AD 04/2019

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ARCHITECTURAL DIGEST. Stil, Design, Kunst & Architektur

Deutschland  April 2019 / 8 Euro

Jetzt wirbeln die Muster

Neue Stoffe mit Charakter

Molto Missoni!

So bunt wohnt die neue Generation des Mode-Clans

April 2019 Deutschland 8 € Deutschland, Österreich / 13 SFr Schweiz

Zu Gast beim Grafen Eine Reise ins unentdeckte Umbrien

Junges Italien

+ Star-Regisseur Luca Guadagnino mischt das Interiordesign auf


Inhalt April

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Un amore ideale

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Buch-Kunst

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Palermo erlesen! 97

Architektur 98

Projekt Auf einem alten Veroneser Hof kochen die Architekten von Studio Wok mit einfachen, aber fein ausgesuchten Zutaten. 102 Radar

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Garten Weinberge, Wiesen, Obstgärten: ein Gedankenspaziergang mit Kaschmir-König Brunello Cucinelli.

Fotos: House of Brunello Cucinelli; Antiquariat Bibermühle AG; Simone Bossi; Lolli Editions

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Panorama 110

Kunst Der Mann der kostbaren Bücher – Heribert Tenschert und sein epochales „Univers romantique“. 116 Ausstellungen 118 Bücher

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Reise 98

Studio Wok

Wie ein Graf und seine Familie ein umbrisches Dorf in einen Sehnsuchtsort verwandelten. 124 Reise Neuheiten

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Leben 168

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Archiplan Studio

Home … is where the heart is! Und das ist im Fall von Designerin Margherita Missoni Varese, eine Stadt am Rand der Alpen.

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Die inneren Werte In einer alten Seidenspinnerei am Comer See entwarf Regisseur Luca Guadagnino ein filmreifes Set für seine Freunde.

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Die Entdeckung der Langsamkeit Guido Scarabottolo brauchte zehn Jahre, um ein Mailänder Kloster umzubauen. Dank seiner Frau stehen dort sogar Möbel.

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Mit Gio in die Gegenwart Für aktuelles Design interessierte sich Monica Spezia kaum. Nun urlaubt sie in Pistoia mit den Klassikern von morgen.

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Herr der Dinge Ein Apartment so wunder- und sonderbar wie sein Besitzer: der Mailänder Mikrokosmos von Sergio Colantuoni.

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Tage am Pool

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Fotos: Monica Spezia / Living Inside; Henry Bourne; Porträt: Mattia Aquila

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Guadagninos neues Meisterwerk

Für Gäste nur die Besten Großzügig bemessen sind in Ferienwohnungen oft nur die Mieten. Dieses Apartment in Mantua atmet die hohe Schule der Generosität.

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In den Farben Caravaggios In der lombardischen Altbauwohnung seiner jungen Familie setzt der Designer Daniele Daminelli souverän die Romantik ins Futur. 180 AD bei … Ambiente 186 Apropos 187 Summaries 188 Genie & Spleen


AD Editorial

„Stoff Frühling in München: der beste Vorwand, endlich mal die beigen Vorhänge im Wohnzimmer loszuwerden.“

Foto: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast; Porträt: René Fietzek

