Das Magazin 端ber Mode Lehrredaktion MM10 Ausgabe 3 AMD Akademie Mode & Design M端nchen Herbst 2011
„Beziehungen sind eine Rutschbahn nach oben“, sagte der österreichische Schauspieler und Kabarettist Karl Farkas. Wir sagen: Kein Mensch kann ohne Beziehung sein. Sie begleiten uns tagtäglich und das ganze Leben lang. Manche führen nach oben, ans Ziel, andere auf Um- und manche sogar auf Abwege oder ins Nichts. Wir können uns ihnen nicht entziehen – doch nicht immer schenken wir ihnen die nötige Aufmerksamkeit. So gesehen sind Beziehungen ein bisschen wie Mode. Bis wir zu dieser Erkenntnis gekommen sind, hat es etwas gedauert. Am Anfang jeder Lehrredaktion steht die Frage: In welche Richtung soll unser Heft gehen? Fast immer ist diese Diskussion gleichbedeutend mit der Überlegung: Was bewegt uns? Wie sehen wir die Welt? Ein Heft ist immer ein Spiegelbild der Menschen, die es gemacht haben. Auch wenn wir lange nach der Antwort suchen mussten: Wie wir uns unsere Ausgabe von mo:de vorstellten, wussten wir bereits. Unser Heft soll gute Laune machen. Wir wollten keine nüchterne und trockene Abhandlung über Sinn und Unsinn von Mode abliefern. Wir wollten spannende Geschichten, die nah an den Menschen sind, Fotostrecken zum Immerwiederansehen und ein Layout, das überrascht. Ein Heft, das den Leser zum Nachdenken anregt, aber auch zum Lachen bringt. Wir wollten zeigen, wie viel Spaß Mode macht. Mode muss sich nicht rechtfertigen. Sie gehört zu uns und macht das Leben spannend und bunt. Genauso ist es mit Beziehungen. Das ganze Leben besteht aus Verbindungen. Zu Eltern, Geschwistern, Großeltern, zum Partner und zu Freunden, zum Haustier oder zu einem besonderen Accessoire. Oft sind unsere Beziehungen oberflächlich, einige dagegen sind so tief, dass wir ohne sie nicht leben können.
Manchmal pflegen wir sie, oft vernachlässigen wir sie. Wir führen Beziehungen im echten Leben und manche auch im virtuellen, mit der Familie und im Berufsleben. Ihr Knüpfen, Führen und Beenden bestimmen unser ganzes Leben. Gerade in unsicheren Zeiten sind Beziehungen wichtiger denn je - weil sie uns Halt geben. Was liegt also näher, als dem Thema Mode und Beziehungen ein ganzes Magazin zu widmen? Unsere Ressorts orientieren sich an der Dramaturgie einer Beziehung: Flirt, Frisch verliebt, Zusammen, Auszeit, Für immer Liebe und Schluss gemacht. Oberflächliche Beziehungen und lebenslange Bindungen kommen ebenso vor wie Verbindungen im Job und zu besonderen Dingen, Liebe und Hass. Wir wünschen bei der Lektüre neue Erkenntnisse, spannende Eindrücke - und natürlich ganz viel Spaß.
Ihre Lehrredaktion MM 10
Mit freundlicher Unterstützung von
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Inhalt
30
8
FLIRT
8
Lass uns mal telefonieren, ich besorg Dir einen Job... Eine Gesprächsrunde über die Bedeutung von Beziehungen im Beruf
14
Bist du mein Freund? Und wenn ja, für wie lange? 300 Freunde auf Facebook. 20 in der realen Welt. Der Versuch einer Deutung
16
Kindermund tut Wahrheit kund Drei kleine Spezialisten probieren für uns ausgefallene Modeteile an
ZUSAMMEN
36
Wenn du springst, springe ich auch
44
Metamorphosen
50
Der Wolf im Cashmere-Pelz
54
Geliebtes Scheusal
FRISCH VERLIEBT
26
Short romance meets everlasting love
28
Modefilme
30
Schön ist uns zu brav
Accessoires – Heißer Flirt oder lange Liebe?
Die Musikvideos des neuen Jahrzehnts
Das Künstlerpaar Les Deux Garcons mischt mit extravaganten Entwürfen die Theaterszene auf
4 INHALT -
Dessous-Strecke: Sechs Kultfilmszenen, die Sie garantiert kennen, aber so noch nicht gesehen haben.
Epochale Stilmixe aus Alt und Neu in der Architektur
Im Alltag der Luxusgüterbranche geht es nur noch um Macht und Umsatz. nd Innovation um Drei Geschwisterpaare über Fragen des guten Stils
AUSZEIT
60
Berufung mal anders
70
Unisex: Sind wir alle gleich?
74
Selbstversuch: 14 Tage - ein Kleiderschrank
mal anders
Berufskleidung kombiniert mit High Fashion
Unisex-Mode und übergeschlechtliche Models machen uns vor, wir seien alle gleich. Sind wir schon so weit?
Ein Experiment
60
88 76 84
70 SCHLUSS GEMACHT
Unzertrennlich Menschen und ihre besonderen Beziehungen zu Accessoires. Eine Geschichte in Bildern
122
Gar nicht dufte
124
Modehoroskop
126
Vergiss mein nicht.
Nix zu verlieren Warum Besitz allein nicht glücklich macht
FÜR IMMER LIEBE
88
Das große Weiße
94
Schließtechnik
108
„Ich wollte nie Modedesignerin werden“
110
Stich für Stich
114
Sorry, members only
Auf der Suche nach dem perfekten Brautkleid
Plötzlich alleine gelassen – die Suche nach Ersatz für den Lieblingsduft
Was steht Ihnen in diesem Herbst besonders gut?
Die Redaktion mit ihren besonderen Erbstücken fotografiert - und den Geschichten dahinter.
Modestrecke: Verbindungen zwischen Kleidern sind nicht nur funktional, sondern können auch schön sein.
Ein Interview mit Gabriele Blachnik
Ein Maßatelier bietet jungen Migranten eine Ausbildung
Was, wenn man Teil einer Gruppe ist, von deren Existenz man gar nichts wusste? Eine Fotoreportage
Rubriken 3 • Editorial 128 • Impressum und Hersteller 130 • Im Kleiderschrank mit… INHALT 5 -
lirt
„Ein Flirt ist wie eine Tablette: Niemand kann die Nebenwirkungen genau vorhersagen.“ Catherine Deneuve FLIRT 07 -
Lass uns mal telefonieren, ich besorg Dir einen
JOB...
In kreativen BRANCHEN kennt jeder jeden - aber hilft einem das weiter? Ein GESPRÄCH über PEINLICHE Bewerbungen und die Bedeutung von BEZIEHUNGEN im Job. Text: Kathrin Hollmer · Fotos: Stefanie Kling
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Von links: Verleger Dirk Ippen, Schauspielerin Leoni Beckenbach und Designerin Kathleen Kรถnig
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d
raußen blitzte und donnerte es - drinnen war die Atmosphäre zwar nicht geladen, aber trotzdem sehr anregend: Profis und Newcomer aus der Kreativ- und Medienbranche diskutierten in einer Talkrunde - und nicht immer waren sie sich einig: Die Designerin Kathleen König (41) besitzt mit „Haltbar“ ihr eigenes Label und doziert an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel, die Modemacherin Iris Löffler (30) dageben lebte eine Zeit in New York als Freelancer. Schauspielerin Leoni Beckenbach (30), Modeillustratorin Kera Till (28) und Christoph Pankowski (24), Galerist und Besitzer der „Galeria Autonomica“, stehen noch am Anfang ihrer Laufbahn, während Dirk Ippen (70), Zeitungsverleger u.a. von „Münchner Merkur“ und „tz“, auf eine lange Karriere zurückblickt. Sie sind Modemacher, Künstler, Verleger, Galerist und Schauspieler. Wir wollen heute über Beziehungen sprechen. Ihren Branchen wird oft der Vorwurf gemacht, dass ohne gute Verbindungen nichts läuft. Was sagen Sie dazu? LeoNI BeCKeNBACH: In der Schauspielerei sind Beziehungen sehr wichtig. In den Synchron-Bereich wäre ich ohne vermutlich nicht so einfach reingekommen. Da ist jeder der Sohn oder die Tochter von jemandem. Bei mir war es so, dass mich ein Freund eines Freundes, den ich gar nicht kannte, mitgenommen hat. Im Nachhinein war das sehr wichtig für mich. KerA TILL: Als Illustratorin kreiere ich Bilder - die müssen einfach gut sein. Das ist wie bei einem Bäcker. Wenn die Semmeln nicht schmecken, kauft sie keiner. Trotzdem höre ich den Vorwurf immer wieder. LeoNI BeCKeNBACH: Ich hatte schon diese typischen Angebote wie „Lass uns mal telefonieren, ich besorg Dir einen Job“. Man denkt, das ist ein Klischee, doch es ist wirklich so. Aber das habe ich noch nie gemacht und hoffe, es wird nie dazu kommen. KATHLeeN KöNIG: Ich finde, das ist gar kein Vorwurf. Bei mir hat sich gerade eine Studentin beworben. Ihre Bewerbung ist mir so ausgezeichnet aufgefallen, dass ich sie kennenlernen wollte, obwohl ich gerade niemanden einstellen kann.
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Von links: Galerist Christoph Pankowski, Redakteurin Kathrin Hollmer, Illustratorin Kera Till
Dann habe ich sie getroffen und fand sie toll. Natürlich empfehle ich sie und schicke ihre Arbeit weiter. Dann sieht jemand, dass es von mir kommt, und schaut es sich genauer an. Aber das sind keine Beziehungen. Früher war es vielleicht so, dass der Vater seine Tochter in der Firma untergebracht hat. DIrK IPPeN: Das war da auch nicht so, das wurde nur immer gesagt. es geht in der Privatwirtschaft aber schon aus dem Grund nicht, weil jeder Unternehmer sein Unternehmen voranbringen will. Bei mir im Verlag ist es auch so. Ich lerne viele junge Leute kennen und sage ihnen, sie sollen ihre Bewerbung schicken. Wenn aber unser Personalchef oder nachher der Chefredakteur keinen guten eindruck hat, dann kann ich nichts tun. Da kenne ich auch keine Verwandten. Mir ist mein Unternehmen wichtiger als irgendjemandem zu helfen. Sie würden nicht einmal Ihrem Neffen ein Praktikum verschaffen? DIrK IPPeN: Was meinen Sie, was ich an solchen Anfragen bekomme? Ich gebe sie dann an die Personalabteilung weiter, aber übernehme keine Verantwortung. Ganz selten ist jemand dabei, den ich wirklich empfehlen kann. KATHLeeN KöNIG: Das entscheidende ist Qualität. CHrISToPH PANKoWSKI: Als unsere Galerie noch am Anfang war und keinen Namen hatte, haben wir Freunde und Bekannte ausstellen lassen. Aber mittlerweile bekommen wir so viele Bewerbungen, darum ist die Qualität der Kunstwerke auch enorm angestiegen. Ich könnte es mir nicht mehr erlauben, Bekannte nur ausstellen zu lassen, weil ich sie kenne. Natürlich entstehen mit manchen Künstlern Freundschaften. Die schicken dann ihre Künstlerfreunde zu mir, die mir Angebote machen. Das funktioniert. KATHLeeN KöNIG: Wenn man gut connected ist, hat man mehr Möglichkeiten. Wie baut man Kontakte auf? KATHLeeN KöNIG: oft werden Geschäftspartner Freunde, und über diese Freunde lernt man wieder Freunde kennen. So etwas entsteht oder eben nicht. Man bekommt auf jeden Fall nichts in die Wiege gelegt.
DIrK IPPeN: Aber das Wichtigste liegt KerA TILL: Gut ist auch, wenn die Leute ein Gesicht vor Augen haben und Dich irgendwie schon in der Wiege, nämlich, nicht nur über emails kennen. Ich habe mich immer beworben, wenn ich etwas ganz welche Begabung man hat und ob man toll gefunden habe. Mein prominentester Kunde ist Ladurée, eine große Patisserie in eine sympathische Art hat, auf Menschen Paris. Ich fand diese ganze Welt so toll, von der einrichtung bis zum Gebäck. Deszuzugehen. Ausstrahlung ist wichtig. wegen bin ich auf sie zugegangen. Ich mache auch mal „Money Jobs“. Aber wenn ich CHrISToPH PANKoWSKI: Man mich initiativ bewerbe, sind es immer Sachen, die ich wirklich will. muss auf jeden Fall offen und kommuKATHLeeN KöNIG: Wenn man in unseren Branchen das nicht wirklich will, dann nikativ sein. soll man es echt bleiben lassen! Ich doziere an der Hochschule für Gestaltung und KerA TILL: Ich sage allen, die in der Kunst in Basel und ich sage das regelmäßig meinen Studenten. es funktioniert nicht, Mode- oder Medienbranche freiberufwenn Du etwas machst, bloß weil es sich ganz gut im Lebenslauf macht. lich arbeiten wollen: Wenn Du abends Wie verkauft man sich gut in Bewernicht gerne ausgehst und kontaktfreudig bungen? bist, dann ist es schwierig. KATHLeeN KöNIG: Ich beMuss man wirklich jeden Abend ausgekomme Initiativbewerbungen, da hen, um Leute kennen zu lernen? höre ich schon im ersten Satz, dass KATHLeeN KöNIG: Ich mache das derjenige nicht einmal weiß, was ich nicht. Ich gehe wahnsinnig gerne aus, mache – und dann wird mir aber aber nicht in die Kreise, in die ich gehen erzählt: „Ich finde Ihr Unternehmen müsste. Ich mache es mir schwer damit, so toll“. Schrecklich. aber ich bin mir dessen bewusst. IrIS LöFFLer: Copy-and-PasteKerA TILL: Sie kennen die Leute Bewerbungen sollte man lieber aber trotzdem. bleiben lassen. KATHLeeN KöNIG: Ich kenne sie, LeoNI BeCKeNBACH: Man aber ich glaube, dass ich woanders stünmuss sich immer informieren, was de, wenn ich das mehr forcieren würde. in seiner Branche passiert. In MünHilft Golfspielen, um Beziehungen chen war gerade Filmfest, da muss aufzubauen? man natürlich hingehen. Wenn man KATHLeeN KöNIG: Mir ganz zu einem regisseur oder Castingbestimmt nicht. Agenten geht, muss man wissen, DIrK IPPeN: Das half wer derjenige ist und was er macht. noch nie. Das sind die Diese Leute mögen es, wenn man Klischees. Als ich noch sie kennt und nicht immer nur von „Kein wirklich jung war, spielten die sich selbst erzählt. Studentenverbindungen An welche hilfreichen Tipps erinnern Sie sich noch? Begabter ist auf eine wichtige rolle. Ich KerA TILL: Ich erinnere mich eher an Tipps, die eigentlich war da nie drin, aber es ganz falsch waren. Ich arbeite zu Hause und alle haben mir Dauer bereit, für hieß immer, da muss man gesagt, ich brauche Disziplin und muss jeden Tag zur seleinen Vollidioten zu hingehen, da bekommt ben Uhrzeit aufstehen und im Kostüm und mit High Heels man Verbindungen - alles am Schreibtisch sitzen. Jetzt habe ich es akzeptiert, dass ich arbeiten.“ Quatsch. War damals einmal bis 11 Uhr schlafe und dann wieder Phasen habe, in Dirk Ippen schon Quatsch. denen ich ganz wenig Schlaf bekomme und quasi im Pyjama Wie nimmt man dann arbeite. Der Tipp, mir so eine routine aufzubauen, war falsch. Kontakt auf? Für mich jedenfalls. KerA TILL: Ich habe am Anfang KATHLeeN KöNIG: Man darf sich für nichts zu schade sein, ob man Kaffee kocht reisen mit redaktionsbesuchen veroder den Müll rausbringt – das gehört überall dazu. bunden. Wenn ich wusste, dass ich nach DIrK IPPeN: So ist es, hier spricht eine Unternehmerin. Und wenn man eine Idee Paris oder London fahre, habe ich eine hat, sich nicht so leicht abbringen lassen, egal, was die anderen sagen. Das sehe ich oft email an die redaktion geschrieben und bei Managern, die kommen heute mit einer Idee und morgen mit einer anderen. gefragt, ob ich vorbeikommen darf. KATHLeeN KöNIG: Wir brauchen keine Manager, sondern Unternehmer, die DIrK IPPeN: Denen, die immer etwas unternehmen, wenn es Probleme gibt. Deswegen geht es dem deutschen Mittelwieder Absagen bekommen, rate ich: stand so gut. Bewerbt euch, wo ihr her kommt. Wer KerA TILL: Das sind auch die wirklich inspirierenden Leute. Ich bin nach meinem aus Tölz kommt, sollte in die Tölzer Studium nach London gegangen, um bei Net-à-Porter zu jobben. Ich habe da nur eiredaktion gehen und sich da vorstellen. nen Assistenten-Job gemacht, aber es hat mich sehr inspiriert. Die Art Directorin dort Vielleicht kann man erst einmal aushelhat mich unterstützt und gesagt, ich soll ein Portfolio machen, das ich rumschicken fen. Wenn dann die Volontariate vergekann. Das habe ich dann an die deutsche Vogue geschickt. ben werden, hat man bessere Chancen. DIrK IPPeN: Man darf kein Selbstdarsteller sein. Im Gegenteil, der größte erfolg, FLIRT 11 -
Von links: Galerist Christoph Pankowski und Modedesignerin Iris Lรถffler
Von links: Schauspielerin Leoni Beckenbach und Designerin Kathleen Kรถnig
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Kommilitoninnen. Damals war das eine Mentorschaft und ich konnte mir bei ihm den ein Unternehmer haben kann, ist, rat holen. wenn er Mitarbeiter hat, die Sachen KATHLeeN KöNIG: Mein Label „Haltbar“ war die Idee einer Plattform für j besser können als er, dann kann er sich unge Künstler, darüber habe ich den Designer Andreas Murkudis kennen gelernt. nämlich anderem zuwenden. er war mein erster Kunde und kauft meine Kollektionen bis heute. er war damals ein Riskiert man es dann nicht, ersetzt zu Mensch mit mehr erfahrung als ich, darum würde ich ihn als Mentor bezeichnen. werden? Über ihn habe ich seinen Bruder Kostas Murkudis getroffen. Andreas schlug vor, dass DIrK IPPeN: Ich habe immer Mitwir uns zusammentun, und daraus ist eine Kollektion entstanden. arbeiter gehabt, die begabter sind als DIrK IPPeN: Für den Start hilft es vielleicht, wenn man zum Beispiel im Maschiich. Und die haben trotzdem für mich nenbau Karriere machen will und man den Chef von Daimler gearbeitet, weil ich kennt. Da bekommt man eventuell eine erste Tür geöffnet. Aber es ein seriöser Mensch ist immer nur der erste Anstoß. Wenn Sie dann nicht gut sind, ist bin. Kein wirklich „Wenn man etwas es umso schlimmer - auch für den, der Sie empfohlen hat. Begabter ist auf wirklich will, muss KATHLeeN KöNIG: Genau das ist das Problem: Jemanden zu Dauer bereit, für empfehlen, den man eigentlich nicht empfehlen kann – das macht einen Vollidioten zu man das machen heute niemand, weil es immer negativ auf einen zurückfällt. arbeiten. DIrK IPPeN: Wenn man erst mal drin ist, gilt der Satz „Nothing KATHLeeN - auch wenn man succeeds like success“. KöNIG: Schlimm zum Geldverdienen Worauf kommt es Ihnen an, wenn Sie jemanden einstellen? ist, dass viele nicht DIrK IPPeN: Für mich ist es immer viel viel wichtiger, welche mehr so gerne arbeikellnern muss.“ Persönlichkeit jemand hat, als in welchem Ausbildungslevel derten wollen, deswegen Kera Till jenige ist. Ich frage mich: Will der sich wirklich einbringen oder suchen sich viele Jobs, ist das ein Selbstdarsteller, der nur einen Job sucht, weil er Kohle in denen sie nach braucht? ihrer Vorstellung KATHLeeN KöNIG: Das kann ich nur bestätigen. Ich habe viele nicht einmal für nicht viel tun müssen. Hinterher wachen ein unbezahltes Praktikum genommen, weil ich sie nicht vielversprechend fand. Man sie dann ganz böse auf. Ich habe die investiert viel Zeit und Geduld – und das mache ich nur noch für jemanden, der das ersten sieben Jahre 15 Stunden am Tag wirklich will. gearbeitet – und selbstverständlich auch CHrISToPH PANKoWSKI: Bei der Künstlerauswahl ist das ganz einfach. Da samstags und sonntags. Ich bin trotzdem muss mich die Qualität der Arbeiten überzeugen. Ich hatte bisher erst zwei Praktikannicht reich geworden. Da sind so falsche ten, das war auch rein auf menschlicher Basis entschieden. Wir bekommen wöchentVorstellungen in den Köpfen. lich Bewerbungen rein, dann trifft man sich mit denen - und wenn es menschlich Inwieweit haben sich die Arbeitsvorstelnicht passt, dann passt es nicht: egal, welchen Background der Bewerber mitbringt. lungen geändert? LeoNI BeCKeNBACH: Mir hat eine Casting-Agentin gesagt, dass sie SchauspieKerA TILL: Ich glaube, wir werden ler, die zwar gut sind, die sie menschlich aber nicht mag, einfach nicht besetzt. Wenn nicht mehr unser ganzes Leben lang dasman vier Wochen lang gemeinsam am Set ist, muss die Stimmung passen. selbe machen. In unseren Lebensläufen Berufliche Entscheidungen hängen also auch von Sympathie ab? wird nicht mehr nur ein Beruf stehen. IrIS LöFFLer: Man kann für niemanden arbeiten, den man partout nicht leiden LeoNI BeCKeNBACH: Ich habe kann. Man muss sich nicht anbiedern, wenn man die Person eigentlich einige Nebenjobs. Mein Ziel ist natürlich gar nicht mag. Film und Fernsehen – und das SynDie DIrK IPPeN: In einem großen Unternehmen müssen sich aber chronsprechen, das gerade auch ganz gut Gesprächsrunde als Audioslideshow nicht alle lieben. Die Arbeit ist ja nur ein Teil des Lebens. Ich anläuft. unter: www. habe die erfahrung gemacht, dass Mitarbeiter, mit denen ich IrIS LöFFLer: Wenn man etwas dasmagazin mich nicht anfreunden würde, trotzdem hervorragende Arbeit wirklich will, muss man das machen übermode.de leisten. Das ist eine Aufgabe, die man erfüllen muss. Und man auch wenn man zum Geldverdienen arbeitet zum Glück nicht 24 Stunden! nebenbei noch kellnern muss. Ich habe an der esmod, wo ich auch studiert habe, ein Angebot für eine Lehre bekommen. Das interessiert mich viel mehr als in einem DIe GeSPräCHSrUNDe: Designteam für ein großes Label wie Chloé zu arbeiten. Diese entscheidunLeoni Beckenbach (30): Schauspielerin und Synchronsprecherin gen muss jeder für sich selbst treffen. Dirk Ippen (70): Zeitungsverleger, u.a. von „Münchner Merkur“ und „tz“ Helfen Mentoren bei solchen EntscheiKathleen König (41): Designerin und Ladenbesitzerin (Label „Haltbar“) dungen? Iris Löffler (30): Modedesignerin IrIS LöFFLer: Mit meinem Lehrer Christoph Pankowski (24): Galerist („Galeria Autonomica“) aus dem letzten Jahr an der esmod bin Kera Till (28): selbstständige Illustratorin u.a. für Modezeitschriften ich mehr in Kontakt als mit meinen FLIRT 13 -
Bist du mein Freund?
