2003_09_anschlaege

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an.schläge09/2003

an.schläge DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN september

film

RollenSpiele In ihrem neuen Film „Sex is Comedy“ übt sich Catherine Breillat in Selbstreflexion thema

FrauenWelt Auf dem Weg zu einer fünften WeltfrauenKonferenz sind Rückblicke notwendig e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,–


FRA U E N GE S UNDHE I T STA G E Testen Sie kostenlos Ihre Gesundheit! Gesundheits-Checkpoints • Infos & Beratung Musik & Kabarett • Star-Talk

6. / 7. September 2003, Wiener Rathaus Öffnungszeiten: Samstag 6.9.: 11:30 bis 18 Uhr und Sonntag 7.9.: 9 bis 18 Uhr

Mit: Claudia Stöckl, Dieter Chmelar, Chris Lohner, Dolores Schmidinger,„Niddl“, Pat Zapletal, Elke Winkens, Andrea Händler, The Rounder Girls

PEOPLE Eine Initiative von: Prim. Dr. Elisabeth Pittermann (Stadträtin für Gesundheits- und Spitalswesen), Mag. Renate Brauner (Stadträtin für Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal), ao. Univ.-Prof Dr. Beate Wimmer-Puchinger (Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien). Organisation: B&K Kommunikation, icos.

EINTRITT FREI • Wiener Rathaus, Eingang Lichtenfelsgasse

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„Für mich müsste jeder Mensch dieselben Möglichkeiten und Chancen haben.“

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.-17.10.2003, weils von -18 im seumsquartier/Wien!

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Ute Bock

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hinderung erleben...

BOCK auf

Kultur

KEINE RUHIGE NACHT SOLANGE FLÜCHTLINGE AUF DER

STRASSE STEHEN, WERDEN WIR AUFTRETEN JOSEF HADER • LOUIE AUSTEN • MARTIN PUNTIGAM SCHÖNHEITSFEHLER • PRINCE ZEKA • I WOLF-DJ SET DZIHAN UND KAMIEN • STERMANN & GRISSEMANN TOTAL CHAOS • WILLI RESETARITS DAS BALATON COMBO • ROLAND NEUWIRTH U.V.A.

Ein e Aktion des ÖZIV - Österreichischer Ziv il-Inv alidenv erband

Detailprogram m unter www.oeziv.at oder 01/513 15 35/211

Eine Veranstaltung von www.bockaufkultur.at Damit auch Flüchtlinge in Österreich eine Zukunft haben.

1.-27.9.03

design by indeco.cc

Eintritt: PAY AS YOU WISH But don’t forget: Jeder Cent, den du spendest, kommt direkt obdachlosen AsylwerberInnen zu Gute!


an.schläge an.spruch

Gewaltige Phantasien Wenn „linke“ Männer/Medien sexistisch engleisen gleichbehandlungsgesetz

auf.takt

Eine lästige Pflichtübung? Die Antirassismus-Richtlinie der EU stößt in Österreich auf taube Ohren

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interview

„Am Tisch die ganze Welt“ Gundi Dick über die neue Beratungsstelle für Prostituierte, SILA

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international

Aufbruch in Marokko

thema

politik

Klischees über Marokkanerinnen gehen an der Realität völlig vorbei

14

an.sage

Familiensplitting – gerechter für wen? Ansichten vom Wiener Katholischen Familienverband und Ingrid Reischl

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weltfrauenkonferenzen

Einmal um die Frauenwelt – und retour? Bald zehn Jahre sind seit der letzten UN-Konferenz in Peking vergangen

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preisträgerin

wissenschaft

„Ich habe mir nie etwas vorschreiben lassen Gera Lerner erhielt den ersten Wissenschaftspreis der Stadt Salzburg

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forum.wissenschaft

Keine Angst! Ein Plädoyer für Computerkurse von und für Frauen

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arbeit

frauenwerkstatt

Stolz auf Holz Bei „Team Idee“ können langzeitarbeitslose Frauen Energien sammeln

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spiritualität

Vielfalt wagen! In Barcelona fand die Zweite Europäische Frauensynode statt

32

film

Rollenspiele Die französische Filmemacherin Catherine Breillat zu Gast in Wien

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interview

„Es war ein absolutes Männerlokal“ Anneliese Weidinger ist seit 1986 Kaffeesiederin am Lerchenfeldergürtel

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ge.sehen

Schlachtfelder „Bedbound“ – Eine sehenswerte Österreichpremiere im dietheater

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theater.finnland

kultur

Wir haben überlegt, diese Stelle leer zu lassen: „Wegen Hitzeferien geschlossen!“ Aber erstens machten wir keine Ferien und zweitens sind zumindest unsere Redaktionsräume schön kühl. Außerdem wollen wir es nicht versäumen, auf diese sehr bunte Ausgabe hinzuweisen. Anlässlich der Überlegungen, eine 5. Weltfrauenkonferenz im Jahr 2005 zu veranstalten, hat Gabi Horak die Geschichte der UN-Weltfrauenkonferenzen zum Thema gemacht. Karin König vom Wiener Integrationsfonds versuchte, die Lücken und Tücken des Entwurfes zum „Gleichbehandlungsgesetzes“ – das eigentlich ein „Antidiskriminierungsgesetz“ hätte werden sollen – darzulegen. Am Cover ist die französische Filmemacherin Catherine Breillat zu sehen, die schon im Frühjahr in Wien war, um ihren neuesten Film „Sex is Comedy“ vorzustellen, der demnächst in den österreichischen Kinos anläuft. Ein Beitrag von Sandra Altendorfer. Der Kommentar ist Karin Eckert dieses Mal besonders schwer gefallen, denn es galt ein großes Ärgernis in Worte zu fassen, das seit einigen Wochen nicht nur unsere Gemüter erregt. Dass die Wiener Stadtzeitung Falter sich in punkto Frauenberichterstattung keine großartigen Lorbeeren verdient und geschlechtsneutrale Schreibweise ein Fremdwort ist, ist keine Neuigkeit. Diverse Entgleisungen in letzter Zeit haben das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Gemeinsam mit anderen Frauenmedien/-initiativen wird gerade überlegt, wie darauf angemessen zu reagieren ist. Wir werden unsere Leserinnen natürlich am laufenden halten, welche Aktionen geplant werden, denn je mehr Frauen (und Männer) ihren Unmut kundtun, umso schwieriger wird es der Falter-Redaktion fallen, diesen Protest weiterhin zu ignorieren. Last but not least ein Dankesgesang an unsere Leserinnen: Die sonst eher anstrengende Aboverwaltung machte in den Sommermonaten plötzlich viel mehr Spaß: Gleich mehrere Abonnentinnen haben relativ großzügig gespendet, was in der Redaktion jedes Mal auf große Freude stieß. Dafür wollen wir uns ganz herzlich bedanken und: Weiter so! Eure an.schläge-Redaktion

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Naisteatteri Festivaalit Ein Rückblick auf das Europäische Frauentheaterfestival in Finnland

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an.an.schläge

Mit den tollen Perücken von „perfect props“ waren die

Betrifft: an.schläge 7-8/03

Betrifft:„being critical means being cool“ in an.schläge 7-8/03

Sehr fein!

Vergessen

Liebes an.schläge-Team! Danke! Die Juli/August-Ausgabe war in vielerlei Hinsicht eine freudige Ausgabe für mich! Da war der feine Artikel über unser Portobella-Catering Service und Kochbuchs von Verena Fabris. Da war der fulminate an.spruch von Kerstin Kellermann. Da war das motivierende Interview mit Michaela Moser von Karin Eckert. Da war das wache Interview mit Ute Bock von Verena Fabris. Da war der klärende Artikel von Jale Akcil. Da war – einfach alles so fein! Mit lieben Grüßen, Maggie Jansenberger

Liebes an.schläge-Team! Ihr habt vergessen abzudrucken, dass der Ausgangstext bzw. eine kürzere Fassung des Tagungsberichtes in info_03 Schwerpunkt Gender Studies und Cultural Studies (herausgegeben vom Projektzentrum für Frauen- und Geschlechterforschung, erscheint im Herbst 2003) von Vida Bakondy, Serena Laker und Renée Winter verfasst worden ist. (Serena Laker als Co-Autorin wurde nicht erwähnt, was nicht korrekt ist). Danke, alles liebe und wunderbaren restlichen Sommer. Vida Bakondy & Renée Winter

Betrifft:„Sisters in trouble“ in an.schläge 7-8/03

Betrifft:„Die Priesterin kocht ganzheitlich“ in an.schläge 6/03

Ergänzung

Viel Mut

Liebe Redaktion, liebe Eva Keller, mit Freude ob der Thematisierung von Gewalt unter Lesben las ich den Artikel „Sisters in trouble“ und schreibe mit dem dringenden Bedürfnis, folgendes zu ergänzen: Vor 3 Jahren haben feministisch verortete Lesben in Wien eine große Veranstaltungsreihe zu „Gewalt unter Lesben“ organisiert und als Buch unter dem Titel „Entscheidend – einschneidend. Mit Gewalt in lesbischen und feministischen Kontexten umgehen“ (Milena-Verlag) dokumentiert. Eine zentrale Erkenntnis, dich ich weitergeben möchte, war: Gewalt „passiert“ nicht „nur“ den „Anderen“, sondern Jede ist potenziell Täterin (und viele sind betroffen). Auch ausgehend von der feministischen Praxis der Selbstorganisation ist zu sagen, dass daher nicht „nur“ die „zuständigen Stellen“ zu „sensibilisieren“ sind, sondern dass Jede aufgerufen ist, ihr Agieren zu reflektieren, sich in ihrem Freundinnenkreis, in ihrem politischen- und Szene-Umfeld zu Gewalt kritisch zu verhalten. Und: Eingedenk spezifischer Gewaltdynamiken unter Lesben und lesbenfeindlicher gesellschaftlicher Strukturen ist auch zu sagen, dass heterosexuelle Frauen aus Überlegungen zu Gewalt unter Frauen nicht auszunehmen sind. Mit feministischen Grüßen, Katharina Pewny

Liebe an.schläge! Seit Jahren schon beschäftige ich mich mit der weiblichen Magie, der Geschichte des „Wicca tums“ und entwickle mich gemeinsam mit Gleichgesinnten in puncto Frauenspiritualität. Gar nicht selten werde ich auch mit VertreterInnen aus der rechten Szene konfrontiert, die genau jenes Gedankengut vermitteln, wie es im Artikel thematisiert wird. Genau aus diesem Grund beglückwünsche ich El Alwadalla zum Mut, dieses heiße Eisen auch mal anzufassen und aufzugreifen. Denn abseits der weiblichen spirituellen Räume blühen und gedeihen unleugbar rechtsradikale „Riten“ – dies anzusprechen bzw. anzuschreiben macht selten Freundinnen. Es gibt natürlich auch die Frauen, die sich mit weiblicher Spiritualität beschäftigen, und mit rechtsradikalem Gedankengut nichts am „spitzen“ Hut haben. Eine solche Relativierung wäre halt schon noch angebracht gewesen. Deshalb Danke für den informativen Beitrag.

an.schläge-Mitarbeiterinnen ein inoffizielles Highlight bei der diesjährigen Regenbogenparade in Wien. http://www.perfectprops.at

an.schläge Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik A-1030 Wien, Hetzgasse 42/1, T. 01/920 16 76 Fax: 01/ 715 98 88, e-mail: redaktion@anschlaege.at, office@anschlaege.at, http://www.anschlaege.at

Redaktionskollektiv: Karin Eckert/keck (Koordination, Buchhaltung), Verena Fabris/vab (web), Gabi Horak/GaH (Koordination, Abos), Petra Öllinger/PÖ, Helga Pankratz/ pan

Inserate, PR: Ilona Baumann-Sohajek (inserate@anschlaege.at) Ständige Mitarbeiterinnen: Daniela Fohn/DF, Kerstin Kellermann/kek , Gabi Obojkovics/Go, Claudia Saller/cs (Termine), Eva Steinheimer/ESt

Mitarbeiterinnen dieser Nummer: Sandra Altendorfer, Elisabeth Hirsch, Heidi Kolm/heko, Karin König, Susi Linzer, Michaela Moser, Sabina Schebrak, Christine Spranger, Christine Weiser/chw, Azadeh Zohrdi Monsared/AM

an.sage: A. Dobersberger & Renate Moser neu.land: Jasmina Jankovic’ heim.spiel: Eva Steinheimer lesben.nest: Ursula Raberger ge.sehen: Gabi Horak an.klang: Regina Himmelbauer Cartoon: Klaudia Wanner Unsere Werbung: Magdalena Blaszczuk Cover: Magdalena Blaszczuk Fotos: an.schläge-Archiv, Magdalena Blaszczuk, Michaela Bruckmüller, Gabi Horak, Sabina Schebrak, Christine Spranger, Eva Steinheimer, Helene Trauner

an.schläge Schrift: Martha Stutteregger Grafisches Konzept: Beate Schachinger für Layout: Andrea Gadler Druck: Reha Druck, Graz © an.schläge: Titel, Vorspänne und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten.

04 an.schlägeseptember 2003

Susanne

an.schläge werden gefördert von: FRAUEN BURO MAGISTRAT DER STADT WIEN


an.spruch

Karin Eckert

Gewaltige Phantasien Marie Trintignant ist tot – von ihrem Freund im Streit zu Tode geprügelt. Er – ein engagierter Globalisierungsgegner, der sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus ins Zeug legt. Eine Freundin trennte sich kürzlich von ihrem langjährigen Partner. Am Ende der Beziehung war sie ein psychisches Wrack. Er – ein glühender Antirassist und Kommunist, der die Frauenfrage als Nebenwiderspruch verharmlost. Während viele „linke“ Männer (zu Recht) gegen Rassismus auf die Barrikaden gehen, weigert sich mancher von ihnen konstant, die eigenen blinden Flecken zu sehen. Sexismus ist kein Thema für sie. Mann steht über diesen Dingen, Mann ist ohnehin political correct, Mann liebt wahrscheinlich auch noch die Frauen… Unterdrückungsformen zu hierarchisieren hat in der linken männlichen Szene System. Auch die Wiener Stadtzeitung „Falter“ versteht sich als gesellschaftskritisch, progressiv und links. Seit Jahren schreibt sie sich die Finger wund gegen Schwarz-Blau, gegen Rassismus und Antisemitismus. Frauenthemen hingegen finden nur selten Eingang in die geheiligten Seiten des Falter. Herr Chefredakteur himself soll so uninteressante, unwichtige Themen wie Gleichberechtigung mit einem Gähnen abschmettern. In diesem sich selbst als kritisch beweihräuchernden Medium hat auch geschlechtsneutrale Schreibweise keine Chance. Trotz oftmaliger Kritik weigert sich die Redaktion, Frauen sprachlich sichtbar zu machen. Schweigen heißt, sich (mit)schuldig zu machen. Seit einigen Monaten schweigt der Falter nicht nur, er redet. Über Frauen! Der erste und bislang einzige fixe Platz, wo Frauen im Falter Thema sind, ist … eine Sexkolumne! Herr Redakteur W.K. hat die Ehre, sich Woche um Woche seine Gedanken über Sex von der Seele zu schreiben. Untergriffig, aggressiv und zunehmend gewaltvoll schwelgt er in sexuellen Phantasien. Männliche Lust ist das dominante Thema, Frauen werden auf ihre Sexualität reduziert, zum Objekt degradiert, das die Funktion einer Gummipuppe zu erfüllen hat. Bisweilen empfindet W.K. weibliche Lust auch durchaus als erstrebenswert: damit kann er sich zum einen selbstgefällig auf die Schulter klopfen. Zum anderen kann weibliche Lust Männer ja durchaus auch anturnen – sie dient dann halt wieder nur männlichen Bedürfnissen. W.K. breitet sich darüber aus, welche Frauen „gut im Bett sind“ (wider Erwarten sind es nämlich nicht die schönen

Frauen, sondern die unattraktiven. Model-Frauen bringen es hingegen gar nicht…). Welche Bedürfnisse Frauen haben ist dabei nicht nur irrelevant, sondern auch unerwünscht, denn: Männer „hören gerne: 1. Ja. 2. Jaaa!“ und „nicht so gerne 1. Nein. 2. Nein heißt bei mir nein.“ Frauen sollen gefälligst Sperma schlucken – egal ob es schmeckt oder nicht – denn „manchmal geht’s nicht anders“ und „im G’rund g’nommen g’hört er in den Mund g’nommen“. Offenbar gefällt sich W.K. in der Rolle des Grand Provocateur. Tabubrüche will er aber nicht durch feministisches Engagement begehen (und er würde damit auffallen!). Er frönt lieber dem backlash und erheischt Aufsehen durch frauenverachtendes Geschreibsl. Wie mutig! Endlich ein Mann, der auf political correctness pfeift, und schreibt, was sich viele insgeheim schon lange denken. Willkommen am Stammtisch mit Wolf Martin, Jörg Haider und Staberl! Ein Mann redet, die Redaktion schweigt. Empörte LeserInnenbriefe werden ab und an abgedruckt, Anrufe lapidar abgewimmelt. (Was wäre, wenn einE AfrikanerIn sich über rassistische Kommentare beschweren würde?) Der Vorwurf des Sexismus scheint niemanden zu kratzen. Doch inzwischen reagiert W.K. sogar auf Wünsche, er möge sich nicht ausschließlich mit männlichen Blow-Job-Phantasien befassen: Er widmet sich in den nächsten Kapiteln dem Cunnilingus, der „nicht ganz unpassend nach einer fleischfressenden Pflanze klingt“ und dem er gleich mal den bezeichnenden Namen „Low Job“ verpasst. Und er warnt die KritikerInnen, dass sie ihren Wunsch „vielleicht noch bereuen werden“. Ist W.K. schon so selbstredend political correct, steht er schon so über den Dingen, dass er derartig selbstgefällig mit KritikerInnen umgehen kann? Die Kolumne läuft weiter. W.K. würde mir wahrscheinlich raten, seine Ergüsse einfach zu überblättern. Aber ich bin genauso wenig gewillt, vor Rassismen in unserer Gesellschaft den Mund zu verschließen, wie vor frauenverachtendem Macho-Gekritzel. Denkt endlich mal nach, ihr Männer der „Linken“, hört auf, so zu tun, als wärt ihr nicht Teil dieser sexistischen Welt, nur weil ihr euch selber so definiert. Kapiert endlich, dass harmloses Witzeln, augenzwinkerndes Schreiben und uninteressiertes Schweigen bereits gewalttätig sind und den Nährboden für körperliche Gewalt bilden – egal ob das Opfer nun Cheibane Wague oder Marie Trintignant heißt! ❚ september 2003an.schläge 05


österreichan.riss studie

Kleines Problem Für die Allerkleinsten gibt es immer weniger Betreuungsmöglichkeiten, außer bei Mama (und selten bei Papa). Nach einer Erhebung der Statistik Austria gibt es lediglich für 9% der Unter-3-Jährigen einen Krippenplatz. Seit 2001 ist das Angebot sogar um 10% zurückgegangen. Am Besten bedient sind noch die WienerInnen, wo etwa 50% der Kleinkinder eine Einrichtung besuchen. Schlecht schaut es hingegen für Tirol (6,3%) Vorarlberg (9,2%) und die Steiermark (10,5%) aus. Skandinavien hat mit durchschnittlich 50% Versorgungsdichte wie immer europaweit die Nase vorne. Österreich liegt gemeinsam mit Griechenland, Spanien, Italien und den Niederlanden weit abgeschlagen. Macht richtig Lust aufs Kinder-Kriegen! keck verhütungsmuseum

Wanted!

schubhaft

„Jahrhundertelang hat sich die Menschheit bemüht, die Fortpflanzung zu kontrollieren“, so die InitiatorInnen des neu gegründeten „Museums für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ in Wien, das kürzlich mit dem Sammeln von Exponaten begonnen hat. Gesucht werden Wissensbestände, Instrumente, Plakate, Informationsschriften sowie mündliche Überlieferungen. Wie war das früher? Welche Mittel standen unseren (Ur-)Großmüttern zur Verfügung? Mit welchen Ängsten hatten sie zu kämpfen? Wie gingen sie mit ungewollten Schwangerschaften um, als Abbrüche kriminalisiert und höchst lebensbedrohlich waren? Wer Beiträge zum Aufbau der Sammlung hat, kann sich an die Initiatorinnen wenden. Die unterschiedlichen Erfahrungen helfen so, ein weites Spektrum auszuloten und ein Stück Kulturgeschichte festzuhalten. Endziel ist der Aufbau eines Museums, das allen die „Urkraft der Fortpflanzung“ und die vielen Versuche der HERRschaft darüber vor Augen führen soll. keck

Fragliche Verbesserung

Kontakt: Sonja Krejsa T. 069/178 178 04 oder Brigitte Oettl T. 0699/178 178 03. e-mail: vehuetung@aon.at; http://www.verhuetungsmuseum.at

plus.minus

Seit 1. August ist eine offene Station für Frauen in Schubhaft in der Wiener Rossauer-Kaserne in Betrieb. In einem Trakt, der drei Gemeinschaftszellen und einen Gemeinschaftsraum umfasst, sind tagsüber die Zellentüren offen. Bis zu 18 Frauen können sich in diesem Bereich uneingeschränkt bewegen. Die Presseaussendung ist ein Lehrstück für beschönigende Rhetorik:„Es muss durch die Haftbedingungen zum Ausdruck kommen, dass Schubhaft keine Strafhaft ist“, meint Günter Ecker vom Verein Menschenrechte, zuständig für die Schubhaftbetreuung. Durch die verbesserten „Anhaltebedingungen“ sollen sich die Frauen nicht mehr „weggesperrt“ fühlen, sondern respektiert „angehalten“. Mit dem neuen Konzept soll „das Problem des Hungerstreiks entschärft“ werden. Erfahrungsgemäß gingen auch die Selbstverletzungen durch die erhöhte „Betreuung“ zurück. Wie schön für die politisch Verantwortlichen, so können sie die Frage, warum es zu Hungerstreiks und Selbstverletzungen kommt, schnell

plus.minus Reaktionen und Anregungen an die Redaktion per Brief oder e-mail, mit dem Betreff:„plus.minus“

„Altkärntner“

…so fanden sich BesucherInnen aus Israel bezeichnet, die der Einladung des Kärntner Landeshauptmanns in jenes Bundesland folgten, aus dem sie in den „Wirren des Zweiten Weltkrieges ausgewandert“ waren. – Trotz der Wirren solcher Geschichtsauffassung lächelten die Gäste höflich in die Kameras.

06 an.schlägeseptember 2003

platz-tausch

tausk-platz

Wiener Wirtschaftskammer

Grazer Fraueninitiative

Im Herbst 2003 startet an der Fachhochschule Wirtschaft ein neu eingerichteter Studiengang für Journalismus. Rechtzeitig wurde die Leitung des Lehrgangs öffentlich ausgeschrieben. Und nach Sichtung der Unterlagen und einem Hearing ergab sich eine Reihung der über 40 Bewerberinnen und Bewerber für den Führungsposten nach Qualifiziertheit, an deren Spitze zwei Frauen standen. Der Geldgeber der Fachhochschule, die Wiener Wirtschaftskammer, hat Anfang Juni die Stelle trotzdem mit einem Mann besetzt: Die Nummer Fünf auf der Liste wurde den Frauen bei der Besetzung dieses Führungspostens vorgezogen. Ein fatales Signal. (–)

Martha Tausk war Anfang des 20. Jahrhunderts die erste Landtagsabgeordnete der Steiermark. Nun hat eine Initiative von Grazerinnen anlässlich der fälligen Neubenennung eines Parks im Bezirk Geisdorf die Chance genutzt, beim Magistrat der Stadt den Vorschlag auf Benennung in Martha Tausk-Platz einzubringen. Nur 1,5 Prozent der Grazer Namensdenkmäler sind bislang weiblich. Namen von Pflanzen, Vögeln und Männern, darunter beispielsweise auch der Nazidichter Ottokar Kernstock, dominieren bis dato die sichtbaren Oberflächen der Stadt. Die Gemeinderatssitzung, in der über den Vorschlag abgestimmt wird, steht noch aus. (+)


an.rissösterreich vergessen. Nachdem das Innenministerium den Vertrag mit Caritas und Volkshilfe, die bis Februar 2003 für die Betreuung von Schubhäftlingen zuständig waren, nicht verlängert hatte, übernahm der kurzfristig ins Leben gerufene Verein Menschenrechte diese Aufgabe – sehr zum Wohlgefallen des Innenministeriums. Der Verein sorgt für reibungslose Abschiebungen und ist nicht so lästig, wie andere Organisationen, die doch glatt Berufungsanträge gestellt haben… keck

an.ruf

konferenz

frau macht sichtbar GATS (Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) ist im Anrollen, und droht viele zu überrollen – unter anderem Frauen. Globalisierung aus Frauenperspektive zu betrachten ist daher das Ziel einer international prominent besetzten Konferenz:„frau macht sichtbar“ findet von 11.–14. September 2003 in Graz statt. Im Mittelpunkt stehen Erfahrungsaustausch und die Entwicklung von Handlungsalternativen. Mittels Referaten, Diskussionen und Workshops nähern sich Expertinnen u.a. aus Österreich, Deutschland, Indien, Serbien, Brasilien und den USA den komplexen Themen an. Ein Frauenfrühstück am Schlossberg bildet den Abschluss der Konferenz, nach dem die Teilnehmerinnen informiert und voller Visionen Aktionen gegen den globalen Wahnsinn starten können. keck Infos unter: http://www.attac-austria.org/gruppen/feministattac/feministattac.php; e-mail: femconference@attac-austria.com. T. 01/54 641-430

Heidi Ambrosch im Gespräch mit Karin Eckert

Feministischer Backlash Du bist als Frauenvorsitzende der KPÖ abgewählt worden. Was ist passiert? Die Gegenkandidatin hat sich beim Personalparteitag Mitte Juni knapp durchgesetzt. Scheinbar ist auch in Teilen der KPÖ der antifeministische backlash wirksam. Zwar gibt es in meiner Wahrnehmung unter den aktiven KPÖ-Frauen eine breite Mehrheit für meine Positionierungen, doch am Parteitag haben über den Frauenvorsitz auch Männer – die Mehrheit der Anwesenden – entschieden.