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holztisch, den er mittels einer Kurbel in der Höhe verstellen und auf seine Größe anpassen konnte. Dazu gesellte er eine Armada grüner Töpfe und ockergelber Platten, ließ die Wände des Esszimas bunte Stoffe und Farben doch für Auswirkungen haben können. mers und Salons in Ocker und Blau streichen. Vor allem aber posSelbst auf große Künstler, die sonst sicher mehr mit den Nuancen tierte er die Wände entlang niedrige Diwane, die er mit gelbem auf der Leinwand vor ihnen als mit der Wohnzimmerwand und Stoff beziehen ließ und über und über mit den buntest bezogenen dem Sofa hinter ihnen beschäftigt waren. Henri de Toulouse-­ Kissen bestreute. Er war im absoluten Stoff- und Farbenfieber. Lautrec stellte oft in Brüssel aus und war einmal bei Jugendstil-­ Was auch nach München reisenden Künstlern und anderen AuMaestro Henry van de Velde zum Abendessen eingeladen, kaum genmenschen passieren könnte, wenn vom 22. bis zum 25. März dass dieser mit seinem Haus Bloemenwerf 1896 ein erstes frühes quer durch die einschlägigen Showrooms wieder der hiesige Stoff Gesamtkunstwerk fertiggestellt hatte. Nichts blieb dort dem Zufall Frühling gefeiert wird. Wir haben uns jedenfalls bereits anstecken überlassen. Die Kleider der Hausherrin waren auf die Farben des lassen und einige raffinierte neue Dessins zusammengestellt, mit Esszimmers abgestimmt, sogar das Tischgeschirr und selbst die denen man gleich im heimischen Wohnzimmer loslegen möchte Speisen waren einer strengen Farbkomposition unterworfen. Der (Seite 76). Auf der Wäscheleine (oben links von links) etwa Dimore französische Künstler war picky, gelbe Eidotter und rote Bohnen Milanos „Push It Three“ mit Reliefeffekt oder „Forbidden Light auf violetten Platten gefielen (und schmeckten) ihm nicht. Eigent- Blue“, Dedars japanisch inspirierter Stoff „Electric Dreams“ oder lich ließ er nur das Kinderzimmer, das Bad und das WC gelten – deren ganz grafisch gehaltener „L’Âge d’Or“, Manuel Canovas’ bei die einzigen in Weiß gehaltenen Räume. Colefax and Fowler vorgelegter „Bonson“ oder der „Hortus“ von Doch dann passierte es. Denn kaum nach Paris zurückgekehrt, Lelièvre, nicht zu vergessen die augenberuhigende Prada-Socke. machte Toulouse-Lautrec sich daran, seine ganze Wohnung umzu- Das ist doch der Moment, den inneren Toulouse-Lautrec in sich gestalten. Aus Brüssel hatte er einen Teppich neuen Stils mitge- zu entdecken. Oder gar den van de Velde? Sie müssen ja nicht bracht und platzierte darauf einen eigens entworfenen Eschen- gleich den Brotaufstrich dem Sesselmuster anpassen.

O liver Jahn

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Stil

Neuheiten, Projekt, Adresse, Thema, Auktion, Interview, Inspiration, Stoffe, Studio und Praxis Klotzen und kleckern! Auch wenn wir doch hoffen wollen, dass es an ­Caravaggios Tafel gesitteter zuging: Dieses nach ihm benannte Service bringt barocke Flamboyanz auf den Tisch! Coralla Maiuri b ­ ekleckste Terrine (440 Euro), Schale (125 Euro) und Teller ­ (380 bzw. 450 Euro) mit Goldrand und genialischem Impetus. Abfärben kann hier höchstens: die Grandezza! SF

Foto: Felix Brandl / Studio Condé Nast

corallamaiuri.com

Redak tion Simone Herrmann und Sally Fuls

St yling Judith Pretsch

Foto Felix Brandl

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Stil Projekt

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Junges Italien Alles muss sich ändern, damit alles bleibt, wie es ist: Immer mehr Traditionshäuser aus Italien setzen auf junge Designer. Altes Handwerk mit frischem Blick nach vorn! Tex t Mona B erger s, Friederike Weißbach

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Daniel Lee für Bottega Veneta Auch eine Ikone braucht irgendwann ein Update. Bei Bottega Veneta war es letzten Sommer so weit. Nach 17 Jah­ ren hat der Brite Daniel Lee die kreative Leitung des Hauses von Tomas Maier übernommen. Eine mutige Entschei­ dung, ein fast unbekanntes Gesicht. Mit seiner ersten Kollektion für das Mai­ länder Haus zeigt Lee, wohin die Reise geht. Dorthin nämlich, wo sie her­ kommt: italienische Eleganz – nun von Lee auf das Wesentliche reduziert. Wie bei der Handtasche aus orange­ braunem Kalbleder (ab Mai), bei der das Großformat des Intrecciato-Musters glänzt. Viel mehr als nur eine It-Bag.

Samuel Accoceberry für Flexform Arbeitsverweigerung? Keineswegs! Wie man stilvoll blau macht, ohne dass die Arbeit liegen bleibt, demonstriert der französische Designer Samuel Acco­ ceberry beim Familienunternehmen Flex­ form. Sein in glänzendem China Blue ­lackierter Schreibtisch „Benjamin“ (8728 Euro) bietet viel Platz für Geistesblitze und ist nicht nur metaphorisch um die Ecke gedacht. So ist der Winkel der ­beiden sich überlappenden Tischplat­­ tenteile variabel. Für gebührenden Res­ pekt im Homeoffice sorgt die marmor­ ver­kleidete Basis des Kolosses. Und damit Ideen nicht in Schubladen verstau­ ben, lässt Accoceberry sie einfach weg.

