy of the artist and Vitamin Creative Space

Immer im Jetzt

Sollen doch die anderen für die Ewigkeit malen! Die chinesische Künstlerin Cao Fei dokumentiert das absolute Jetzt. Schwebend, träumerisch und mit den technisch modernsten Mitteln ihrer Zeit.


Panorama Kunst

U nd bitte noch mal. Zwei Minuten wird der Film am Ende dauern, ein Interviewgeplänkel zwischen dem Direktor der Art Basel, Marc Spiegler, und der Künstlerin vor ihrem jüngsten Werk für die Facebook-Seite des Sponsors. Doch immer wieder hakt es, muss die Aufnahme von vorn beginnen. Cao Fei erträgt es stoisch. Die

Hände in den Hosentaschen, das Neo-Grunge-Holzfällerhemd aufgeknöpft, so antwortet sie auf immer gleiche Fragen – die ewig gleichen Erwartungen lässt sie einfach abperlen. Die Erwartungen sind enorm. Gerade hier auf der Art Basel Hong Kong, wo Besucher aus dem Westen elektrisiert smalltalken, dass genau das ja wohl die Zukunft sei, Hong Kong, China, ach was: Asien! Die Zukunft des Wohnens (beengt), der Kunst (kleinformatige Malerei, aus Mangel an Raum), der Technik (augmented) und des Konsums (freudig). Und weil das Seherische zur Berufsbezeichnung von Künstlern gehört und die Multimedia-Arbeiten von Cao Fei gerade so exotisch sind, dass sie als gleichermaßen neu, anders und doch für das westliche Kunstpublikum lesbar sind, wird sie gern als Übersetzerin gefragt: zwischen gestern und morgen, Ost und West, Jung und Alt. Wie, bitte schön, sieht also eine junge Chinesin heute ihr Land? Cao Fei zuckt nicht einmal. Sie sei ja nicht mehr jung, sagt sie dann. Immerhin schon 40. Vor 14 Jahren hat sie den Film „Cosplayers“ gemacht, mit jungen Menschen, die sich wie Videospielfiguren oder Manga-Gestalten verkleiden. Sie stehen bizarr kostümiert in der U-Bahn herum oder gehen auf Brachflächen und in der Beton­ ödnis aufeinander los. Wenn man Cao Fei heute also nach der Jugend fragt, dann denkt man doch, „dass sich die Szene 20 Jahre Was sich unter dem Schlagwort „Post-Internet Art“ versammelt, ist oft unansehnlich. Cao Fei (li. Seite) bleibt bei aller technischen Avantgarde immer Ästhetin. Zwei Arbeiten, die sie (vor allem im Westen) berühmt machten: oben „Cosplayers“ von 2004, ein Film über junge Menschen, die sich wie Videospielfiguren kostümieren, und li. „RMB City“ (2007–2009), eine Stadt im „Second Life“.

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Thiene

Durch die Doppelflügeltüren im Entree geht’s ins Fotostudio. Designikonen der 30er und 60er – Schichtholzstühle von Giuseppe Pagano, Meret Oppenheims „Traccia“-Tischchen, dazu ein Plastiksessel von Totem – prägen den eklektischen Mix. Rechte Seite: das Esszimmer mit einer Gio Ponti-Konsole. Ölbild von Alberto Caregnato.


