an.schläge02/2003
an.schläge DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN februar
interview
DurchBlick Käthe Kratz über ihren neuen Film, der nicht nur die österreichischen Medien aufwühlt thema
BlickFang Die weibliche Brust und ihr kurviger Weg zwischen Säugefunktion und Sexsymbol
e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,–
an.schläge an.spruch
Erinnerungskisten Die Schuhschachteln voller Erinnerungen vom Dachboden
05
gleich.behandlung
Kein gleicher Land… Auch Linz hat nun eine Gleichbehandlungsanwältin krieg.geschlecht
auf.takt
Rekonstruktionen Ein Symposium über Krieg und Geschlechterrollen
10
international.rumänien
Warteraum für die Verlassenen
forum
thema
politik
Mangelnde Familienplanung, die Zahl der ungewollten Kinder steigt
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an.sage
Mutter mit 60? Stellungnahmen zur Debatte um späte Mutterschaft
24
frau.brust
Mit stolzer Brust Bedeutungen und Konnotationen im Zeitraffer
16
forum.wissenschaft
Bovarys Nachfolgerinnen Die „gefährliche Liebschaft“ zwischen Frauen und Literatur
22
arbeit
interview
Found in Space Martina Mayrhofer über neue Kommunikationstechnologien
28
rosa.lila.villa
Weil draufsteht, was drin ist! Ein einzigartiger Treffpunkt für Lesben und Schwule wurde zwanzig
32
interview
Durch Blicke Die Filmregisseurin Käthe Kratz abseits des platten Medienrummels
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kabarett
Ned Bläd Die bayrische Kabarettistin Lisa Fitz gastierte in Österreich
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an.klang
Über den Wipfeln ist Ruh’… Musik für den ruhigen Puls
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lese.zeichen
Interessenshierarchien Birgit Rommelspacher zur multikulturellen Gesellschaft
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ge.sehen
kultur
Alles neu macht der … Februar! Wie bereits angekündigt tut sich in den an.schlägen einiges im Jahr 2003, vor allem im Reich der sogenannten Glossen. Das heim.spiel ging von Angela Heissenberger nahtlos über zu Eva Steinheimer, der wir an dieser Stelle nochmals herzlichst zum gesunden Lennart gratulieren wollen! Alle Rätselfreundinnen dürfen wir ein letztes Mal auf die Folter spannen: Die Gewinnerin des allerletzten ge.fragt ist Michaela Schwaiger aus Wien. Die USamerikanische Pionierin im Dezember/Jänner war Victoria Woodhull, eine spannende Frau, über die Antje Schrupp im letzten Jahr auch gleich ein ganzes Buch veröffentlicht hat: „Victoria Woodhull“, Helmer Verlag. Das ist eine Empfehlung! Statt dem Rätsel wird die Seite 42 von nun an aktuellen Produktionen aus dem Kulturbereich gewidmet: Film, Fernsehen, Theater, Tanz, Gesang – all das und mehr hat hier Platz, um kritisch ge.sehen zu werden. Den Anfang macht in dieser Ausgabe Alexandra Rainer, die sich die Frage gestellt hat: Sind die Bondgirls emanzipierter geworden? Und noch eine neue Glosse haben wir für euch: Ursula Raberger wird sich in Zukunft kein Blatt vor den Mund nehmen und uns mit Szenenews aus dem lesben.nest versorgen. Vorerst aufgewacht sind Lisa und Charlotte aus dem traum. projekt – zumindest in dieser an.schläge-Welt. Es gibt also vieles zu entdecken im neuen Jahr. In dieser Ausgabe unter anderem auch ein Interview mit der covertauglichen Filmregisseurin Käthe Kratz. Gar nichts neues gibt es leider/hoffentlich (???) von den Koalitionsverhandlungen zu berichten. Deshalb haben wir uns für Februar auch gegen einen weiteren Artikel voll mit Mutmaßungen entschieden und wollen statt dessen erst im März schauen, was wirklich Sache ist. Zu guter Letzt: Praktikantin im Jänner und Februar ist Heidi Kolm, so ganz nebenbei auch noch fleißige Diplomandin. In diesem Sinne: Erfolgreiche Wochen euch allen!
08
Emanzipierte Bondgirls? Sind die Frauen an der Seite des Parademachos stärker geworden?
42
an.an.schläge
an.schläge
Betrifft: Abschied von Angela und heim.spiel
amüsiert
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik A-1030 Wien, Hetzgasse 42/1, T. 01/920 16 76 Fax: 01/ 715 98 88, e-mail: redaktion@anschlaege .at http://www.anschlaege.at
Redaktionskollektiv: Karin Eckert/keck (Koordination, Buchhaltung),Verena Fabris/vab (web), Gabi Horak/GaH (Koordination, Abos), Kerstin Kellermann/kek, Helga Pankratz/ pan
Inserate, PR: e-mail: inserate@anschlaege.at Ständige Mitarbeiterinnen: Doris Brenner/DoB, Anni Bürkl/abü, Petra Öllinger/PÖ, Claudia Saller/cs (Termine), Eva Steinheimer/ESt
Mitarbeiterinnen dieser Nummer: Leah Carola Czollek, Heidi Kolm (heko), Daniela Fohn (DF), Lisa Rosenblatt, Barbara Deißenberger, Yo Taubert, Angela Schwarz
an.sage: Katharina Ohner & Renée Schroeder neu.land: Jasmina Jankovic’ lesben.nest: Ursula Raberger heim.spiel: Eva Steinheimer wyber.space: Gabi Horak ge.sehen: Alexandra Rainer an.klang: Regina Himmelbauer plus.minus: Helga Pankratz Cartoon: Borges Ledolter Unsere Werbung, Cover: Magdalena Blaszczuk Fotos: an.schläge-Archiv, Pez Heyduk, Magdalena Blaszczuk, Michaela Bruckmüller, Obiora C-Ik Ofoedu, UNICEF,
Liebe Angela Heissenberger! Bevor du die Redaktion der an.schläge verlässt, möchte ich dir noch gerne mitteilen, wie sehr ich deine Beiträge in dieser Zeitschrift genossen habe! Gerade auch das viel kritisierte heim.spiel hat mich immer wieder speziell angesprochen und amüsiert – nicht zuletzt in Hochachtung vor deiner Offenheit bezüglich des ganz alltäglichen „Scheiterns“ (oder zumindest „Stolperns“) über Grenzen, Vorsätze und tief verinnerlichte Ideologien im Zusammenleben mit Kindern, ungeachtet aller Grundsätze, dass Feministinnen als Mütter eigentlich über den Dingen stehen sollten (paradox!)…! Mit freundlichen Grüßen und einem Dankeschön für die vergnüglichen Lesestunden über lange Jahre.
formationsweitergabe von Veranstaltungshinweisen, Symposien, Wettbewerben im feministischen Bereich. Infos darüber sind selten und deshalb umso kostbarer. Seid auch weiterhin großzügig damit. Viel Frauenkraft wünscht euch mit lieben Grüßen, Susi Linzer
Betrifft: Schnupperabo
vielfältig Liebe Frauen, Habe eben die Ausgabe 12/02 der an.schläge erhalten – bin weg, wie vielfältig und noch besser sie geworden ist. Leider kann ich mir kein Jahresabo leisten. Doch werde ich bestimmt auch in Zukunft zeitweise eine Ausgabe erstehen. Das Beste für 2003! Rosa Maurer
Katharina Müllner
Betrifft:„sacer mens“ in an.schläge 9/02 Betrifft: Themen und Veranstaltungshinweise
Eva Eckert, HBF/Kalmbacher, Tina Madotti, Irmgard Neubauer, Nick Mangafas, Susie Knoll
an.schläge Schrift: Martha Stutteregger Grafisches Konzept: Beate Schachinger für Layout: Andrea Gadler Druck: Reha Druck, Graz © an.schläge: Titel, Vorspänne und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten.
Offenlegung nach §25 Mediengesetz: Die „an.schläge. das feministische magazin“ werden von „CheckArt. Verein für feministische Medien und Politik“ herausgegeben. Sie verstehen sich als eine feministische Medienstimme gegen den patriarchalen Zeitgeist und als Teil der Lesben- und Frauenbewegung. Die an.schläge sind Mitglied der VAZ – Vereinigung alternativer Zeitschriften und des feministischen Medienverbands.
04 an.schlägefebruar 2003
unterschätzt Liebe an.schläge! Seit Monaten freue ich mich, dass es euch nach dieser prekären Subventionskürzung im letzten Jahr noch gibt. Und wie! Das Weihnachtsheft soll jetzt der Anlass sein, euch zu gratulieren für a) das eiserne Durchhaltevermögen und b) die Palette an Themen (Matriarchat, Frauen/Kultur), die in dieser Form hierzulande sonst leider nirgendwo ein Forum haben. Jedes Heft ist eine Bereicherung, geistige Nahrung, spannende Lektüre. Für eine vielleicht fälschlicherweise oft unterschätzte Besonderheit halte ich die In-
richtig gut Liebe an.schläge-Frauen, Hatte in den letzten Tagen Zeit, alle „alten“ Ausgaben fertig zu lesen und fand das richtig gut. Besonders gefallen hat mir der Artikel zur Menstruation. Ich bin froh, dass es euch gibt und wünsche euch viel Erfolg, v.a. viele Leserinnen im Jahr 2003. Edith Lehner-Päßler (D)
an.schläge werden gefördert von: FRAUEN BURO MAGISTRAT DER STADT WIEN
an.spruch
Verena Fabris
Erinnerungskisten Erinnerungen sind gebunden an einen Ort der Erinnerung. Ein Haus am See, eine Narbe an der Hand, ein Pfad durchs Moor, ein rosaroter Brief, der Geruch von Klebstoff, eine Verbindung zweier Synapsen. Manche Menschen haben Schubladen in ihren Schreibtischen, in denen sie ihre Erinnerungen bewahren. Andere haben Schränke am Dachboden. Manche ordnen ihre Erinnerungen systematisch nach Jahr und Anlass: Frauendemos 70er Jahre, Beziehung mit M. 1984-89, Philosophiestudium 1989-93. Andere verstauen ihre Erinnerungen wahllos in Umzugskartons, die sie gegebenenfalls nach Jahren ungeöffnet dem Müll überantworten. Meine Erinnerungen hebe ich vor allem in Schuhschachteln auf. Nicht beschriftet, nicht systematisch geordnet, aber auch nicht beliebig abgelegt. Die Briefe aus der Zeit, als ich in Paris lebte, befinden sich beispielsweise größtenteils in einer roten Schachtel sündhaft teurer Schuhe mit der tatsächlich zufälligen Aufschrift: „Pulverisierte Revolution“. Am 1. Jänner dieses Jahres habe ich mich daran gemacht, Schreibtischladen auszuräumen, Schuhschachteln aufzumachen, vergilbte Erinnerungen der Vergangenheit zu überlassen, verstaubte Erinnerungen aufzufrischen. Manches macht mich lächeln, manches macht mich traurig, manches glücklich und manches frustriert. Was mich dabei heuer besonders frustrierte, waren die Wiederholungen. In einem Brief einer Freundin vom Jänner 1991 finde ich die Zeilen: „An einem Tag, wo wir mit Ohnmacht dem Krieg entgegen gehen, haben wir nur eine Wahl: Uns an der Liebe festzuklammern und zu hoffen, daß die Liebe doch noch siegen wird.“ – Damals waren wir 19. Der Krieg war der Krieg der USA und Europas gegen den Irak und die sogenannte arabische Welt. Im Jänner 2003 höre ich in der Früh im Radio einen Präsidenten, der nicht der selbe ist und doch genau so
heißt wie der damalige, sagen: „Der Sieg ist uns sicher, denn wir haben das beste Militär der Welt.“ Der Krieg, in dem der Präsident siegen will, ist der Krieg der USA gegen den Irak. In einem Brief einer anderen Freundin vom November 1990 lese ich: „Es ist schon ernüchternd, daß sich im Großen und Ganzen trotz Frauenbewegung nichts geändert hat. Sogenannte emanzipierte Partnerschaften sind immer noch die großen Ausnahmen. Ich erlebe das jedes Mal, wenn wir in die Steiermark fahren (und nicht nur dort).“ Bei einem Workshop in der Frauenhetz im November 2002 widerspricht eine junge Frau aus Tirol vehement der These, dass das Patriarchat zu Ende sei (Libreria delle Donne di Milano). Sie erzählt von der Unterdrückung von Frauen in ihrem Heimatdorf und der Gewalt, die Frauen dort tagtäglich angetan wird. Und auch in meinem Leben gibt es Wiederholungen, die mich frustrieren. Immer der selbe Anfang, die Sehnsucht, das Glück. Immer der selbe Abschied, die Trauer, der Schmerz. 1992 notierte ich in mein Tagbuch: „Adieu, sagte die alte Dame. – Auf Wiedersehen in einem anderen Leben, sagte das kleine Mädchen, das seine Hoffnungen immer noch nicht loslassen wollte.“ Im Jahr 2002 liest sich das so: „Als ich an jenem Morgen neben dir aus meinem Traum erwachte, da dachte ich doch tatsächlich für einen Augenblick, du könntest Wirklichkeit sein.“ „In Österreich haben sie alle Bälle abgesagt, auch den Opernball“, schrieb mir meine Großmutter im Februar 1991 nach Paris. Im Februar 2003 werde ich auf den Regenbogenball gehen. Vielleicht wird es keinen Krieg der USA gegen den Irak geben. Vielleicht wird die junge Frau aus Tirol ein selbstbestimmtes, selbstbewusstes Leben führen. Vielleicht wird die große Königin mit den bernsteinfarbenen Augen irgendwann die blauäugige Königin mit den großen Träumen küssen. ❚ februar 2003an.schläge 05
österreichan.riss preisverleihung
Hans-Czermak-Preis 2002
abschied
Wider brauner Unmenschlichkeit Am 30. Dezember 2002 ist Ella Lingens im fünfundneunzigsten Lebensjahr verstorben. 1908 in Wien geboren, hatte sie Medizin studiert. Gemeinsam mit ihrem Mann Kurt Lingens musste sie nach dem Anschluss an Nazideutschland die Entscheidung treffen: Österreich verlassen oder hier bleiben. Die Wahl fiel auf letzteres. Mutig, obwohl um die Konsequenzen wissend, welche Folgen ein Verrat haben würde, hatte das Ehepaar Lingens jüdischen Mitmenschen geholfen. Und die Folgen traten ein: 1942 Denunziation, vier Monate lang Verhöre im Gestapo-Hauptquartier am Morzinplatz, 1943 Transport ins Lager Auschwitz. Und trotzdem: Ella Lingens blieb mutig, versuchte auch hier als Ärztin in Ausbildung zu helfen und zu retten. Durch ihren Einsatz bewahrte sie „Häftlinge“ vor der Selektion – dem sicheren Tod. Im Dezember 1944 wurde Ella Lingens nach Dachau überstellt. Nach der Befreiung 1945 arbeitete sie im öffentlichen Gesundheitswesen Österreichs, wo sie das Tuberkulosereferat im Sozialministerium leitete. 1973 trat sie in den Ruhestand. Yad Vashem in Jerusalem zeichnete 1980 das Ehepaar Lingens mit der Ehrenmedaille „Gerechte der Völker“ aus. Am 9. Jänner wurde die Ehrenpräsidentin der Lagergemeinschaft Auschwitz auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt – Abschied von einer Frau die Übermenschliches in einer unmenschlichen Zeit leistete. PÖ
„Ist eine Klon-Schwangerschaft
plus.minus
„Wer sich Kindern widmet, wer sie liebt, der kommt um die Frage der Gewalt innerhalb der Familie nicht herum“, schrieb der 1989 verstorbene Kinderarzt Hans Czermak in seinem Vermächtnis an die Eltern. Gemeinsam mit der Generali Versicherungs-AG vergab der Verband Wiener Volksbildung am 3. Dezember 2002 zum siebten Mal den nach ihm benannten Preis. Der Generali-Sonderpreis ging an Rosa Logar, Obfrau der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser. Die diplomierte Sozialarbeiterin ist bereits Trägerin der Julius-Tandler-Medaille der Stadt Wien und engagiert sich seit über zwanzig Jahren gegen Gewalt in der Familie. Sie ist Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle und war Mitbegründerin des ersten österreichischen Frauenhauses. DF
schwangerschaftsabbruch
Na immerhin... Mit einer Verordnung der Wiener Landesregierung wurde der Kostenbeitrag für einen Schwangerschaftsabbruch in den öffentlichen Krankenhäusern der Gemeinde Wien mit nunmehr 274,91 Euro als tagesklinische Leistung festgelegt (statt 681 bis 936 Euro). Vor allem angesichts der sinkenden Zahlen an Spitälern, die Abtreibungen vornehmen, ist dies zumindest ein positives Signal. Noch ausständig ist die Umsetzung der Forderung, über einen Sozialfond die Kosten für einen Abbruch für Sozialschwache und Migrantinnen zu übernehmen bzw. überhaupt eine Abtreibung auf Krankenschein zu ermöglichen. Ebenfalls über eine Verordnung könnte die Landesregierung übrigens ein Wegweiserecht für Pro-Life-MoralistInnen (77% Männer!) erlassen. Also worauf wartet Wien noch? keck
plus.minus Reaktionen und Anregungen an die Redaktion per Brief oder e-mail, mit dem Betreff:„plus.minus“
verwerflicher als … der Schwanger-
frauen-versicherung
frauen-verunsicherung
schaftsabbruch?“
Wiener Städtische
Starmania
„woman plus“ heißt das neueste Versicherungspaket speziell für Frauen. Der Fernsehspot dazu wollte „trendig“ sein und war ziemlich sexistisch: Ein Model in Unterwäsche und dazu die Aussage: „Damit nicht nur etwas im Körbchen ist, sondern auch im Strumpf bleibt“. Das auf „seriös“ machende ganzseitige Zeitungsinserat wiederum präsentiert die wirtschaftliche Benachteiligung der Frau ganz unhinterfragt als unvermeidlich, und fordert anstatt zur Revolte dagegen zur Unterzeichnung eines Versicherungsvertrages auf, der es Frauen erleichtern soll, mit dem Unrecht zu leben. (-)
Die geschlechts-unsensible Moderation von Arabella Kiesbauer ist der erste augenfällige Minuspunkt an der jüngsten ORF-Mischung aus Show-Chance und Container-Show namens „Starmania“. Cool nennt sie jede Frau, deren Auftritt sie ankündigt: „mein nächster Kandidat“. Voyeuristisch abgefilmt beraten am Ende jeder Folge die bestplatzierten KandidatInnen über Rauswurf oder „Friendshipticket“ für zwei weniger glückliche KollegInnen. Das gerät regelmäßig zu einer eindrucksvollen Demonstration der Macht männlicher Seilschaften und weiblicher Ohnmacht, sich dagegen zu wehren. (-)
…fragte Christian Rainer im „profil“ (8. 1. 03). Selbstbestimmungsrecht der weiblichen Weltbevölkerung und gentechnische Menschenversuche zu gleichen Teilen in ein Reagenzglas füllen, gut durchschütteln – und fertig ist die neoliberale Ethiksoße.
06 an.schlägefebruar 2003
an.rissösterreich kassenärztinnen
Erfolg!? Aufgrund der massiven Protestaktionen von Grazer Frauenorganisationen gegen die derzeitige Beschäftigungspolitik für KassenärztInnen, vor allem auf dem Gebiet der Gynäkologie (siehe plus-minus in an.schläge 12– 1/02–03), hat die Steirische Gebietskrankenkasse eingelenkt. Der Obmann der GKK, Dr. Spindelberger, gab bereits Ende November in einem Interview bekannt, dass man(n) sich bei der zur Zeit ausgeschriebenen Kassenstelle (sechs weibliche Bewerbungen), für eine Frauenärztin entscheiden werde. Somit sollten in Zukunft ganze drei (!) der insgesamt 21 gynäkologischen Kassenstellen in Graz von Frauen besetzt sein… Allein die Ärztekammer will diesen „hervorragenden“ Gleichbehandlungsgrundsätzen noch nicht so ganz ihre allergnädigste, patriarchale Zustimmung gewähren und beharrt auf ihrem Reihungsvorschlag, die ersten acht Stellen männlich zu besetzen. Mit einem Schiedsgericht – bestehend aus einem Vertreter der Gebietskrankenkasse, einem der ArbeiterInnenkammer sowie einer/m unabhängigen RichterIn – soll nun der Fall geklärt werden. Na da sind wir mal gespannt! DF
fachtagung
Gewalt gegen Frauen Jeder fünften Frau in der EU wird mindestens einmal in ihrem Leben von einem nahen männlichen Angehörigen Gewalt angetan. Im Dezember 2002 fand in Wien eine internationale Tagung zum Thema „30 Jahre Frauenhausbewegung in Europa“ statt. 1972 wurde in London das erste Frauenhaus eröffnet, in Österreich öffnete das erste Frauenhaus 1978 in Wien. Auch in allen anderen mitteleuropäischen Städten wurden in den 70er und 80er Jahren Frauenhäuser gegründet. In den ehemaligen Ostblockländern begannen Frauen in den 90er Jahren familiäre Gewalt zu thematisieren. Bei der Fachtagung in Wien berichtete u.a. Neva Tölle vom Frauenhaus Zagreb, das es seit 1990 gibt, von ihrer Arbeit. Nach einer Empfehlung des Europäischen Parlaments, Ausschuss für die Rechte der Frau, sollte ein Wohnplatz in einem Frauenhaus pro 10.000 EinwohnerInnen eingerichtet werden. In Österreich ist das bisher nur in Wien erreicht. In seinem „10 Punkte Programm gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ stellt der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser fest:„Gewalt gegen Frauen hat ihre Wurzeln in der Machtungleichhheit zwischen Männern und Frauen“. Gefordert wird eine „Sicherheitsmilliarde für wirkungsvolle Maßnahmen zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und Kindern auf allen Ebenen“. vab Informationsstelle gegen Gewalt, T. 01/54 40 820, e-mail: informationsstelle@aoef.at, http://www.aoef.at, Frauenhelpline T. 0800/222 555
neues magazin
Fibrig… ...geht’s von nun an zu. Statt Nylon als Kunststoff für Feminismus und Popkultur gibt’s nun den Werkstoff Fiber. Im Dezember erschien die erste Nummer zum Thema „Frauen, Fiber und Feminismus“; pro Jahr werden künftig drei Nummern herauskommen – zu beziehen über Abo oder in ausgewählten Buchhandlungen. Film-, Bücher- und Musikrezensionen erwarten frau ebenso wie Bildbeiträge von Künstlerinnen, Interviews, Diskussionen. keck http://www.fibrig.net/
februar 2003an.schläge 07
gleichbehandlunganwaltschaft
Kein gleicher Land… Fo t o : A r c h i v
Seit Jänner hat nun auch Linz eine eigene Regionalstelle der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Grund genug für die Zwischenbilanz einer erfolgreichen Idee. Von Karin Eckert und Gabi Horak Eine Frau bewirbt sich bei einer kleinen Firma um die ausgeschriebene Stelle. Ihre Bewerbung wird abgelehnt mit der Begründung, die Firma könne es sich nicht leisten, wegen einer einzigen Frau eigene Toiletten einzubauen. Sie hat den Eindruck, unter fadenscheinigen Ausreden abgewimmelt worden zu sein, deshalb führt sie ihr nächster Weg ins Büro der Gleichbehandlungsanwältin. Ein Frisuermeister belästigt weibliche Lehrlinge, macht sexuelle Anspielun08 an.schlägefebruar 2003
gen, begrapscht sie, ordnet an, dass sie nach Dienstschluss länger im Geschäft bleiben sollen, erteilt Schweigegebot über die Vorfälle. Dieser Fall ist mittlerweile gerichtsanhängig. Zwei Fälle von vielen, mit denen die Gleichbehandlungsanwältinnen täglich konfrontiert sind. Doch nicht alle Frauen bringen den Mut auf, nachdem sie sich beraten ließen und ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz festgestellt wurde, auch Beschwerde gegen die ArbeitgeberInnen einzureichen. Zu
groß ist manchmal die Angst vor der Kündigung. Nachfrage. Insgesamt 1.548 neue Beratungsfälle zählte die Gleichbehandlungsanwaltschaft im Jahr 2001. Ein Großteil der Beratungssuchenden, nämlich 75%, waren Frauen. Der jahrelange Durchschnitt bei den beratungssuchenden Männern liegt bei 15%, doch viele von ihnen rufen im Namen ihrer Ehefrauen oder Freundinnen an. Im Vergleich etwa zum Jahr 1998, als sich insgesamt 571
Fo t o : H B F/ Ka l m b a c h e r
anwaltschaftgleichbehandlung Das Team der Gleichbehandlungsanwältinnen in Österreich ist mittlerweile auf 17 Frauen angewachsen. Ingrid Nikolay-Leitner hält die Fäden zusammen. (sechste von links)
Personen an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wandten, zeigt sich ein sprunghafter Anstieg der Nachfrage. Der Jahresbericht 2001 hält auch fest, dass sich der Trend der letzten Jahre noch verstärkt hat, dass Frauen „es selbst in die Hand nehmen wollen, ihre Benachteiligung im Betrieb anzusprechen und für eine Verbesserung zu kämpfen“. Benachteiligungen etwa, denen Frauen bei Bewerbungsgesprächen ausgesetzt sind, seien nach wie vor schwerwiegend: Fragen nach Schwangerschaft und Familienplanung stehen an der Tagesordnung.
lungsanwaltschaft – mittlerweile gibt es Regionalanwältinnen in Graz, Klagenfurt, Innsbruck und seit Jänner dieses Jahres in Linz.„Seit Ende 2000 haben wir drei neue Regionalbüros eingerichtet“, berichtet Nikolay-Leitner,„Wir sind mittlerweile eine gute Expertinneninstitution, ein richtiges Netzwerk mit bundesweit 17 Mitarbeiterinnen.“
Gleichstellung. Die Bekanntheit des Gleichbehandlungsgesetzes oder der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist im EU-Vergleich in Österreich relativ hoch. Das Thema Gleichstellung wird auch in den Unternehmen verstärkt diskutiert. Die Anwaltschaft wird dabei immer öfter zur Beratung und Unterstützung herangezogen, sie bietet Informationsmaterial sowie Vorträge und Workshops an. Die meisten Schulungen finden im Linzer Neuzugang. Die Bestellung der neuen Kollegin in Linz,Wilma Gaderer, durch Rahmen von Gewerkschaftskursen oder in der ArbeiterInnenkammer statt. „UnSozialminister Herbert Haupt ist alles andere als unumstritten. SPÖ-Frauenvor- ternehmen, die dann auch echte Gleichstellungspläne machen gibt es zwar, sitzende Barbara Prammer kritisierte in aber noch nicht viele“, sagt Nikolay-Leiteiner Aussendung die „eilige und bisher Gleichbehandlung. Seit der Ratifizierung ner. Und Gleichbehandlung sei nicht undurchsichtige Bestellung“ der neuen der „UN-Konvention zur Beseitigung jeGleichbehandlungsanwältin. Die Bewer- das selbe wie Gleichstellung.1 „Eines under Form der Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) 1982 ist Österreich verpflichtet, bungsfrist sei viel zu kurz gewesen. Dieserer dringlichsten Anliegen ist es, dass ser Meinung ist auch das Linzer Frauenfür die Gleichbehandlung von Frauen das Gleichbehandlungsgesetz zu einem haus, das sich in einem offenen Brief dar- Gleichstellungsgesetz weiter entwickelt und Männern am Arbeitsplatz zu sorüber bestürzt zeigte, dass sich ein Abgen. Das bedeutet: Verbot jeglicher Diswird.“ kriminierung aufgrund des Geschlechts. druck der Ausschreibung erst am 7. NoWeitere Novellierungen des GBG Doch dieses Verbot ist oft nicht mehr als vember 2002 im Sportteil der Oberöster- scheinen notwendig – nicht zuletzt aufreichischen Nachrichten fand. Die Begraue Theorie. grund der sich verändernden ArbeitssiEs ist kein Zufall, dass die Nachfrage werbungsfrist war mit 18. November da- tuationen vieler Frauen. Das ist es auch, tiert. Anfang Jänner präsentierte der So- was Nikolay-Leitner schwer im Magen nach Beratungen und Interventionen zialminister bereits stolz die neue Regio- liegt, wenn sie an die Zukunft denkt: durch die Gleichbehandlungsanwältinnen jedes Jahr steigt. Bereits im Jahr 1979 nalanwältin für Linz.Wilma Gaderer ist „Was mir Sorgen macht ist, dass Frauen Juristin und hat sich in den letzten Jahwurde das Gleichbehandlungsgesetz immer mehr aus dem Gleichbehandren vor allem im Netzwerk der „business lungsgesetz herauszufallen drohen, (GBG) für die Privatwirtschaft erlassen, professional women“ engagiert. für deren Umsetzung seit 1991 die Anweil sie keine klassischen AngestelltenDie Gleichbehandlungsanwaltschaft verhältnisse haben. Viele JuristInnen wältin für Gleichbehandlungsfragen in arbeitet in Beratung und Forschung völWien, Ingrid Nikolay-Leitner, zuständig meinen, dass das Gleichbehandlungslig autonom und weisungsfrei. Bei der ist. Die Pädagogin und Juristin brachte gesetz selbstverständlich auch für diese Suche nach einer neuen Anwältin hinge- Frauen gilt, aber mir wäre es lieber, jahrelange Erfahrung im Büro von gen nimmt eine Kommission anhand Frauenstaatssekretärin Johanna Dohnal wenn das ausdrücklich im Gesetz festder Bewerbungen eine Reihung vor, die mit und erarbeitete gemeinsam mit eigehalten wäre.“ Die Frauen nehmen selletzte Entscheidung liegt beim Sozialner Stellvertreterin das Konzept für die tener Beratung in Anspruch, weil sie unminister. Gleichbehandlungsanwaltschaft. Erst sicher sind. Dabei sind gerade bei den „Ich sitze auch in dieser Bestellungs- atypischen Beschäftigungsverhältnis1993 hat der Nationalrat das Bundeskommission und halte mich deshalb aus sen die Einkommensunterschiede zwiGleichbehandlungsgesetz (B-GBG) verder öffentlichen Diskussion heraus“, sagt schen Frauen und Männern besonders abschiedet, das von da an die GleichbeIngrid Nikolay-Leitner. „Ich habe Frau handlung von Bundesbediensteten sihoch. Gaderer inzwischen kennen gelernt. Sie chern sollte. Diese haben damit bereits Prinzipiell steigt die Beratungsnachist eine junge Frau, 33 Jahre alt. Ich den- frage parallel zur Unzufriedenheit.„Das Beschwerdemöglichkeit bei gleicher Qualifikation, Frauen müssen hier bevor- ke, sie wird es schaffen. Aber es gibt naArgument, Männer müssten ein bissl zugt werden. In der Privatwirtschaft hin- türlich einen Unterschied zwischen eimehr verdienen, akzeptieren immer wener so jungen Frau und etwa einer Frau gegen gilt die Bevorzugung eines gleich niger Frauen.“ Aber auch eine gewisse gut qualifizierten Mannes gegenüber ei- über 45 mit einer ganz anderen feminiResignation wegen der sich nicht veränstischen Vorgeschichte. Aber ansonsten dern wollenden Einkommensunterschiener Frau nicht als Benachteiligung. habe ich überhaupt keine Vorbehalte Eine Novelle des GBG brachte 1998 de mache sich breit.„Das geht uns ja gegen sie.“ die Regionalisierung der Gleichbehandwohl allen ein bisschen so.“ ❚
1 Gleichbehandlung (protection against discrimination) bedeutet das Verbot benachteiligender Differenzierung, außer es gibt eine sachliche Rechtfertigung. Gleichstellung (full equality) bedeutet gleichheit im Ergebnis, insbesondere Angleichung und Repräsentation in einem Gender MainstreamingProzess aufgrund gleichstellungspolitischer Ziele.