b ot te gavene ta.com

flex form.it

Fotos: Bottega Veneta (2); Flexform (2); Andrea Ferrari (2); Studio David Thulstrup (3); Salviati (2); Alberto Zanetti

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3

Studiopepe für Baxter Studiopepe steht für Pfeffer! Und den geben Arianna Lelli Mami und Chiara Di Pinto nun auch dem vergleichsweise jungen Familienunternehmen Baxter (von 1990). „Es geht uns um Formen und Reduktion“, erklärt das für seine geometrische Designsprache gerühm­ te Mailänder Duo. Bei Stuhl „Zefir“ ­nehmen sie sich das italienische Ma­ terial schlechthin vor: feinstes Leder. Gewohnt eklektisch bringen sie es durch eine T-förmige Lehne in skulp­ turale Form. Und was ist mit Esche, ­Metall, Marmor? Den Signature-Mate­ rialien von Baxter geben sie mit Tisch „Tha­latha“ eine neue, feinsinnige Würze. s tudiop ep e.info, ba x ter.it

4

David Thulstrup für Poliform Outside the box, dachte Designer und Architekt David Thulstrup, inside the box. Für den Showroom von Poliform entwarf der Däne vier Installationen in begehbaren Glaskästen. Darin zeigt er die Poliform-Klassiker in neuem Ge­ wand – Rodolfo Dordonis „Guest“-Ses­ sel (o. li.) hüllt er in zitronengelben Samt von Kvadrat –, gibt ihnen aber auch ei­ ne neue Bühne. „Ich möchte den Stü­ cken Raum geben! Und gleichzeitig ihre Wandelbarkeit zeigen“, erklärt der frü­ here Stylist. Als Meister des Spiels mit Materialien setzte er dabei seine präzise komponierten Moodboards (g. o. li.) um. „Sie repräsentieren Poliform. Und mich.“ s tudio davidthuls trup.com, p oliform.it

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JJ Martin für Salviati Ein Museumsstück bringt JJ Martin mit der 1859 gegründeten Glasbläserei Sal­ viati auf den Tisch. Die Journalistin aus Mailand entdeckte die ornamentalen „Tipetto“-Kelche im Archiv der Manufak­ tur. Und entstaubte, ja, demokratisierte sie. Denn im 19. Jahrhundert (aus dieser Zeit stammt auch Salviatis „Urna a bol­ le“ mit blauen Muranoglasperlen) blieb der Entwurf wenigen Sammlern vorbe­ halten. „Mir fielen vor Bewunderung fast die Augen aus dem Kopf“, erzählt sie. Ihre farbenfrohen Neuauflagen (3900 Euro, dazu passende Weinbecher, 195 Euro) entstehen auch heute noch in (zweitägiger) Handarbeit in Murano. ladoublej.com, salviati.c om

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Stil Inspiration

Mein wunderbarer Waschsalon Florale Ornamente und afrikanische Dessins, Chinoiserien und Geometrien – jetzt wirbeln die Muster! Aber nach italienischem Farbprogramm: Braun und Ziegelrot mit Blau, Grün – und Lamé. Tex t und Produk tion Nina Luisa Vesic

Fotos B enjamin Brinckmann

Sahcos „Opal“, 149 Euro, und Paspel „Gallery“ von Houlès zieren Laurastars Bügelbrett. Darauf „Limpopo“ von Pierre Frey, 276 Euro, und Sophie Lou Jacobsens „All Purpose“-­ Glas-Set. In den Lederkörben von Giobagnara: re. Lelièvres „Vetiver“, 148 Euro, und links „Samburu“ von JAB Anstoetz, Rubellis gelber „Ralph“, „Jardins de Babylone“ von Misia und Camengos sechseckige „Excentricité“, 117, 133, 152 und 82 Euro. Alle Preise je Meter.


Fotos: Benjamin Brinckmann / Studio Condé Nast

Von li. nach re.: „Push It Three“ mit Reliefeffekt und „Forbidden Light Blue“ von Dimore Milano, Preise auf Anfrage. Neben der Socke von Prada: Dedars japanisch inspirierter Stoff „Electric Dreams“ und der grafische „L’Âge d’Or“, beide 305 Euro. „Bonson“ von Manuel Canovas für Colefax and Fowler, 180 Euro. Lelièvres „Hortus“, 161 Euro. Metallclips von Hay München. Alle Farben von Little Greene.