Und wenn ja,
für wie lange?
300 FREUNDE auf Facebook. 20 in der realen Welt. Da stellt sich SCHNELL die Frage: Werden unsere Beziehungen immer oberflächlicher? Der Versuch einer Deutung. Text: Theresa Schleicher
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ie viele Freunde haben Sie auf Facebook? Und wie viele treffen Sie auch im realen Leben regelmäßig? Unterscheiden sich diese Zahlen beträchtlich, ist das nicht verwunderlich. Es geht fast jedem heutzutage so. Gerade mal zehn Prozent der Facebook-Freunde treffen die Befragten öfter als zweimal im Monat. Acht Prozent gehören zum engen Vertrauenskreis. Aber dass man mehr als 150 Freunde auf Facebook hat, ist für die meisten selbstverständlich. Ist das nun schon ein Anzeichen einer oberflächlichen Gesellschaft? In Facebook werden Beziehungen angehäuft, Freundschaften schnell ausgetauscht. Aber ein Beispiel ist hier sicherlich zu wenig.
Was gibt es Wichtigeres als Familie? In der Familie sollten eigentlich die engsten Beziehungen zu finden sein. Doch auch hier findet man eine Vielzahl von Beziehungen, die nicht für die Ewigkeit sind. Gesellschaftsforscher sprechen im Zusammenhang mit familiären Strukturen von einer Multigraphie der Gesellschaft und Erfahren Sie verschiedensten Lebensstilen. Heute ist es ganz normal, eine zweite mehr in unserem oder sogar dritte Ehe einzugehen und neue Familien zu gründen. Film unter: www. Wechselnde Partner sind eine Selbstverständlichkeit, während man dasmagazin hingegen sich selbst dabei erwischt im gegebenen Fall ein verwunübermode.de dertes „Was, ihr seid schon seit 30 Jahren verheiratet? Wow!“ von sich zu geben. Vor 30 Jahren war das selbstverständlich. Viel zu stark 14 FLIRT -
spielten Konventionen eine Rolle. Scheidungen waren verpönt. Funktioniert heute eine Beziehung nach zehn Jahren nicht mehr mit der gleichen Intensität, ist es für viele normal, den Partner der Liebe wegen zu wechseln. Könnte man also womöglich behaupten, dass die Menschen genau auf diese oberflächlichen Beziehungen verzichten wollen? Denn, ein Aspekt, der oft außer Acht gelassen wird, kann die Länge einer Beziehung wirklich etwas über die Qualität aussagen?
Der Beruf auf Lebenszeit ist vorbei Auch die Arbeitswelt definiert sich durch einen Wechsel. Im Laufe unseres Lebens häufen wir verschiedenste Berufe an. Freie arbeiten bei verschiedenen Unternehmen gleichzeitig, öfter auch nur für kurzfristige Projekte. Nehmen wir das Journalistenbild. In den Redaktionen kommt es nicht selten vor, dass die Hälfte der Mitarbeiter aus freien Redakteuren besteht. Bei einem Großteil der Menschen findet das aber keine Beachtung, geht es doch nur um diese „Kreativen“, bei denen sowieso immer anders läuft als bei den guten, alten Berufen. Schon mal einen Bäcker gesehen, der von einer Konditorei zur nächsten jettet? Eher weniger. Aber dafür Ingenieure, deren spezifiziertes Wissen von verschiedensten Unternehmen angefragt wird. Berufsgruppen werden vermehrt Wissenscommunities, die sich je nach Aufgabe neu zusammentun. Die Vorteile einer solchen Arbeitsweise, so oberflächlich sie erscheint, sind nicht unwichtig. Arbeitnehmer werden Experten, Unternehmen können daraufhin individuell Spezialisten heranziehen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Von der stetigen Abwechslung im Beruf gar nicht erst zu sprechen. Aber woher kommt dieses Verhalten und warum reden wir hier von oberflächlich?
Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinsituts und Gesellschaftsforscher spricht über oberflächliche Beziehungen 1. Facebook Phänomen: Werden wir in Zukunft nur noch „virtuelle“ Freundschaften haben? Der Mensch ist und bleibt ein soziales Tier. Er würde verkümmern, wenn sein Sozialleben allein auf virtuelle Freundschaften beschränkt wäre. Wer sich im Netz begegnet, will sich auch in der Wirklichkeit treffen. 2. Gehen wir von den neuen Beziehungsbildern aus, stellen wir fest, dass Partner immer öfter wechseln. Sind die Beziehungen der heutigen Zeit einfach nur viel oberflächlicher als früher oder gibt es dafür andere Gründe? Beziehungen sind brüchiger geworden, nicht weil die Menschen oberflächlicher sind, sondern weil sie sich von Abhängigkeiten befreit haben. Über die Jahrhunderte war die Ehe eine monetäre Zweckgemeinschaft. Frauen MUSSTEN heiraten, um versorgt zu sein. Erst seit kurzem gründet die Ehe genauso wie die Partnerschaft ohne Trauschein - auf dem romantischem Ideal der Liebe. Wir erwarten also eine viel größere emotionale Tiefe in einer Beziehung. Diesem Anspruch dauerhaft gerecht zu werden, ist eine große Anforderung, weshalb Partnerschaften leichter in die Brüche gehen. 3. Auch in der kreativen Klasse beobachtet man einen ständigen Berufswechsel? Können sich die Menschen heutzutage nicht mehr langfristig an Dinge und an den Beruf binden? Wer von der Freiheit gekostet hat, will auf ihren süßen Geschmack nicht mehr verzichten. Menschen vollen mit ihrer privaten wie beruflichen Biografie wachsen. Hierfür benötigen sie immer wieder neue Herausforderungen, weshalb mehrere Berufswechsel üblich werden.
Die neuen Egoisten Heutzutage spielt die Konzentration auf sich selbst eine große Rolle, das „Ich“ steht im Mittelpunkt. Die Frage „Wer bin ich?“ und „Wie kann ich mich von anderen differenzieren?“ nimmt heutzutage an Ausmaß zu. Nicht umsonst sprechen wir von dem Megatrend Individualisierung, der unsere heutige wie zukünftige Gesellschaft prägt. Sprach man vor gerade einmal 45 Jahren von der Gemeinschaft, die zählt, nehmen sich die Menschen heute das Recht heraus, sich selbst zu verwirklichen und vor allem nicht wie jeder andere zu sein. Und so ist es nur umso verständlicher, dass die heutigen Arbeitnehmer für mehrere Unternehmen arbeiten, geht es ihnen doch vielmehr um ihr Wissen und das, was sie ausmacht, als um die tatsächlichen Abnehmer. Ein ständiger Arbeitsplatzwechsel heißt womöglich einfach, auf sich selbst zu hören. Denn kaum jemand hat mit 20 Jahren die gleichen Vorlieben und Bedürfnisse wie 20 Jahre später. So auch bei der eigenen Familie. Heute sehen wir die schwulen Ehepaare, die späten Eltern, kinderlose Paare, Patchwork-Familien etc. Die Familienstrukturen passen sich dem Individuum an. Je nach Bedürfnis des Einzelnen wird ein Haushaltsmodell ausgesucht. Das zeigt nicht zuletzt die massive Anzahl an Singlehaushalten. Und auch bei Facebook geht es heutzutage vielmehr um die Zurschaustellung des eigenen Profils. Die Angabe der Interessen, Vorlieben, Beziehungen zu anderen Menschen, den man doch nur oberflächlich oder gar nicht kennt, zu geben war vor ein paar Jahren noch undenkbar. Heute ist es erwünscht. Die vielen „Freunde“ sollen sich genau das anschauen. Je mehr Menschen es sehen, desto besser.
Freundschaft - was ist das? Die Menschen, denen es heute um sich selbst geht, sind darauf bedacht, sich nur mit anderen Menschen und Dingen zu umgeben, die die eigene Persönlichkeit auch zum Vorschein bringen. Beziehungen bekommen eine neue Funktion. Eine viel intensivere.Denn welche Beziehung kann tiefer gehen, wenn man sich mit jemandem bzw. mit etwas wirklich identifiziert. So suchen viele in der ersten oder zweiten Ehe nach dem Partner, mit dem man sich selbst ausdrücken kann. Falls das nicht mehr geht, orientiert man sich um. Das ist keineswegs oberflächlich, vielmehr wird konsequent auf eine intensive Bindung geachtet. Für diese Bindung nehmen die Menschen große Veränderungen in Kauf. Denn für was würde es sich mehr lohnen, als für Beziehungen? FLIRT 15 -
Unsere knallharte Jury, von links nach rechts: Korbinian (4), Laura (4), Finn (4) in ihren eigenen Kleidern 16 FLIRT -
Kindermund
tut Wahrheit kund… Drei kleine SpezialiSten haben für uns besonders auffällige Mode anprobiert und kommentiert. ihre Reaktionen: sehr unterschiedlich. Manchmal sagen GeSten mehr als kluge Worte. Text: Isabell Hummel und Marcela Brand-Wehle · Fotos: Marcus Schäfer
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„Die rockt total!“ Brille: PRADA
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„Was ist denn das?! Sieht ja aus wie ein Elefantenbein.“ Schuhe: MASCARO
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Anziehen? Nö, die kommen gleich mit ins Bett. Vintage-Pelzmäntel und Pelzweste: PRIVAT
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„Guck mal, ich habe einen Edelstein!“ Ketten: PRIVAT Lauras linker Armreif: Aurélie Bidermann
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Heute kein Mode-Oscar von Finn… Hut: ACNE
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„Es gibt Leute, die sich nie verliebt hätten, wenn sie nicht von der Liebe hätten sprechen hören.“ François Duc de La Rochefoucauld 24 FRIsCh veRLIebT -
risch verliebt FRIsCh veRLIebT 25 -
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13. 12. 9.
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26 Frisch verliebt -
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short romance meets everlasting love Unsere schönsten Begegnungen dieses Sommers: Manche sind nur von kurzer Dauer, andere hingegen liebt man ewig! Styling: Stephanie Rischer, Olivia Toldo · Foto: Peter Raider
1. Flüchtige Begegnung: Sandalen von Buffalo 2. Frühlingsgefühle: Kette von Accessorize 3. Tiefe Blicke: Sonnenbrille von Gucci 4. Erste Freundschaft: Hut von Ina Böckler 5. Liebevolle Umarmung: Schal von I am 6. Frisch verliebt: Kette von Accessorize 7. Kurze Romanze: Schal von H&M 8. Heisser Flirt: Pumps von Mannori 9. Sinnliche Verführung: Parfum von Dior 10. Innige Küsse: Lipgloss von Dior 11. Feste Verbindung: Bikini von H&M 12 Treuer Begleiter: Koffer von Bric‘s 13. Lange Liebe: Handtasche von Louis Vuitton
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Frisch verliebt 27 -
Modefilme Immer mehr ModefIrMen produzieren kurze ModeClips und stellen sie ins Internet. Von fashIon 2.0 ist die rede. Was verbirgt sich hinter dieser neuen Faszination?
Die Musikvideos des neuen Jahrzehnts
Text: Alexandra Dobre
odefirmen bauen heute ihre Markenpersönlichkeit mit Kurzfilmen im Netz auf. Von Fashion 2.0 ist die Rede. „Ein cooler Clip verbreitet sich schneller als jede Modestrecke – und verknüpft das Label mit dem Zeitgeist“, erklärt Annekatrin Meyers, eine selbstständige Film-Regisseurin, die sich auf das neue Medium Mode-Kurzfilm spezialisiert hat. Gleiches gilt auch für Modenschauen. Sie wollen mit ihren künstlerischen Inszenierungen und aufwändigem Lichtdesign nicht nur die Zuschauer vor Ort in Staunen versetzen, sondern dank Livestreams auch die ganze Welt. Auf Social-Media-Plattformen wie Facebook kann zum Beispiel das Label Christian Dior seine Kurzfilme seinen 2.431.288 „Fans“ kostenlos zu28 frisch verliebt -
senden. 2010 waren es noch um die 200.000 Fans. Im Idealfall leiten diese die Spots dann wieder an ihre „Freunde“ weiter. Im Sinne einer „Mund-zu-Mund“-Propaganda baut sich dadurch schnell und einfach ein exklusives Markenimage auf. „Deshalb setzen immer mehr Firmen auf Filme, die die Atmosphäre, das Lebensgefühl ihrer Marke einfangen“, sagt die Regisseurin, die diesen Trend wahrgenommen hat und mit ihrer Firma „feenfilm“ realisieren will. Traditionshäuser wie Prada, Chanel und Louis Vuitton investieren Unsummen in die kurzen Clips im Netz. Dazu stellen sie berühmte Regisseure ein, die einen szenischen Kurzfilm mit interessanter Geschichte umsetzen, sodass der Betrachter für einige Minuten in eine Traumwelt von Bildern eingefangen wird. Der Designer Henry Holland zum Beispiel engagierte für seine Herbst-/Winterkollektion 2011 Ernest Hemingways Urenkelin Dree und Pixie Geldof, um mit ihnen einen 24-Stunden Shoppingsender nachzuspielen. Lisa Elsners Modefilm „Rainbow House“ für das britische Label Oliver Peoples mit Musiker Devendra Banhart lässt die Mode in den Hintergrund rücken. Nur das sehnsüchtige Sommergefühl, wie in der LangneseEiswerbung, entsteht. In einem Interview mit vogue.de stellt der Modefotograf und Regisseur Nick Knight fest: „Im Gegensatz zum Modefoto sieht man im Film, wie sich die Kleidung in Bewegung verhält. Die Energie, die sich dabei entfaltet, erzeugt eine sehr starke Emotion.“ Damit wollen Luxusmarken eine Zielgruppe ansprechen, für die der Klick ins Netz bequemer ist als der Gang ins Geschäft. Für die ein Label ohne außergewöhnliche Internetpräsenz keine Rolle spielt. Das Massenmedium Internet erreicht - im Vergleich zum Fernsehen - weltweit Menschen, die in die Zielgruppe von Luxusmarken fallen. Statt kurze Werbespots im TV oder im Kino zu schalten, konzentrieren sich die Modefirmen auf das Netz. Auf namhaften Seiten wie nowness.com oder businessoffashion.com werden täglich Favoriten aufgestellt.