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, Wien Judenplatz 6, 1014, T. zum Ortstarif: 0800/206119, e-mail: gaw@bmsg.gv.at
Regionalanwaltschaft, Innsbruck Leipziger Platz 2/I, 6020, T. 0512/34 30 32, e-mail: ibk.gaw@bmsg.gv.at
Regionalanwaltschaft Graz Europaplatz 12, 8020, T. 0316/720 590, e-mail: graz.gaw@bmsg.gv.at
Regionalanwaltschaft, Klagenfurt Kumpfgasse 25, 9020, T. 0463/509 110, e-mail: klagenfurt.gaw@bmsg.gv.at
Regionalanwaltschaft, Linz Gruberstraße 63, 4021, T. 0732/78 37 61 e-mail: linz.gaw@bmsg.gv.at
februar 2003an.schläge 09
Fo t o s : O b i o ra C - I k O f o e d u
kriegundgeschlecht
Rekonstruktionen Ende November organisierte die „Bunte Zeitung“ in Wien ein Symposium über Krieg und Geschlechterrollen, das zum Ziel hatte, aus den bestehenden Stereotypen und Klischees von Tätern und Opfern bzw. von Gewalt und Frieden auszubrechen. Von Lisa Rosenblatt
Die Bunte Zeitung ist ein experimentelles Projekt, in dem in Wien lebende Leute, die ursprünglich aus diversen Kontinenten stammen, zusammen kommen und eine Zeitung machen.
10 an.schlägefebruar 2003
Sechs Frauen mit verschiedenen Erfahrungen aus sechs verschiedenen Erdteilen erarbeiteten neue Blickwinkel zum Thema Krieg und Geschlechterrollen. Ihre Beiträge, die vom grundlegenden Konzept her um gängige Klischees und weibliche Rollen wie „Opfer, Soldatin, Friedensengel“ organisiert sein sollten, gingen in der Analyse noch einen Schritt weiter, als allein diese vorherrschenden Bilder zu dekonstruieren. Sie „rekonstruierten“ sozusagen: Die Beiträge, die von manch (männlichem) Zuhörer als zuwenig theoretisch kritisiert worden waren, machten das, wofür bestimmte Richtungen des Feminismus schon lange plädieren: Von Kriegserfahrungen Betroffene erzählten Geschichten neu, indem sie Analyse und eigenes Leben verknüpften und damit Krieg als Frauen-Erfahrung in eine neue Konstellation von Macht stellten, die sehr wohl mit Geschlechterrollen zu tun hat. Die etwa vierzig Frauen und zehn Männer im Saal waren herausgefordert, Krieg, Militarisierung und deren Auswirkungen aus einer internationa-
len feministischen Perspektive heraus neu zu betrachten und für sich zu formulieren.
te, wie Frauen im Militär eine ähnlich Zuteilung erfahren wie ausserhalb dieser Institution: in der Verwaltungs- und der pädagogischen Arbeit. Gloria Huamán Rodríguez, RechtsBetroffene. Ishraga Mustafa Hamid beleuchtete die Geschichte des Krieges im anwältin aus Peru, erzählte eine persönSudan und der Machtübernahme im Sü- liche Geschichte: die Geschichte einer den des Landes, wobei Frauen in eine Art Bäuerin aus den peruanischen Anden, die mit politischer Gewalt, sowohl von von Menschen zweiter Klasse verwanoffiziellen Truppen als auch von sogedelt und – vertrieben aus den ölreichen nannten Befreiungskämpfern konfronGebieten am oberen Nil – zu Flüchtlintiert ist und berichtete wie es ihr gelungen im eigenen Land gemacht wurden. Interessant war auch ihre Reflexion dar- gen war, trotzdem ihr Leben als Kämpfeüber, dass diese Frauen, als „Flüchtlinge“ rin und nicht Opfer zu gestalten. Azra Merdzan, die zum Thema Frauin Khartoum im Norden des Landes genauso gezwungen werden, als Putzfrau- en zwischen Nationalismus und Staatenlosigkeit sprach, berichtete von den en zu arbeiten, wie hier im Westen. mittlerweile staatenlosen Frauen, die Dalia Sarig von der Migrantinnenberatungsstelle Peregrina erläuterte die aus Bosnien und Herzegowina vertrieRealität von Frauen als Soldatinnen und ben worden sind, zum Teil als Zeuginnen vor dem Kriegsverbrechertribunal in dass das „Einsetzen“ von Frauen in eiDen Haag aussagten und jetzt auf der nem männlich-zentrierten Militärsyganzen Welt verstreut leben. Sie vermitstem sozial eingebettete Stereotypen nicht auslöschen kann. Dabei deckte sie telte eindrücklich, wie diese Frauen als Objekt im Krieg benutzt worden waren einen diffusen Komplex von militäriund betonte die Notwendigkeit, sie jetzt scher, politischer und wirtschaftlicher zu unterstützen und ihr Schicksal zu doMacht innerhalb Israels auf, und beleuchtete die unbeschränkte männliche kumentieren. Besonders betroffen sind Herrschaft dieses Komplexes. Sie erklär- diejenigen, die bei Prozessen gegen
geschlechtundkrieg
Kriegsverbrecher und Vergewaltiger aussagten und nicht in ihre Städte und Dörfer zurückkehren können, weil die Täter dort noch leben. Gerade Frauen, die trotz Gewalterfahrungen versuchten, nicht dem herrschenden Nationalismus zu erliegen, stehen jetzt ohne Pass und zum Teil ohne Aufnahmeland da – oder leben isoliert irgendwo in Kanada oder Australien. Den Schmerz, dass „ihre eigenen“ Brüder, Männer, Freunde Gewalt ausübten, müssen sie mit sich selbst ausmachen. Die Journalistin Shehar Bano Khan aus Lahore/Pakistan, einzige Frau von DAWN, der größten Tageszeitung Pakistans, fügte den im Westen vorherrschenden klischeehaften Rollen über die islamischen Frauen neue, teils revolutionäre Aspekte hinzu. Sie durchforstete die Geschichte des Islam und kristallisierte eine im Westen wenig bekannte Interpretation heraus, die es Frauen ermöglicht, als Hauptfiguren und Gleichberechtigte wichtige Positionen einzunehmen. Es ist absolut kein Widerspruch – im Gegensatz dazu, wie es im Westen oft dargestellt wird – als Muslimin auch Feministin zu sein, und auch an eine andere Interpretation des Islam zu glauben. Für Shehar Bano Khan ist dieser angebliche Widerspruch eine Konstruktion der Macht – der Macht über Definitionen und das (scheinbare oder reale) Setzen von Realität, in diesem Fall, der Interpretation der heiligen Schriften. Ihre Theorie des „Zainabism“ – Zainab war die Enkelin des Propheten Mohammed und stürzte einen Kalifen – ermöglicht Frauen in einem Land, in dem 80 Prozent der Menschen als religiös gelten, an einen femi-
nistischen Islam zu glauben. Diese neue Interpretation entlarvt, „Krieg“ – sei es der „heilige Krieg“ oder der Krieg gegen die „religiösen Fanatiker“ – als Machtgeschichte: als Machtgeschichte, die weniger mit Religion zu tun hat, sondern wieder einmal mit diesem Komplex aus militärischer, wirtschaftlicher, politischer und auch sexueller Macht, den viele Frauen auch hier im Westen gut kennen. Im letzten Beitrag beschäftigte sich Hanna Hacker mit dem Friedensengel, dem Mythos der pazifistischen, weißen westlichen, bürgerlichen Frau, die als „Symbol“ viel zum Vorantreibens der Kriegsgeschichte beigetragen hat, und der die gewalttätige schwarze Frau als negatives Spiegelbild gegenübergestellt wird. „Die Wahrheit“. Ungewöhnlich für eine „feministische“ Veranstaltung: Es waren auch Männer dabei. Die wenigen Männer mussten sich erst mit ganz grundlegenden Fragen auseinandersetzen. So fragten sie, warum es denn so schlimm sei, dass eine Frau als nicht aggressiv, als „passiv“ beschrieben werde. Sie fühlten sich offensichtlich in ihrer Männlichkeit verletzt und waren ziemlich unruhig. Immerhin waren sie anwesend und haben zugehört. Die Beiträge waren aber auch für fortgeschrittene Feministinnen sehr schwierig zu schlucken. Besonders Khan präsentierte komplexe historische Grundlagen für ihre Überzeugung, dass es Formen des Islam gibt, die Frauen nicht unter männliche Macht zwingen. Viele im Publikum glaubten, Khan wolle sie bekehren und ihnen eine Lektion in Islam unterjubeln. Ein Teilnehmer for-
derte Beweise für die von ihr zitierten Quellen und für die Wahrheit ihrer Überzeugung. An dieser Stelle erreichte der gesamte Tag einen sehr grundlegenden Punkt – den von Glauben und Wahrheit. In ihrem „Zainabismus“ bot Khan eine andere Leseweise einer kulturellen Erfahrung – des Islam – an. Sie verwendete die gleiche heilige Schrift und entfernte das Machtspiel, das gängige Interpretationen des Islam umgibt – also einen Konflikt, der die Kontrolle „der Wahrheit“ beinhaltet. Auf diese Weise entstand plötzlich vor den Ohren der ZuhörerInnen eine neue Geschichte, in der bisher versteckte Aspekte dargestellt wurden und die von einer gänzlich neuen Art von gender-Beziehungen oder Beziehungen im allgemeinen berichtete. Alle Sprecherinnen arbeiteten in einer ähnlichen Weise, um den Ort der Militarisierung und des Krieges erneut aufzusuchen und, um sich außerhalb der ihnen zugeschriebenen patriarchalen Rollen zu positionieren, in die sie in den „mainstream“-Erzählungen über den Krieg eingeschrieben werden. Sie woll(t)en das Konzept von „Krieg“ innerhalb des engen Rahmens der vorgeschriebenen „Geschlechterrollen“ durchschauen und begreifen – als einen Rahmen von miteinander verbundenen Machtsträngen und -beziehungen, der wenig mit dem Kampf von Nationen gegen Nationen, Menschen gegen Menschen oder Religionen gegen Religionen zu tun hat, sondern hauptsächlich mit der Aufrechterhaltung der Herrschaft bestimmter Gruppen über „die Wahrheit“ und „den Glauben“ innerhalb von Nationen, Menschen und Religionen. ❚
Die Organisatorinnen, Lisa Rosenblatt, Karel Young und Kerstin Kellermann, während des Vortrags der Rechtsanwältin Gloria Huamán Rodríguez am Institut für Afrikanistik. (ganz links)
Shehar Bano Khan von der Tageszeitung Dawn untersuchte Machtbeziehungen innerhalb des Islam. (ganz rechts)
februar 2003an.schläge 11
internationalan.riss
berg athos
Männerbastion
simbabwe
Gewaltiger Wirtschaftsfaktor Wirtschaftliche Missstände sind nicht selten Auslöser für (sexuelle) Gewalt gegen Frauen – ein Beispielland unter vielen ist Simbabwe. Zunehmend niedrigere Löhne, eine hohe Inflationsrate und steigende Arbeitslosigkeit lassen die Preise von Grundnahrungsmitteln explodieren. „Wenn man sinkende Ressourcen zu Hause hat, kann dies die Situation zwischen Eheleuten verschlimmern“, erklärt Sheila Mahere, ohne jedoch Armut als Entschuldigung für Gewaltakte gelten zu lassen. Muhere ist Leiterin des Musasa Projektes, einer Organisation, die Opfern von häuslicher Gewalt Schutz bietet. Versuche der Regierung, die wirtschaftliche Schieflage beispielsweise durch Preiskontrolle zu stoppen, brachten vor allem eines: vorwiegend männliche Wirtschaftsgewinner; Spekulanten, „Hamsterer“. Den Frauen werden in den Geschäften oft exorbitant hohe Preise berechnet, zum Beispiel für Mais. Wenn die Frauen diesen nicht bezahlen könnten, erhielten sie den Vorschlag, doch einfach mit ihrem Körper zu bezahlen, berichtet die Anwältin Nomsa Ncube. Gewalt gegen Frauen erreicht aber auch politische Dimensionen. Viele politisch aktive Frauen, die die oppositionelle Partei „Movement for Democratic Change“ während der Präsidentschaftswahlen unterstützt hatten, wurden das Ziel von Angriffen, einige von ihnen wurden auch vergewaltigt. Armut als ein Auslöser von Gewalttätigkeit – Gewalttätigkeit als Verursacher von ökonomischen Einbrüchen, so lässt sich eine zur Zeit noch laufende Studie von „The Zimbabwe Women’s Resource Centre and Network“ umschreiben. Viele Unternehmen verzeichnen hohe Verluste durch Ausfälle von Frauen, die aufgrund von „privater“ Gewalt die Arbeit nicht antreten können. Eine neue Hoffnung für viele Frauen ist der vom Musasa Projekt entworfene Beschluss gegen häusliche Gewalt, der kürzlich verabschiedet wurde. Eine neue Hoffnung, um den „gewaltigen Wirtschaftsfaktor“ nicht länger zu fördern. PÖ 12 an.schlägefebruar 2003
Bis heute hat sich in Europa neben dem Vatikan ein weiterer Hort der patriarchalen Orthodoxie gehalten: die Mönchsrepublik Berg Athos auf der Griechischen Halbinsel Chalkidiki. 1045 gegründet, hat kein weibliches Wesen (Tiere inklusive!) Zutritt zu dieser religiösen Bastion. Im Gegensatz zum Vatikan ist Berg Athos kein souveräner Staat, sondern steht unter gemeinsamer Herrschaft Griechenlands und des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel. Ausgestattet mit einer eigenen Regierung, Gerichtsbarkeit und einem Parlament ist die etwa 2.000 Mönche umfassende Republik völkerrechtlich jedoch nicht vertragsfähig. Das Zutrittsverbot für Frauen auf Berg Athos wurde in den Beitrittsverträgen Griechenlands mit der damaligen EG 1981 ausdrücklich verankert. Paradox mutet der Umstand an, dass die Mönchsrepublik trotz ihrer diskriminierenden Gesetzgebung EU-Gelder in Milliardenhöhe für die Renovierung des Kulturerbes empfängt. Immer wieder gibt es Vorstöße gegen das sogenannte „Avaton“. Einen symbolträchtigen Schritt setzte nun das EU-Parlament: Es fordert mit Mehrheit die Aufhebung des Zugangsverbotes für Frauen, das auf mehreren Ebenen gegen geltendes EU-Recht verstoße. Ob die Forderung auch Folgen nach sich ziehen wird, ist unwahrscheinlich. Für Ursula Stenzel (ÖVP) jedenfalls ist die Forderung ein „überflüssiger und dümmlicher, feministischer Aktionismus“. Dem „links-feministischen Agitprop“ sei eine klare Absage zu erteilen. keck
singapur
Viel zu tun Einen Teilerfolg konnte Singapurs größte Frauenrechtsgruppe „Association of Women for Action and Research“, AWARE, im Dezember 2002 verbuchen, indem ihre Hartnäckigkeit zum Fall einer seltsam anmutenden Quotenregelung führte. Mit dem Argument, zu viele Ärztinnen würden nach ihrer langen und kostspieligen Ausbildung ihren Beruf zugunsten der Familie aufgeben, wurde 1970 der Zugang für Frauen zur medizinischen Ausbildung auf ein Drittel beschränkt. In der Folge wurden oftmals weniger qualifizierte Männer zugelassen und höher gereihten Frauen die Ausbildung verweigert. Nun ist die Regelung gefallen, trotz Widerstandes so mancher Politiker. So verteidigte der Vizepremierminister Lee Hsien Loong die diskriminierende Politik mit dem „Argument“, Singapur sei eine typisch asiatische Gesellschaft, wo der Mann traditionellerweise das Familienoberhaupt stelle. Die Arbeit
an.rissinternational wird AWARE jedenfalls nicht ausgehen, vieles liegt noch im Argen. So können männliche Staatsbeamte über 50% ihrer Gesundheitskosten vom Staat zurückfordern – ganz im Gegensatz zu weiblichen Staatsbeamtinnen. Eine Frau, die außerhalb ihres Landes mit einem ausländischen Mann ein Kind bekommt, muss den Amtsschimmel bemühen, um für ihre Familie die Staatsbürgerschaft zu erkämpfen, während ihren Landsmännern mit ihren ausländischen Frauen und Kindern diesbezüglich keine Steine in den Weg gelegt werden. Go ahead AWARE! keck
kolumbien
Krieg gegen Frauen usa In der Woche des 25. November, des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen, ereignete sich ein neuerlicher Fall schwerster Menschenrechtsverletzungen an Frauen. Eine junge Frauenrechtsaktivistin und Mitglied einer Frauenorganisation, die sich für Verhandlungen zwischen den Bürgerkriegsparteien stark macht, wurde von Mitgliedern einer paramilitärischen Einheit brutal gefoltert und vergewaltigt, sie und ihre Familie mit dem Tod bedroht, sollte sie die Tat publik machen. Seit fast vier Jahrzehnten herrscht Bürgerkrieg in Kolumbien. In dieser Zeit sind Gewalttaten gegen Frauen enorm angestiegen. Fälle von Zwangsprostitution, Sklaverei, gezielter Vergewaltigung und Mord machen immer wieder Schlagzeilen, die meisten Opfer aber schweigen – aus Scham, Angst oder aus Resignation, da sie sich keinerlei Verfolgung durch die kolumbianische Justiz mehr erwarten. Allein in Medellin werden Informationen des Instituts für Gerichtsmedizin zufolge im Durchschnitt täglich vier Frauen ermordet, die Hälfte von ihnen wurde vorher vergewaltigt. Von 16 Vergewaltigungen täglich kommt lediglich eine vor Gericht. Besonders Frauen, die sich für den Frieden im Land einsetzen, sind Zielscheibe von Gewalt. Ihnen wird unterstellt, mit der jeweils anderen Konfliktpartei in Verbindung zu stehen. Ein weiteres Steinchen in diesem Puzzle stellt eine jüngst doch wieder abgeblasene Armee-Kampagne dar. Tausende Portraits halbnackter Models hätten über dem Gebiet der Rebellenkämpfer abgeworfen werden sollen. „Desertiere! Und ziehe Gewinn daraus“ hieß es auf den Bildern. Hat frau Worte? keck
wyber.space
www.portal
„Keine Patriotin…“
Fo t o : Ti n a M o d o t t i
Susan Sontag, US-amerikanisches enfent terrible und vor allem kritische (und viel kritisierte) feministische Philosophin und Schriftstellerin, wurde am 16. Jänner siebzig Lenze alt. In den 1960er Jahren feierte sie ihren internationalen Durchbruch mit der Essay-Sammlung „Against Interpretation“ (Kunst und Antikunst), in der sie für ein intuitives Verstehen statt intellektueller Analyse von Kunst plädierte. Es folgten Romane, Theaterstücke, Kurzgeschichten und zahlreiche Essays zu Kunst und Kultur sowie gesellschaftspolitischen Themen wie Pornografie, faschistische Ästhetik, AIDS, Fotografie und Literatur. 1993-95 verbrachte sie viel Zeit in Sarajevo, wo sie mitten in der belagerten Stadt Beckets „Warten auf Godot“ inszenierte. Für ihren letzten Roman „In Amerika“ (2000), der von einer Gruppe europamüder Polen handelt, die 1876 nach Kalifornien auswandern, um eine Kommune zu gründen, wurde sie mit dem National Book Award, dem höchsten Buchpreis der USA ausgezeichnet. Ihre spitze Zunge ist legendär. So meinte sie anlässlich der Hysterie nach dem Anschlag auf das World Trade Center: „Dies ist ein selbstgerechtes Land geworden, das besoffen von seiner eigenen Macht ist und seinen Kreuzzug gegen den Feind im Alleingang führen wird.“ Die öffentlichen Prügel ließen nicht lange auf sich warten. Auf dein Wohl, Susan! keck
Chatten, diskutieren, E-Cards versenden, in Artikeln schmökern, Termine checken, newsletter abonnieren, Fachfrauen im Branchenbuch suchen, Werbung für die eigene Website machen und auch gleich verlinken – und das alles von einem Frauen-Internet-Portal aus! http://www.wolfsmutter.com ist die neue Adresse der Zukunft, ein derzeit im Aufbau befindliches feministisches Internetportal für Österreich,„bald für den gesamten deutschsprachigen Raum, zukünftig europaweit“, sind die Macherinnen Daniela Mackowiack und Patricia Wendling überzeugt. Bisher gab es die wolfsmutter als online-Magazin im frauenweb: http://www.frauenweb.at, übrigens weiterhin ein frauenräumliches Unikat in Österreich (siehe auch Interview ab Seite 28). Und wie das bei online-Vernetzungen so ist, können sie nur funktionieren, wenn auch möglichst viele Frauen daran teilnehmen. Ein Kernstück der wolfsmutter soll das FrauenBranchenbuch sein, in das sich Fachfrauen schon jetzt eintragen können: das kostet eine Jahresgebühr von 100,- Euro und einen „persönlichen Beitrag“ je nach Branche (einen Artikel, eine Stunde Beratung im Chat, ein Gutschein oder ähnliches). Also Beeilung und eine der ersten Maschen im neuen Netz sein! GaH
februar 2003an.schläge 13
Fo t o : U N I C E F
internationalrumänien
Warteraum für die Verlassenen Für viele Frauen in den Dörfern Rumäniens ist die freie Wahl über die Größe ihrer Familie noch immer Utopie, mangelnde Aufklärung geht nicht zuletzt zu Lasten der ungewollten Kinder. Eine Reportage von Katharina Sperber
Katharina Sperber ist Reporterin der Frankfurter Rundschau
14 an.schlägefebruar 2003
Ehe Patricia Pop am Samstag aufs Land fährt, schickt sie einen Marktschreier durch die rumänischen Weiler Batar, Arpasel, Talps oder Taut. Der fährt mit dem Pferdefuhrwerk durch die Dörfer nahe der ungarischen Grenze oder geht zu Fuß und schlägt nach Großväter Sitte die Trommel. Frauen und Kinder laufen zusammen und erfahren, dass die Frau Doktor aus der Stadt kommen wird. Eine gute Nachricht, denn Patricia
Pop untersucht an ihren eigentlich freien Wochenenden nicht nur Frauen. Sie erklärt ihnen auch, wie sie schwanger werden und vor allem was sie tun können, wenn sie kein weiteres Kind haben wollen. Nicht wissenschaftlich, wie es die Ärztin auf der Universität gelernt hat, sondern in ganz einfachen Bildern. Das tut Not, denn noch immer ist die Zahl der unerwünschten Schwangerschaften – gerade unter den sozial Schwachen Rumäniens – ungemein
groß, obwohl insgesamt die Geburtenrate sinkt. Viele der Armen können nicht lesen, nicht schreiben und auch nicht rechnen. Und deswegen bietet Patricia Pop ihnen gar nicht erst die Antibabypille an. „Das hat wenig Sinn“, sagt Pop, „denn die Frauen können nicht zählen und vergessen die Pille dann“. Aufklärung. Kondome lehnen die Männer ab. Noch immer sind sie der Ansicht, dass sie geheiratet haben, um die lästi-
rumänieninternational gen Gummis nicht mehr benutzen zu müssen. Und wenn sie nicht so denken, sind sie oft zu betrunken, um die Kondome im entscheidenden Moment auch zu gebrauchen. Also setzt die junge Ärztin jetzt auf die Drei-Monats-Spritze zur Empfängnisverhütung. Ein wenig Geld erhält sie dafür aus einem der beiden EU-Programme, die Familienplanung in Rumänien unterstützen wollen. Es war gar nicht leicht, an das Geld zu kommen, da dessen Verteilung Patricia Pop wie eine Geheimwissenschaft erscheint. „Wir sind zu weit weg von der Hauptstadt Bukarest und erfahren zu spät von den Angeboten.“ Im Kreis Bihor, einem von 41 Distrikten Rumäniens, beackert sie mit einer Kollegin und einem staatlichen Familienplanungszentrum allein das weite Feld Aufklärung und Familienhilfe. Im Nachbarkreis Temschwar gibt es drei Zentren, die sich diese Arbeit teilen. Trotz all ihrer Mühen kann Patricia Pop nur wenige Erfolge verbuchen. Denn kaum sitzt sie wieder in ihrer kleinen Praxis, „laufen Quacksalber übers Land und erzählen den Frauen, sie würden durch die Spritze Krebs bekommen“. Das wars dann mit Aufklärung. Und so wird die Zahl der verlassenen Kinder in Rumänien nicht spürbar kleiner. Nach Angaben der UN-Kinderhilfsorganisation UNICEF leben derzeit mindestens 90.000 Kinder in rumänischen Heimen. 62.000 behinderte Mädchen und Jungen sind von einer Heimeinweisung bedroht, da ihre Eltern mit der Pflege und Betreuung völlig überfordert sind. Familienhilfe, wie sie in westlichen Ländern bekannt ist, wird kaum angeboten. Leider wissen noch immer zu viele Eltern, sich unerwünschten Nachwuchses auf andere Weise als durch Verhütung oder Abtreibung zu entledigen. So haben sie es schon unter der Regentschaft Nicolae Ceausescus gemacht, wenn die vielen hungrigen Mäuler nicht mehr zu stopfen waren: Mütter lassen ihre Neugeborenen auf der Entbindungsstation liegen oder Verwandte bringen vor allem die behinderten Säuglinge in ein Krankenhaus, um dann in der festen Überzeugung, der Staat werde es schon richten, auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Waisen. Allein im Kinderkrankenhaus des Kreises Bihor wurden im letzten Jahr von