femvital

pumperlg’sund Die Wiener Frauengesundheitstage FemVital, die am 6. und 7. September bereits zum vierten Mal stattfinden, bieten Besucherinnen eine runde Mischung aus Unterhaltung und Information. Fürs Hirnschmalz gibt es Diskussionsrunden z.B. zu den Themen Essstörungen, Hormonbehandlung oder Frauen im Medizinbetrieb. Gesundheits-Checkpoints für kostenlose Untersuchungen, Selbstverteidigung für Frauen und Orientalisches (Schnupper) Tanzen sprechen hingegen den Körper an. Für das seelische Wohl sorgen schließlich u.a. das Theaterensemble „Foxfire“, das multikulturell besetzte „Dschungel-Orchester“, die „Metropol-Schrammel“-Frauen und die Rounder-Girls. Und wen das noch nicht überzeugt hat: Andrea Händler und Dolores Schmidinger bieten Highlights aus ihrem aktuellen Programm. keck Samstag 6.9.03, 11.30 – 18 Uhr, Sonntag 7.9.03, 9 – 18 Uhr im Wiener Rathaus. Freier Eintritt

Hat sich der Anti-Feminismus in der Partei schon abgezeichnet? Bei den letzten Wahlen bist du ja auch nur knapp gewählt worden… Ja, es lag schon am letzten Parteitag ein dogmatisches Thesenpapier auf, das auf einer vorgeschalteten Frauenversammlung wegen seiner Gegenpositionen zum gültigen Frauenprogramm heftig kritisiert worden ist. Welche Position vertritt die neue Vorsitzende? Ihre frauenpolitischen Vorstellungen lassen sich zusammenfassen auf ein Haupt- und Nebenwiderspruchsdenken und auf eine traditionelle sozialökonomische Arbeit à la mehr Kindergärten, mehr Lohn etc. Feminismus hält sie für bürgerlich; er lenkt vom Klassenkampf ab – das ist der Kern unserer Auseinandersetzungen in der Partei. Wirst du dich weiter in der KPÖ und für Frauen engagieren?

soli-veranstaltung

Bock auf Kultur Seit Juni läuft die Aktion „Bock auf Bier“ zur Unterstützung von Ute Bock. Nun geht’s kultig weiter: Von 1. bis 27. September warten zahlreiche Events in den „Bock-auf-Bier“-Lokalen auf BesucherInnen. Die freiwillige Spende beim Eintritt geht gänzlich an Ute Bocks Wohnprojekt. Mit Kabarett, Livemusik, DJ’s, Theater und Lesungen ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ein (ziemliches) Manko: Frauen sind kaum vertreten. Lediglich DJane Amina und Bette D legen im Orlando auf und Brigitte Stadler tanzt Raqs Sharqi. Frau Bock braucht trotzdem Unterstützung… keck

Meine Abwahl hat zu einer Mobilisierung unter den aktiven Frauen geführt, die jetzt in den Bundesländern wie auch in Wien Versammlungen abhalten. Eine bundesweite Frauenversammlung bleibt abzuwarten. Voraussichtlich werde ich aber von dieser einen entsprechenden Arbeitsauftrag bündnispolitisch erhalten. Ich bleibe somit den feministischen Bewegungen vorerst mit gewohnter Kraft erhalten, allerdings werden meine budgetären Möglichkeiten eingeschränkt. Ich mache trotzdem weiter, halt ohne „Titel“, aber wen interessiert der Titel schon… Heidi Ambrosch ist ehemalige Frauenvorsitzende der KPÖ

Detailliertes Programm unter http://www.bockaufkultur.at

september 2003an.schläge 07


politikgleichbehandlungsgesetz

Fo t o : A r c h i v

Eine lästige Pflichtübung? Bis 19. Juli hätte Österreich die „Antirassismus-Richtlinie“ der EU umsetzen müssen. Erst wenige Tage vorher wurde erstmals ein Entwurf für ein „Gleichbehandlungsgesetz“ veröffentlicht, das die EU-Vorgaben nur unzureichend umsetzt. Von Karin König Mit dem „Gleichbehandlungsgesetz“ (GIBG) sollen neben der neuen „Antirassismus-Richtlinie“1 auch die „Rahmenrichtlinie für Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“2 sowie die Richtlinie zur Änderung der aus 1976 stammenden GleichbehandlungsRichtlinien zwischen Frauen und Männern im Arbeitsleben3 in österreichisches Recht umgesetzt werden. Eine kurz gefasste Einschätzung des vorliegenden Umsetzungsversuchs ist kein leichtes Unterfangen, weshalb hier nur einige zentrale Punkte dargelegt werden.

Karin König ist zuständig für den Fachbereich Recht im Wiener Integrationsfonds

08 an.schlägeseptember 2003

EU-Vorgaben. Mit der Verabschiedung des Vertrags von Amsterdam, Art. 13 – in Kraft seit 1. 5. 1999 – wurde die Bekämpfung von Diskriminierung aus

anderen als geschlechtsbezogenen Gründen, nämlich „der rassischen oder ethnischen Herkunft, Religion oder Glaubensüberzeugung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung“ erstmals zur Aufgabe der EU. So sehr diese Fortschritte von diversen Interessensvertretungen begrüßt wurden, wiesen sie auch auf eine Reihe struktureller Schwachpunkte hin, die in der österreichischen Umsetzung voll durchschlagen. Folgendes sehen die neuen Richtlinien vor: Ein umfassendes Gleichbehandlungsgebot für die Arbeitswelt und für den Zugang zu Waren und Dienstleistungen; eine Definition von unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung; ein Benachteiligungsverbot der beschwerdeführenden Person; Schutz vor Belästigung; Ersatz des materiellen und im-

materiellen Schadens in Folge von Diskriminierung; NGOs sollen in die Bekämpfung von Diskriminierung eingebunden werden; Erleichterungen im gerichtlichen Verfahren zur Bekämpfung von Diskriminierung (Beweislastumkehr, Vertretungsbefugnis für NGOs). Nur die Antirassismus-Richtlinie – und schon bisher die Frauengleichbehandlungs-Richtlinie – sehen eine oder mehrere unabhängige Stellen vor, die sowohl Opfer von Diskriminierung unterstützen, als auch unabhängige Untersuchungen durchführen bzw. beauftragen und Öffentlichkeitsarbeit betreiben sollen. Alle drei Richtlinien verbieten Diskriminierung für alle Personen in öffentlichen und privaten (Arbeits-)Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen.


gleichbehandlungsgesetzpolitik Hierarchisierung? Der Geltungsbereich der Antirassismus-Richtlinie ist jedoch weiter, da sie neben der Arbeitswelt auch für den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, die sozialen Vergünstigungen, die Bildung sowie den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gilt. Mit anderen Worten: In diesen Bereichen ist frau nur gegen Diskriminierungen aufgrund der „Rasse“ oder der ethnischen Herkunft, nicht aber auf Grund des Geschlechts, der Religion, Weltanschauung, sexuellen Identität, von Behinderung oder Alter geschützt! Der Geltungsbereich der verschiedenen Richtlinien weist auf ihren größten Schwachpunkt hin: das unterschiedliche Schutzniveau. Weiters sind zentrale Begriffe wie „Rasse“, „ethnische Herkunft“, „Religion“, „Weltanschauung“ und „sexuelle Ausrichtung“ nicht definiert und teilweise unglücklich gewählt. Die Antirassismus-Richtlinie nimmt Unterscheidungen nach Staatsbürgerschaft sowie einwanderungspolitische Maßnahmen ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich aus. So weit, so verwirrend.

sich bereits zuvor Interessensorganisationen behinderter Menschen – aus ihrer Sicht verständlich und legitim, dem gemeinsamen Anliegen des Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsrechts abträglich – aus dem Anwendungsbereich des GlBG „herausreklamiert“. Fordern diese doch seit Jahren ein Gleichstellungsgesetz und sehen sich in vieler Hinsicht mit ihren Bemühungen weiter fortgeschritten4, als die Standards des vorliegenden Entwurfs.

Frauengleichstellungsmaßnahmen. Ähnlich argumentieren ExpertInnen für die Gleichstellung von Frauen gegen die einheitliche Umsetzung der Richtlinien im bestehenden Frauengleichbehandlungsgesetz. Auch sie fürchten einen Rückschlag für ihre jahrelange mühsame Arbeit. Andererseits weisen sie darauf hin, dass die im September 2002 geänderte FrauengleichbehandlungsRichtlinie die Mitgliedstaaten erstmals zur Verankerung von Gleichstellungszielen verpflichtet, die durch positive Maßnahmen, wie z.B. Frauenförderpläne, Förderung der Weiterbildung und des beruflichen Aufstiegs, erreicht werden sollen. Dies gilt für die neuen Richtlinien nicht. Diese seit Jahren auch für die Privatwirtschaft geforderten Maßnahmen sehen sie im Entwurf nicht befriedigend umgesetzt. Für eine einheitDiskussion in Österreich. Die dreijährige Umsetzungsfrist für die neuen Richtlini- liche Umsetzung spräche aus ihrer Sicht ein anderer Punkt, der im vorlieen war von der österreichischen Regierung weder zu einer breiten öffentlichen genden Entwurf jedoch nicht verwirklicht ist: Über die EU-Richtlinie hinausDiskussion unter Einbeziehung von Exzugehen und Frauen beim Sozialschutz pertInnen und Interessensorganisatiound Zugang zu Gütern und Dienstleinen genützt worden, noch wurden Vorstungen vor Diskriminierung zu schütarbeiten wie die zum Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes des Boltz- zen. mann Instituts für Menschenrechte berücksichtigt. Das Wirtschafts- und ArUmsetzung. Die Antirassismus- und die beitsministerium beschloss hingegen, Rahmen-Richtlinien werden im vorliedas seit 1979 bestehende Gesetz für die genden Entwurf eines „GleichbehandGleichbehandlung von Frauen und Män- lungsgesetzes“ leider auf niedrigstem nern in der Privatwirtschaft und seine Niveau umgesetzt, sodass unterschiedInstitutionen, die Gleichbehandlungsliche Gruppen unterschiedlich gekommission sowie die Anwältin für schützt werden. Der dadurch erweckte Gleichbehandlungsfragen, um die neuEindruck, dass Diskriminierung nur en Diskriminierungstatbestände und punktuell gegenüber bestimmten PerAnwendungsbereiche zu erweitern. Der sonengruppen und in manchen Bereivorliegende Entwurf stellt eine Umsetchen, jedoch nicht grundsätzlich verzung der Richtlinien auf Mindestniveau pönt ist, kann sich im Hinblick auf die dar und bleibt in manchen Punkten soZukunft des Antidiskriminierungs- und gar hinter den Richtlinien zurück. Gleichstellungsrechts sowie den AufMit dem Ergebnis scheint niemand trag der öffentlichen Ächtung von Disso recht zufrieden zu sein. So hatten kriminierung als fatal erweisen. Der

Bund vergibt damit auch eine hervorragende Chance, eine Vorreiterrolle für Antidiskriminierung und Gleichstellung einzunehmen. Die „Regelungen zur Beweislast“ erfüllen die Anforderungen der Richtlinien nicht ausreichend. Mit der Ausweitung der bestehenden Gleichbehandlungskommission in Form der Einrichtung von drei Senaten und der Gleichbehandlungsanwaltschaft – bestehend aus der bisherigen Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und zwei Gleichbehandlungsbeauftragten pro neuer Richtlinie – enthält der Entwurf des GlBG zwei Stellen, die nur ungenügend den Anforderungen der Unabhängigkeit genügen. Das GIBG sieht für die von den EURichtlinien geforderte „Zusammenarbeit der Regierung mit NGOs“ keinen institutionellen Rahmen vor, vor allem sind sie nicht in der Gleichbehandlungskommission vertreten. Auch finanzielle Unterstützung für die Beratung von Diskriminierungsopfern und Informationsarbeit ist im Entwurf nicht vorgesehen. Die von den Richtlinien geforderte „regierungsunabhängige Stelle“ soll Empfehlungen aussprechen und unabhängige Untersuchungen durchführen bzw. in Auftrag geben und muss dazu vor allem über ausreichend Personal und Infrastruktur verfügen. Beides ist im GIBG nicht erfüllt. Genau diese Bereiche stellen jedoch Knackpunkte für die Wirksamkeit des neuen Gesetzes dar.

1 Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft.

2 Richtlinie 2000/78/EG vom 27. 11. 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.

3 Richtlinie 2002/73/EG vom 23. 09. 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsaus-

Schwer korrigierbar. Trotz allem sind sowohl die EU-Vorgaben als auch das österreichische Rechtsvorhaben von großer Bedeutung. So wird das GIBG vor allem für von rassistischer Diskriminierung betroffene Menschen – und von mehrfacher Diskriminierung betroffene Frauen – ein Meilenstein sein, gab es doch bisher für sie keine (wirksame) zivilrechtliche Grundlage. Meine langjährige Erfahrung mit der Vollziehungspraxis zeigt jedoch, dass ein nicht ausreichend durchdachtes Gesetz, das unübersichtlich und lückenhaft ist, in der Folge nur schwer korrigiert werden kann. Die Verantwortlichen müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie das zukunftsweisende Thema halbherzig angegangen sind. ❚

bildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.

4 So gab es u.a. eine interministerielle Arbeitsgruppe, welche das gesamte Bundesrecht auf Bestimmungen, die behinderte Menschen diskriminieren, durchforstet hat.

Bis zum bis 8. September können zum GlBG-Entwurf Stellungnahmen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit abgegeben werden. Weitere Informationen zum Thema unter http://www.wif.wien. at/gleichstellung.htm

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Fo t o s : G a b i H o ra k

interviewsila

„Am Tisch die ganze Welt“ Im Februar dieses Jahres öffnete SILA, Beratungszentrum für Prostituierte, seine Pforten. Gabi Horak und Karin Eckert haben Projektleiterin Gundi Dick zum Gespräch gebeten.

an.schläge: Was war die Gründungsmotivation für eine weiteres Prostitutionsprojekt in Österreich? Gundi Dick: Die Idee kam von LEFÖ und der Volkshilfe Wien, da es in Österreich eindeutig ein Manko gibt. Derzeit sind es vier Stellen in ganz Österreich und das ist im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern ein sehr schlechter Schnitt. In Italien gibt es etwa 120 Einrichtungen, in Spanien rund 70, in Holland und Deutschland auch viel mehr. Das neue an SILA – im Vergleich zur Partnerorganisation LEFÖ – ist, dass wir sowohl Migrantinnen als auch österreichische Prostituierte ansprechen. Wir bieten Beratung, kulturelle Mediation, Qualifizierung – gratis Deutsch- und Computerkurse – und eine Internetplattform. Neben der Verwaltungsebene arbeiten Beraterinnen, Mediatorinnen und Trainerinnen, Konsulentinnen 10 an.schlägeseptember 2003

mit; insgesamt sind das 12 Ganztagsbzw. Teilzeitarbeitsplätze. Das ist ziemlich gegen den Zeitstrom, dass eine Fraueneinrichtung so groß anfangen kann. Das war möglich, weil wir im Rahmen der EQUAL–EU Gemeinschaftsinitiative finanziert werden. Wie erklärst du dir, dass es gerade in Österreich so wenige Einrichtungen gibt? Das liegt an der öffentlichen Diskussion. Die ist in Österreich stark moralisierend: Es sollte Prostitution nicht geben, wozu gibt’s dann eine Beratungsstelle? Seit der Ostöffnung kommen mehr Frauen aus Zentral- und Osteuropa. Die Anzahl der Prostituieren hat sich tatsächlich erhöht. Das hat die Diskussion auch verändert: „Das sind Illegale und für Illegale braucht man keine Beratungsstelle, die sollen lieber das Land verlassen.“ In Österreich ist auch der Organisationsgrad der Prostituierten viel niedri-

ger als etwa in Deutschland, Holland oder Italien. Dort gibt es Hurenbewegungen, die sich selbst so nennen. In Italien gibt es seit den 70er Jahren das Komitee für die Rechte von Prostituierten, das in den stürmischen 70er Jahren auch einen Streik lanciert hat. Und in Italien gibt es ein Gesetz (Artikel 18), dass Prostituierte bzw. Betroffene des Frauenhandels, die aussteigen und ihren Zuhälter bekannt geben, Integrationshilfen bekommen. Für Migrantinnen ist es sehr wichtig, dass sie im Land bleiben können. Was in der landläufigen hiesigen Diskussion übersehen wird: ignorieren, ablehnen, diskriminieren, einsperren, in Schubhaft stecken etc. ändert nichts an dem Faktum, dass es Prostituierte gibt und viele in einer sehr prekären Situation stehen, dass Frauen sich gezwungen sehen, aus ihrem Umfeld wegzugehen. Sie handeln und versuchen zu überle-


silainterview

ben und dafür werden sie kriminalisiert, wohingegen Kapital ohne Hindernisse gegen Osten oder sonstwohin ziehen kann. Genau dieses Kapital und die dazugehörige neoliberale Politik macht aber die ökonomische Situation von Frauen so prekär. Wie tretet ihr in Kontakt mit den Frauen? Über Streetwork, das ist das wichtigste. Je direkter der Kontakt ist, desto besser. Mundpropaganda ist in der Szene das wichtigste Informationsmedium. Hat sich dein persönlicher Zugang als Feministin zum Thema Prostitution durch die Arbeit hier verändert? Ja, und der wird sich auch noch weiter verändern. Prostitution ist meiner Meinung nach kein Beruf wie jeder andere, gleichzeitig oder gerade deshalb finde ich es wichtig, dass er formalisiert und als Erwerbsarbeit anerkannt wird. Das ist eines unserer Ziele – on the long run. Prostitution soll entkriminalisiert werden. Allerdings nicht zu verwechseln mit den Verbrechen des Frauenhandels. Die Diskussion – geführt etwa in der schwedischen Frauenbewegung – Prostitution sei Gewalt an Frauen, weil sie ihren Körper und ihre Seele verkaufen, ist ein nicht sehr zielführender Ansatz: Sie verkaufen eine Dienstleistung.

Die Frauen, die etwa zu SILA kommen reden von Arbeit und von Dienstleistung. Natürlich ist die Trennung – wo beginnt Zwang und Gewalt und wo endet freiwillige Prostitution – schwierig. Die Motive, warum eine Frau Prostituierte wird, sind in aller Regel ökonomische. Das ist vergleichbar mit vielen anderen Erwerbstätigkeiten. Man könnte auch fragen: Wie freiwillig geht eine Frau in die Fabrik? Viele Prostituierte würden auch gerne was anderes tun. Viele Fabriksarbeiterinnen auch. Manche haben genug und hören auf, wir konnten einige dabei unterstützen. Hast du das Gefühl, dass es unter den Prostituierten eine Vereinzelung gibt, im Sinne von Konkurrenzdenken? Es gibt grundsätzlich Konkurrenz, es gibt aber auch Zusammenhalt. Es gibt Konkurrenz, aber sie gingen auch schon als Freundinnen aus unseren Kursen hinaus. Das Bild, das sich in der Kurspause in unserem Kommunikationszentrum manchmal zeigt, ist beeindruckend – wie am Tisch die ganze Welt sitzt: eine Frau aus Südafrika, eine aus der Ukraine, eine aus Rumänien, eine Kolumbianerin und Wienerinnen. Das ist auch eine Möglichkeit so eines Zentrums. Hier können Selbsthilfegruppen oder Initiativen entstehen.

Ein Schwerpunkt von SILA ist es, den Ausstieg zu erleichtern. SILA ist in dem Sinn kein Ausstiegsprojekt. Das verlangt einen eigenen Ansatz, da wären z.B. betriebswirtschaftliche Expertisen notwendig. Vorläufig deponieren wir da und dort, dass ein Ausstiegsprojekt wichtig wäre. Wenn die Frauen nämlich aussteigen wollen, gibt es so wenig Unterstützung und Hilfe von der Öffentlichkeit. Auf der einen Seite soll es Prostitution nicht geben. Die Frauen werden deutlich diskriminiert. Wenn sie aber aussteigen wollen, stehen sie auch im Regen. Im Herbst soll das Wiener Prostitutionsgesetz novelliert werden. Was hältst du davon? Zum Entstehungsprozedere des Entwurfes ist zu sagen, dass Einrichtungen wie LEFÖ oder neuerdings SILA nicht dazu befragt wurden. Zweitens setzt die zuständige Stadträtin Renate Brauner als Problemlösungsstrategie zu eindimensional auf weitere und strengere Reglementierungen. Das Gesetz selbst bezweckt stärkere Kontrollen etwa in Bars durch Razzien. Das bedeutet angesichts der Situation, dass die wenigsten Prostituierten registriert sind, ein weiteres Abdrängen. Positiv ist sicherlich die Reduktion der Strafsumme für Prostituierte. ❚

SILA, Beratungszentrum für Prostituierte Oelweingasse 6-8, 1150 Wien, T. 01/897 55 36, e-mail: office@sila.or.at, http://www.sila.at

LEFÖ, Lateinamerikanische emigrierte Frauen in Österreich Kettenbrückengasse 15/4, 1050 Wien, T. 01/58 11 88-1, e-mail: lefoe@aon.at, http://lefoe.at

Maiz, Autonomes Integrationszentrum für Migrantinnen Hofgasse 11, 4020 Linz, T. 0732/77 60 70, e-mail: maiz@servus.at, http://www.servus.at/maiz

Lena, Internationaler Treffpunkt und Beratungsstelle für Frauen, die in der Prostitution arbeiten und ihre Freundinnen, Steingasse 25/2, 4020 Linz, T. 0732/77 55 08, e-mail: lena@caritas-linz.or.at,

EQUAL, http://www.equal.esf.at

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internationalan.riss

guatemala

Gefahr für Rigoberta Menchú Amnesty International ist in großer Sorge um Rigoberta Menchú und die MitarbeiterInnen der von ihr gegründeten Menschenrechtsorganisation „Fundación Rigoberta Menchú Tum“(FRMT), die in den letzten Wochen überfallen und drangsaliert worden waren. Im Juli waren FRMTMitarbeiterInnen über die Existenz einer schwarzen Liste mit den Namen von MenschenrechtlerInnen informiert worden. Am 10. August wurde Francisco Menchú, der als Wachmann bei der FRMT arbeitete, von Unbekannten überfallen, mit vorgehaltener Waffe in ein Taxi gedrängt und dort misshandelt. Zwei Tage zuvor war Rigoberta Menchú von einem Unbekannten in einem offenen Lieferwagen verfolgt worden, als sie zum FRMT-Büro fuhr. Während der Fahrt versuchte der Verfolger, ihr Fahrzeug zu rammen. Bereits im vergangenen Jahr war ein Verwaltungsangestellter der FRMT bei einem angeblichen Raubüberfall in Guatemala-Stadt erschossen worden. MenschenrechtlerInnen gehen von einem gezielten Einschüchterungsversuch aus. Rigoberta Menchú erhielt als erste Indigene und jüngste Preisträgerin 1992 den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für die Anerkennung der Rechte indigener Völker. Während der Militärdiktatur von 1978 bis 1986, die von unvorstellbaren Repressionen geprägt war, wurden ihre beiden Eltern und ein Bruder ermordet. Insgesamt wurden in dieser Zeit 150.000 Personen ermordet, 46.000 „verschwanden“, 300.000 Waisenkinder blieben zurück. Mit dem Preisgeld errichtete sie die Stiftung FRMT, die sich vor allem für die Rechte von Indigenen und Frauen einsetzt. keck

jordanien

Abgelehnt Im Juni wurde in Jordanien ein neues Parlament gewählt. Euphorisch wurde berichtet, dass zwei Drittel der 110 Abgeordneten UnterstützerInnen von König Abdallah II wären, und sechs Sitze für Frauen reserviert seien. Von diesem Parlament wurden Anfang August nun zwei interimistische Gesetze endgültig abgeschmettert, die für Frauen zumindest ein kleiner Lichtblick waren: Konservative Kräfte stimmten gegen das Recht für Frauen, sich ohne Zustimmung ihres Ehemannes scheiden lassen zu können, mit der Begründung, dies würde Familien zerstören. Ein weiteres Gesetz, das von Abdallah und Premierminister Ali Abu Ragheb eingebracht worden war, wurde ebenfalls zurückgewiesen. Es hätte strengere Strafen für Ehrenmorde vorgesehen. keck

irak

Befreit?

