AD 03/2019

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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur Der Beton von morgen Was sich aus Pilzen alles bauen lässt

Haus ohne Fußabdruck Snøhetta macht einen Altbau zum Klimapionier

Alles im Fluss

Wie eine neue Generation das Fliegenfischen entdeckt

März 2019 Deutschland 8 € Deutschland, Österreich / 13 SFr Schweiz

+ Die besten Betten

Go Green! Ein Heft über nachhaltiges Design

Deutschland  März 2019 / 8 Euro


Tisch „Yogi“

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Panorama 88

Kunst Max Hollein, Museumschef mit vielen Talenten, justiert das Metropolitan Museum neu. Der richtige Mann am richtigen Ort. 92 Ausstellungen

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Adventure Beim Fliegenfischen ist Geschwindigkeit nichts und Finesse alles. Ab und an ist auch ein Fisch mit von der Partie. 98 Reise Neuheiten 100 Mobil 103 Bücher

15 Editorial 16 Impressum 21 Wunderkammer 22 Agenda 27 AD stellt vor

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Stil 30

Neuheiten Upcycling macht aus verbrauchten Rohstoffen aufregend frisches Design. 42 Thema 51 Porträt Atelier Vime 52 Porträt Linolie & Pigment 54 Talent 56 Porträt Domingos Tótora

70 Praxis

73

Architektur 74

Garten Wildwuchs unter Kontrolle: ein Gespräch mit dem Garten-Revolutionär Piet Oudolf.

78

Projekt Bauen und Klimaschutz – der Feldversuch von Snøhetta und der Harvard University.

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Boucheron Zum 160. Geburtstag schenkte Hélène Poulit-Duquesne dem Juwelenhaus ein reiches Innenleben.

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Studio Die Schlafzimmer von heute sind aufgeweckter denn je. Betten, dass?!

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Bravo, Bambus!

Cover: Frederic Ducout; Fotos: Severin Wurnig; Stephan Julliard; Johan Sellén; Maisons du Monde; Porträt: Paavo Lehtonen

82 Radar 84 Innovation

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Inhalt März

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Leben

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Fayland House

106

Zeit für Grün Dinge müssen schnell gehen, sonst wird es teuer, heißt es immer. Alles nur eine Frage der Planung, findet die Architektin Linda Bergroth aus Helsinki.

114

Von Onyx bis Iroko … reichen die Materialien, die das Salvage-Duo Retrouvius in diesem Londoner Familiendomizil einer grandiosen Zweitverwertung zuführt.

122

Denn das Gute liegt so nah 106

Linda Bergroth

Drei Freunde und ein altes Gemäuer in Melbourne: wie Altrosa und Kaperngrün einem Pub neues Leben schenken.

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Zum Ersten Auktionator Jean-Claude Binoche zeigt in Chantilly, wie man eine Bauikone elegant energetisch saniert.

138

Luft! Wie Ausilia Di Natale und Fabio Lentini im Val di Noto ihr Traumhaus fanden – die Geschichte einer Auszeit-Immobilie.

146

Zurück zur Natur Westlich von London bringt David Chipperfields Fayland House Natur und Architektur elegant in eine neue Balance.

154

Malen nach Jahreszahlen Für ihren 330 Jahre alten Hälsingehof übt sich eine Bibliothekarin aus Stockholm in alten Handwerkstechniken.