Januar bis Mai hundert Waisen abgegeben. Im Jahr davor zählte der Chefarzt Ladislau Ritli 142 verlassene Kinder. In ganz Rumänien wurden in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres 2.000 Babies ausgesetzt. Die Chancen, die Behinderten unter ihnen zu vermitteln, stehen „sehr schlecht“, sagt Ritli.Weil es schon schwer genug sei, die gesunden Kinder so früh wie möglich in Heime, zu Pflegeeltern oder in Adoption zu bringen. Seit 2001 hat der rumänische Staat auf Druck der EU auch noch alle Auslandsadoptionen gestoppt, um dem ausufernden Kinderhandel beizukommen. „Wir sind ein Krankenhaus und ein nur unzureichender Warteraum für die Verlassenen“, sagt Chefarzt Ritli. 480 Betten hat das Kinderkrankenhaus in der Bezirkshauptstadt Oradea insgesamt. Da bleibt den Krankenschwestern kaum Zeit, sich den Verlassenen auf der Waisenstation so zu widmen, wie es Säuglinge eigentlich brauchen. Und doch leiden die Pflegerinnen sichtlich unter der Not ihrer Schützlinge. Sie haben einige freiwillige HelferInnen aufgetan, die sich mit den Kindern in ihrer Freizeit beschäftigen. Manche Krankenschwester hat schon ein oder zwei verlassene Kinder mit nach Hause genommen. Was angesichts der nicht sinken wollenden Zahlen aber nicht mehr ist als ein Tropfen auf dem heißen Stein. Erbe der Vergangenheit. Was also tun? Fragt man Ritli nach den Gründen für die hohe Verlassensquote, dann schüttelt der nur traurig den Kopf: „In diesem Land sind die mütterlichen Gefühle nicht normal.“ Auch 12 Jahre nach dem Ende des Ceausescu-Regimes noch nicht. Zu viele menschliche Regungen haben Nicolae Ceausescu und seine vielen willigen Vollstrecker zu lange systematisch zerstört. Seit den 60er Jahren waren die rumänischen Frauen durch Androhung von Strafen und materiellen Anreizen zum Gebären verurteilt. Jede sollte mindestens vier Kinder zur Welt bringen. Verhütung und Abtreibungen waren verboten. In den 80er Jahren wurden Frauen, die ihr Kindersoll nicht erfüllten, am Arbeitsplatz gynäkologisch kontrolliert. Also florierte das Geschäft der Engelmacherinnen, die Müttersterblichkeit stieg und der Staat baute für die Waisen seine schrecklichen Kinderheime, in denen die Starken für
die Produktion und den Geheimdienst Securitate gezüchtet, die Schwachen aber durch die völlig unzureichenden Verhältnisse vernichtet wurden. Ein schlimmes Erbe, mit dem sich Patricia Pop herumschlagen muss. In keinem Land Osteuropas gebe es so viele verlassene Kinder wie in Rumänien, sagt Michael Wunder, Leiter der Rumänienhilfe der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg, die seit zehn Jahren Entwicklungshilfe in einem Land leistet, das kein Entwicklungsland sein will. Im Kinderkrankenhaus „beginnt eine schreckliche Spirale, in der überforderte Behörden überfüllter Kinderheime nicht Herr werden. Die Kinder sind Verwahrlosung,Verrohung und Elend ausgesetzt“. Tabus und Verklemmung. Aber nicht nur die Schatten der Vergangenheit liegen dunkel auf ihrer Arbeit. Die von Männern dominierte Gesellschaft pflegt mit viel Aufwand und Ausdauer ihre Privilegien zu Lasten der Frauen. Und geschützt durch Tabus, die entweder noch immer den Resten einer verklemmten sozialistischen Moral entspringen oder von den einflussreichen katholischen und orthodoxen Kirchen zementiert werden. So braucht Patricia Pop ein gerüttelt Maß Fantasie und vor allem viel Geduld. Um einmal in der Woche ein Stunde Aufklärungsunterricht an den höheren Schulen Oradeas geben zu dürfen, muss sie einen entsprechenden Antrag nach Bukarest ins Ministerium schicken. Die Bürokraten dort beschäftigen sich so ausführlich mit dem Anliegen, dass es zuweilen ein halbes Jahr dauern kann, bis die Ärztin die Genehmigung erhält. Dann aber ist schon ein großer Teil des Schuljahres vorbei. Nach den Ferien braucht die Medizinerin eine neue Genehmigung aus Bukarest, die natürlich nur gültig ist, wenn sie auch ein Stempel vom Gesundheitsamt und dem Schulinspektorat von Kreis und Stadt ziert – und auch Ausnahmen einschließt. Denn in den katholischen Lyzeen darf die Ärztin nur über die Temperaturmessmethode informieren. Pille, Spirale oder gar Abtreibung sind des Teufels und dürfen nicht einmal erwähnt werden. Patricia Pop wird sich der Auflage nicht widersetzen: „Ist doch besser, als dass wieder ein ungeliebtes Kind gezeugt und ausgesetzt wird.“ ❚
UNICEF hilft Spendenkonto: PSK – 1516500
februar 2003an.schläge 15
themabrust
Mit stolzer Brust Mythische Geschichten ranken sich um die weibliche Brust in Geschichte und Gegenwart. Ihren kurvigen Weg zwischen S채ugefunktion, politischem Ort und Sexsymbol beschreitet Anni B체rkl 16 an.schl채gefebruar 2003
brustthema Am Anfang war die Brust, schreibt Marilyn Yalom. Es gibt keine Erklärung dafür, warum sich die einzigartige menschliche Brust in der Evolution herausbildete. Die Brüste von Säugetieren schwellen ausschließlich während der Zeit der Säugung an, nur die menschliche Brust wächst in der Pubertät und bleibt ein Leben lang. Alternativen zur Muttermilch gab es lange nicht. Der Ersatz durch Tiermilch war bis zur Erfindung des Pasteurisierens Ende des 19. Jahrhunderts mit Gefahren wie Infektionen und Unverträglichkeit verbunden. Die mütterliche Brust bedeutete daher für das Neugeborene – und damit für die Spezies Mensch – „Leben oder Tod“. Der lateinische Begriff „Mamma“ für die Brüste deutet darauf hin. Die göttliche Brust. Was lag näher, als die Fruchtbarkeit in Form von großen Mutter-Göttinnen anzubeten. Auf frühesten Darstellungen stehen weibliche Brüste und Vulva im Mittelpunkt, wie bei der Venus von Willendorf. Auf alt-ägyptischen Darstellungen tranken Söhne an der Mutterbrust. Die Artemis von Ephesos hat gleich eine Unzahl von Brüsten. Damals stand die Brust für weibliche Potenz. Die mythische Macht der Brüste ist auch in Legenden präsent. Die Entstehung der Milchstraße wird mit den Brüsten Heras in Verbindung gebracht. Sterbliche, so glaubte man, konnten unsterblich werden, wenn sie an den Brüsten der großen Göttin gesäugt wurden. Deshalb legte Zeus den außerehelichen Sohn Herakles seiner schlafenden Gemahlin Hera an die Brust. Herakles trank so kräftig, dass die Göttin erwachte und empört ihre Brust zurück zog, sodass die Milch in den Himmel spritzte – die Milchstraße entstand. Mit dem Aufkommen des Patriarchats und den um Vorherrschaft kämpfenden männlichen Gottheiten konnten die mütterlichen Göttinnen ihre starke Position nicht halten. Sie wurden entthront, zerfielen in weniger machtvolle, verhüllt dargestellte Gestalten. Nur Aphrodite, die griechische Göttin der Liebe und Schönheit durfte weiterhin unbedeckt bleiben. Als das Zentrum der antiken Welt sich nach Rom verlagerte, mussten die importierten griechischen Gottheiten mit den Überlieferungen der frühen Rö-
mer in Wettstreit treten: vor allem dem Mythos über die Zwillinge Romulus und Remus, den Gründern Roms, die von einer Wölfin gesäugt und aufgezogen worden waren. Die fehlende Brust. In Kappadokien in Kleinasien sollen die Amazonen, ein kriegerischer Stamm von Frauen, gelebt haben. Laut Marilyn Yalom fand der Amazonen-Mythos Eingang in die Geschichtsschreibung, als die großen Fruchtbarkeitsgöttinnen durch phallische Götter ersetzt wurden. Die Amazonen gelten als Gegenbild zum patriarchalen Frauenideal des antiken Griechenland: Frauen, die sich weigerten, zu heiraten und Söhne aufzuziehen, Krieg führten wie Männer, sich eine Brust amputierten, um Pfeil und Bogen besser handhaben zu können – eine Horrorvorstellung für das Patriarchat. Yalom sieht darin den Archetyp des Geschlechterkampfes. In der griechischen Kunst sind die Amazonen-Kämpferinnen oft mit entblößter Brust zu sehen. Die griechischen Krieger wollten ihre Feindinnen an der Brust treffen, dem Symbol von Stärke und Verletzlichkeit. Mit ihren asymetrischen Brüsten vereinten die Amazonen das fürsorglich nährende Weibliche und das aggressive Männliche. Ingrid Olbricht vermutet, dass die Amazonen möglicherweise auf weibliche Aggressionsformen, wie sie in den Mythen von den Muttergottheiten dargestellt werden, verzichten mussten: Einverleiben, In-Sich-Aufnehmen, Verschlingen, Ersticken und Vergiften. Die Amazonen hingegen versuchten, so Olbricht, mittels männlicher Aggressionsformen die Kultur des Matriarchats und der Frauenfreiheit vor dem Untergang zu bewahren. In der Selbstverstümmelung der Brust könnte sich das Handeln gegen sich selbst manifestiert haben. Vielleicht lehnten sie ihre Weiblichkeit ab, weil sie in einer veränderten Welt damit nicht zurechtkamen? Dass wir auffallend wenig über diese Frauen wissen, führt die Autorin darauf zurück, dass unliebsame Frauen aus dem (Geschichts-)Bewusstsein verbannt werden, und den Tod durch Vergessen sterben. Mit dem Christentum wurde die Leibfeindlichkeit dominant. Nackte Brüste wurden mit der Hölle in Verbindung gebracht, gerettete Seelen erschienen
auf Gemälden bekleidet. Frauen mit verstümmelten Brüsten standen in Abbildungen für die Todsünden. Waren in vorchristlichen Kulturen die Brüste heilig, so ist es jetzt die Abwesenheit von Brust. Im Mittelalter stellte die MutterBrust eine Verbindung zwischen Mutter und Kind her. Über die Mutter wurde die Zugehörigkeit und Abstammung der Nachkommen festgelegt. Dem Kind wurde materielle und spirituelle Nahrung, das ganze religiös-ethische Glaubenssystem über die mütterliche Linie weitergegeben. Die Verehrung der Mutter trat später mit der aufkommenden höfischen Liebe, mit Minnegesang, Frauen huldigenden Gedichten und Liedern, in Konflikt. Die Frauen selbst wurden wieder zum Objekt der Begierde. Die erotische Brust. Die modischen Veränderungen in der Zeit des beginnenden weltlichen Humanismus und der Rennaissance (Anfang des 15. Jahrhunderts) ließen Frauen und Männer die zeltartigen Gewänder leibfeindlicher jüdischchristlicher Epochen ablegen. Frauen zeigten mehr Brust und Männer mehr Bein. Brüste wurden von Dichtern besungen, und von Malern verewigt: sie sollten fest, weiß und apfelförmig sein. Eine seltene Frauenstimme ist die Dichterin Louise Lablé (1520/22–1566) aus Lyon. Sie scheute sich nicht, körperliches Begehren auszusprechen, wie Yalom zitiert: „Seit die grausame Liebe zum ersten Mal / Meinen Busen vergiftete mit ihrem Feuer / Brannte sie in mir mit göttlicher Wut / Und verließ mein Herz nicht einen einzigen Tag.“ In Italien kamen plötzlich Bilder der stillenden Jungfrau Maria auf – mit entblößten Brüsten. Über die Gründe kann nur spekuliert werden: waren sie als Trost in Hungersnöten gedacht? Drückten sie die Sehnsucht der Maler nach der Mutterbrust aus, in einer Zeit, in der das Ammenwesen weit verbreitet war? Bald ließen sich in Frankreich Mätressen des Königs mit nackten Brüsten porträtieren. Die (erotische) Brust wurde – zumindest in höheren Gesellschaftsschichten – zum Symbol sexueller Freiheit in einer Zeit, in der zum ersten Mal nicht Gott, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. Freilich aus einer männlichen Sicht heraus:
Literatur: Marilyn Yalom: Eine Geschichte der Brust. München/Düsseldorf, Marion von Schröder, 1998.
Natalie Angier: Frau. Eine intime Geografie des weiblichen Körpers. München, Bertelsmann, 2000.
Ingrid Olbricht: Brustansichten. Selbstverständnis, Gesundheit und Symbolik eines weiblichen Organs. Berlin, Orlanda, 2002.
Birgit Kupka: Muttermilch und Brüste. Diplomarbeit, Wien o.J.
Elisabeth Sorgo: Die Brüste der Frauen – ein Symbol des Lebens oder des Todes? Dissertation, Innsbruck, 2001
Links: http://www.stmkaktiv.at/unterhal/ erotik/busen1.htm http://www.quarks.de/milch/03.htm http://www.quarks.de/milch/03.htm http://www.the-clitoris.com/german/ html/g_breast.htm http://www.the-clitoris.com/german/ html/g_breast.htm
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themabrust Männer meldeten Besitzansprüche an, wie etwa auf dem Gemälde „Die Judenbraut“ von Rembrandt, wo der Mann die Hand auf die Brust der Frau legt. In Venedig waren unbedeckte Brüste das Erkennungszeichen von Prostituierten. Kurtisanen saßen Malern Modell und wurden verehrt wie große Göttinnen. Das erotische Potential schob die nährende Funktion in den Hintergrund. Männer bestimmten, ob Frauen ihre Kinder nähren. Die weibliche Brust sollte allein ihnen gehören, und nicht durchs Stillen „verunstaltet“ werden. Frauen waren nicht mehr bereit, sich völlig auf Mutterschaft einzustellen. Das Ammenwesen boomte – moralisch verurteilt von Ärzten und Priestern.
Fo t o s : A r c h i v
Die widersprüchliche Brust. Die Hexenverfolgungen – besonders ausgeprägt ab dem 15. Jahrhundert – richteten sich vor allem gegen weise und/oder alte Frauen. In Brüsten sah man(n) in diesem Fall ein Symbol der Hexerei, suchte Hexenmale, dritte Brüste etc. Der Hexerei angeklagte Frauen wurden an den Brüsten gefoltert, man schnitt sie ihnen ab und stopfte sie ihren Kindern in den Mund, bevor die Frauen verbrannt wurden. Männer fürchteten also die Brust als Symbol weiblicher Macht und wollten diese symbolisch brechen. In England war den Protestanten die Zurschaustellung weiblichen Fleisches suspekt. Königin Elisabeth I., seit 1558 auf dem Thron, kultivierte ein Image der Androgynität. Schwere Gewänder drückten ihre Brüste flach.
Das Ammenwesen boomte im 16. Jahrhundert. (oben) Die Artemis von Ephesos hat als Symbol für Fruchtbarkeit eine Unzahl von Brüsten. (unten)
18 an.schlägefebruar 2003
Die politische Brust. Rund um die französische Revolution wurde das Stillen als natürlich, der mütterliche „Säuge-Instinkt“ als angeboren propagiert, was heutige als widerlegt gilt. Denker wie der Dichter Rousseau sahen die engere Bindung von Mutter und Kind als Basis für gesellschaftliche Erneuerung. Die reine Milch der Revolution wurde zum positiven Symbol, gegenüber der verdorbenen Milch des Ancien Regime. Das Vaterland wird zur symbolischen Mutter, die für ihre „Kinder“, die Untertanen, sorgt wie eine „gute Mutter“, gleichsam implizierend, dass es auch böse Mütter gibt. Die Ikonografie der französischen Revolution ist voll von barbusigen Frauen. Auch die Mode spiegelt dies ab 1780 im lockeren Hemdkleid wider, für Stil-
lende und Schwangere ideal. Die Mutterbrust wurde sexy – die Spaltung in erotische und mütterliche Brust war aufgehoben. Im 18. Jahrhundert wurde Stillen in diversen Ländern zum Instrument sozialer Kontrolle. Staatliche Unterstützungen wurden nur unter der Voraussetzung des Stillens gewährt, die Mütter aus ökonomischen Gründen zum Stillen gezwungen. So bestanden Entbindungsstationen für Arme darauf, dass sich diese als Ammen für die Kinder reicher Mütter zur Verfügung stellten. Der schwedische Arzt Carl von Linné brachte zu dieser Zeit den Begriff Mammalia (Säugetiere) auf. Es hätte auch andere gemeinsame Merkmale gegeben, doch Linné entschied sich für das Säugen als bestimmende Kategorie und Begrifflichkeit. Damit verbindet ein weibliches Merkmal den Mensch mit den Tieren, während ihn ein typisches männliches Merkmal, die Intelligenz, von den Tieren abheben soll, wie der ebenfalls aufkommende Begriff „homo sapiens“ zeigt. Die biologistische Reduktion der weiblichen Brust auf ihre Stillfunktion, in der sexuelle Facetten keinen Platz haben ist heute nicht mehr aufrechtzuerhalten. Stillen und sexuelle Gefühle in den Brüsten werden nicht unbedingt getrennt voneinander erlebt und betrachtet. Vielfach ist es ein Tabu, dass die nährende Funktion auch sexuelle Freuden schenken kann. Positive Gefühle beim Stillen könnten als Belohnung der „Natur“ entstanden sein, und weil die Kontraktionen der Gebärmuttermuskulatur, die durch das Stillen ausgelöst werden, eine raschere Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt unterstützt – ein weiteres Geheimnis der Evolution. Die mächtige Brust. Die Psychoanalyse sah die Brust als Ursprung der ältesten und tiefsten Emotionen des Individuums. Freud betrachtete sie als prägend für sexuelle und Liebes-Beziehungen. „Wir alle kleben ein Leben lang an der Mutterbrust.“ Die Brust wird zum Paradigma für den Garten Eden. „Einst waren wir im Paradies, gesättigt und zufrieden. Dann wurden wir von der Mutterbrust verstoßen“, fasst Marilyn Yalom den psychoanalytischen Ansatz zusammen. Mütter werden für schuldig erklärt an allen möglichen Defekten ihrer
brustthema
ren Männer froh, Brüste wieder real zur Verfügung zu haben, was sich im vollbusigen Ideal von Frauen wie Marilyn Monroe auswirkte. Die Brust als Fetisch zeigt sich in der Schönheitschirurgie, die jedoch keine Psychochirurgie ist: die Probleme mit Selbstbild und Weiblichkeitsnormen leben weiter. Das Wachstum der Brüste in der Pubertät bringt für Frauen oftmals Verlust von Freiheit und die Erfahrung von grenz-verletzendem Verhalten mit sich. Psychotherapeutische Konzepte zur Behandlung von Problemen mit dem eigenen Körper, weiblichen Körperphänomenen und Lebensphasen sind gerade erst im Kommen. Die Beziehung von Frauen zu ihren Brüsten ist daher eine widersprüchliche, oftmals konfliktbeladene. Einige mögen sie, denken an die Möglichkeit, Kinder zu ernähren, bringen Die öffentliche Brust. Der „ideale Busen“ Bilder nackter Frauen mit Weiblichkeit, war immer Objekt der Mode: von den Kindern und Erotik in Verbindung. AndeKorsetts, die im 15. Jahrhundert in Spare sind dankbar für die Befreiung durch nien erfunden wurden und ein lebensdie neue Frauenbewegung, und die erstbedrohliches Gefängnis für den Körper darstellten, dessen Verdammnis zur Zeit malige Möglichkeit, Brüste anderer Frauen betrachten zu können. Sie finden ihre der französischen Revolution und der Brüste schön und lustvoll, halten sie gerWiderkehr während der napoleonischen Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts, ne in den Händen, streicheln, wiegen, spüren sie, massieren sie, wenn sie sich der Erfindung des BHs Anfang des 20. Jahrhunderts, bis zu den BH-Verbrennun- während der Menstruation schwerer angen in den 1970er Jahren. In Deutschland fühlen. Andere wiederum leiden, hassen ihren Busen gar. Wie ihre kleinen Brüste blieb das Korsett länger am Leben – halten manche sich selbst „nicht ganz doch „wie im Krieg sollten die Franzofür voll“. Oder sie leiden unter ihrer grosen auch in der Mode letztendlich den Sieg davontragen“, meint Yalom. „Oben ßen Oberweite und der damit ausgelösten „Lüsternheit“ von Männern. Ohne“ baden ab den 1970er Jahren löste Konflikte in vielen Ländern aus. Ungebändigte Frauenbrüste repräsenDie medialisierte Brust. Immer noch wertier(t)en Anarchie. Die entblößte Brust den Brüste als zu groß oder zu klein gilt als gefährlich – ein Zeichen, dass empfunden. Selten geht es dabei um wir uns immer noch der, wenn auch das eigene Empfinden, sondern um von versteckten Macht, bewusst sind. In den Werbung und TV beeinflusste „Stan1920er Jahren waren kleine Brüste en dards“ – Es gab wohl nichts, was im 20. vogue, in den 1940ern die vollen Brüste Jahrhundert nicht mit nackten Brüsten als Symbol für die stillbereite deutsche beworben wurde: von Autos, über NahMutter. Am Ende des 2. Weltkrieges wa- rungsmittel, bis hin zum Krieg. Der sich Nachkommen, ob sie nun gar nicht oder zuviel gestillt haben. Hier zeigt sich der Doppelaspekt des weiblichen Prinzips: nährend oder verschlingend. Ingrid Olbricht beschreibt dreierlei Funktionen der weiblichen Brust: Nahrung, Potenz und Macht – letztere zwei Aspekte stehen im heutigen Bewusstsein eher im Hintergrund. Dennoch dürften Nähr- und Gebärneid bei Männern als Auslöser sexualisierter Gewalt gegen Frauen nicht unterschätzt werden. Nicht umsonst richtet sich diese Gewalt oft gegen Brüste und schwangere Bäuche. Umgekehrt galt in vielen Kulturen das sogenannte „Brust weisen“ als Waffe. Frauen zeigten den Kolonisatoren ihre Brust – eine psychologische Waffe gegen ihre Feinde.
wandelnde Blick auf den weiblichen Busen war und ist männlich dominiert. Frauen ärgern sich über Klischees und Vorurteile, über Unterwäschefirmen, die nur für Werbe-Frauenkörper produzieren, in Größen, mit denen so viele Frauen nichts anfangen können. Noch immer, meint Olbricht, verfügten Frauen über zu wenige positive weibliche Vorbilder, vor allem die gelebtes Leben widerspiegelnde Brust alter Frauen. Dichterinnen versuchen, den eigenen weiblichen Blick zu finden, wie Sharon Olds: „A week after our child was born / You cornered me in the spare room / And we sank down on the bed / You kissed me and kissed me, my milk undid ist / Burning slip-knot through my nipples / Soaking my shirt. All week I had smelled of milk / Fresh milk, sour. I began to throb“ Das Thema Brust ist in den Medien fast zum Synonym für Brustkrebs geworden. Nach wie vor gibt es wenige Veröffentlichungen über Bedeutung und Erleben der gesunden Brust. Dabei stehen Probleme mit dem Körpererleben in engem Zusammenhang mit Brusterkrankungen. Und nicht jede kann mit einer kranken Brust so umgehen wie die Dichterin Audre Lourde in ihrem „Krebstagebuch“:„Ich erschien mir selbst als fremd, uneben und eigenartig, aber irgendwie soviel mehr ich selbst und daher soviel annehmbarer als mit diesem Ding ausgestopft. Denn selbst die geschickteste Prothese auf der Welt konnte die Realität nicht ungeschehen machen oder sich anfühlen, wie meine Brust sich angefühlt hatte – und entweder würde ich jetzt meinen Körper einbrüstig lieben oder aber für immer mir selbst entfremdet bleiben.“ Die eigenen Brüste, den eigenen Körper zu lieben – für Viele immer noch ein Problem und keine Selbstverständlichkeit. ❚
Zeichnungen und Fotos von Irmgard Neubauer: http://hey.to/irmgard
februar 2003an.schläge 19
Das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen ist ein Dachverband von 38 Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen aus 8 Bundesländern.
Aktuell bieten wir folgende Fortbildungen und Publikationen an:
Broschüre „Rezepte für das Mainstreaming“ 56 Best Practice Beispiele für Gender Mainstreaming aus 10 EU-Ländern (kostenlos)
Broschüre „Glückliche Knochen durch bewusste Bewegung“ Osteoporoseprävention für Frauen ab 40 (Preis: 8,72 Euro) Nähere Infos: Tel. 01/595 37 60, netzwerkfrauenberatungwien@magnet.at, www.telecom.at/femwien/netzwerk
Lehrgang Gewaltfreiheit
Einjährige Ausbildung anlässlich der „Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit“ Der Lehrgang will mit einer praxisorientierten Ausbildung Menschen zum aktiven Eingreifen in Konflikt- und Gewaltsituationen – in Österreich wie im Ausland – befähigen.