Appellbriefe sind unter http://www.amnesty.at/urgentaction/cont/urgent/ua050_03_guatemala.html abrufbar.

iran

Keine Reformen Der konservative Wächterrat des Iran hat am 12. August drei vom Parlament vorgelegte Reformgesetze abgelehnt: Die Gesetzesvorlage für ein Anti-Folter-Gesetz, die zum dritten Mal innerhalb eines Jahres abgelehnt wurde, sieht ein Verbot körperlicher und psychischer Folter bei Vernehmungen vor. Der Wächterrat lehnte auch einen Beitritt des Iran zum UN-Abkommen gegen Frauen-Diskriminierung als „anti-islamisch“ ab. Das dritte Gesetz sollte die Macht des Wächterrates beschneiden. Wieder eine Niederlage für den iranischen Präsidenten Mohammed Khatami und die sogenannte „Reform-Bewegung“. keck 12 an.schlägeseptember 2003

In Bagdad und anderen irakischen Städten herrscht ein Klima der Angst. Ein im Juli veröffentlichter Bericht von Human Rights Watch kritisiert die irakischen und US-Behörden, nicht für die Sicherheit im öffentlichen Raum zu sorgen. Die Unsicherheit auf Iraks Straßen führt zum Rückzug vieler Frauen und Mädchen in die eigenen vier Wände. Sie gehen nicht mehr zur Schule oder zur Arbeit. Aus Angst vor sexueller Gewalt und Vergewaltigung wagen sie sich kaum mehr auf die Straße. Die Polizei zeigt sich recht uninteressiert. Zum Teil wird sogar die Protokollaufnahme verweigert, Anzeigen werden verschlampt, die Gewaltopfer sind mit Sexismus seitens der Polizeibeamten konfrontiert. Andere Frauen versuchen die Vergewaltigung zu verheimlichen, aus Angst vor Ehrenmord. Angesichts dessen ist der Rückzug aus der Öffentlichkeit, um sich gar nicht erst in die Gefahr zu begeben, nur allzu verständlich. Die Männer wird es kaum stören… keck Der Vollständige Bericht kann unter http://www.hrw.org/reports/2003/iraq0703/ abgerufen werden


an.rissinternational kenia

afghanistan

Koloniales Erbe

Viel zu tun

Am 14. August zogen in Nairobi zahlreiche Frauen vor die Britische Botschaft, um auf ein verschwiegenes Kapitel der Geschichte aufmerksam zu machen. „Briten, diese Kinder gehören zur Hälfte Euch! Übernehmt Verantwortung!“ skandierten die Frauen. 1895 begann die britische Kolonialzeit in Kenia, die 1963 offiziell beendet wurde. In den darauffolgenden Jahrzehnten waren immer wieder britische Soldaten in Kenia stationiert. In dieser Zeit wurden hunderte Frauen und Mädchen vergewaltigt. Aus Berichten geht hervor, dass die Taten von den Soldaten oft schon geplant waren, wenn sie wussten, sie würden an Übungen in abgelegenen Gebieten Kenias teilnehmen. Oft wurden die Frauen schwanger und mit ihren Kindern aus ihrer Gemeinschaft verbannt. Die Frauen und Kinder müssen doppelt leiden: sie wurden nicht nur sexuell missbraucht und aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen, sondern die Verbrechen an ihnen wurden niemals richtig anerkannt. Großbritannien solle nicht mehr die Augen vor der eigenen gewaltsamen Geschichte verschließen, forderten die Frauen bei der Demonstration. In einer Petition verlangen sie finanzielle Unterstützung für ihre Kinder: „Das Stigma, das wir als Frauen, die von weißen Männern vergewaltigt wurden, ertragen müssen, ist schlimm genug“, heißt es in der Petition. „Für unsere Kinder ist die Situation aber noch schlimmer.“ Durch ihre Hautfarbe, die ihre Herkunft offensichtlich macht, würden sie wie Aussätzige behandelt. Derzeit untersucht die Britische Militärpolizei die Vorwürfe. Viel Vertrauen in eine Aufklärung haben die betroffenen Frauen freilich nicht. Sie fordern daher eine öffentliche Untersuchung. Bereits im Vorjahr hatte der Anwalt der 650 Frauen Martyn Day bei einem anderen Fall Erfolg: Er gewann für 233 Minenopfer eine Summe von 7,5 Millionen Dollar. Beim aktuellen Fall hofft Day auf eine außergerichtliche Einigung, die dreißig Millionen und mehr bringen könnte. Viele betroffene Frauen haben sich erst gemeldet, als fix war, dass es einen Prozess und Entschädigungszahlungen geben würde; der soziale Druck und die Angst vor noch mehr Verlusten ist und war enorm. Spekulationen, dass die Frauen gar keine Opfer seien, sondern nur ihre Taschen füllen wollen, ließen nicht lange auf sich warten… keck

Die Menschenrechtssituation in Afghanistan scheint sich mit jedem Tag zu verschlechtern. Ein Bericht von Human Rights Watch spricht von Überfällen, Vergewaltigungen und Erpressungen, politische AktivistInnen und JournalistInnen erhielten Morddrohungen und würden von Armee und Polizei eingeschüchtert. Vor allem in ländlichen Gebieten würden sich viele Frauen nicht aus dem Haus trauen. „Tatsächlich können die meisten afghanischen Mädchen immer noch nicht die Schule besuchen“, berichtet Brad Adams von Human Rights Watch. Die Aussagen von Opfern und Zeugen belasten vor allem Soldaten und Polizisten, die unter der Aufsicht von ranghohen Beamten und Politikern stünden. „Nach dem Sturz der Taliban haben die USA und ihre Koalitionspartner den Warlords zur Macht verholfen“, meint Adams. „Heute begehen diese Warlords die schrecklichsten Menschenrechtsverletzungen.“ Die Gegend außerhalb von Kabul werde vollständig von den Kriegsherren kontrolliert. „Die Vereinigten Staaten und Großbritannien müssen entscheiden, ob sie hinter Präsident Karzai in Kabul oder in Wirklichkeit hinter den Warlords stehen.“ Unterdessen macht eine Frau von sich reden: Masuda Dschalal möchte bei den nächsten und ersten freien Wahlen des Landes den Übergangspräsidenten Hamid Karsai herausfordern. Für das Volk habe sich seit dem Sturz des Talibanregimes nichts verbessert, kritisiert die 40-Jährige. Weder der Wiederaufbau des Landes noch die Entwaffnung der Milizen gehe voran. Die gestützte Regierung gefährde den Friedensprozess, werde von Kriegsherren beherrscht und sei korrupt. „Sie sitzen in ihren Büros und warten auf Spender“, kritisiert Dschalal die Regierung. „Aber was ist mit den Hilfsgeldern passiert?“ Dschalal leitet wie schon unter der Taliban-Herrschaft Frauenprojekte im Welternährungsprogramm der UNO. Damals wurde sie wegen ihres Engagements eingesperrt. Wenn sie Präsidentin wäre, würden die Milizen entwaffnet, die Kriegsherren entmachtet und Kriegsverbrecher dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert werden, versichert sie. keck

wyber.space

www.africa

Die Afrikanische Frauenorganisation in Wien hat ihre homepage erneuert und mit dem Gästebuch und einem newsletter aufgepeppt: http://www.african-women.org. Die NGO wurde 1996 gegründet von Frauen aus Afrika, ist Mitglied des Inter-African Committee und bemüht sich um enge Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Regierungsstellen in Österreich. Großes Ziel der „African Women´s Organisation in Vienna“ ist es, das Bewusstsein über die vielfältigen Probleme von Frauen in verschiedenen Gesellschaften zu erhöhen. Besonders auf traditionelle Praktiken, die Frauen und Kindern Gewalt antun, wird die Aufmerksamkeit gelenkt. Die 1998 gestartete Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM) ist mittlerweile ein Schwerpunkt dieser Arbeit: Informationsmaterial wird gesammelt und bereit gestellt, FGM-Training angeboten. Ein weiterer Partner-Verein der Afrikanischen Frauenorgansiation kann ebenfalls mit einer neuen homepage aufwarten: der Verein für Demokratie in Afrika, der „größte afrikanische Verein in Österreich“, feiert nächstes Jahr sein 10-jähriges Bestehen und ist zu finden unter http://www.ada-worldwide.org GaH

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Fo t o : A r c h i v

marokkofrauen

Fatima Mernissi war die erste UniProfessorin Marokkos

Aufbruch in Marokko Reisemagazine, Wochenendbeilagen, Schönheitsratgeber, Modedesigner bis hin zu EdelgastronomInnen haben seit geraumer Zeit die marokkanische Ästhetik entdeckt und kolportieren über mediterrane Farben, Formen und Gerüche ein Zerrbild eines arabischen Landes. Von Susi Linzer

Susi Linzer ist Journalistin, Künstlerin und Managerin für arabische MusikerInnen. e–mail: susi.linzer@aon.at

14 an.schlägeseptember 2003

Nur wenige wagen den Blick hinter die farbenfrohen Fassaden. Die Klischees, derer man sich in der gegenwärtigen Rezeption der marokkanischen Ästhetik bedient, zeigen sich vor allem an der Wahrnehmung der Frauen. Hierin beschränkt man sich kritiklos auf die Bilder der geheimnisvollen Orientalin oder der unterdrückten Muslimin. Dabei sind der Dummheit und Verachtung keinerlei Grenzen gesetzt. Solange der Absatz stimmt, dürfen Beobachtungen wie folgende in Österreich unzensiert

erscheinen: „Les Filles, meist heißen sie Fatima oder Aisha, sind elementarer Bestandteil des Lebens. Sie schaffen eine Atmosphäre des sinnlichen Luxus, der nichts mit dem Luxus westlicher Prägung zu tun hat. Eine der Gründe ist natürlich, daß jedes mediterrane Land durch das Meer, die Pflanzen, Blumen und Gerüche die Seele öffnet. Eine Aisha schlurft mit bebendem Popo einfach ein paar Schritte in den Garten und kehrt wenige Minuten später mit einem prachtvollen Blumenstrauß in der Hand zurück.“1

Emanzipierte Frauen. In keinem arabischen Land sind Frauen so stark am Arbeitsmarkt und im Bildungswesen vertreten und haben sich während der letzten Jahrzehnte so stark emanzipiert wie in Marokko. Und das obwohl das Familienrecht des Landes zu den konservativsten der islamischen Welt gehört. Es gibt mehr als dreißig Frauenverbände, die sich alle für die Rechte der Frauen einsetzen. Der Erfolg lässt sich mittlerweile in Zahlen messen: 35 Prozent der Lehrstühle an den marokkanischen Universitäten sind von Frauen besetzt


frauenmarokko (in Deutschland sind es gerade fünf Prozent). Dreißig Prozent beträgt der Frauenanteil am urbanen Arbeitsmarkt. Am Land bilden die Frauen die Mehrheit der ArbeiterInnenschaft. An den Oberschulen sind vierzig Prozent der Lernenden Mädchen. Dass Frauen nach und nach in die oberen Etagen der Wirtschaft und Wissenschaft vordringen, ist in einem islamischen Land einzigartig, noch dazu, wo gerade in Marokko eine starke Traditionsverbundenheit herrscht. Das Land ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Arbeitslosenrate beträgt 21 Prozent, achtzig Prozent der Dörfer sind ohne fließendes Wasser und ohne Strom. 68 Prozent der Bevölkerung, vor allem Frauen, sind AnalphabetInnen Ausständige Reformen. Die Unterdrückung der Frauen betrifft den privaten Bereich. Nach dem Ehe-, Scheidungs- und Erbrecht sowie nach dem marokkanischen Personenstandrecht „moudawana“, das auf einer extrem frauenfeindlichen Lesart der „shari’a“ (islamisches Recht) beruht, hat der Ehemann Verfügungsgewalt über seine Frau. Ohne seine Erlaubnis dürfen wichtige Entscheidungen nicht getroffen werden. Scheidungen von Seiten der Frauen sind kaum möglich. Männer hingegen haben immer noch das Recht, ihre Frau ohne Hinzuziehung einer juristischen Person zu verstoßen. Ein Hauptkritikpunkt ist die Polygamie: Ein marokkanischer Mann darf bis zu vier Frauen heiraten. Große Hoffnungen wurden in den jungen König Mohammed VI gesetzt, der seit 1999 im Amt ist. Frauenrechte waren das erste, was er bei seiner Antrittsrede zur Sprache brachte. Bisher ist jedoch keines der großen Reformvorhaben verwirklicht. Die Reformbestrebungen (Aufhebung der Polygamie, Übertragung der Entscheidungsgewalt vom Ehemann auf einen Richter, Anhebung des gesetzlichen Mindestalters zur Heirat von 15 auf 18 Jahre) wurden mittlerweile von den islamischen Fundamentalisten, die am traditionellen Familienrecht festhalten, zunichte gemacht. Dass Mohammed VI den Spagat zwischen Tradition und Moderne dennoch sehr tapfer hält, bewies er mit der Wahl seiner Braut: Salma Bennani ist Informatikerin in einem großen Unternehmen. Als „erste Frau“ im Land hat sie als aktive Berufstätige Signalwirkung.

Koloniale Überheblichkeit. Mit diesem Artikel soll weder die Unterdrückung der Frauen durch den Islam gerechtfertigt, noch das europäische Feindbild der arabischen Welt weiter geschürt werden. Wie die Autorin Leila Ahmed2 aufzeigt, wurde die Thematisierung der Frauenrolle in islamischen Gesellschaften in den letzten Jahrzehnten zu einem „Werkzeug für den kolonialherrschaftlichen Angriff“ missbraucht. Die im Westen geführte Diskussion um die zweifelsohne verbesserungswürdigen Frauenrechte in den islamischen Ländern diente über Jahrzehnte als Vorwand, eine kulturelle Überlegenheit der westlichen Welt zu rechtfertigen. Dass die Unterdrückung der Frauen in Europa zwar andere Erscheinungsformen, aber mitunter ähnliche Auswirkungen hat, wird gerne verschwiegen. Die Gründe, weshalb die Frauen sich in den letzten Jahrzehnten in Marokko so erfolgreich in der Berufswelt etablieren konnten, liegen auch darin, dass in der marokkanischen Geschichte Frauen und Männer zumindest bisweilen gleichberechtigt sind. Eine Frau hat von der Verfassung her die gleichen Rechte wie ein Mann. Politik ist keine ausschließlich männliche Angelegenheit. Entgegen der Meinung vieler Fundamentalisten stellen der Islam und die Frauenrechte keinen allgemeinen Widerspruch dar. Feministische Interpretationen. Dass der Koran auch feministisch interpretierbar ist, ist u.a. die Errungenschaft einer außergewöhnlichen Marokkanerin: Fatima Mernissi. Die 1940 in einem der letzten Harems in Fès Geborene gehört zu jener Frauengeneration, die das seltene Glück einer höheren Ausbildung genießen durfte: Nach ihrem Studium in Rabat promovierte sie in den USA. Heute ist sie Professorin für Soziologie, Beraterin der UNESCO für den Bereich „Frauen und Islam“, Autorin und Leiterin zahlreicher Projekte. Seit den 1970er Jahren hat sie als erste Professorin Marokkos bahnbrechende Publikationen über die Situation marokkanischer Arbeiterinnen sowie über Frauen im Islam veröffentlicht und damit viele Tabus gebrochen. Ihrer Meinung nach ist „keine Diskussion über Demokratie denkbar, die sich nicht auf die Frau bezieht“. Heute sind ihre Bücher in neun Sprachen übersetzt und gelten als Basiswerke in

der feministischen Neuinterpretation des Koran. Auf ihre Initiative hin wurden in den letzten Jahren zahlreiche Bildungsprogramme für Frauen durchgeführt3, die alle zum Ziel haben, den zu einem erschreckend hohen Prozentsatz noch immer analphabetischen Frauen in Marokko lesen und schreiben zu lehren. Mernissis Strategie lautet: „Sprecht! Schreibt! Drückt euch aus, denn der moderne Schleier ist das Schweigen!“ Amazonenhaft leitet sie Schreibworkshops, macht Ausstellungen, publiziert, hält Vorträge in Marokko wie in Amerika und Europa. Die Schritte sind mühsam aber effizient. In den letzten Jahren hat Mernissi in Marokko ein Netzwerk von Verlegerinnen, Lehrerinnen, Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen aufgebaut, die ihre Ideen und Projekte sowohl ins Landesinnere als auch über Marokko hinaus weitertragen. In der Begegnung mit der deutschen Fotografin Ruth Ward liegt der Keim der sogenannten „Hanan-Bridge“, einer Vereinigung von marokkanischen und deutschen Künstlerinnen, die sich zum Ziel gesetzt haben, über den Kultursprung hinweg kreativen Austausch zu betreiben. „Hanan ist das arabische Wort für eine besondere Form der Liebe, die Liebe des Fremden und des Anderen, für eine Liebe, die über Grenzen geht.“ Unter diesem Motto werden Ausstellungen, Lesungen, Tagungen organisiert und Begegnungsmöglichkeiten von marokkanischen mit europäischen Frauen geschaffen. Das Zauberwort heißt „Dialog“, denn nichts ist so wichtig wie der vorurteilsfreie Austausch von Ideen und Gedanken. Gemeinsam mit Susan Sontag wird Fatema Mernissi heuer im Herbst der Prinz-von-Asturien-Preis verliehen, eine hohe Auszeichnung, die ebenfalls Signalwirkung hat. Wenn das spanische Königshaus eine marokkanische Soziologin würdigt, die sich so sehr für Frauenrechte und Demokratisierung in der arabischen Welt einsetzt, ist auch das eine zukunftsweisende Geste. Während bei uns Marokko als sinnenbetörendes Märchenland verkitscht wird, geht vom Land selbst eine weibliche Bewegkraft aus, die abseits von Parlamenten und Gremien mehr bewirkt als Gesetzespolitik jemals vermag: eine respektvolle Annäherung zwischen demokratischen und islamischen Werten. ❚

1 Christine Kaufmann, 2000

2 Leila Ahmed:Women and Gender in Islam. Historical Roots of Modern Debate.

3 z.B. „Caravane Civique“

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Fo t o : M i c h a e l a B r u c k m 체 l l e r

themaweltfrauenkonferenz

16 an.schl채geseptember 2003


weltfrauenkonferenzthema

Einmal um die Frauenwelt – und retour?

Bald zehn Jahre sind seit der letzten UN-Weltfrauenkonferenz in Peking vergangen und die Rufe nach einer Fortsetzung werden lauter. Gabi Horak über den Rahmen für eine fünfte Weltfrauenkonferenz.

Im aufgeregten und enthusiastischen Getümmel der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking fanden Frauen zu seltenen selbstbewussten Worten. „Wir wollen nicht nur unser Stück vom Kuchen, sondern wir wollen auch seine Form und seinen Geschmack bestimmen!“ verkündete die asiatische Aktivistin Ela Bhatt. Endlich Wege aus den Diskriminierungsstrukturen finden, die Frauen seit jeher den Umgang mit der Kuchenform verweigerten, war die erste und wichtigste Motivation der großen internationalen UN-Treffen. Als die Vereinten Nationen den Beschluss fassten, das Jahr 1975 zum Internationalen Jahr der Frau zu erklären, war dies einerseits ein längst überfälliges Symbol der Unterstützung für die mehr oder weniger autonomen Frauenbewegungen weltweit. Andererseits war allen Beteiligten klar, dass es nicht bei dieser kurzfristigen Thematisierung von Frauenagenden bleiben konnte. Die erste Weltfrauenkonferenz wurde geplant und als Austragungsort Mexico City gewählt, eine Stadt des „Südens“ – was für künftige Problemschwerpunkte aber auch Konflikte bezeichnend sein sollte. Immer wieder wurden lange Diskussionen geführt über die unterschiedlichen Problemaspekte von Frauen im „reichen Norden“ und jenen im ärmeren „Süden“, was schon mit dem notwendigen Konsens bei der Verwendung von einzelnen Begriffen begann. Frauenjahrzehnt. Aus der Weltfrauenkonferenz in Mexiko 1975 ging der „Weltaktionsplan“ hervor, ein erster umfassender Zielkatalog der Vereinten Nationen (UN) zur Förderung der Frau. Die folgenden zehn Jahre wurde zum „Frauenjahrzehnt der Vereinten Nationen“ erklärt. Und es wurde eine Tradition begründet:

In regelmäßigen 5-Jahres-Abständen fanden Weltfrauenkonferenzen statt, um Fortschritte durch die Aktionspläne zu überprüfen und neue Ziele zu formulieren. 1980 trafen sich die Delegationen in Kopenhagen, 1985 war Nairobi Gastgeberin der 3. Weltfrauenkonferenz. Nairobi stellte auch einen Wendepunkt im internationalen Frauendiskurs dar, wie die Journalistin und oftmalige Teilnehmerin an Frauenkonferenzen Christa Wichterich erläutert. Standen die Konferenzen in Mexico und Kopenhagen „eher im Zeichen von Konflikt, Verständnislosigkeit und einer NordSüd-Polarisierung“1, dominierte in Nairobi das Herausfiltern von Gemeinsamkeiten.

dert. Mithilfe einer großen, kontinuierlichen Informationskampagne sollten „alle diskriminierenden Vorstellungen, Haltungen und Praktiken“ bis 2000 abgeschafft werden. Viele Länder scheinen im neuen Jahrtausend weiter weg von dieser Utopie, als frau sich in Nairobi vorstellen wollte.

UN-Strukturen. Schon in der Präambel der UN-Charta ist der Grundsatz der „gleichen Rechte von Männern und Frauen“ verankert. Ein Meilenstein war die Annahme der „Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) durch 139 Staaten im Jahr 1979. Länder wie die USA, Indien und ein Großteil der islamischen Staaten verweigerten jedoch die Ratifizierung. CEDAW enthält eine Fülle konkreWunsch und Wirklichkeit. Die Erfahrungen, ter Maßnahmen zur Überwindung von 28 Jahre nach Mexiko, machen deutlich, Frauendiskriminierung in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Ledass bereits erreichte Fortschritte auf bens und ist das einzige völkerrechtlich dem Weg zur Gleichheit zwischen Mann und Frau schnell wieder zunichte verbindliche UN-Dokument zu Frauenbelangen. gemacht werden können, wenn nicht Die Weltfrauenkonferenz ist eine kontinuierlich und auf höchster Ebene UN-Konferenz auf höchster Ebene, an daran gearbeitet wird, den backlash in Grenzen zu halten. Brita Neuhold stellte der VertreterInnen aller UN-Mitgliedsstaaten als voll stimmberechtigte Mit1995 im Rahmen der österreichischen glieder teilnehmen können, ebenso wie Vorbereitungen für die 4. Konferenz in Peking fest: „Die Tatsache, daß zwischen VertreterInnen von verschiedenen UN1985 und 1995 aus Einsparungsgründen Institutionen, zwischenstaatlichen Organisationen und VertreterInnen von keine weitere Weltfrauenkonferenz stattfand, hat – zumindest im Westen – NGOs. Parallel zu den offiziellen Weltfrauenkonferenzen („Regierungsfozu einem deutlichen Nachlassen des Schwunges der Frauenbewegungen ge- rum“) fanden stets auch Konferenzen der NGOs, Fraueninitiativen und -aktiviführt.“ 2 Ein Blick in die „Zukunftsstrategien stinnen („NGO-Forum“) statt. Hier wurden besonders sensible Themengebiete von Nairobi“, dem Abschlusspapier der Konferenz von 1985, macht den Graben diskutiert, die im Regierungsforum zu kurz kamen. Nicht selten waren es in erzwischen Anspruch und Wirklichkeit deutlich: „Bis zum Jahr 2000 sollten alle ster Linie Netzwerke und Strategien, die Regierungen eine angemessene, umfas- im NGO-Forum entwickelt wurden, die in weiterer Folge die internationale sende und kohärente Frauenpolitik betreiben“, wurde hier optimistisch gefor- Richtung im Kampf um Gleichberechti-

WIDE-Österreich („Women in Development Europe“), Berggasse 7, 1090 Wien, T. 01/317 40 31, e-mail: wide.austria@magnet.at, http://www.oneworld.at/wide

WIDE-Diskussionsforum zur Abhaltung einer 5. UNWeltfrauenkonferenz: http://www.eurosur.org/wide/ UN/WCW.htm

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themaweltfrauenkonferenz Durchsetzung der uneingeschränkten Menschenrechte für Frauen und Mädchen, Schutz vor Gewalt, gleicher Zugang zu wirtschaftlichen Ressourcen sowie verbesserter Zugang zu Bildung und Gesundheitsvorsorge. Aus heutiger Sicht konnten vor allem Erfolge im Bereich der sexuellen Rechte von Frauen und auf dem Gebiet der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erzielt werden. „Weiters festgePeking. Die vierte und bisher letzte UNWeltfrauenkonferenz fand von 4. bis 15. halten wurde die Kampfansage gegen den Frauenhandel, der leider trotzdem September 1995 in Peking statt. Mit 50.000 TeilnehmerInnen war sie die bis- der international am schnellsten wachher größte Konferenz der Vereinten Na- sende ,Wirtschaftszweig´ ist“, resümiert tionen und stieß dementsprechend auf Gertrude Eigelsreiter-Jashari von WIDEgroßes Medieninteresse. Die Aufbruch- Österreich. stimmung war geprägt von einer Atmosphäre der Zusammenarbeit zwiVerpflichtungen. Damit diese Weltfrauenschen dem Regierungsforum und dem konferenz keine Konferenz der AbsichtNGO-Forum, wobei sich feministische serklärungen bleibe, wurde sie auf InSichtweisen zur Freude vieler Aktivistin- itiative der australischen Delegation zur nen oft durchsetzen konnten. „Konferenz der Verpflichtungen“ erklärt. „Das Forum beherbergte einen ReEtwa die Hälfte der Staaten folgten diegenbogen von Frauenpolitik und Femisem Vorschlag und übernahm mehr nismen“, beschreibt Christa Wichterich oder weniger spezifische Verpflichtundie Vielfältigkeit von Peking – doch das gen. Die österreichische Delegation unbrachte auch Nachteile mit sich. Dem ter der Leitung der damaligen Frauen„Charme der Harmonie“ erlegen, traten ministerin Helga Konrad versprach etunterschwellige Konflikte wie Rassiswa, sexuelle Gewalt gegen Frauen als mus in der Frauenbewegung oder Diffe- Asylgrund zu verankern, partnerschaftrenzen mit Migrantinnen weit in den liche Hausarbeit zu forcieren und frauHintergrund. Visitenkarten wurden aus- enspezifische Entwicklungsarbeit zu getauscht, persönliche Kontakte intenbetreiben. „In der Entwicklungszusamsiviert, doch Wichterich gibt zu bedenmenarbeit lassen Gelder explizit für ken:„Der Gefahr, daß die Inhalte beim Frauenprojekte auf sich warten, die Knüpfen der Netze verloren gehen und Asyldiskussion steckt in den Kinderdie Kontaktpflege zum Selbstzweck schuhen“, mussten NGO-Vertreterinnen wird, hätten koordiniertes politisches jedoch fünf Jahre später feststellen. EinVorwärtsdenken und Entwürfe zukünf- zig das neue Wegweiserecht von Getiger Handlungsstratgien entgegenwir- walttätern und ein zusätzlicher Gleichken können – genau dies kam jedoch stellungsparagraph in der Verfassung auf dem Forum zu kurz.“ entsprechen den Verpflichtungen, die Das Abschlussdokument von PeÖsterreich in Peking eingegangen war. king ging als „Aktionsplattform von BeiZur 2000 abgehaltenen „Peking jing“ („Platform of Action“) in die (Frau- Follow Up“-Konferenz in New York enten)Geschichte ein, denn es bedeutete sandte die für Frauenfragen zuständige trotz aller Kritikpunkte einen „echten Ministerin Elisabeth Sickl ausschließlich Durchbruch im Bereich der Frauen- und BeamtInnen – keine Politikerin gehörte Geschlechterpolitik“, weiß Brita Neuder Delegation an. Die kritische Distanz, hold. Die Vorbereitungen und Verhand- die österreichische NGO-Vertreterinnen lungen für das Dokument begannen zur Regierungsdelegation einnahmen, bereits 1993. Neben globalen Rahmenentsprach dem Misstrauen gegenüber bedingungen und zentralen Problembe- der „Frauen zurück an den Herd“-Politik reichen enthält es konkrete Maßnahder Wenderegierung. men, die den Regierungen als „normative guidance“ angeboten wurden. Backlash. Bald zehn Jahre sind seit Peking Schwerpunkte sind etwa die weltweite vergangen und NGOs warnen davor,

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gung bestimmten. Mit dem sprunghaften Anstieg der Teilnehmerinnenzahlen bei den NGO-Foren (Mexico: 6.000, Peking: 30.000) wuchs auch der Einfluss der hier diskutierten Konzepte. „Wir sind das Herzstück der globalen Zivilgesellschaft“, vermeldete eine ugandische Teilnehmerin am NGO-Forum in Peking euphorisch.

Aufbruchstimmung herrschte bei der 4. und letzten Weltfrauenkonferenz in Peking 1995.