154

Familiensitz seit 1690

160 AD bei … Meissen 161 AD bei … IMM 162 AD bei … Jan Kath 163 Summaries 168 Apropos 170 Genie & Spleen

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AD Editorial

„Nachhaltiges Design ist aus der Öko-Ecke längst raus. Wir sollten anfangen, es ernsthaft einzusetzen!“

Foto: © Officina Corpuscoli / Maurizio Montalti; Porträt: René Fietzek

E s war einer dieser besonderen Momente. Einer dieser Augenblicke, in denen ein Ruck durch eine versammelte Menge von Zuhörern geht und man nicht nur versteht, sondern auf einer anderen, weniger fassbaren, existenziell-emotionaleren Ebene begreift, dass sich etwas ändern muss und man daran teilhaben möchte. Es war im Herbst letzten Jahres in Mailand auf der erstmals stattfindenden Konferenz Next Design Perspectives, als Philippe Starck, Altmeister der Branche, über seine Arbeit sprach, Projekte der Vergangenheit und der Zukunft, ein Raumschiff etwa, an dessen Interior er gerade arbeite (kein Witz!). Bis er sich plötzlich unterbrach und es aus ihm herausbrach. Natürlich könne man sich über Coffeetables und Zitronenpressen unterhalten, ihn aber quäle ein anderes Thema mehr denn je: die sterbenden Ozeane, die verendenden Meerestiere, die Plastikmüllteppiche. Philippe Starck richtete an die versammelte Designbranche, an all die CEOs und Entscheider, die zu Hunderten im Saal saßen, einen eindringlichen Appell, genau jetzt endlich Verantwortung zu übernehmen und das beizutragen, was man mit den Mitteln global agierender Unternehmen der Fashion- und Designbranche erreichen könne.

Es ist leicht, einen solchen Appell abzutun als wohlfeilen Zwischenruf, wie derer viele sind dieser Tage. Das für mich Neue – und Ermutigende – ist jedoch, dass in jüngster Zeit auf vergleichbaren Bühnen unserer Branche einige solcher State- und Commitments aus den Reihen der Industrie zu hören waren, die mit durchaus glaubwürdiger Verve formuliert wurden. Von den Chefs, nicht nur von wohlmeinenden Mahnern. Mag sein, dass sie versanden, mag aber auch sein, dass hier tatsächlich ein Umdenken begonnen hat – hin zu deutlich verantwortungsvollerem und nachhaltigerem Wirt­schaften, einfach weil es nicht mehr anders geht. Die Konferenz von Mailand hat mit einem eindrucksvollen Panel über Biofabrikation gezeigt, dass sich Wege abzeichnen hin zu einer sustainable elegance. Wie wir im Gespräch mit Maurizio Montalti lernen konnten (S. 84), der mit seiner Firma Mogu längst die Freak-­ Ecke verlassen und auf der Basis von Pilzkulturen und Myzelien eine Fertigungsmethode zur Marktreife gebracht hat, die anstelle der Ausbeutung begrenzter Ressourcen auf einen Kreislauf rege­ nerativer Biomasse setzt. Fliesen, Bodenbeläge oder Gefäße (wie o. li.), mit denen man realiter arbeiten kann, hochkomplex und für den Hausgebrauch (da schimmelt nix!) veredelt. Natürlich ein langer Weg, aber er ist keine Fantasie mehr, wir müssen nur anfangen, unsere Füße auf dieses Terrain zu setzen. Jetzt!

O liver Jahn

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Stil

Foto: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast

Neuheiten, Thema, Porträt, Talent, Adresse, Studio und Praxis

Vanitas reloaded! Rosen, Tulpen, Nelken – welken. Plastikflaschen leider nicht. Es sei denn, sie werden zu einem solch hinreißend barocken Objekt wie die Vase „Eros Torso“ (70 Euro) des Duos Frederik Nystrup Larsen und Oliver Sundqvist. Darin blühen selbst alte Einkaufstüten wieder auf. Nehmt das, Wegwerfprodukte dieser Erde! Recyceln, upcyceln, neue ökologische Materialien mit Sexappeal … Wie ­Designer, Forscher und Alchemisten unsere Stilwelt bereichern, zeigen wir auf den nächsten Seiten. Und das: nachhaltig. JP fre deriknys truplar sen.com, oliver sundqvis t .com

Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

St yling Judith Pretsch

Foto B enjamin Brinckmann

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Stil Neuheiten

Einer für alle

„Desert Weave“ Betil Dagdelen Cristina Grajales Gallery Churro-Wolle, Eisenrahmen Preis auf Anfrage cr ist in ag r aj al esinc.com