Fotos: Helenio Barbetta; Text: Sara Dal Zotto / Living Inside

Die Schichten

der Geschichte Als der Modefotograf Andrea Maino Teile einer 100 Jahre alten Schuhfabrik in Norditalien erwarb, erfüllte sich sein Traum – eine Symbiose aus Industrie und bellezza. Tex t Sara Dal Zot to

Fotos Helenio Barbet ta

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Sonderhef t September 2018

Bad 2018

Keramik, Armaturen, Interior: Die schรถnsten Neuheiten


Bad 2018

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Architectural Digest. Stil, Design, Kunst & Architektur erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Telefon 089 38104-0 mail@condenast.de, www.condenast.de ad@admagazin.de, www.admagazin.de Chefredakteur Oliver Jahn Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt Redaktion Stv. Chefredakteur & Style Director Dr. Simone Herrmann Leitung Karin Jaeger Art Director Inka Baron Managing Editor Eike Schrimm Photo Director Ralph Stieglitz Stil & Textredaktion Mona Bergers, Florian Siebeck, Nina Luisa Vesic, Friederike Weißbach Bildredaktion Thomas Skroch (Stv. Leitung), Isa Lim Art Department Viviana Tapia (Stv. Art Director), Judith Pretsch Assistenz der Chefredaktion Johanna Hänsch Mitarbeiter dieser Ausgabe Reinhard Krause, Sophia Lierl Fotograf dieser Ausgabe Benjamin Brinckmann Stylisten dieser Ausgabe Inka Baron & Judith Pretsch

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Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus Tel. +39 02 29000718, p.dorpinghaus@condenast.it

Inhalt

Büro New York Christina Schuhbeck Tel. +1 212 2866856, christina_schuhbeck@condenast.com Schlussredaktion / Dokumentation Lektornet

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Redaktion admagazin.de Andreas Kühnlein (Leitung), Valerie Präkelt Publisher André Pollmann

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Inspiration

Punkt für Punkt

Geometrische Formen, leuchtende Farben und erstaunliche Accessoires fürs Bad.

Die Fliesen von Marcante-Testa, Designer aus Turin, verzaubern auch den Salon.

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Chamäleon Ein modulares Regalsystem aus Dänemark schickt sich an, das Boffi-Bad zu erobern.

Wand in Sicht! Die schönsten Neuerungen rund um die ­ hemen Kacheln und Armaturen, Duschen T und Brausen, Becken und Wannen.

S eite 1 2

Lutetia de luxe Wie drei Pariser Designer den Geist ihrer Stadt in elegante Armaturen umsetzen.

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S eite 2 8

So badet man down under Australiens Decorators räumen auf mit reinen Funktionsräumen. Ihre Bäder sind Designoasen für Körper und Geist. S eite 3 4

Letzte Seite Und wie wäre es zum Schluss mit einer s­ trahlenden „Supernova“ am Beckenrand?

Anzeigen / Vermarktung Sales Christina Linder, Head of Sales christina.linder@condenast.de, Tel. -430 Christine Weinsheimer, Head of Digital Sales christine.weinsheimer@condenast.de, Tel. -466 Brand Advertising Andrea Latten, Brand Director Vogue & AD andrea.latten@condenast.de, Tel. -276 (verantwortlich für Anzeigen) Marketing Angela Reipschläger, Head of Marketing angela.reipschlaeger@condenast.de, Tel. -793 Ingrid Hedley, Marketing Director ingrid.hedley@condenast.de, Tel. -142 Kathrin Ölscher, Marketing Director kathrin.oelscher@condenast.de, Tel. -746 Creative Studio Chris Riss, Head of Creative Studio christian.riss@condenast.de, Tel. -476 Advertising Operations Katharina Schumm, Head of Revenue Management, Ad & Marketing Service katharina.schumm@condenast.de, Tel. -135 Vertrieb Alima Longatti, Head of Direct Marketing & CRM alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reißner (Bereichsleitung) Herstellung Leitung Lars Reinecke, Director Production Digitale Vorstufe / Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH Carl-Bertelsmann-Straße 161 m, 33311 Gütersloh Unternehmenskommunikation / PR Ines Thomas, Director Corporate Communications presse@condenast.de, Tel. -413 Finanzen Roland Riedesser, Finanzdirektor Herausgeber und Geschäftsführer Moritz von Laffert Chairman Condé Nast International Jonathan Newhouse

Cover: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast; Styling: Inka Baron & Judith Pretsch; Fotos: Drummonds; Pietro Savorelli; Mosaicomicro; Tamanohada

Syndication syndication@condenast.de


Bad 2018

Kaleidoskosmos Geometrische Formen, leuchtende Farben und erstaunliche Accessoires schweben durch den Raum – und den Soundtrack liefern die Beatles: Willkommen in einer schwerelosen Wunderwelt, gebaut aus Becken, Hähnen, Fliesen und Spiegeln!