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weltfrauenkonferenzthema dass sich seither durch die internationalen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen die Situation von Frauen vor allem in der „Dritten Welt“ zusehends verschlechtert hat und weiter wird. Das GATS (Generel Agreement on Trade in Services) etwa werde besonders die Armut der Frauen erhöhen, wie Beispiele aus Ländern wie Bolivien oder Argentinien zeigen, wo die Privatisierung lebenswichtiger Grundlagen wie Wasserversorgung katastrophale Folgen hatte. „Frauen sind die großen Verliererinnen des Globalisierungsprozesses“, warnten die Frauen von WIDE im Rahmen ihrer Jahreskonferenz im Sommer dieses Jahres. Auch die Verschiebung der Machtstrukturen als direkte Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 hätte dazu geführt, dass Menschenrechte mehr und mehr entkräftet werden. „Internationale Sicherheitsmaßnahmen“ hätten einen neuen Begriff von „nationaler Sicherheit“ großflächig etabliert, der die Erfüllung bzw. Erhaltung von Menschenrechten ausklammert. Der frauenpolitische backlash ist auch an der Politik der ÖVP/FPÖ-Regierung in Österreich ablesbar. Die UNKonvention von 1982, wonach die Regierung sich zu Maßnahmen zur vollen Gleichstellung von Frauen verpflichtet und das Aufholen von Benachteiligungen aktiv zu fördern hat, steht immerhin im Verfassungsrang. Die Abschaffung des Büros der Frauenministerin, das Auslaufen frauenspezifischer Arbeitsmarktprogramme und sinkende Geldmittel für Kinderbetreuungseinrichtungen würden diesen Verpflichtungen jedoch widersprechen, stellten NGO-Vetreterinnen fest. „Die Politik drängt Frauen erneut in die Armut“, bestätigte Maria Rösslhumer vom Verein autonome österreichische Frauenhäuser in einer Pressekonferenz im Mai dieses Jahres die Tendenz in Österreich. Das Problem sei, „dass es an der faktischen Gleichstellung mangelt“, ergänzte die Juristin Martina Thomasberger. 5. Weltfrauenkonferenz. Angesichts der Zunahme an Frauenfeindlichkeit und Frauenarmut fordert WIDE, ein internationales Netzwerk von Vertreterinnen aus entwicklungspolitischen NGOs, ge-

die rund um Weltfrauenkonferenzen entstanden sind, sind zwar bis zu einem gewissen Grad verbindlich, doch es fehlt die Einklagbarkeit: „Langfristig wäre es sicher ein Ziel, das angestrebt werden muss, diese internationalen Konventionen einklagbar zu machen.“ Dass dies prinzipiell möglich ist, zeigt das CEDAW-Zusatzprotokoll, das im Jahr 2000 gültig wurde und die Individualklagbarkeit der in der CEDAW-Konvention festgelegten Rechte ermöglicht. In einem eigens eingerichteten Diskussionsforum sammelt WIDE Stimmen für und gegen eine UN-Konferenz auf höchster Ebene. Viele Aktivistinnen schrecken vor dem Zeit- und Energie-Aufwand einer großen Konferenz zurück und geben zu bedenken, dass noch nicht einmal die meisten der in Peking gefassten Beschlüsse implementiert seien. Es wird befürchtet, dass gerade der weltweite Rückschritt in den Emanzipationsbestrebungen und im Bewusstsein für die Notwendigkeit struktureller Gleichbehandlungsmaßnahmen ein großes Risiko darstellt, wenn etwa versucht wird zum Abschluss der Versammlung einen Konsens für einen Maßnahmenkatalog zu erreichen. Schon im Vorfeld der Frauenkonferenz in New York warnte etwa UNO-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson vor Versuchen einiger Länder, hinter den Zielen von Peking zurück zu bleiben. Die Angst, lang erkämpfte Errungenschaften zu verlieren ist groß. Andere Aktivistinnen betonen die Möglichkeit, Frauenthemen durch eine Weltfrauenkonferenz massiv in der Medien-Öffentlichkeit unterzubringen, Neuer Schwung. Ulrike Lunacek, Grüne ebenso in den Agenden von RegierunSprecherin für Außen- und Entwicklungspolitik, äußert sich eher skeptisch gen und internationalen Organisationen. Zusammen feiern, Kraft aus gelebüber Form und Inhalte einer neuen ter Solidarität schöpfen und ZukunftsWeltfrauenkonferenz: „Konferenzen in strategien mit neuen Generationen der Form, wie sie früher statt fanden, erachte ich derzeit nicht sinnvoll, denn von Frauen/Aktivistinnen entwickeln gehört ebenfalls zu den positiven Strategien auf dem Papier haben wir bereits in Massen.“ Eine internationale Aspekten einer 5. Weltfrauenkonferenz. Brita Neuhold: „Ein großes internatioKonferenz wäre nur dann sinnvoll, nales Ereignis ist jedenfalls nötig, um wenn dabei die Erfolge und Misserfolden Schwung des Empowerment von ge bisheriger Aktionsprogramme analysiert würden und daraus Konsequen- Frauen, der seit 1975 ständig gewachzen gezogen würden. „Das passiert auf sen ist, aufrechtzuerhalten und die bereits drohende Lähmung zu durchbreNGO-Ebene schon oft, aber nicht auf ❚ Regierungsebene.“ Diverse Programme, chen.“ meinsam mit vielen anderen Frauen und NGO-Vertreterinnen die Abhaltung einer 5. Weltfrauenkonferenz im Jahr 2005. „Es herrschen noch konträre Auffassungen darüber, in welcher Form die 5. Weltfrauenkonferenz 2005 abgehalten werden soll“, erzählt Gertrude Eigelsreiter-Jashari. Die Situation für Frauenthemen sei „weltweit momentan sehr schwierig“, was jedoch ein aktives Vorantreiben des Prozesses, den die Weltfrauenkonferenzen ins Rollen gebracht haben, nicht weniger notwendig mache. Bei der „Peking+5“ UN-Sondergeneralversammlung 2000 in New York wurde beschlossen, dass im Jahr 2005 eine weitere Veranstaltung folgen solle, die sich mit der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking befasst und neue Herausforderungen in Angriff nimmt. „Obwohl sich die Regierungen also eindeutig festgelegt haben, ist bis jetzt kein Schritt zur Realisierung dieses Vorhabens erfolgt“, beklagt WIDE-Koordinatorin Brita Neuhold. Deshalb beteiligen sich österreichische Frauen-NGOs daran, die Diskussion über eine 5. Weltfrauenkonferenz in Gang zu bringen. Besonders die finnische Regierung macht sich für eine Konferenz im Jahr 2005 stark, mittlerweile haben regionale NGOs auch ein Komitee gebildet, das die Anstrengungen der Regierung verstärken soll. Bis zum österreichischen Frauenministerium ist die Debatte um eine neue Frauenkonferenz noch nicht durchgedrungen. „An uns wurde bisher nichts herangetragen“, lautet die lapidare Auskunft des Büros.

1 Christa Wichterich:Wir sind das Wunder, durch das wir überleben. Die 4. Weltfrauenkonferenz in Peking. Heinrich-Böll-Stiftung 1996

2 Brita Neuhold:„Keep on Movin Forward!“ Hintergründe, Verlauf und Perspektiven der 4. UNWeltfrauenkonferenz in Beijing. ÖFSE Edition 3, 1995, S. 29

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Fo t o : C h r i s t i n e S p ra n g e r

preisgerda lerner

Gerda Lerner bei einem Gespräch in Salzburg

„Ich habe mir nie etwas vorschreiben lassen“ Gerda Lerner erhielt den ersten Wissenschaftspreis der Stadt Salzburg. Christine Spranger über eine Frau, die neue wissenschaftliche Maßstäbe gesetzt hat.

„Das Patriarchat als ein System sozialer Beziehungen ist ein Produkt der historischen Entwicklung und kann also auch durch historische Prozesse beendet werden.“ (Gerda Lerner, „Die Entstehung des Patriarchats“) Die Historikerin Gerda Lerner erhielt im August den vom Kulturfonds der Stadt Salzburg erstmals vergebenen Internationalen Preis für Wissenschaft und Forschung für ihre Pionierleistung auf dem Gebiet der Frauengeschichtsund Genderforschung. Leben und Werk zeichnete als Laudatorin Gabriella Hauch einfühlsam, persönlich und intensiv in ihrer Bedeutung nach: „Gerda Lerner fürchtet den großen Wurf nicht.“ Drei Millionen Euro Stammkapital aus dem Salzburger Stadtbudget brachten für dieses Jahr rund 90.000 Euro Zinsertrag. Diese Summe stand dem neu organisierten Kulturfonds der Landeshauptstadt Salzburg für die Förderung von Kulturprojekten zur Verfügung. Der internationale Preis für Kunst und Kultur ging an den Salzburger Pianisten und zeitfluss-Mitinitiator Markus Hinterhäuser. Außerdem gab es 20 an.schlägejuni 2003

weitere Förderpreise, Projektförderungen und Stipendien zur Realisierung von Vorhaben im Ausland. Gerda Lerner, emeritierte Professorin der Universität von Winsconsin in Madison, ist erste Präsidentin der Organisation amerikanischer GeschichtswissenschafterInnen, Autorin von zwölf Büchern und Trägerin von 13 Ehrendoktoraten. Ihre Bücher sind in hoher Auflage in mehreren Sprachen erschienen, darunter die beiden Hauptwerke „Die Entstehung des Patriarchats“ (1991) und „Die Entstehung des feministischen Bewusstseins“ (1995). Ihre politisch-wissenschaftliche Position bringt sie in dem letztes Jahr im Ulrike Helmer Verlag erschienenen Sammelband „Zukunft braucht Vergangenheit. Warum Geschichte uns angeht“ pointiert zum Ausdruck. Meisterlich verknüpft sie eigene Lebenserfahrung und wissenschaftliche Arbeit zu einer fesselnden und anschaulichen Lektüre und es ist eine feministische Antwort auf das postulierte, aber nicht eingetroffene postmoderne „Ende der Geschichte“. Lerner wurde 1920 in Wien als Kind einer gut situierten jüdischen Fa-

milie geboren, emigrierte 1939 in die USA. Die Historikerin leitete in den vergangenen Jahrzehnten Pionierarbeit bei der Erforschung von Frauengeschichte. Bereits 1972 gründete sie das weltweit erste Magisterstudium der Frauengeschichte an der University of Wisconsin-Madison. Die Universität Wien verlieh ihr gemeinsam mit dem Holocaust-Forscher Raul Hilberg das Ehrendoktorat. Im Sommersemester 1995 war Lerner Gastprofessorin am Institut für Geschichte an der Universität Salzburg. „Ich habe mir nie etwas vorschreiben lassen. Die Erforschung der Frauengeschichte war und ist unersetzlich für die Befreiung der Frauen“, so Lerner. Zentrales Thema ihrer Arbeiten ist das „Anders sein“ unabhängig davon, ob die Unterscheidungskategorie „Rasse“, „Klasse“ oder „Geschlecht“ heißt; denn die grundlegenden Muster von Diskriminierung funktionieren immer gleich. „Nicht der Unterschied ist das Problem. Das Problem ist die Dominanz, die sich zu ihrer Rechtfertigung auf konstruierte Unterschiede beruft.“ ❚


an.risswissenschaft forschungsstelle

FrauenDatenReport Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der HansBöckler-Stiftung in Düsseldorf sucht ab 1. Oktober 2003 eine Wirtschaftsoder Sozialwissenschaftlerin für das Projekt „FrauenDatenReport 2005“. Die Stelle ist auf 18 Monate befristet und die Aufgaben umfassen das Recherchieren und Aufbereiten von geschlechtsspezifischen Daten zu Demografie, Erwerbstätigkeit, Sozialer Sicherung und Partizipation. Frau sollte ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaft, Soziologie oder Politik haben sowie gute Kenntnisse der einschlägigen Ergebnisse der Frauenforschung, insbesondere zur Entwicklung der Frauenerwerbstätigkeit. Das Stellenangebot richtet sich vor allem an Frauen, denn die Stiftung will den Anteil von Frauen erhöhen. GaH

steigt. Den Auftakt zum Projekt bildet eine Podiumsdiskussion am 15. Oktober in Salzburg: „Geschlechterdemokratie an den Universitäten: Utopie & Wirklichkeit“. Der erste kostenlose Lehrgang „Erfolgsstrategien und Karriereperspektiven für Wissenschafterinnen“ beginnt am 30. Oktober und dauert zwei Semester (insgesamt 16 Seminartage). Anmeldeschluss ist der 15. September, Anmeldeformulare sind auf der homepage zu finden. GaH Projektkoordination Linz: Maria Buchmayr, T. 0732/24 68-1237, e-mail: maria.buchmayr@jku.at Projektleitung Salzburg: Julia Neissl,T. 0662/80 44-2521, e-mail: julia.neissl@sbg.ac.at, http://www.frauen.jku.at/karrierelinks

Bewerbungsunterlagen mit Lebenslauf, Lichtbild und Zeugnissen an: Hans-Böckler-Stiftung, Personalabteilung, Hans-Böckler-Straße 39, D-40476 Düsseldorf, http://www.boeckler.de

tagung

gender@future stipendien Im Oktober findet in Rostock eine Tagung zum Thema „Geschlechterverhältnisse im Informationszeitalter“ statt. Veranstalterinnen sind das Instiut für Soziologie und Demografie der Universität Rostock und des Kompetenzzentrums „Frauen für Naturwissenschaft und Technik“ der Hochschulen Mecklenburg- Vorpommerns. Ein Schwerpunkt der Tagung sind Identitätskonstruktionen im Informationszeitalter, zum Beispiel die Konstruktion von Geschlechtsidentitäten im virtuellen Raum. Weiters wird es um die Transformation in der Arbeitswelt gehen, etwa flexible Arbeit oder Frauen in der IT-Industrie, sowie Digitale Medien und neue Bildungswege. Im vierten Schwerpunkt werden virtuelle Frauen-Räume unter die Lupe genommen. Die Teilnahmegebühr beträgt 15,- Euro (Studierende 10,- Euro). AM 8.-10. Oktober 2003:„Geschlechterverhältnisse im Informationszeitalter“, Anmeldung bei Heike Kahlert, Allgemeine Soziologie-Makrosoziologie, Uni Rostock, Fax: 0049/381/ 498-4364, e-mail: heike.kahlert@wisofak.uni-rosock.de weitere Infos: http://www.kompetenzzentrum-mv.de., http://www.soziologie.uni-rostock.de/gender@future

unikarrieren

karriere_links

Doktorandinnen gesucht

Fo t o : Pe z H e j d u k

Am 30. September endet die Einreichfrist für zwei DoktorandInnenprogramme, mithilfe derer Forscherinnen sich ausschließlich auf die Abfassung ihrer Dissertation konzentrieren können. Das DOC-Programm wird vom Wissenschaftsministerium finanziert und richtet sich an NachwuchsforscherInnen aller Disziplinen. Ziel ist die Hebung der Qualität österreichischer Doktorarbeiten sowie die Erhöhung des Frauenanteils. Für die Mindestdauer des jeweiligen Doktoratsstudiums werden 21.900,Euro brutto pro Jahr bereit gestellt. DOC-FFORTE richtet sich im Rahmen des von Wissenschaftsministerium und ESF (Europäischer Sozialfonds) finanzierten Maßnahmenpaketes „Frauen in Forschung und Technologie“ speziell an junge Wissenschafterinnen aus den Bereichen Technik, Naturwissenschaft und Medizin. Ziel ist die Steigerung des Zweitabschlusses von Frauen in diesen Disziplinen und in weiterer Folge eine erhöhte Präsenz von Frauen in leitenden Positionen in technisch-naturwissenschaftlichen Berufen. Das Stipendium wird für maximal 24 Monate vergeben und beträgt ebenfalls 21.900,- Euro brutto im Jahr. Beide Stipendien werden im Jänner 2004 vergeben. GaH http://www.bmbwk.gv.at

Erstmals kooperieren zwei österreichische Universitäten bei einem Projekt zur Förderung von Studentinnen und Wissenschafterinnen unter der Prämisse des gender mainstreamings. Das Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Salzburg und die Stabstelle Frauenförderung der Univeristät Linz starten im Herbst ein dreijähriges Projekt zur Nachwuchsförderung für Studentinnen sowie für die Laufbahnplanung von Wissenschafterinnen. „karriere_links“ hat sich zum Ziel gesetzt, nachhaltige und längerfristige Strukturveränderungen herbei zu führen, wodurch schrittweise die Unterrepräsentation von Frauen vor allem in den oberen Rängen der Hochschulhierarchie abgebaut werden soll. Zahlreiche Informationsveranstaltungen, Workshops, Gender-Trainings und Lehrgänge richten sich an Studierende, Wissenschafterinnen und Entscheidungsträgerinnen. Anfängertutorien werden in erster Linie für Studienanfängerinnen der naturwissenschaftlichen und technischen Studien angeboten, wo der Frauenanteil besonders langsam

preisträgerin

Ruth Wodak Der Willy und Helga Verkauf-Verlon-Preis für antifaschistische Literatur in Österreich wird seit 1991 jedes Jahr für wissenschaftliche und publizistische Leistungen vergeben. Preisträgerinnen bisher waren unter anderem Maria Sporrer, Brigitte Bailer und Marianne Enigl. Dieses Jahr konnte Sprachwissenschafterin Ruth Wodak die Jury mit ihrer umfangreichen Forschung auf den Gebieten der Soziolinguistik, Faschismus- und Vorurteilsforschung überzeugen. Bereits 1996 erhielt sie den WittgensteinPreis für Spitzenforschung und 2001 den Wissenschafts-Preis der Stadt Wien. GaH september 2003an.schläge 21


wissenschaftforum

Fo t o : A r c h i v

Keine Angst! Warum haben Frauen so oft Hemmungen im Umgang mit DEM Computer und wie können geschlechtsspezifische Barrieren abgebaut werden? Ein Plädoyer für Computerkurse von Frauen für Frauen von Elisabeth Hirsch Elisabeth Hirsch schrieb ihre Diplomarbeit zum Thema:„Frauen und Computer-Bildung in der Informationsgesellschaft. Informations- und Kommunikationstechnologie als Herausforderung frauenspezifischer Bildungsarbeit.“

Mag.a Elisabeth Hirsch, IFF/IFZ, Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit und Kultur; Graz, Österreich, http://www.ifz.tugraz.at; e-mail: hirsch@ifz.tugraz.at

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Die ungleichen Chancen von Frauen und Männern im Berufsleben, vor allem im technischen Bereich, sind seit Jahren Thema geschlechterkritischer Forschung. Von den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien versprach man sich anfangs eine Verbesserung der Situation, die jedoch nicht eingetreten ist. Geschlechtsspezifische Vorurteile und Barrieren schei-

nen sich auch hier bereits wieder gefestigt zu haben. Warum entscheiden sich so wenig Frauen für einen technischen Beruf? Werden existierende Barrieren im Technik-Zugang durch das neue Medium Computer aufgebrochen? Stand der Dinge. Der Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien bietet vielfältige Karrieremöglichkei-

ten, die von Frauen bislang nur unzureichend genützt wurden. Weibliche Fachkräfte sind in dieser Branche mit 4,1 Prozent eklatant unterrepräsentiert, der Frauenanteil in den Ausbildungen beträgt lediglich 20 Prozent. Frauen sind zwar als Computeranwenderinnen stark vertreten, in den Bereichen Entwicklung, Planung und Programmierung jedoch kaum. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen, wie Erziehung,


forumwissenschaft Qualifikationen vermitteln, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit den sozialen Folgen Neuer Technologien fördern.

terscheiden sich zwar hinsichtlich Bedürfnissen und Erfahrungen von Männern, sind aber in sich keineswegs eine homogene Gruppe. In den Kursen werden Intuition, Vorstellungskraft und Gefühlswelt genutzt, das Lernen ist erOrganisation. Will eine Bildungseinrichfahrungsbezogen und Problemlötung einen Kurs für Frauen anbieten, sungsstrategien werden gemeinsam muss sie sich zuerst selber einmal mit erarbeitet. Die Methoden bauen auf Erdem Thema Bildung für Frauen bzw. Frauenförderung beschäftigen und ein fahrungen und Zielen der Teilnehmerinnen auf, kommunikative Elemente entsprechendes Bewusstsein entwickeln. In der Folge muss das Angebot werden eingebaut. Es wird von dem Lebenslanges Lernen. Das Lernen stellt für auf eine klar definierte Zielgruppe und ausgegangen, „was wir schon können“, und nicht von dem, „was wir noch nicht deren fachliches Niveau abgestimmt Erwachsene eine große Herausforderung dar, vor allem dann, wenn sie lan- werden: Spricht das Informationsmate- können“, was der oft geringeren rial Frauen an? Werden geschlechterge- Selbsteinschätzung von Frauen hinge Zeit nicht mehr institutionell „gerechte Formulierungen verwendet? Zei- sichtlich ihrer Fähigkeiten entgegenlernt“ haben. Oftmals müssen eingefahrene Gewohnheiten verändert wer- gen Text und Bilder ein ausgewogenes kommt. Die Verbindung von Theorie und Praxis wird betont und selbständiVerhältnis von Frauen und Männern den, um neues Wissen erfolgreich ges Arbeiten gefördert. und werden Geschlechterstereotype aufnehmen und verarbeiten zu könEin integrativer Bildungsansatz vermieden? Werden Frauen ermutigt, nen. Lernen wird für Erwachsene zum vereinbart Berufs- und PersönlichkeitsKurse zu belegen? Werden die KursgeErfolg, wenn sie ein Ziel vor Augen habühren einkommensabhängig verrech- bildung und stärkt durch den Einbezug ben, wenn ein Thema an ihrer Lebensvon Hand, Herz und Hirn das Selbstbenet? Auch die Erreichbarkeit des Kursrealität, an ihrem Bewusstsein bzw. an ihren Vorstellungen anknüpft, wenn sie ortes mit öffentlichen Verkehrsmitteln wusstsein der Teilnehmerinnen. Diese in kleinen Gruppen ungezwungen dis- sollte gewährleistet sein, da Frauen sel- werden ermutigt, Fragen zu stellen, tener über ein Auto verfügen. Die Kurs- wodurch eine angst- und stressfreie kutieren können, wenn sie ernst geLernatmosphäre entstehen kann.1 zeiten müssen mit Kinderbetreuungsnommen werden und ihr Selbstwertgefühl gestärkt wird. Aufgrund der un- pflichten vereinbar sein, modulare Angleichen Lebenssituationen von Frauen gebote bzw. Kursabende in größeren Der Gewinn des Konzeptes. Stereotypes und Männern werden unterschiedliche Abständen kommen vor allem dem Rollenverhalten – z.B. wenn Frauen sich Anforderungen an Institutionen der Er- Zeitbudget von Frauen mit Familie ent- bei technischen Angelegenheiten autowachsenenbildung gestellt. Denn Frau- gegen. matisch an Männer wenden – kann zuDie Kursunterlagen sollen auf en machen in einigen, für die Persönmindest in diesem Rahmen abgelegt Frauen zugeschnitten sein, Beispiele lichkeitsentwicklung zentralen Bereiund anschließend neu überdacht weraus weiblichen Lebenszusammenhän- den. Die Teilnehmerinnen befinden sich chen, unterschiedliche Erfahrungen und bringen daher andere Lernbedürf- gen enthalten und sich durch interakti- in den Seminaren in keiner unmittelbave Bestandteile, geschlechtergerechte nisse, Vorkenntnisse und Berufserfahren Geschlechterkonkurrenz und könrungen mit als Männer. Die daraus ent- Formulierung und Fachvokabular mit nen sich daher besser auf die Lerninverständlichen Erklärungen auszeichstehenden spezifischen Bedürfnisse, halte konzentrieren. Individuelle Komnen, was nicht Übersimplifizierung Interessen und Voraussetzungen werpetenzen können optimal gefördert den oftmals von den Weiterbildungsin- heißt. werden, da das Interesse der Frauen an Geschlechtssensible Sprache verstitutionen nicht wahrgenommen bzw. Informatik selbstverständlicher akzepmittelt Frauen Wertschätzung, macht nicht berücksichtigt. tiert wird. Die Angst, „dumme“ Fragen Frauen sichtbar (es gibt auch Program- zu stellen, ist geringer, wenn Frauen unter sich sind. Und schließlich können Computer-Bildung. Um Lernprozesse erfol- miererinnen, Systemadministratoringreich zu unterstützen, muss gerade in nen, Netzwerktechnikerinnen) und un- die Teilnehmerinnen in den Trainerinnen weibliche Identifikationsfiguren technischen Bereichen der geschlechts- terstützt sie dadurch in ihrer Annäheund Mentorinnen finden. spezifische Zugang berücksichtigt wer- rung an den Computer Erfahrungsgemäß werden Männer den. Zu den unterschiedlichen Lebenin gemischtgeschlechtlichen Lernsituaserfahrungen kommt noch ein eher ge- Methodik und Didaktik. Methoden, die tionen in ihren Interessen bevorzugt ringes Vertrauen der Frauen in ihre sich bewährt haben, nehmen die Lesowie in ihrem (dominanten) Verhalten Technikkompetenz hinzu. Wo gibt es al- benssituationen von Frauen zum Ausbestärkt, was zu einer Behinderung von so Veränderungsbedarf und welche gangspunkt: weibliche LebenszusamFrauen führt. Karin Derichs-Kunstmann2 Faktoren sollten neben der fachlichen menhänge und Berufsbiographien Komponente in die Gestaltung von werden analysiert und die Lerninhalte postuliert daher: „Frauen brauchen anComputerkursen einbezogen werden? knüpfen an deren Erfahrungen an. dere Lernbedingungen – Frauen wollen Eine umfassende Computer-Bildung Trotzdem dürfen nicht alle Frauen in ei- Anderes lernen – Frauen wollen anders soll nicht nur beruflich verwertbare nen Topf geworfen werden. Frauen un- lernen“ ❚ Techniksozialisation, Computerzugang, unterschiedliche Lern- und Problemlösungsstile, Computerkultur, geschlechterstereotype Berufswahl. Auch bei Einstiegskursen im PC-Bereich ist der Anteil der Teilnehmerinnen sehr gering. Die Hemmschwelle gegenüber technischen Geräten und Lerninhalten ist bei Frauen um vieles höher als bei Männern und vermindert ihren Lerngewinn in traditionellen Computerkursen.