Mehr Wasser, weniger Müll Wenn im Laubwald von Anna (und Karl Philip) Prinzhorn bei Wien eine alte Eiche fällt, dann sind das gute Nachrichten. Nicht nur weil der Tisch „Yogi“ (2150 Euro), der daraus geschreinert wird, ein schönes Möbelstück ist. Sondern weil die Designerin für jede ­ihrer Maßanfertigungen 100 neue Bäume pflanzt. Damit auch im Jahr 2119 noch Möbel aus heimischer Eiche, Walnuss, Esche, Ahorn oder Kirsche entstehen können. FW one forhundre d.com

„Phil the bottle“ (u.) ist die smarte Kampfansage des Designers Emanuele Pizzolorusso gegen den Wegwerfflaschen-Wahnsinn. Woher das Wasser nehmen? Öffent­ liche Trinkbrunnen zum Auffüllen sind für viele Städte direkt auf dem Minikanister aus recycel­ barem Plastik gelistet, 16 Euro.

Unter dem Meer! Kommoden-Make-over: Die Knäufe „Ocean Plastic“ von Spark & Burnish aus Messing und aus dem Meer gefischtem Plastik bringen jedem Schränkchen den zweiten Frühling. Das Möbel wird schick, der Ozean sauber, und der Erlös wird großteils dem Erhalt des Great Barri­ er Reef gespendet, 49 Euro. sparkandburnish.com.au

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Fotos: Severin Wurnig; Betil Dagdelen; Palomar (2); Simon Murgatroyd

palomar web.com


Stil Neuheiten

Wie viele Möbel braucht der Mensch? C / ROs puristische Kollektion zeigt, wie elegant Verzicht aussehen kann. Die filigranen weißen Linien sind aus wiederverwertetem Stahl und pulverbeschichtet. ­So­dass Sessel „Sebastian“ (Preis auf Anfrage), Tisch „Ro“ (4016 Euro) und Daybed „Été“ (4686 Euro) sogar draußen ­maximal minimal wirken. FW

Der Israeli Erez Nevi Pana arbeitet für seine Designs mit der Natur. Das Projekt „Salts“ (unten) ­entstand nach einer Serie (misslungener) Experimente mit veganem Leim. Im Toten Meer versenkt, wurde das Salzkristall nun zum Bindemittel für seine Holzkonstrukte. Für „Bleached“ ließ er Salz korallengleich an mit Luffa umhüllten Strukturen aus Holz kristallisieren (ganz u.). ereznevipana.com, frie dmanb enda.com

c -ro cop enhagen.com

Origami am laufenden Meter Papier ist besser zu recyceln als Textil oder Kunststoff. Deswegen könnte man Natchar Sawatdichais „Paper Blinds“ (150 Euro / Quadratmeter) auch guten Gewissens ersetzen. Nur will man je wieder etwas anderes als das grazile Faltwerk vor dem Fenster? natchar s.myp or t folio.com

Fotos: C / RO; Claudia Rothkegel (2); Natchar Sawatdichai

Ein Tisch, ein Bett, ein Stuhl

Das Salz der Erde


Tex t Sally Fuls

Ab in die Federn Beziehungsweise: in den Teakrahmen, auf Samtkissen, unter Rattanboards und auf Latexliegen. Schlafzimmer von heute sind aufgeweckter denn je. Betten, dass?!