Zum richtigen Zeitpunkt scheint sich das neue Medium einzuschalten, denn die Werbebranche stagniert – gerade im TV-Bereich. Wie kommt’s? In den letzten Jahren wurde es sehr still um die schöne, alte Welt der kommerziellen Werbung. Der Sündenbock für das verlorene Nullerjahrzehnt ist die Finanzkrise, die damalige Werbeköpfe zur Sicherheit und Vorsicht in ihren Ideen zwang. „Heute lohnt es sich einfach nicht mehr für die Firmen, Unsummen in TV-Werbung zu investieren“, sagt Markus Ehinger von Kraftstoff Media. Schaltet Chanel zum Beispiel klassisch einen Werbespot im TV, investiert das Modehaus um die 100.000 Euro und erreicht vielleicht nur 30.000 Menschen, die am Produkt interessiert sind. Im Gegensatz dazu bringt ein Werbeclip im Netz einen wesentlich geringeren Kostenaufwand von nur 6.000 Euro. „Und der trifft 50.000 Interessenten, wenn nicht mehr. Die Internetportale haben eine viel genauer definierte Zielgruppe und sind deshalb zielgenauer für Mediaplaner.“, betont Ehinger. In Zeiten von Effizienz und sicheren Verkaufsergebnissen nutzt die Modebranche den Pool des Internet um ihrer Kreativität und den kniffligen Ideen - ohne Rücksicht auf Verluste – nachgehen zu können, und will ihre Werbung von ihrem „old school“Image im Fernsehen absägen. Jetzt versprüht sie im Netz wieder ihren Charme von crazysexycool. Eine 180-GradWende? Ob der Modefilm die Modefotografie ablösen kann? Während Tom Ford dem Internet den Rücken kehrt, setzt Karl Lagerfeld darauf und wittert Potenzial. Dennoch rückt er in einem Interview zurecht: „Mode lebt vom Image. Die Kameras, ihre Verwendung, alles wird sich ändern – aber ein Bild bleibt ein Bild.“ Im Alltag strömen Unmengen von Bildern auf den Menschen ein - was ihn berührt ist das, was er noch nicht gesehen hat. „Modefilme steigern die Aufmerksamkeit der Betrachter, da - im Gegensatz zum Modefoto - der Film auf mehreren Emotionsebenen stattfindet. Die weitere Ebene Akustik, also Musik und Ton, weckt Emotionen, die Bewegung zeigt den typischen Fall der Kleidung und der Ablauf einer Geschichte macht den Zuschauer neugierig“, erklärt Kraftstoff Media Produzent Ehinger. Dabei kommt es neben der Geschichte nicht nur auf die schönen Bilder an, besonders der Ton der Musik ist eine tragende emotionale Hauptrolle, auf die sich die Menschen schnell einlassen können. Levi’s hatte das schon in den 90ern erkannt. Eine prägnante Musik untermalte im szenischen Werbeclip die lasziven Posen des damals noch unbekannten Brad Pitt, traf damit das Lebensgefühl der Generation und erreichte Kultstatus. Ähnlich prägend war die Ära des Musikvideos, mitte der 80er Jahre. Damals versetzten Künstler, besser Idole, wie Michael Jackson, Madonna oder Billy Idol mit ihrer außergewöhnlichen, individuellen Mode die Fans in Staunen und verkörperten ein Lebensgefühl, mit dem sich die Massen identifizierten. Doch heute steht das Image des Musikvideos vor dem Aus. Vom kunstvollen Clip-Präsenter zum reinen Quotenfänger verkommen, beobachtet man den eklatanten
Motiv aus dem Editorial-Modefilm „Out of Space“, produziert von Kraftstoff Media für Vogue.de
Niedergang der Musiksender. Ein offensichtliches Zeichen dafür war MTV’s Rückzug aus der Öffentlichkeit und der Wechsel zum PayTV. Auch hier schaltet sich das neue Medium Modefilm zum rechten Zeitpunkt ein. „Modefilme sind die Musikvideos des neuen Jahrzehnts“, stellt die Regisseurin Meyers fest, und auch Ehinger ist der Meinung: „Der Modefilm holt das Musikvideo ein.“ Viel unentdecktes Potenzial schlummert in ihnen. Sie haben, im Gegensatz zu mancher Werbefläche, die Chance, sich von der oberflächlichen Prestige-Symbolik mit Vielschichtigkeit abzuheben und Werte zu vermitteln. Die erste Chance in Deutschland nutzte vogue.de mit dem Kurzfilm „Out Of Space“, produziert von Kraftstoff Media aus München. Anders als wie gewohnt nur vorgegebenes Werbematerial zu veröffentlichen, entschied die VogueOnlineredaktion selbst, welche Marken sie in einem ästhetischen Modefilm inszenierten. Erstmals wurde ein Editorial in Form eines Modefilms widergegeben. „Neben klassischen Werbeclips werden Editorials in Zukunft wichtiger. Wenn ein berühmter Chefredakteur oder Stylist neue Kollektionen vorstellt, die er gut findet, wirkt es authentischer und objektiver“, betont Ehinger . Neben üblichen Kategorien wie dem Image-Film oder Making-of stünde dem Online-Modejournalismus im Bereich der neuen Medien hiermit die Türen offen, neue Wege zu gehen. Denn der Modefilm bespielt die Mode mit einer Multidimensionalität, die ihr gerecht wird. Und wie Karl Lagerfeld in Bezug auf die neuen Medien schon sagte: „Das Alte ist vorbei – jetzt was Neues bitte“. frisch verliebt 29 -
Schön ist
uns zu brav
Das niederländische KÜNSTLERPAAR Roel Moonen und MICHEL Vanderheijden van Tinteren schafft als „Les Deux Garçons“ außergewöhnliche Skulpturen. Für das BALLETT „Requiem“ haben sie erstmals als Kostüm- und Bühnenbildner gearbeitet. Text: Silvia Ihring
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Fotos: Sanne Linssen
eim Betrachten Ihrer Arbeit fallen als erstes Ihre bizarren freiwillig beendet hatten. Mein Partner Skulpturen aus Tierpräparaten auf. Die Skulptur mit dem war verstorben und Michel ist verlassen Titel „L´Adieu Impossible I“ besteht aus vier miteinander worden. Wir sind also mit sehr gemischgekreuzten Rehen mit angebundenen Revolvern. Wie ten Gefühlen in diese neue Beziehung kommt man auf so etwas? gegangen. Michel: Wir nennen sie unsere siamesischen TaxiderFür das Ballett „Requiem“ am Theater mie-Skulpturen. Wir denken, dass jeder von uns einen Osnabrück sind Sie in ein anderes Metier siamesischen Zwilling in sich trägt. gewechselt. Was hat Sie daran gereizt? Was meinen Sie damit? Michel: es war vor allem Nanine Michel: Wenn man geboren wird, ist der weitere lelinning, die choreografin des Theaters, bensweg fremdbestimmt durch die eltern, das Umfeld etc. die uns darauf gebracht hat. Sie hat eine Später entscheidest Du selbst über dein leben. Unsere Skulptur von uns gekauft und wollte uns Skulpturen repräsentieren diese Zweiteilung. einmal in das, kennenlernen. Bei einem Treffen mit ihr was man mitbekommen hat und das, was man selbst schafft. hat es sofort „Klick“ gemacht. Sie müssen immer überlegen, in welche Richtungen sie geRoel: Da herrschte eine gewisse Seehen, nach links oder rechts? Genau so müssen wir uns entlenverwandtschaft zwischen ihr und uns. scheiden, handeln wir jetzt nach eigenen Maßstäben oder nach denen anderer Menschen? eine Woche später rief sie an und fragte Roel: Jeder trägt ein zweites ich mit sich herum und muss die Balance finden. Jede ob wir bei ihrer neuen Produktion mitmaentscheidung für die Zukunft hängt mit der Vergangenheit zusammen. chen wollen. Wir haben sofort zugesagt. Und warum verwenden Sie dafür tote Tiere? Hatten Sie vorher Erfahrungen im BeRoel: Wir finden das Material sehr schön. Tote Tiere sind zwar etwas umstritten, aber reich Theater gesammelt? wenn wir es nicht gebrauchen, würde es vernichtet werden. Wir lassen aber keine Tiere Roel: Wir hatten zwar bereits Kostüme töten für unsere Kunst. im Gegenteil, wir möchten ihnen ein zweites leben geben. für eigene Performances entworfen, aber Sie haben an der Akademie der Schönen Künste in Maastricht studiert. Wie ist Ihre Zuim Grunde war es eine ganz neue Welt sammenarbeit entstanden? für uns. Roel: Während unseres Studiums hat mein lehWie sind Sie bei der Arbeit vorgegangen? rer zu mir gesagt, schau Dir mal die Arbeit von Michel: Wir haben mit Nanine geMichel Vanderheijden van Tinteren an, der sprochen, wie sie sich das Stück vorstellt Les Deux macht dasselbe wie Du, hat dieselben Theund was es für sie repräsentiert. RequiGarçons men und benutzt dieselben Materialien. em ist eine Totenmesse und basiert auf Seit 2000 bilden Roel Moonen (r.) und erst habe ich mich gefragt, wer ist das dem Requiem von Gabriel Fauré. Dazu Michel Vanderheijden van Tinteren das und was hat er von mir geklaut? mussten wir uns eine Geschichte überKünstlerduo „Les Deux Garçons“. Sie leben und Michel: Bei mir war es genau so. legen. Wir kamen auf die idee, Danarbeiten in Landgraaf, Holland. Ihre Kunst legt den Schwerpunkt auf Skulpturen aus Tierpräparaten Das hat uns etwas verwirrt, aber wir (Taxidermie), Bronze und „Objets Trouvés“ (franz. waren auch neugierig auf die Arbeit „Gefundene Dinge“, Kunstwerke aus Alltagsgegendes anderen. ständen). Ihre Werke werden u.a. in der Galerie Roel: es war eine sehr spezielle Jaski in Amsterdam ausgestellt. Dort findet ab erfahrung, wenn ein Fremder so denkt November 2011 eine Ausstellung mit wie man selbst. Ab da erschien es uns Taxidermie-Skulpturen von logisch, dass wir gemeinsam „Les Deux Garçons“ statt. arbeiten würden. Zusammen haben wir die Akademie ein Jahr früher verlassen. Ab da gab es Sie als Künstler nur noch im Doppelpack? Roel: Ja, als Künstler aber auch als Partner. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie auch privat zusammenpassen? Tierpräparate Roel: Das war sehr schnell sind ein beliebtes Arbeitsmaterial von Les deutlich. Der Anfang war aber Deux Garçons. Großes nicht leicht. Bild links: „L´enfant Michel: Zu der Zeit hatdu premier lit“. ten wir beide gerade eine BeKleines Bild auf dieser ziehung hinter uns. Seite: „Chewing Gum Catmachine“. Roel: Die wir aber nicht
Meerjungfrauen, Centauren, zweigesichtige Fabelwesen - für „Requiem“ haben sich Les Deux Garçons von mythologischen Sagen und Märchen inspirieren lassen.
Requiem „Requiem“ ist eine Kombination
tes „Göttliche Komödie“ als inspiration zu nehmen. Das Stück ist in zwei Teile eingeteilt: Zuerst gibt es eine Ausstellung auf der Bühne, für die das Publikum auf die Bühne gehen darf. im zweiten Teil wird getanzt. Für die Ausstellung haben wir 13 Skulpturen entworfen, viele davon stellen mythologische Figuren dar. Osnabrück ist eine kleine Stadt, in der man so experimentelle Aufführungen eher nicht vermutet. Hätten Sie sich eine größere Stadt für Ihre Arbeit gewünscht? Michel: Wir fanden es erst mal wunderbar, dass so ein kleines Theater überhaupt ganz eigene Produktionen macht. es gibt eine eigene Schneiderei, einen chor, ein orchester, eine choreografin – das gibt es bei uns in holland gar nicht. Roel: Dort werden die Produktionen meist gekauft. Michel: Das fanden wir schon so speziell, dass wir gar nicht darüber nachgedacht haben, ob das jetzt München oder Amsterdam ist. Wie sind Sie bei den Mitarbeitern mit Ihren exzentrischen Ideen angekommen? Michel: es war von Anfang an viel Akzeptanz da. es war toll zu sehen, wie Menschen genau das umsetzen können, 32 Frisch Verliebt -
aus Ballett und Ausstellung und wurde Anfang 2011 am Theater Osnabrück uraufgeführt. Die Choreografie stammt von der Holländerin Nanine Linning. „Les Deux Garçons“ haben erstmals für das Theater gearbeitet und Kostüme und Bühnenbild entworfen. Das Stück basiert auf das „Requiem“ von Gabriel was du willst. Die Schneidereien Fauré, und thematisiert die Suche nach haben unsere entwürfe extrem gut dem irdischen Paradies. Am 22. Okumgesetzt. Und sie haben akzeptiert, tober 2011 findet die Premiere in Heidelberg statt. wenn wir gesagt haben, die Schleife muss fünf Zentimeter höher sitzen. Roel: Wir waren schon unsicher, ob unsere ideen gut ankommen. An einem Tag gab es eine Versammlung mit allen Mitarbeitern, auf der unsere entwürfe präsentiert wurden. Kurz vor Beginn schaute sich holger Schultze, der Theaterdirektor, unsere Arbeit an und sagte: „Für mich steht fest, so wird es und so bleibt es. Das ist so gut, es ist mir egal, was ihr dazu sagt. Das wird eine Produktion, die viel weiter geht als osnabrück.“ Das war eine große Bestätigung. Wie mussten sich die Mitarbeiter auf die Arbeit mit Ihnen einstellen? Roel: Bei unserem Ballett mussten erstmals alle Abteilungen zusammenarbeiten. Das war für die Menschen am Theater eine neue erfahrung. Michel: Da gibt es eine lustige Anekdote: es ging darum, ein Vogelkostüm zu nähen, bei dem nicht erkennbar war, ob es für eine Frau oder einen Mann gedacht ist. Die Männerschneiderei und die Frauenschneiderei waren etwas überfordert. Sie wussten nicht, wem sie es zuordnen sollten und wer sich jetzt darum kümmern sollte. In „Requiem“ ist der Mensch noch ein unfertiges Wesen. Die Vielfalt der Figuren soll eine Art „Werkstatt Gottes“ darstellen.
„Les Deux Garcons“ Michel Vanderheijden van Tinteren (l.) und Roel Moonen mit einer ihrer Bronzeskulpturen. Menis endel etus dolessecatem reiur, quam fugias erspienis aut eossincil id quiandi tatusam ipidel
Fotos: Kalle Kukkaniemi für „Requiem“
Roel: Dort wurde strikt nach Männer- und Frauenkleidung getrennt, ganz altmodisch. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis? Michel: Sehr. Man muss sich das Stück anschauen. Als Zuschauer steht man auf der Bühne, hört chöre singen und sieht diese märchenhaften Gestalten. es ist fast so, als sei man im himmel. Wir haben zu Nanine gesagt, das war jetzt das erste Mal, dass wir so ein Projekt gemacht haben aber es wird nicht das letzte Mal sein. Was steckt von Ihrer Kunst in dieser Arbeit? Roel: Für uns war es ein ganz neues Kunstwerk. Wir haben bei Null angefangen und uns weniger auf unsere übliche Arbeit konzentriert, sondern nur auf die Themen in Requiem. Michel: Nanine hat sich unter anderem für uns entschieden, weil sie fand, dass unsere Skulpturen unglaublich detailliert sind. Wenn man im Theater sitzt, sieht man normalerweise nie die Details der Kostüme. Deswegen können diese etwas grober gefertigt sein. Aber bei diesem Stück konnten die Zuschauer für die Ausstellung auf die Bühne und damit sehr nah an die Kostüme rangehen und sie fast anfassen. Da musste jedes Detail perfekt sein. Auch wenn Sie bei diesem Projekt ihre Kunstphilosophie außer Acht gelassen haben, sieht man dennoch Ihre Handschrift? Roel: Unser Stil bleibt, wie er ist, den kann man nicht ändern. Manche Menschen haben zu uns gesagt: „ich sehe sofort, dass das von euch ist.“ Für uns ist das natürlich das beste Kompliment, das man kriegen kann. Wie hat das Publikum auf das Stück reagiert? Roel: Sehr positiv. Für die Zuschauer war es ganz neu, dass sie auf die Bühne durften. Die wollten gar nicht mehr runter. Michel: es war, als betrete man die Werkstatt Gottes. Das war für viele ein unheimliches Gefühl. Sie waren überrascht und sehr still. Was ändert sich für den Zuschauer, wenn er vom Parkett auf die Bühne Wie bei ihren Skulpturen legten wechselt? Les Deux Garçons Roel: indem man selbst auf der bei den Kostümen für Bühne steht und zwischen den Fi„Requiem“ extrem viel guren wandelt, wird man ein Teil Wert auf Details. Jede des Theaters. Kleinigkeit musste perfekt sitzen.
Mehr Kunstwerke von Les Deux Garçons finden Sie unter: www.dasmagazinübermode.de
Michel: es gab zwar eine einstudierte choreografie, wie die Figuren sich bewegen sollten, aber die Tänzer haben auch auf die Zuschauer reagiert und improvisiert. So gab es eine interaktion zwischen Zuschauer und Figur. Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit bewirken? Michel: Wir erzeugen gerne eine starke Reaktion. Wir wollen nicht immer brav sein und schöne Dinge machen. Als Künstler beobachtet man, was in der Welt passiert und konfrontiert die Menschen damit. Das ist nicht für jeden leicht zu verdauen. Können Sie ein Beispiel nennen? Roel: Vor kurzem fand eine Ausstellung mit unseren „objets Trouvés“ in Maastricht statt, für die wir das Problem Kinderpornographie thematisiert haben. Michel: Das hat für viele eine Grenze überschritten. Roel: Manche haben gesagt, das ist sehr konfrontativ. Ja, aber die Umwelt ist auch sehr konfrontativ. Wir halten der Welt den Spiegel vor. Das heißt nicht, dass wir damit einverstanden sind, aber wir spüren und dokumentieren, was passiert. ich finde, wenn ein Mensch auf etwas stark reagiert, dann hat dieses Kunstwerk etwas in ihm bewirkt. Das ist für uns sehr wichtig. einfach nur „schön“ ist so... Michel: „Schön“ ist uns zu brav.
usammen 34 ZUsAmmen -
„beziehung ist der Spiegel, in dem wir uns selbst so sehen, wie wir sind.“ Krishnamurti
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„Ich will genau das,
was sie hatte!“ Das ist das berühmte ZITAT aus dem Filmklassiker „Harry und Sally“ nach einem vorgetäuschten ORGASMUS im Restaurant. Sechs Kultfilmszenen, die Sie so garantiert noch nie GESEHEN haben. Fotos: Antonio Prudente · Styling: Sophia Mautner Markhof, Olivia Toldo, Isabell Hummel, Marcela Brand-Wehle, Vanessa Kern
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HARRY UND SALLY
mit Meg Ryan und Billy Crystal (1989)
Sie: verspielter BH mit Spitzenbesatz und Schleifchen, dazu passender Slip, beides Palmers. Er: enge graue Trunks mit Schriftzug von Benetton
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BONNIE & CLYDE
mit Faye Dunaway und Warren Beatty (1967)
Sie: karrierte Kappe von Stetson, gemustertes Halstuch von Hermès, verführerisch transparentes Dessous-Set mit Pünktchen von Wolford, braune Heels im Schlangenlederlook von Paco Gil. Er: brauner klassischer Herrenhut von Stetson, schwarze Trunks von H&M. Schuhe von Sisley
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TITANIC
mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio (1997) Sie: prunkvolle weinrote Hängerohrringe von Kaufhaus Schiepek Wien, romantischer Körbchen-BH im Barock Stil und passender String, dazu sexy schwarze Stay-Ups, alles Wolford. Er: schwarze Shorts mit weißen Nähten von Benetton.
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GREASE
mit Olivia Newton-John und John Travolta (1978)
Sie: schwarzer, schlichter Polyester-Body von H&M, knallrote Peeptoes von Comma. Er: schwarze Trunks mit rotem Streifen und klassisch weiße Wollsocken, beides von H&M, elegante Schnürschuhe von Sisley.
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Text: Muster · Fotos: Mann
PRETTY WOMAN
mit Julia Roberts und Richard Gere (1990)
Sie: schwarzes Spitzenbustier mit seitlicher SchnĂźrung und passender Spitzenslip, beides H&M, Armreifen privat, mega Overknees in violett mit Keilabsatz von Ursula Mascaro. Er: weinrote Krawatte, Vintage, weiĂ&#x;-blau gestreifte Boxershorts von Esprit, schwarze Lackschuhe von 1987 by Carlos Santos. Nobitat hit molenderum audae dolorem et omnimusant plam quiders pelest, sum ea velit ipid qui omnimus esectem pernam, od que vererum
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DIRTY DANCING
mit Jennifer Grey und Patrick Swayze (1987) Sie: süßer Baumwoll-BH und Tanga mit Blümchen von Benetton, weiße Turnschuhe von H&M. Er: enge schwarze Trunks von H&M, Schuhe von Sisley.
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Fotos: Architekturbüro Edouard Francois
HOTEL FOUQUET BARRIÈR, PARIS, FRANKREICH Paris im Jahre 2200? Keineswegs! Das Hotel Fouquets Barrièr ist ein Projekt des Architekturbüros Edouard Francois. Die ursprünglichen Fenster wurden zugemauert, um die denkmalgeschützte Fassade zu erhalten und puristische Glasfronten gewähren dem Gast einen Blick nach draußen. Fertiggestellt wurde diese 50 Millionen Euro teure Restaurierung 2007. Gegensätze wie Barock und Moderne harmonieren perfekt und bilden ein Ganzes.
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Metamorphosen Die neuen Beziehungen heißen Patchwork. Diesen Gedanken findet man auch in der architektur und der epochale Stilmix dieser Bauwerke ist wie füreinanDer Geschaffen. Text: Alice Petros und Nathalie Zenker
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rchitektur ist genau wie Mode eine Kunstform, die den Zeitgeist der jeweiligen Epoche widerspiegelt. Jede Stilrichtung hat ihre besonderen Merkmale. Das Rokoko hat seine Rocaille, das Bauhaus klare Linien und viel Beton. In unserer Zeit es bereits genug existierende Bausubstanz, die durch Glasfronten und Stahlkonstruktionen bestechen. Eine der größten Herausforderungen für Architekten besteht heute darin, mit bestehenden Gebäuden kreativ umzugehen, sie neuen Anforderungen anzupassen und anderen Nutzungen zuzuführen. Alte Bauten werden neu definiert und belebt, denn eben diese haben einen besonderen Charme, deren Anmut bewahrt werden soll und trotzdem an moderne Bedürfnisse angepasst werden kann.
Es gilt anbauen, umbauen und ausbauen – alles ist erlaubt, solange die Wertschätzung des bestehenden Gebäudes erhalten bleibt. Die Architekten setzten sich bewusst mit bestehenden Strukturen auseinander. Keine davon jedoch im Sinne einer konservierenden Bewahrung – es werden atmosphärische, konstruktive oder architektonische Qualitäten analysiert, um auf diesen buchstäblich aufzubauen - im Fachjargon „BuildOn“ genannt. Die folgende Bilderstrecke präsentiert internationale Projekte, die das ganze Potenzial der alternativen Nutzung von Gebäuden darstellen. Dazu zählt unter anderem die Wiederbelebung alter Nutzgebäude. Architekten verbinden gekonnt und respektvoll die Architektur der Vergangenheit mit der Architektur der Zukunft. Es entsteht eine gute Beziehung. ZUSAMMEN 45 -
BUNKERPENTHOUSE, HAMM, DEUTSCHLAND 2008 stellte das Architekturb端ro AMORT Architekten das Projekt fertig. Der Bunker wurde im Krieg lediglich bis zum f端nften Stock gebaut und nicht vollendet. Man hat ihn nicht angetastet und ihm jetzt ein schwebendes Dachgeschoss verliehen. Der ehemalige Bunker steht innen komplett leer und sein Penthouse erreicht man durch einen Aufzug. Die Architekten haben bewusst die kubischen Formen 端bernommen und den Bunker zu einem Zuhause gemacht.
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Fotos: AAMORT Architekten
MODERNA MUSEET, MALMÖ, SCHWEDEN Erfahren Sie mehr in unserer Audioslideshow unter: www.dasmagazin übermode.de
Fotos: Architekturbüro Tham und Videgard
Das Modern Museum Malmö ist eine Erweiterung der schon bestehenden Sammlung für moderne Kunst in Stockholm. Malmö wird auch als Hauptstadt der Kunst und Kultur bezeichnet. Die Architekten Tham und Videgard haben das ehemalige Stromkraftwerk von 1900 nach dem „BuildOn-Gedanken“ 2009 erweitert und als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine Herausforderung war es, die Balance zwischen Kontrast und Harmonie des schon bestehenden Backsteingebäudes und des experimentellen Stahlkubus zu finden.