Form des Lehrgangs: * Einführungswochenende (Grundlagen der Gewaltfreiheit) * 4 Module (z.B. Gewaltfreiheit in persönlichen Konflikten, im gesellschaftlich-politischen Bereich, Identität und Umgang mit dem Fremden, gewaltfreie Intervention in Konflikten als Drittpartei) * Praktische Vertiefung (eine Woche im Sommer) * Evaluation und Abschluss Dauer: März bis November 2003 Kosten: Euro 508,- (ATS 7.000,-) Teilnahmebeitrag für den gesamten Lehrgang Information und Anmeldung: Internationaler Versöhnungsbund Österreichischer Zweig Lederergasse 23/3/27, A – 1080 Wien Tel.+Fax: + 43-(0)1-408 53 32 Email: ivb@vip.at
an.risswissenschaft erika-weinzierl-preisträgerin
Maria Ecker Im Dezember wurde erstmals der Erika Weinzierl-Preis verliehen, benannt nach der Grand Dame der österreichischen Zeitgeschichtsforschung. Die ehemalige Universitätsprofessorin war jahrelang in Forschung und Lehre an der Uni Salzburg tätig. Ihr 1975 erschienenes Buch „Emanzipation? Österreichische Frauen im 20. Jahrhundert“ gilt als Pionierarbeit im Kontext von Frauenforschung und Geschlechterdemokratie. Als erste durfte Maria Ecker den mit 1.500,- Euro dotierten Preis entgegen nehmen. In ihrer Diplomarbeit „Man hat sich hier sehr fremd gefühlt“ hat sich die Historikerin den weiblichen Holocaust-Überlebenden in Israel gewidmet. (siehe an.schläge 11/02: „Das große Schweigen“). Alle 2 Jahre soll diese Auszeichnung vergeben werden, um junge Forscherinnen zu motivieren, sich mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten der Frauen- und Geschlechterforschung zu nähern. heko Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Salzburg, Universitätsplaz 1, 5020 Salzburg, http://www.gendup.sbg.ac.at
universität innsbruck I
Forschungspreis Der „Preis für frauenspezifische Forschung an der Universität Innsbruck“ ging 2002 an Lisa Gensluckner, Christine Regensburger, Verena Schlichtmeier, Helga Treichl und Monika Windisch für ihren Sammelband „vielstimmig, mancherorts. Die Neue Frauenbewegung in Tirol seit 1970“. Ihre Arbeit widmet sich der regionalen Bewegungsgeschichte, vor dem Hintergrund soziopolitischer, religiöser und kultureller Gegebenheiten (siehe Rezension in an.schläge 04/02). Der mit 2.000,- Euro dotierte Preis wurde zum 2. Mal vom Institut für Hygiene und Sozialmedizin verliehen. heko wissenschaftspreis call for papers
Durchbrochene Glasdecke
Geschlecht & Recht
Immer wieder hat sie sich „den Schädel an der gläsernen Decke angehaut“, berichtet die Mikrobiologin Renée Schroeder über ihren Kampf gegen unsichtbare Widerstände. Ihrem Sturkopf hat sie es folglich wohl auch zu verdanken, dass sie die Karriereleiter emporklettern konnte. Nach mehrjährigen Aufenthalten in Frankreich und den USA habilitierte sie 1993 mit einer Arbeit über die Wechselwirkungen von Antibiotika mit der Ribonukleinsäure. Seit 1995 ist Schroeder außerordentliche Professorin am Wiener Biozentrum. Eine weltfremde Wissenschafterin ist sie sicher nicht. Sie weiß um die Schwierigkeiten von jungen Wissenschafterinnen, sich im Forschungsbetrieb zu etablieren. Dem „extrem frauenfeindlichen“ Klima setzt sie ein besonderes Engagement im MentoringProgramm für Nahwuchswissenschafterinnen an der Uni Wien entgegen. Ganz nebenbei ist Schroeder auch Mitglied der Bioethikkommission, Mitglied der European Molecular Biology Organisation und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften… Offenbar kommt bei all dem Engagement ihre eigentliche Arbeit aber nicht zu kurz, gemessen an den Auszeichnungen, mit denen sie bisher bedacht wurde: 1984 erhielt sie den Theodor-Körner-Stiftungspreis, 1992 den Sandoz-Forschungspreis für Biologie, 2001 den Loreal/UNESCO-Preis „Special Honor Award für Frauen in der Wissenschaft“. Diesen Jänner schließlich wurde sie vom Österreichischen Klub der Bildungs- und Wirtschaftsjournalisten zur „Wissenschafterin des Jahres 2002“ gekürt. Dass sie neben Beruf und Kindern keine Zeit mehr für Hobbys findet, ist angesichts dieser Flut an Aktivitäten nicht wirklich verwunderlich… keck
Forderungen nach Gleichberechtigung in Erwerbs-, Haus- und Familienarbeit, Umsetzung des Gender Mainstreaming oder Probleme des Sexualstrafrechts prägen den heutigen Frauenrechtsdiskurs. Gesetze, die Gleichberechtigung durchsetzen, finden ihre Anfänge in der Antidiskriminierungspolitik, die später um explizite Frauenförderung und – nicht ganz unumstrittene – Quotenpolitik ergänzt wurden. Das Gender Mainstreaming wurde durch den EU-Vertrag von Amsterdam in das Primärrecht aufgenommen, womit unterschiedliche Maßnahmen und auch Gesetze auf Frauen und Männer geschlechtsspezifisch zu analysieren sind, bevor Entscheidungen für diese Maßnahmen getroffen werden können. In dieser Tradition sollen im Rahmen der 9. Frauen-Ring-Vorlesung an der Universität Salzburg Rechtsbereiche auf frauen- und geschlechtsspezifische Problemfelder aus rechtsgeschichtlichen, -soziologischen, -philosophischen und -politischen Perspektiven durchleuchtet werden. Die Ringvorlesung soll im WS 2003/04 an der juridischen Fakultät stattfinden.WissenschafterInnen aus allen Rechtsdisziplinen und verwandten Bereichen sind eingeladen, den Gechlechterdimensionen in den Rechtswissenschaften nachzuspüren und aktuelle Phänomene aus geschlechterkritischer Perspektive zu analysieren.Vortragsvorschläge mit Arbeitstitel,Thesenpapier, Lebenslauf und vollständiger Anschrift können bis zum 10. Februar eingesandt werden. heko Zusendung an: Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung, Universität Salzburg, Universitätsplatz 1, 5020 Salzburg Weitere Infos:T. 0662/8044-2522, Fax. DW 2523, e-mail: irene.rehrl@sbg.ac.at, http://www.gendup.sbg.ac.at
februar 2003an.schläge 21
Fo t o : E v a E c k e r t
wissenschaftforum
Bovarys Nachfolgerinnen Uneingeschränktem Lesen wohnte immer schon ein gewisses revolutionäres Potenzial inne. Dies führte im 19. und 20. Jahrhundert zu einer zunehmenden literarischen Problematisierung der „gefährlichen Liebschaft“ zwischen Frauen und Literatur. Von Barbara Maria Deißenberger
Barbara Deißenberger schrieb ihre Diplomarbeit zum Thema „Frauen und Literatur als literarisches Motiv in österreichischen und französischen Romanen“. Die Arbeit wird voraussichtlich im Herbst 2003 bei der Edition Praesens/Dr. Michael Ritter KEG erscheinen.
22 an.schlägefebruar 2003
Lesen dürfen und sollen Frauen aus höheren Gesellschaftsschichten schon lange – als Trost bzw. zur Ablenkung von den realen Gegebenheiten. Zunächst war das Los der Frauen, die von Männern gewünschte und gewährte Lektüre zu lesen: religiös bzw. sittlichmoralisch Erbauliches, Liebeslyrik und – ab dem 18. Jahrhundert – auch Romane. Im 18. Jahrhundert kam es in Europa als Folge der Revolutionen zu einem enormen Alphabetisierungsschub, von dem
auch Frauen profitierten. In Frankreich entstand das Bildungsbürgertum, dessen Träger, die citoyens (Bürger), sich an ihrer Seite nach adeligem Vorbild nun auch eine gebildete citoyenne (Bürgerin) wünschten. Somit kamen mehr Frauen in den „Genuss“ höherer (Schul)Bildung, die allerdings immer noch ganz nach den Vorstellungen bürgerlicher Männer war: Gerade diese vermeintlich harmlose Bildung aber sollte die patriarchalen Strukturen an einem neuralgischen Punkt treffen: Mittels Literatur konnten
viele Frauen erstmals ihre strikten Beschränkungen aufbrechen. Das Bovary-Syndrom. Gegen Ende des 18. und im Laufe des 19. Jahrhunderts trat ein gefürchtetes „Krankheitsphänomen“ zutage: Das „Bovary-Syndrom“, eine Form der weiblichen Lesesucht mit (für Männer) unerwünschten Auswirkungen auf die Realität, erhielt seinen Namen von der Titelheldin des Romans von Gustave Flaubert,„Madame Bovary“, wo in paradigmatischer Weise erstmals das
forumwissenschaft Motiv einer moralkorrumpierenden Beziehung von Frauen und Literatur verarbeitet wurde. Flaubert war jedoch nur scheinbar ein Bekämpfer des Syndroms, denn er zeigte deutlich, wie sehr die Lesesucht ein Resultat der weiblichen Bildung in Verbindung mit der von Männern vorgegebenen eingeschränkten Lebensweise von Frauen war. Die Konfrontation der literarisch-fiktiven Welten, in denen sich Frauen weitere Horizonte und Erfahrungsmöglichkeiten eröffneten, mit der realen Lebenswelt, führte in einen Teufelskreis von Unzufriedenheit und vermehrter Flucht in Lektüre. Im – für Männer – ungünstigsten Fall mündete dies in dem Versuch, die triste, banale Lebenswelt mit der begehrten fiktiven zur Deckung zu bringen. Für derart „empfindsam“ erzogene weibliche Seelen barg also auch der harmloseste Liebesroman den Keim zukünftiger Rebellion in sich. Die Formel „Literatur als Opium für das Frauenvolk“ erwies sich damit als patriarchaler Knieschuss.
(1900-03) ist äußerst belesen und wird deshalb von fast allen Protagonisten des Romans als moralisch korrumpiert wahrgenommen. Literarisch neu daran ist, dass diese „Verworfenheit“ Claudines den Männern durchwegs gefällt, ja, von ihnen als verführerischer „Makel“ empfunden wird. Die verbotene Lektüre als Metapher für den Apfel in Evas Hand deutet denn auch auf die ambivalente Einschätzung der damals bereits errungenen Verbesserung weiblicher Bildung hin: Einerseits wurden Frauen dadurch interessanter, andererseits aber auch zu einer Bedrohung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung des bürgerlichen Patriarchats. Zudem zeigt sich: kaum lässt die allzu „empfindsam-sittliche“ Erziehung von Mädchen und Frauen etwas nach, ist es ihnen ein Leichtes, sich von ihren Lektüre-Erfahrungen zu distanzieren. Die Gleichung „Frauen und Literatur als gefährliche Liebschaft“ wird damit als ein von männlichen Autoren gerierter Mythos entlarvt.
sinnig“ bezeichnet. Dass Musil alle Figuren des Romans tendenziell ironisch angelegt hat, relativiert zwar die zynischen Bewertungen von Frauenfiguren durch Ulrich (und Musils Darstellung); dennoch kann seine Verarbeitung des Motivs wohl nur als Ausweitung des BovarySyndroms auf (populär)wissenschaftliche Literatur, und nicht als Überwindung der didaktischen Darstellung von Frauen und Literatur als unheilvolle Liebschaft verstanden werden.
powerd by:
Sagans Sarkasmus. Françoise Sagans „Un peu de soleil dans l’eau froide“ („Ein wenig Sonne im kalten Wasser“) entstand im Frankreich der späten 1960er Jahre, also räumlich-sprachlich näher an Flauberts Prototyp, zeitlich nun jedoch bereits über ein Jahrhundert von diesem entfernt. Die realen Bildungsmöglichkeiten für Frauen waren zu diesem Zeitpunkt zwar formalrechtlich nicht aber real gleichberechtigt.Wie es mit dem vorherrschenden (Rollen)Bildungsideal für Frauen in den Köpfen von Männern (Un)Sitte. Es war also an der Zeit, Frauen Musils Verunglimpfungen. Weitere Protago- aussah, lässt sich aus dem Handlungsablauf von Sagans Roman ausgezeichnet vom Bovary-Syndrom und damit von nistinnen, an denen das Bovary-Synihren „unheilvollen“ Lesegewohnheiten drom in aufschlussreicher Weise erkenn- rekonstruieren. So empfindet im Paris zu heilen – mittels schöngeistiger Lektü- bar ist, finden sich in Musils „Mann ohne der 60er-Jahre die männliche Hauptfigur die außergewöhnliche Belesenheit und re. Die Moral zu dieser Heilsgeschichte Eigenschaften“ (1930-32). Die in Öster(literarische) Bildung der Romanheldin findet sich dabei scheinbar auch schon reich noch weiter in Bildung und Beruf als exotisch „verstaubten“ Reiz, den er in „Madame Bovary“. So muss sich die vorgedrungenen Frauen finden darin nicht ernst nimmt, wiewohl ihn die darRomanfigur Emma, die als leidenschaftli- ihren literarischen Niederschlag etwa che Leserin zur doppelten Ehebrecherin als (populär)wissenschaftlicher Literatur aus resultierende Abgeklärtheit seiner Geliebten in Bezug auf Liebesgeschichwurde und Haushalt wie Mann in den verfallene, kakanische Salonköniginnen Ruin stürzte, am Ende des Buches vergif- oder als bleiche, altjungferliche Studien- ten beruhigt. Denn: Nathalie verhält sich zu ihrer Lektüre ironisch-distanziert und ten. Allerdings hat Flaubert den ehebreabbrecherinnen. Mit Vorliebe stellt Mucherischen Ausbruch seiner Protagonisil seine Leserinnen-Figuren als intellek- sie scheint genau jene literarisch-karthatische Desillusion erreicht zu haben, die stin aus der Fadesse ihrer Lebenswelt tuell von ihren erweiterten Bildungsden französischen naturalistischen Dichpsychologisch derart nachvollziehbar und Lektüremöglichkeiten überfordert tern zur Heilung des Bovary-Syndroms so dargestellt, dass ihm 1857 ein Prozess we- dar. Dies drückt sich u. a. in höchst pazentral erschien. Allerdings zeigt Sagan gen Verletzung von Sitte und Religion ge- thetischen und damit oft komisch andurch den weiteren Verlauf der Gemacht wurde. Naturalistische Schriftstel- mutenden Leseweisheiten aus, die die schichte, dass gleichgestellte weibliche ler ließen in der zweiten Hälfte des 19. Protagonistinnen in allen nur erdenkliJahrhunderts ihre Protaganistinnen nun chen Lebenssituationen zum Besten ge- Bildung und die dadurch mögliche Dimunter in Bovarys Fußstapfen treten, ben. Wenn Ulrich, der Mann ohne Eigen- stanzierung von schöngeistiger Literatur ohne ein radikal verändertes weibliches sprich: diese in ihr durch „schlechte“ Lek- schaften, die belesene Diotima als Frau türe induziertes Unglück laufen. Aufwahrnimmt, die ohne ihren Geist soviel Rollenbild in der Gesellschaft nicht zur schlussreicherweise fällt diese Anhäuschöner sein könne, befindet er sich da- gewünschten Heilung des Bovary-Syndroms führt. Im Gegenteil: Die gebildete fung fehlgeleiteter belesener Romanmit in gefährlicher Nähe der Tradition Romanheldin parodiert die immer noch heldinnen genau mit dem Vordringen der Verunglimpfung gebildeter Frauen und den Forderungen von Frauen in Rich- als „Blaustrümpfe“. In Dr. Strastil, der na- präsente Vorstellung von Frauenleben tung besserer (Schul)Bildung zusamturwissenschaftlich promovierten Kolle- für die Liebe und den Mann, indem sie diese aus ironischer Distanz heraus im men. Und wie entwickelte sich die „gegin Ulrichs, setzt Musil diese Tradition fährliche Liebschaft“ im 20. Jahrhundert? fort. Er zeichnet sie nicht nur rein äußer- ganzen Ausmaß ihrer Absurdität durchspielt. Vom Geliebten betrogen und gelich denkbar unattraktiv, sondern sie demütigt, vergiftet sie sich also in braver wird auch hinsichtlich ihres SeelenverColette. Die Heldin „Claudine“ aus Colet❚ standes von Ulrich explizit als „schwach- Nachfolge Madame Bovarys. tes gleichnamiger Roman-Tetralogie februar 2003an.schläge 23
an.sage
Mutter mit 60? Anlässlich der aktuellen Diskussion um späte Mutterschaft nehmen Renée Schroeder, Mikrobiologin und Mitglied der Bioethikkommission und Katharina Ohner vom Frauengesundheitszentrum Graz zu diesem sehr emotional besetzten Thema Stellung.
Standpunkte und Kommentare müssen nicht mit der Redaktionsmeinung übereinstimmen.
Katharina Ohner
Renée Schroeder
Wenn sich Frauen im Alter von sechzig und darüber eine Schwangerschaft zutrauen und die Verantwortung dafür übernehmen wollen, ein Kind in die Welt zu setzen, dann ist das als ihre ganz persönliche und private Entscheidung zu akzeptieren. Dennoch ist es für mich als Frau nicht ganz so einfach, eine so späte Mutterschaft ohne Wenn und Aber gutzuheißen. Auf der einen Seite teile ich die Bedenken, ob eine Frau mit so fortgeschrittenem Alter die Versorgung eines Kindes über Jahre hinweg gewährleisten kann. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass Frauen, die sich zu diesem Schritt entschließen, ihre Entscheidung bewusst treffen. Daher spreche ich auch keiner Frau das Recht auf eine so späte Mutterschaft ab. Die Einwände, die ich gegen eine Schwangerschaft mit sechzig habe, sind viel mehr gesellschaftspolitischer Natur. Sollten die beiden aktuellen Beispiele aus der Steiermark Schule machen, besteht meiner Ansicht nach die Gefahr, dass viele Frauen in ihren jüngeren Jahren als Arbeitskräfte (aus)genutzt werden könnten, um sie dann, wenn sie im Alter von fünfzig und darüber für die Arbeitswelt nicht mehr brauchbar scheinen, mit Hilfe von technischen Mitteln und medizinischen Errungenschaften im wahrsten Sinne des Wortes zur Reproduktion zu missbrauchen. Frei nach dem Motto: „Mach ruhig Karriere, und solltest du dir später doch ein Kind wünschen, dann lässt sich das schon machen.“ Dieses Argument mag im ersten Moment an den Haaren herbeigezogen erscheinen. Doch bei genauerer Überlegung lassen sich dabei nicht zu unterschätzende Vorteile für Medizin und Wirtschaft erkennen. Den Unternehmen blieben auf diese Weise mehr junge weibliche Arbeitskräfte erhalten und die Medizin könnte hemmungslos ihrem Forschungsdrang frönen. Doch wer hinterfragt, welche Folgen eine Schwangerschaft mit sechzig für die Gesundheit der Frau hat? Wenn es überhaupt zu einer Schwangerschaft – die nur mit Eizellenspende und künstlicher Befruchtung möglich ist – kommt, sind weitere Hormongaben notwendig, von deren Unbedenklichkeit niemand überzeugt sein kann. Besteht nicht die Gefahr, dass Frauen, die womöglich Jahrzehnte lang mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch zurechtkommen mussten, allzu leicht zum Spielball der medizinischen Forschungsbegierde werden könnten? Gibt die Forschung auf offene Fragen wirklich befriedigende Antworten? Welche Risiken birgt die künstliche Befruchtung, welche Konsequenzen hat die Hormonbehandlung? Auf diese Fragen wird in der Debatte auffallend wenig eingegangen. ❚
Die scharfen Reaktionen auf die Meldung der beiden späten Mutterschaften hat mich ehrlich gesagt etwas gewundert. Ich bewundere diese Frauen, dass sie in dem hohen Alter die Strapazen einer Schwangerschaft und einer Geburt auf sich genommen haben. Auch sind die anschließenden Jahre körperlich sehr anstrengend. Wenn die Kinder drei Jahre alt sind, wird es wesentlich einfacher, da sie sprachlich vieles verstehen. Ich habe keine Bedenken, dass diese Frauen die Kinderziehung schaffen werden. Es sind sehr viele Kinder bestens von ihren Großmüttern erzogen worden. Warum daher diese Aufregung? Wenn Männer mit sechzig oder gar achzig Väter werden, gelten sie als tolle Hechte und werden bewundert. Der Erfolg von Viagra ist als Sieg über die im Alter schwindende Manneskraft zu verstehen. Warum daher nicht die gleiche Reaktion bei Frauen? Die Antwort ist ganz einfach. Die Gesellschaft erwartet von Vätern keine große Beteiligung an der Kindererziehung. Die interessanteste Frage ist wohl, was diese Frauen bewogen hat, diesen Schritt zu tun. Die Mutterschaft ist zweifelsohne eine sehr erfüllende Aufgabe im Leben einer Frau. Ich selbst wollte immer Kinder haben und meine zwei Kinder sind in jedem Fall der Höhepunkt in meinem Leben. Ich glaube, dass Frauen viel eher als Männer über die Elternschaft ihren Stellenwert in der Gesellschaft erhalten. Ein erfolgreicher Mann wird selten danach gefragt, ob er Vater ist oder gar ein guter Vater. Bei einer erfolgreichen Frau folgt immer die Nachfrage nach der Familie. Wenn dann die Frau keine Familie hat wird verständnisvoll und mitleidig geblickt. Es ist anzunehmen, dass diese Frauen unter der Kinderlosigkeit sehr gelitten haben. Da Adoptionen dermaßen schwierig und die Bewerbungen sehr demütigend sind, haben diese Frauen keine andere Möglichkeit gehabt. Es wurde den beiden Frauen Egoismus vorgeworfen, da sie eher an ihre Lebenserfüllung als an das Glück ihrer Kinder gedacht haben. Ich bin überzeugt, dass diese Kinder sehr glücklich sein werden. Ein Problem können höchstens blöde Kommentare aus ihrer Umgebung sein, die auf gleiche Ebene mit Rassismus zu setzen sind. Ist der Wunsch nach einer späten Mutterschaft legitim? Geht die Technik hier zu weit, weil etwas ermöglicht wird, was die Natur nicht vorgesehen hat? Der Mensch hat sich schon vor sehr langer Zeit entschieden, die natürlichen Grenzen zu überschreiten. Solange dabei niemand Schaden zugefügt wird, habe ich kein Problem damit. ❚
24 an.schlägefebruar 2003
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an.rissarbeit ögb – abzwien
FlexPowerment Der ÖGB und abzwien präsentierten im Dezember die Ergebnisse ihres Forschungsprojekts „FlexPower“ zur Situation freier DienstnehmerInnen und Neuer Selbständiger. Demzufolge verfügt die Mehrheit der Befragten zwar über eine hohe Bildung, findet aber keinen angemessenen Job. Wesentlich mehr Frauen (73 %) als Männer (65 %) haben große Ängste wegen fehlender sozialer Absicherung, hinzu kommen massive Schwankungen bei Arbeitszeit und Einkommen. Am meisten wünschen sich die Befragten mehr Beratung, gefolgt von Verbesserungen im Sozial- und Arbeitsrecht. Im Rahmen der Veranstaltung stellte der ÖGB das Beratungsservice vor, das – auch für Nicht-Mitglieder – kostenlos angeboten wird. Anschließend wurde der Auftakt des am 7. Jänner 2003 gestarteten EQUAL- Pojekts „fempowerment? Stärkung und Qualifizierung von Mädchen und Frauen“ gefeiert. heko Weitere Infos unter: http://www.oegb.at und flexpower@oegb.at
erfolgscoaching
„Pilotinnen ist nichts verboten“ Von Mitte März bis Mitte Juli 2003 bieten die beiden Trainerinnen Andrea Sanz und Regina Trotz zum ersten Mal eine Coachinggruppe – deshalb auch Pilotinnengruppe genannt – an. Unter der Devise „Pilotinnen ist nichts verboten“ können Frauen sich mit ihrer Lebens- und Arbeitssituation auseinandersetzen und Erfolgskonzepte entwickeln. Frauen verfügen zwar über hervorragende Fähigkeiten, haben diese aber meist zum Durchhalten entwickelt. Ziel des Coachings ist, diese Ressourcen nun auch für die eigene Erfolgsgeschichte nutzen zu lernen. Denn die gläserne Decke scheint für viele nach wie vor eine unüberwindbare Barriere zu sein.Was sind aber die Alternativen und Möglichkeiten in dieser scheinbaren Unmöglichkeit? Wo finde ich, was (zu) mir passt? Und wie kann ich Netzwerke aufbauen und nützen? Diese und ähnliche Fragen sollen im Rahmen der Pilotinnengruppe beantwortet werden. Dabei ist es den Trainerinnen wichtig, die durch die Gruppendynamik frei werdenden Ressourcen für das Finden von Lösungen zu nutzen. Klarheit und freie Sicht auf das, was jede kann und will, sind die roten Fäden durch die (berufs) begleitende Coachingzeit. Die Coachinggruppe findet an sieben Freitagen/Samstagen statt und kostet pro Teilnehmerin 990,- Euro. Bis zum 7. März 2003 haben Interessentinnen Zeit, sich für das Coaching anzumelden. heko Information und Anmeldung:T. 0676/627 55 40, e-mail: r.trotz@aon.at Ort: Gruppenraum Verein Notruf & Beratung, Elterleinplatz, 1170 Wien
beratungsstelle
Gesucht! Die Vernetzung der Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser und Interventionsstelle in Niederösterreich möchte eine (mobile) Migrantinnenberatung installieren. Dafür werden versierte Frauen, bevorzugt Migrantinnen, gesucht, die an einer detaillierten Konzepterstellung mitarbeiten wollen und im besten Falle damit ihren eigenen zukünftigen Arbeitsplatz mitgestalten möchten. Erfahrung in Konzepterstellung (sowohl inhaltlich als auch finanziell) und in der praktischen Arbeit/Beratungsarbeit sind Voraussetzung. keck Lebenslauf an: Kassandra, z.H. Rosemarie Ertl, F. Skribany-Gasse 1, 2340 Mödling,T./ Fax: 02236/42 0, kassandra@computerhaus.org;
einkommensbericht 2001
verdient
Fo t o : M i c h a e l a B r u c k m ü l l e r
Und es gibt ihn immer noch – den Einkommensunterschied zwischen Frauen und Männern. Auch wenn manchmal versucht wird, mit Bruttobeträgen die Kluft zwischen den Geschlechtern zu verringern (oder auch aktuell zwischen den verschiedenen Berufsgruppen). Der Einkommensbericht für das Jahr 2001 des Rechnungshofes zeigt allerdings deutlich – und netto: Frauen verdienen nach wie vor weniger als Männer. So betrug das Netto-Jahreseinkommen bei unselbständig beschäftigen Frauen 11.660 Euro, jenes der Männer 17.860 Euro. Noch wesentlicher ist die Differenz bei den Selbständigen. So verdienten Frauen hier lediglich im Durchschnitt 6.770 Euro jährlich, Männer beinahe das Doppelte, nämlich 12.370 Euro. Am geringsten scheint der Unterschied im Öffentlichen Dienst zu sein. Beamtinnen verdienten 2001 22.680 Euro, Beamte 24.070 Euro. Der geschlechtsspezifische Lohnunterschied ist nicht ausschließlich auf mangelnde Ausbildung von Frauen (ein gern vorgeführtes Argument) zurückzuführen, er basiert teilweise auch auf unterschiedlichen Arbeitszeiten. So haben Männer mehr Vollzeit-Arbeitsverhältnisse und mehr Möglichkeiten zu bezahlten Überstunden als Frauen. Der Rechnungshof-Bericht veranlasst den Österreichischen Gewerkschaftsbund, erneut einen Mindestlohn von 1.000 Euro zu fordern. 150.000 bis 170.00 Frauen, die Vollzeit arbeiten, würden noch immer unter diesem Einkommen bleiben, so Renate Csörgits, Frauenchefin beim ÖGB. Sie verlangt gleiches Geld für gleichwertige Arbeit. Damit uns diverse Meldungen nicht mehr Brutto für Netto vormachen können... PÖ februar 2003an.schläge 27
neuekommunikationstechnologien
Found in Space
Martina Mayrhofer ist Expertin für Neue Kommunikationstechnologien und betreut seit vier Jahren das „Frauenweb“. Zum Interview getroffen hat sie Yo Taubert In der Auseinandersetzung mit Neuen Kommunikationstechnologien als Feld feministischer Strategien ist es notwendig, Informationskapital auf seine politische und soziale Relevanz hin zu untersuchen. an.schläge: Wie bist du auf den Geschmack der Neuen Kommunikationstechnologien gekommen? Martina Mayrhofer: Ich habe zwar Informatik studiert, mir aber den allergrößten Teil meiner Informatikkenntnis28 an.schlägefebruar 2003