Stil Studio

Hochgewachsen, schön geflochten

1

Leicht wie Stroh, stabil wie Stahl und obendrein: eine ver­ spielte Alternative für Allergiker mit Stoffverbot! Rattan und Bambus sind nicht nur pflegeleicht (sporadisches Wasser­ sprühen für die Elastizität genügt), sondern gehören dank einer Wachstumszeit von sechs Jahren zu den nachhaltigsten Rohstoffen. Vom Tropenflair mal ganz abgesehen … 1 Schau, ein Pfau! Kopfteil „Splendour“ von The Rattan Collec­ tive, 295 Euro therat tancolle c tive.com.au 2 Big in bamboo:

Fotos: Germán Saiz, Kronos Homes; David Jakle / The Rattan Collective; David Oliver; Maisons du Monde; Felix Forest; Simon Horn Furniture

2

Für ein karibisches Ferienhaus wählte Interiordesigner Veere Grenney ein Bett von Soane, Preis auf Anfrage soane.co.uk 3 „Suzane“ von Maisons du Monde ist mit 90 x 190 cm für Er­ wachsene wie Kinder geeignet, 300 Euro maisonsdumonde. c o m 4 Decus Interiors beizten Wiener Geflecht in dunklem Braun de cus.com.au 5 Louis XV-Bett mit Mahagonirahmen und Rohrgeflecht von Simon Horn, 3250 Pfund simonhorn.com

3 4 Fifties-Look: Das Kopfteil links ließ Designerin Patricia ­Bustos maßfertigen, die Tapete darüber ist „Albatre“ von Casamance. Wäsche und Kissen stammen von Zara ­Home und Designers Guild, die Ananas von Pols Potten.

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Architektur Projekt

Energetisches Exempel Das Bauen ist für den Klimaschutz Herausforderung – und Chance. Wie man sie nutzt, erforscht die Harvard University gemeinsam mit Snøhetta in einem wegweisenden Feldversuch.

Fotos: Michael Grimm

Tex t Andreas Kühnlein

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G rob geschätzt, bleiben uns noch zehn, elf Jahre. Dann, sagt Dennis Rijkhoff, seien die Folgen unseres Tuns für das Klima irreversibel. Die Zeit zu handeln ist also längst da, und es muss schnell gehen: Zehn, elf Jahre, das ist im globalen Maßstab so gut wie nichts. 40 Prozent des Energieverbrauchs in der westlichen Welt gehen heute aufs Konto unserer gebauten Umwelt, etwa zwei Drittel der für 2060 prognostizierten Gebäudefläche existieren bereits. Heißt zum einen: Da kommt noch eine ganze Menge. Und zum anderen: Eine kaum vorstellbare Masse steht schon und verbraucht – tagein, tagaus – Energie. In den meisten Fällen viel mehr, als nötig wäre. Für Rijkhoff, Architekt im New Yorker Büro von Snøhetta, liegt die Konsequenz auf der Hand: Man muss verantwortungsbewusster an Neubauten herangehen, vor allem aber liegt schier unendliches Potenzial im retrofitting, in der intelligenten Sanierung von Bestandsbauten. Wie das gehen kann, haben er und seine Kollegen schon Die KI-gesteuerte Ener­ mehr­ f ach gezeigt und nun gemeinsam gieoptimierung von mit Harvard-Professor Ali Malkawi Altbauten ist die ein­ zige Chance, die masprototypisch vorgeführt. Und zwar im siven Klimaschäden Wort­sinn: House Zero, der neue alte der Bauin­dustrie in den Sitz des Harvard Center for Green Griff zu bekommen, B ­ uildings and Cities, ist Laborversuch, sind die Harvard-­For­ scher überzeugt. Mit Messin­strument und AnwendungsbeiHouse Zero links haspiel in einem. Unzählige Sensoren verben sie gemeinsam ­mit bergen sich auf und hinter seinen WänSnøhetta ein auch äsden, die pro Tag etwa 17 Millionen thetisch überzeugenDatenpunkte erheben. Mit was für eides Exempel statuiert. U. das Treppenhaus. nem hypermodernen Bau man es zu


5000 Jahre Menschheitsgeschichte präsentiert das Met in seinem 1880 eröffneten Hauptgebäude an der Fifth Avenue. Max Hollein, 49, hier in der Galerie Greek and Roman, hat seine Museumskarriere in New York am Guggenheim begonnen. Nach Stationen in Frankfurt und San Francisco ist er seit Sommer 2018 Direktor des Met. Rechte Seite unten: Bis Juni zeigt er in „The Tale of Genji“ ein Porträt von Tosa Mitsuoki aus der Edo-Zeit.