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enUgiatus et uteSaessum ventia verumquo et quas aliquam que recepero blam, ne dolo eniminit faccusant fugia ventibus volenecus nam quis min recturepe eata con re re labo. Ut eaquae rem is mo maiorem sam hil moluptat. Doluptio. Ibeatio nsedisci rendempore
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Der Wolf
im Cashmere-Pelz Aktientauschgeschäfte, Teilhaberrechte, feindliche Übernahmen. Im AllTAg der Luxusgüterbranche geht es statt um kreative Entwürfe und Innovation um MAchT und uMsATz. deutlich wird das an dem luxusgüterkonzern lVMh, der gerade nach der Familienmarke Hermès greift. Text: Julia Weinacker und Kathrin Hollmer · Fotos: Fürbringer / Huber
enn man eine schöne Frau verführen will, nimmt man sie nicht von hinten.“ Mit diesen deftigen Worten kommentiert Patrick Thomas, Chef von Hermès, in einem Interview mit dem amerikanischen Magazin „Women’s Wear Daily“ den Übernahmeversuch des weltweit größten Luxusgüterkonzerns Louis Vuitton Moët et Chandon Hennessy (LVMH). Und das, obwohl Hermès eigentlich für Understatement und Eleganz bekannt ist. Der Grund für diesen Fauxpas: Hinterrücks hat LVMH-Chef Bernard Arnault durch Aktientauschgeschäfte seine Anteile an der französischen Traditionsmarke auf ein Fünftel erhöht. Neben den Erben der Familie Hermès macht ihn das zum Hauptaktionär. Der Präsident der Hermès-Familiengesellschaft, Bertrand Puech, stimmte in Thomas‘ harte Worte ein: „Wenn Sie sich freundschaftlich zeigen 50 Zusammen -
wollen, ziehen Sie sich wieder zurück, Herr Arnault!“ So einfach wird sich der Luxusriese aber nicht von Hermès abwenden. Vor allem: Ganz unerwartet kommt die Einmischung nicht. Seit 2008 stieg LVMH etappenweise bei Hermès ein. Im Oktober 2010 gab Arnault eine Beteiligung von 17 Prozent bekannt. Die vorher meldepflichtigen Beteiligungsschwellen von fünf, zehn und 15 Prozent hatte man verschwiegen. Mittlerweile gehören über 20 Prozent von Hermès zu LVMH. Und das soll längst nicht alles gewesen sein: Der „Wolf im Cashmere-Pelz“, wie Arnault in der Branche gern genannt wird, hat noch nicht genug. Er ist weiter auf Beutezug und riskiert sogar, dass gerade die Börsenaufsicht wegen der nicht gemel-
„Can‘t afford a Birkin“ - Die Birkin Bag, Hermès‘ berühmte Tasche steht für die Exklusivität des Labels, die sich LVMH nicht erkaufen kann.
deten Schwellen gegen ihn ermittelt. Nun hätte es LVMH, die weltweite Nummer eins im Luxussegment, eigentlich nicht nötig, sich um eine einzelne Marke so sehr zu bemühen und dafür sogar Gesetze zu übertreten. Arnault kann sich alles kaufen. Ihm ist das aber nicht genug: Er will den Diamanten, Hermès. Er will das Label mit der einzigartigen Firmenkultur und sein erstklassiges Image. Hermès gilt derzeit als begehrteste Luxusmarke der Welt. Und ausgerechnet die möchte mit LVMH nichts zu tun haben: Im Hause Hermès empfindet man den Einstieg von Arnault als feindliche Übernahme. Die Nachkommen von Firmengründer Thierry Hermès besitzen nach eigenen Angaben immer noch knapp drei Viertel des Unternehmens
und wollen daran auch nichts ändern. Das Erbe ist inzwischen allerdings auf mehrere Familien verteilt, die Absicherung gegen eine Übernahme ist dadurch schwieriger geworden. Seit Anfang Januar 2011 hat die Familie Hermès deshalb ihre Anteile in eine eigene Dachgesellschaft zusammengefasst, der Familienholding Dumas, Guerrand und Puech, die derzeit über 73 Prozent der Hermès-Anteile besitzt - solange sich alle einig sind, dass sie nicht verkaufen. Solche Szenarien sind eigentlich aus einem anderen Zusammenhang bekannt. In den Börsennachrichten ist täglich die Rede von besagten feindlichen Übernahmen oder gescheiterten Versuchen. Das knallharte Spiel mit schwarzen Zahlen und Firmenanteilen traut man Pharmakonzernen, Hightech-Riesen und Banken zu – aber kaum der glanzvollen Luxuswelt. In Wirklichkeit verfolgen LVMH und seine Konkurrenten schon längst dieselbe Strategie wie andere Großkonzerne und Aktiengesellschaften. Und das aus derselben Motivation heraus. Zusammen 51 -
Dem Luxus-Riesen LVMH gehören zahlreiche Marken wie der Champagnerhersteller Veuve Clicquot und das SchmuckLabel Bulgari.
Konzerne wie LVMH verwalten als Großkonzerne ihre Tochterfirmen. Nach außen werden die Marken unabhängig dargestellt, intern Zulieferer und Lizenznehmer geteilt und dadurch Kosten gespart. Mittel wie Übernahmen, Stellenabbau und Billigproduktion in Asien nehmen diese Dachkonzerne gern in Kauf – so luxuriös und sauber sich ihre Tochterfirmen auch in der Öffentlichkeit präsentieren. LVMH hat große Luxushäuser wie Dior, Fendi und Marc Jacobs, die Champagnermarken Moët & Chandon und Veuve Clicquot sowie die Cognac-Brennerei Hennessy aufgekauft, dadurch seine Vormachtstellung erreicht und seine Konkurrenten für die kommenden Jahrzehnte erst einmal abgehängt. Der Bedeutendste unter den Rivalen ist PPR (Pinault-Printemps-Redoute), 1963 als Holzhandelsunternehmen in der Normandie gegründet. Inzwischen hat sich der Konzern mit Mehrheitsanteilen an Firmen wie Bottega Veneta, Yves Saint Laurent, Balenciaga, Alexander McQueen und Puma auf Luxus- und Konsumgüter spezialisiert. Doch bei einem Jahresumsatz von 14,6 Milliarden Euro fällt PPR noch hinter LVMH mit über 20 Milliarden zurück. Ein oder zwei gewinnbringende Übernahmen würden aber reichen, um aufzuholen. Einmal hat der Kleinere schon den Größeren geschlagen: Das Wettrennen um die Marke Gucci entschied PPR 2004 für sich. Mit Tom Ford als Designdirektor war das Label eines der vielversprechendsten der 90er Jahre. In der zweiten Reihe erst stehen als Konkurrenten der Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont, die italienische Valentino Fashion Group und die Prada Holding BV, die im Juni 2011 in Hongkong an die Börse ging. Viele dieser Dachgesellschaften entstanden aus der Not heraus: LVMH bildete sich durch die Fusion von Louis Vuitton und Moët Hennessy, weil ihre Vorstände eine Übernahme fürchteten. Heute sind sie es, die andere Firmen übernehmen – nicht immer mit deren Einverständnis. Hier zeigt sich, wie sehr die Luxusindustrie jeder anderen Branche gleicht: In der Mode wird der kreative Prozess durch Dachkonzerne gebremst, denen es nicht um Innovation geht, sondern nur darum, was sich in der nächsten Saison
gut verkaufen wird. Die Rollen der konkurrierenden Luxuskonzerne spielen in der Pharmaindustrie die Holdings Pfizer, Glaxo-Smithkline und Sanofi-Aventis. Nur dass sie statt Monogramm-Bags und Goldketten Viagra, Cholesterinsenker und Blutverdünner in ihrem Repertoire haben. Ganz egal, ob Potenzpille oder Designertasche: In ihrer jeweiligen Branche kämpfen LVMH und Pfizer um Geld, Macht – und vor allem um Platz eins. Der Unterschied zwischen Luxus- und Pharmakonzern liegt am Ende nur in den Renditen, im tatsächlichen Gewinn. Branchenführer Pfizer erzielte 2010 einen Ertrag von über zwölf Milliarden Euro mit einer Rendite von etwa 30 Prozent, wie in der Pharmaindustrie üblich. In der Mode liegt der Reingewinn in der Regel unter zehn Prozent. LVMH erzielte mit seinen vier Milliarden Euro nicht einmal ein Drittel des Gewinns von Pfizer. Die großen Konzerne aller Branchen setzen auf dasselbe Prinzip: Eine berechnende Mischung aus Aktientauschgeschäften und Übernahmen. Bei Bulgari, LVMHs neuestem Coup,
ging das Prinzip auf: Die Familie hinter dem italienischen Schmuckhersteller forcierte ihren eigenen Kauf sogar. Als der Konzern im März 2011 – nur fünf Monate nach dem Hermès-Debakel – das 127 Jahre alte Schmucklabel übernahm, gab es keinen Aufschrei. Der Deal glich vielmehr einem Abkommen mit einer Win-win-Situation: Die Familie Bulgari trat ihr Mehrheits-Aktienpaket von 50,4 Prozent im Tausch gegen LVMHPapiere an Bernard Arnault ab. Bei Hermès möchte man nichts von derartigen Deals hören. Hier gehe es nicht um größtmögliche Rendite, sondern um das Erbe einer Familie, betonte Patrick Thomas. Der Vorstandsvorsitzende sagte der „Financial Times“, dass die Firmenkultur von Hermès nicht vergleichbar sei mit der eines finanzgetriebenen internationalen Großkonzerns. „Sei es nun LVMH oder irgendein anderer. Das ist kein Kampf um Finanzen. Das ist ein Kampf um Kultur.“ Für das Unternehmen, das Wert auf Handarbeit und Produktion im eigenen Land legt, ist die drohende Übernahme durch LVMH ein Kampf um Werte und Tradition. Aber für LVMH? Für den Luxusriesen ist Hermès nur ein weiterer Schachzug in seinem Spiel um schwarze Zahlen. Eines der wenigen Modehäuser, das bei dieser internationalen Markenjagd nicht mitmacht, ist Armani. „Die Mode ist heute in der Hand der Banken und der Börse. Sie gehört nicht mehr den Besitzern, sondern jenen, die über ihnen stehen“, sagte Giorgio Armani dem „Handelsblatt“, als Prada vor Kurzem seinen Börsengang in Asien bekannt gab. Der Italiener will mit Aktien und Finanzinvestoren nichts zu tun haben. Muss er auch nicht: 2010 hat sein Unternehmen über 1,5 Milliarden umgesetzt und dabei einen Gewinn von 161 Millionen Euro verzeichnet. Am Ende also können auch Konzerne wie LVMH und ihre Strategen doch nicht alles allein bestimmen – und das ist auch gut so. Denn Experten-Interwenn Taschen und Schuhe auch zu einer Ware wie Schmerztabletten view über LVMH werden, die man aus reiner Funktionalität heraus schluckt, dann und Hermès: www. dasmagazin braucht es neuen Esprit von unabhängigen Geistern. Blutdruckübermode.de tabletten stehen nicht für Kultur und Handwerk, sie können nicht verführen und Träume erfüllen. Die Mode kann das. Noch zumindest.
Die Marken LVMH • Branchenführer im Luxusgüterbereich mit Hauptsitz in Paris • Gründung: 1987 durch die Fusion von Louis Vuitton und Moët Hennessy, weil die Vorstände Henry Racamier (LV) und Alain Chevalier (MH) eine feindliche Übernahme fürchteten. Der Name des Konzerns setzt sich zusammen aus den Marken Louis Vuitton, Moët et Chandon und Hennessy. • LVMH hat die Mehrheitsrechte an über 60 verschiedenen Luxusmarken, die in über 2500 Läden weltweit verkauft werden, darunter Dior, Fendi, Marc Jacobs und Donna Karan sowie den Marktführer für Champagner Moët & Chandon, die Cognac-Brennerei Hennessy und die Champagnermarke Veuve Clicquot Ponsardin. • 2010 erzielte der Konzern einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro mit einem Nettogewinn von über vier Hermès macht es LVMH nicht leicht: Die Milliarden Euro. Traditionsfirma wehrt sich gegen Übernahmeversuche.
Hermès • Französischer Hersteller von Luxusmode und -accessoires mit Hauptsitz in Paris • Gründung: 1837 von Thierry Hermès, seitdem befindet sich das Unternehmen in Familienbesitz. • Eigene Prêt-à-Porter-Linie für Herren seit den 70er Jahren, für Damenmode seit Ende der 80er Jahre • Weltweit 250 Hermès-Boutiquen • 2010 erzielte Hermès einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro mit einem Nettogewinn von 422 Millionen Euro. Zusammen 53 -
»Mich nervt, dass sie immer isst, während wir telefonieren« Andrea
Geliebtes Scheusal 54 Zusammen -
Sie findet seine lila Mokassins peinlich, er kann ihre Glitzerfummel nicht ausstehen.Drei interviews mit Geschwisterpaaren über guten Stil. Text: Anne Scheuer und Susanne Baur · Fotos: Emanuel Neumeister
Andrea (24) Studentin der Kommunikationswissenschaften & Martina (28) Medizinstudentin
»Sie sollte lernen, so einzustecken, wie sie austeilt« Martina
Wie würdest Du den Stil Deiner Schwester beschreiben? Andrea: Paradiesisch! Hauptsache bunt, bunt, bunt. Martina: Modisch, trendbewusst, teuer, aber niemals nur auf Marken aus. Wenn Du an deine Schwester denkst, welches Kleidungsstück kommt Dir als erstes in den Sinn? Andrea: Ihr Cashmerepullover in pink von Closed. Martina: Andrea trägt oft eine camelfarbene Strickjacke aus New York Fragt ihr Euch um Rat? Andrea: Sie fragt mich definitiv öfter als ich sie. Martina: Ich die Andy oft und wenn sie mich fragt, zieht sie das genaue Gegenteil an. Wie wichtig ist Euch Mode? Andrea: Sehr wichtig! Ich habe Spaß daran und nicht zuletzt beruflich damit zu tun, finde es allerdings oberflächlich, Menschen nur danach zu beurteilen. Martina: In meiner Freizeit ist es mir sehr wichtig, sonst hat es aber kaum Bedeutung, da ich als Medizinerin weiß tragen muss oder OP Bekleidung. Habt ihr einen ähnlichen Geschmack? Andrea: Manche Sachen finden wir beide super. Es kommt aber auch vor, dass ich das, was sie mag, ganz schrecklich finde. Martina: Eher nicht. Trotzdem hat sie Sachen, die ich schön finde. Welches Kleidungsstück Deiner Schwester kannst Du nicht mehr sehen? Andrea: Martina hat ein Fable für bunte Cocktailkleider mit Rüschen, Strass, Stickereien und wilden Mustern. Die kann ich alle nicht mehr sehen. Martina: Ein hässliches, rot-beige kariertes Holzfällerhemd in XXL. Ein Kleidungsstück, das Du ihr niemals ausleihen würdest? Andrea: Meine neue Handtasche von Alexander Wang. Martina: Die will ich gar nicht haben! Sie würde von mir niemals meine silberne Vintage Clutch bekommen. Welche Marotte Deiner Schwester bringt Dich auf die Palme? Andrea: Sie isst immer, während wir telefonieren. Martina: Mich nervt, dass sie einen Ordnungswahn hat. Wenn sie allerdings selbst mal was liegen lässt, ist das für sie völlig okay. Wenn du eine Sache an Deiner Schwester ändern könntest, was wäre das? Andrea: Sie sollte unbedingt gelassener werden! Manchmal rastet sie total aus, wenn was nicht sofort so funktioniert, wie sie das will Martina: Sie sollte lernen, genauso einzustecken wie sie austeilt. Zusammen 55 -
»Sie weiß nicht einmal, wie man Sport schreibt« Karl
Lissy (23) Modejournalismusstudentin & Karl (17) Abiturient Wie würdest Du den Stil Deines Bruders/ Deiner Schwester beschreiben? Lissy: Ich bin froh, dass er trotz seines Alters sehr normal ist. Kein Punk, kein Rapper und keine Spinnereien. Eine gute Mischung aus sportlich und elegant. Karl: Lissys Stil ist sehr eigen, mehr elegant, weniger sportlich. Aber das liegt wohl daran, dass sie nicht einmal weiß, wie man „Sport“ schreibt. Fragt ihr Euch um Rat? Lissy: Eigentlich nicht. Aber ich gebe ihm manchmal Ratschläge durch die Blume, wenn ich ihm sage, dass mir ein Kleidungsstück nicht so gut gefällt. Was er damit dann anfängt, ist seine Sache. 56 Zusammen -
Karl: Es ist mir eigentlich ziemlich egal, was meine Schwester an hat, solange es nicht peinlich wird. Wie wichtig ist Mode für Euch? Lissy: Ich lege keinen Wert auf Marken oder die neuesten Trends. Aber ein harmonisches Gesamtbild ist mir schon wichtig. Ob das jetzt gerade „en vogue“ ist oder aus dem Second-Hand Laden, ist mir egal. Karl: Marken sind mir schon wichtig. Ich kaufe lieber weniger und dafür hochwertigere Kleidung. Am liebsten mag ich Schuhe von Gucci und Shirts von Polo Ralph Lauren. Welches Kleidungsstück deines Bruders/Schwester kannst Du nicht mehr sehen? Lissy: Diese grauenhaften lila Mokkassins. Karl: Ich finde alles mit viel Glitzer echt grausam und davon hat Lissy einen ganzen Schrank voll. Welche Marotte des anderen nervt Euch? Lissy: Er zieht immer seine Socken aus, wenn er auf der Couch sitzt und lässt sie da auch liegen. Oft findet man mehrere getragene Paar Socken im Wohnzimmer. Karl: Meine Schwester ist oft wahnsinnig wehleidig und jammert ein bisschen zu viel.
Gregory (25) Bogner Vertrieb Online & Gabriel (25) Bogner Vertrieb Süddeutschland Wie würdest Du den Stil deines Bruders beschreiben? Gregory: Sehr aufgeräumt, geradliniger Stil. Selbstbewusst aber nicht allzu kreativ. Gabriel: Ausgeflippt, sportlich leger, ausgefallen. Welches Kleidungsstück kommt dir bei Deinem Bruder als erstes in den Sinn? Gregory: Sein Karo-Shirt.
Gabriel: Seine selbstbestickte Jeans mit roten Bändern. Wie wichtig ist Mode für Dich? Gregory: Ich arbeite fast 365 Tage im Jahr mit unterschiedlichen Textilkollektionen. Geschäftlich wie privat habe ich den Ehrgeiz, Sport und Mode mit meiner eher lässigen Lebenseinstellung zu verbinden. Gabriel: Überlebensnotwendig. Welches Kleidungsstück von ihm wolltest Du auch immer haben? Gregory: Eine Highback-Tasche für das Snowboard. Gabriel: Seine Nike Sneakers. Auf die war ich schon immer neidisch. Wer braucht von Euch länger im Bad? Gregory: Meistens brauchen wir gleich lang. Ich stelle mich jeden Morgen unter die Dusche während sich mein Bruder ordentlich Gel in die Locken haut. Gabriel: Ich. Meine Haare sind eine Tortur. Welche schlechte Angewohnheit Deines Bruders bringt Dich auf die Palme? Gregory: Sein Ordnungswahn. Gabriel: Wenn er das dreckige Geschirr über der leeren Spülmaschine stehen lässt und nicht einräumt. Mit welchem Kleidungsstück ist Dir Dein Bruder in der Öffentlichkeit peinlich? Gregory: Mit seinen Adidas Adiletten. Aber er schafft es trotzdem, seine Badelatschen modisch zu kombinieren. Gabriel: Mit seiner bunten Radler-Hose. Da würde ich vor Scham am liebsten im Boden versinken. Was ist Dir über die Beziehungen Deines Bruders negativ in Erinnerung geblieben? Gregory: Seine Freundin hinterließ diverse Kratz- und Bissspuren.
Gabriel: Als er mal betrunken, nackt und rückwärts auf dem Autodach liegend, durch ein Maisfeld gefahren wurde Ein Kleidungsstück, das Du ihm niemals ausleihen würdest? Gregory: Die Sachen wären nirgends besser aufgehoben als bei meinem Bruder. Aber leider haben wir unterschiedliche Kleidergrößen. Gabriel: Meine Hemden. Die würde ich eine Weile nicht wiedersehen, weil sie irgendwo in einer Ecke liegen.
»Ich stelle mich jeden Morgen unter die Dusche, während sich mein Bruder ordentlich Gel in Locken haut.« Gregory
Gregory und Gabriel arbeiten und leben zusammen. Was sie sonst noch teilen unter: www.dasmagazin übermode.de
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uszeit „Was du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es dir - für immer.“ Konfuzius
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Dr. Best Zahnarzt Dr. David Zenker tr채gt eine Strickjacke von Sand zum Kapuzenblouson von Marc Jacobs
Berufung mal anders
Menschen aus unterschiedlichen Branchen stylen ihre Berufskleidung mal anders: Kombiniert mit HIGH-FASHION und etwas Phantasie, tragen sie hier, was im Arbeitsalltag undenkbar ist. Styling: Stephanie Dahlem, Stephanie Rischer und Olivia Toldo (Assistenz: Nathalie Zenker und Alice Petros) Fotos: Oliver Rauh (Digital Operating: Elena Rott)
Toller Hecht Christoph von Preysing, der Fischer vom Tegernsee, tr채gt passend zu seiner Anglerhose eine Steppweste von Brunello Cuccinelli kombiniert mit einem Strickschal von Codello
Spitzenlady Friseurin Jasmin Beamon tr채gt eine Lackkorsage von Sportmax, einen T체llrock von Susanne Bommer und High-Heels von Ursula Mascaro
Prima Ballerina Ballettt채nzer Dustin Klein tr채gt ein Cape von Patrick Mohr, dazu ein Netzshirt von Susanne Bommer
Pinselschwinger Maler Alexander PÜtschke trägt einen Wollmantel von Daks und eine Fellweste von Habsburg zur Jeans von Sand
Lufthoheit Stewardess Beatrix Dröge trägt ein Chiffontop von Strenesse, einen Rock von Desigual, Handschuhe von Roeckl und Booties von Benetton
Überflieger Pilot Gerry Dröge trägt eine Fliegerjacke von Belstaff, eine Strickjacke von Sisley, einen Schal von Humanoid und Stiefel von Fly London
Nachtschw채rmerin Poledancerin Charlotte Hock tr채gt eine Strickjacke von Susanne Bommer, einen Rock von Daks London und Booties von Max Mara
Kurzparker Paketzusteller Maximilian Denzler tr채gt eine Strickjacke von Boglioli, eine Jogginghose von Humanoid und Loafer von Mango
Zwei Frauen, zwei M채nner? Model Andrej Pejic (rechts, mit Karolina Kurkova) l채sst sich auf den ersten Blick keinem Geschlecht zuordnen. Foto: Andrej Pejic at visage.ch with Karolina Kurkova for Jean Paul Gaultier Campaign
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Sind wir alle
gleich?