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Stil Studio

Schatzkammer mit Struktur Das System „Gliss Master“, das Vincent Van Duysen für Mol­ teni & C entwickelt hat, lässt sich indivi­ duell planen. Maße und Materialien – hier Nussbaum mit Struk­ tur in Bronze-Finish – sind variabel, Elemen­ te wie Schuhablagen oder Schubkästen für ­Accessoires kön­ nen ergänzt werden.

Mal wieder nichts anzuziehen? Eine schöne Ankleide löst zwar das Problem nicht, versüßt aber auf jeden Fall das Grübeln. Wir erklären, worauf es bei der Gestaltung ankommt.

Tex t Karin Jaeger

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Mehr als Stauraum: Bei dem Projekt von Holzrausch in Mün­ chen oben links ist ein Schminkplatz in die Spiegelfront in­ tegriert. Die Ankleide aus Eiche mit Messingdetails o. richtete ­Justin Howlett für Euro­boden Interior ein. Der Seiden­teppich von CC-Tapis und ein Sputnik-Lüster geben Glamour, Vasen und Bildbände über Mode oder Design lockern den Raum auf.

Fotos: Molteni & C; Koy + Winkel; Nick Frank; Simon Watson; Alexis Narodetzky (2)

S elbst in Häusern oder großen Wohnungen fehlen sie oft in deut­ schen Grundrissen, und mitunter haftet ihnen gar der Ruf des De­ kadenten an – wer außer Carrie Bradshaw oder shoppingsüchtiger C-Prominenz braucht denn schon einen ganzen Raum (oder gar mehrere) für die eigene Garderobe? Und lassen sich die ohnehin knapp bemessenen urbanen Quadratmeter nicht sinnvoller nut­ zen? Kurz, die Ankleide gilt gemeinhin als ebenso entbehrlicher wie beneidenswerter Luxus. Dabei hat ein solcher Raum, ganz ideologiefrei betrachtet, min­ destens einen großen Vorteil: Er hält dem Schlafzimmer den Rü­ cken frei. Ähnlich wie eine Vorratskammer oder ein Haushalts­ raum die Küche zum „Verweilort“ werden lassen, sorgt eine Die Kunst der Oberfläche: Vincenzo De Cotiis rahmt in seinem Mailänder Apartment re. ein mit Mohairsamt bezogenes Daybed mit spiegelndem Messing. Oben eine frische Version des stum­ men Dieners: „Jeeves“ aus Nussbaum und Marmor von La Chance.


Drei Mann am Herd Auf einem alten Veroneser Hof kochten die drei Architekten von Studio Wok mit einfachen, aber ausgesuchten Zutaten.


Architektur Projekt Mit in den weißen Rahmen li. versetzten Fenstern variierten die Architekten den Rhythmus, weil das Raster der Au­ßen­kan­ ten vorgeschrieben war. Das Wohnzim­ mer unten öffnet sich nach oben über alle drei Etagen bis ins Dach. Der Torbogen (linke Seite) rahmt den Blick auf den al­ ten Magnolienbaum.

und sollte, nein, musste bleiben. Der Rest ergab sich mehr oder weniger. „Das Eigen­ artige am ersten Entwurf“, sagt Bondavalli, „war, dass der einen irgendwann zugemau­ erten Torbogen unangetastet ließ.“ Dabei gebiete es doch schon die Achtung vor der Originalgestalt des Hauses, ihn zu öffnen. Vor allem aber steht direkt vor seiner et­ was seltsam breit gezogenen Wölbung eben jener Magnolienbaum, dem das alte Stall­ tor nun den Rahmen gibt. Die Architekten ließen es öffnen und setzten ein riesiges Fenster nicht hinein, sondern (nach einem Vorbild von Carlo Scarpa) ein Stück dahin­ ter, wie eine zweite Haut, die respektvoll Abstand hält zum originalen Mauerwerk. Vom Rest der Fassade entfernten Bonda­ valli und seine Kollegen nur den Putz, der