se und Kompetenzen eigenständig angeeignet. Ich habe eine Zeit lang an der Uni als Systemadministratorin gearbeitet. Meine Motivation war hier schon ganz früh, als Frau im männerdominierten IT-Bereich Funktionen zu übernehmen. Andererseits wollte ich mit Frauen arbeiten, und nicht, wenn irgendwie Probleme auftreten, wieder Männer holen müssen. Eine wichtige Motivation, das Frauenweb überhaupt zu beginnen, entstand aus unserer extrem privilegierten
Situation als Studentinnen: Wir können auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen – diese Ressourcen wollten wir einer breiteren Frauenöffentlichkeit zur Verfügung stellen. Zweitens bringen wir als Informatikerinnen ein Know How mit, Infrastruktur auch zu betreuen und zu verwalten. Mit den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ergeben sich neue interaktive Kommunikationsmöglichkeiten. Gleichzeitig befördert diese Situation eine Auseinandersetzung
kommunikationstechnologienneue darüber, was Kommunikation eigentlich ist, wie sie funktioniert und wie ihre Form und ihr Inhalt zusammenhängen. Für eine genauere Beurteilung der Entwicklungen ist es nicht unerheblich, wer was und mit welchem Interesse formuliert. Beobachtest du einen Paradigmenwechsel der Machtverhältnisse? Als Frau mit einem weiblichen Vornamen werde ich immer noch als Frau wahrgenommen. Es werden bestimmte Rollenbilder und Klischees verknüpft. Über die Analyse der Fragestellungen und Inhalte können aber auch Rückschlüsse gezogen werden. Ich verwende z.B. eine „weibliche“ Sprache und so Begriffe wie „Rechnerin“. Wenn ich den Begriff so verwende, kriege ich eine bestimmte Kategorie verpasst, die jetzt nicht unbedingt weiblich konnotiert ist, aber zumindest: Feministin, Emanze. Als wir das Frauenweb planten, haben wir uns selber gefragt: Wie nutze ich das Medium, wie möchte ich es gerne nutzen? In der Verknüpfung unserer politischen Ansprüche hat gut damit zusammengepasst, was wir uns auf dieser technischen Ebene überlegt haben, was wir tun wollen. Wir hatten etwa den Anspruch, ausschließlich für Frauen und mit Frauen zu arbeiten und damit auch ein Stück Stärkung von Frauen in der Öffentlichkeit zu erreichen, andererseits eine Kontaktperson zu bieten. Üblicherweise tauchen die Systembetreuerinnen nicht in der Öffentlichkeit auf, sind eher im Hintergrund. Prinzipiell sind Paradigmenwechsel möglich. Internet ist aber nur ein unterstützendes Medium. Es kann ein Mittel zur Erreichung von Zielen sein, aber nicht der Zweck. Ein Ziel ist ganz sicher, Kategorien wie Geschlecht zu dekonstruieren oder auch sich mit politischen und gesellschaftspolitischen aktuellen Diskussion zu beschäftigen und da auch ein Stück Einfluss zu haben. Welche Möglichkeiten des konkreten Handelns mit oder im Kontext Neuer Kommunikationstechnologien siehst du für dich und für größere Gruppen von Aktivistinnen? Information allein ist nichts. Ich muss auch eine Motivation entwickeln, damit etwas zu tun. Ich brauche aber
auch bestimmte Fähigkeiten, mit der Vielfätigkeit an Informationen umzugehen. Und ich muss eine Möglichkeit haben, die Informationen zu sortieren und zu kategorisieren oder rauszufiltern, was davon für mich brauchbar ist. Woher mensch diese Motivation bezieht und wie die aufgebaut werden kann, ist schwierig. Das Medium Internet kann ja die Motivation nicht von sich aus aufbauen, die muss woanders herkommen. Motivation wäre z.B.: Ich will etwas wissen. Resultat könnte sein, zuviel an Informationen zu bekommen und diese strukturieren zu müssen. Diesen Kreislauf muss ich irgendwann durchbrechen, Stopp sagen und aufhören, weiter zu suchen. Die Macht eines Microsoft-Konzerns ergibt sich ja wohl nicht aus der Tatsache, dass sie ein besonders gutes Programm auf den Markt geworfen haben. Sie ist viel mehr Ergebnis von Eigentumsverhältnissen, ökonomischer Dominanz und einer gesellschaftlichen Struktur, die diese per Patentamt schützt und mit staatlicher Gewalt durchsetzt. Du arbeitest mit Linux als alternativem Betriebssystem? Ich arbeite mit Linux, weil ich Linux einerseits als politisch korrektes Betriebssystem auf jeden Fall unterstützen will und ich andererseits nicht in der finanziellen Situation bin, mir Microsoft-Betriebssysteme zu leisten. Als politische Frau, die sich mit EDV und Technik beschäftigt, ist es für mich völlig klar, dass ich damit arbeite und versuche, dieses System zu unterstützen. Ich unterrichte Linux und mache Trainings, andererseits verwende ich es ganz selbstverständlich selber für alles, was ich tue. Vieles bei der Beantwortung der Frage nach den Machtverhältnissen im Netz, wird davon abhängen, ob es gelingt, eine vielfältige und dezentrale Serverlandschaft zu erhalten. Für den Aufbau unseres Servers hat nicht so sehr die staatliche Kontrolle eine Rolle gespielt. Aus unserem Wissen heraus – wie funktioniert Systemadministration, wie viel Vertrauen muss ich bei der Benutzung eines Servers aufbringen – stand es für uns außer Frage, dass wir uns einen eigenen Server aufbauen werden. Das Ziel war, einen Frei-
raum zu schaffen von Frauen und für Frauen, die Sichtbarmachung von Frauen, ohne in einem zweiten Schritt gleich wieder einzuschränken, wen wir sichtbar machen. Derzeit sind wir hauptsächlich Provider, stellen den Space zur Verfügung für andere Frauen, Organisationen und Projekte. Es geht schließlich um ein mehr an Informationen, auch darum, Informationen aus meiner politischen Perspektive zu veröffentlichen, nicht um die Breite der Öffentlichkeit. Weil darauf habe ich kaum Einfluss. Der Schwerpunkt liegt nicht auf: Ich erreiche jemanden damit. Wichtiger ist die Vernetzung oder Verlinkung. Fantasien über linksalternativen Widerstand, die im Internet vorherrschen, gelten in erster Linie dem Hacken. Ein Grund für die Attraktivität von HackerInnen liegt sicherlich in dem technizistischen Verständnis des Mediums. Gibt es eine Hackerkultur, der es um etwas mehr geht, als um das Aufdecken von Sicherheitslücken? Ich würde Hacken für politische Gruppen/Aktivitäten als durchaus wichtig bewerten. Aber nicht im Sinne, dass das in/mit größeren Gruppen durchgeführt wird. Das ist schon etwas, das sehr viel an Expertinnenwissen gekoppelt ist und auch von Expertinnen durchgeführt wird. Es ist eine sehr spezialisierte Arbeit. Hacken macht für mich dann Sinn, wenn es als eine Strategie im politischen Kontext verwendet wird. All das, was für die „alten“ Medien und den physischen Raum formuliert wurde, gilt in den Grundzügen auch für das Internet. Allerdings gibt es jeweils spezifische Bedingungen der verschiedenen Orte und Räume, die wiederum differenzierte Vorgehensweisen nahe legen. Ein wichtiger Unterschied ist für mich, dass es keine gemeinsamen Kategorien gibt für „real“ und „web“. Bei der Informationsverarbeitung im Netz bin ich in vielen Punkten auf mich allein gestellt. Ich kann nicht auf gesellschaftliche Kategorien zurückgreifen. Ein System an Werten ist für mich im „real space“ überprüfbar, im „virtuell space“ aber nicht. Ich kann es zwar verwenden, das heißt aber nicht, dass es passt. ❚
http://www.frauenweb.at
Das ungekürzte Interview ist auf unserer homepage nachzulesen http://www.anschlaege.at
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kulturan.riss künstlerinnensuche
Weg mit dem Korsett Welche genug davon hat, dass (Frauen)Körper-Bilder oft zwischen den beiden Extremen spindeldürr und nudeldick schwanken, dass barbusig anheizend gleichgesetzt wird mit entspannter Sexualität etc. Welche Spaß daran hat, sich kreativ mit Körperthemen auseinander zu setzen: FIFTITU% bietet „Die Freiheit zu sein“. Unter diesem Arbeitstitel plant die Linzer „Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich“ für dieses Jahr ein künstlerisches Projekt, das sich dem Thema Körper widmet. „Wir wollen uns nicht nur mit Themen wie Diätwahnsinn usw. beschäftigen, sondern auch – in künstlerischer Form – positive Möglichkeiten aufzeigen, wie frau ihren Körper, und den anderer, sehen kann, trotz aller Zwänge, die uns umgeben“, so Manuela Mittermayer, Mit-Vorstandsfrau bei FIFTITU% und Co-Initiatorin des Projektes. Im Rahmen von Veranstaltungen in öffentlichen Räumen – auf Bahnhöfen, in Zügen – soll diese Reihe im Herbst 2003 einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. Bis dahin werden für das Projekt noch kreative Frauen gesucht, die sich bereits mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben – speziell im literarischen und kabarettistischen Bereich. Konzepte, Ideen, Vorschläge können bis Ende März bei der Vernetzungsstelle schriftlich eingereicht werden. PÖ Weitere Informationen: Manuela Mittermayer, FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich, Kapuzinerstraße 36/1, 4020 Linz, T. 0676/6343364, e-mail: fiftitu@servus.at, http://www.fiftitu.at
literaturpreis
Texte zu Technik
auftritt
Gergana übt nicht mehr Vor Kurzem erhielt sie in den Niederlanden einen der drei begehrten Anerkennungspreise für ihre spezielle Verbindung von Lyrik und Komposition. 1.500 MusikerInnen hatten sich für die „Song Expo 2002“, das „Benelux International Song and Cultural Festival“, beworben, doch Gergana setzte sich durch. Einladungen u.a. ins bulgarische Fernsehen oder ins Radio zu „Mama Robert“ von Taxi Orange folgten. Die Bulgarin, die seit drei Jahren in Österreich lebt, besitzt eine wilde künstlerische Geschichte mit Ausflügen in diverse Richtungen. Sie schloss das nationale Musikgymnasium „Ljubomir Pipkov“ in Sofia ab, besuchte am Krakauer Konservatorium die MeisterInnenklasse für Klavier, studierte Theaterwissenschaften und Schaupielerei – und später noch Archäologie. „An einem gewissen Punkt beschloss ich, mit Musik nichts mehr zu tun zu haben – denn Musik war mein ganzes Leben. Was macht Gergana? Girgana übt“, lacht die Sängerin. Doch nach ein paar Filmen für Kinder, Theaterproduktionen, Buchpublikationen und Radiosendungen landete sie wieder bei der Musik. Am 27. Februar wird sie alleine ihre Kompositionen und Gedichte im Amerlinghaus vorstellen, am 8. März singt sie im Tunnel (letzteres aber mit der Männerband „Short Peek“, einigen langhaarigen Typen aus St. Pölten). Doch vielleicht finden wir noch ein paar Musikerinnen für Gergana. kek 30 an.schlägefebruar 2003
Das Frauenreferat der HTU (Österreichische HochschülerInnenschaft an der Technischen Universität Wien) und die Kunstvereinigung Akunst schreiben heuer zum vierten Mal den Lise Meitner Literaturpreis aus. Bis zum 30. April können Frauen Texte zum Thema Technik an das Frauenreferat der HTU senden. Erwartet werden unveröffentlichte Prosatexte (auch Experimentelles) in deutscher Sprache, die höchstens drei Seiten umfassen. Pro Teilnehmerin können bis zu drei Texte eingeschickt werden. Der Preis, der mit 2.200 Euro dotiert ist, wurde nach der österreichischen Physikerin Lise Meitner benannt, die sich im männerdominierten Wissenschaftsbetrieb durchsetzen konnte und somit zu einem Vorbild für heutige Studentinnen der Technik geworden ist. heko Einsendungen an: Frauenreferat der HTU, Kennwort: „Literaturpreis“, Wiedner Hauptstrasse 8-10, 1040 Wien Infos: e-mail: frauenreferat@vorsitz.htu.tuwien.ac.at, akunst@gmx.at
kabarett
Escribano neu Marie Thérèse Escribano spielt noch vom 18.– 22.2. im Theatercafé Graz ihr neues Programm „Single & Co“, das im Jänner in Wien Premiere feierte. Erwartet werden kann ein musikalisch- kabarettistischer, mehrsprachiger Abend rund um Lust und Last, Chancen und Tücken des Alleinlebens. Die Künstlerin entfernt sich dabei vom „Gebrüllt-vor-Lachen-Kabarett“ und setzt lieber auf ernste Inhalte. Sie versucht auf musikalische und komische Weise sowohl Männer als auch Frauen anzusprechen, sind doch beide Geschlechter von den Themen gleichermaßen betroffen. heko 18.-22.2. im TheaterCafe Graz, Mandellstraße 11, 8010 Graz, Kartenreservierung T. 0316/82 53 65, 22. und 23.3. im Aera, 1010 Wien, Gonzagagasse 11
an.risskultur verstorben
heim.spiel
„Ich bin keine Frau“ Die französische Feministin Monique Wittig verstarb Anfang Jänner 67jährig an einem Herzinfarkt in den USA. In den 70erJahren, in der großen Zeit der Frauenbewegung, kritisierte sie bereits die unhinterfragte Zweigeschlechtlichkeit – auch in der feministischen Szene. „Frauen? Kennen wir nicht. Sie sind eine Erfindung des Patriarchats. Die Frauenbewegung? Gibt es nicht. Das ist eine Erfindung der Presse. Wir sind nicht die Bewegung. Wir sind keine Gruppe. Wir sind ein Phänomen.“ Die 1935 geborene und in Elsaß aufgewachsene Wittig studierte in den 50er Jahren an der Université de Paris. Für ihr erstes, 1969 erschienenes, Buch „Opoponax“, erhielt sie den Literaturpreis Médicis. Ein Jahr später wurde sie Sprecherin der Separatistinnengruppe „Feministes Revolutionnaires“, an deren Gründung sie maßgeblich mitwirkte. Mitte der 70er Jahre veröffentlichte sie noch „Brouillon pour un dictionnaire des amants“ ehe sie Frankreich verließ. Ihre berümtesten Werke schrieb Wittig allerdings erst in den 80er Jahren: „On ne naît pas femme“ (1980) und „The Category of Sex“ (1982). 1986 promovierte sie in Sprachwissenschaften und war ab 1990 als Hochschullehrerin in der Abteilung Women´s Studies an der University of Arizona tätig. heko
Eva Steinheimer
Evas Bauch Fo t o : N i c k M a n g a f a s
theaterproduktion
„Dri Chinisin mit dim Kintribiss...“ Wenn ihr noch immer der Meinung seid, asiatische Frauen wären lieb, leise und lächeln immer freundlich – hier eine dringende Empfehlung, in die neue Produktion des Schauspielhauses zu gehen: Noorlinah Mohamed vom „Performance Collective Asia“ und die Schauspielerin und Fernsehproduzentin Karen Tan, beide aus Singapur, werden euch in „Marco Polo Wunderwelt“ die Ohren voll dröhnen. Der Seefahrer Marco Polo importierte fantastische Vorstellungen über den exotischen Osten, die bis heute in manchen Köpfen festsitzen. Doch die Kolonialisierten schlagen zurück. Die ZuschauerInnen werden in den Saal geführt und nehmen in der Mitte des Raumes auf kleinen roten Plastikhockern Platz. Rundherum entwickelt sich nach allen vier Seiten hin eine Art interkontinentale Reise, unterstützt von einigen Videoprojekten (zum Teil sehr schön auf weiße durchsichtige Vorhänge projiziert), wilden Rennereien und zwei Ventilatoren. Karen Tan wirft mit Zahlen um sich, Noorlinah Mohamed untersucht mit einer Handkamera die Haarbeschaffenheit des Publikums. Währenddessen posiert eine Touristin mit grünen Schwimmflossen und schreibt furchtbare, unergründliche Gedichte über das in grünem Leuchten phosphoriszierende Meer. kek
Schon lange bevor ich schwanger war, waren mir diese bunten Bilder an den „Versehrtensitzen“ der öffentlichen Verkehrsmittel aufgefallen. Darauf abgebildet sind jene Personen, denen auf jeden Fall ein Sitzplatz zusteht: alte Männer, blinde Männer, Frauen mit Kind auf dem Schoß und Schwangere. Als ich dann tatsächlich schwanger war, wartete ich (nicht nur deshalb) schon sehnsüchtig darauf, dass mein Bauch endlich zu sehen wäre. Im letzen Schwangerschaftsdrittel war er dann auch ziemlich unübersehbar. Dachte ich. Denn so offensichtlich war es scheinbar wieder nicht. AutofahrerInnen, denen ich das Recht abgetrotzt hatte, die Straße auf dem Schutzweg zu überqueren, gestikulierten ständig wie wild, weil ich ihnen zu langsam watschelte. Für die Öffis hatte ich aber gewisse Erwartungen. Nicht dass ich unbedingt einen Sitzplatz gebraucht hätte, aber wenn ich mit Sack und Pack unterwegs war und in der Straßenbahn, wie so oft in diesem lauen Herbst, 35 Grad herrschten, fand ich Sitzen doch ganz angenehm. Das war einem Herren (der selber zwei Sitze alleine blockierte) ein Dorn im Auge und er belehrte seine Umgebung über „die Jugend von heute“. Mich hat er gemeint, aber nicht angesehen, also hab ich mir eine Antwort erspart. Ein paar Stunden später auf der Heimfahrt passierte dann ganz das Gegenteil. Ich hatte mich am Schottentor gemeinsam mit jeder Menge anderer StudentInnen in die Bim gequetscht und stand da so eingeklemmt, als plötzlich eine etwa gleichaltrige junge Frau neben mir mitleidsvoll sagte: „Wollen Sie sich nicht lieber setzen?“ und mir ihren Platz anbot. Da hab ich mich dann uralt gefühlt! Das Mitleid war mir unangenehm, aber am Ärgsten fand ich es, gesiezt zu werden. Hingesetzt hab ich mich aber trotzdem und darüber nachgegrübelt, ob ich denn mit Kind plötzlich einer anderen Generation angehören würde. P.S.: Über meine ersten Erlebnisse mit Kinderwagen in der U-Bahn könnte ich natürlich auch einiges erzählen. Einstweilen nur soviel: Liebe Zehen von all den Leuten, die ignorant in die Luft schauen anstatt etwas Platz zu machen, nehmt euch in Acht, mein Kinderwagen ist geländegängig!
Bis 23. Februar im Schauspielhaus, 1090 Wien, Porzellangasse 19
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Fo t o : M i c h a e l a B l a s zc z u k
jubiläumrosalilavilla
Weil draufsteht, was drin ist! Zwanzig Jahre voller Kampf und Engagement machten die Rosa Lila Villa zu einem europaweit einzigartigen Treffpunkt für Lesben und Schwule. Anlässlich des Jubiläums soll die manchmal mühsame Geschichte der Villa erzählt werden. Von Angela Schwarz
Angela Schwarz ist Leiterin der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Mitarbeiterin im Rosa Lila Tip.
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Ende der 1970er entstand in ganz Europa eine Jugendbewegung, deren Anliegen es unter anderem war, Platz für Alternativkultur zu schaffen, dem Lebensgefühl Raum zu geben und unter dem Slogan „No future“ doch eine Zukunft zu haben. Häuser wurden besetzt, Zürich brannte. Auch in Wien fand diese Entwicklung sichtbar statt. In der besetzten Arena lebte die Alternativkultur auf. Wiener Jugendliche forderten Raum und Rechte und begannen mit Hausbesetzungen, denn Wohnraum war teuer und die Ablösen hoch. Die Gemeinde Wien versuchte diese Bewegung ernst
zu nehmen, aber auch zu kanalisieren, indem sie den verschiedenen Jugendinitiativen ausgewählte Abbruchhäuser zur Verfügung stellte (Gassergasse, Aegidigasse, Myrthengasse – um nur einige zu nennen). Bis auf ein Haus in der Mythengasse wurden sie im Lauf der Jahre allerdings abgerissen. So manche erinnert sich vielleicht noch an die Auseinandersetzungen rund um die Räumung und den Abriss der „Aegidi“ Ende der 1980er. Abbruch. In dieser Zeit formierten sich auch junge Lesben und Schwule und forderten ein Lesben- und Schwulen-
haus in Wien. Vorerst wären sie auch schon mit der Etage eines Hauses zufrieden gewesen, aber das angepeilte Haus mit besagter Etage war leider baufällig und musste abgerissen werden. Also wurde die nächstbeste Gelegenheit respektive das nächstbeste Abbruchhaus ins Visier genommen: Ein Haus in der Linken Wienzeile sollte ursprünglich einer Straßenerweiterung und einem Parkplatz weichen. Die Gemeinde Wien als Hausbesitzerin gab einem der Aktivisten als Übergangslösung einen Mietvertrag für eine kleine Wohnung in dem Objekt. Dies nahmen acht weitere AktivistInnen zum
rosalilavillajubiläum Anlass, ebenfalls dort einzuziehen und gleich das ganze Haus in Stand zu setzen. Denn in Stand gesetzt musste in diesem Haus einiges werden. Damit auch wirklich alle begriffen, was im Wiental ab sofort los war, wurde die bröckelnde Fassade als Infofläche verwendet:„Erstes Wiener Schwulen- und Lesbenhaus“,„Rosa Lila Villa“,„56 81 50“ (die alte Telefonnummer der Beratungsstelle), rosa Winkel und Lesbenzeichen prangten nun für alle sichtbar auf der Hausmauer. Um dem Projekt einen rechtlichen Rahmen zu geben wurde der Verein „Rosa Lila Tip, Verein zur Beratung, Information und Betreuung, sowie zur Förderung der Kommunikation und kulturellen Arbeit homosexueller Frauen und Männer“ gegründet. Die Arbeitsweise im Verein war basisdemokratisch, antihierarchisch, paritätisch und emanzipatorisch. Die AktivistInnen der ersten Stunde haben nicht nur Wohnraum für sich, sondern auch Freiraum, Beratungsraum, Kulturraum und Kommunikationsraum für andere Lesben und Schwule in der Rosa Lila Villa geschaffen – und das war gut so. Die Aufreger in den Medien und in der Öffentlichkeit waren vorprogrammiert und manchmal auch mühsam für die BewohnerInnen. Die Empörung war sicherlich auch deswegen so groß, weil diese Initiative nicht im Verborgenen gedieh, sondern sich sehr sichtbar an einer der größten Ausfallstraßen Wiens Platz verschaffte. Die Aufregung in der Öffentlichkeit hatte allerdings auch ihre guten Seiten. Einerseits wurde dadurch sehr schnell ein sehr hoher Bekanntheitsgrad erreicht und andererseits ganz klar aufgezeigt, wie notwendig ein Lesben- und Schwulenhaus in Wien ist. Umbruch. Das Haus war nicht umsonst als Abbruchhaus ausgewiesen. Das Dach war leck, die Mauern feucht und die Bausubstanz angegriffen. Für ein längerfristiges Bestehen des Gesamtkonzeptes „Rosa Lila Villa“ war eine Renovierung dringend notwendig, was aber durch den ursprünglichen Rechtsstatus eines jederzeit kündbaren Präkariums (= Bittleihe – das Wort sagt alles!) nicht möglich war. Erst als die Gemeinde Wien dem BetreiberInnenverein „Rosa Lila Tip“ 1985 ein 30jähriges Baurecht (= Besitz auf Zeit) einräumte, konnte der Verein die Vorbereitungen für eine Generalsanierung in Angriff neh-
Im Wohnbereich wurden bei der Renovierung die verschiedenen Einzelwohnungen zu drei Wohngemeinschaften zusammengefasst und bieten insgesamt zehn Lesben und Schwulen Wohnraum. Die Parität der Geschlechter ist im Konzept der Rosa Lila Villa ein wichtiges Grundprinzip. Im Wohnbereich heißt das, dass es je eine LesbenWG, eine Schwulen-WG und eine gemischtgeschlechtliche WG gibt. Aus dem nur sporadisch geöffneten „WarAufbruch. Nach der Renovierung wurde men Nest“ als Treffpunkt und Lokalität ein inhaltliches Gesamtkonzept für die wurde nach der Renovierung das proRosa Lila Villa erarbeitet, das auf den drei Säulen Beratung, Wohnen, Kommu- fessionell geführte Szenelokal „Willendorf“, das als Kommunikationsort Ghetnikation aufbaute. Seit 1988 gibt es im togrenzen überwindet und durchlässig Erdgeschoss eine niederschwellige Bemacht. ratungsstelle mit Bibliothek, die monBeratung, Wohnen und Kommunitags bis freitags drei Stunden für perkation sind auch heute noch die drei sönliche und telefonische Beratungen Säulen des Gesamtkonzeptes. Die Villa geöffnet hat. Parteilichkeit und Anonyist mit diesem Konzept nach wie vor mität sind Grundlagen der Beratungsarbeit. Ziel der Beratung ist, Lesben und einzigartig in Europa. Manches wurde im Lauf der Jahre modifiziert, die GäSchwule beim Coming-Out zu unterstützen, sie zu ermuntern, im Alltag ge- stInnenwohnung wurde z. B. 1995 zugunsten von größeren Gruppenräumgen gesellschaftliche, rechtliche und politische Diskriminierung aufzutreten lichkeiten aufgegeben. Die Zusammenarbeit von Lesben und ein selbstbestimmtes lesbischund Schwulen in einem Projekt war für schwules Leben zu leben. Im Beratungsteam arbeiten seit 1988 beide Seiten sehr bereichernd, allerdings auch oft von Diskussionen und auch Lesben und Schwule mit, die nicht in der Rosa Lila Villa wohnen. Nur so ist es Auseinandersetzungen geprägt. Das möglich, fünf Tage in der Woche Beratung Verständnis für die spezifischen Anlieanzubieten, sich dafür auch fortzubilden, gen der jeweils anderen war nicht immer in ausreichendem Maße vorhanComing-Out Gruppen zu initiieren,Vorträge in Schulen zu halten, Exkursionen in den. Von Lesbenseite gab es wenig Beder Villa zu empfangen, Ausstellungen zu reitschaft mit einzelnen Schwulen zukonzipieren, eine GästInnenwohnung zu sammenzuarbeiten, denen feministische Inhalte und Anliegen nicht nur betreiben, Broschüren zu verfassen, Lesfremd waren, sondern denen sie sogar bentreffen und Warme Wochen zu organisieren, sich für die gesellschaftliche und feindlich gegenüberstanden. In der Beratung kristallisierte sich heraus, dass rechtliche Anerkennung von Lesben und eine Trennung sinnvoll ist, damit die jeSchwulen einzusetzen, auch vor der Zeit der Paraden Aktivitäten zum Christopher weiligen Teams zielgruppenspezifischer und mit weniger Reibungsverlusten arStreet Day zu setzen und die Belastung beiten können. Seit 1998 arbeiten die für einzelne trotzdem in Grenzen zu halLesben- und die Schwulenberatung geten – zumindest meistens. trennt. In der Lesbenberatung ist es Unzählige AktivistInnen haben in diesen 20 Jahren für kürzer oder länger seither verstärkt möglich, sich lesbenund frauenspezifischeren Themen zu im „Tip“ mitgearbeitet und mit ihrem Engagement, ihrem Verantwortungsbe- widmen, ohne gleichzeitig Grundsatzwusstsein und ihrer Kreativität das Bild diskussionen führen zu müssen. Für viele Lesben und Schwule in Wien war die und die Aktionen der Lesben- und Schwulenbewegung mitgeprägt. Dieses Villa in den letzten zwanzig Jahren Anenorme Ausmaß an ehrenamtlicher Ar- laufstelle und Treffpunkt. Sie ist als sichtbares Zeichen von lesbischen und beit in der Beratungsstelle wurde und schwulem Selbstbewusstsein weit über wird zumindest durch eine jährliche Subvention für Sachkosten von der Ge- die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. ❚ meinde Wien unterstützt. men. Große Schwierigkeit bereitete es etwa, eine Bank zu finden, die „diesem“ Verein einen entsprechend hohen Kredit gewährte. Die damaligen BetreiberInnen schafften aber auch diese Hürde und konnten mit Hilfe des Wohnbausanierungsfonds die nötigen Geldmittel auftreiben. Seit dem Abschluss der Renovierung 1988 zeigt sich die Villa mit der heute bekannten rosa Fassade.