Models, die zwischen den Geschlechtern schweben, Unisex-Kollektionen – die Mode überwindet die Grenzen zwischen Frauen und Männern und macht uns vor, wir seien alle gleich. Dabei sind wir noch weit davon entfernt. Text: Kathrin Hollmer
ie zwei Blondinen im Trenchcoat küssen sich. Sie haben die Augen geschlossen, ihre Lippen berühren sich sanft, hellblonde Haarsträhnen fallen in ihre Gesichter. Frech legt die eine den Arm um die andere. Die zweite Frau hat ihre Hände in der Manteltasche. Diese verführerische Szene steht im Mittelpunkt der aktuellen Kampagne von Jean Paul Gaultier. Zwei Frauen küssen sich: Das allein würde vielen schon reichen, um sich aufzuregen. Aber Gaultier setzt noch eins drauf: Eine der Blondinen ist ein Mann. Als „Femiman“ wird Andrej Pejic für Model-Aufträge gebucht. Der 19-Jährige aus Bosnien-Herzegowina verkleidet sich aber nicht als Frau. Er trägt Frauen- und Männermode auf dieselbe Art – und tut das so überzeugend, dass ihn die Leser des Männermagazins „FHM“ zuletzt auf Platz 98 der „100 sexiest women in the world“ wählten. Nicht nur Medien, sondern auch Designer lieben das Verwirrspiel mit den Geschlechtern. Inzwischen modelt Andrej Pejic für Paul Smith, Vivienne Westwood und John Galliano. Bei der Couture-Show von Jean Paul Gaultier lief er sogar im Brautkleid über den Laufsteg. Pejic ist die Frontfigur einer neuen, geschlechtsübergreifenden Bewegung in der Mode: Die gebürtige Brasilianerin Lea T begann ihre Karriere als männliches Model Leandro Cerezo, heute bekommt sie als weibliches Mannequin die besseren Aufträge; das Transgender-Model posiert für Givenchy und Marc Jacobs. Auf dem Cover des „Love Magazine“ küsste sie zuletzt Kate Moss. Das schwedische Model Wiktor Hansson inszeniert sich manchmal burschikos, dann wirkt er wieder so weich und zerbrechlich, dass man ihn keinem Geschlecht zuordnen kann. 2010 verkörperte er im „Tush Magazine“ Billy Idol, das androgyne Modevorbild aus den 80er Jahren.
Andrej Pejic auf dem Cover der „L‘Officiel Ukraine“. Foto: Andrej Pejic at visage.ch for L‘Officiel Ukraine June 2011
Auszeit 71 -
Patrick Mohr im Gespräch über Geschlechtslosigkeit und den Hype um „Femiman“ Andrej Pejic. Interview unter: www. dasmagazinüber mode.de
Designer Patrick Mohr
Patrick Mohr A/W 2011-2012
„unisex räumt zumindest in der Modewelt mit ungleichheiten auf“
Andrej Pejic, Lea T und Wiktor Hansson sind keine Transen, die als perfekte Frauen daherkommen wollen und jeden Rest Männlichkeit überschminken. Die neuen Modestars schaffen das Unmögliche: Sie schweben irgendwo zwischen den Geschlechtern. Sie sind weiblich und männlich zugleich. Wenn die Mode so tut, als wären Frau und Mann gleich, kann sie sicher sein, dass sie damit provoSind übergeschlechtliche ziert. Denn die Geschlechter sind das eben nicht Wesen die Fortsetzung des - weder körperlich noch sozial. Emanzipierte Unisex-Trends, der schon Frauen, im Hosenanzug wie im Kostüm, verlanim 20. Jahrhundert für gen nach Gleichberechtigung und Quoten – eine Gleichberechtigung stand? Forderung, die noch lange nicht erfüllt ist. Bringt uns Unisex-Mode ein Stück näher an eine Unisex-Gesellschaft, in der Qualifikation zählt, nicht das Geschlecht? Junge deutsche Designer, allen voran Patrick Mohr, beschäftigen sich auffallend viel mit diesem Thema. Mode und Menschen trennen sie nicht nach Geschlechtern. „UnisexMode vermag es, zumindest in der Modewelt, mit Ungleichheiten aufzuräumen. Allerdings ist das nur ein kleines Stück auf dem langen Weg in die soziale Gleichheit. Ich bin stolz, dieses Stück mit bestreiten zu dürfen“, sagt Mohr. Der Münchner sieht die Mode schon lange geschlechtslos und schickte bei der Berlin Fashion Week im Juli 2010 seine weiblichen Models mit Glatze und Vollbart über den Laufsteg. Die Stücke seiner Kollektionen „Unity“ und „Monovular“ können von Männern und Frauen getragen werden: „Für mich ist Unisex kein Trend, sondern hat meine Kollektionen von Anfang an beeinflusst. Das ist der maßgebliche Teil, der meine Mode einzigartig und interessant macht.“ Das gilt genauso für den in Deutschland aufgewachsenen Modemacher Damir Doma, der sein Atelier in Paris hat. Die meisten Teile seiner organischen „Silent Collection“ können von Frauen wie Männern getragen werden – warum auch nicht? „Mir kommt es auf das Individuum an, nicht auf das Geschlecht“, sagt Doma. Auch Felina Da Vida 72 Auszeit -
und Kim Jagua mit ihrem konzeptionellen Unisex-Projekt FXDXV und die Designerin Stephanie Oberg mit ihrem Londoner Label VonSono treibt das Thema um. In ihren Lookbooks ist nicht einmal mehr zu erkennen, ob die Models weiblich oder männlich sind. Das ist auch ganz egal – ihre Looks stehen beiden gleich. Übergeschlechtliche Mode ist aber keineswegs nur High Fashion. Das Stockholmer Label Acne präsentierte Ende 2010 zusammen mit dem Travestie-Magazin „Candy“ eine Kollektion, die Frauen und Männer tragen können. Spätestens seit dem Frühjahr 2011, als H&M mit seiner „Fashion against AIDS“-Kollektion Unisex in die Massenmode brachte, gehört es auf die Straße.
Beschreibt dieser Modetrend eine bislang unbemerkte gesellschaftliche Entwicklung? Vielleicht ist es an der Zeit, mit dem Schubladendenken aufzuhören. Rollenbilder haben sich geändert. Frauen sind heute Kanzler und Fußballweltmeister, die First Lady der Bundesrepublik Deutschland ist derzeit ein First Husband, Männer nehmen Elternzeit und erledigen die Hausarbeit. Frauen von heute wissen, dass sie sich durchsetzen können und müssen. Für sie ist die Zeit der Unterordnung vorbei. Frauen haben sich in den vergangenen hundert Jahren vielfach neu definiert. Und die Männer? Es ist schon viel in der Gesellschaft aufgebrochen, dabei wurden vor allem
Das schwedische Model Wiktor Hansson. Foto: Scoop Models
Look aus Damir Domas „Silent Collection“
Outfits von FXDXV, einem Berliner Unisex-Projekt
Lea T auf dem Cover des „Love Magazine“
die Möglichkeiten der Frauen erweitert. Heute sind es die Männer, die ihre Rolle erst noch finden müssen. Sie sind vielleicht ein bisschen weniger Mann als früher, doch zu viel Weibliches ist immer noch riskant. Mädchen dürfen mit dem rosafarbenen Lillifee-Fahrrad wie mit dem schwarzen Mountain-Bike fahren. Frauen können Röcke oder Hosen tragen. Jungs und Männer haben diese Wahl nicht. Sie würden im Alltag nie Frauenmode tragen, im Gegensatz zu Frauen, die sich die vermeintliche „Männerkleidung“ Hose mühsam erkämpft haben. Das könnte sich aber ändern. Stilredakteur Tillmann Prüfer schrieb in seiner Kolumne im „Zeit Magazin“: „Die Mode steht vor der nächsten sexuellen Revolution. Nach den androgynen Looks der 90er wird die Mode jetzt vollends geschlechtslos.“ Dabei ist gleichgeschlechtliche Kleidung nichts Neues und vor allem keine Erfin-
dung der 90er Jahre. Es gab eine Zeit, da waren Begriffe wie Androgynität und Unisex gar nicht nötig. Frauen- und Männermode war einfach gleich – ohne dass das jemand hinterfragt hätte. Chiton und Tunika in der griechischen und römischen Antike sowie die Cotte im Mittelalter – das alles war geschlechtlich nicht zugeordnet. Im 16. und 17. Jahrhundert trugen Mann und Frau sogar beide Kittel, Rüschen und Schminke. Mode war nicht nach Geschlechtern, sondern nach gesellschaftlichen Schichten getrennt. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Silhouetten von Mann und Frau ganz unterschiedlich: Im geraden Anzug war er ganz schmal in seiner Erscheinung, sie in ihren ausladenden Kleidern das komplette Gegenteil. Seit dem „Hosenverbot“ für Frauen nach der französischen Revolution 1789 bleibt Mode geschlechtlich getrennt – Ausnahmen haben von da an politische Bedeutung. Die Garçonne der 1920er Jahre provozierte mit Zigarette, im Smoking-Kostüm und mit Herrenfrisur, in den 50er Jahren manifestierten sich Jeans und T-Shirt als geschlechtslose Uniform der weiblichen und männlichen Jugend. Die fließenden ArmaniJacken ohne Futter und Versteifungen lassen bis heute Männer weicher und Frauen kräftiger wirken und brachten Unisex in den 70ern in die High Fashion. In den 80er Jahren versuchten sich Karrierefrauen im Escada-Nadelstreifenkostüm und mit Schulterpolstern als Männer-Mimikri. Die 90er dominierten metrosexuelle Männer wie David Beckham und burschikose Models wie Stella Tennant. 1994 kam mit CK One der erste Duft für beide Geschlechter auf den Markt. Bis heute ist das Parfum mit dem Versprechen „We are one“ ein Bestseller. Immer wieder gab es im 20. Jahrhundert Phasen, in denen sich Frauen und Männer ähnlich anzogen und gleich dufteten, doch die angestrebte Gleichberechtigung blieb bis heute aus. Unisex hieß immer, dass Frauen sich den Männern stilistisch annähern. Es gibt die Unisex-Hose und das Unisex-Hemd – nicht den Unisex-Rock. Jetzt passiert aber etwas Anderes: Die übergeschlechtliche Mode von heute zielt nicht auf EinheitsLook ab, sie bietet mehr Möglichkeiten – für beide Geschlechter. Männermode wird nicht einfach weiblich. Frauen- und Männerkleidung wird eins. Übergeschlechtliche Männer wie Andrej Pejic könnten Schrittmacher sein. Mit ihnen traut sich Übergeschlechtliche die Mode etwas, was in der Alltagskultur noch nicht Männer wie Andrej Pejic könnten Schrittmacher sein. möglich ist. Sie werden unsere Gesellschaft zwar nicht von Grund auf ändern, aber vielleicht bringen sie uns ein Stück weit näher an ein Unisex-Leben, in dem alles möglich ist. Michael Werner, Chefredakteur der „TextilWirtschaft“ glaubt nicht daran: „Andrej Pejic ist ein unterhaltsames, aber für die Wirklichkeit kaum relevantes Medienphänomen. Dem grazilen, feenhaften Mann stehen aktuell Heerscharen von Hotzenplotzen gegenüber.“ Ist das wirklich so einfach? Ohne „Hotzenplotze“ würde Pejic gar nicht auffallen. Mehr noch: Ohne „Hotzenplotze“ gäbe es kein Verlangen nach undefinierten Wesen, das Pejic in irritierender Weise befriedigt. Denn der Wunsch, sich voneinander abzusetzen oder einander zu gleichen, muss immer im Wechsel sein. Nur so funktioniert das Modespiel. Auszeit 73 -
Tage
Ein KlEidErschranK
Was ziehe ich wirklich an? Und was nicht? Unsere Autorin Isabel machte den SelbStverSUch... Text und Fotos: Isabel Finzel und Lissy Schuhmann
eden Morgen - 14 Tage - ein Bild. So begann er, mein Selbstversuch, der endlich Aufschluss über die essentiellen Fragen im Leben einer Frau geben sollte, wie „Was ziehe ich an und was nicht?“ und vor allem „Wie viel Prozent des Inhalts meines Schrankes nutze ich wirklich?“. Herauszufinden, dass das Selbstbild gar nicht zum Spiegelbild oder in meinem Fall zum allmorgentlichen Foto passt - das schmeckt zunächst niemandem. Da denkt man jahrelang man würde Highheels Chucks vorziehen, solange es nicht um die Besteigung des Mount Everest geht, und was ergibt sich nach 14 Tagen? Richtig, das Gegenteil... Was ich noch über mich und meinen Schrank herausgefunden habe? Lesen Sie selbst... 74 Auszeit -
Die Lieblinge:
Jeder hat sie, jeder liebt sie. Aber ziehen wir sie auch wirklich an? In meinem Fall hat sich herausgestellt, dass ich weder die tollen hohen Schuhe aus Wildleder so oft wie gedacht genutzt habe, noch meine geliebte Chanel-Tasche. Aber ganz ehrlich: Wer würde schon so einfach Schuhe aus hellem Wildleder tragen ohne zuvor den Wetterbericht für ganz Deutschland genauestens studiert zu haben? Nicht, dass hier plötzlich ein Regenwölkchen landet...
Der Gewinner:
Eine beige Strickjacke. Fünf von 14 Tagen getragen. Dass diese jetzt nicht unbedingt einer meiner Schrankhüter ist, war mir klar, aber dass sie wirklich das Teil sein würde, das ich am häufigsten nutze, DAS war mir nicht bewusst... Eigentlich ein einfaches Basicstück, dass ich vor gut zwei Jahren
in New York gekauft habe. Und mal so eben zum Gewinner des Selbstversuchs geworden. Vom vermeintlichen Schrankhüter zum Gewinner. Den American Dream gibt’s eben auch im Schrank.
Der beliebteste aller Ticks:
Gleich der nächste Schocker zu Beginn. Ich und Chucks. Gut, sie sind bequem und praktisch, aber seit wann denke ich bequem und noch schlimmer: praktisch? Wann habe ich aufgehört trotz Blasen dritten Grades zu behaupten, dass diese Schuhe ein absoluter Glücksgriff waren, auch wenn es sie nur noch in 39 gab? Acht von 14 Tagen flache Schuhe (davon sechs Mal Chucks!). Ich werde älter und klüger. Allerdings hat sich diese Reife leider noch nicht auf mein „Schuh-KaufVerhalten“ übertragen...
Und täglich grüßt der KLEIDER-Schrank:
Diese Bezeichnung macht für meinen Schrank absolut Sinn, denn darin finden sich zum Großteil Kleider, Kleider und noch mal Kleider. Und was habe ich natürlich öfter getragen? Klar, Hosen: 9:5..... Wie viele Kleider ich im Schrank habe, das behalte ich mal lieber für mich. Zu meiner Verteidigung bleibt mir nur zu sagen, dass das Wetter nicht wirklich auf meiner Seite war...
Mein Herzstück:
Sie baumelt nicht nur in Herznähe, sie ist für mich auch das Herzstück, das jedes meiner Outfits vervollständigt. Meine Kette. Sie ist aus Gold, ein Farbton, den ich sehr mag und der eigentlich zu allem passt. Zudem hat sie für mich auch einen sehr hohen emotionalen Wert, da sie vielmehr Medaillon als Kette ist und darin ein Bild meines verstorbenen Vaters zu sehen ist. Ich bin sicher, fast jeder von uns hat ein „EveryDay“ Stück, ohne das er einfach nicht aus dem Haus gehen kann und sich nackt vorkommt.
Farbtopf:
Wir Blondinen bestechen in den meisten Fällen ja nicht durch einen gebräunten Teint. Daher ist es besonders im Herbst und Winter gar nicht so leicht, das passende und vor allem ein teintfreundliches Kleidungsstück zu finden.
Durch die beige Strickjacke, die ich oft zum Kombinieren wähle, bin ich eher bei den Erdtönen zu Hause. Wobei ich auch eine kräftige Lachsfarbe, die mich gleich etwas gebräunter erscheinen lässt, toll finde. Auch, wenn sich die Sonne hinter dicken Regenwolken versteckt und nicht für mich lacht. Hat nicht jeder so ein Gute-Laune-Stück oder eine Farbe, die einen sogar an tristen Tagen zum Leuchten bringt?
Die kleinen Helden des Alltags:
Davon finden sich zwei Kisten in meinem Schrank. Ich nutze aber vermutlich nur zehn Stück im Jahr, aber sie alle sind toll. Meine beiden Lieblingsgürtel sind Flohmarkt-Errungenschaften. Einmal ein grüner Gürtel mit Goldapplikationen und ein beige-brauner Taillengürtel, der sogar ein Basic – Zara – Kleid gleich viel hochwertiger erscheinen lässt. Für mich die ideale Art, bekannten Outfits neuen Esprit zu schenken und komplett anders aussehen zu lassen.
Und was lernen wir daraus?
Fest steht, in meinem Kleiderschrank tobt jetzt nach 14 Tagen das Chaos. Ich stehe davor, es muss mal wieder schnell gehen, das kleine Schwarze scheint in den Untiefen untergetaucht. Im drohenden Zeitdruck wird dann ein Fach nach dem anderen zwangsgeleert und nur sehr unliebsam wieder „eingeräumt“. Das alles nur, um das gesuchte Teil dann auf dem Wäscheständer zu finden: nass, und die Suche am Abgrund „Kleiderschrank“ geht in eine neue Runde. Aber damit ist jetzt Schluss, denn ab heute werde ich eine ordentliche Kleiderschrank-Besitzerin werden und jede neue Saison nutzen, um auszusortieren und die jeweiligen Teile griffbereit legen. Denn die erschreckende Bilanz des Versuchs hat ergeben: tatsächlich genutzt habe ich während der 14 Tage circa 20 Prozent meines Schrankes. Aber es gibt auch Positives zu verbuchen, denn ich habe herausgefunden, dass ich dringend eine Alternative zur beigen Wann Strickjacke brauche. beginnen Sie? Sie sehen, so ein Einen netten Versuch Selbstversuch hat finden Sie unter: durchaus seine www.dasmagazin übermode.de guten Seiten.