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1 Kriterien für „frauenfreundliches Lehren und Lernen“ zusammengefasst nach Maria GutknechtGmeiner, http://www.checklistweiterbildung.at/gender.asp und Gisela Pravda: Zum anderen Lernen von Frauen. Rezeption der amerikanischen Forschung. In: Gieseke, Wiltrud (Hg.): Handbuch zur Frauenbildung. Opladen: Leske + Budrich, 2001

2 Derichs-Kunstmann, Karin; Müthing, Brigitte (Hg.): Frauen lernen anders. Theorie und Praxis der Weiterbildung für Frauen. Bielefeld: Kleine Verlag, 1993

Frauencomputerschulen in Österreich WEBAKADEMIE – von Frauen für Frauen Schottenring 33, 1010 Wien, T. 01/9690207; http://www.webwomen.at/webakademie/index.htm

NOWA – Mobiles Internetcafé für Frauen Rudolf-Hans-Bartsch-Straße 15 – 17, 8042 Graz; T. 0316/482600-31 http://www.nowa.at/icafe/icafe.htm

Gloria Gigabyte – Frauencomputerschule Universitätsstr. 14, 6020 Innsbruck, T. 0512/574316; http://www.frauencomputerschule.at/

abzwien – Chancen für Frauen – Chancen der Wirtschaft Wickenburggasse 26/5; 1080 Wien, T. 01/667 03 00 http://www.abzwien.at

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an.sage

Familiensplitting – gerechter für wen? Auf die Forderung des Wiener Katholischen Familienverbandes nach Familiensplitting bei der Besteuerung antwortet Ingrid Reischl, Leiterin des Grundlagenbereiches in der Gewerkschaft der Privatangestellten.

Standpunkte und Kommentare müssen nicht mit der Redaktionsmeinung übereinstimmen.

A. Dobersberger

Ingrid Reischl

Unser Steuersystem orientiert sich am Prinzip der „wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“. Das bedeutet: Je mehr Geld – nach Abdeckung der privaten Grundbedürfnisse – übrig bleibt, desto mehr Solidarität mit der Allgemeinheit kann man leisten, desto mehr Steuern kann man bezahlen. Dieser Grundsatz ist unumstritten. Aber wie sieht die Praxis aus? Derzeit müssen Familien mit genau gleichem Brutto-Einkommen ganz unterschiedlich hohe Steuern bezahlen: Von einer Familie mit zwei Einkommen zu je 1.100 Euro (miteinander 2.200 Euro) kassiert der Staat 1.405,52 Euro Lohnsteuer im Jahr. Setzt sich dasselbe Einkommen aus zwei Löhnen von 1.500 Euro und 700 Euro (Teilzeit) zusammen, fällt die Steuer gleich um 592,46 Euro höher aus. Verdient ein Elternteil 2.200 Euro alleine, wird statt 1.402,52 Euro eine Steuer von 4.045,76 Euro berechnet, was eine Mehrbelastung von 2.643,24 Euro (!) bedeutet. Der Alleinverdiener-Absetzbetrag ist dabei schon berücksichtigt. Familien mit gleichem Brutto-Einkommen werden also unterschiedlich besteuert, nur weil sie ihr Erwerbseinkommen anders untereinander aufteilen. Der Staat mischt sich damit unzulässig in die private Lebensgestaltung ein. Er beurteilt, welches Familienmodell belohnt und welches bestraft wird. Solche Eingriffe ins Privatleben ließen sich mit einem wahlweisen SteuerSplitting vermeiden, wie es etwa im rot-grünen Deutschland praktiziert wird. Beim Splitting wird das Einkommen beider Partner zusammengerechnet und zu gleichen Teilen aufgeteilt. Von diesen beiden Einkommen wird dann – getrennt – die Steuer ermittelt. Vom Splitting würden nicht nur Alleinverdiener-Familien, sondern auch alle Doppelverdiener-Paare profitieren, deren Einkommen unterschiedlich hoch sind. Das würde besonders bei Teilzeitarbeit helfen. Denn was nützt ein „Recht auf Teilzeit“ für Eltern, wenn man sich Teilzeitarbeit gar nicht leisten kann? Das Partner-Splitting wäre ein Modell, das nicht die private Lebensgestaltung bevormundet, sondern der Vielfalt an Lebensentwürfen moderner Familien gerecht wird. Ob jemand viel oder wenig Geld hat, steht nämlich nicht alleine auf dem Lohnzettel, sondern hängt auch davon ab, wie viele Gehälter zur Verfügung stehen. Das Steuersystem in Österreich sieht aber die Familie nicht als Einheit. Es folgt der Auffassung, dass jedes Familienmitglied für sich alleine wirtschaftet. Ein System, das von lauter beziehungslosen Einsiedlern ausgeht, ist aber nicht nur total wirklichkeitsfremd, sondern entlastet meist die Falschen. So würde eine Entlastung z.B. aller Einkommen bis 2.000 Euro nach dem jetzigen System bewirken, dass Doppelverdiener-Familien bis zu insgesamt 4.000 Euro entlastet werden, Familien mit nur einem Einkommen mit 2.100 Euro – also beinahe der Hälfte – hingegen als „zu reich“ durch die Finger schauen. ❚

In Österreich gibt es seit 1972 das Prinzip der Individualbesteuerung. Dabei werden die Einkommen der Ehepartner genauso wie die Einkommen zweier lediger Personen, also jedes für sich, besteuert. In einigen Ländern, so etwa in Deutschland oder in den USA, gibt es unterschiedliche Formen der Haushaltsbesteuerung. Da diese Steuermodelle nur die Lebensform „Ehe“ begünstigen, entsprechen sie nicht mehr den Anforderungen der gesellschaftlichen Realität. Neue Lebensformen wie etwa Patchworkfamilien, Lebensgemeinschaften oder Singelhaushalte nehmen stetig zu. Es ist nicht einzusehen, warum gerade das Steuerrecht eine einzige, überkommen scheinende Lebensform privilegieren soll. Ein wesentlicher Grund für die Forderung nach Familiensplittingmodellen dürfte auch darin liegen, dass die konservative Vorstellung des (männlichen) Alleinverdieners und Familienerhalters und der nicht berufstätigen Ehefrau manifestiert wird. Die Aufnahme einer Berufstätigkeit der Frau würde, da das Einkommen zu dem des Mannes gezählt wird, sofort einem hohen Steuersatz unterworfen und damit relativ unattraktiv. Kaum Augenmerk wird der Verteilungswirkung solch einer Maßnahme geschenkt. Um die Verteilungswirkung eines Splittingmodells aufzuzeigen haben einige Kollegen und ich ein konkretes Modell gerechnet. Dabei wird das Brutto-Familieneinkommen durch die Anzahl der Familienmitglieder (auch Kinder) geteilt. Auf die so entstehende Bemessungsrundlage kommt der derzeitige Tarif zur Anwendung, die sich daraus ergebende Lohnsteuer wird nun wieder durch die Anzahl der Familienmitglieder multipliziert. Bei einer Familie mit zwei Kindern und zwei Einkommen vergrößert sich der Steuervorteil mit zunehmenden Einkommen; ab einem monatlichen Familieneinkommen von ca. 4.500 Euro wird es dann lukrativ. Enorme finanzielle Verluste hätten Alleinerzieherinnen selbst mit zwei Kindern. Nutznießer des Splittings wären sehr gut verdienende Alleinverdienerhaushalte mit nicht-berufstätigen Ehefrauen und Kindern. Die Kosten einer solchen Steuerreform würden ca. 7,5 Mrd Euro betragen, was schlicht unfinanzierbar ist bzw. massive Kürzungen in anderen Bereichen nachziehen würde. Alleinerzieherinnen würden weiter in die Armut gedrängt, Bestverdiener mit nicht-berufstätigen Ehefrauen hätten maximale Vorteile. Ehen würde gegenüber einer Lebensgemeinschaft steuerlich privilegiert, also ein Modell, das die derzeitige „Frauen zurück an den Herd“ und „such dir einen reichen Ehemann als Vorsorge“-Politik optimal unterstützen würde. Da halte ich es lieber mit dem Verfassungsgerichtshof aus dem Jahr 1992: „Die Aufgabenverteilung in der Familie unterliege weitgehend der Gestaltung beider Partner und sei damit als Sache privater Lebensgestaltung oder persönlichen Risikos zu sehen“. ❚

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an.schläge DAS FEMINISTISCHE MAGAZIN

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Frauenfilme auf DVD gesucht: Bound (UK-Fassung), Desert Hearts, When night is falling, Novembermoon, Fried Green Tomatoes, Aimee & Jaguar, First Wives Club/ Club der Teufelinnen etc. T. 01/522 83 45 od. 0676/64 36 205

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19. – 21. September 2003

Ein Workshop: Theorie-SzeneAktion-Performance auf der Textbasis von Marlen Haushofer, Die Wand’ Mit Gerburg Treusch-Dieter, Soziologin und Schauspielerin, Berlin UKB 20/40 EUR, Anmeldung im Frauenhetz-Büro

Frauenhetz – Feministische Bildung, Beratung und Kultur

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an.rissarbeit Skateboard-Halle in Wien bis zur Studie über die Schulbank als Erziehungsapparat im 19. Jahrhundert. Neben dem Entwurf und der Umsetzung von Bauvorhaben werden in der Architektur konzeptionelle, strategische und theoretische Aufgabenstellungen in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen. AM „archdiploma 2003“, 30.09.-11.10.2003 im „Project Space“ der Kunsthalle Wien am Karlsplatz, 1040 Wien Podiumsdiskussion: „ArchitektIn sein in Europa“ am 6.10., 19.00 Uhr http://arch.tuwien.ac.at

preisverleihung

Amazone 2003

architektur

archdiploma 2003

Bereits zum achten Mal wird im Oktober der Amazone-Preis verliehen. Die Auszeichnung geht an einen Betrieb, der Mädchen in ihrer (Lehr)Ausbildung in einem handwerklich-technischen Bereich vorbildhaft fördert. Der Preis bringt dem SiegerInnen-Betrieb eine breit angelegte kräftige Werbung durch Öffentlichkeitsarbeit sowie eine „Amazone“-Skulptur. Der Preis wurde initiiert von der Mädchenberatungsstelle „Sprungbrett“. Seit nunmehr 16 Jahren ist der Verein im Bereich Beratung und Berufsorientierung von Mädchen und jungen Frauen tätig und versteht sich als Drehscheibe zwischen den weiblichen Lehrstellensuchenden, Schulen und Betrieben. Das wesentliche Kriterium für die Vergabe der Amazone ist die Förderung des Ausbildungsangebotes für Mädchen im gewerblich-technischen Bereich. Ausschlaggebend für die Preisvergabe sind jedenfalls die Qualität von Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie das Arbeitsklima insbesondere aus der Sicht der Mädchen und Frauen. Die Bewerbungsfrist für die Amazone 2003 endet am 6. September, die Verleihung findet Anfang Oktober im Festsaal des Wiener Rathauses statt. AM Kontakt: Verein Sprungbrett, Pilgerimgasse 22-24, 1150 Wien, Susanne Gugrel, T. 01/789 45 45-23,

Im Rahmen der Ausstellung „archdiploma 2003“ stellt die Architekturfakultät der Technischen Universität Wien dreißig Architektur-Entwürfe und erstmals acht theorische Diplomarbeiten der Studienjahre 2001 bis 2003 vor. Die Werkschau wird in Katalogform dokumentiert und von einem umfassenden Veranstaltungsprogramm begleitet, unter anderem einer Podiumsdiskussion zum Thema „ArchitektIn sein in Europa“. Ziel des in diesem Jahr zum dritten Mal realisierten Ausstellungsprojektes ist, den AbsolventInnen zu einem optimalen Berufsstart zu verhelfen und die Ergebnisse des in kreativer wie technischer Hinsicht anspruchsvollen Architekturstudiums an der TU Wien einem breiteren Publikum vorzustellen. Zwei Fachjurys wählten aus insgesamt 160 Arbeiten jene Exponate, die im Rahmen der Ausstellung gezeigt werden. Bei der Vernissage werden die fünf besten Abschlussarbeiten prämiert; eine weitere Diplomarbeit wird mit dem „archidiploma 2003-Preis der Kunsthalle Wien“ ausgezeichnet. Während der Ausstellungszeit können die BesucherInnen per Stimmzettel ihr Lieblingsprojekt wählen. Dem Projekt mit den meisten Stimmen wird im Rahmen der Finissage am 11. Oktober der „Publikumspreis“verliehen. Mit der erstmals veranstalteten „archdiploma“ im Jahr 2000 setzte die Architekturfakultät der TU Wien einen bildungs- und kulturpolitischen Meilenstein. Dekan Klaus Semsroth erläutert die Idee der Werkschau: „Da Architektur jeden von uns täglich unmittelbar betrifft, halte ich es für wichtig, interessierten BesucherInnen die Möglichkeit zu bieten, sich über das hohe Ausbildungsniveau an unserer Fakultät zu informieren. Überdies wollen wir mit der archdiploma Studien-AbgängerInnen beim Start ins Berufsleben unterstützen. Ein spezifischer Aspekt der archdiploma 2003 ist die Diskussion des im Wandel begriffenen Berufsbildes von ArchitektInnen.“ Das Spektrum der gezeigten Diplomarbeiten ist groß. Die Bandbreite reicht vom „Großen ägyptischen Museum“ in Kairo über eine schwimmende

e-mail susanne.gugrel@sprungbrett.or.at, http:www.sprungbrett.or.at

studie

Das neue Proletariat Mehr als 1 Million Menschen sind in Österreich atypisch beschäftigt – großteils unfreiwillig, wie eine Studie der Arbeiterkammer (AK) und des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) nun feststellte. Rasant war der Zuwachs v.a. bei den Freien DienstnehmerInnen und Neuen Selbständigen, die besonders durch mangelhafte Absicherung hervorstechen: sie haben keinen Anspruch auf Kranken- und Arbeitslosengeld. Die Schwankungen bei Arbeitszeit und Einkommen sind enorm, in Relation zu Unselbständigen bekommen sie auch weniger für ihre Leistung bezahlt. 77% der Freien DienstnehmerInnen und 62% der Neuen Selbständigen sind jünger als 35 Jahre, 68% davon sind Frauen. Die typischen Berufsfelder weiten sich immer mehr aus, immer mehr Unternehmen beschränken ihre regulären Anstellungen auf eine kleine Gruppe und ersparen sich Sozialversicherungskosten, indem der Rest der Belegschaft atypisch beschäftigt wird. ÖGB und AK fordern nun einen vollen Schutz des Arbeits- und Sozialrechts, eine verpflichtende Arbeitslosenversicherung (die Regierung denkt gerade mal eine freiwillige an), eine verbindliche Gehaltsuntergrenze, Krankengeld und die Ausweitung des Gleichbehandlungsgesetzes für atypisch Beschäftigte. Derzeit kann eine Freie Dienstnehmerin bei sexueller Gewalt am Arbeitsplatz keine Schadensersatzforderungen stellen. keck Die Studie ist unter http://oegb.or.at oder http://www.akwien.at abrufbar. Spezielle Beratung für Freie DienstnehmerInnen und Neue Selbständige: e-mail: flexpower@oegb.at, T. 01/534 44-404; Persönliche Beratung nur nach Voranmeldung

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Fo t o s : G a b i H o ra k

arbeittischlerinnen

Stolz auf Holz In der Frauenwerkstatt von „Team Idee“ werden langzeitarbeitslose Frauen behutsam in den Arbeitsalltag zurück geführt. Eine Reportage von Gabi Obojkovics

1 Betreuung durch Sozialarbeiterin

Formvollendung und Funktionalität bilden im Entrée zur Frauenwerkstatt ein Ensemble, das einzeln erwerbbar ist. Für Frauen, die die Dinge gerne rundum begreifen, stehen im Team Idee-Shop kunsthandwerkliche Produkte und ergotherapeutische Accessoires zur Auswahl. WS Team Idee-SÖB GmbH ist ein sozialökonomischer Betrieb, mit professionell geführten Werkstätten, mit dem Ziel, Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in die Berufswelt zu erleichtern. Er umfasst neben der Frauenwerkstätte die für Männer und Frauen offenen Arbeitsbereiche Schlosserei, Malerei/ Anstrich, Bodenlegen und Tischlerei. Gefördert wird das Projekt aus Mitteln vom Arbeitsmarktservice (AMS), dem Europäischen Sozialfonds (esf) sowie der Stadt Wien. Voraussetzung für die Mitarbeit in der Tischlerei sind das vollendete 19. Lebensjahr sowie die Bereitschaft, die eigene Situation aktiv zu verbessern. Einschlägige Arbeitserfahrung ist nicht Bedingung, aber ein Gespür für den Werkstoff Holz sollte frau schon mitbringen. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Facharbeiterin-Kurzausbildung zu absolvieren.

innerhalb der Arbeitszeit: z.B. Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen etc.

28 an.schlägeseptember 2003

Frauenwerkstatt. Die Tischlerei ist die einzige Werkstatt, die es auch in einer

„women only“-Ausgabe gibt. Derzeit sind sechs Frauen beschäftigt. Die Tischlerinnen der ersten Stunde haben die Räumlichkeiten eigenhändig umgebaut. Neben den praktischen wurden auch die ästhetischen Anforderungen erfüllt: alles so schön rund dort. Der Wachs- und Ölfilm streichelt die Netzhaut. Die geräumige Küche mit dem einladend ausladenden Tisch im Zentrum vermittelt den Eindruck, dass die hier Beschäftigten nicht nur als Arbeitskräfte, sondern auch als genussfähige Menschen wahrgenommen werden, die sich zusammensetzen, um Kraftstoff für den Werkstoff zu sammeln. Der Hauptwerkstoff ist Massivholz. Der Nachfrage wegen werde allerdings auch mit Spanplatten gearbeitet, bedauert die Vorarbeiterin Mirjam Marakitsch. Normalerweise wird Vollzeit gewerkt, in Ausnahmefällen ist Teilzeitarbeit aber durchaus möglich. Marakitsch legt großen Wert darauf, auf die Bedürfnisse der Frauen einzugehen.Den Mitarbeiterinnen stehen daher drei SozialarbeiterInnen zur Seite, die sie je nach Bedarf mit Einzelgesprächen und Gruppensitzungen, die innerhalb der Arbeitszeit stattfinden, durch das gesamte Arbeitsjahr begleiten.

Die Sozialarbeiterinnen beraten und unterstützen, wenn dies erforderlich ist, auch beim Aufbau eines sozialen Umfeldes. Einstieg ins Arbeitsleben. Viele Frauen haben mit psychosozialen Problemen zu kämpfen; mit sozialem Druck, Schulden, Gewalt oder fehlenden Kinderbetreuungsplätzen. Die Frauenwerkstätte ist ein Transitarbeitsplatz, der nach einem Jahr geräumt werden muss – was viele bedauern. Drei Monate vor und nach dem Austritt gibt es die Möglichkeit, ein outplacement1 für den Jobeinstieg in Anspruch zu nehmen. Der Markt ist eng – den Frauen stehen in dieser Richtung oftmals nur die Bereiche Einrichtungsberatung, Requisite, Bühnenbau oder Grafik offen, oder sie werden im sozialen Bereich tätig. In den Bundesländern haben die Frauen bessere Chancen, den Wiedereinstieg zu schaffen. Team Idee selbst darf wegen der AMS-Förderbarkeit nur Wienerinnen aufnehmen. Wenn es eine sozialarbeiterische Begründung gibt, mehr Zeit für Vermittelbarkeit und für verschiedene Stabilisierungsprozesse aufzubringen, dann ist eine Verlängerung von maximal sechs Monaten möglich. Zudem gibt es Unterstützung bei Kur-


tischlerinnenarbeit

sen im Rahmen einer beruflichen Weiterbildung. Der Betrieb stellt Biomöbel nach individuellem Entwurf her (Einbauten, Betten, Küchen, Badezimmer) führt gelegentlich Einrichtungs- und Möbelberatung sowie kleinere Restaurierungen durch. Von der fachlichen Planung bis zur kreativen Gestaltung kann alles verfügt bzw. verfugt werden. Die geselligen Meisterinnen wissen wie. Auch die xylophile Laiin erkennt den Unterschied: Augen-Weiden müssen nicht angepriesen werden, um zu verlocken. Eigenständigkeit. Im Spezialbereich Ergotherapie werden Therapiematerialien und -spiele zum Training der Grob- und Feinmotorik, neurologisches Übungsmaterial, motopädagogisches und sensorisches Trainings- und Fördermaterial erzeugt. Daneben werden Alltagshilfen für Menschen mit Behinderungen hergestellt und auch Sonderanfertigungen produziert. Bei der Mitarbeit an Montagen können Frauen ihre körperlichen wie geistigen Grenzen ausloten. Diese Arbeit erfordert Hochleistung. Nach der oft mühevollen Fertigstellung ist das Hochgefühl entsprechend intensiv. Als einziger Betrieb fährt Team Idee bei Wohnungsadaptierungen mit ErgotherapeutInnen in die Wohnungen. Das Prinzip der Rücksichtnahme gilt auch für die Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen mit Kind: so beginnt Regina, die ihren Sohn zur Schule bringen muss, erst um acht Uhr statt um sieben. Die Südtirolerin hat an der Universität für Angewandte Kunst studiert, im Theater und in Ateliers gearbeitet. Da-

neben entwarf und baute sie mehrere Hochbetten in Eigenregie. Eine Autodidaktin in Sachen Holz, der eigenständige Arbeit sehr wichtig ist. Im Team entstehen Ideen, die auf hölzerne Füße gestellt werden. In Zusammenarbeit mit ErgotherapeutInnen hat Regina etwa ein Figurenpuzzle entworfen und bis zum letzten Schliff selbst ausgeführt, inklusive Bemalung und Lackierung. Sie arbeitet 35 Stunden als Tischlerhelferin. Die Arbeit im Team empfindet Regina als reine Freude. Keine Frau müsse unter Druck arbeiten; denn es gäbe natürlich Fristen, aber Qualität sei wichtiger als exakt in der Zeit zu bleiben. In der Ruhe liegt die Kraft für feingeschliffene Schmuck-, nein (doch!) Möbelstücke.

Für Mirjam Marakitsch gilt es allerdings eher, die Arbeit in das Leben der Frauen zu integrieren, als die Frauen in die Arbeitswelt. Das ergebe sich meist von selbst, wenn Arbeit gelebt wird. Nur dann sei die Möglichkeit zur Identifikation gegeben. Deshalb achtet sie darauf, dass die im Betrieb verbrachte Zeit als lehrreich und positiv erlebt wird, denn es wäre schade, bis zu vierzig Stunden in der Woche als fremdbestimmt und vergeudet anzusehen. Während sie den Frauen Anleitungen zur Bearbeitung der Werkstücke gibt, versucht sie, bestehende Hierarchien bewusst in den Arbeitsprozess zu integrieren. „Viele Frauen haben gerade mit Hierarchien ein Problem und brauchen intensive Anleitung, sonst hätten Abrunden und stabilisieren. Die Frauen finden Ruhe in der Arbeit, da Holz ein sehr sie am Arbeitsmarkt keine Chance.“ Die Werkstatt stellt einen Ort der angenehmer Werkstoff ist, eine große Begegnung dar: Frauen aus unterHerausforderung bietet und gleichzeitig hohe Konzentration erfordert. Durch schiedlichsten sozialen Zusammenhängen werden mit sich öffnenden Perdie Erfolgserlebnisse während der Arbeit etabliert sich wie von selbst, gleich- spektiven, neuen Ansichten und Mögsam step by step, ein gestärktes Selbst- lichkeiten konfrontiert. Daraus erwächst eine Akzeptanz für die vielen wertgefühl. Mit dem Hobel am Werkbunten Seiten des (Arbeits-)Lebens, die stück formt sich auch die innere Strukden handelnd sich Wandelnden auch tur, denn Holzarbeit ist Meditation. In außerhalb dieses Rahmens hilft, mit diesem Gewerbe gilt in der Tat: speed Komplexität zurecht zu kommen. Denn kills. Denn obwohl Menschen wie Möbel wo gehobelt wird, da fallen Späne und Ecken und Kanten brauchen, heißt Voll- wo, wenn nicht an der Werkbank könnte dieses Prinzip besser erfahren und endung immer auch Abrundung. Sich im Weichen gleichen bedeutet hier, sich angewandt werden? Viele der ehemaligen Mitarbeiteinmitten von warmem Holz zuhause zu fühlen. Baumfrauen sägen nicht am ei- rinnen blieben in Kontakt mit der Werkstatt und kommen dann und wann zu genen Stamm; dieser Arbeitsplatz ist Besuch, um wieder Holzstaub zu riefür die meisten Mitarbeiterinnen auch chen, das Parfum der Holzarbeiterinein Stabilisator. Und natürlich ein Tor nen. ❚ zur Arbeitswelt.