Lila Tip, Lesbenberatung Linke Wienzeile 102 1060 Wien Mo – Fr 17.00 – 20.00 Uhr T. 01/586 81 50 e-mail: Lesbenberatung@villa.at http://www.villa.at/lilatip/
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Fo t o : M a g d a l e n a B l a s zc z u k
interviewkäthe kratz
Durch Blicke Die Filmregisseurin Käthe Kratz stellte in ihrem neuen Film „Vielleicht habe ich Glück gehabt“ Blickkontakte zwischen „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ und jüdischen Überlebenden her. Ein Interview von Kerstin Kellermann Viele junge Flüchtlinge leben alleine in Österreich, ihre Verwandten und FreundInnen verbleiben im Herkunftsland. In Ihrem Film besuchte Käthe Kratz die zurück Gebliebenen in Marokko, Äthiopien und der Ukraine. Eine Verbindung wird aufgebaut, die etwas sehr persönliches ist. an.schläge: Die Flüchtlinge und ihre Familie wollen sich gegenseitig gerne sehen, können aber nicht. Sie sind als Regisseurin quasi die Person, die dazwischen steht und beide sehen kann, im Film selbst aber nicht auftaucht. Wie sehen Sie die Funktion der Kamera bzw. die Aufgabe der Regisseurin in diesem Zusammenhang? Käthe Kratz: Eine Grundüberlegung des Films war, die Flüchtlinge als ganze Personen in ihrem Umfeld wahrzunehmen, mit einer Heimat, mit Menschen, die sich um sie sorgen, die traurig sind, 34 an.schlägefebruar 2003
dass sie weg sind. Ihnen Raum zu geben in der Hoffnung, dass die Menschen hier ihre Angst vor den Fremden überwinden. Dass diese Angst sich auflöst. In diesem Rahmen war es für mich wichtig, mich selbst so stark zurückzunehmen, wie es nur irgendwie geht, weil ich nicht verbal interpretieren oder kommentieren wollte. Dass ich als Gestalterin ganz stark da bin ist klar, aber ich wollte keine mitteleuropäische Sicht der Dinge anbieten. Der Weg zu Vertrauen und Offenheit war kein einfacher. Doch das Erzählbedürfnis brach durch, als sie merkten, dass ich ihnen auf keinen Fall schaden werde. Bei einer amtlichen Tätigkeit müssen die Asylsuchenden wie die Teufel aufpassen, keine „Fehler“ zu machen, damit es keinen negativen Bescheid gibt. Auch bei den jüdischen Frauen bekommt man das Gefühl, dass es sehr wenig Raum in ihrem Leben gibt, um ihre Erinnerungen wei-
tergeben zu können. In den meisten Dokumentarfilmen finde ich es unangenehm, wenn sich die Regie in den Vordergrund stellt – eine Ausnahme ist z.B.„Bowling for Columbine“ mit Michael Moore. Waren Ihnen die Lebensumstände neu? Die jüdische Welt war mir vertraut, über Flüchtlingsfragen wusste ich nicht sehr viel. Beim Filmemachen begleitete mich der Gedanke „Wie fühlt sich das an?“ mehr als die Fakten. Wie geht es denen eigentlich, wenn sie über die Grenzen geschafft werden? Wie hält man das aus? Es ist eine Art Nachfühlen. Gingen Sie nicht mit der Idee, den jüdischen Ladies auf der Reise nach England (die sie im Kindertransport schon erlebt hatten) Sofortbildkameras in die Hand zu geben, über das Nachfühlen hinaus? Als Person, die die Kamera bestimmt, drückten Sie den Mitwirkenden kleine Kameras in die Hand…
käthe kratzinterview
Die Erinnerungssplitter dieser Frauen sind sehr fragmentarisch. Die Auseinandersetzung mit der Erinnerung, die unterschiedlich ist und sich ändert, ist wichtig für eine Orientierung. Das Bild für diese Suche nach Erinnerungen waren die Sofortbildkameras. War der Himmel damals blau oder nicht? Was war da, was es nicht mehr gibt? Die paar Erinnerungsstücke, die man hat, sollten geordnet sein, denn viele wurden in der traumatischen Vergangenheit weggeschoben. Ein weiterer Schritt war, den Jugendlichen zum Beginn der Erinnerungssuche einen Teil der Bilderproduktion zu geben. Ist es nicht ein Privileg Erinnerungen haben zu dürfen – gerade in Form von Bildern, Symbole für Identität, Persönlichkeit…? Alle Beteiligten wollten die Bilder, die sie gemacht haben, behalten. Es war jedes Mal fast ein Kampf, welche Fotos sie gleich behalten dürfen und welche ich noch für den Film brauche. Mit den Videos war das noch viel stärker – sie besitzen zu dürfen und damit sozusagen ein Stück geordnete Identität in den Händen zu halten. Sie stellten im Film einige Fragen zu Identitätsthemen – zu Sprüngen, zu Ambivalenzen innerhalb der Familie. Gab es da geschlechtsspezifische Unterschiede? Gerade in einer Situation, in der alle Sicherheiten weg sind, besitzt der Vater als Person, die für Sicherheit und Stabilität steht – unabhängig davon, ob das jetzt stimmt oder nicht – eine ganz wichtige Funktion. Aber gerade die jüdischen Damen, die mit dem Kindertransport nach England geschickt wurden, schildern, dass die Person der Liebe, Nähe und Wärme die Mutter war. Suchen die Kinder nicht so sehr Plätze als Heimat, sondern Personen? Die sie dann natürlich auch enttäuschen können, wie es die eine jüdische Dame formulierte:„Ich habe in meinem ganzen Leben Menschen gesucht, die meine Eltern ersetzt hätten, und das bringt natürlich Probleme.“ Wann immer ich den Begriff Heimat verwende, verstehe ich darunter
nicht nur einen Ort in dem man lebt, sondern ein Umfeld. Dazu gehört die Familie, Schule, die Freunde, die Sprache, Kultur, Religion – alles das zusammen macht das Umfeld, die Heimat, aus. In diesem Sinne sind sie auf der Suche nach einer neuen Heimat, was dann aber natürlich heißt, neue Menschen, Aufgaben und Bindungen jedweder Art zu finden und natürlich einen Ort, an dem man halbwegs menschenwürdig leben kann. Der Verlust all dessen, was einem Sicherheit, Vertrautheit und Geborgenheit gibt, ist schon ein unglaublich schwieriger Schritt – gerade im jugendlichen Alter. Die Gesellschaft ignoriert das Thema „Flüchtlinge“ sehr gerne. Wie erklären Sie sich die starken Reaktionen auf ihren Film? Susanne Pyrker ist einfach eine tolle Öffentlichkeitsarbeiterin. Natürlich ist aber auch nicht zu übersehen, dass sich in der schwarzblauen Koalition – aber auch schon unter sozialdemokratischen Innenministern – die Situation der Flüchtlinge massiv verschlechtert hat. So dass man oft den Eindruck hatte, es ist Teil des Stimmenfangs den Menschen zu vermitteln: keine Angst, wir lassen die Fremden eh nicht rein. Die radikale Ablehnung dieser ganzen Problematik, diese Zurückweisung der Menschen entwickelte aber eine Gegenkraft. Viele Journalisten, die schwer mit dieser Situation zurechtkommen, berichten gerne über etwas, das diesem Mainstream widerspricht. Es gibt eine große andere Seite, die halt nicht an der Macht ist und nicht das Sagen hat. Wie würden Sie diesen Film in Ihrem Gesamtwerk einstufen? Nach Dokumentarfilmen und Spielfilmen mache ich jetzt wieder Dokumentarfilme. Auch meinen letzten Film „Abschied ein Leben lang“ machte ich mit großer Freude. Es tut gut, wenn man mit realen Menschen zu tun hat, ich habe unendlich viel gelernt und begriffen. Meine Spielfilmerfahrung war eine sehr wichtige Basis, um den Bildern, den
Emotionen zu vertrauen, um Geschichten zu erzählen. Es interessiert mich auch, in diesen streng getrennten Formen an Grenzen zu gehen. Auf der Ebene der Dramaturgie, der Erzählformen, der Konstruktion der Geschichten können sich beide Genres befruchten. In der Schlussszene betrachten die Jüdinnen die jungen Flüchtlinge im Video. Da muss man gar nicht mehr viel sagen, um auf der Ebene der Wahrnehmung eine Gemeinsamkeit herzustellen. Es gab viel Kritik von Hardlinern dazu: Darf man da eine Gemeinsamkeit herstellen, eine Beziehung zwischen den Generationen? Ist das erlaubt, wenn die sich selber oder gegenseitig anschauen? Diese Blicke, die sie sich zuwerfen, die Beziehungen herstellen, provozierten heftigste Reaktionen, extreme Ablehnungen aber auch starke, positive Gefühle. Die politische Situation 1938 und heute kann man natürlich nicht vergleichen, den Umgang der Länder schon. Damals nahm England 10.000 Kinder auf, heute nimmt Österreich nur ein Prozent der Kinderflüchtlinge auf. Mir fehlte ein bisschen die oft starke Nähe, der Zusammenhalt, die gegenseitige Unterstützung der jungen Flüchtlinge. Etwas, was ich bis jetzt noch nicht verstanden habe, ist, dass alle außer einem Mädchen Bezugspersonen aus ihrer Heimat abgeschrieben haben. Moussa weigert sich konsequent, ein soziales Netz aus Marokkanern zu finden. Ich erkläre mir das mit dem Druck, ihren Erfahrungen aber auch mit dem Schmerz. Sie sind auf einem isolationistischen Einzelkämpferkurs unterwegs, was auch ihren Erfahrungen entspricht. Die Funktion der drei Alten war eben eine Bahn, eine Assoziationskette zu schaffen, wie es für die Jugendlichen weitergehen könnte. Wie sehr das prägt, auch wenn man seinen Weg findet. Lucie sagt, es gab drei separate Leben für sie: Wien, London und New York. Dass diese Leben nicht zusammenwachsen können geht mir sehr nahe. Erinnerungen schaffen da eine Brücke. ❚
Zwei Generationen von Flüchtlingen: Akute Betroffenheit und starke Erinnerungen.
„Vielleicht habe ich Glück gehabt“ Bis Mitte Februar im Votivkino, Wien, danach auch in den Bundesländern http://www.glueckgehabt.at
Buchtipp Irene Messinger, Heinz Fronek: Handbuch zu Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen“, Mandelbaumverlag 2002
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kulturkabarettlisafitz
Ned Bläd Die bayrische Kabarettistin Lisa Fitz gastierte im November 2002 mit ihrem neuesten Programm „Alles Schlampen außer Mutti“ gemeinsam mit Sohn Nepo Fitz in St. Pölten und Steyr. Von Helga Pankratz
Letzten Sommer im ORF: Der Bericht über ein Harley DavidsonTreffen in Kärnten. Zwischen den überwiegend männlichen Fahrern und überwiegend weiblichen Mitfahrerinnen kam eine Frau groß ins Bild, die sich erfrischend schlagfertig und selbstbewusst als Bikerin präsentierte. „Lisa Fitz, 50, Kabarettistin“, besagte das Insert. In den 80er Jahren war ich sehr begeistert von Lisa Fitz. Seit längerem hatte ich aber gar nichts mehr von ihr gehört. Als sie erwähnte, dass sie im Herbst in Österreich auftreten werde, war für mich klar: Da muss ich hin. Das muss in die an.schläge. Bücher: Lisa Fitz: Heil. vom Therapie-Chaos zur deutschen Ordnung. Mit einem Nachwort von Konstantin Wecker. Heyne 1994 Lisa Fitz:Was ich denke. Goldmann 1996 Lisa Fitz: Flügel wachsen nach. Heyne 1997 Lisa Fitz, Heinz-Dieter Herbig: Herzilein. Kein Volksstück. Heyne 1998 Lisa Fitz: Kruzifix. Nichts ist ihnen heilig. Heyne 1998 Arno Frank Eser: Lisa Fitz. Ladyboss und „heilige Hur“. Links Verlag 1996
CDs: Lisa Fitz: Geld macht geil. Wortart (1996) Lisa Fitz: Die heilige Hur. Wortart (1996)
Alle Auftrittstermine: www.lisafitz.de
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begleitet: eine linkes, antirassistisches, freidenkerisches „Wildes Weib“ zu sein, und obendrein eine „feministische Kampfsau“ (O-Ton Lisa Fitz). Ihr ewig-aktuelles Lied, „Mein Mann ist Perser – ein ganz perverser“ entlarvte pointiert die Vorurteile der Deutsch sprechenden Durchschnittsbevölkerung.
Power-Schlampe. „Unsere mediengeile Gesellschaft macht an einer Frau mit Lust Begriffe fest wie skandalumwittert, vamphaft, dominant, männerfressend“, kommentiert sie das Image, mit dem sie inzwischen leben gelernt hat:„Das ist nichts weiter als der Spiegel der entsetzlichen Prüderie, die sich ein Ventil in pornografischen Fantasien schaffen Das Image. Mit unbestechlicher Intellimuss.“ genz und viel Power hat das aus einer Immer unterwegs als Botschafterin KünstlerInnen-Dynastie kommende von Verstand und Vernunft, von VertrauMulitalent Lisa Fitz die Klippen umschifft, die am Anfang ihrer Karriere lau- en in das eigene Gefühl und gegen alles Scheinheilige, versteht sie sich allererten. 1972, damals noch von ihrem Vater gemanagt, trat sie in der Bayrischen dings darauf, mit der Skandalgeilheit der Medien zu arbeiten. Um als KünstleHitparade als blonde Frohnatur im rin erfolgreich existieren zu können, ist Dirndl auf. Doch statt im volkstümlieine große Portion Realitäts- und Gechen Musikantenstadl zur bayrischen Ikone aufzusteigen, machte sie sich mit schäftssinn nötig. „Fitz kommt nicht dem Song „I bin bläd“ über dieses Genre von Benefiz, sondern von Malefiz“, erklärt sie ihrem Publikum mit trockenem lustig und wechselte mit fliegenden Fahnen zum kritischen AutorInnenthea- Wortwitz. Das ihr verpasste Klischee der gefährlichen, dominanten Powerfrau ter. An den Münchner Kammerspielen spielt sie auf der Kabarettbühne perfekt war sie in Stücken von Achternbusch aus. Damit hat sie ihr männliches wie und Kroetz zu sehen, bevor sie sich in weibliches Publikum fest in der Hand; den 80er Jahren der Rockmusik zuersteres zugleich auch um das unverwandte. Sie trat zusammen mit dem meidliche Bisschen mehr „auf der Rockmusiker Ali Khan-Halmatoglu auf, Schaufel“. der ihr erster Ehemann und Vater des Sohnes Nepomuk wurde. Aus der Zeit mit Ali stammt gewiss auch das Image, Starke Mutter. Erstmals steht sie in „Alles das die Fitz seither auf Schritt und Tritt Schlampen außer Mutti“ mit Sohn
lisafitzkabarettkultur
Fo t o : S u s i e K n o l l
lesben.nest
Nepomuk – kurz Nepo – gemeinsam auf der Bühne. Unvermeidlich sind vor Beginn der Vorstellung Gedanken wie: „Führt hier eine prominente Mutter ihr noch unbekanntes Söhnchen in die Welt des Showbizz ein?“ und:„Wird es ein Machtkampf zwischen Mutter und Sohn: Wer wen an die Wand spielt?“ – All diese Fragen lösen sich im Lauf der Show in positive Antworten auf. Die jeweils individuellen Stärken der beiden – Nepo ist ein hervorragender Pianist, Lisa fasziniert mit Pointen und Bühnenpräsenz – tragen zu Genuss und Wohlbehagen ebenso bei, wie das perfekte Zusammenspiel der zwei. Und spätestens gegen Ende des Programms, wenn Nepo auch Sprechtexte vorgetragen und Lisa auch Gitarre gespielt hat, ist bewiesen, dass sie beide in allen Sparten Klasse sind – und zusammen ein super Duo.
emanzipierte junge Frauen sind, wie Mama sich wünschen würde…! „Ich will ein Luder mit Hirn“, lobpreist Nepo schließlich in einem Lied sehr ausführlich Mamas Vorstellung von der Traum-Schwiegertochter. Doch das mütterliche Motzen findet kein Ende. Breites Grinsen vermeidend, erläutert sie, was für ein Elend es ist, wenn so ein Kind zu wohlgeraten ist. „Er kifft nicht, säuft nicht, bringt immer gute Noten heim – sogar in Betragen“, klagt sie. Schrecklich, wenn er von Feminismus bis Umweltbewusstsein, alles was du ihm gesagt hast, ernsthaft in die Tat umsetzt. So ein fehlerloses Kind lässt eine Mutter, die sehr wohl ihre kleinen Laster hat, ganz schon unperfekt aussehen!
Der Beppi. Es wäre nicht Lisa Fitz, wenn das Geschlechterthema nicht kernig und witzig verhandelt würde. Am Beispiel des „Beppi“, des besten Freundes von Nepo, der ein echter bayrischer Das Schneckenproblem. In einer facettenNachwuchs-Macho ist, wird kräftig abreichen Gratwanderung zwischen Tiefgehandelt, wie sich die männliche Borsinn und Kalauer widmet sich die Fitz niertheit von Generation zu Generation dem Generationen-Verhältnis: „Besser ungebrochen fortpflanzt. „Alles Schlamder Sohn von Lisa Fitz als der Bulle von pen außer Mutti“ ist das Motto dieses Tölz“, tröstet sie den Sprössling und inBeppi, der so sehr anders geraten ist der formiert das weibliche Publikum darüFitzsche Nepo. In den atmosphärisch ber, dass „das Leben beginnt, wenn die dichten Passagen, mit denen das ProKinder aus dem Haus sind.“ Während gramm ausklingt, wird die „Fitzin“ zu der Sohn höflich auf dem Klavierihrem Sohn dann endlich so richtig lieb: stockerl sitzt und lauscht, plaudert die Wenn sie alt und hilfsbedürftig ist, möMutter von der übermenschlichen Leige er bitte für sie sorgen. Sie werde stung, mehrmals täglich „Pour Elise“ auch ganz bestimmt sehr anspruchslos am Klavier geübt zu hören. Schließlich sein. Was braucht sie denn im hohen Alhat er das Klavierüben zugunsten der ter schon viel? Nur die allernötigsten „Schnecken“ vernachlässigt, die er heimbrachte. Wie viel Toleranz es kostet, Kleinigkeiten wie „Internet, Videorecorder und die Harley…“. ❚ wenn die wenigsten „Schnecken“ so
Ursula Raberger
Schlager für Fortgeschrittene Was in aller Welt hat die Schlagersängerin Connie Francis mit lesbischer Lebenskultur zu tun? Eine ganze Menge – soviel sei hier versichert! Davon überzeugt sind zumindest Steffi Klapprad (der Beinname stammt von ihrem unüberhörbaren faltbaren Untersatz) und Kim, die für ihre modischen und haartechnischen Eskapaden bekannt ist. Bei einer der berühmtberüchtigt gewordenen „Martini-Sessions mit viel Zitrone“ kommt es meist zu Auswüchsen ganz besonderer künstlerischer Art. „Liebeskummäär loohnt sich nischt my darling, ooh noo…“ – ein all-time-favorite der beiden Song-Sisters. Das Problem dabei ist jedes Mal das gleiche: die noch nicht vergraulten Partyfrauen ergreifen nun auch die Flucht. Vanessa ist so ein Fall, was für die Connie-Addicts ein herber Rückschlag ist. „A Wahnsinnsfrau – die Connie“, tönt es da meist durch die ehrwürdigen Hallen der Villa, die dann bald verlassen werden, da die GästInnen sich beschweren. Was Vanessa, die vorigen Samstag brummend in der Ecke saß, den Appetit verschlagen hatte, konnte frau wohl sehr schwer auf die gerade stattfindende Performance von „Schöne fremde Frau“ zurückführen (wen interessiert’s, dass es im Original ein fremder Mann ist?). Romana – eine stolze diplomierte Köchin (sie legt Wert darauf!) – hatte uns nämlich zum DelikatessenSchlemmen in ihr kleines schmuckes Häuschen eingeladen. Feine italienische Küche und Martini in 1/4l-Gläsern röteten die Gesichter der Frauen – nur Vanessas Teint wurde zusehends weiß, wie der noch nicht gefallene Schnee. Das blieb nicht lange so – die Gesichtsfarbe änderte sich in grün, bevor sie mit der Hand vor dem Mund einen weniger amüsanten Ort aufsuchte, als die zur Bühne umfunktionierte Wohnküche, in der die wahrhaften Nachfolgerinnen von „Mrs. Francis“ mit lauten quietschähnlichen Stimmen und dem Schuhlöffel in der Hand schmetterten: „Heute ist die Wäält so schöön, endlich kann isch bei dir sein.“ Gibt es noch irgendeinen Zweifel? Nein – diese Schlager sind Kult… und Connie ist unsere Schwester!
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an.klang
Über den Wipfeln ist Ruh’… Musik für den ruhigen Puls, gehört von Regina Himmelbauer
Monika Stadler:„Everything will be“ Christine Bardie: „Mamage“ Sinéad O´Connor: „Sean-Nós Nua“ Kaija Saariaho: „L´aile du songe“ Donna Marguerita Chiara Cozzolani: „vespro a voce sola in nativitate sancti joannis baptistae“
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Monika Stadler, virtuose Klangzauberin auf der Harfe, bevorzugt mit wenigen Ausnahmen auf ihrer mittlerweile fünften CD „Everything will be all right“ (Extraplatte) ruhigere, besinnliche Klänge. Ihre Kompositionen und Arrangements (v.a. mit zart eingesetzten, farbenreichen Perkussionsinstrumenten) strahlen Ruhe aus, wirken konzentriert und subtil ausgehört. Die Gefahr, dass sich die Stücke bei so viel Klangsinnigkeit auf einen bloßen Klangteppich reduzieren, besteht nie: Kein Ton wirkt als überflüssiger Zierrat, sondern ist ein wichtiges Teilchen im Entwickeln und Ausführen musikalischer Ideen. Und auch musikalischer Humor kommt nicht zu kurz, wie das groovige „gemma’s an“ beweist... Ihre erste CD hat die Tiroler Liedermacherin Christine Bardie vorgelegt. Der Titel „Mamage“ (erhältlich unter www.bardie.at) leitet sich von Mamagement ab – und der Alltag von (Haus-) Frau & Mama steht im Mittelpunkt. Christine Bardie vermeidet dabei aber erfreulicherweise eine bloße Betroffenheitsgestik – ihre Lieder sind auch für Nichtmütter & -hausfrauen hörensund bedenkenswert. Da werden Erinnerungen an frühere Freundschaften geweckt, wird vom frühstücklichen Marmeladebrot geschwärmt, fühlt frau sich im Alltag überfordert. Verhalten in Umgangssprache vorgetragen, eingekleidet in folkigen oder bluesartigen Gitarrenbegleitungen vermittelt die „Bardin“ Erfahrungen, ohne in Plattitüden zu verfallen. (Eine Bitte für die
nächste CD: Texte im Begleitheft wären super!) Fürs Herz sind die englischen Volkslieder, die William Carter zusammen getragen hat und Clara Sanabras mit warmer Stimme vorträgt. Unterstützung bei einigen Liedern erhalten die beiden auf der CD „the new Irish girl and other folk songs and ballads to the lute“ (Linn) von Mitgliedern des mittlerweile auch mehrmals in Wien zu hörenden Palladian Ensembles. Pamela Thorby ist die Blockflötistin, die mit kleinen Umspielungen die Melodien klanglich bereichert. Für FreundInnen englischer Folkmusik. Folklore, dieses Mal aus Irland, aber nur bedingt traditionell arrangiert und mit tontechnischen Raffinessen bereichert, bietet die neueste CD „Sean-Nós Nua“ (Musica) von Sinéad O’Connor. Bereits das Eröffnungslied möchte samt Subtext homosexueller Liebe gelesen bzw. gehört werden. Die persönlichen Bemerkungen der Sängerin zu jedem Lied zeigen auf, dass Folklore nicht unbedingt bloße Harmlosigkeit und Nostalgie bedeuten muss, wie es eine gefällige musikalische Verpackung vielleicht suggerieren würde. Die Verankerung der Lieder in ihrer historischen Entstehung mit dem Irland von heute, die Sinéad O’Connor vornimmt, hätte vielleicht musikalisch noch verstörender, irritierender unterstützt werden können. Die Credits zeigen, dass da einige ihre Arrangementkünste spielen haben lassen. Die Lieder klingen daher farbenprächtig, mit raffinierten Klangmischungen. Die inhaltliche Sprengkraft, auf die im Beitext verwiesen wird, lässt
sich so aus den Klängen allein nicht herausfühlen. Aber über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten… Sperriger ist die Musik der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, von der eine Oper vor zwei Jahren bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde. „L’aile du songe“ (naive/Extraplatte) versammelt Stücke unterschiedlichster Besetzungen (vom Flötensolowerk über Lieder bis hin zu großen Orchesterkompositionen), die alle mit Vögeln zu tun haben. Poesie der seltenen Art, die Loslösung von traditionellen Hörgewohnheiten verlangt. Eine Vesper zur Geburt des Heiligen Johannes des Täufers („vespro a voce sola in nativitate sancti joannis baptistae“; astrée E8879/Extraplatte), zusammengestellt aus Werken des Frühbarocks (frühes 17. Jahrhundert), lässt auch ein beschwingtes „Laudate Dominum“ der Donna Marguerita Chiara Cozzolani hören. Schlicht instrumentiert (mit Geigen und Cornetti, einer Art von Trompeten), konzentriert sich die Aussage auf die Stimme – die damalige Diskussion, ob das Wort oder die Musik wichtiger sei, entscheidet die Komponistin zugunsten des Ausdrucks der Lobpreisung. Es singt der Altist Carlos Mena. Sehr fein, dass der Einbezug von Werken von Komponistinnen so selbstverständlich erfolgt. Übrigens: Der für Jugendliche gedachte, spannende Abenteuerroman „Die Stadt der wilden Götter“ von Isabel Allende ist nun auch als 8 CDs umfassende Lesung erschienen (Der Hörverlag ISBN 3-89940-023-2). ❚
lese.zeichen
Interessenshierarchien Wie kann man mit Differenzen umgehen und eine multikulturelle Gesellschaft entwickeln? Birgit Rommelspacher zeigt Kontinuitäten und Brüche in der Konstruktion von Fremdheit. Von Leah Carola Czollek
„Der Anspruch auf das Erbe hat in allen demokratischen Gesellschaften ein größeres Gewicht als das Recht anderer auf Existenzsicherung und Schutz vor Verfolgung.“ Wie kommt es zu diesem Recht und wer sind die Anderen, die Schutz vor Verfolgung suchen? Wie gestaltet sich die Hierarchie von Rechten und welche Deutungsmuster und politischen Entwürfe sind damit verbunden? Wer sind die Vorfahren und welches Eigentum ererben die Nachkommen? Welche Bilder haben die Einen jeweils von den Anderen? Wie sind diese entstanden? Was lässt die Einen die Einen als die Einen und die Anderen die Anderen als die Anderen erscheinen? Das Thema Fremdheit und Machtinteressen, durchzieht das ganze Buch wie ein roter Faden. Rommelspacher entwirrt das komplizierte Geflecht von Zusammenspiel und Wirkungen verschiedenster Dominanzstrukturen, bettet sie historisch ein. In der Bedeutung und der Herleitung von Selbst- und Fremdheitskonstruktionen richtet die Autorin den Blick auf die historischen Bedingungen für die Entwicklung der Nation und ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen, wie sie u.a. im StaatsbürgerInnenschaftsrecht zum Tragen kommen. Um die heutigen Phänomene der Gesellschaft in Verbindung mit den Konstruktionen von nationalen Fremd- und Selbstbildern tiefer verstehen zu können, setzt sie diese in Verbindung zur Bedeutung des Universalen, „da der Blick auf die ganze
Menschheit gerade in der abendländischen Geschichte eine wichtige Rolle spielte“ und diskutiert kritisch die hervorgebrachten Wertvorstellungen und Bilder der Moderne z.B. in bezug auf Zivilisation und Barbarei sowie Emanzipation und Repression. Ein weiteres zentrales Thema des Buches ist das Verhältnis von Gleichheitsanspruch und Ungleichheitsverhältnissen. Zurückgreifend auf das neuzeitlich-protestantische Konzept der Gleichheit entwickelt Rommelspacher die Begriffe assimilatorischer und exklusiver Egalitarismus. Mit ersterem wird eine Gleichheitsvorstellung beschrieben, die die gesamte Menschheit einbezieht, insofern die Menschen sich einem Wahrheitsmonopol unterwerfen. Der zweite Begriff beschreibt eine Gleichheit im Inneren einer Gruppe und bezieht sich nur auf diese Gruppenmitglieder. Alle anderen werden als ungleich gedacht. Die Autorin analysiert sehr tiefgründig, wie diese Vorstellungen sich im Denken und gesellschaftlichen Praxen manifestierten und welche Auswirkungen diese in heutigen Demokratien haben. Anhand der Kopftuchdebatte und den Erscheinungen von Rassismus und Rechtsextremismus zeigt sie die verschiedenen Perspektiven unterschiedlicher Interpretationen von Kultur, Geschlecht und Religion, wie diese aus einem Orientalismus Bilder hervorbrachten, die heute in die Rechtssprechung und gängige Ausgrenzungspraxen münden bis zur Theorie der „Kampf der Kulturen“ und ihre Bedeu-
tung für ethnische Minderheiten in Deutschland. In einem letzten großen Abschnitt wendet sich Birgit Rommelspacher Modellen des Zusammenlebens zu. Sie diskutiert hier Konzepte und Kontroversen der multikulturellen Gesellschaft wie den konservativen, liberalen und kritischen Multikulturalismus, um in einem weiteren Schritt die Erfahrungen der multikulturellen Gesellschaften Kanadas, Australiens und der USA vorzustellen. Birgit Rommelspacher entwirrt, sie liefert eine Fülle von Literaturverweisen und Daten, die zur vertiefenden Beschäftigung mit den jeweiligen Themen einladen und es gelingt ihr, die diskutierten Entwicklungen und die damit verbundenen Werte wie z. B. Gleichheit, Emanzipation, Feminismus, Demokratie, Individualität und Kollektivität in all ihrer Widersprüchlichkeit zu analysieren und kritisch zu diskutieren, ohne in Polarisierungen zu verfallen. Geradezu gewandt bewegt sich die Autorin auf der Klaviatur der Ambivalenzen. Mit „Anerkennung und Ausgrenzung“ liegt uns eine Publikation vor, die zum Nachund Weiterdenken anregt und zu neuen Fragestellungen führt. ❚
Birgit Rommelspacher: Anerkennung und Ausgrenzung Deutschland als multikulturelle Gesellschaft. Campus 2002, eur 20,50 (Ö)
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lese.zeichen Mala uma: ein winziges Dorf in Kroatien. Eine Idylle – aber nur vermeintlich. Ein grausamer Mord bringt die BewohnerInnen zwar in Aufruhr, jedoch nicht soweit, mit dem zuständigen Inspektor Marko Ban zu kooperieren. Er erfährt nichts, ahnt nur weitere dunkle Geheimnisse – als hätte hier jeder etwas auf dem Kerbholz. Die Rettung für den Meerschweinchen-Besitzer und überzeugten Single ist Nirvana Reljac, die ihm – teilweise widerwillig – bei den Ermittlungen hilft... Kuriose Figuren, wie die verrückte Vedrana und Nirvanas Ehemann Arsen, bevölkern diesen Erstlingskrimi, dessen Kapitel mit kroatischen Sprichwörtern übertitelt sind, eines davon der Titel des Buches. Nach anfänglicher Durststrecke ohne kriminelles Dorfleben – nichts als Dorfleben, selbst eine Hochzeit ist zu überstehen – wird es spannend und bleibt amüsant. Offen bleibt, wie viel von der Geschichte Klischee ist...
und als wortloses Einverständnis einer Gegenbewegung zum „herrschen“, in der es Trauer, aber auch Mut, in der es Scheitern, aber auch Gelingen gibt. Die Gedichtform gibt dieser Lebens-Geschichte den nötigen Freiraum, so werden abgebrochene Sätze und Zeilensprünge zu Erinnerungsbrüchen, die Leerstellen zu Denkpausen, die Fragmente der Erinnerung werden zu Puzzleteilen. Und: die Lebens-Geschichte von Ruth Weiss ist – natürlich – mehr als eine Lebensgeschichte. Es ist eine Geschichte über das Leben, über das „Immer-wieder“ und das „Nie-mehr“, das uns alle angeht und angehen muss. Ilse Kilic
Ruth Weiss: Full circle – Ein Kreis vollendet sich Dt./Engl., Edition Exil 2002, eur 13,50 (Ö)
Karin Eckert
Ursula Kubes-Hofmann: Wohin und zurück
Schwere Kost
Anni Bürkl
Ranka Keser: Sag nicht hopp, bevor du springst Milena 2002, eur 12,00 (Ö)
Amplituden Es ist eine Lebens-Geschichte, die (zumindest zum Teil) autobiografische Geschichte des Mädchens Ruth, das auf der Flucht aus dem faschistischen Wien mit den Eltern in die USA kommt, dort erwachsen wird und sich auf die Suche nach „etwas“ macht – etwa nach Zusammenarbeit, Freundschaft, Kommunikation. Diese Kommunikation findet sie immer wieder in der Kunst, immer wieder bei Freundinnen, in der Liebe
Mit einer Einführung von Marlene Streeruwitz.
