05 / PLENARY SESSION CLIMATE AND THE ENVIRONMENT – EUROPEAN PERSPECTIVES Pascale Ehrenfreund (IAF), Leonore Gewessler (BMK), Christian Haas (Alfred Wegener Institut), Martin Visbeck (GEOMAR) // Chair: Otmar D. Wiestler (Helmholtz) In cooperation with the scientific partner Helmholtz Association of German Research Centers
Die Corona-Krise hat das Thema Klimawandel etwas überschattet. Krisen bieten aber auch Chancen – etwa für neue Gesellschafts- und Wirtschaftsformen. Otmar Wiestler, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, betonte in seiner Einleitung, dass nur eine langfristige, interdisziplinäre Forschung, die auf einem systematischen Monitoring und Modellierung des Systems Erde beruht, es erlauben wird, die fundamentalen Prinzipien des Klimas und des Klimawandels zu verstehen. „Dieses Verständnis ist die wichtigste Voraussetzung, um eine Strategie zur Emissionskontrolle zu entwickeln und eine smarte Anpassung an die Klimaextreme zu ermöglichen“, so Wiestler. Der Polarforscher Christian Haas, Leiter der Sea Ice Physics Division am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven, präsentierte in einem Video „Mosaic“, die bislang größte Arktis-Expedition, die unter der Beteiligung von 17 Nationen und 600 Expert*innen im September 2019 gestartet wurde, um wichtige Daten für Generationen zu sammeln. Das Meereseis ist am stärksten vom Klimawandel betroffen und in den letzten 40 Jahren um 50 Prozent geschrumpft. „In den nächsten 30 bis 50 Jahren wird es hier kein Meereseis mehr geben“, so Haas. Das arktische Eis, das noch große Mengen vom Sonnenlicht reflektiert, sei ein wichtiger 14
Faktor für die Erwärmung des Weltklimas. Und vieles ist noch unklar. Warum schmilzt etwa gerade das Eis in der Arktis so schnell? Pascale Ehrenfreund, Professorin für Space Policy am Space Policy Institute der George Washington Universität sowie Präsidentin der International Astronautical Federation in Paris, präsentierte den Blick von oben mit einem Video über das internationale EU-Projekt Copernicus, dem größten Satellitenerdüberwachungsprogramm der Welt. Die moderne Gesellschaft und Wirtschaft würden ohne Erdbeobachtungs-, Telekommunikations- und Navigationssatelliten längst nicht mehr funktionieren. Satelliten überwachen aber auch Klimagase, Waldbrände oder das schmelzende Eis. Es sei wichtig, dass wir die letzten 40 Jahre des Klimageschehens rekonstruieren, um Prognosen für die Zukunft als Grundlage für die Politik machen zu können. Da gehe es auch um Themen wie Ernährungssicherheit, Katastrophenmanagement und vieles mehr. All die Daten aus dem Copernicus-Programm sind Open A ccess. „Das ist ein sehr kritischer Punkt“, betonte Ehrenfreund. Martin Visbeck, Leiter Physikalische Ozeanografie vom GEOMAR-HelmholtzZentrum in Kiel, startete mit einem Video über die Atlantik-Beobachtungsinitiative AtlantOS, die internationale Akteure aus den Bereichen Physik, Chemie, Biologie
oder Geologie vereint. Dabei gehe es nicht nur um Forschung, sondern auch um die sozialen Bedürfnisse etwa von Fischern und die Frage, wie nachhaltiger mit dem Meer umgegangen werden könne. „Die Ozeane sind sehr kritisch für das Klima und nehmen viel Hitze auf“, betonte Visbeck. 93 Prozent der Erwärmung des Planeten passiere im Ozean, der auch 30 Prozent des CO2 aufnehme. Eine Frage ist nun, wie man mit der Digitalisierung all die Informationen für nutzbringende Maßnahmen zusammenbringe. Umweltministerin Leonore Gewessler war von den Präsentationen sichtlich beeindruckt. „Die Klimakrise ist die größte Herausforderung, für die es, anders als für Covid-19, keine Impfung geben wird“, betonte Gewessler. Rasches Handeln sei erforderlich. Dabei könne der Green Deal der EU ein Gamechanger sein, wie auch die nächste globale Klimakonferenz COP26 im November 2021. Österreich habe sich das ambitionierte Ziel gesteckt, bis 2040 klimaneutral zu werden. „Wir versuchen im Ministerium alles dafür zu tun und dabei zugleich die Wirtschaft anzukurbeln“, so die Ministerin. REVIEW #Efatec 2020