Gerhard, 61 Jahre, Autor
„Keine Auto-Tests ohne meine Glückshandschuhe. Sie haben mich auf tausenden unfallfreien Kilometern begleitet. Ich werde mich nie von ihnen trennen.“
76 Auszeit -
Unzertrennlich Kaputt, abgenutzt, dreckig eigentlich ein Fall für die Mülltonne. Von manchen TEILEN kann man sich trotzdem nicht trennen. Weil sie einen GANZ persönlichen Wert besitzen. Produktion: Kathrin Hollmer, Silvia Ihring, Theresa Schleicher, Julia Weinacker · Fotos: Fürbringer/Huber
Auszeit 77 -
Silvia, 22 Jahre, Studentin
„Meine Oma hat mir diese Ohrringe im Skiurlaub geschenkt. Sie sind kaputt, aber ich finde sie zu schön um sie wegzuwerfen.“
78 Auszeit -
Christina, 74 Jahre, Rentnerin
„Ich habe meinen Mann sehr früh verloren. Heute erinnern mich unsere Eheringe an ihn.“
Auszeit 79 -
80 Auszeit -
Paul, 29 Jahre, Doktorand
„Das erste Skateboard schmeißt man nicht weg. Da hat man viel mit erlebt. Also habe ich es quer über die Kommode gehängt und da hängt es seitdem.“
Auszeit 81 -
Katie, 21 Jahre, Studentin
„Meine Lieblingsschuhe sind schon ganz abgewetzt, auf so viele Konzerte und Festivals haben sie mich begleitet. Ich kann sie nicht einfach hergeben.“
82 Auszeit -
Konstantin, 25 Jahre , Student
„Eine super Party. Die Stimmung war grandios und so erinnert mich dieser Kopfhörer an einen verrückten Abend mit DJ T² und seiner Crew.“
Auszeit 83 -
Nix zu verlieren
„Arm ist nicht der, der wenig hat, sondern der, der nicht genug bekommen kann“. Wieviel Wahrheit in diesem arabischen Sprichwort liegt, musste ich nach dem Verlust eines geliebten Objekts am eigenen leib erfahren. Text und Foto: Stephanie Dahlem
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or drei Wochen wurde mir mein Leben gestohlen. Bei einem SchickimickiGriechen in München, der bekannt ist für seine hohe Silikondichte und die prall gefüllten Geldbeutel seiner Klientel, wurde ich zum Diebstahlopfer: Ich sitze gemütlich mit einer Gruppe Mädels am Tisch, das ein oder andere Ouzostamperl erhellt die Stimmung ungemein, lässt uns tanzen und die Papierservietten in die wilde Menge werfen. Mittlerweile ist kein Platz mehr zum Sitzen; der Bass wummert herrlich im Kopf. Ich möchte meinen Freund anrufen, ihm sagen, dass es eventuell später wird. Ich bücke mich, will nach meiner Tasche greifen. Und greife ins Leere. Schlagartig bin ich nüchtern. Die blöden Servietten flattern um mich herum, verdecken mir die Sicht. Mir ist schlecht. Sie war doch eben noch hier. Der Kloß in
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meinem Hals wächst kontinuierlich, als mein Blick den Boden scannt. Ich sehe nichts als weiße Papierservietten - überall. Als ich mich durch das schwitzende Menschengewirr schiebe, ist mir längst klar, dass jegliche Unternehmung sinnlos ist. Meine schwarze „New Jackie“ von Gucci mitsamt des neuen Blackberrys und Portemonnaie ist futsch. Alles weg - Kreditkarte, EC-Karte, Telefonnummern, Führerschein, Ausweis, Schlüsselbund. Mein Leben. Geklaut. Die Tage danach drehen sich um nichts anderes als den Verlust. Dass ich meinen Schlüsselbund über das Restaurant wieder bekomme, ist kaum ein Trost. Ich schlage mich mit dem Papierkram bei der Polizei herum und kämpfe mich durch den Bürokratiedschungel des Kreisverwaltungsreferats. Das Schlimmste aber ist die immer wiederkehrende Vorstellung von der heimtückischen Diebin: Wie sie sich von nun an jeden Tag an MEINER schwarzen, aus feinstem Kalbsleder gefertigten Tasche mit den hübschen Bambusquasten erfreut und mit ihr angeberisch über die Maximlianstraße stolziert, die blöde Kuh. Und hier liegt der eigentliche Knackpunkt. Ich mochte die Tasche, vielleicht sogar sehr, aber erst seit sie weg ist, bilde ich mir ein, sie zu brauchen. Genauso verhielt es sich, bevor ich sie besessen habe: da malte ich mir aus, wie perfekt sie doch jedes Outfit aufwerten und mich soviel besser aussehen lassen würde. Dann ist
es eines Tages so weit, der Konjunktiv wird zum Indikativ, das Objekt meiner Begierde wandert über den Verkaufstisch und was passiert? Man stellt fest: Die Verwandlung, die Erlösung, die ultimative Glückseligkeit, auf die man gehofft hat, findet nicht statt. Der Philosoph Ernst Bloch nennt das die „Melancholie des Erreichten“. Oder kennt nicht eine jede von uns das beschwingte Gefühl, mit einer prall gefüllten Zara-Tüte nach Hause zu kommen, um dann bei näherer Betrachtung ernüchtert festzustellen, dass die „Unbedingt-Haben-Wollen-Teile“ von vor einer Stunde nicht mehr so gut aussehen wie vor dem Ladenspiegel. Irgendwie macht die knallenge grüne Röhre doch eher einen Monsterarsch, das Paillettenoberteil trägt auf und der vermeintlich lässige Hippierock sieht aus wie ein beuliger Kartoffelsack. Die Krux mit erfüllten Träumen ist doch, dass die Realität der eigenen Vorstellungskraft so entsetzlich hinterhinkt. Eine schwarze Tasche bleibt eine schwarze Tasche bleibt eine schwarze Tasche. „Wenn Gott die Menschen strafen will, erhört er ihre Gebete“, wusste Oscar Wilde. Auch das liebe Geld, mit dem sich all die schönen Schätze kaufen lassen, macht nicht unbedingt glücklicher. Sauberes Wasser, Nahrung, Wohnung, Kleidung und Sicherheit sind die Grundlagen des materiellen Wohlbefindens. Sobald diese Grundbedürfnisse befriedigt sind, zählt zunehmender Wohlstand erstaunlich wenig: Bei einem Vergleich von 54 Ländern der Erde hinsichtlich des Glücksniveaus ihrer Einwohner lag Deutschland an Position 33. Die Plätze eins und zwei belegten die armen Länder Venezuela und Nigeria. Der Berliner Christoph Lau hat für eine Untersuchung 14 Lottomillionäre befragt und kommt zu dem Ergebnis, dass selbst solch ein Gewinn nur sehr kurzfristig glücklich macht. „Länger als ein Jahr dauert der Zustand nicht an.“ Lau nennt das emotionale Inflation, wenn sich der Traum vom Lottoglück erfüllt hat und sich anschließend Ernüchterung breit macht. Das Problem ist laut der Glücksforschung auch, dass wir unser eigenes Wohlbefinden mit falschen Erwartungen stören. Wir wollen nicht nur glücklich sein, sondern am besten noch ein bißchen glücklicher als die anderen: „Die Susi mit ihren schönen Haaren/Busen/Beinen/Klamotten ist schon wieder an der Côte d’Azur. Die hat’s so gut, oder?“ Im Grunde ist man der sprichwörtliche Esel, der die vorm Maul baumelnde Karotte jagt. In meiner Konsumwelt taucht diese Möhre mal in Form einer grauen Balenciaga Ledertasche, des xten iPhones oder eines weiteren Paar Wedges auf. Dass ich in der neuen Tasche auch nur Chaos fabriziere, das iPhone mich in wichtigen Momenten akkutechnisch im Stich lässt und ich auf den Stelzen kaum gehen kann,
merke ich nur kurze Zeit später. Wie also das Dilemma lösen? Nicht mehr konsumieren? Den angehäuften „Wohlstandsschrott“ entsorgen und fortan als Asket sein Dasein fristen? Vielmehr geht es darum, sich der Beziehung, die man zu seinen Besitztümern pflegt, bewusst zu werden: Besitze ich, oder werde ich besessen? Materielles wird nie eine innere Leere füllen können. Wer sich an den Dingen, die er sich leisten kann freut und sie als Luxus erkennt, hat mehr davon: So werden sie einem auch noch lange Zeit später ein Lächeln auf das Gesicht zaubern. Was im Übrigen nicht heißt, dass ich nicht auch in Zukunft die Augen aufhalten werde nach meiner schwarzen, aus feinstem Kalbsleder gefertigten „New Jackie“ mit den hübschen Bambusquasten.
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„ Liebe ist der Wunsch, etwas zu geben, nicht zu erhalten.“ Bertolt Brecht
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Ob strenges Kost端m oder Prinzessinenkleid, ob kurz oder lang: Jede Frau hat eine bestimmte Vorstellung von ihrem Brautkleid.
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Das große
Weiße
Es wird nur einmal getragen und ist trotzdem unEndlich wichtig: das Brautkleid. Was ist so faszinierend daran? und wie findet man das RichtigE? Ein Blick hinter Seide und Spitze gibt Aufschluss. Text: Silvia Ihring · Fotos: Magnus Lechner und Hannes Röhrer
Erst ist nur ein Oberteil aus Nesselstoff. Etwas verloren wirkt es, so wie es am zierlichen Körper hängt. Ein neutraler BeigeTon, ein paar Nähte, mehr nicht. Aber es ist ein Anfang. Konzentriert steckt Designer Christian Eschenfelder Nadeln an verschiedene Stellen, nimmt den Stoff zwischen zwei Finger, misst ab. „Bitte nicht den Bauch einziehen.“, sagt der Schneider, während er die Taille absteckt und Beate Lohner lacht. „Ist es schlimm, wenn ich zunehme? Ich fahr doch jetzt für meinen Urlaub nach Italien.“ Unproblematisch wäre das nicht. Aus dem unscheinbaren Top soll das Oberteil für ihr Brautkleid werden. Es ist ihre erste Anprobe für ihr maßgeschneidertes Hochzeitskleid im Brautmoden-Atelier „Maifeld“ in München. „Ich hatte keine Lust, mich zu verkleiden. Mir war wichtig, dass mein Brautkleid zu mir passt und authentisch ist.“ Die Museumspädagogin aus Murnau hat sich für ein weißes knielanges Kleid aus Seide in X-Linie entschieden, mit einer Perlenborte um die Taille. Schlicht, aber mädchenhaft ist es und erinnert ein bisschen an Audrey Hepburn. Seit 14 Jahren entwirft und verkauft Chefdesigner Christian Eschenfelder Brautkleider in seinem Laden-Atelier im Für immer liebe 89 -
Weiße Träume aus Seide, Spitze und Satin hängen im Laden von Maifeld. Sie sind eher schlicht als überladen.
Münchener Gärtnerplatzviertel. Der Laden ist klein, zwei Umkleidekabinen gibt es und wenn die Braut ihre Mutter und zwei Freundinnen mitbringt ist alles voll. An einer Wand hängen nebeneinander aufgereiht lange und kurze Roben in Weiß-, Rosa- und Crèmetönen. Bestickte Rockzipfel, Spitzenärmel, Satingürtel schauen hervor. Es sind schlichte Kleider, keine Berge aus Tüll und Spitze. Durchquert man den Laden, gelangt man in das enge Atelier. Dort sitzt Christian Eschenfelder an einem Holztisch und näht, oft den ganzen Tag. Wände und Regale sind vollgestopft mit Stoffballen und Nähmaschinen, Papier und Bleistifte liegen auf dem Tisch verstreut. Die Roben, die man vorher im Laden vorsichtig angefasst und bewundert hat, hier entstehen sie. Beate Lohners Kleid ist noch am Anfang. Im August findet die Hochzeit statt, bis dahin wird sie aus Murnau noch ein paar Mal für die Anproben nach München fahren. Als eher „untypische Braut“ würde sich die 31-Jährige bezeichnen. Anstatt voller Vorfreude Brautmagazine zu blättern und verschiedene Läden zu besuchen, schob sie die Suche vor sich her. „Ich habe vier Freundinnen geholfen, ein Brautkleid zu finden und die Atmosphäre in den Geschäften hat mich eher abgeschreckt. Da heißt es dann, wenn Sie dieses Kleid nicht gleich bestellen, bekommen Sie es nicht mehr rechtzeitig zur Hochzeit. Man wird in vielen Läden stark unter Druck gesetzt.“ Diesen Druck spürt auch Christian Eschenfelder bei seinen Kundinnen. „Die kommen in unseren Laden und sind schon so gestresst, weil sie so viel gesehen und anprobiert haben und überall gedrängt werden, sich zum Kauf zu entscheiden.“ Bei Maifeld geht es gelassener zu. Die
Beate Lohner bei der Anprobe ihres Oberteils. Schritt für Schritt entsteht ihr Brautkleid.
gute Atmosphäre ist auch ein Grund, warum Beate Lohner und andere Kundinnen sich für „Maifeld“ entscheiden. Bei ihrem ersten Besuch probierte Beate Lohner mehrere Modelle an und entschied sich dann für das Erste. Zeit zu haben und sich wohl fühlen ist wichtig, wenn man ein „Ich will mich nicht verkleiden.“ so wichtiges Kleid finden Beate Lohner im normalen muss. Sonst kann die Alltagsoutfit. Ihr Brautkleid soll zu Freude schnell in Frust ihrer Persönlichkeit passen. übergehen. Wer sich für ein maßgeschneidertes Brautkleid entscheidet, lässt sich auf einen langwierigen, aber spannenden Prozess ein. Wenn man sonst den ganzen Tag in Jeans herum läuft, ist es schon etwas besonderes, sich einmal ein einzigartiges Kleid schneidern zu lassen. Gemeinsam mit dem Designer erarbeitet man, wie das Modell aussehen soll, Farbe und Schnitt werden ausgewählt, Entwürfe werden gezeichnet. Es sind auch die eigene Persönlichkeit und die Vorfreude auf das Fest, die in dieses Kleid einfließen. Die Braut erlebt hautnah mit, wie ihr Kleid entsteht. Am Ende trägt sie nicht nur einen edlen Stoff am Körper. „Die Kundin hat das Gefühl, etwas zu tragen, das nur für sie gemacht wurde.“, weiß Eschenfelder. Ungefähr acht bis zwanzig Stunden braucht der Designer für ein Kleid. Preis und Aufwand sind kaum Grenzen gesetzt. „Für eine arabische Hochzeit in London haben wir ein sehr pompöses Brautkleid genäht. Das hat den ganzen Laden ausgefüllt. Allein an dem Strassgürtel hat eine Schneiderin eine Woche lang gearbeitet.“ Für 4.500 Euro ist so eine Prinzessinnenrobe bei „Maifeld“ zu haben, schlichtere Kleider beginnen bei 700 Euro. Beate Lohner gibt gerne etwas mehr Geld aus. Nicht nur, weil sie ein schönes Kleid haben will. „Natürlich will ich an meiner Hochzeit schön aussehen und mich wohl
„Mein Brautkleid soll authentisch sein”
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fühlen. Aber für mich zählte auch, dass in Der Stoff aus dem die Träume einem Atelier viel mehr Nähe und Persönsind: Im Atelier entstehen die lichkeit stecken. Das ist etwas Besonderes Kleider, die man im Laden und dafür zahle ich gerne einen höheren bewundert. Preis.“ Das Brautkleid – es ist schon eine besondere Beziehung, die eine Frau dazu hat. Nicht nur, dass man als Braut im Mittelpunkt der Hochzeit steht und jeder gespannt auf das Kleid schaut. Auf dem Weg zum Altar möchte man sich wohl und attraktiv fühlen und das geht nur im richtigen Kleid. Die Suche danach kann für Braut, Mutter und Freundinnen zum Großprojekt werden. Besonders kompliziert wird es, wenn Braut und Bräutigam einen bekannten Namen tragen und die Hochzeit zum Medienereignis wird. Vor der Trauung des britischen Prinzen William mit Kate Middleton kam es einem so vor, als drehe sich die gesamte Berichterstattung um das Hochzeitskleid. Über kaum ein Thema wurde so intensiv diskutiert und gerätSie machte mit einer atemberaubend extravaganten Robe des selt wie die Brautrobe der Prinzengattin. Die SZ nannte es das Designerduos Viktor & Rolf auf sich aufmerksam. Weißes „bestgehütete Geheimnis vor der Trauung“. Selten wurde bei Duchesse Satin, verziert mit einem rautenförmigen Muster einer prominenten Hochzeit so deutlich: Das Hochzeitskleid und über und über bestickt mit 248 Schleifen, die auf der fast kann eine Frau zur Stilikone erheben – oder sie modisch für drei Metern langen Schleppe gigantische Ausmaße annehmen. lange Zeit ins Abseits schießen. Damit hob sie sich von den sehr klassischen Modellen ihrer Mit dem romantischen Modell von Sarah Burton, der ChefAdelsgenossinnen ab. In einem Interview mit dem britischen designerin des britischen Modehauses Alexander McQueen, Magazin „The Gentlewoman“ sagte sie: „Ich war nie die Sorte konnte die ehemalige Kate Middleton wenig falsch machen. kleines Mädchen, die von ihrem Brautkleid träumt. Das heißt Die ersten Anfragen für ein Kleid „à la Kate“ habe es auch aber nicht, dass ich nicht gerne auffallen wollte.“ bei ihm schon gegeben, meint Eschenfelder. Ein Traumkleid, Jede Braut hat ihren eigenen Stil, das wird bei Hochzeiten von keine Frage – doch originell ist etwas anderes. Mutiger war Berühmtheiten besonders deutlich. 2004 die niederländische Prinzessin Mabel van Oranje-Nassau Dass auch die Brautmode sich mit der Zeit verändert hat, zeigt bei ihrer Hochzeit mit Prinz Johan Friso van Oranje-Nassau. ein Blick in die Geschichte. Nicht immer waren Brautkleider weiß. Während im Mittelalter Farben wie Rot, Blau Welche Schuhe passen und Grün verwendet wurden, zum Kleid? Gemeinsam heirateten adelige Frauen mit Christian Eschenfelder Ende des 16. Jahrhunderts in werden noch die Details schwarzen Roben. Dies hing besprochen. mit der Spanischen Hofmode zusammen, die Schwarz als Modefarbe vorschrieb. Weiß setzte sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts durch. Vorreiterin war Queen Viktoria, die 1840 bei ihrer Hochzeit mit Prinz Albert von Sachsen-Coburg ein crème-farbenes Kleid trug. Endgültig als Brautkleidfarbe etablierte sich Weiß jedoch erst 1854, als Kaiserin Sissi in einem weißen Kleid heiratete und damit einen regelrechten Boom auslöste. Weiß wurde Für immer liebe 91 -
„Meine Oma hat sich total gefreut, als sie von meiner Kleiderwahl gehört hat.“ Petra Hartmann in ihrem Brautdirndl.
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Marion Nowka vom Dirndl-Label „Alpenmädel“ nimmt letzte Änderungen vor.
zum Zeichen für Reinheit und die Jungfräulichkeit der Braut. Auch Petra Hartmann aus München ist den Weg ins Maßatelier gegangen. Ihre Wahl sieht etwas anders aus. Für die 33-jährige PR-Frau kam das klassische weiße Brautkleid für ihre Hochzeit nicht in Frage. „Diesen Prinzessinnentraum hatte ich nie.“ Stattdessen lässt sich sie sich ein Hochzeitsdirndl im Dirndl-Atelier von „Alpenmädel“ in München schneidern. Hauptgrund: Ihr sei es wichtig, ihr Hochzeitskleid nicht im Schrank verstauben zu lassen. „Mein Brautkleid bedeutet mir viel und ich möchte es auch nach meiner Hochzeit noch tragen können. Ein Dirndl ist da einfach wahnsinnig vielfältig.“ Auch die fehlende Individualität bei den meisten Hochzeitskleidern sei ihr aufgefallen. „Ich habe mehrere Hochzeiten besucht und frage mich, an welches Kleid erinnert man sich danach noch?“ Nach langem Suchen fand sie im Münchener Dirndl-Atelier „Alpenmädel“ ihr Traum-Dirndl. Dort kann die Kundin aus verschiedenen Ausschnitten, Farben und Details wie Borten wählen und ihr Modell zusammenstellen. Zwei Freundinnen begleiten Petra Hartmann bei der Suche. Nicht nur für die Braut ist es eine emotionale Angelegenheit. „Meine Trauzeugin, die bei der ersten Anprobe dabei war, gestand mir danach, dass sie eine Träne wegdrücken musste als sie mich in dem Dirndl gesehen hat“, erzählt sie. Jetzt, bei der zweiten Anprobe, versteht man, warum. Es ist kein klassisches Brautkleid, aber es fällt schwer, den Blick von Petra Hartmann zu wenden: Eine bodenlange Robe aus blassrosa Seide mit einem ausgestellten, an der Taille gerafften Rock, dazu eine transparente Schürze mit fliederfarbenen Satinband. Auf einem Podest steht sie vor dem Spiegel, immer wieder greift sie in ihren Rock, bauscht ihn auf, dreht sich. Es fühle sich super an, sagt sie, und man glaubt es ihr sofort.