Vorarbeiterin Mirjam Marakitsch beim Abmessen des Werkstoffes.

september 2003an.schläge 29


kulturan.riss ausstellung II

„Der fünfte Tag“ Die Galerie Atrium ed Arte zeigt neue Bilder der österreichischen Künstlerin Brigitta Malche. Die neuen Arbeiten sind Teil ihres Genesis- Zyklus, an dem Malche bereits seit 2001 arbeitet. Besonders wichtig sind ihr dabei zwei Aspekte: Zum Einem das Materielle, in den realen Versteinerungen von organischem Leben, welche als Fosil Erinnerungen an die Uhrzeit mobilisiern, und zum Anderen das Denkbild der jüdischen Mystik aus Zahl und Buchstabe:„Der fünfte Schöpfungstag ist in der Genesis der Tag, an dem Gott das Leben über dem Wasser und Leben im Wasser schuf.“ Interessierte haben vom 18. September bis zum 25. Oktober Gelegenheit, in Malches Bilder einzutauchen und dem Genesis- Zyklus zu folgen. heko „Der fünfte Tag“, 19.9.-25.10.2003, Galerie Artrium ed Arte, Lerchenfelderstraße 31, 1070 Wien, T. 01/522 87 38, e-mail: artrium-ed-arte@t0.or.at, http://www.artrium-ed-arte.at, Öffnungszeiten: Di-Fr 14-18.30, Sa 11-14.00

workshop

Hinter der Wand

ausstellung I

Kunst im Ort Ein Kunstprojekt von und mit Frauen im (halb)öffentlichen Raum belebt vom 19. September bis 19. Oktober St. Johann in Tirol.„Das einverLEIBte KORSETT“ bietet künstlerische Antworten auf die leitende Frage:„In unserer vom Schönheitswahn geprägten Gesellschaft, in der für Frauen ein neuer Silikonbusen schon zur Alltäglichkeit geworden ist wie Urlaub in der Diätklinik ode Bulimie, ist da überhaupt noch Platz für die Frau/das Mädchen mit weiblichen Rundungen, natürlichen Alterserscheinungen, menschlichen Unregelmäßigkeiten?“ Ein Beitrag kommt von Anna Jermolaewa, die im Fenster der Tiroler Sparkasse am Hauptplatz in St. Johann ihr Video „Kurvenreich“ zeigt: Ein kleiner, roter Spielzeugporsche erkundet einen nackten Frauenkörper; das Machosymbol Rennwagen wird zum Kinderspielzeug degradiert. Die 4-teilige Plakatserie „Brustkrebs“ von Katharina Mouratidi porträtiert Frauen nach Brustamputationen und thematisiert damit die gesellschaftlich tief verankerte Vorstellung, dass sich Weiblichkeit nur über die Brust der Frau definiert. Ein Schlüsselwerk der feministischen Kunst wird im Speisesaal der Landwirtschaftlichen Landeslehranstalt Weitau präsentiert: Das 1973 entstanden Video „Hyperbulie“ von Valie Export. Auch das Begleitprogramm der Kunstreihe kann sich sehen lassen. So werden Führungen und Kunstgespräche angeboten, Filme in der Alten Gerberei gezeigt und am 3. Oktober hält Claudia von Werlhof, Frauenforscherin an der Uni Innsbruck, einen Vortrag:„Vom süßen Leib zur Körpermaschine. Über die ,Schönheit´ der Frauen“. GaH

Der Verein Frauenhetz – Feministische Bildung, Beratung und Kultur veranstaltet vom 19.-21. September einen ganz besonderen Workshop. Auf Basis des Romans „Die Wand“ von Marlen Haushofer kann frau sich mit den eigenen Wänden konfrontieren. Im Zentrum von Haushofers Roman steht eine Frau, die eines morgens erwacht und durch eine unsichtbare aber undurchdringbare Wand abgeschnitten ist von der „wirklichen“ Welt. Sie scheint isoliert, aber vielleicht ist diese Wand nur eine Vorstellung, eine Spiegelung – ihre eigene Welt die Realität? Geleitet wird der Workshop von der Berliner Soziologin und Schauspielerin Gerburg Treusch-Dieter. Voraussetzung für die Teilnahme ist die Kenntnis des Romans. Die szenische Arbeit wird auf der gemeinsamen Diskussion der Vorlage basieren. Ein Unkostenbeitrag von 40,- (ermäßigt 20,-) Euro auf das Frauenhetz-Konto wird erbeten. GaH „Die Wand“, 19.-21.9.2003, jeweils 11-18.00, women only Information und Anmeldung: Frauenhetz, Hetzgasse 42/1, 1030 Wien, T. 01/715 98 88, e-mail: office@frauenhetz.at, http://www.frauenhetz.at UKB an PSK: 920 22 807, BLZ: 600 000

spurensuche

10 Jahre Multikulturell

„Das einverLEIBte KORSETT“, 19.9.-19.10.2003 in St. Johann in Tirol

Der Innsbrucker Verein Multikulturell feiert sein 10-jähriges Bestehen und begibt sich aus diesem Anlass auf „Spurensuche“. Noch bis Dezember 2003 finden neun verschiedene Projekte statt, die persönliche Geschichten von MigrantInnen erzählen. Konzerte, Lesungen, verschiedene Workshops, Ausstellungen und vieles mehr werden im Rahmen dieser außergewöhnlichen „Spurensuche“ stattfinden. Besonders positiv wurde die Schreibwerkstatt, die bereits im März abgehalten wurde, von den TeilnehmerInnen aufgenommen. Sie sollte MigrantInnen dabei helfen, ihre Gefühle und Meinungen in einer Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist, aber immer mehr ihre Erstsprache wird, besser ausdrücken zu können. Am Ende der langen „Spurensuche“ steht ein Filmprojekt, das von fünf jugendlichen Migrantinnen auf die Beine gestellt wird. In ihrem Film wollen sie die Spuren der Migrationsgeschichte ihrer eigenen Eltern/Großeltern suchen. heko

Infos: Melle Strele, e-mail: melle@muku.at

Verein Multikulturell, Mentlgasse 7, 6020 Innsbruck, T. 0512/938 110, e-mail: mosaik@migration.cc, http://www.migration.cc

30 an.schlägeseptember 2003


an.risskultur ausstellung III

Outer Limits

heim.spiel

Das Thema Sport steht im Mittelpunkt der neuen Malerein von Ingrid Proeller, die noch bis 10. Oktober in einer Ausstellung in der Wiener Nordbahnstraße zu sehen sind. Das Cover des Ausstellungsfolders zeigt die Hüfte der erfolgreichsten Athletin in der WM-Geschichte, Gail Devers, die nicht nur durch ihre sportlichen Leistungen zu Berühmtheit gelang, sondern auch als Life-Style-Ikone des Sports galt. Wurde diese an einem Ich-Kunst-Konzept orientierte Ästhetik früher nur KünstlerInnen und ExzentrikerInnen zugestanden, hielt sie seit Ende der 1970er Jahre auch Einzug in den Sport, erzählt der Text zum Bild von F.E.Rakuschan: „Ingrid Proeller interressiert am Sport sowohl die Korrespondenzen zwischen Kunst- und Sportbetrieb, als auch sein Leitbild als generelles Kulturmuster.“ Ablesbar ist dieses Phänomen unter anderem an den extrem medialisierten Sportereignissen. Ein weiteres Bild in der Ausstellung zeigt eine American-Football-Szene, die als Schlachtenbild thematisiert wird. „Was uns die Bilder globaler Telemediensysteme heute zumeist vergessen lassen, das zeigen uns ihre künstlerischen Dekonstruktionen.“ GaH Ingrid Proeller: Outer Limits, bis 10.10.2003, Nordbahnstraße 52-54/13, 1020 Wien

Eva Steinheimer

Nur weg von hier! Fo t o : S t e i n h e i m e r p r i v a t

nachruf

„Königin der Salsa“ Die bekannte und beliebte Sängerin Celia Cruz ist an den Folgen ihres Krebsleidens gestorben. Laut ihrer Sprecherin lag sie bereits vor ihrem Tod in Koma. Cruz schaffte es in den 1950er Jahren, in der – bis dahin von Männern dominierten – Salsa Erfolge zu feiern. Berühmt wurde sie mit der Gruppe „La Sonora Matancera“, mit der sie 15 Jahre lang auf der Bühne stand. Cruz, die auch gerne als „Königin der Salsa“ bezeichnet wird, war vor allem durch ihr unglaubliches Showtalent aber auch aufgrund ihrer grellen Kostüme aufgefallen. Legendär wurde ihr kreischender Ausruf „Azúcar“ (Zucker), den sie während ihrer Konzerte immer wieder unter tosendem Beifall von sich gab. Im Laufe ihrer Kariere nahm die Grammy-Preisträgerin mehr als siebzig Alben auf. In ihrer Heimat Kuba wurde die Nachricht ihres Todes in den Rundfunknachrichten nicht bekannt gegeben. Cruz hatte sich 1960 – nachdem Fidel Castro die Macht übernommen hatte – mit ihrer Gruppe in die USA abgesetzt. Unter den kubanischen MusikerInnen löste die Todesnachricht tiefe Trauer aus. Die Gemeinschaft der kubanischen Exilierten in den USA würdigte Cruz als „Symbol der Exil-Opposition gegen Castro“. heko

Sommer in Wien. Die alte Leier: es ist heiß und fad. Lenni findet die Hitze und Schwüle zum Quengeln, was ihn aber nicht davon abhält, pausenlos in Bewegung zu bleiben. Gegen das Windelanziehen wehrt er sich vehement. Versteh ich gut, d´rum darf er auch öfter mal ohne Windel krabbeln, unsere Teppiche sind sowieso nicht mehr ganz neu. Viel ärger finden Lenni und ich, dass im Sommer immer so gar nichts los ist. Viele unserer FreundInnen sind auf Urlaub oder auf Heimurlaub in den Bundesländern. Dabei steht Lenni total auf Abwechslung. Unsere zwei Zimmer sind ihm schon keine Herausforderung mehr – zumindest nicht bis er wieder etwas größer und mobiler ist und überall dort hin klettern kann, wo wir die interessanten Erwachsenendinge vor ihm verstecken: Nagelscheren, Waschpulver, Bücher mit dünnen Blättern, Schokolade und dergleichen. Also nichts wie raus und die einzigen in Wien verbliebenen Bekannten im Garten besuchen. Doch das bedeutet den üblichen Wahnsinn nur diesmal bei 32 Grad im Schatten (ich weiß, ich wiederhole mich; ich glaub ja auch manchmal ich bin in einer Zeitschleife gefangen): kaputte Rolltreppen, grantige Leute, überfüllte, stinkende Busse, Am-Zebrastreifen-übers-Ferserl-Fahrer. Meine Laune wird schlechter. Lennis auch. Also vielleicht eine Stärkung in der neuen Lieblingsbäckerei, so eine kleine, eigenständige, wo es nicht das übliche Ströck-Mann-Anker-Sortiment gibt. Doch leider: vier Wochen wegen Urlaubs geschlossen. Das ganze Viertel ist wie ausgestorben. Im Garten bei den Bekannten ist es dann zumindest für Lenni sehr abwechslungsreich: er kann Gras ausrupfen und versuchen, Blätter vom nächsten Busch zu essen. Etwas störend findet er nur dieses andere Baby, das ihn etwa so zärtlich an den Haaren packt wie Lenni unsere Katze. Dann ist der Nachmittag auch schon um. Ein paar Tage müssen wir uns noch alleine unterhalten, dann fahren wir auch weg. Und wenn wir wieder kommen, kommt hoffentlich der Herbst und unser gewohntes Stadtleben – inklusive Kipferl von der Lieblingsbäckerei.

Offizielle website: http://www.celiacruzonline.com

september 2003an.schläge 31


Fo t o : M i c h a e l a M o s e r

europäischefrauensynode

Vielfalt wagen! Über 700 Frauen aus der ganzen Welt bekräftigten bei der Zweiten Europäischen Frauensynode, die vom 5. bis 10. August in Barcelona abgehalten wurde, ihre Entschlossenheit, die Realität von Frauen in unterschiedlichen religiösen Organisationen zu verändern. Von Michaela Moser Die feministisch und religiös interessierten Frauen aus 36 verschiedenen Ländern waren in die katalanische Hauptstadt gereist, um sich mit den Herausforderungen eines religiös und kulturell vielfältigen Europas zu beschäftigen. Unter dem Motto „Vielfalt wagen“ setzten sie sich in Referaten, über sechzig Workshops und Interessensgruppen vor allem mit den Möglichkeiten eines konstruktiven Umgangs mit Unterschieden auseinander. Die dringliche Notwendigkeit dieser Auseinandersetzung wurde gleich im Eröffnungsreferat der katalanischen 32 an.schlägeseptember 2003

Theologin Teresa Forcades betont. Forcades problematisierte dabei auch die Identitätspolitik von Minderheiten. Die Politik der Anerkennung, die viele unterdrückte Gruppen betrieben, sei ein Problem, manchmal sogar eine Falle, da sie oft dazu führe, sich in kleinen Zirkeln einzuschließen, und Beziehungen über Unterschiede hinweg verunmögliche. Forcades unterstrich die Notwendigkeit eines „offenen und fließenden Verständnisses der je eigenen Wahrnehmung von Realität, die Bereitschaft, sich herausfordern zu lassen und den Willen, auch etwaige persönliche Veränderungen zu riskieren.“ Dialog könne nicht

erst dann beginnen, wenn Grenzen (an)erkannt werden, vielmehr sei es notwendig einzusehen, „dass die eigene Identität niemals fertig und abgeschlossen ist, sondern sich immer weiter formt, sobald man sich auf den Weg macht und neue Menschen trifft. Identität ist nichts, was du abschotten oder verteidigen kannst, sondern etwas, das du brauchst, um dich auf andere Menschen einlassen zu können“. Weiße Vorherrschaft. Die kollektive Verantwortung für Folgen und Bekämpfung von institutionellem Rassismus standen im Zentrum der Diskussionen des


frauensynodeeuropäische zweiten Synodentags. Die weiße deutsche Theologin Eske Wollrad forderte dabei zu genaueren Analysen auf, denn „Vielfalt ist kein Wert an sich“. Wer Ungerechtigkeit bekämpfen wolle, müsse sich mit unterschiedlichen Zugängen zu Macht beschäftigen. Wollrad verwies dabei auf die Gewalt weißer Vorherrschaft und darauf, dass in Schulen immer noch rassistische Lieder wie die „10 kleinen Negerlein“ weitergegeben werden. Sie appellierte an die Frauen, sich gegen den „Weißen Terror“ einzusetzen und in erster Linie „Wut zu teilen, darüber wie sehr dieser Weiße Terror unsere Wahrnehmung verzerrt und unsere Träume einzäunt“. Die schwarze Pfarrerin Rose Hudson berichtetet von rassistischen Alltagserfahrungen Schwarzer Frauen in Europa und von ihrer Arbeit als anglikanische Priesterin in London. Hudson kritisierte die oft selektive Wahrnehmung von Vielfalt. So fände die Wahl eines schwulen Bischofs weltweite Aufmerksamkeit, während Diskussionen über ethnische Minderheiten in Kirchen und Gesellschaft keineswegs am Programm stünden. Dies, obwohl vielerorts und immer wieder Rassismus den Tod Schwarzer Menschen verursache, was Resultat eines „kollektiven Versagens, das aus Ignoranz, Gedankenlosigkeit und rassistischen Vorurteilen bestehe“ sei.

Rabeah Müller und Miyesse Ildem für Einblicke in Realitäten von Frauen anderer Religionen. An spirituellen Angeboten herrschte auf der Synode reichlich Vielfalt: von den Messen der exkommunizierten katholischen Priesterinnen, die mittlerweile bereits Bischofsrang für sich beanspruchen, über östliche Meditationsübungen und feministische Rituale bis hin zur jüdischen Feier des Sabbatabschlusses, bot sich ein wohl unvergleichlicher Überblick über die unterschiedlichen Formen von Frauen, ihre Spiritualität zu feiern.

das sind Dinge, die im Konzept Weiberwirtschaft eigentlich verwirklicht sind. Wir gehen davon aus, dass das Patriarchat als Herrschaftsform eigentlich zu Ende geht. Und dass dann ganz neue Fragen, die am Boden unserer Existenz angesiedelt sind, wieder virulent werden. Daran arbeiten wir. Z.B. die Frage, welche Tätigkeiten eigentlich notwendig sind für ein gutes Leben und wie diese in einem ökonomischen Diskurs gefasst werden können.“

Spiritualität und Politik. In einer am letzten Tag verabschiedeten Resolution unterstrichen die Teilnehmerinnen der Synode schließlich das „Begehren von Politik und Ökonomie. Sichtbare WeiterFrauen, sich selbst und die Welt zu beentwicklungen im Anschluss an die Erste Frauensynode zeigten sich vor allem wegen“ und bekräftigten ihren Willen, an der Durchsetzung von Alternativen in der Auseinandersetzung mit politischen und ökonomischen Fragen. Nach- zu herrschenden Machtstrukturen und neuen politischen Parametern zu arbeidem die bulgarische Juristin Genoveva Tisheva vor allem auf die dramatischen ten. Wie u.a. Eveline Goodman-Thau beFolgen des ökonomischen Umbaus und tont hatte, sei es dabei notwendig, dass die Frauenbewegung neben sozialen der Privatisierung hinwies, ermutigte ihre Landsfrau Tania Marincheshka zum und politischen Fragen verstärkt religiöse Themen in den gesellschaftlichen „Neudefinieren von Politik und Ökonomie“. Die Menschenrechtsexpertin Ma- Diskurs einbringe bzw. diesen auch auf dieser Ebene entscheidend mit- und rincheshka, die an der Universität von neu bestimme. Goodman-Thau erinnerSofia lehrt, bekräftigte die Definition te dabei an die ursprüngliche Intention von Politik als „Prozess, in dem Menschen mit unterschiedlichen Interessen von Frauensynoden, die religiösen und feministisch interessierten Frauen aller zu gemeinsamen Entscheidungen finreligiösen und spirituellenTraditionen den“. Derzeit herrsche Verwirrung und ein unabhängiges Forum für die geChaos, umso mehr gelte es, „eine neue meinsame Weiterentwicklung gesellSprache dafür zu finden, was im Moschaftsverändernder Konzepte und ment passiert“. Anstatt jene InstitutioMulti-Kulti Romantik. Eine romantische Strategien bieten möchten und Wissen Vorstellung von Diversität käme bei Mi- nen zu stärken, „die einst im Interesse grantinnen in Europa ohnehin nicht auf, sozialen Zusammenhalts errichtet wur- und Fähigkeiten von unterschiedlichen ergänzte die in Österreich lebende Bra- den, nun jedoch ganz offensichtlich Ver- Frauen bündeln wollen. Wichtiger als die Resolution der änderungen erschweren“, sei es besser, silianerin Luzenir Caixeta. „Wir wissen, Frauensynode ist daher der in den Bevon der Realität des eigenen Alltags dass wir nichts geschenkt bekommen gegnungen erlebte Reichtum an Erfahausgehend Politik und Ökonomie neu und uns den Raum, den wir brauchen, rungen, Ideen und Strategien, mit dem selbst erobern müssen. Unser Interesse zu denken. die Frauen nach fünf dichten SynodenIn Abgrenzung zur kulturpessimigilt symmetrischen Beziehungen zwistischen Annahme einer zunehmenden tagen nach Hause gefahren sind. schen Migrantinnen und MehrheitsDass die 700 Synodenfrauen und österreicherinnen und der Auseinander- „Ego-Gesellschaft“ plädierte Marinchesviele hunderte Frauen, die sich darüber setzung mit Privilegien – guter Wille al- hka für die Stärkung eines „altruistischen Individualismus“, der es ermögli- hinaus der Frauensynodenbewegung lein genügt nicht.“ zugehörig fühlen auch weiterhin „mitBesondere Herausforderungen für che, gleichermaßen an sich selbst zu einander auf dem Weg“ bleiben werdenken und sich für andere einzusetreligiöse Feministinnen liegen dabei den, wie es der Begriff Synode in seiner zen. gerade in der interreligiösen Zusamursprünglichen Bedeutung vermittelt, Die Schweizerin Ina Praetorius, die menarbeit. Zwar war die Frauensynode einen Workshop zur Weiterentwicklung ist nicht zu bezweifeln. Weitere Frauvon Feministinnen mit christlichem ensynoden sind auf regionaler Ebene des feministisch-ökonomischen KonBackground dominiert, doch sorgten zepts „Weiberwirtschaft“ abhielt, unter- (z.B. im Herbst dieses Jahres in der zumindest ein Referat und liturgische Schweiz) geplant, die nächste Europäistützte die Aussagen Marincheshkas. Impulse der Rabbinerin Eveline Goodman-Thau, sowie Workshops der musli- „Es geht darum, wirklich neue Konzepte sche Frauensynode soll 2008 stattfin❚ von Weltbeschreibung zu erfinden und den. misch-feministischen Theologinnen

http://www.synodalia.net

Zur Frauensynodenbewegung in Österreich: http://www.feministischetheologie.at

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Fo t o : M a g d a l e n a B l a s zc z u k

filmcatherine breillat

Rollenspiele Die französische Filmemacherin Catherine Breillat stellte im Frühjahr ihren neuen Film in Wien vor, der nun in die Kinos kommt. Zum Gespräch getroffen hat sie Sandra Altendorfer Wer die Arbeiten der Regisseurin Catherine Breillat kennt, für den ist es nicht verwunderlich, dass sich auch ihr neuester Film mit der scheinbar unerschöpflichen Thematik „Sex und Macht“ auseinandersetzt. Gleichzeitig ist „Sex Is Comedy“ aber auch ein selbstreflexiver Film übers Filmemachen. Wenngleich Catherine Breillat mit ihrer ersten Novelle „L’home facile“ in 34 an.schlägeseptember 2003

ihrer Heimat schon mit 17 Jahren für Schlagzeilen sorgte – aufgrund der gewagten Handlung und der expliziten Sprache wurde sie als für Minderjährige ungeeignet erachtet –, so wurde Breillat im deutschsprachigen Raum erst mit ihrem skandalumwitterten Film „Romance“ (2000) bekannt. Weil sie ungestellte Sexszenen ins (französische) Mainstream-Kino einführte, wurde der Film unter dem Vorwurf der Pornografie

auf die rote Liste gesetzt. Im Gegensatz zu Australien durfte „Romance“ in Frankreich und Amerika letztlich doch zumindest in sogenannten Pornokinos vorgeführt werden. Schön und brutal. Seit der Publikation ihres ersten Buches verfolgte die 55-jährige Französin gleichzeitig drei verschiedene Karrieren: Sie arbeitet als Schriftstellerin, Regisseurin und Drehbuchau-


catherine breillatfilm torin. Breillat veröffentlichte bisher sieben Bücher und acht Filme. Als Basis für ihre Geschichten verwendet sie ihr eigenes Leben und die nähere Umgebung. Immer erzählt sie von der Liebe und deren Kehrseite, der Grausamkeit und der Macht des Begehrens. Dabei bricht sie mit der Erwartungshaltung und den Sehgewohnheiten des Publikums: Um die ZuschauerInnen im Kino aus der Lethargie des passiven Rezipierens herauszuholen, wählt sie stets eine sehr explizite Darstellungsweise, selbst auf die Gefahr hin, als pornografisch bezeichnet zu werden. Mit ihrer unprätenziösen, direkten Art der Inszenierung, ihre ProtagonistInnen auf sehr physische Weise filmend, will sie beide Seiten der Sexualität offenlegen: deren Schönheit und deren Brutalität. Sie konfrontiert damit sowohl die ZuseherInnen vor der Leinwand als auch die eigenen DarstellerInnen vor der Kamera.

stätigt: „Ja, es stimmt schon, dass ich so bin, aber ich hatte überhaupt kein Interesse daran, autobiografische Dinge in dem Film zu verarbeiten. Ich habe die Schauspielerin auch gebeten, mich nicht zu kopieren. Aber es ist zu einer Verschmelzung der Charaktere gekommen. Da wir den Film gemeinsam gemacht haben, hat sie angefangen, mir ähnlich zu schauen. Selbst mein Sohn hat die Schauspielerin für mich gehalten, als er die ersten Fotos zum Film gesehen hat. Im wirklichen Leben sehen wir uns aber überhaupt nicht ähnlich. Diese Ähnlichkeit ist während des Drehs entstanden – auch dadurch, dass sich eine Regisseurin in ihre SchauspielerInnen hineinversetzt und sie für sich vereinnahmt.“

Geschlechtertausch. Die Enthüllung wenig vorhersehbarer technischer und emotionaler Probleme am Filmset, die häufig hinter einem ausgeklügelten szenischen Konzept stecken, die Beziehung zwischen Regisseurin und DarstellerInMarionettenspielerin. In „Sex Is Comedy“ nen, ist ein Thema in „Sex Is Comedy“. (2002) richtet die Regisseurin die KaCatherine Breillat will dies auch als Krimera auf sich selbst. Sie arbeitet die tik an den üblichen making-of-DokuErfahrungen auf, die sie mit den Darmentationen verstanden wissen, die stellerInnen bei den Dreharbeiten zu nur vorgeben, das Geschehen am Drehihren Filmen machte. Vor allem das Geschehen am Set während ihres letz- ort zu zeigen. Das zweite Thema des Filmes ist ten Filmes dient ihr als Grundlage. In die Positionierung von Frau und Mann „Fat Girl“ stand die Entjungferung einer 15-Jährigen, dargestellt von Roxane im gesellschaftlichen und filmischen Mesquida, im Mittelpunkt. Um die the- Diskurs, der Kampf der Geschlechter. In Breillats neuem Film kommt es zu einer matische Verknüpfung zu unterstreidoppelten Umkehrung der Geschlechchen, engagierte Breillat auch für terrollen: Auf der einen Seite steht die ihren neuesten Film die selbe HauptHauptdarstellerin Jeanne, die Regisseudarstellerin. Im Zentrum der Handlung von „Sex rin, die eine sehr dominante Frau ist. Sie Is Comedy“ steht eine Bettszene, die die tritt aus der konventionellen weiblichen Regisseurin Jeanne alias Anne Parillaud Position heraus. Das Bild, das Breillat von ihr zeichnet, entspricht nicht den so authentisch wie möglich abdrehen dualistischen patriarchalischen Rollenmöchte. Das Problem dabei ist, dass klischees, die sich in männlicher Aktivisich die beiden SchauspielerInnen (Roxane Mesquida, Gregoire Colin) hassen, tät und weiblicher Passivität ausdrücken. Jeanne delegiert „ihre“ Männer, das Filmprojekt wegen der allzu offensichtlichen Aversion zu scheitern droht. bestimmt das Geschehen und führt Die Regisseurin aber ist eine sehr starke (auch über den Kamerablick) die ZuschauerInnen durch die Handlung. Die und bestimmende Persönlichkeit. Wie Männer am Set haben das zu befolgen, eine Marionettenspielerin zieht sie gewas sie sagt und wünscht. Ihr Hauptschickt die Fäden, betört abwechselnd ihre beiden ProtagonistInnen und bleibt darsteller wird im Gegensatz dazu als übersensibler, leicht hysterischer und so Frau der Lage. Ähnlichkeiten mit der realen Regis- eitler Pfau gezeichnet. Eine nochmalige Umkehrung der seurin Catherine Breillat sind nicht ganz Geschlechterrollen findet sich im „Film zufällig, wie sie selbst im Interview be-

im Film“: Der männliche Darsteller übernimmt den aktiven Part, bestimmt das Geschehen, die Frau lässt sich – nach anfänglichem Zögern und Sinnen über ihr Image – verführen. Da der Film aber als fiktives Medium, als Produkt der Fantasie entlarvt wird, ist die Zurückweisung von Mann und Frau in ihre „traditionellen“ Rollen gleichfalls virtuell. Keine Politik. Catherine Breillat trifft in ihren Arbeiten keine fixen Zuweisungen geschlechtsspezifischer Attribute oder Rollen. Sie spielt mit ihnen. „Beide Situationen können in der Realität vorkommen. Und man kann auch zwischen beiden Rollen wechseln.“ Ihr unkonventioneller Umgang mit Sexualität ist oft Gegenstand von Kritik. Häufig werden ihre Filme als pornografisch postuliert. Auch und insbesondere von Frauen. Die Regisseurin aber distanziert sich von feministischen Ansprüchen an ihre Arbeit: „Porno heißt Frau. Ich habe ein Buch geschrieben mit dem Titel Pornogratie – ein Wortspiel mit dem griechischen Demokratie: Demokratie sozusagen als Machtspiel der Männer unter Ausschluss der Frauen, mit Ausnahme der Kurtisanen, die keine Prostituierten waren. Dadurch war die Macht der Frauen immer durch die Verführung gegeben. Im Leben bin ich Feministin, wenn ich am Dreh bin, bin ich Cineastin. Wollte ich Feministin in meinem Beruf sein, würde ich in die Politik gehen. Aber es kann von mir niemand verlangen, dass ich politisch korrekt bin, während ich drehe. Ich finde, es sollte ein Recht der Frauen sein, dass sie nicht feministisch sein müssen, wenn sie Filme machen. Kino ist Kino. Wenn ich Kino mache, dann nicht, um politische Ideen zu propagieren, sondern um Kunst zu machen.“ Dass es an der Zeit ist – sowohl für Frauen als auch Männer – sich vom Joch der falschen MoralistInnen, der Unterdrückung von Gefühl und Sexualität zu befreien, transportiert Catherine Breillat auch in ihrem neuesten Film. „Emotionen sind weder schmutzig noch obszön“, stellt Jeanne fest. In dieser Aussage verschmelzen die fiktive und die reale Regisseurin zur gefühlvollen und menschlichen Einheit. ❚

„Sex Is Comedy“ kommt demnächst in die österreichischen Kinos, Informationen unter http://www.filmladen.at

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Fo t o : H e l e n e Tra u n e r

interviewanneliese weidinger

„Es war ein absolutes Männerlokal“ Anneliese Weidinger ist seit 1986 die Kaffeesiederin des „Weidinger“ am Lerchenfeldergürtel Nummer eins. Von Kerstin Kellermann

Cafe Weidinger, 16., Lerchenfeldergürtel 1, U6 Burggasse/Stadthalle, Kühler Gastgarten!