Foto: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast

Strawb err y Fields Forever

Cristina Celestinos glasierte Tonfliesen „Rocaille“, „Delizie“ und „Tivoli“ (von links, ab 10 Euro / Stück) für Fornace ­Brioni rahmen das Keramik­ becken „Elle Ovale“ mit Stahlauf­hängung (Preis auf An­fra-­ ge) von Cielo. An der Wandarmatur „111“ in Mattschwarz (1017 Euro) von Arne Jacobsen für Vola baumelt ein Kosmetik­ schwamm aus Konjac-Pulver und grünem Tee von Meraki. Auf dem Beckenrand (und oben mittig) balancieren mund­ geblasene Kristallgläser in „Peridot“ (238 Euro) und „Rose“ (254 Euro) von Artěl; darin „Pasta Dentífrica“ von Couto und eine Zahnbürste aus Buche von Redecker. Die Badebürste im Zentrum, „Lovisa“ (30 Euro) aus Eiche und Rosshaar, ist von Iris Hantverk, der dimmba­ re Standspiegel „Just Look“ o. re. mit fünffacher Vergröße­ rung und „Motion Sensor“ (269 Euro) von Decor Walther.

St yl i ng In k a B a ron & Jud it h P re t sch Fotos B enja m in Br inck m a n n

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Lucy in the Sk y with Diamonds

Die Waschschale „Laguna Smoke“ (1499 Euro) aus Muranoglas von Glass Design schwebt über Dimore Studios Porzellan­fliesen „Corrispondenza“ (sieben Dekors, 329 Euro / m2) für Ceramica Bardelli. Auf dem Glasmosaik „Micro Random“ unten (209 Euro / m2) in „Acqua“ von Mosaicomicro steht eine Tonablage (50 Euro) der Serie „Capitelli“ von Matteo Brioni (o. re. ein zweites, größeres Exemplar). Das Licht fangen drei in Farbdeckel eingepasste „Miroirs“ (3er-Set für 168 Euro) von Valerie Objects und „Pop“-Armaturen in den neuen Finishes „Pink Gold“, „Black Nickel“ und „Brushed Black Nickel“ (je 409 Euro) von Zazzeri.

Fotos: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast

Bad 2018


Bad 2018

Farbe ­bekennen! Weniger Weiß war lange nicht: Poppige Glasuren treffen auf grafische Formen und schlaue Details auf brillante Finishs. Das Bad wird bunt – aber nicht beliebig! Wir zeigen die schönsten Neuheiten.

1 Spiegel

Blickfänger

Schauen und Stauen: Hinter dem Spiegel verbirgt die Konsole „Arco“ ein Regal. Becken aus Mineralguss, komplett 4606 Euro.

Viel Licht ins Dunkel bringt der LED-Spiegel „Plan“: Sein Aluminiumrahmen hat zwei dimmbare Beleuchtungsquellen, ab 1090 Euro.

Verhexagon! Dreifach sieht man sich im 93 cm hohen „Rockstar Mirror“ mit bronzierter Metallfassung von Selva. 4090 Euro.

ex-t .com

keuco.c om

ar teme s t .com

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Fotos: Bisazza; Drummonds; Waterworks; Devon & Devon; Antoniolupi; Bette; Ceadesign; Villeroy & Boch; Selva; Keuco; Pietro Savorelli

Te x t K a r in Jae ger


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B adewannen

Bitte einsteigen

Am schönsten mit Schaumhäubchen: Die neuen Wannen sind selbstbewusste Centerpieces.