Ein paar Feinheiten müssen noch entschieden werden, Schneiderin Marion Nowka kommt mit einem Bündel Borten in der Hand. Blümchen, Rüschen und Spitzen hält sie an den Ausschnitt. „Ich bin gerade etwas überfordert“, sagt die Braut und schaut sich fragend nach ihrer Freundin um. Am Ende entscheidet sie sich für eine zarte Blümchenbordüre in flieder und grün. Gemeinsam mit ihrer Tochter entwirft und näht Marion Nowka Dirndl in allen Varianten. Die Brautdirndl kämen besonders gut an, meint sie. Schaut man sich bei „Alpenmädel“ um, kommt man nicht gleich auf die Idee, dass hier auch Brautkleider verkauft werden. Aber die Modelle sind nicht Die Braut-Dirndl bei „Alpenmädel“ sind nicht weniger festlich als bei „Maifeld“. weniger aufwendig als normale Auch sie sind weiß, haben SpitzenBrautkleider. schürzen oder mit Perlen bestickte Röcke. Petra Hartmanns Dirndl ist schlicht aber edel. „Ich habe genau die richtige Wahl getroffen“, ist sie sich sicher. Und, sagt Marion Nowka lachend: „Den Männern gefallen Dirndl eh am besten.“ Losgelöst von Konventionen und Vorgaben, können Frauen heute aus einer Vielzahl von Möglichkeiten schöpfen. Beate Lohner und Petra Hartmann sind nur zwei Beispiele. Dabei ist der Gedanke, das Brautkleid auch nach der Hochzeit noch tragen zu können, weit verbreitet. Zum Cocktail-Kleid umschneidern, färben oder sogar weiterverkaufen – Möglichkeiten gibt es genug. Doch was bleibt von einem Kleid, an dem so eine wichtige Erinnerung hängt, wenn man es mit Schere und Färbemittel bearbeitet? Wird dann nicht ein ganz anderes Kleid daraus, das man auf Partys oder im Theater trägt? Und macht das nicht auch ein Brautkleid aus, dass es nur für diesen einen wichtigen Tag im Leben gedacht ist – und danach als Erinnerungsstück aufbewahrt wird? „Ich persönlich denke, dass es schwierig ist, ein Brautkleid so zu verändern, dass es danach noch tragbar ist. Aber wenn die Kundin das wünscht, unterstütze ich das.“, sagt Christian Eschenfelder. Das Sarah Burton-Hochzeitskleid von Catherine Mountbatten-Windsor wird jedenfalls vorerst nicht im Schrank verstauben. Bis zum 3. Oktober kann man es in einer Ausstellung im Buckingham-Palast besichtigen. Doch letztendlich ist die Frage, was mit dem Kleid nach der Hochzeit passieren soll, nicht so wichtig. Ihren großen Moment hat die Brautrobe nur für einen Tag. Für immer liebe 93 -
Schließtechnik Damit sich Kleidung an unseren Körper anpasst, sind VERSCHLÜSSE notwendig. Neben ihrem NUTZFAKTOR sind sie jedoch selbst schön genug, um zu einem eigenen Kunstwerk zu werden. Fotos: Max Rempe und Tobias Wicklein · Styling: Julia Weinacker, Vanessa Kern, Alexandra Dobre, Ragnhild Furuseth, Natalie Eichhammer und Stefanie Kling
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Pullover: Martin Margiela
Jacke: Tribeca by Sam Frenzel Body: Triumph
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Ledermantel: Ilaria Nistri
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Kleid: Butterflysoulfire Slip: H&M
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Schuhe: Jeffrey Campbell
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Weste: Donna Karan Hose: A.F. Vandevorst Schuhe: Sam Edelman Armband: Saskia Diez
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Body: Calida 路 Weste: Eva & Bernard 路 Haarspange: Tokyo Jane Armreifen: Yvonne Kon茅 路 Schuhe: Martin Margiela
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Make-up: Christina Baier 端ber info@christinavonbuelow.com, Model: Samira Mahboub
Bluse: Butterflysoulfire
BH: Triumph Bluse: Acne Hose: Tribeca by Sam Frenzel Schuhe: Sam Edelman
Making-of und das Editorial als Film finden Sie unter: www.dasmagazin 端bermode.de F端r immer liebe 107 -
„Ich wollte nicht Modedesignerin werden“ Ein INTERVIEW mit der Münchner Modemacherin Gabriele Blachnik über Kunden, Design und die schnelllebigen Eigenschaften einer der HÄRTESTEN BRANCHEN der Welt. Text: Ragnhild Furuseth und Natalie Eichhammer
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eit fast 30 Jahren gehört Gabriele Blachnik zu den erfolgreichsten Designern Münchens. Für sie ist das Geheimnis ihres Erfolgs, dem eigenen Stil treu zu bleiben und trotzdem mit der Zeit zu gehen. In ihrem Atelier erweckt sie gemeinsam mit 30 Mitarbeitern ihre Ideen zum Leben. Was denken Sie, wenn Sie eines Ihrer Stücke auf der Straße sehen? Da freue ich mich natürlich! Wenn ich in die Oper gehe, passiert mir das am häufigsten. Ich sehe dann sogar zwei bis drei Damen mit einem Teil von mir. Wenn ich das Stück nicht persönlich verkauft habe, ertappe ich mich immer dabei, kritisch zu gucken, ob alles perfekt sitzt. Wenn alles stimmt - wie in 99 Prozent der Fälle - dann finde ich das noch besser und der Abend ist gerettet. Was fasziniert Sie an ihrem Beruf am meisten? 108 FÜR IMMER LIEBE -
Es fasziniert mich, dass es alle sechs Monate wieder von vorne losgeht. Am Anfang meiner Laufbahn hat mich das schon ein wenig belastet, aber heute finde ich es spannend. Nach der Fertigstellung einer Kollektion bin ich sofort Feuer und Flamme an der nächsten zu arbeiten. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich alles selbst mache: Vom Entwurf über den Stoffeinkauf bis zum Verkauf im Laden. Es ist von allem etwas und das finde ich toll. Wie beurteilen Sie die Schnelllebigkeit der Mode? Das meiste, was auf den Laufstegen zu sehen ist, war in irgendeiner Form schon einmal da. Ob es nun die breiten Schultern in den 80er Jahren sind oder die Charleston-Kleider aus den 20ern. Deswegen halte ich die Mode langfristig betrachtet für nicht so schnelllebig! Wo wird das in Zukunft hinführen? Künftig wird sich alles verlangsamen und beruhigen. Menschen setzen heutzutage mehr auf Qualität und kaufen lieber ein teureres, qualitativ hochwertiges Lieblingsteil, als fünf günstige Stücke, die nach einem halben Jahr ungetragen im Schrank hängen. Gab es Zeiten, in denen Sie sich eher einen soliden Bürojob gewünscht haben? Nicht nur einmal! Klar habe ich immer mal wieder Ermüdungserscheinungen. Da denke ich, naja, jetzt wäre es auch schön, um 17 Uhr nach Hause zu gehen, oder drei Wochen am Stück Urlaub zu haben. Wie nahmen Ihre Eltern Ihre Berufswahl auf? Anfangs wollte ich gar nicht Modedesignerin werden, das schien mir mehr als uner-
Gabriele Blachniks Herbst/Winter Kollektion 2010/11
reichbar. Da ich schon immer gerne genäht habe, machte ich nach der mittleren Reife eine Schneiderlehre. Mein Vater, ein Beamter, und meine Mutter, eine kaufmännische Angestellte, haben mein Vorhaben von Anfang an unterstützt. Haben Sie darüber nachgedacht, ihr Label zu verkaufen? Leider hat mich noch niemand gefragt. Interessenten können gerne vorbeikommen (lacht). Ich liebe meinen Job und würde einen Verkauf nicht übers Herz bringen. Was macht für Sie einen guten Designer aus? Es gibt verschiedene Varianten als Designer zu arbeiten: Wenn man ausschließlich kreativ vorgeht, ohne dass es verkäuflich sein muss wie bei den großen avantgardistischen Designern, macht das viel Spaß. Man muss aber bedenken, dass es nur Wenige tatsächlich so weit bringen. Diese Firmen finanzieren sich meist über günstigere Linien oder Produkte wie Parfüms. Auf der anderen Seite stehen die kleinen Designer. Sie müssen immer bedenken, dass ihr Produkt auch verkauft werden muss. Der Designer muss von seinem Handwerk leben und die Angestellten bezahlen können. Die Schwierigkeit ist also, die Balance zwischen kreativ und kommerziell zu finden. Wer das schafft, ist für mich ein wirklich guter Designer. Was halten Sie von Kooperationen wie
die der Modekette H&M mit Karl Lagerfeld? Ich finde es klasse, wenn große Designer wie Karl Lagerfeld mit günstigen Modeketten wie H&M zusammenarbeiten. Er ist ja eh so ein Verrückter, der nichts auslässt. Auf diese Weise kann sich auch jemand mit einem kleineren Geldbeutel einen „echten“ Lagerfeld leisten. Könnten Sie sich eine solche Kooperation auch mit Ihrem Label vorstellen? Mich persönlich würde so etwas ganz und gar nicht reizen. Wir machen hauptsächlich Couture-Kollektionen. Ich arbeite lieber mit teuren und qualitativ hochwertigen Stoffen und aufwendigen Verarbeitungen. Haben Sie schon daran gedacht, in anderen Städten Läden zu eröffnen? Wenn, dann irgendwo auf der Welt, wo ein schöner Strand direkt neben dem Laden ist, dann könnte ich den Winter im sonnigen Süden verbringen. Aber bei uns ist das nicht so einfach, da wir eine sehr kleine Produktionsstätte sind. Kleine Produktionen sind teuer und in der Finanzierung schwierig. Sie könnten Ihre Kollektion doch auch deutschlandweit über Einzelhändler vertreiben? Wenn ich meine Kollektionen zu Einzelhändlern geben würde, dann müsste ich mir sicher sein, dass dieser versteht, die Stücke richtig zu verkaufen. Wenn ich nicht vor Ort bin, kann ich das nicht überprüfen, deswegen habe ich den Verkauf lieber selbst im Auge. Schließlich habe ich Kundinnen, die aus der ganzen Welt anreisen, um in meinen Laden zu kommen. Wie wichtig sind junge Kunden für Sie? Für uns ist das wegen unseres Preisniveaus nicht so einfach. Ich bin ja selber nicht mehr ganz so jung und habe die Kundinnen, die ich von Anfang an hatte, über viele Jahre begleitet. Klar bringen die mal ihre Töchter mit und da kommt es vor, dass die Mutter der Tochter ein Kleid kauft. Ansonsten ist es eher schwierig, an jüngere Kunden heranzukommen. Die gehen lieber zu jungen Designern, weil diese mehr Verständnis für die Zielgruppe haben. Leider habe ich keine Tochter, die mir da Tipps geben könnte und mein Sohn, der bei Jil Sander arbeitet, hat sich der Männermode verschrieben. Hat sich Ihr Label im Laufe der Zeit mit den Kunden verändert? Natürlich! Vor 20 Jahren hatten sieben von zehn Kleidern keine Ärmel. Heute ist es genau anders herum. Das heißt nicht, dass meine Kollektionen alt geworden sind. Ich versuche die Balance zwischen modernem Design und Tragbarkeit zu halten. Haben Sie beim Entwerfen eines Kleides eine bestimmte Kundin vor Augen? Meine Stammkunden mögen letztendlich denselben Stil, den ich persönlich mag. Da fällt mir das Arbeiten leicht und meine Entwürfe wirken authentisch.
Fotos: Ines von Otto PR
„Die Schwierigkeit besteht darin, die Balance zwischen kreativ und kommerziell zu finden.“
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Stich Stich für
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Über Integration und Berufschancen für JUGENDLICHE wird in Deutschland viel geredet, aber oft zu wenig getan. Das AUSBILDUNGSATELIER „La Silhouette“ gibt benachteiligten Frauen die Chance einen qualifizierten BERUF zu erlernen. Text und Fotos: Stefanie Kling
ehn Uhr morgens in einem kleinen Schneideratelier in Haidhausen. Es dringen einem Unterhaltungen in verschiedenen Sprachen ins Ohr. Man versteht nicht, worüber geredet wird, aber das Gekicher deutet auf eine gute Stimmung hin. Man hört Nähmaschinen rattern und Scheren klackern. In jedem Zimmer hängen genähte Entwürfe an Büsten und Kleiderbügeln. Ein buntes Dirndl hier, ein moderner Blazer da. In der berge und bunte Fadenrollen auf den Tischen und kleinen Küche mit knallgrünen WänFensterbänken. Die jungen Frauen mit verschiedenen den stehen noch Brötchen und MarHautfarben drängen aneinander vorbei, um von der melade auf dem Tisch. Jeden Morgen Nähmaschine zum Bügeleisen oder ins Zimmer der wird erstmal gemeinsam gefrühMeisterinnen zu gelangen. Bei dem Atelier handelt stückt, bevor man sich an die Arbeit es sich nicht um eine ganz normale Maßschneiderei, macht. Eng ist es im schlauchförmisondern um einen interkulturellen Ausbildungsbetrieb gen Nähraum. Überall liegen Stoffnamens „La Silhouette“, der benachteiligten jungen Frauen die Chance bietet, einen qualifizierten Beruf zu erlernen. Der Betrieb stellt Frauen nach „sozialer Dringlichkeit“ ein. So werden Mädchen aufgenommen, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, Defizite im schulischen Bereich aufweisen oder gar keinen Schulabschluss haben. Ihre Biographien sind geprägt von familiären Problemen, Migration und Integrationsschwierigkeiten, sowie der Flucht aus dem Heimatland. Viele haben Gewalt in der Familie oder im sozialen Umfeld ihres Heimatlandes erfahren. Als Meisterin Ivana Bogicevic bei einer Bürgerkriegsflüchtlinge haben sie häufig erhebliche Modenschau in einem Hochzeitskleid Bildungsdefizite bis hin zum Analphabetismus. „Teilmit religiösen Sprüchen. weise sind Mädchen bei uns, die in der Schule schlecht waren und oft durchgefallen sind, die Auffälligkeiten gezeigt haben, aggressiv oder sehr introvertiert waren. Es gibt aber auch ganz andere minderjährige Flüchtlinge. Mädchen, die mit Menschenschlepper quer durch Europa fahren, hier landen und dann in Heimen untergebracht werden,“ so Ivana Bogicevic, Meisterin bei „La Silhouette“. Das Atelier kümmert sich also nicht nur um einen Ausbildungsplatz, sondern auch um die BeDie Kreationen der Auszubildenden wältigung von Aggression, vereinen die muslimische, christliche psychischen Traumata und jüdische Religion. und die Betreuung bei FÜR IMMER LIEBE 111 -
bürokratischen Schwierigkeiten. Viele Mädchen fühlen sich sicher im Atelier, weil sie die notwendige Unterstützung auch erhalten. Die 18-jährige Huong aus einem kleinen Dorf in Vietnam blüht im Atelier geradezu auf. Als sie mit 13 Jahren zu ihrer Mutter nach Deutschland kam, sprach sie kaum Deutsch und war sehr verschlossen. Sie ist in armen Verhältnissen aufgewachsen, doch seit sie klein ist, hat sie sich „gewünscht, etwas mit Mode zu machen.“ Deshalb ist sie glücklich, in der Werkstatt arbeiten zu können. Trotz ihrer Schüchternheit versteht sie sich mit allen Auszubildenden. Nur in der Berufsschule scheitert es manchmal an der Sprachbarriere.
Ein steiniger Weg zur Integration
Der Schneiderbetrieb „La Silhouette“ wurde 1987 von Barbara Hemauer-Volk gegründet, einer Sozialarbeiterin, die nicht nur Arbeitsplätze vermitteln, sondern auch schaffen wollte. Immer wieder kamen damals türkische Mädchen zu ihr und klagten, keinen Ausbildungsplatz zu finden. Mit Hilfe des Vereins „Junge Frauen und Beruf“ nahm HemauerVolk die Sache selbst in die Hand und rief „La Silhouette“ ins Leben. 112 Mädchen wurden bisher ausgebildet und kein einziges hat die Ausbildung abgebrochen. Das Konzept wurde 2005 sogar beim DeichmannFörderpreis gegen Jugendarbeitslosigkeit mit dem dritten Platz gewürdigt. Die Bildungschancen für Jugendliche mit Migrationshintergrund sind immer noch ungerecht verteilt. Nur jeder dritte ausländische Jugendliche in Deutschland bekommt eine Lehrstelle, bei den deutschen Altersgenossen sind es doppelt so viele. Am Interesse Huong ist Auszubildende im ersten Lehrjahr und lebt seit fünf Jahren in Deutschland.
der Ausländer mangelt es laut dem Berufsbildungsbericht 2011 nicht und nur zum Teil liegt es an den niedrigeren Schulabschlüssen. Es gibt erhebliche Diskriminierungen bei den Arbeitgebern. Im Bericht heißt es, dass die Chance eine Lehrstelle zu bekommen für Nicht-Migranten bei gleichen Abschlussnoten, etwa 20 Prozent höher ist als für Migranten.
Andere Länder, andere Geschmäcker
Die Kundinnen des Ateliers sind so verschieden, wie die Frauen die dort arbeiten. Die Münchner Bürgermeisterin Christine Strobl ist Kundin, zwei evangelische Bischöfinnen und die evangelische Dekanin lassen sich dort ihre Kleider schneidern, andere kommen für ein Hochzeitskleid oder ihr Kostüm fürs Büro in die Werkstatt. Gerade hat das Atelier ein afrikanisches Dirndl gefertigt. Ein Dirndl im bayerischen Stil mit Stoffen aus der Heimat einer Somalierin. Sie erhielt kurz davor das Bundesverdienstkreuz, weil sie sich gegen die Beschneidung von Frauen einsetzt. Auch die modischen Geschmäcker der Auszubildenden variieren. Für die Mädchen aus dem irakischen Orient ist Schönheit etwas ganz anderes, als für die Asiatinnen oder Afrikanerinnen. Die Kleidungsstücke sind wie ein Puzzle, Mischungen aus modernen Schnitten und traditionellen Farben und Mustern. Bei gemeinsamen Projekten entstehen außergewöhnliche Designs. Bei dem Projekt „Wertstoffmaid“ vor drei Jahren, eine Kooperation mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb AWM in München, haben die Schneiderinnen alles gesammelt und gehortet, was man irgendwie in ein Kleidungsstück verwandeln könnte: Tüten, Bettbezüge, Kinderwageneinlagen, Schläuche, Räder und andere Dinge, die normalerweise im Müll landen. Daraus entstanden 160 Outfits, wie z.B. Abendkleider aus Müllsäcken oder Dirndlröcke aus Regenschirmen. Mode ist bei „La Silhouette" ein Mittel, sich auszudrücken und Konflikte zu beseitigen. Es ist manchmal schwer, den Mädchen dieses Element zu erklären. „Wenn ein Mädchen aus Afghanistan geflohen ist und dann hier landet, muss ich ihr erklären, dass sie jetzt zwei Tage lang einen Knopf annähen muss“ so Ivana Bogicevic. „La Silhouette“ nimmt junge Frauen, die sich aufgrund ihrer Herkunft überhaupt nicht verstehen ins gleiche
Im Atelier „La Silhouette" lernen die jungen Frauen das Schneidern, aber auch persönliche Probleme zu bewältigen.
Lehrjahr auf, damit sie an diesen Konflikten arbeiten können. Während der Balkankriege hatten sie beispielsweise Kroaten, Bosnier und Albaner zusammen in einem Jahr. „Die haben sich am Anfang mit dem Messer bedroht und am Ende waren sie Freunde,“ so Bogicevic. Im Moment sind es irakische Kurden, irakische Moslems und irakische Christen, die zusammen im Atelier arbeiten. Kundenaufträge können im Atelier schon mal etwas länger dauern. Die Mädchen müssen sich neben dem Schneidern auch um Formalitäten fürs Jugendamt, für Behörden und vor allem um die Schule kümmern. Ivana Bogicevic erzählt: „Die Mädchen hier können manchmal nicht arbeiten. Manche haben Ängste und sind nur vormittags da, weil sie etwas aus der Bahn geworfen hat. Sie müssen zum Arzt oder zum Kreisverwaltungsreferat oder die Mutter braucht einen Übersetzter.“
Wie eine Familie
Das Atelier ist für viele Mädchen eine Art Familie, ein Ort, zu dem man gehen kann, wenn es einem schlecht geht und wo man Unterstützung bekommt. Die Auszubildende Nicole erinnert sich noch an den Tag ihrer Ankunft: „Man wird hier mit offenen Armen empfangen. Am ersten Tag hat mich mein damaliger Jobcoach hier her begleitet und dann saßen wir alle am Frühstückstisch und haben gequatscht. Man erntet hier keine bösen Blicke.“ Zum Austausch untereinander gibt es einen Stammtisch, zu dem ehemalige Auszubildende auch noch Jahre später kommen. Den Meisterinnen ist der freundschaftliche Umgang mit den jungen Frauen wichtig. Doch müssen die Mädchen auch lernen mit Konflikten umzugehen und richtig zu streiten, denn sie müssen sich im Leben viel selbst erkämpfen. Man möchte selbstbewusste Frauen aus den Auszubildenden machen, „dass sie ihr eigenes Geld verdienen und unabhängig sein können,“ so Bogicevic. Ein Mädchen aus Äthiopien, das vor zwei Jahren ihren Abschluss machte, sagte beim Beginn ihrer Ausbildung, sie träume davon, dass der Prinz auf dem Schimmel daher reitet und sie heiratet. Im dritten Lehrjahr träumte sie davon, sich ein Kostüm zu nähen.
Schneiderei ist für sie daher so wichtig, weil sie am Ende etwas aus eigener Kraft geschaffen haben und sogar noch zusätzlich Anerkennung von außen bekommen. Der Betrieb organisiert auch immer wieder Modenschauen mit eigenen Entwürfen zum Schlichten von interkulturellen Problemen – seit eineinhalb Jahren mit interreligiösem Bezug. Das Atelier hat sich zur Aufgabe gemacht, die Religionen zu vereinen und damit Frieden unter den verschiedenen Nationalitäten zu schaffen. Das Leitmotiv lautet, sich mit der eigenen Religiosität auseinander zu setzten und andere Glaubensrichtungen zu respektieren und die Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. So lernen die Mädchen bei „La Silhouette“ Selbstbewusstsein aufzubauen und im Leben ihren eigenen Weg zu gehen. Nach der Ausbildung werden die Absolventinnen noch bis zu einem Jahr weiter betreut. Viele haben „La Silhouette“ als Sprungbrett genutzt, arbeiten beim Fernsehen oder in großen Modefirmen. Andere besuchen Meisterschulen, studieren und bekommen zum Teil sogar Stipendien. Ivana Bogicevic erinnert sich an ein Mädchen, das mittlerweile im internationalen Merchandising für Prada arbeitet: „Tatu (Name von der Redaktion geändert) stammt aus Lagos, Nigeria. Ihr Vater war Moslem, die Mutter Christin, weswegen sie verfolgt wurden. „Tatu ist über Menschenhändler mit ihrem Bruder nach Deutschland gekommen, wo sie das erste Mal weiße Menschen gesehen hat. Sie war anfänglich sehr aggressiv, hat es aber in den Griff bekommen und sich in der Ausbildung zu einem unglaublich motiviertem Mädchen gemausert.“ Mit Engagement und einer Chance von außen kann jeder es schaffen, erfolgreich zu sein. FÜR IMMER LIEBE 113 -
Die Handymusik lauthĂśrer... ...wollten nicht mit ihren Mobiltelefonen posen. Kann man machen, vorausgesetzt man ist auch so cool genug.
114 FĂźr Immer LIebe -
Sorry, members only Produktion: Julia Weinacker · Fotos: Conny Mirbach
W
er Mitglied einer GRUPPE ist, drückt seine Zugehörigkeit auch durch Kleidung aus. Vielleicht sogar unbewusst. Doch innerhalb der Gruppe geht der individuelle Stil meist vollkommen in der Masse unter. Dieses Spiel vom Dazugehören und sich Abgrenzen heißt ANTHROPOLOGISCHER DUALISMUS DER MODE. Sein Begründer Georg Simmel. Intelligenter Mann. Doch was bedeutet es, Teil einer Gruppe zu sein, von deren Existenz man gar nichts weiß? Wir stellen Ihnen 65 MENSCHEN vor, die so sicherlich noch nicht kategorisiert wurden. Klischees inklusive. 115 Für Immer LIebe -
Die Galeristen... .
...mögen es, die Arme hinter sich zu verschränken, außer sie haben einen Hund auf dem Arm.
116 Für Immer LIebe -
Die etepetetefrau...
...und der Etepetetemann sind quasi eins. Die Begrifflichkeit ist zudem nicht negativ zu verstehen, denn diesen Status muss man sich erst hart erarbeiten.
117 F端r Immer LIebe -
Die Informatiker...
...tragen normalerweise Rucksack. Wenn sie sich aber gelegentlich modisch f체hlen, greifen sie auch schon mal zur Umh채ngetasche.
118 F체r Immer LIebe -
Die Tupperwarepartyfrauen... ...wollten als Teenager nie so werden wie ihre M端tter. Hat leider nicht so geklappt.