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an.schläge:Was versteht man eigentlich unter Wiener Kaffeehauskultur? Anneliese Weidinger: Absolute Zufriedenheit, Kommunikation und freier Wille, Lärm und Stille – das sind meine Assoziationen zum Wiener Kaffeehaus. Der Wiener oder die Wienerin sucht die Kultur im Kaffeehaus, um sich ohne finanzielle Überforderung zu präsentieren. Das Kaffeehaus kann man sich leisten. Es hat sogar für große KünstlerInnen eine Publikumswirkung. Im Kaffeehaus entsteht Literatur durch das Ambiente – es ist aber nicht so einfach für einen Literaten oder eine Literatin in einem pulsierenden und lebendigen Kaffeehausbetrieb, das quasi neben

ihm arbeitet, Vorträge zu halten. Wir hatten im Garten schon Lesungen mit über siebzig Leuten. Mit großem Erfolg. Aber ein sensibler Mensch kann da Probleme bekommen. LiteratInnen werden hier inspiriert. Auch jetzt noch. Das Kaffeehaus an und für sich ist schon Kultur – darunter verstehe ich, dass die Menschen einen Platz finden, um sich auszuruhen, zu plaudern, dass der Ober im Anzug ein Glas serviert, dass man nicht selbst zum Schank gehen muss oder brutal den Kaffee in einem Plastikbecher kriegt. Musik, Literatur, Malerei ist Kultur, aber im Kaffeehaus ist das der Ober im Smoking, das Service, die Ruhe, der Lärm und die Stille. Ein Kaffeehaus ist ein Konglomerat aller möglichen

Menschen aller politischen Überzeugungen oder Religionen. Da kann man keine politischen Sanktionen setzen, nicht zwischen ÖVPlern oder SPÖlern sortieren – auch in einem Theater kann man nicht bestimmen, wer in welches Theater gehört. Ernst Fuchs hatte seine erste Ausstellung im Weidinger, er war Stammgast bei uns und hier zeigte er seinem Vater seine Bilder. Vor dem Krieg gab es im Weidinger freitags und samstags Konzertcafe mit einer Kapelle, Turn-, Spar- und Musikvereine trafen sich hier. Der Austria Red Star Platz war in der Nähe, berühmte Trainer saßen bei uns. Welche Form der Kaffeehauskultur vertreten Sie?


anneliese weidingerinterview Wir wollen immer ein „letztes“ Wiener Kaffeehaus bleiben, das die Tradition praktiziert. Denn die finanziellen Schwierigkeiten sind so groß, dass man ohne Menü schwer über die Runden kommt. Mit dem Schnitzel und dem Gurkensalat ist es aber dann kein richtiges Kaffeehaus mehr. Das echte Kaffeehaus ist eigentlich schon gestorben, das kann sich finanziell nicht tragen. Kaffee wurde ursprünglich nur in Kaffeehäusern ausgeschenkt. Die Sperrstunde ging weit über die eines Wirtshauses hinaus, nämlich bis vier Uhr früh, beim Wirten nur bis zwölf Uhr. Früher ging man in das Wirtshaus speisen und anschließend in das Kaffeehaus. Heutzutage kriegst du schon beim Friseur einen Kaffee. Das Café Weidinger gibt es schon seit 150 Jahren, seit dem das Haus steht. Mein Mann war das erste Mal mit vier Jahren da, jetzt ist er achtzig. Die alten Pläne weisen noch das Eisloch im Keller auf, von dort wurde Eis zum Kühlen ausgeliefert. Um 1800 lebten im Dorf Neulerchenfeld circa 5.300 Menschen und von 156 Häusern hatten 103 eine Schankberechtigung. Daher auch die ironische Bezeichnung „des Heiligen Römischen Reiches größtes Wirtshaus“. Wie hat es Sie in das Weidinger verschlagen? Ich bin seit 37 Jahren hier – glücklich und zufrieden verheiratet. Ich bin aber laut meines Diploms Industriedesignerin. Ich entwarf sakrale Geräte und Schmuck, aber auch einige Metallstücke, die in die Industrieproduktion gingen. Das Studium begann ich eigentlich aus Trotz gegen meinen Vormund. Auf der Kunstakademie gab es damals viele Frauen, Professorinnen aber nur auf der Mode. Nach dem Studium arbeitete ich in Dänemark für eine Firma, doch dann kam mein Mann dazwischen. Er stand so im öffentlichen Leben und schleppte mich hocherfreut immer mit. Ich nahm dann noch an Wettbewerben teil, aber das wurde schwierig, denn ich war gewöhnt gut zu sein und das ging dann nicht mehr. Mit dem Feuer schmieden ging nicht mehr – die Kinder fingen an zu zündeln (lacht). Wie war die Umstellung vom Industriedesign zum Kaffeehaus? Schrecklich (lacht), doch die Liebe versetzt Berge. Anfangs habe ich noch

nicht hier gearbeitet, ich traute mich nicht einmal, hier zu frühstücken. Es war so ein absolutes Männerlokal. In einem Kaffeehaus in der Innenstadt gab es 1967 vielleicht Frauen, aber hier draußen war nur ein Prozent weibliche Besatzung. Das hat sich Gott sei Dank geändert. Unsere Kellner sind traditionell Männer, hinter der Schank steht eine Frau. Wegen der Lage am Gürtel achten wir auf das. Vor einem Mann hat man doch mehr Respekt, zu einer Frau sagt man schnell etwas. Das ist zu gefährlich bei unserer Lage. Wir stellen auch keine Spielautomaten auf, obwohl das mehr Geld bringen würde, aber das ist nicht moralisch. Man kann Billard spielen oder kegeln, an einem Schachturnier teilnehmen oder Karten spielen. Ich habe mich absolut in der Rolle der Wirtin gefunden. Mein Standpunkt ist, dass die Arbeit einen wichtigen Teil des Lebens ausmacht, mit dem man sich identifizieren können muss. Wir sind auch eine Gemeinschaft, die sich respektiert. Arbeit sollte immer lebenswert und nicht nur Mittel zum Zweck sein. Das Weidinger fällt auf, weil die Preise recht menschenfreundlich sind und es den besten Glühwein der Stadt gibt… Wir sind und bleiben ein Vorstadtcafé. Es gibt niemanden, der nur einmal kommt, die Leute kommen oft – die können nicht 45 Schilling für eine Melange zahlen. Der Kaffee ist im Ankauf sehr teuer, aber wir sind stolz darauf, einen guten Kaffee zu haben. Der Lieferant ist der gleiche geblieben. Mehlspeisen, Suppen – wir machen alles selber, schneiden und putzen. Im Glühwein gibt es keinen Tropfen Wasser. Die Schokolade ist reine Schokolade. Was für Wünsche haben Sie für Ihr Kaffeehaus? Das Rathaus, der summer stage oder das Alte AKH ziehen das Publikum ab. Mehr Leute wie Leute gibt es eben nicht. Ich persönlich würde mir viele Bridgespielerinnen wünschen, um meine Freundin mehr zu sehen. Ich habe schon einige Turniere für sie veranstaltet. Ich würde mir auch wünschen, dass man nicht alte Häuser abreißt und dann eine Baulücke stehen lässt. Die Kellner hatten so auf die neue Zentralbibliothek am Urban Loritz Platz gehofft, die hat uns aber noch nichts gebracht. Parkplätze gibt es auch keine. ❚

lesben.nest

Ursula Raberger

Geh! Es ist vorbei! Dass manch eine Frau, hat sie etwas über den Durst getrunken, zu anzüglichen Äußerungen oder gar – Göttin bewahre – zu körperlicher Aggression neigt, ist leider eine traurige Tatsache, mit der sich Kim und ihre Freundinnen nie wirklich beschäftigten, da so etwas im schönen Kreise der Sisters nicht vorkam. Eine unnötige, jedoch nicht aus der Welt zu schaffende Liaison von N. mit … nennen wir sie Miss Unwichtig … brachte das Fass des schwesterlichen Zusammenhalts zum Überlaufen. Beschwichtigungsversuche seitens Kim, Cori und Co brachten wenig. N. schien dieser Frau verfallen. „So geht das nicht weiter,“ war der O-Ton, den die unglücklich Hintergangene, durch Streitereien geschwächte, aber doch verliebte N. sich tagtäglich anhören musste. „Es is’ endgültig, glaubt mir. Ich bin von ihr los…“ Hundert mal gehört – niemals ernst genommen. Damit musste N. leben. Bis zu dem Tag, an dem die Villa und das Orlando zum gemeinsamen Straßenfest ausriefen und die Massen in Strömen herbei eilten. „Des isch genau desch, wos sie jetzt braucht. A chlev’re Oblenchkung“, posaunte Klein-Cori mit stolzgeschwellter Brust hervor, sich nicht bewusst, dass alles anders kommen würde. Zuerst war auch alles angenehm entspannt, soweit man das Gedränge als unangenehme Nebenerscheinung einer netten Veranstaltung betrachtete. Ulrike Lunacek verzauberte mit ihren Kochkünsten, im Hintergrund lief chillige (Kochsendungs-)Musik, alle unterhielten sich famos, bis – ja – bis SIE auf der Bildfläche erschien und sich ihren Weg durch die Menge direkt auf N. zu bahnte. Kim verschüttete ihren Radler auf Coris Hose, Cori schrie schrill auf und da war es auch schon passiert: die beiden unterhielten sich. „Das nimmt kein gutes Ende“, hörte man da etwa Kim sagen. Der zu erwartende Streit fand – von vielen beobachtet – mitten in einer Lokalität statt und endete – zum Erschrecken aller – mit einer Ohrfeige, die N. endlich veranlasste, Abstand von Menschen zu nehmen, die in ihrer eigentlich Absicht nicht nur seelischen, als dann auch körperlichen Schmerz bereiten. DU hast etwas Besseres verdient, meine Liebe.

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an.klang

Die Traumfee kommt! Kinder, die nicht schlafen wollen, lassen Eltern bisweilen verzweifeln. Anregungen zum Nicht–aus–der–Haut–fahren liefert Regina Himmelbauer mit Wiegenliedern aus der ganzen Welt.

„Brazilian Lullaby“ „Mama’s Lullaby“ Montserrat Figueras: „Ninna Nanna“ Helma Sanders-Brahms: „1001 Nacht“

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Der Sommer neigt sich dem Ende zu, bald kommt der Rückzug in die kuschelige Höhle. Und dazu gibt’s natürlich passende Musik: Wie tut es doch der Seele gut, in den Schlaf gewogen zu werden… Hier an dieser Stelle die schönsten Wiegenlieder. Ellipsis arts/Q-rious Music (http://www.qrious.de) gibt schon seit Jahren eine hübsche, abwechslungsreiche Sammlung von Lullabys – nicht nur für Kinder! – heraus. Es sind dies nicht nur Volkslieder, sondern auch Neukompositionen. Und was es da alles gibt! Auf der CD „Brazilian Lullaby“ (CD 4250) gibt’s z.B. ein witziges Zählen von Schneewittchens sieben Zwergen. Oder man lässt sich zu feinen Rumba-Rhythmen schmunzelnd in den Schlaf wiegen. Glücklich, wer sich nur den müden Vater, der damit sein Kind zum Schlafen kriegen will, vorstellen und nicht wirklich anschauen muss… Aber es gibt natürlich auch zärtliche mütterliche Lieder, poetische indianische Gesänge… Ganz anders die „Celtic Lullaby“ (elli 4212): Da darf kein Instrument fehlen, das zur irischen Folklore gehört (Harfe, Tinwhistle,…). Dennoch ist auch hier niemals die Gefahr, in Kitsch abzugleiten. Die ruhigen Klänge haben sogar meinen lebhaften Sohn dazu gebracht, sich auf den Boden zu legen und ruhig zuzuhören! Ebenfalls em-

pfehlenswert ist „Mama’s Lullaby“ (elli 291 2; es gibt auch „Papa’s Lullaby“): Es sind Wiegenlieder aus aller Welt, gesungen von Frauen. Auch hier gibt es viele farbige Instrumentierungen zu hören. So klingt das italienische Volkslied zu spieluhrartigen Keyboardklängen, die sich dann zu sphärischen Klangflächen ausbreiten – musikalisch eigentlich viel zu aufregend, als dass frau einschlafen könnte! Bei allen CDs ist der Text sowohl in Originalsprache als auch Übersetzung abgedruckt, zu jedem Lied gibt es auch eine kurze Einleitung. Und last but not least: die hübschen, farbenfrohen Cover… Jetzt braucht’s nur noch ein gemütliches Plätzchen zum Niederlegen… Ganz anders, mit weniger verspielter Leichtigkeit, dafür einem zarten Hauch von leiser Wehmut, interpretiert Montserrat Figueras, die Grande Dame der Alten Musik, Wiegenlieder aus 500 Jahren. Auf der CD „Ninna Nanna“ (AliaVox AV9826/Extraplatte) singt sie mit warmer Stimme voller Schlichtheit zärtliche Lieder aus ganz Europa: Traditionelle sephardische Gesänge finden sich genauso wie englische Lautenlieder, Schlaflieder russischer KomponistInnen oder zwei berührende Neukompositionen von Arvo Pärt, u.a. ein Wiegenlied Mariens; Wunderbar auch die verschlungenen vokalen Schleifer bei einem arabischen Gesang… Wie bei diesem

Label üblich, gibt es ein ausführliches Begleitheft, mit Übersetzung der Texte in acht Sprachen! Noch für die, die in den länger werdenden Nächten lieber Geschichten hören: Schah-Razade erzählt um ihr Leben – 1001 Nacht braucht sie dazu, bis sie sicher sein kann, dem Fallbeil zu entrinnen. Ein Märchen der Liebe, so vermeinen es Kinder zu hören. Aber dann die ersten sexuellen Erfahrungen – ein böses Erwachen. So zumindest empfand es die Filmemacherin Helma Sanders-Brahms. Der abgegriffenen Geschichte ihren erotischen Reiz wiederzugeben, ohne aber in klischeehafte Verklärungen zu verfallen, nahm sie sich für ihre erste Hörspielproduktion vor. Es sind keineswegs Kindergeschichten. Scheherazade ist hier die Heldin, die sich dem Frauen mordenden Schah anbietet, um dieser Barbarei ein Ende zu setzen.„…mit dem Todesmut, der zur Dichterin gehört, denn alle Dichtung ist Überleben, beginnt (sie) zu erzählen – und wandelt von Erzählung zu Erzählung den Barbaren in einen immer zivilisierteren Herrscher.“ In dieser Hörspielproduktion sind nur die ersten drei Nächte zu hören – aber was für Geschichten! Welche Stimmen! Welche Klänge! Zum süchtig Werden nach den hoffentlich noch folgenden 998 Nächten… (Helma Sanders-Brahms:Tausendundeine Nacht. 1. bis 3. Nacht, 3 CDs. SprecherInnen u.a.: Eva Mattes. Der hörverlag, ISBN 3-89584995-2) ❚


lese.zeichen

Blicke zurück Weil die Auswahl an historischen Romanen und Erzählungen so groß ist, stellen wir an dieser Stelle gleich drei davon vor.

Zähe Reisende

Abgründe

Und die werden sehr unkonventionell beglichen.

Mit Spitzenhäubchen, langem Rock erweckt(e) Ida Pfeiffer keineswegs den Eindruck einer Frau, die sich im 19. Jahrhundert fünfmal auf den Weg macht, die Welt zu erkunden, oft für viele Jahre. 1842, Ida Pfeiffer ist bereits 44 Jahre, bricht sie zu ihrer ersten Reise ins Heilige Land auf. Sie schickt ihre Tagebücher in unregelmäßigen Abständen nach Wien, für den Fall, dass ihr selbst etwas zustößt. Eine Angst, die keineswegs unbegründet ist. So beschließt die Reiselustige beispielsweise auf Sumatra „bis zu den freien, wilden Battakern, unter die Kannibalen zu gehen“. Weniger gefährlich sind ihre Besuche in den Harems. Deren Schilderungen gehören „zum Standardrepertoire und den Texten reisender Europäerinnen“, so die Herausgeberin der Pfeiffer’schen Lebensgeschichte, Gabriele Habinger. Das Buch über die zähe und disziplinierte Reisende, die 1858 in Wien an den Folgen einer schweren Malariaerkrankung starb, erschien erstmals 1997. Und ist nach wie vor eine ausgezeichnete Ergänzung zu den fünf Reiseberichten der zähen Biedermeierdame.

Als die in Moskau geborene Elsa Triolet 23 Jahre alt war, flüchtete sie vor der Russischen Revolution nach Westeuropa. Schon in ihrer Kindheit sprach die Tochter eines jüdischen Anwalts und einer Rigadeutschen mehrere Sprachen und kam mit unterschiedlichen Kulturen und Lebensstilen in Kontakt. Die beiden vorliegenden Novellen entstanden 1941 bzw. 1942 und thematisieren die Zeit der deutschen Besatzung im Frankreich des Zweiten Weltkrieges. Elsa Triolet versteht es geschickt, ungewöhnliche Erzählfäden und deren Verwirrungen mit ebenso unerwarteten Auflösungen zu versehen. Im Mittelpunkt stehen Frauen, deren Fassade aufreizend langsam im Laufe der Geschichte bröckelt, um dann umso tiefere Abgründe offenzulegen. „Die Frau im Nerz“ ist allein und ohne Geld in Paris, ihren Geliebten glaubt sie tot. Als ihr ein abstoßender Fremder den Mantel abkaufen will, entspinnt sich ein Konflikt von ungeahnter Tragik. Die Novelle „Die Betrogenen“ beginnt heiter wie ein Ausflug aufs Land. Charlotte verlässt ihre enge Wohnung in Paris, um ein befreundetes Paar zu besuchen. Die friedliche, fast verwunschene Stille auf dem Land kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass einige Rechnungen aus der Vergangenheit noch offen sind.

Christine Weiser

Petra Öllinger

Gabriele Habinger: Eine Wiener Biedermeierdame erobert die Welt Die Lebensgeschichte der Ida Pfeiffer (1797-1858). Promedia 1997 (3. Auflage), Euro 11,90 (Ö)

Elsa Triolet: Die Frau im Nerz/Die Betrogenen Zwei Romane. Wagenbach 2003, 15,00 Euro (Ö)

Kriminalistische Zeitreise Hamburg und London 1770 haben was zu bieten: einen toten Faktor in einer Druckerei, eine verschwundene Münzsammlung und ein mit einem Kopfkissen ersticktes Mädchen. Drei Fakten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Jedoch laufen die Handlungsstränge zusammen in der englischen Hauptstadt. Kräftig mitgemischt wird wieder von der Komödiantin Rosina. Diese macht sich in dem mittlerweile fünften Roman von Petra Oelker von ihrer Heimatstadt Hamburg auf zu einer englischen Episode. Zeitweise fühlt frau sich versetzt in die Klatschkolumnen diverser Zeitschriften. Wer hat mit wem und warum? Obwohl manches in die Handlung eingeflochtene Wissen aufgesetzt wirkt, hält die Spürnasen-Leserin die über vierhundert Seiten durch, denn schließlich will sie ja wissen: „Who’s dunit?“. Petra Öllinger

Petra Oelker: Die englische Episode Ein historischer Kriminalroman. Rowohlt TB 2003, Euro 9,20 (Ö)

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lese.zeichen Frigga Haug, international bekannte Sozialwissenschafterin, war im Juni auf Einladung des Frauenreferats der ÖH in Wien zu Gast und stellte ihr neues Buch vor. Darin geht sie der Frage nach, warum Menschen die ihnen angeborene Fähigkeit zu lernen verlernen! Anhand literarischer Beispiele von Bert Brecht und Virginia Woolf zeigt Haug, wieviel Fruchtbares über das Lernen bei diesen AutorInnen bereits zu finden ist: „Was wir bei Virginia Woolf lernen, ist Fragen zu stellen“, so die Autorin bei ihrer Lesung. Weitere Grundlage des Werkes sind Lerntagebücher von Studierenden und erinnerte Lerngeschichten, die in zwanzig Jahren in unterschiedlichsten Zusammenhängen entstanden sind. Lernerfahrungen aus dem Alltag von einer Vielzahl von Personen werden anhand ihrer Erinnerungsgeschichten analysiert. Die Frauen kommen dadurch selbst zu Wort, schreiben über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, die dann Frigga Haug analysiert und auswertet. Die Aufzeichnungen werden nach geschlechtstypischen Selbstwahrnehmungen untersucht, Selbstblockaden bzw. Selbstbewegungen entschlüsselt. Diese Methode der Erinnerungsarbeit hat Frigga Haug als wissenschaftliche Methode zur geschlechtsspezifischen Analysearbeit entwickelt und wird in vielen Projekten international angewendet. In „Lernverhältnisse“ geht Haug auf die Problematik des Assoziierens von Lernen mit Schule im Gegensatz zum lebenslangen Lernen ein. Auf die Fragen, wieso Lernen so oft widerständig ist, anderseits oft ungewollt gelernt wird, finden sich in diesem Buch neue Antworten. In Frigga Haugs Werk zeigen sich Perspektiven und Horizonte zum Lernen, die auf neue Zusammenhänge und Schlüsse verwei-

Birgit Wolf

Frigga Haug: Lernverhältnisse Selbstbewegungen und Selbstblockierungen. Argument 2003, eur 20,50 (Ö)

Ideologieschwanger Dienende Hascherln, entsexualisierte Heldinnen oder übersexualisierte Monsterfrauen – das sind im wesentlichen die Frauentypen, die in Science Fiction-Filmen präsentiert werden. Alexandra Rainer analysiert in ihrem Buch „Monsterfrauen“, wie sich Weiblichkeitsideale im Laufe der Zeit verändert haben und sie stellt diese Wandlungen in politisch-historische Kontexte, wie die 1960er Jahre, die zweite Frauenbewegung oder der Golfkrieg. Science Fiction transportiert Ideologie – wo sonst können Filmemacher unter dem Deckmantel der Utopie derart unverblümt ihre Phantasien ausleben? Mithilfe psychoanalytischer Ansätze untersucht Rainer sehr detailliert Filme wie Star Trek, Aliens, Species, Independence Day, Xena und andere. Kein Detail ist unschuldig und zufällig; erst genaues Hinsehen und -hören entlarvt die subtilen oder auch offenen Sexismen von Kirk, Picard, Data und Konsorten. Wenn Frauen in diesen Filmen stark sein dürfen, dann zahlen sie entweder den Preis der Entsexualisierung, oder sie legen sowieso von vornherein mütterliche Züge an den Tag, kümmern sich liebevoll um ihre Crew, bevor

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Frauenzimm

sie sich irgendwann verlieben, Kinder kriegen und damit ihre Macht abgeben. Frauen, die männliche Attitüden an den Tag legen, sind hingegen gefährliche, kastrierende übersexualisierte Monster. Diese Frauenfiguren werden von den Filmemachern lediglich dazu benutzt, um sie früher oder später entmachten zu können: der „Phallus“ wird ihnen wieder entrissen, sie werden letztendlich auf die Rolle verwiesen, die ihnen zukommt: die der schwachen Frau, die ihre Anmaßung, machtvoll sein zu wollen, mit dem Tod bezahlt. Auch wenn psychoanalytische Ansätze nicht jederfraus Sache sind – das Buch bietet spannende Denkanstöße, die auch für andere Filmgenres dienlich sein können. Nie wieder werde ich unschuldig im Kino sitzen… versprochen! Karin Eckert

Alexandra Rainer: Monsterfrauen Weiblichkeit im Hollywood-Scienecefictionfilm. Turia & Kant 2003, eur 22,- (Ö)

Die andere Simone Die Philosophie von Simone de Beauvoir fand im deutschsprachigen Raum bisher kaum Beachtung; diese Lücke möchte Susanne Moser mit ihrer detailierten Einführung schließen. Dabei orientiert sie sich vor allem an Originaltexten von de Beauvoir, unter anderem Tagebucheintragungen. Eine Hauptthese Susanne Mosers ist, dass Beauvoirs Werk als „Drehpunkt zwischen Moderne und Postmoderne“ angesehen werden kann. Und die Kritik von Differenzfeministinnen, die Philosophin werte das Frausein ab, kann Moser anhand vieler Beispiele entkräf-

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sen. Dies zeigt sich auch in ihrem Verständnis von Lernen: „Zu lernen, ein Mensch zu werden, sich also die menschlichen Wesenskräfte anzueignen, dies, so denke ich, untersuche ich, wenn ich Lernen studiere.“

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Erinnerungsgeschichten

1 0 7 0 W i e n , Z i e g l e r g a s s e 2 8 • Te l . 0 1 / 5 2 2 4 8 9 2 • Fa x 0 1 / 5 2 2 6 3 2 0 • f r a u e n z i m m e r @ a o n . a t • w w w. f r a u e n z i m m e r. a t

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lese.zeichen ten: Weiblichkeit wird sehr wohl positiv definiert. Das Konzept der Freiheit bildet die „Grundlage des gesamten philosophischen Werks von Simone de Beauvoir“, das Möglichkeiten zur Realisierung weiblicher Lebensentwürfe einfordert. Nicht vorenthalten werden auch Widersprüche, in die sich de Beauvoir in ihrem Hauptwerk „Das andere Geschlecht“ verstrickt. Gleichzeitig weist Susanne Moser darauf hin, dass das Werk als wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte über Transsexualität gelesen werden kann. So wie hier haben wir Simone de Beauvoir noch nie erfahren.