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1 Comicreif ist India Mahdavis knallige Kollektion – von der Wanne „Plouf“ (11 662 Euro) bis zum Mosaik „Pin­stripe“ (338 Euro / m2). bis az za.c om 2 In Farbe getaucht: gusseisernes „Tweed Bath“ mit Manschettenfuß, 4980 Pfund (vor De Gournays Tapete „Japanese Garden“). drummonds- uk.com 3 Kurven wie in den 40ern hat die extratiefe Fiberglaswanne „Nilo“; glänzend oder matt, 8996 Pfund. water works.c om, in Deutschland über material-konzept .de 4 Gut aufgelegt: nostalgische Wannengarnitur „Black Morris“ mit Porzellangriff, 1100 Euro. devon - devon.com 5 Retrofuturistisch: Wanne „Reflex“ (Preis auf Anfrage) aus transluzentem, getöntem Kunstharz. a­ ntoniolupi.it 6 Ein Wännlein steht im Walde: „Lux ­Shape“ aus Stahl mit offenem Rahmen im Emailleton „Forest“, Preis auf Anfrage. b e t te.de 7 Architekt Jean-Michel Wilmotte entwarf die Kollektion „Lutezia“ (hier in mondänem „Satin Bronze“), Preis auf Anfrage. c ­ eade sign.it 8 Weckt die Wasser­geister: Vorwandversion der ­Serie „Oberon 2.0“ aus Mineralkomposit. 3450 Euro. Auch mit ­farbiger Schürze. villeroy-b o ch.com

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Bad 2018

So badet man down under Te x t Rein ha rd K r ause

Mit einer Onyx-Blende vor Villeroy & Bochs Wanne „Oberon“ und passend gefärbtem Betonboden definiert Decus Interiors den Ton in diesem Masterbath in Woollahra, Sydney. Armaturen in Roségoldfinish von Brodware, Hocker von Michaël Verheyden.

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Australiens Interiordesigner machen von sich reden, indem sie das Bad nicht nur als wichtigen Rückzugsraum entdecken, sondern es mit derselben Hingabe gestalten, die dem Rest der Wohnung schon längst zuteilwird. Eine sanfte Revolution!


D

Fotos: Felix Forest (2); Shannon McGrath; Porträt: Hugh Stewart

as Halbwissen über die Besonderheiten australischer Badekultur beschränkt sich hierzulande meist darauf, dass Wasserstrudel in Waschbecken down under gegen den Uhrzeigersinn abfließen. Gut möglich aber, dass bald von einem ganz anders gearteten australischen Bad-Wunder die Rede sein wird: Kein zweites Land überrascht derzeit mit einer solchen Fülle exzellent designter Badezimmer. Während bei uns der Kampf um ein Ende der voll verfliesten Nasszelle noch längst nicht ausgefochten scheint, gehört es in Melbourne und Sydney offenbar bereits zum Common Sense, dass auch die Gestaltung des Bades in die Hände eines versierten Innenarchitekten gehört. Für Decorators wie Arent & Pyke aus Sydney versteht es sich mittlerweile von selbst, dem Bad dieselbe gestalterische Sorgfalt zu widmen wie dem Wohn- oder

Sp(r)itzer Winkel: Das Bad in Sydney u. stellte eine Herausforderung dar, die Juliette Arent und Sarah-Jane Pyke (u. re.) mit Bravour – und handgefertigten Kacheln von Aït Manos – lösten. Armaturen von Vola. Rechts ein Waschkabinett von Hecker Guthrie mit Fliesen von Enticdesigns. Leuchte: „Mass Light“ von &tradition.

„In jedem Bad von uns gibt es Einbauten nach Maß. Von der Stange zu planen wäre fatal – dafür ist der Raum viel zu wichtig!“ S arah - Jane P yke

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