Inter view Barbara G är tner

Por trät Stefan Ruiz

Der richtige Mann am richtigen Ort Max Hollein ist ein Museumschef mit vielen Talenten: ­Er hat ein Händchen für Künstler und Mäzene, Bilanzen und Besucher – nun justiert er das Metropolitan Museum neu. 88

D ie Aussicht ist famos. Doch Max Hollein sitzt im kleinen Besprechungsraum, fünfter Stock, mit dem Rücken zum Central Park. Ein Tanker in schwerer See, so wurde das Metropolitan Museum beschrieben: Holleins Vorgänger musste gehen, die Schulden liegen bei 40 Mil-


Panorama Kunst lionen Dollar, ein Umbauprojekt wurde z­ usammengekürzt, und Nicht-New-Yorker müssen nun Eintritt zahlen. Hollein gibt auf jede Frage eine schnelle Antwort; präzise, oft diplomatisch, immer frohgemut.

Fotos: Bibliothèque nationale de France, Paris; Ishiyamadera Temple, Shiga Prefecture

Gerade wurden Sie von einem Magazin zur drittwichtigsten Person der Kunstwelt gewählt. Geschmeichelt? Natürlich freue ich mich, Anerkennung ist schön, aber ich habe mein Leben nie kar­ rieristisch geplant. Es war nicht mein Streben, einmal das bedeutendste Museum der Welt zu führen. Es geht mir vielmehr da­ rum, dass wir hier gemeinsam etwas erreichen, und um die Rolle, die dieses Museum spielt – in der Museumswelt, aber auch darüber hinaus. Und wie sehen Sie diese Rolle? Das Met ist das große enzyklopädische Museum. Durch die enorme Bandbreite von den frühen Entwicklungen der Kultur bis zur Gegenwart und weil wir hier in New York sind, hat das Met eine besondere Stimme in der kulturellen Diskussion. Es ist nicht nur ein Museum über die Kulturen der Welt, sondern auch für die Kulturen der Welt. In vielen Bereichen haben wir die besten Sammlungen außerhalb der Ursprungsländer. Das ist nicht nur eine Goldmedaille, sondern auch ein Mandat. Wir haben Verantwortung für diese Objekte, aber auch für den kulturellen Dialog. Erinnern Sie sich an den ersten Besuch? Es gibt Fotos. Ich war wohl sieben Jahre alt. Welchen Raum mögen Sie am liebsten? Zu Beginn meiner Direktionszeit kannte ich manche Räume noch gar nicht, obwohl

„Manche Ausstellungen muss das Met machen, manche kann nur das Met machen“, findet Max Hollein. Bis 12. Mai etwa über den Fotopionier Girault de Prangey (o.: „Palm Tree near the Church of Saints Theodore, Athens“, 1842).

ich schon oft hier war. Mittlerweile habe ich natürlich das ganze Haus abgeschritten. Ich liebe viele Galerien, vor allem aber die Period Rooms und den Lehman Wing, der die Altmeistersammlung zeigt, wie Robert Lehman mit ihr gelebt hat. Ich glaube, dass das Met ein Durchwandern ist. Vom alten Ägypten bis heute, aber nicht nur durch Welten, sondern auch durch die verschiedenen Vorstellungen davon, wie Kunst entsteht, wie man sie zeigt und mit ihr lebt. Wie viele Tage braucht man für das Met? Es ist zu groß für einen einzigen Besuch, das ist klar. Mit über 200 000 Quadratmeter Fläche ist es ein riesiges, großartiges Angebot, das viele ein Leben lang begleitet. Für einen guten Teil unserer Besucher ist das Met auch die erste Museumserfahrung. Man kommt immer wieder zurück – und erlebt, entdeckt und erfährt Neues von und über die Welt. Welche Bedeutung hat die zeitgenössische Kunst für das Haus? Das Met hat immer zeitgenössisch gesammelt, war von Anfang an stark mit Künst-

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Meditationen im Fluss Sport und Lebenshaltung: Beim Fliegenfischen ist Geschwindigkeit nichts und Finesse alles. Ab und an ist auch ein Fisch dabei.