Tex t Andreas Kühnlein

Fotos: Simone Bossi

E inst lebten hier Stiere. Ein bescheidener Stall auf einem Bauernhof – nicht weit von Verona – an der Bahnstrecke, die in die ­Alpen zum Brennerpass führt. Die Sonne scheint an diesem hellen Februartag, und der Blick geht weit übers Veneto bis zum schneebedeckten Gipfel des Monte Pastello. Einen guten Teil ihrer Jugend hat Haus­ herrin Maria Adelaide hier auf dem Hof verbracht, später in einem Haus nicht weit davon. Dann gingen sie und ihr Mann in die Stadt, wo sie heute in einer herrschaft­ lichen Wohnung mitten im Zentrum woh­ nen. Den Plan, aus dem Hof vor den Toren der Stadt etwas für die Sommermonate zu machen, hatten sie seit Längerem, sogar schon einen Entwurf für den Umbau. Mar­ cello Bondavalli und seine beiden Partner sollten eigentlich nur den Garten dazu ge­ stalten. Aber irgendwie kam eine Idee zur anderen, und am Ende präsentierte er zu­ sammen mit der Vision für die Bepflan­ zung auch gleich eine für das Haus dahin­ ter – und überzeugte mit beidem. Das Herz des Ganzen ist ein Baum. Der alte Magnolienbaum, der so wohlgewach­ sen ist, als sei er gemalt. „Er ist da, seit ich denken kann“, erzählt Maria Adelaide. Stolz steht er inmitten des kleinen Gartens

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Panorama Reise

Dem GlĂźck ganz nah Umbrien galt lange als melancholische Schwester der Toskana. Zwischen Siena und Perugia verwandeln ein Graf und seine Familie ein Dorf in einen Sehnsuchtsort.

Tex t Florian Sieb e ck

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W

Fotos: Philip Vile

Die Casa delle Noci (li.) sitzt auf einem Hügel, um­geben von Zypressen und Lavendelfeldern, der Pool erinnert an eine Zisterne der Etrusker. Das Interi­ eur der ­Villen (unten Piantaverna) hat Conte Benedikt Bol­ za selbst entworfen.

indstill, fast wie gemalt liegt es da, das grüne Herz Italiens: Vor dem Auge breiten sich lang gezogene Bergrücken und sattgrüne Hügelket­ ten aus, und in den Tälern fällt der Frühtau auf fruchtbares Ackerland. Als Antonio Bolza sich vor 35 Jahren dem großen Zauber dieser Re­ gion ergab, fand er sein Glück in einem alten Glockenturm samt Pfarrhaus, den er als neuen Landsitz seiner Familie wählte. Graf Bolza, aus alter Aristokratenfamilie, hatte Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen müssen. „Wir verloren unser Land und unsere Besitz­ tümer“, sagt sein Sohn Benedikt. „Mein Vater hatte den Willen, hier wieder etwas aufzubau­ en. Eine Heimat für sich, für die Familie.“ Irgendwo zwischen Perugia und Siena schlug Antonio Bolza also ein neues Kapitel der Familiengeschichte auf. Erst Jahre später wurde ihm bewusst, dass er ein Juwel entdeckt hatte: 1500 Hektar beinahe unberührtes Land samt einer Festung aus Zeiten des Römischen Reichs: Castello di Reschio. Hier, wo Umbrien an die Toskana grenzt, wurde Land vor den Habsburgern verteidigt, es war der letzte Au­

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Dem Wohnzimmer von Giulia Crippa und Daniele Da­ minelli verleiht das ins Violett kippende tiefe Rot der Wände effektvoll den Anstrich des Fürstlichen. Das südseeblaue Fifties-Sofa stammt aus einer Auktion, der vielarmige florale Lüster von einem Antikmarkt in Ligurien. Daminelli fertigte selbst das weiße Bild an und fand auch den Schmetterling hinter Glas (daneben) auf einem Flohmarkt. Im Schlafzimmer (rechte Seite) wird’s lichter: Vor rosa Fond tändeln die in schwarzem Leder etwas technoid wirkende Liege von Marcel ­Breuer und ein Blumenstillleben von Giulias Großvater leichtfüßig miteinander. Das Deckenfresko und der ­Zementboden zählen zu den Originalelementen der Woh­ nung. Beim Umgestalten stieß man zudem auf einen ­­­alten Kamin, der wieder zur rein dekorativen Feuerstel­ le wurde. Die Stehleuchte daneben ist von Azucena.

Treviglio


In den Farben Caravaggios

Fotos: Laura Fantacuzzi & Maxime Galati Fourcade / Photofoyer

Tex t L arissa B eham Fotos L aura Fantacuzzi & Maxime G alati Fourcade

Östlich von Mailand, im lombardischen Städtchen Treviglio, setzt ein junger Designer Romantik ins Futur: In dem Altbaudomizil, das Daniele Daminelli für seine Familie gestaltete, finden eigene Entwürfe, Vintage-Stücke und poetische Nostalgie spielend zusammen. Und ­früh­barocke Lichtkonzepte rufen ein feudales Raumgefühl auf. 175



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