Aktuell wie eh und je sind die Analysen der Philosophin Ursula Kubes-Hofmann, die sich von Anfang der 90er Jahre bis ins Jahr 2001 ziehen. Golfkrieg, die Gründung des LIF, Johanna Dohnals Abdankung, Nulldefizit – alles Themen, die die Autorin dazu veranlassen, weit auszuholen, um aktuelle Phänomene zu erklären, sie in einen historisch-politischen Kontext zu stellen. Die Folgen der Verdrängung des Nationalsozialismus sind dabei ein roter Faden, der sich durch viele Essays zieht. Ihr feministischer Blick richtet sich konsequent immer wieder auf Herrschaftsdiskurse, Geschlechtermoral und auf die Politik mit und von Frauen. Bisweilen hört frau jedoch geradezu den Seufzer im Hintergrund – „die Gute alte Zeit“–, wenn Kubes-Hofmann wiederholt auf Feministinnen von „damals“, in den 70er Jah-
Frauenzimm
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Politische Kommentare und kritische Essays.
Milena 2001, eur 18,90 (Ö)
Mutig Fotografische Portraits von Frauen in ungewöhnlichen Berufen präsentiert Alisa Douer in „Women at Work“. Es gibt sie, die Hufschmiedin, Autospenglerin, Kapitänin, Försterin oder die Rauchfangkehrermeisterin. Die Fotos sind sensible Momentaufnahmen von 58 Frauen bei ihrer Arbeit. Sie zeigen die Selbstverständlichkeit und Freude, mit der die Porträtierten ihren Berufen nachgehen. Begleitet sind die Fotografien von – leider etwas kurzen – Stellungnahmen der Frauen, wie sie zu ihrem
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ren, die die „Revolution“ forderten, im Vergleich zu heutigen, angepassten Feministinnen, die auf die „Evolution“ vertrauen, zu sprechen kommt. Das nervt. Aber mit ihrem unerbittlichen Fingerzeig regt sie durchaus wichtige Denkprozesse an. Sprachlich zeigt die Autorin intelligente Ironie, in der manchmal ein zynischer Unterton mitschwingt, aber auch langatmige Reflexionen gemischt mit inhaltlichen Sprüngen, die ein flüssiges Lesen verhindern. Ihre Analysen erstaunen, sind voll gepackt von Hintergrundwissen. Sie scheint gesellschaftliche Entwicklungen in prophetischer Manier fast vorherzusagen. Ein empfehlenswertes Buch? Ja, unbedingt – trotzdem. Und eine Empfehlung: in kleinen Häppchen genießen, sonst kann der Magen schon mal drücken.
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Sprichwörtlicher Krimi
1 0 7 0 W i e n , Z i e g l e r g a s s e 2 8 • Te l . 0 1 / 5 2 2 4 8 9 2 • Fa x 0 1 / 5 2 2 6 3 2 0 • f r a u e n z i m m e r @ a o n . a t • w w w. f r a u e n z i m m e r. a t
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lese.zeichen Beruf gefunden haben, mit welchen Akzeptanzproblemen sie (nicht) zu kämpfen haben und welche persönlichen Konsequenzen die Verwirklichung ihres Traums mit sich bringt. „Was für Frauen in früheren Generationen nicht einmal denkbar war, ist heute, wenn nicht zur Selbstverständlichkeit, so doch zu einer Möglichkeit geworden“ kommentiert Douer ihre Portraits. Sie möchte Frauen Mut machen, „sich den Beruf auszusuchen, der ihnen zusagt ... und Mut genug, sich von nichts und niemandem dabei aufhalten zu lassen.“ Die Fotografien – sensibel und kraftvoll. Die Frauen – stark und ermutigend. Das Buch – ein kleiner Schatz.
Die sprachliche und thematische Intensität von „Persona“ zeigen die literarische Kraft dieser jungen in Südtirol und Wien lebenden Autorin.
Fo t o : Pe z H e j d u k
neu.land
Evi Genetti
Bettina Galvagni: Persona Luchterhand 2002, eur 19,10 (Ö)
Feminisierte Trauer
So lautet der Titel eines Artikels der Kunsthistorikerin Kathrin HoffmannCurtius über Denkmäler der NachKarin Eckert kriegszeit in Deutschland und Österreich, der in dem Sammelband „GeAlisa Douer: Women at work dächtnis und Geschlecht“ erschienen Mandelbaum 2002, eur 24,90 (Ö) ist. Die Grundlage für dieses Buch bildet eine im Jahr 1999 stattgefundene Tagung in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück. Einige Beiträge thematisieren die Rezeptionsgeschichte dieses Ortes in der Erinnerungskultur der Unfähigkeit zum Glück DDR und des wiedervereinigten Erst 17 Jahr war Bettina Galvagni alt, als Deutschland, welche sich nachhaltig von derjenigen anderer Konzentratisie ihren ersten Roman „Melancholia“ onslager unterscheidet. Empfehlens(1997) veröffentlichte. „Das neue Wunderkind der österreichischen Literatur“, wert in diesem Zusammenhang ist auch die Dauerausstellung in Ravenswie die Autorin damals euphorisch gebrück selbst! nannt wurde, enttäuscht die Leserin Der Sammelband vereinigt in der auch mit ihrem neuen Roman „Persona“ Analyse kultureller Gedächtnismuster nicht. In poetischer Sprache schreibt Gal- und Erinnerungspraxen eine Vielfalt an Ansätzen: so sind neben sprachwissenvagni über die junge Frau Lori und ihre Angst vor dem Leben. Das Buch handelt schaftlichen, kunsthistorischen und diszwar von der Suche nach dem Glück, die kurstheoretischen auch bildanalytische, filmwissenschaftliche oder oral history lässt sich jedoch nur in Gefühlen wie Einsamkeit, Trauer und Melancholie be- Zugänge zu finden. Erinnerungen an schreiben. Loris Gedankenwelt wechselt die nationalsozialistischen Morde sind das zentrale Thema der Aufsätze, herzwischen Erinnerungen an traumatische Erlebnisse und an Freundschaften ausgearbeitet wird aber durchaus auch das wiederholte Aufgreifen langlebiger aus ihrer Kindheit, zwischen Träumen Gedenkformeln und -elemente (das und Fantasie. Diese Scheinwelt kann auch nicht durch die Gespräche mit ih- auch Verschiebungen inkludiert). Insgesamt ein spannender Beitrag, der die rer Psychiaterin Eliza, die sie mehrmals ausführliche Literatur zum NS-Gedenin der „Klinik auf dem Hügel“ aufsucht, oder mit ihrer Französischlehrerin Elvira ken um die geschlechtsspezifische Codierung des Erinnerns erweitert. durchbrochen werden. Die Liebe zu ihnen erscheint nur als weitere Flucht vor Heidi Niederkofler der Realität. Auch diese Begegnungen können den Gedanken an den Tod nicht Insa Eschenbach / Sigrid Jacobeit / Silke Wenk (Hginnen): aufhalten. „Lori war traurig, wie die Gedächtnis und Geschlecht Grashalme es sein mussten, wenn sie Deutungsmuster in Darstellungen des nationalsozialistischen sich unter dem kalten Wind der Nacht Genozids. beugten.“ Campus 2002, eur 30,80 (Ö)
J a s m i n a J a n k o v i c’
Die Quadratur des Kreises M. schreibt im letzten Mail: „Ich weiß nicht, was ich tun soll… Einerseits ertrage ich diesen Zustand nicht mehr, andererseits gibt es keinen konkreten Anlass, um ihn zu beenden… Dass er jedes Jahr am 31. Dezember seine berühmte Silvesterdepression kriegt, weil er den ganzen Zirkus verabscheut, konnte ich im Laufe der Zeit immer mehr relativieren und es sogar mit Ironie untermauern… Dass er sich aber meinen Geburtstag nicht merken kann, obwohl wir seit sechs Jahren zusammen sind, kann ich nicht glauben und einfach so hinnehmen, da ich in diesem systematischen Vergessen keinen Zufall sehen kann, Geschenke hin oder her… Die gibt es auch immer seltener, mit oder ohne Anlass… Gespräche sind auch rar geworden, Berührungen ebenfalls… Mir tut es leid, aber nicht weh… Einen Fremden kann ich in ihm trotzdem nicht sehen, obwohl wir uns – realistisch gesehen – entfernt und entfremdet haben (apropos fremd: neulich habe ich nach Jahren „Den Fremden“ von Camus wieder gelesen, ich habe es genauso wie damals mit siebzehn in einem Zug „geschluckt“)… Ich weiß, das, was ich im Moment mache, steht exemplarisch für den Weg des geringsten Widerstandes, nach dem Motto, es ist nicht so schlimm, lassen wir noch Zeit vergehen, warten wir noch ab etc., etc., obwohl ich genau weiß, dass Godot nie kommen wird… Nein, wir streiten nie, jeder absehbare Konflikt endet mit Schweigen und Rückzug, da sind wir uns sehr einig… Unser Nebeneinanderleben funktioniert eigentlich fast perfekt, da stellt sich dann die Frage, warum wir es überhaupt beenden sollen! Wie gesagt, es gibt keinen konkreten Anlass, es gibt keine/n Neue/n in seinem oder meinem Leben, wir haben eigene Freiräume und kommen uns nicht in die Quere, wenn wir nicht wollen… Wie viel Sinn aber diese Konstellation hat, ist wiederum eine andere Frage… Wie du siehst, stecke ich offensichtlich in einem Circulus vitiosus, möchte irgendwie raus und gleichzeitig auch nicht… Was soll ich bloß tun?!“ Ich schrieb zurück: „Liebe M., die Quadratur des Kreises wirst auch du nicht erfinden können…“
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ge.sehen
Emanzipierte Bondgirls? Der Parademacho James Bond füllt mal wieder die Kinokassen. Sind die Frauen an seiner Seite stärker geworden? Eine Analyse von Alexandra Rainer
1 http://www.epilog.de/FIlm/J/ James_Bond/ B20_Stirb_an_einem_ anderen_Tag_GB_2002.htm 2 http://www.artechock.de/arte/text/ kritik/j/jabo01.htm 3 ebd.
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Neue Zeiten. Selbst 007 ist nicht mehr wahllos promiskuitiv wie einst, in „Der Morgen stirbt nie“ erklärt er dem Girl (Teri Hatcher), warum er sie verlassen hatte – sie war ihm zu nahe gekommen. Der Macho lässt starke Frauen an sich heran, ein feministischer Input? Liest man den Film als männliche Märchenschiene, dann verschwinden feministische Elemente allerdings sehr schnell. Ein im Umgang mit Frauen schwach scheinender Bond ist nichts als ein Spiel mit der Verunsicherung. Traditionelle Werte werden seit den späten 60ern verstärkt kritisiert, was liegt näher als geschwächte Männer zu zeigen, die im Lauf des Films ihre Stärke wiedergewinnen. Die erst starke Frau muss sich dabei als schwächere erweisen, um das patriarchale System siegen zu lassen. Das Messen mit einer passiven Frau wäre belanglos, ohne starke Gegenspielerin hätte ein Bond keinen Grund, geschwächt zu sein. Also was verunsichert den armen Kerl? Da wäre erst einmal die neue Chefin M (Judy Dench). In „Die Welt ist nicht genug“ musste er diese Frau retten, was der ehemalige männliche Boss nicht nötig hatte. Im neuen Bond lässt sie ihn auch noch schmählich in Stich und glaubt, er habe unter Folter andere Agenten verraten, während er doch immer loyal ist. Dass sich die Welt geändert hat, sagt Frau M zu Bond, und er erfährt es
zu Beginn des aktuellen Nachfolgers „Stirb an einem anderen Tag“ am eigenen Leib. Er wird von einer Mitagentin des MI6, Amanda Frost (Rosamunde Pike), verraten. „Während der Vorspann betörende Schönheiten aus Feuer und Eis präsentiert, sieht man gleichzeitig in Einblendungen, wie Bond in Nordkorea gefoltert wird.“1 Passenderweise ist eine asiatische Schönheit immer wieder groß im Bild als Hauptfolterin zu sehen, die junge Domina, der Bond völlig ausgeliefert ist. Eine weitere sadomasochistische Anspielung gibt es im Gastauftritt Madonnas „als Fechtlehrerin mit sehr deutlichen Lederlesben-Untertönen“2. Und sie stellt uns die böse Miss Frost vor – nomen est omen. Die geht auf Bonds Avancen nicht ein, beschwert sich sogar bei M über Bonds Machogehabe. Doch der Film untergräbt in den Szenen feministische Forderungen. Denn die jedes Machogehabe ablehnende Frost ist eine Verräterin und wie M feststellt: Bond hat mit seiner antiquierten Art mehr herausgefunden als die junge Frau. Natürlich lässt sie sich auftauen, Bond erklärt noch schnell, dass es sich ja nur um eine Nummer handelt. Die Moral schlägt zu, er darf ins Bett zwecks Triebbefriedigung, sie aber will ihn nur mit Sex hineinlegen, um ihn dann leichter erledigen zu können. Damit wird Frost zum Gegenpart der guten „feurigen“ Frau Jinx (Halle Berry). Das Filmplakat montiert die gute
NSA-Agentin parallel zu 007 mit einer Pistole im Anschlag. Die beiden kämpfen Seite an Seite, die Frau darf spektakuläre Stunts liefern. Ihr erster Auftritt erinnert an Ursula Andress in „James Bond jagt Doktor No.“ Jinx entsteigt den Fluten, und dabei ist nicht so sehr ihr Oberteil, sondern die Bikinihose mit dem Messer wichtig. Sie hält nichts von Beziehungen und ist sexuell aggressiv wie Bond. Er erwacht in der Früh alleine im Bett, sie ist schon unterwegs, um einen Auftrag zu erledigen – eine fundamentale Rollenumkehr. Doch nur scheinbar übertrifft ihn die Frau. „Was alles nicht mehr ist als ein bisschen aufgeklärte Drapierung um die alte Mär vom ,Knight in shining armor`, vom Traumprinzen und der schwachen Maid. Am Ende muss Bond Jinx aus dem Eissarg retten und zu neuem Leben wachküssen.“3 Was nützt der ganze emanzipierte Schein, wenn die Frau doch nur das zu rettende Dornröschen ist? Jinx darf überleben, denn sie verteidigt und braucht Bonds traditionelles System. Solange die Welt patriarchal bleibt, darf sie auch in Bondfilmen zunehmend weiblich besetzt sein. Frost dagegen kämpft auf der Seite von Kommunisten und steht für eine Welt, die Männer wie Bond nicht braucht. Deshalb muss sie sterben. Frauen dürfen sich emanzipieren – solange sie am Ende doch die Überlegenheit eines Mannes wie James Bond bestätigen. ❚
an.künden musik.tanz 6.2., 20.00, Wien Vanessa Carlton WUK, 9., Währinger Str. 59, T. 40 121 44
6.2., 20.30, Wien Milli Bitterli: Artificial Horizon Tanzquartier Wien, Halle G, 7., Museumsplatz 1, T. 581 35 91
24.2., 19.30, Wien Musica Juvntutis: Sandra Trattnig (Sopran), Tanja Bruncic (Fagott), Bernadette Bartos (Klavier) Wiener Konzerthaus, Schubert-Saal, 3., Lothringerstr. 20, T. 242 002
film 1.+15.2., 16.00, Wien Embodiment of the Gaze. Mit Filmen von Valie Export, Mara Mattuschka, Naomi Uman, u.a. Österreichisches Filmmuseum, 1., Augustinerstr. 1, T. 533 70 54
t h e a te r . ka b a r e t t bis 1.2., 20.00, Wien Inge Müller - Fiam Theater Drachengasse, 1., Dracheng. 2, T. 512 13 54
1.2., 20.00, Wien Singel & Co. Marie Thérèse Escribano dietheater, 1., Karlsplatz 5, T. 587 05 04
bis 3.2., 20.00, Wien Fabulous Singlettes:Three-Women-Show Metropol, 17., Hernalser Hauptstr. 55, T. 407 77 407
3.2.-6.3., 19.30, Wien je veux je veux. Choreografie Liz King Volksoper, 9., Währinger Str. 78, T. 513 1513
7.+8.2., 20.00, Wien Hilda. Von Marie Ndiaye Theater Drachengasse, 1., Dracheng. 2, T. 512 13 54
7.-8.2., 17.00, Salzburg Das bin ich! Bin ich das? Improvisationstheater für Frauen Bildungshaus St. Virgil, 5026, Ernst-GreinStraße 14 , T. 0662/65901-0, Fax: 0662/65901-509
11.-15.2., 19.30, Wien Freaky Nylons Top Secret Kabarett Niedermair, 8., Lenaugasse 1A, T. 408 44 92
12.+13.2., 20.00, Wien Eva D. Bekenntnisse einer Fruchtfliege Metropol, 17., Hernalser Hauptstr. 55, T. 407 77 407
10.2., 11.00, Graz Informationsquellen zur Frauengesundheit Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98
12.2., 19.00, Graz PAP-Abstrich, Zellveränderungen im Gebärmutterhals. Mit Sylvia Groth Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98, eur 5,-
ab 13.2., 18.00-19.30, Wien Als alle Menschen Schwestern waren. Mit Irene Fleiss VHS Landstraße, 3, Hainburger Str. 40, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, eur 27,-
ab 13.2., 18.00-19.30, Wien Die Frauen im Nationalsozialismus. Mit Christine Zippel VHS Landstraße, 3, Hainburger Str. 40, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, eur 27,-
ab 14.2., Wien Die sinnlich-kreative Schreibwerkstatt mit Petra Öllinger und Anni Bürkl VHS-Landstraße, 3., Hainburgerstraße 29, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, eur 56,-
14.2.-1.3., Wien Der Ton macht die Musik. Selbstbewußtes Reden - Selbstsicheres Auftreten. Mit Lieselotte Rumplmair VHS Floridsdorf, 21., Zweigstelle Neu-Stammersdorf, Brünner Str. 219 / Theumermarkt 4/A2 Anm. bis 10.2., T. 271 32 36, Fax-DW 28, eur 121,-
17.-21.2., Wien Websites für Webwomen Webakademie - von Frauen für Frauen 1., Schottenring 33, T. 01 969 02 07, webakademie@webwomen.at
21.-22. 2., Wien Mach nicht so ein Theater! Fortbildung für psychosoziale Berufsgruppen zum Thema Essstörungen bei jungen Mädchen. Mit Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 135,-
21.-22.2., Wien Schneewittchens mutige Schwestern. Mit Gabriele Andersson-Kasper VHS Landstraße, 3, Hainburger Str. 29, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, Anm. bis 17.2. , eur 66,
21.-23.2., Wien Woman´s Power. Mit Judith Haring VHS Landstraße, 3, Hainburger Str. 40, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, Anm. bis 17.2., eur 99,-
19.2.-9.3., Wien AriIra. Von und mit Agorita Bakali, Deborah Gzesh und Kari Rakkola. Ein Ganzfamilienstück ab 4 Jahren
22.-23.2., Wien Supervision und Laufbahnberatung. Für Frauen, die ihre beruflichen Veränderungswünschen konkret angehen wollen. Mit Barbara Oberwasserlechner
Theaterverein Odeon. Serapions Theater, 2., Taborstraße 10, T. 216 51 27 20, Fax: 01/ 216 51 27-22, Kinder eur 6,-, Erwachsene eur 10,-
Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T.+ Fax: 89 58 440, office@frauensache.at, eur 390,-
25.2.-3.3., Wien Geschichte vom verkehrten Tag. Für Kinder ab 4
22.-23.2., 9.30, Wien Coaching für Frauen. Bewerbungstraining für Wiedereinsteigerinnen. Mit Ingrid Frank
WUK, 9., Währinger Str. 59, T. 40 121 44
27.2.-8.3., 20.00, Wien Fluchtgeschwindigkeit. Buch und Regie: Anna Hauer dietheater Künstlerhaus, 1., Karlsplatz 5, T. 587 05 04
s e m i n a r . w o rk s h o p 5.2., 14.00-16.00, Graz Verhütung für Mädchen und junge Frauen. Mit Monika Vucsak Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98
VHS Favoriten, 10. Arthaberplatz 18, T. 603 40 30, Fax: 604 3114 31
28.2.-1.3., Wien Feministisches Schreiben. Mit Verena Fabris und Angela Heissenberger VHS Floridsdorf, 21., Angerer Str. 14, Anm. bis 24.2., T. 271 32 36, Fax-DW 28, eur 67,-
28.2.-1.3., Salzburg Internet und Öffentlichkeitsarbeit für Frauenprojekte Bildungshaus St. Virgil, 5026, Ernst-GreinStraße 14 , T. 0662/65901-0, Fax: 0662/65901-509
Vanessa Carlton Knappe 22 und schon für drei Grammies nominiert: Vanessa Carlton schreibt, komponiert und singt gefühlvoll, mitreißend, herzerweichend. Sie sei eine poppigere Tori Amos und ähnlich emotional wie Alanis Morissette. Gegen diese Vergleiche wehrt sie sich aber: Männliche Musiker würden ja auch nicht ständig aneinander gemessen. Im Wiener WUK wird sie u.a. ihr aktuelles Album „Be Not Nobody“ präsentieren. Am 6.2. 2003 um 20.00 Uhr, WUK, 1090 Wien, Währinger Str. 59, T. 01/40 121 44, http://www.wuk.at, http://www.vanessa-carlton.net
v o r t r a g . d i s ku s s i o n e n 3.+10..2., 20.30, Wien Performance Analysis. Mit Isabelle Ginot Tanzquartier Wien, Studios, 7., Museumsplatz 1, T. 581 35 91
8..2., ab 15.00, Wien In-body, out-of-body? Tanzquartier Wien, Studios, 7., Museumsplatz 1, T. 581 35 91
8.2., ab 15.00, Wien Workshop mit Gill Clarke (UK) Tanzquartier Wien, Studios, 7., Museumsplatz 1, T. 581 35 91
10. 2., 19.00, Wien Infoabend zum Thema Essstörung für Betroffene, Angehörige und Interessierte. Mit Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 5,-
21.2., 19.30, Salzburg Jenseits der Anpassungsfalle. Mit Bärbel Wardetzki (München) Bildungshaus St. Virgil, 5026, Ernst-Grein-Straße 14, T. 0662/65901-0, Fax: 0662/65901-509
24.2., 18.00-19.30, Wien Meine Suppe ess’ ich nicht: Diäten, Jojo-Effekt, Körperbilder, Essstörungen. Mit Petra Öllinger VHS-Landstraße, 3., Hainburgerstraße 29, T. 715 08 00, e-mail: vhs-3@gmx.at, eur 6,-
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an.künden 25.2., 20.00, Wien Hallo Kollegin! Hallo Kollege! Lesben, Schwule und Arbeitswelt HOSI-Zentrum, Wien 2, Novaragasse 40
28.2., 20.00, Wien SM-Szene und die Polizei. www.libertine.at Amerlinghaus, 7., Stiftgasse 8, T. 523 64 75
28.2., 19.30, Salzburg Sind Frauen komplizierter als Männer? Mit Eva Jaeggi (Berlin) Bildungshaus St. Virgil, 5026, Ernst-GreinStraße 14 , T. 0662/65901-0, Fax: 0662/65901-509
s e l b s t v e r te i d i g u n g 3.2., 9.00-13.00, Wien Selbstverteidigung für Mädchen von 10 bis 13
Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Di 18.30-20.00 Uhr; eur 21,-/Abend
Sprungbrett, 15., Pilgerimg. 22-24, Stg. 1, Top 1, T. 789 45 45
Frauenlaufgruppe Hollabrunn. Mit Sylvia Möstl
6.+7.2., 9.00-13.00, Wien Selbstverteidigung für Mädchen von 13 bis 16 Sprungbrett, 15., Pilgerimg. 22-24, Stg. 1, Top 1, T. 789 45 45
f i x te r m i n
a u s s te l l u n g Dauerausstellung, Wien Eugenie Schwarzwald und ihr Kreis VHS Hietzing, 13., Hofwiesengasse 48, Mo-Fr 8.30-19.30 Uhr
bis 27.4., Wien Geografie und die Politik der Moderne Generali Foundation, 4., Wiedner Hauptstraße 15, T. 504 98 80
bis 28.4., Wien Almut Rink Kunsthalle Wien photo wall, 7., Museumsplatz1, T. 521 89 33
26.2.-1.3., Wien 25 Jahre IntAkt (offener Verein für künstlerisch tätige Frauen) WUK, 9., Währinger Str. 59, T. 40 121 44
Montag Encounter-Gruppe für Lesben und Frauen, die sich da noch nicht so sicher sind Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29/7, T. 89 58 440. Jeden 2. u. 4. Mo 19.30 Uhr; eur 21,-/Abend
Internet-Cafe für Frauen und Mädchen. Auch Anfängerinnen. Kinderbetreuung Zeit!Raum, 15., Braunhirscheng. 33-37, T 895 72 67. Jeden Mo 15-18.00 Uhr
Morgengruppe „Carpe diem“. Körpertherapeutisch orientierte Jahresgruppe. Mit Renate Frotzler-Dittrich Anm.: Frauen beraten Frauen, 6., Lehárgasse 9/2/17, T. 587 67 50. Jeden Mo 9-10.30 Uhr; eur 11,-. Einstieg jederzeit möglich!