119 F端r Immer LIebe -
chluss gemacht
120 sChLUss gemAChT -
„Aufhören können, das ist nicht eine Schwäche, das ist eine Stärke.“ Ingeborg bachmann
sChLUss gemAChT 121 -
Gar nicht
dufte N
ach einer langen Beziehung traf mich das „Aus“ völlig unerwartet. Überall hin war er mir über ein Jahr lang gefolgt und ich wurde mit Komplimenten für meinen „duften Begleiter“ überschüttet. Von Anfang an hat er mir gefallen und natürlich gewöhnt man sich mit der Zeit an das ständige Beisammensein. Beziehungsprobleme sind ja unausweichlich – aber dass er mich dann einfach im Stich lässt, ganz plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, war wie ein Schlag ins Gesicht. Die Herstellung meines Lieblingsduftes „Rococo“ von Joop wurde eingestellt. Und an seinem Stammplatz im Parfümerieregal stand bei dem nächsten Einkauf auch schon ein neues, um Längen aber nicht so gutes Parfum. „Rococo“ stellte für mich eine Art junger
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Was tun, wenn der ständige BEGLEITER einen plötzlich im Stich lässt? Eine Kolumnistin auf der verzweifelten SUCHE nach Ersatz für ihr altes Lieblingsparfüm. Text: Vanessa Kern
Lebenslust dar, die perfekt zu einer modernen Frau wie mir passte, und war noch dazu sehr sinnlich, ein Ausdruck meiner Persönlichkeit. Eine Variation aus Ingwer und italienischem Mandarinenöl machte die Kopfnote angenehm frisch und exotisch. Die Herznote bestach durch eine harmonische Mischung aus klassischen Blumendüften und weniger bekannten Düften von Pfingstrosen und Magnolienblüten aus China, abgerundet durch Vanille- und Karamelnoten – nach meinem Geschmack die perfekte Mischung. Dass Gerüche glücklich machen können, weiß man schon seit Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, in dem der Protagonist erfährt, dass die Kunst des Schreibens darin liegt,
Foto: Sophia Mautner Markhof
sich seinen Erinnerungen hinzugeben. Diese Tja, so wirklich berührt hat meine Sinne bis jetzt noch kein anderer Duft in Erinnerungen tauchen unangekündigt über den der Art, wie es mein alter geschafft hat, und meine Ansprüche möchte ich Geschmack oder den Geruch auf und lösen eine auch nicht runterschrauben. Aber ich werde die Hoffnung nicht aufgeben, Assoziation aus, die den Dichter wieder an jenen noch habe ich nicht jeden anderen Duft probiert, da meine Nase nach drei Ort führt, der Ausgangspunkt eines bestimmten Duftstreifen immer mindestens einen freien Tag benötigt und somit heißt es: Geschehens war. Immer schön weiter schnüffeln! Anscheinend können Gerüche oder Düfte aber Und für den Fall der Fälle hat mir eine Freundin noch den Tipp gegeben, wenn sie so schnell wieder von der Bildfläche dass man sich mittlerweile selbst einen Duft zusammen stellen kann. Auf verschwinden, wie in meinem Fall, genauso traurig www.my-bluebox.com kann man die eigene Duftkreation, den Flakon, die machen. Seitdem heißt es für mich: Von ParfüVerpackung aussuchen und den Namen des Dufts und des „Duftdesigners“ merie zu Parfümerie wandern und nach Ersatz bestimmen. Das ist zwar sogar die günstigere Variante und natürlich auch suchen, kann ja bei der riesigen Auswahl nicht so einzigartig, dennoch nicht das Gleiche für mich wie ein Markenparfüm, das schwer sein – dachte ich! Bei der Ausgefallenheit zwar viele haben, aber das von Profis entworfen wurde und das ich mir, wann der heutigen Parfums erweist sich das jedoch als immer ich will, in meiner Lieblingsparfümerie holen kann. ganz schön hart. Die Hersteller meinen wohl, dass merkwürdige Gerüche besonders avantgardistisch Foto: Vanessa Kern sind. Die Synthetic-Reihe von Comme des Garçons ist beispielsweise in den Noten „Garage“, „Teer“, „Kunstleder“ und „Sodawasser“ erhältlich. Doch danach möchte ich nicht riechen. Als klassische Frau möchte ich süß und sinnlich nach Blumen mit einem exotischen Touch für das „gewisse Etwas“ duften, auch wenn das andere wohl für langweilig halten. Chandler Burr, Verfasser des Buchs „The Emperor of Scent: A True Story of Perfume and Obsession”, sagte einst: „ Die Kreation eines Dufts ist eine hohe Kunst, die für die Sinne gemacht ist. Vergleichbar mit der Malerei für das Sehen und Musik für das Hören“. Düfte können uns in alle möglichen Stimmungen befördern, uns an die Vergangenheit oder auch an bestimmte Personen erinnern, mit denen wir genau diesen einen Duft verbinden. Guter Geruch bedeutet automatisch Wohlbefinden, schlechter Geruch Unwohlsein – denn wer entspannt sich schon gerne neben einem Müllberg? Düfte bezaubern also unsere Sinne und werden hauptsächlich dazu verwendet, die eigene Persönlichkeit und den eigenen Geschmack oder Stil zu unterstreichen.
Viele Sterne, viele Trends Die Tage werden kürzer, die Röcke länger, die Jacken wieder zu Mänteln - willkommen Herbst 2011! Wir haben uns auf die Suche gemacht nach den Must-Haves der Saison und worauf wir laut unserer Sternzeichen keinesfalls verzichten können. Was steht dem Stier besonders gut? In welchen Herbstrend ist der Wassermann verliebt? Ein Horoskop der etwas anderen Art. Text: Lissy Schuhmann und Isabel Finzel
124 SchluSS gemacht -
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FISCHE
ASSERMANN (21. Januar - 19. Februar) Wassermänner
WIDDER
(20. Februar - 20. März)
flattern
mit
extrem
Fischefrauen
(21. März - 20. April)
gelten
als
wirken,
als
elfenhafte
Die Widder-Frau zeigt sich in diesem Herbst
weit geschnittenen Hosen durch die
Wesen,
die
sie
nostalgisch und bleibt den Knallfarben des
kalte Jahreszeit und werden von wei-
gerade
einem
entstie-
Sommers verbunden. Sie setzt auf Blüten,
ten Schlaghosen mit hoher Taille und
gen. Aber sie wissen auch genau, was sie
Blüten, Blüten - soweit das Auge reicht. Ver-
seidigen Wide-Leg Pants in die 70er
wollen. In diesem Herbst ist das ein
ständlich, denn der Widder wird genau zu
entführt. Ein Triumph für alle Röh-
Schrank
Frühlingsanfang geboren.
ren-Kritiker!
Röcke im Fransenlook. Lieblingsfarbe: Mint
Lieblingsfarbe:
Rost
wären
Märchenbuch
voller
Kleider,
Shirts
und
Lieblingsfarbe: Rot
STIER
ZWILLINGE
(21. April- 20. Mai)
(21. Mai - 21. Juni)
REBS (22. Juni - 22. Juli )
Die Stierfrau ist vor allem eines: stur.
Zwillinge brauchen stetige Bewegung und
“Harte Schale, weicher Kern”- nur eine
Auch in diesem Herbst, wenn es um
Abwechslung wie die Luft zum Atmen. Der
Floskel, aber eine These, die dem Stern-
ihr
absolutes
„Zwilling” des Zwilling-Wesens ist seine
zeichen Krebs am häufigsten nachgesagt
geht:
Lederhandschuhe!
undurchschaubare
Asym-
wird. Krebsfrauen tragen ihr fröhliches
verlässt sie nie das Haus, selbst an
metrie ihres Charakters entspricht auch
Wesen vor allem durch ihre Kleidung
goldenen Herbsttagen, an denen Frau
dem Lieblingstrend der Zwillingsfrauen
nach außen, das gelingt mit ihrem Lieb-
auch ohne die schicken Handwärmer
im Herbst 2011: Sie sind süchtig nach al-
lingstrend im Herbst garantiert: Sie hüllen
auskommen könnte.
lem, was schief, schräg und eben nicht
sich in großflächige und abstrakte Prints.
Lieblingsfarbe: Cognac
symmetrisch ist. Lieblingsfarbe: Violett
Lieblingsfarbe: Petrol
LÖWE
Jungfrau
WAAGE
(23. Juli -23. August)
(24. August -23. September)
(24. September -23. Oktober)
Bühne und Rampenlicht ziehen die
Die Jungfrau bleibt einem Trend verhaftet,
Eine der typischsten Eigenschaften der
Löwefrau
Lieblingsaccessoire
magisch
Ohne
an.
Seite.
Diese
steht
der uns schon Frühling und Sommer ver-
Waage ist ihr ausgeprägter Sinn für alles
gerne im Mittelpunkt und weiß um ihre
süßt hat. Ihr Kleiderschrank ist überfüllt
Schöne und Kunstvolle im Leben. Kunst-
enorme Ausstrahlung und Anziehungs-
mit Overalls und Jumpsuits! Mit besonders
voll im Herbst 2011? Alles, was besonders
kraft. Im Herbst trägt sie vor allem
großem Transparent-Anteil, wallende Mo-
warm hält! Das absolute Lieblingsteil der
luftige
Vintagestil
delle aus Chiffon oder auch etwas wärmer
Waagefrauen ist ein knielanger Cardigan
- und legt damit einen grandiosen
für die kalte Saison aus Samt- Jungfrauen
aus Cashmere. Der hält die harmoniebe-
Auftritt hin. Darauf legt sie Wert, genau
lieben alles, was klar und symmetrisch ist.
dürftige Waagefrau warm und zufrieden.
so wie auf Statussymbole und Ansehen.
Lieblingsfarbe: Camel
Lieblingsfarbe: Brombeer
SKORPION
SCHÜTZE
STEINBÖCKE
(24. Oktober -22. November)
(23. November - 21. Dezember)
(22. Dezember - 20. Januar)
Skorpione gelten als Idealisten, die
Lebendigkeit
unabkömmlicher
Steinbockfrauen legen meist eine stei-
ihren eigenen Weg gehen und keine Angst
Optimismus in allen Lebenslagen. Eigen-
le Karriere hin - wie bei ihren tierischen
vor Herausforderungen haben. Schon
schaften, die die Schützefrau zu einem in-
Artgenossen
gar nicht vor der anstehenden kalten
tellektuellen
überlegt und furchtlos. Nichts kann den
Jahreszeit,
Skorpionfrau
machen. Sie setzt in dieser Herbstsaison
Steinbock
Sie
in
auf einen Trend, der schon im Sommer eine
Favorit in diesem Herbst ist ein langer
diesem Herbst verliebt in Capes und
wahre Farbexplosion hervorgerufen hat:
Parka-Mantel. Mal mit Fellkragen, mal ganz
Ponchos. Ob
oder
Colour Blocking! Die Kombination meh-
schlicht. Dezent und besonders edel. Ei-
auch zusätzlich zum Mantel - so ist auch
rerer Knallfarben lässt die Schützefrau
genschaften, die dem stets gefassten und
der
auch
strikten Wesen des Steinbocks entsprechen.
Satinkleider
Sie
die
K
im
Lieblingsfarbe: Koralle
ist
denn
bestens
Herbst
die
gerüstet! als keine
Lieblingsfarbe: Grün
ist
Strickversion
Herausforderung!
im
und
und
Herbst
Lieblingsfarbe: Gelb
impulsiven
optimistisch
Charakter
strahlen.
ist
jeder
aufhalten.
ihrer Ihr
Sprünge absoluter
Lieblingsfarbe: Schwarz
SchluSS gemacht 125 -
Vergiss mein nicht. Wenn etwas zu Ende geht, sei es eine Beziehung oder eine Ära bleiben uns die ERINNERUNG. Wir haben uns mit besonderen Erbstücken fotografieren lassen, jeder mit einer speziellen GESCHICHTE. Produktion: Annekatrin Scheuer, Isabell Hummel und Sophia Mautner Markhof· Fotos: Max Rempe
1. Ragnhild Furuseth: „Meine Urgroßmutter hat für die Uhr meines Urgroßvaters eine Schnur aus ihren Haaren geflochten. Damals Brauch in Norwegen.“ 2. Stephanie Rischer: „Die Tasche erinnert mich an meine Mutter, deswegen trage ich sie sehr gerne.“ 3.Theresa Schleicher: „Den Ring meiner Urgroßmutter besitze ich immer noch. Ich habe ihm zum Juwelier gebracht und nch meinen Vorstellung umgestaltet. “ 4. Stefanie Dahlem: „Diese Tasche möchte ich später meiner Tochter vererben.“ 5. Alexandra Dobre: „Die Schuhe sind aus den 30er Jahren, von meiner Uroma. Zufällig hat sie genau die gleiche Schuhgröße wie ich, Größe 36. Niemand in meiner Familie hat so kleine Füße, und da ich ihre Lieblingsurenkelin war, gab sie sie mir.“ 6. Vanessa Kern: „Meine Pelzjacke habe ich von meiner Oma geerbt, normalerweiße trage ich ja kein echtes Fell, habe mich aber trotzdem entschlossen sie als Erinnerung zu behalten.“ 7. Julia Weinacker: „Ich habe die Schatulle von meiner Mum bekommen bevor ich als Au-pair in 126 SCHLUSS GEMACHT -
die USA gegangen bin. Ich war 20 Jahre alt, genauso alt wie sie, als sie sie an der Rozengracht in Amsterdam gekauft hat.“ 8. Susanne Baur: „Zum 18. Geburtstag habe ich diese Uhr von meinem Vater bekommen. Er trug sie jahrelang, genauso wie meine Mutter.“ 9. Olivia Toldo: „Den Gürtel hat mein Vater schon vor 45 Jahren getragen.“ 10. Isabel Finzel:„Diesen Ring hat meine Oma von meinem Opa bekommen. Meine Mutter hat ihn jetzt mir geschenkt.“ 11. Elisabeth Schuhmann: „Diese Tasche hat meine Oma vor 40 Jahren in Florenz gekauft. Zeitlos!“ 12. Sophia Mautner Markhof: „Mit diesen Schuhen von meiner Mutter habe ich in der Volksschule gespielt. Der Grund für meinen Schuhfetisch!“ 13. Kathrin Hollmer: „Mein Ururgroßvater hat diese Uhr vor über hundert Jahren gekauft. Sie funktioniert immer noch!“ 14. Natalie Eichhammer: „Als Kind habe ich diese Armreife in der Schmuckschatulle meiner Uroma entdeckt und sie hat sie mir geschenkt.“ 15. Stefanie Kling: „Die Tasche ist
von der Oma meines Exfreundes. Ich mag sie trotzdem, auch wenn wir nicht mehr zusammen sind.“ 16. Silvia Ihring: „Diesen Ring hat mein Onkel meiner Oma aus Amerika mitgebracht. Ich habe ihn in ihrem Schmuckkästchen entdeckt und durfte ihn haben. Mein erster besonderer Ring.“ 17. Isabell Hummel: „Der Ring ist von meiner Mutter, sie hat ihn mit 21 auf einem Antikmarkt in Florenz gekauft, das war ih erstes „echtes“ Schmuckstück.“ 18. Marcela Brand-Wehle: „Ich habe vor sieben Jahren ganz plötzlich meinen Vater verloren! Diese Rolex war immer sein Ein und Alles... als er gestorben ist, war dies das einzige Stück, das ich haben wollte. Ich trage sie fast täglich.“ 19. Annekatrin Scheuer: „Auf den Medaillons dieser Kette stehen die Namen meiner Familie. So trage ich sie alle immer ganz nah bei mir.“ 20. Nathalie Zenker: „Mit dieser Tasche hat meine Oma 1945 auf dem Standesamt geheiratet.“ 21. Alice Petros: „Die Kette ist von meiner Oma, die leider letztes Jahr verstorben ist, deswegen ist mir die Kette so wichtig.“
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Lehrredaktion MM10
SChLuSSredaktion
Susanne Baur Marcela Brandt-Wehle Stephanie Dahlem Alexandra Dobre Natalie Eichhammer Isabel Finzel Ragnhild Furuseth Kathrin Hollmer Isabell Hummel Silvia Ihring Vanessa Kern Stefanie Kling Sophia Mautner Markhof Alice Petros Stephanie Rischer Annekatrin Scheuer Theresa Schleicher Elisabeth Schuhmann Olivia Toldo Julia Weinacker Nathalie Zenker
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123 1987 by Carlos Santos über Sallinger PR
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Axel Hacke
Im Kleiderschrank mit...
as tragen Sie heute? Jeans von Armani, Hemd von Strenesse, Sakko und Schuhe von Zegna, Strümpfe von, ähm…. (schaut nach) Falke. Wie lange brauchen Sie morgens, um sich ein Outfit herauszusuchen? Eine Minute. Na gut, zwei. Wenn es länger dauert, werde ich nervös. Aus Ihren Büchern kennen wir Ihren Kühlschrank Bosch. Haben Sie auch so eine Beziehung zu Ihrem Kleiderschrank? Mein Kleiderschrank redet nicht mit mir. Und ich rede auch nicht mit ihm. Wie würden Sie ihn beschreiben? Ein nicht übermäßig großer, gut aufgeräumter Schrank eines ordentlichen, aber nicht zu ordentlichen Mannes, der vielleicht etwas zu lange Sachen aufhebt, die er schon lange nicht mehr trägt. Wie schätzen Sie Ihren Modestil ein? Gar nicht. Ich schätze meinen Modestil nicht ein. Ich versuche einfach, wie ein erwachsener Mann angezogen zu sein. Ist Mode also nicht wichtig für Sie? Ungefähr so wichtig wie das Wetter. Ich kann mich ihm nicht entziehen, versuche aber, nicht zu sehr abhängig davon zu sein. Wie kommt es, dass Sie trotzdem alle Labels kennen, die Sie tragen? Armani-Jeans sitzen bei mir immer gut und haben gute Farben, also habe ich einige von denen. Und Zegna hat immer fantastische Stoffe, leider oft ein bisschen zu teuer für mich. Welche Lieblingsstücke haben Sie noch? Zum Beispiel ein hellgraues Sommersakko, das ich mal bei „Slips“ am Gärtnerplatz in München gekauft habe. Meine Frau hat es mir aufgeschwatzt, ich mochte es zuerst gar nicht. Heute hänge ich sehr daran. Und eine sehr entspannte olivgrüne Jacke von „Capalbio“, die ich in Prien am Chiemsee gefunden habe. Die fällt mir schon fast vom Leib, 130 SchluSS gemacht -
Seinen Kolumnen gehört seit Jahren die letzte Seite im SZ Magazin. in issue 3 von mo:de haben wir ihm denselben PlatZ reserviert – aber nicht als Kolumnist, sondern als interviewter. ein Gespräch über Trends, Lieblingsstücke und ModeSünden. Interview: Kathrin Hollmer
so alt ist sie, aber immer noch schön. Wo kaufen Sie am liebsten ein? Ich habe drei, vier Läden, in die ich immer wieder gehe – und Loden-Frey. Wie viel geben Sie dafür aus? Ehrlich, das habe ich noch nie ausgerechnet. Eher zu viel, finde ich. Ihr Kleidungsstil ist recht minimalistisch. Tragen Sie auch mal Krawatte? Nur bei Beerdigungen. Und wenn der
In seiner Kolumne „Das Beste aus der Welt“ im SZ Magazin schreibt Axel Hacke pointiert über den eigentlich so langweiligen Alltag. Außerdem schreibt er Bücher. Seine erfolgreichsten sind „Nächte mit Bosch“ (1991) und „Der weiße Neger Wumbaba“.
Dresscode es vorsieht. Aber ich bin selten bei Veranstaltungen mit Dresscode. Was halten Sie von Dresscodes? Finde ich gut. Erleichtert Vieles. Lesen Sie Modezeitschriften? Ich blättere sie durch, wenn meine Frau welche gekauft hat. Wäre Modekritiker auch eine Option für Sie gewesen? Nein. (Lacht.) Aber Sie sind ein aufmerksamer Beobachter von Sprache und Alltagssituationen. Fallen Ihnen auch Modetrends auf? Natürlich fallen sie mir auf, ich bin ja nicht blind und habe eine Frau. Ist Mode also Frauensache? Na ja, nicht nur, aber sehr viel mehr als Männersache. Jedenfalls bei uns. Interessiert es Sie, was Ihre Frau trägt?
Ja, mich interessiert fast alles, was meine Frau macht. Welche aktuellen Trends können Sie gar nicht verstehen? Dass zur Zeit viel zu kleine Sakkos in Mode sind, die, wenn man sie zu schließen versucht, aussehen, als hätte man eine Kinderjacke an. Wieso haben eigentlich so viele Modemacher gleichzeitig dieselbe idiotische Idee? Diese Frage könnten Sie doch in Ihrer nächsten Kolumne klären. Kam Mode schon einmal vor? Mode eher selten, aber es gibt zum Beispiel eine Geschichte über das Einkaufen von Kleidung, „Blau macht mich so blass“ heißt die. Ein Paar geht zusammen einkaufen, weil sie nichts mehr anzuziehen hat. Am Ende hat sie auch wieder nichts gefunden, wirkt aber sehr erfrischt von dem kleinen Bummel. Und er, der eigentlich nichts braucht, hat von ihr einen Pullover aufgeredet bekommen. Was war Ihre größte Modesünde? Dass ich mit Mitte 20 Fliegen getragen habe. Und immerzu Cordhosen - „Wellblechhosen“ hat mein damaliger Bürogenosse Kurt Kister dazu gesagt. Sie kommen aus Braunschweig, wohnen aber schon seit 35 Jahren in München. Fühlen Sie sich so bayerisch, dass Sie auch Lederhose tragen? Eine Lederhose habe ich, aber nicht für München, sondern für meinen zweiten Wohnsitz im Chiemgau, einem Bauernhof. Ich bin in den 60er Jahren in Braunschweig mehr oder weniger in Lederhosen aufgewachsen, die trugen die meisten Jungens. Es war einfach das Kleidungsstück, das am wenigsten kaputt ging. So was schätzten unsere Eltern. Und wir auch. Heute sind Sie selbst Vater. Mischen Sie sich in den Kleidungsstil Ihrer Kinder ein? Wenn es zu schlampig wird, fange ich an zu diskutieren.