Tex t Andreas KĂźhnlein

Fotos Thomas Skroch


AD Adventure

A ugen auf die Fliege, Rute nach unten, Schnur einholen – jetzt! Und verpasst. Ein blitzschneller Biss, unsere erste Chance nach gut vier Stunden. Beinahe können wir das Biest noch lachen hören. Mit dem Fischefangen hat das Fliegenfischen nur bedingt zu tun, das muss man begreifen und verinnerlichen, besonders wenn man nach einem Tag am Fluss bei „idealen Bedingungen“, wie uns unser Guide versichert, ohne Beute heimgeht. Die Forelle ist schnell und launisch und viel schlauer, als man gemeinhin denkt. Unbedarfte Anfänger durchschaut sie sofort, und manchmal hat sie auch einfach keine Lust. Einst war das Fischen mit der Fliege eine Beschäftigung für Einheimische, für

Das Terrain des Fliegenfischers ist ein komplexes System, das man verstehen muss, um erfolgreich zu sein. Mit Guide Jean-Pierre Vollrath (o., ganz re.) waren wir am Halblech unterwegs – und übten uns darin, die Fliege behutsam aufs Wasser zu setzen statt in die Bäume (li. Seite).

jene, die am Fluss lebten. Dann begannen Leute, immer weitere Reisen für den perfekten Spot auf sich zu nehmen und beträchtliche Summen in immer besseres Equipment zu stecken. Fliegenfischen gilt oft als elitärer Sport für viel beschäftigte Menschen, von Barack Obama bis Emma Watson. Doch tatsächlich ist es in Nordamerika oder Skandinavien ein Sport für jedermann, vom redneck bis zum Präsidenten, und auch hierzulande kommen immer mehr Menschen auf den Geschmack. Menschen, die es nach draußen zieht und die nach Wegen suchen, sich in einen selbstvergessenen, ganz und gar fokussierten Gemütszustand zu versetzen. Denn anders, sagt J.P. Vollrath, ist Fliegenfischen schlicht nicht möglich. Jean-Pierre Vollrath, genannt J.P., fischt seit einem halben Jahrhundert. Als Kind an den Bächen rund um Oberammergau – manchmal, erzählt er, reichte dazu die bloße Hand. Ein Onkel nahm ihn damals mit zum Angeln an die Ammer, und wenn die Fische nicht beißen wollten, gab es abends eben Pilze. Nach dem Forstwirtschaftsstudium arbeitete er als Outdoor-Fotojournalist, fünf Jahre lebte er in Kanada, wo er am Yukon von den wahren Cracks lernte, was Fliegenfischen heißt. Vor 20 Jahren kam er zurück und gründete in seinem Heimatort die Fliegenfischerschule Oberbayern. Zu ihm kommen vor allem Leute, die ihr Handy einen Moment weg- und den Alltag ablegen wollen, sich ganz und

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ZurĂźck

Westlich von London bringt David Chipperfields Fayland House Natur und Architektur elegant in eine neue Balance.

Natur

zur Tex t Ian Phillips Fotos Stephan Julliard


Chiltern Hills Imposant und doch unaufdringlich: Der Spagat gelang David Chipperfield im Fayland House. Die Kolonnade, in der die Besitzer Mike und Maria Spink (mit Mischling Reggie) hier stehen, legte er als „Brücke“ zwischen dem Interior und der weiten Landschaft der Chiltern Hills an.

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