lesung
Zwischen den Welten. Erfahrungsaustausch für lesbische (Co-)Mütter
6.2., 9.00, Mattersburg Ana Bilic: Das kleine Stück vom großen Himmel. Mit Heidrun Thomas
Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 1. Mo, 19.30, eur 3,6/Abend
Literaturhaus Mattersburg, 7210, Wulkalände 2, T. 02626/677 10
Elterngruppe. Für Eltern homosexueller Töchter und Söhne
10.2., 19.00, Wien Marie-Therese Kerschbaumer liest aus Orfeo
HOSI Linz, 4020, Schubertstraße 36, T. 0732/60 98 98/1. Jeden 2. Mo 20-22.00 Uhr
Literarisches Quartier, 1., Schönlaterngasse 9, T. 512 44 46
Frauen-Lokal-Abend der HOSI-Lesben Linz
12.2., 20.00, Wien Helga Pankratz: Brautmoden Mayer & Co Teil 1
Coffee Corner, 4020, Bethlehemstraße 30. Jeden Mo ab 18.00 Uhr
HOSI-Zentrum, Wien 2, Novaragasse 40
AFZ, 4020, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200. Jeden Mo 18-22.00 Uhr
20.2., 9.00, Mattersburg Christl Geller: Nachtvogelgesänge
Frauencafé
Politisches Café
Literaturhaus Mattersburg, 7210, Wulkalände 2, T. 02626/677 10
AFZ, 4020, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200. Jeden 1. Mo ab 19.00 Uhr
20.2., 19.30, Wien Hilde Schmölzer liest aus ihrer Rosa Mayreder Biographie
Selbsthilfegruppe: Brustkrebs aktiv begegnen
Frauenzimmer, 7., Zieglerg. 28, T. 522 48 92
21.2., 19.00, Wien Melitta breznik liest aus Das Umstellformat Literarisches Quartier, 1., Schönlaterngasse 9, T. 512 44 46
25.2., 16.30, Wien Petra Nagenkögel Literarisches Quartier, 1., Schönlaterngasse 9, T. 512 44 46
26.2., 16.30, Wien Sibylle Lewitscharoff (Berlin)
Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98. Jeden 2. Mo 18-20.00 Uhr
Selbsthilfegruppe für Frauen zum Thema: Verlust eines Kindes Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofgasse 20, T. 0316/71 60 22. Jeden 1. Mo 19.30-21.00 Uhr
Frauencafé FLZ, 6020 Innsbruck, Liebeneggstr. 15. Jeden Mo, Mi u. Fr 20-24.00, T. 0512/58 08 39
Dienstag
Literarisches Quartier, 1., Schönlaterngasse 9, T. 512 44 46
Hotline für gynäkologische Fragen. Mit Christine Lang
26.2., 20.00, Wien Helga Pankratz: Brautmoden Mayer & Co Teil 2
F.E.M., T. 01/601 91/52 03. Jeden Di 14-15.00 Uhr
HOSI-Zentrum, Wien 2, Novaragasse 40
27.2., 19.00, Wien Gergana Popova: Chansons & Lyrik Amerlinghaus, 7., Stiftgasse 8, T. 523 64 75
44 an.schlägefebruar 2003
Therapeutische Gruppe für Frauen mit Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Mit Bettina Reinisch
Team for girls: Gruppe für weibliche Lehrlinge Anm.: Sprungbrett, 15., Pilgerimgasse 2224/Stg. 1/Top 1, T. 789 45 45. Jeden Di 18-21.00 Uhr
Treffpunkt: Parkplatz des ATSV, 2020 Hollabrunn. Jeden Di 9.00 Uhr
Frauencafé der Frauengruppe ABRAXA 4060 Wels, Spitalhof 3, T. 07242/55 6 40, abraxa@goplay.com. Jeden Di 14-18.00 Uhr
HOSI Lesbengruppe
Die Tür - Frauencafe
Novaragasse 40, 2., T. 216 66 04. Jeden Mi ab 19.00 Uhr
7000 Eisenstadt, J. Joachimstr. 11/2, 02682/66 124; 7210 Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/62 670. Jeden Do 10-12.00 Uhr
Open House - Für Frauen, die Kontakt zu anderen Frauen suchen Frauenberatung, 1., Seitenstetteng. 5/7, T. 587 67 50. Jeden Mi 18-20.00 Uhr
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Brustkrebs Wiener Krebshilfe, 18., Theresiengasse 46/ Ecke Kreuzgasse, Info-T. 408 70 40. Mo-Mi 9.00-14.00, Di, Do 14-19.00 Uhr
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Angststörungen
Selbsthilfegruppe für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen
Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 2. Mi 18.30; eur 3,6/Abend
AFZ, 4020 Linz, Humboldstr. 43. T. 0732/60 22 00/60. Jeden 2. und 4. Di. 17.30-18.30 Uhr
Venus im Bade: Sauna, Whirlpool, Schwimmbecken und Tepedarium. Exklusiv für Frauen
Yoga für Frauen
Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstraße 169. Jeden 3. Mi 20-01.00, eur 11,-, Anm.: T. 988 98 120 oder badehaus@sargfabrik.at
ISIS, 5020 Salzburg, Willibald Hauthalerstr. 12, T. 0662/44 22 55, http://www.frauengesundheitszentrumisis.at, Di 17.45-19.00 Uhr (Beginn am 15.10.)
Raus aus der Schuldfalle. Gesprächsgruppe für Mütter von Kindern mit Eßstörungen. Mit Christine Saiko-Jogan Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98. Jeden 1. Di 16.15-17.30 Uhr
Raus aus der Schuldfalle. Gesprächsgruppe für Mütter von Kindern mit Essstörungen. Mit Christine Saiko-Jogan Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98. Jeden 1. Di 16.15-17.30 Uhr
Selbsthilfegruppe: „Wenn Frauen zu sehr lieben“ Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofgasse 20, T. 0316/71 60 22. Jeden Di 19.30-21.00 Uhr
Telefonische Verhütungsberatung kompetent, anonym, kostenlos Frauengesundheitszentrum Graz, T. 0664/99 27 44. Jeden Di 17-19.00 Uhr. Infos auch unter http://www.fgz.co.at/links.htm
Mittwoch Come in. Offene Gruppe für Lesben Lila Tip, 6., Linke Wienzeile 102, T. 586 81 50. Jeden 2. Mi ab 20.00 Uhr
Dein Körper, deine Verbündete. Gruppe für Frauen, „einfach zum Wohlfühlen“. Mit Andrea Scheutz
Schreibwerkstatt für Frauen. Mit Fini Zirkovich Literaturhaus Mattersburg, 7210, Wulkalände 2. Jeden Mi 19.00 Uhr. Anm.: T. 02626/677 10
Regenbogen Stammtisch Gasthaus Zur Brücke, 4840 Vöcklabruck, Vorstadt 18, T. 0699/11 34 12 14, ooe@hosilinz.at, ab 20.00
Selbsthilfegruppe für Angehörige von Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind AFZ, 4020 Linz, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200, Do 15-16.00 Uhr
Gynäkologische Ordination und „zweite“ Meinung. Mit Marianne Stögerer Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98. Jeden Do 14-16.30
Freitag Intenet-Café von Frauen für Frauen abz wien.cybercenter, 6., Gumpendorfer Straße 83, T. 595 21 55. Jeden Fr 13-19.00 Uhr, jeder letzte Fr, speziell für Mädchen!
Offenes Treffen feministischer Migrantinnen
Selbsthilfegruppe für Frauen nach einer Scheidung/Trennung
Cafe Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8, jeden ersten Freitag im Monat
AFZ, 4020 Linz, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200, Mi 18-19.00 Uhr
Resis.danse-Tanzabend
Frauenselbsthilfe nach Krebs Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanngasse 48. Info: Elisabeth Holzer, T. 0316/32 34 33. Jeden 2. Mi 16-17.30 Uhr
Donnerstag Comgirls. Kostenlos chatten, mailen und surfen für Mädchen Sprungbrett, 15., Pilgerimgasse 22-24/Stg. 1/ Top 1, T. 789 45 45/14. Jeden Do 16-19.00 Uhr
Feministische Schreibwerkstatt Frauencafé, 8., Lange Gasse 11. Jeden 2. Do 19.30-21.00 Uhr
Kostenloser Deutschkurs für Migrantinnen. Mit Irmtrud Pohl Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Do 10.30 Uhr
Muttertag. Kostenlose Kinderbetreuung Anm: ega, 6., Windmühlgasse 26, T. 589 80/0. Jeden Do 14-19.00 Uhr
Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige 1., Seitenstettengasse 5/1. Stock/Tür 4. Jeden Do 12.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144
HOSI, 2., Novaragasse 40. Jeden Fr 21.00 Uhr
Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige 22., Rennbahnweg 27. Jeden Fr 19.00 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144
Therapeutisches Malen. Mit Karin Herber Anm.: Frauen beraten Frauen, 1., Seitenstettengasse 5/7, T. 587 67 50. Jeden Fr 18-20.00 Uhr; eur 18,-/Abend. Vorgespräch erforderlich!
Treffpunkt für junge Lesben bis 25 HOSI Linz, 4020, Schubertstr. 36, T. 0732/60 98 98. Jeden 2. u. 4. Fr ab 20.00 Uhr
Welser Frauen-Stammtisch gemütlicher Frauentreffpunkt Schubert-Stüberl, 4600 Wels, Schubertstr. 13. Jeden 4. Fr ab 20.00 Uhr
Frauencafé der Rosa-Lila-Pantherinnen - der Abend für Lesben und Freundinnen Feel Free, 8010 Graz, Rapoldgasse 24. T. 0316/32 80 80. Jeden Mo 19-22.30 Uhr
Frauendisco
Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige
Feel Free, 8020 Graz, Rapoldgasse 24. Jeden letzten Fr 19-2.00 Uhr
Amerlinghaus, 7., Stiftgase 8. Jeden Do 19.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144
Samstag
FrauenART - offenes Atelier für Frauen. Lustvolles Experimentieren steht im Vordergrund, keine künstl. Vorkenntnissenötig. Jeden 1. Mi.abend.
Selbsthilfegruppe für Frauen mit Essstörungen. Mit Olivia Wollinger
6., Theobaldgasse 10. Jeden 2. Sa ab 22.00 Uhr
Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Do 18.30; eur 7,3/Abend
Sonntag
Info & Anm.: Anna Rakos, T. 478 63 88
4., Rienößlgasse 4. Jeden Do
Gesprächsgruppe für Frauen mit sexuellen Gewalterfahrungen
Widerstandslesung. Künstlerische Beiträge (lesen, spielen, singen, feuerschlucken etc.) willkommen: http://www.awadalla.at/el/ kalender.at
Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 2. Mi 19.00 Uhr, eur 21,-/Abend
Anm.: Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen, T. 523 222. Jeden Mi 18.00 Uhr
Heilpädagogisches Reiten für Mädchen und Frauen mit Essstörungen. Mit Johanna Foltinek Reitanlage des ASKÖ Wien, Freudenau. Vorgespräch und Anm. erforderlich: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 33,-/Einheit. Fortlaufender Kurs, jeweils Mi Nachmittag
sistaDance-Toptraining
Botschaft der besorgten BürgerInnen, 1., Ballhausplatz 1a. Jeden Do 17-19.00 Uhr
Treffpunkt Internetcafe. surfen mailen - chatten und dazwischen plaudern. Mit Sylvia Körbler Frauenberatung, 3910 Zwettl, Galgenbergstraße 2. Jeden 1. u. 3. Do 16-19.00, T. 02822/522 71-0
Club Anderwelt
Frauenbadefreuden Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstr. 169. Jeden 3. So 16.00-20.00, eur 12,50 (Bad + Kosmetik, Anm.: T. 988 98 214 oder sonja.c@gmx.at
Frauenbadefreuden. Mit Schönheitsmitteln „á la Sonja“ und Spezialistinnen für Hand, Fuß, Düfte und Massage Anm.: Sargfabrik, 14., Goldschlagstraße 169, T. 988 98 214. Jeden 3. So 16-20.00 Uhr
Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige 13., St. Veitgasse 25. Jeden So 19.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144
an.künden Weiber-Frühstück: Videos, Diskussion, Provokation, feministische Literatur, veganes Buffet E.K.H., 10., Jeden 1. So
Sonntagsfrühstück. Für Lesben und interessierte Frauen Frauengetriebe, 6900 Bregenz, Schillerstr. 2 T. 05574/ 45 538, frauengetriebe@aon.at. Jeden 1. So ab 11.00 Uhr
nach Vereinbarung Arbeitsgruppe für Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit Frauen beraten Frauen, 1., Seitenstettengasse 5/7. Info: T. 0676/717 29 67, e-mail: arbeitsgruppe @gmx.at
Beratung, Kurse, Information für geistig oder mehrfach behinderte Frauen und ihre Angehörigen Verein Ninlil, 3., Hetzgasse 42/1, T. 714 39 39
Coaching und Supervision für berufstätige Frauen. Mit Susanne Schmölzer Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71
Einzelberatung für Angehörige von Mädchen und Frauen mit Essstörungen. Mit Susanne Schmölzer Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 7,-
Einzelberatung für Frauen in Krisensituationen Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; Erstgespräch kostenlos! Tel. Beratung jeweils Di 10-12.00 u. Do 1416.00 unter T. 476 15/57 75 sowie per e-mail: fem@aon.at
Einzelberatung für Raucherinnen. Mit Doris Gartner Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 7,-
Einzelberatung und Therapie bei Essstörungen für betroffene Frauen. Mit Renate Gänszle Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; Erstgespräch kostenlos!
Einzelberatung und Therapie bei Essstörungen für Mädchen. Mit Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 72; Erstgespräch kostenlos!
Fortbildung für psychosoziale Berufsgruppen. Mit Renate Gänszle Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71
Help - schnelle Hilfe für junge Leute bei Fragen zu Partnerschaft, Liebe und Sexualität F.E.M., T. 476 15/57 72
Mädchenworkshop: Besuch bei der Frauenärztin. Mit Gabriele Knappitsch Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71
Mediation: professionelle Konfliktregelung bei Konflikten im Privat- oder Berufsleben Anm.: die.mediatorinnen. gabriele.schweiger@mediatorinnen.at, T. 0699/19 46 62 22
Medizinische Sprechstunde für Mädchen und Frauen mit Essstörungen Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71
Schulworkshops zum Thema Essstörungen. Mit Susanne Schmölzer und Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71
Schwanger - was nun? Beratungshotline F.E.M., T. 476 15/57 71
Sexualberatung. Mit Renate Türk-Lindmaier Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 10,-
Theaterworkshop „Liebe, Sex & Co.“ Mit Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 72
Das digitale Proletariat
Sprungbrett, T. 789 45 45/12. Jeden Mo/Di/Mi 12-16.00 Uhr
Am Beispiel indischer Telearbeiterinnen thematisiert Raqs Media Collective in der Video- und Textinstallation A/S/L (Age/Sex/Location) die geschlechtsspezifischen Arbeitsbedingungen innerhalb der ausgelagerten Online-Datenindustrie. Die Arbeitsverhältnisse dieses neuen „digitalen Proletariats“ bedingen das ständige Umschalten zwischen Online- und Offline-Welt, zwischen den jeweiligen kulturellen und ökonomischen Gegebenheiten. Zu sehen im Rahmen der Ausstellung „Geografie und die Politik der Moderne“. Interessantes Begleitprogramm!
Beratung, Gruppen, Kurse, Vorträge für Frauen. Auch muttersprachliche Beratung
bis 27.4.2003, Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner Hauptstr. 15, T. 01/504 98 80, http://foundation.generali.at, Di-So 11.00-18.00 Uhr, Do bis 20.00 Uhr
Women first: Selbstbestimmung für behinderte Frauen Info: Verein Ninlil, 3., Hetzgasse 42/1, T. 714 39 39
Your line. Für Mädchen, die gerade eine Lehre machen und darüber reden wollen
Wendepunkt, 2700 Wr. Neustadt, Raugasse 16, T. 02622/825 96. Mo, Do, Fr 9-12.00, Di 17-20.00 Uhr
Frauenberatung Verein Frauen für Frauen Burgenland, 7400 Oberwart, Spitalg. 5, T. 03352/338 55; 7540 Güssing, Hauptstraße 26, T. 03322/430 01
Psychologische , juristische und arbeitsmarktpolitische Beratung sowie Sozialberatung für Frauen Die Tür - Frauenservicestelle, 7210 Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/62 670; 7000 Eisenstadt, Joachimstr. 11/2, T. 02682/66 124
Hotline Essstörungen des Frauengesundheitszentrums Graz Telefon zum Ortstarif: 0810/810 400. Mo u. Do 16-19.00, Mi 9-12.00 Uhr
Mit Jugendlichen über Sexualität reden. Mit Eva Rzehak
Schwangerschaftstest zum Selbstkostenpreis (eur 1,50). Hilfe zur Selbsthilfe und Infos zu Schwangerschaftshilfen und/oder Schwangerschaftsabbruch
Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98
Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98; Mo/Di/Mi/Fr 9-13.00, Do 15-19.00 Uhr
Mit kleinen Kindern über Sexualität reden. Mit Eva Rzehak
Verhütung für Frauen. Mit Monika Vucsak
Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98
Beratung im Schwangerschaftskonflikt, bei Verhütungsfragen und Essstörungen
Psychotherapeutisches Orientierungsgespräch. Einmalige, kurzfristige Unterstützung in einer schwierigen Lebenssituation. Mit Christine Saiko-Jogan
ISIS, 5020 Salzburg,Willibald Hauthalerstr. 12, T. 0662/44 22 55, http://www.frauengesundheitszentrum-isis.at
Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98; eur 22,50
Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98, eur 5,-
r a d i o . f i x te r m i n
Jeder 1. Mo 18.-19.00 Khorschid Khanum - die persischsprachige Frauensendung Radio Orange 94,0 MHz ( Telekabel Wien 92,7)
Di 18-19.00 ta mera - an Orten wie diesen. Von Frauen für Frauen.Von Lesben für Lesben Radio Orange 94,0 MHz
Mi 18-19.00 Abwechselnd: orangina - Fanzine zu Mädchennetzwerken in der Subkultur / bauch.bein.po - Die Sendung für die ganze Frau Radio Orange 94,0 MHz
Mi 20.05-20.20 Das Frauenzimmer. Die Plattform für eine frauenspezifische Information Freies Radio Salzburg, FM 94.0 MHz
Do 18-19.00 HOSI Lesbenradio (Jeder 1. Do)/La manifesta (2. Do)/Görls linkup (3. Do)/Lourdes (4. Do) Radio Orange 94,0 MHz
februar 2003an.schläge 45
an.künden aus.blick
an.schläge
im märz
thema
Feminism worldwide Ein Einblick in internationale Feminismen – vom feministischen Islam bis zu Feministinnen in Lateinamerika. Was ist ihnen gemein?
arbeitslos
Verunsichert Einige Änderungen in der Arbeitslosenversicherung betreffen auch und im besonderen Frauen. Eine Expertin schafft Klarheit
Fliehen, aber richtig!
berlinale
Nicht zum ersten Mal begibt sich die in Wien lebende Autorin und Regisseurin Anna Hauer in die Tiefen menschlicher Befindlichkeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Gewinnen ist gesellschaftlicher Imperativ! Wer nicht zu den Erfolgreichen zählt, suggeriert sich selbst Erfolgsmomente durch Ersatzhandlungen…
Filmfieber
27.2. bis 8.3.2003, 20.00 Uhr, dietheater Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 05 04, http://www.theater-yby.at Fr 19.00-19.15 hot news for the sisters Radio Orange 94,0 MHz
Jeden 2. Fr 18.00-19.00 Radio UFF. Das Radio des Unabhängigen Frauenforums Radio Orange 94,0 MHz
Jeden 1. u. 3. Fr 16.30-17.30 SPACEfemFM. Frauenradio Radio FRO, 105,0 MHz (Linz)
Fr 18.00-19.00 Abwechselnd: Dyketime Radiomagazin für Lesben/ frauenforum RadioHelsinki, 92,6 MHz (Graz)
tanz.fest 1.2., ab 21.00, Wien WorldbeatZ. DJ Roter Rubin, Special guest: Ladies HipHop (Live Tanzperformance & Rap Songs), Visuals, world-food FZ-Bar, 9., Währinger Str. 59/6, Eingang Prechtlgasse T. 402 87 54, eur 5.-
46 an.schlägefebruar 2003
7., 14., 21. und 28.2., 21.00, Wien Resis.danse FrauenTanzAbend (women only) HOSI-Zentrum, Wien 2, Novaragasse 40
8.2., ab 22.00, Wien Homoriental. Orientpop für lesbisch/schwul/gemischt. DJ Yasemin Club Massiv, 3., Untere Weissgerberstr. 37, http://www.massiv.at
9.2., 19.00, Wien Rosa´s TanzBar. Der lesBischwule Tanzabend für leidenschaftliche Anfänger- und HobbytänzerInnen. Latein & Standard Cheek2Cheek, 8, Lange Gasse 50, eur 4,-
14.2., 21.00, Wien Airto Moraira & Flora Purim & Band. Brasilianische Party gegen trübe Februar-Stimmung Reigen, 14., Hadikgasse 62, T. 89 400 94
14.2., ab 22.00, Wien GOOD TIMES 60s, 70s, 80s muzik, DJanes afrdiziak, aroma:m, ginchilla U96, 9., Nußdorfer Str. 69/ neben Auge Gottes Kino
Eine Nachschau der Berlinale 2003. Was feministische- und queer Filme immer noch zu bieten haben, wenn sie angeboten werden
15.2., ab 21.00, Wien Zeitreise. DJ dragon FZ-Bar, 9., Währinger Str. 59/6, Eingang Prechtlgasse T. 402 87 54, eur 5.-
22.+23.2., 17.00, Wien Roma Tanz Workshop. Mit Ivana Ferencova
an.schläge gibts in folgenden Buchhandlungen
Amerlinghaus, 7., Stiftg. 8,T. 523 64 75, eur 40,-
22.2., ab 21.00, Wien Frauenfest der Radiomacherinnen der IKX Frauenkonferenz & der FZ-Bar FZ-Bar, 9., Währinger Str. 59/6, Eingang Prechtlgasse T. 402 87 54, eur 5.
28.2., ab 22.00, Wien HOT STUFF, funky house & dancefloor. DJanes afrdiziak, aroma:m, ginchilla U6, 9., Nußdorfer Str. 69/ne. Auge Gottes Kino
Redaktionsschluss Termine 03/03: 12.02.03 termine@anschlaege.at
Winter Zentralbuchhandlung Ebbe & Flut Südwind Frauenzimmer Riedl Löwenherz Südwind Kulturver. Waschaecht
1010 1010 1030 1070 1070 1080 1090 1090 4600
Landesgerichtsstr. 20 Schulerstr. 1-3 Radetzkystr. 11 Mariahilferstr. 8 Zieglergasse 28 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Dragonerstr. 22
tipnachschau
Freak out! Muss Kabarett von Frauen feministisch sein? Nicht unbedingt. Aber es sollte auch keine klischeehaften Frauenbilder reproduzieren. Ein Fallbeispiel gesehen von Claudia Saller Am 12. Jänner fand die Premiere der Comedy Show „Freaky Nylons Top Secret“ in der Wiener Kulisse statt. Der Pressetext versprach einen Besuch im „letzten Refugium der Weiblichkeit“:„Wir befinden uns im Jahre 2003 n. Chr. Die ganze Welt ist von Männern dominiert. Die ganze Welt? Nein! Ein von unbeugsamen Frauen besetzter Ort hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten“. Soweit so gut. Toiletten fungieren ja tatsächlich häufig als ein zentraler Ort der Kommunikation. Wenn kein anderer Frauenraum zur Verfügung steht: Hier ist frau jedenfalls unter sich. Und sogar innerhalb so mancher Frauenräume konzentriert sich das Geschehen seltsamerweise immer wieder rund ums Klo. Die Ankündigung dessen, was die vier Frauen, die sich „Freaky Nylons“ nennen, am Klo erleben, lässt so etwas wie widerständigen Witz erwarten, nach dem Motto: Wir müssen unsere letzte Bastion verteidigen und wollen dabei Spaß haben. Frauenprobleme. Der Spaß hält sich aber in Grenzen. In verschiedenen Szenen treffen sich Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft in unterschiedlichen Toiletten: Junge Mädchen in der Disco, alte Frauen im Kaffeehaus, Esoterikfreaks beim Wochenendseminar. Und sie besprechen, was Frauen eben so besprechen, wenn sie unter sich sind: Männer, Kosmetik und Hängebusen. Inhaltlicher Grundtenor: Ich bin so einsam, weil ich keinen Mann habe; ich vermisse meinen Exfreund so schrecklich, denn „er hatte so einen geilen… Kontoauszug!“; kann ich mit 32 noch pinke H&M-Blusen tragen; oh Gott, mein Busen ist nicht mehr straff – und so weiter und so fort. Trotz
einiger lustiger Pointen waren die dargestellten Frauen fast ausnahmslos tragische Figuren, denen nichts anderes übrig bleibt, als sich selbst zu bemitleiden und ihr Schicksal mit den bösen Männern „halt mit Humor“ zu nehmen. Beim besten Willen war hier keine Ironie oder Parodie zu erkennen, kein Ansatz von weiblichem Selbstbewusstsein, kein Aufzeigen von Gegenentwürfen oder irgendein anderes Element, das die Kritik am präsentierten Klischee deutlich gemacht hätte. Und das ist wirklich schade, denn in der unerschöpflichen Thematik „Geschlechterverhältnis“ läge sicherlich genug Stoff, um bissig, kritisch, aufmüpfig und trotzdem komisch echte alltägliche Sorgen von Frauen darzustellen. Freaky Feminism. Das Frauen- aber auch das Männerbild, das bei den „Freaky Nylons“ gezeichnet wird, ist eine Abfolge von veralteten Klischees, ohne kritisch auf diese Tatsache hinzuweisen. Das bloße Reproduzieren negativer Klischees macht allerdings noch keine Comedy, geschweige denn eine Gesellschaftssatire. Die vier Protagonistinnen auf der Bühne sind auch die Autorinnen des Programms. Sie verstehen sich durchaus als feministisch und beanspruchen für sich das Recht, einfach eine Comedy Show auf die Beine stellen zu können, wie Männer auch, „ohne existenzielle Fragen erwarten zu müssen“ und ohne, dass es gleich „emanzentriefend und männerfeindlich“ sein muss, erläutert Valerie Bolzano auf Anfrage der an.schläge. „Feminismus ist für meine und die nächste Generation einfach kein so bierernstes Thema mehr, wie für die Generation davor“, meint sie. Sie wolle sich auf der Kabarettbühne nicht nur über
ihr Geschlecht definieren müssen. Warum es dann den Großteil des Abends um sogenannte Frauenprobleme (nämlich Männer und wie frau für sie attraktiv wird) geht, bleibt offen und müsste wohl in einer ausführlichen Diskussion mit den Autorinnen geklärt werden. Männerwitz. Bei der Premiere wurde zum Teil gröhlend gelacht – von Männern. Sie hatten ja auch eineinhalb Stunden die Gelegenheit, es zu genießen, wie Frauen sich für sie in verschiedenen Variationen zum Trottel machen. Jeder Frau, die sich schon einmal Gedanken über die ökonomischen Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den Geschlechtern gemacht hat, sollte das Lachen im Halse stecken bleiben. Im Gegensatz zur Ankündigung eines von unbeugsamen Frauen besetzten Ortes werden die Frauen als äußerst beugsam dargestellt, und dem „Eindringling“ werden Tür und Tor weit geöffnet. Aber vielleicht sollte ja genau das der Witz bei der Sache sein. Leider ein schlechter Witz. Ich möchte trotz allem gerne davon ausgehen, dass Ansätze einer Gesellschaftskritik mit dieser Comedy intendiert waren – und zwar nicht, weil Frauen per se moralisch oder sonstwie zu feministischer Gesellschaftskritik verpflichtet wären, sondern weil Gesellschaftskritik üblicherweise ein elementarer Bestandteil jedes Kabaretts und jeder Comedy ist – egal, ob Männer oder Frauen für den Inhalt verantwortlich sind. Wenn es aber um „Frauenthemen“ geht, dann muss die Kritik sehr wohl feministisch sein. Egal, ob sie von Männern oder Frauen vorgebracht wird. Die Kritik kam an diesem Abend leider nicht an – zumindest nicht bis zu mir. ❚
Freaky Nylons Top Secret: vom 11. bis 15.2. im Kabarett Niedermair
februar 2003an.schläge 47
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Nr. 02/03, februar 2003/17. Jahrgang, e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,– , P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M