Bunte richtig erkannt hat: „Der Unterschied zwischen Utopie und Realität ist der politische Wille.“

neu.land

Gabi Horak

Britta Zangen (Hg): Feministische Utopien Eine Tagung. Brücken und Sulzer 2002, eur 9,80 (Ö)

Es geht auch anders…

Kürzungen ohne Ende, Abschlankung, Zurücknahme mühsam erworbener Rechte – diese massiven UmverteilunGabi Horak gen von unten nach oben werden rhetorisch so geschickt vermittelt, dass es Susanne Moser: Freiheit und Anerkennung oft schwierig ist, zwischen Wahrheit bei Simone de Beauvoir und politischem Un-Willen zu unterEdition Diskord 2002, eur 16,50 (Ö) scheiden. Mit dem Sammelband „Sozialstaat“ liegt nun ein Werkzeug vor, mit dem das Argumentieren leichter fällt. Warum wird der Sozialstaat so attackiert? Die „ökonomische NotJeder, was sie braucht wendigkeit“ wird als politische Phrase Im April 2002 veranstaltete die Femini- entlarvt, die real nur bedingt haltbar ist. Reformbedarf besteht durchaus, stische Partei DIE FRAUEN in Düsselstellen die AutorInnen fest, aber Andorf eine Tagung zu „Feministischen passungen an neue ArbeitsbedingunUtopien“. Die vielfältigen Beiträge gen und supranationale Strukturen wurden in diesem Band gesammelt. müssen in eine andere Richtung geDie Zukunftsutopien reichen von polihen. Statt den Sozialstaat durch einen tischen Netzwerken über die Rolle der karitativen Fürsorgestaat zu ersetzen, Frauen in einer technisierten Gesellschaft, neue Wohn-Welten und Weibli- wie er in Großbritannien bereits für viele schmerzhaft spürbar ist und wie che Gegen-Kulturen bis zu gesamtgesellschaftlichen Utopien, in denen das er auch uns ins Haus steht, gehen die Überlegungen der AutorInnen eher in „Private“ und weibliche Lebensläufe zum Standard erhoben werden. Dabei Richtung bedarfsorientierter Grundsicherung. Diese würde vor allem jenen wird durchwegs auf den Blick in die zugute kommen, die im bisherigen Vergangenheit aufgebaut: Was hat es Sozialstaatssystem zu wenig berück(ansatzweise) schon gegeben? Wo sichtigt wurden: Frauen, Immigrankann frau ansetzen? „Frauen haben schon immer Theorien entwickelt, wie tInnen und Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. Das Buch gliedert die Welt anders aussehen könnte“, sich in vier Abschnitte, in denen eustellt etwa Beate Gonitzki fest. Forderungen wie die Abschaffung des Über- ropäische Trends, österreichische Entwicklungen (vor allem seit Schwarzhangs an Männern in Parlamenten Blau), das Sozialstaatsvolksbegehren oder „Jede bekommt so viel, wie sie und Reformperspektiven diskutiert braucht“ (Christine Baur) klingen werden. Das rechte Buch in rechten reichlich gewagt – aber eine Utopie Zeiten! darf das! Alles in allem liefert der Band eini- Karin Eckert ge interessante Denkansätze, die nicht alle neu sind, aber in dieser kompriSieglinde Rosenberger, Emmerich Tálos (Hg.): Sozialstaat mierten Form zumindest spannend Probleme, Herausforderungen, Perspektiven. nachzulesen sind. Und, wie Monika Mandelbaum 2003, 14,- eur (Ö)

J a s m i n a J a n k o v i c’

Rettender Traum War schon fast auf dem Weg. Wollte nicht mehr in diesem Land leben. Dreizehn Jahre. Genug. In dieser Zeit zerfielen ganze Länder, entstanden neue Staaten, woanders wurden Regierungen wie schmutzige Socken gewechselt, Menschen streikten, rebellierten… Und hier? Mit schwarzer Haut stirbst du nach wie vor; in den Schulen singen die Kinder fröhlich „Negeraufstand ist auf Kuba“, im Gasthaus kannst du dir „Negerschweiß“ zum Trinken bestellen… Und was tut sich sonst? Die uns Regierenden versprechen uns das Blaue vom Himmel, mit Abfangjägern übersät, eine wunderschöne Zukunft, von reformierten Steuern gesteuert, einen gemütlichen Ruhestand, für den man und frau selber vorsorgen soll… Die Koffer hatte ich schon gepackt. Plötzlich war ich müde und schlief ein. Dann kam Daniil Charms in meinen Traum und erzählte mir folgende Geschichte: „Aus dem Hemdkragen eines Dummkopfs ragte ein Hals, und auf dem Hals saß ein Kopf. Der Kopf war einmal kurzgeschoren gewesen. Jetzt wuchsen die Haare darauf als Bürste. Der Dummkopf sprach über etwas und sprach sehr lange. Niemand hörte ihm zu. Alle dachten: ,Wann hört er endlich auf und geht?’ Aber der Dummkopf sprach, ohne etwas zu bemerken, sprach weiter und lachte noch laut. Schließlich hielt es Elbov nicht länger aus, er trat auf den Dummkopf zu und sagte kurz und scharf: ,Verschwinde, aber sofort!’ Der Dummkopf schaute in die Runde, ohne zu begreifen, was los war. Elbov haute dem Dummkopf eine aufs Ohr. Der Dummkopf flog aus dem Sessel und landete auf dem Fußboden. Elbov gab ihm einen Tritt, und der Dummkopf flog zur Tür hinaus und segelte die Treppe hinunter. Im Leben geht es genauso: ein Dummkopf, wie er im Buche steht, und will auch noch reden. Denen muss man in die Fresse hauen. Jawohl, in die Fresse! Wohin ich auch blicke, überall diese idiotische Häftlingsvisage. Am besten mit dem Stiefel rein in diese Fresse.“ (Zitiert nach: Daniil Charms, Alle Fälle. Herausgegeben und übersetzt von Peter Urban. Haffmans Verlag, Zürich 1995, S. 165)

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ge.sehen

Schlachtfelder Mit dem Zwei-Personen-Stück „Bedbound“ im dietheater Künstlerhaus gelingt das Hinübergleiten in trübere Herbsttage ganz bestimmt. Gabi Horak war bei den Proben.

„Bedbound“ im dietheater Künstlerhaus, Karlsplatz 5, 1010 Wien 31.8.-13.9.2003, 20.00

42 an.schlägeseptember 2003

Wie ein Schiffsrumpf über den ein riesiges Segel gespannt ist, erstreckt sich die Bühne unter dem Publikum in der Galerie, eingeleitet durch Unterwassergeräusche. Doch nicht die Weite der Meere wird hier thematisiert, sondern die Eingeengtheit eines einzigen Raumes in dem ein überdimensionales Bett zwei Menschen und ihre Phantasien zu erdrücken scheint. Mit der österreichischen Erstaufführung „Bedbound“ von Enda Walsh wird das dietheater Künstlerhaus im September vom Wiener Theater Turbine bespielt, unter der Regie von Nicolas Dabelstein. Das Prinzip Guckkasten-Bühne wird auf den Kopf gestellt – oder vielmehr unter die Füße. Der Blick gleitet in einen sich nach unten hin enger werdenden Raum ab, während die DarstellerInnen immer wieder verzweifelt nach oben blicken. Zwei Menschen, eine Tochter und ihr Vater, ringen 90 Minuten lang um die Erfüllung ihrer Lebensträume und scheitern dabei schon an den vier Wänden, die ihren Raum begrenzen. Die perfekte Welt aus dem Groschenroman erweist sich als schlechte Vorlage für die Realität, trotzdem klammert sich

die Tochter daran, denn in den Geschichten über Schönheit und Liebe – „Als sie sich küssten, war alles vergessen, was vorher war … Glück“ – lebt die Stimme ihrer toten Mutter weiter. Die Wände scheinen immer näher zu kommen, so bleibt ihr nur das Träumen, das „Bett der Zeit“. „Ich schweige und arbeite“, donnert der Vater in den Raum. Er träumt den Traum großer Männer: von Macht und Ansehen, dem Besitz einer Möbelhauskette. Eingemauert in seiner Vergangenheit, muss die Tochter seine Illusion mitleben, beteiligt sich an seinem Traum, indem sie in alle Rollen schlüpft, die er nicht spielen will. Nur so kann sie den leeren Raum über ihrem Bett füllen und akzeptierter Teil seines gespielten Lebens werden. „Warum sprechen wir nie miteinander?“ fragt die Tochter. „Ich hab´s versucht“, antwortet der Vater. Denn nur wenn sie ihre Rollen spielen, treten sie in Dialog. Der Rest sind Monologe, ein Schreien und Schimpfen, das die Luft erschüttert. Das Stück lebt über weite Strecken von der beeindruckenden Körperlichkeit der DarstellerInnen, Heidelinde Pfaffenbichler und Erwin Leder.Während die

Tochter von der Hüfte ab gelähmt das Bett bespielt, trommelt der Vater immer wieder an den Schiffsrumpf – die Wände, die er selbst aufgezogen hat. Für die Körperarbeit verantwortlich ist Johanna Kienzl, Tänzerin beim Annemarie Papp Tanztheater Wien und „youngster of art“Preisträgerin der Stadt St. Pölten. Das Verwirbeln von Schauspiel, Figurentheater, Tanz und Musik ist erklärtes Ziel des 2002 gegründeten Theaters Turbine, das sich bei der Auswahl seiner Projekte auf den Konflikt zwischen Indiviuum und Gesellschaft konzentriert.„Bedbound“ war auf jeden Fall ein Glücksgriff. Das Glück, das Vater und Tochter suchen, ist außer in ihren Phantasien zu keiner Zeit greifbar. Das hölzerne Gefängnis, das der Vater seiner Tochter auferzwungen hat, hat er für sich freiwillig gewählt. Wenn sie schließlich gemeinsam im Groschenroman lesen, verlassen sie das Bett nicht, aber es gelingt ihnen zumindest, einen Moment lang nebeneinander zu liegen und das Fehlen von Worten, die sonst die unerträgliche Stille stopfen, als Erholung zu begreifen. Was das Publikum mit nachhause nimmt, ist das Bild vom Bett als Schlachtfeld. ❚


an.künden musik.tanz 13.9., 20.00, Wien Theater am Spittelberg Sommerbühne: WienerSalsa. die Antwort Lateinamerikas auf den Wiener Walzer Theater am Spittelberg, 7., Spittelbergg. 10, Karten T. 526 13 85, Infos unter http://www.theateramspittelberg.at

17.-19.9., 20.30, Wien Barbara Kraus: Well/come to the club of pleasure – eine ShapeShifterStory Tanzquartier Wien/Halle G, 1., Museumsplatz 1, T. 581 35 91, http://www.tqw.at

19.9., 20.00, Wien „World Wide Dance“. Traditionelle Tänze aus Kuba, Indien, Bolivien. Szene Wien, 11., Hauffgasse 26, Karten T. 749 33 41, http://www.hallamasch.com

28.9., 19.00, Wien Ulla Meinecke Szene Wien, 11., Hauffgasse 26, Karten T. 749 33 41

film bis 28.9., Wien Kinowelt Asien Augarten und Metro Kino, T. 0664/575 09 65, http://www.filmarchiv.at

ab 8.8., Österreich Bollywood Hollywood. CDN 2002, R: Deepa Mehta in den österr. Kinos

ab 5.9., Österreich Die Journalistin. USA 2003, mit Cate Blachett in den österr. Kinos

ab 5.9., Österreich Twinni. A 2003, R: Ulrike Schweiger in den österr. Kinos

t h e a te r . ka b a r e t t bis 13.9., 20.00, Wien Bedbound. von Enda Walsh dietheater Künstlerhaus, 1., Karlsplatz 5, Karten T. 587 05 04

8.-20.9., 20.00, Wien The Guys. Von Anne Nelson

fremd und vertraut Die Galerie am Gut Gasteil in Niederösterreich präsentiert im Rahmen des Jahresthemas „fremd und vertraut“ zwei Wiener Künstlerinnen. Leena Naumanen spürt in Wandbildern und Skulpturen ihrer Heimat Finnland nach, wobei sie sehr alte Holzteile mit neuen Partikeln zu interessanten Kompositionen verwebt. Saskja Seidl zeigt gemalte Tagebuchaufzeichnungen, die mithilfe unterschiedlicher Materialien mit Form und Farbe spielen. bis 12.10.2003, Galerie Gut Gasteil, 2640 Prigglitz, Sa, So und Feiertag 10.-18.00, http://www.gutgasteil.at

Theater Drachengasse, 1., Fleischmarkt 22, T. 512 13 54

10., 11.9., 20.00, Wien Frauenspektakel mit Christa Urbanek und 14 weiteren Künstlerinnen Spektakel, 5., Hamburger Straße 14, T. 587 06 53

10.-13.9., 20.00, Wien TAPE. ein Stück EntFremdung dietheater Konzerthaus, 1., Karlsplatz 5, Karten T. 587 05 04

15., 16.9., 10.00, Wien Christa Urbanek: Remasuri. R: Claus Tieber Spektakel, 5., Hamburger Str. 14, T. 587 06 53

16.9., 18-21.00, Salzburg-Aigen Des derf doch wohl nicht wahr sein. Frauenkabarett zum Einüben Bildungszentrum St. Virgil, 5026, Ernst-Grein-Straße 14, T. 0662/65 901 513, http://www.virgil.at

16.-27.9., 20.00, Wien Das Begehren als Wille zur Falle. Rauschen 1-14, geschärft. Eine MIki Malör Produktion

30.-2.10., 20.00, Wien rausch n / lAUT / lauschen dietheater Konzerthaus, 1., Karlsplatz 5, Karten T. 587 05 04

s e m i n a r . w o rk s h o p 6.9., 15-18.00., Salzburg-Aigen Betrifft: Alleinerziehende. Was uns gut tut Bildungszentrum St. Virgil, 5026, ErnstGrein-Straße 14, T. 0662/65 901 513, http://www.virgil.at, Anm. bis Mi vor Veranstaltung. Kostenlose Kinderbetreuung

12.-14.9., Wien Frauengeschichte(n) und Litera-T(o)uren. Schreibworkshop mit Irmgard Neubauer und Anni Bürkl Ort: Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, Anm. bis 5.9.: T. 0699/12 65 44 21, e-mail: writingwomen@yahoo.de, eur 99,-

20.9., 18.00, Wien Christa Urbanek: Remasuri. R: Claus Tieber

ab 25.9., 19.30, Wien Frauen im Gespräch. Gespräche und praktische Übungen sollen helfen, den Wunschvorstellungen vom eigenen Leben etwas näher zu kommen. Mit Dorit Zapletal

Städtische Bücherei, 6., Gumpendorfer Straße 59-61, T. 587 28 30, Eintritt frei!

Volkshochschule Landstraße, 3., Hainburger Straße 29, T. 715 08 00, eur 60,-

dietheater Konzerthaus, 1., Karlsplatz 5, Karten T. 587 05 04

a u s s te l l u n g Dauerausstellung, Wien chic – Damenmode des 20. Jahrhunderts Hermesvilla, 13., Lainzer Tiergarten, Di-So 10-18.00, T. 505 87 47-0

Dauerausstellung, Wien Eugenie Schwarzwald und ihr Kreis VHS Hietzing, 13., Hofwiesengasse 48, Mo-Fr 8.30-19.30

bis 13.9., 20.00, Wien Bettina Franzel: continents in mind Theater am Spittelberg, 7., Spittelbergg. 10, Karten T. 526 13 85, Infos unter http://www.theateramspittelberg.at

bis 27.9., Wien 30 Jahre GAV – Grazer Autorinnen Autoren Versammlung Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, 7., Seidengasse 13, T. 526 20 44-41, http://www.literaturhaus.at, Eintritt frei!

bis 28.9., Wien Hutsalon Susi & Milchfrau Roas. Wiener Verkaufskultur fotografiert von Petra Rainer Historisches Musium, Atrium, 4., Karlsplatz, T. 505 87 47-0, http://www.museum. vienna.at, Di-So 9-18.00

bis 10.10., Wien Ingrid Proeller: Outer Limits. Malerei

ab 20.9., Graz Christine Prantauer

2. Nordbahnstraße 52-54/13

Neue Galerie, 8010, Sackstr. 16, Infos und Karten: T. 0316/81 60 70, e-mail: info@steirischerbst.at

bis 12.10., Prigglitz „fremd und vertraut“: Leena Naumanen (Texturen) und Saskja Seidl (Malerei) Galerie Gut Gasteil, 2640 Prigglitz, T. 02662/45 633, http://www.gutgasteil.at, Sa, So und Feiertag 10-18.00

bis 31.12., Graz „PLAKATIV!“. Eine virtuelle Ausstellung www.doku.at/plakativ Stadteilcafé Palaver, 8020, Griesgasse 8, Info: office@doku.at

5.9.-1.10., Wien Dietlinde Petz: Stadt-, Landschaftsund Blumenimpressionen. Aquarelle Schloss Pötzleinsdorf, 18., Geymüllergasse 1, T.+Fax 470 30 70, Vernissage am 4.9., 19.30

18.9.-25.10., Wien Brigitte Malche: Der fünfte Tag Galerie Atrium ed Arte, 7., Lerchenfelderstr. 31, T. 522 87 38

19.9., 19.00, Linz „untermalt“ – Bilder von Claudia Hofer mit Musik von Lisa S. Deen autonomes FRAUEN zentrum, 4020, Humboldstraße 43, T. 0732/60 22 00, http://www.frauenzentrum.at

23.5.-21.9., Wien Attack! Kunst und Krieg in den Zeiten der Medien Kunsthalle Wien, 7., Museumsplatz 1, T. 521 89/33

26.9.-15.11., Graz Balkan Konsulat proudly presents: Sarajevo rotor, 8020, Belgierg. 8, T.+Fax 0316/68 83 06, nfos und Karten: T. 0316/81 60 70, e-mail: info@steirischerbst.at

30.7.-27.10., Wien Tanja Lecomte Kunsthalle Wien, 7., Museumsplatz 1, T. 521 89/33

lesung 5.-14.9., 19.00, Wien Im Weißen Adlerweißland. Texte aus „Naturgemäß I“ von Marianne Fritz Kohlenhalle auf dem Gelände des ehemaligen Aspangbahnhofs, 3., Aspangstraße 4, T. 0699/11 68 56 16, http://www.fritzpunkt.at

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an.künden 19.9., 19.00, Wien „Monsterfrauen“ – Buchpräsentation von und mit Alexandra Rainer Großes Refektorium der Michaelerkirche, 1., Habsburgergasse 12

19.9., 20.30, Wien Rund um die Burg. Lesung mit Bettina Baláka und Alfred Kolleritsch Zelt vor dem Burgtheater, Info: Literaturhaus T. 526 20 44-41, http://www.literaturhaus.at, Eintritt frei!

23.9., 19.00, Wien Aktivistinnen und Literatur. Lesungen u.a. von Marie-Thérèse Kerschbaumer, Ilse Kilic, Ruth Aspöck, Petra Ganglbauer und Heidi Pataki Dokumentationsstelle für neuere österreichische Literatur, 7., Seidengasse 13, T. 526 20 44-41, http://www.literaturhaus.at, Eintritt frei!

Beweglich bis ins hohe Alter Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98, eur 38,- für 10 Einheiten, jeden Mo und Fr 9.15-10.30

Frauencafé FLZ, 6020 Innsbruck, Liebeneggstr. 15. Jeden Mo, Mi u. Fr 20-24.00, T. 0512/58 08 39

Gesprächsgruppe für Frauen mit sexuellen Gewalterfahrungen

sistaDance-Toptraining

Beweglich bis ins hohe Alter

4., Rienößlgasse 4. Jeden Do

Anm.: Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen, T. 523 222. Jeden Mi 18.00 Uhr

Widerstandslesung. Künstlerische Beiträge (lesen, spielen, singen, feuerschlucken etc.) willkommen: http://www.awadalla.at/el/ kalender.at

Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98, eur 38,- für 10 Einheiten, jeden Mo und Fr 9.15-10.30

HOSI Lesbengruppe

Dienstag

Novaragasse 40, 2., T. 216 66 04. Jeden Mi ab 19.00 Uhr

Hotline für gynäkologische Fragen. Mit Christine Lang

Open House – Für Frauen, die Kontakt zu anderen Frauen suchen

F.E.M., T. 01/601 91/52 03. Jeden Di 14-15.00 Uhr

Frauenberatung, 1., Seitenstetteng. 5/7, T. 587 67 50. Jeden Mi 18-20.00 Uhr

Team for girls: Gruppe für weibliche Lehrlinge

Selbsthilfegruppe für Frauen mit Brustkrebs

Anm.: Sprungbrett, 15., Pilgerimg. 22-24/Stg. 1/Top 1, T. 789 45 45. Jeden Di 18-21.00 Uhr

Therapeutische Gruppe für Frauen mit Missbrauchs- und Gewalterfahrungen. Mit Bettina Reinisch

Wiener Krebshilfe, 18., Theresiengasse 46/ Ecke Kreuzgasse, Info-T. 408 70 40. Mo-Mi 9.00-14.00, Di, Do 14-19.00 Uhr

Botschaft der besorgten BürgerInnen, 1., Ballhausplatz 1a. Jeden Do 17-19.00 Uhr

Treffpunkt Internetcafe. surfen – mailen – chatten und dazwischen plaudern. Mit Sylvia Körbler Frauenberatung, 3910 Zwettl, Galgenbergstraße 2. Jeden 1. u. 3. Do 16-19.00, T. 02822/522 71-0

Bridge

Selbsthilfegruppe für Frauen mit Angststörungen

Frauenberatung Zwettl, 3910, Galgenbergstr. 2, T. 2822/522 71-0, Fax DW 5, UKB eur 4,-, 15-18.00

25.9., 19.00, Wien Anna Mitgutsch liest aus ihrem neuen Buch „Familienfest“, anschließend vertiefende Lektüreanleitung von Konstanze Fliedl

Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Di 18.30-20.00 Uhr; eur 21,-/Abend

Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 2. Mi 18.30; eur 3,6/Abend

Ungehalten – gehalten. Schwimmkurs für Frauen. Mit Theresia BlatnekWondraczek

Geheimer Garten für Mädchen und Frauen

Literarisches Quartier, Alte Schmiede, 1., Schönlaterngasse 9, T. 512 44 46 74, http://www.alte-schmiede.at

Reichsapfelgasse, 15., Infos: Zeit!Raum Stadtteilprojekt, T. 895 72 67, http://www.zeitraum.co.at, jeden Di und Fr, 16.00-19.00, bis 31.10.

Venus im Bade: Sauna, Whirlpool, Schwimmbecken und Tepedarium. Exklusiv für Frauen

Anm. Frauenberatung Zwettl, 3910, Galgenbergstr. 2, T. 2822/522 71-0, Fax DW 5, 19-20.00

Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstr. 169. Jeden 3. Mi 20-01.00, eur 11,-, Anm.: T. 988 98 120 oder badehaus@sargfabrik.at

Die Tür – Frauencafe

a k t i v i t ä te n 1.9., 19.00, Linz politisches Cafe zum Thema „Ich und meine Mutter“. Bild von der Mutter mitbringen. Mit: Elisabeth Rosenmayr autonomes FRAUEN zentrum, 4020, Humboldstraße 43, T. 0732/60 22 00, http://www.frauenzentrum.at

f i x te r m i n Montag Encounter-Gruppe für Lesben und Frauen, die sich da noch nicht so sicher sind Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29/ 7, T. 89 58 440. Jeden 2. u. 4. Mo 19.30 Uhr; eur 21,-/Abend

Frauenlaufgruppe Hollabrunn. Mit Sylvia Möstl Treffpunkt: Parkplatz des ATSV, 2020 Hollabrunn. Jeden Di 9.00 Uhr

Frauencafé der Frauengruppe ABRAXA 4060 Wels, Spitalhof 3, T. 07242/55 6 40, abraxa@goplay.com. Jeden Di 14-18.00 Uhr

Selbsthilfegruppe für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen AFZ, 4020 Linz, Humboldstr. 43. T. 0732/60 22 00/60. Jeden 2. und 4. Di. 17.30-18.30 Uhr

Yoga für Frauen ISIS, 5020 Salzburg,Willibald Hauthalerstr. 12, T. 0662/44 22 55, http://www.frauengesundheitszentrum-isis.at, Di 17.45-19.00 Uhr (Beginn am 15.10.)

Internet-Cafe für Frauen und Mädchen. Auch Anfängerinnen. Kinderbetreuung

feminist ATTAC Stammtisch

Zeit!Raum, 15., Braunhirscheng. 33-37, T 895 72 67. Jeden Mo 15-18.00 Uhr

Raus aus der Schuldfalle. Gesprächsgruppe für Mütter von Kindern mit Essstörungen. Mit Christine Saiko-Jogan

Morgengruppe „Carpe diem“. Körpertherapeutisch orientierte Jahresgruppe. Mit Renate Frotzler-Dittrich Anm.: Frauen beraten Frauen, 6., Lehárg. 9/ 2/17, T. 587 67 50. Jeden Mo 9-10.30 Uhr; eur 11,-. Einstieg jederzeit möglich!

Zwischen den Welten. Erfahrungsaustausch für lesbische (Co-)Mütter Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 1. Mo, 19.30, eur 3,6/Abend

Elterngruppe. Für Eltern homosexueller Töchter und Söhne HOSI Linz, 4020, Schubertstraße 36, T. 0732/60 98 98/1. Jeden 2. Mo 20-22.00 Uhr

Frauen-Lokal-Abend der HOSI-Lesben Linz Coffee Corner, 4020, Bethlehemstraße 30. Jeden Mo ab 18.00 Uhr

Frauencafé AFZ, 4020, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200. Jeden Mo 18-22.00 Uhr

Politisches Café AFZ, 4020, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200. Jeden 1. Mo ab 19.00 Uhr

Selbsthilfegruppe: Brustkrebs aktiv begegnen Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98. Jeden 2. Mo 18-20.00 Uhr

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Stadteilcafé Palaver, 8020, Griesgasse 8, Info: office@doku.at, jeder letzter Di

Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98. Jeden 1. Di 16.15-17.30 Uhr

Selbsthilfegruppe: „Wenn Frauen zu sehr lieben“ Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofgasse 20, T. 0316/71 60 22. Jeden Di 19.30-21.00 Uhr

Offene Gruppe für Alleinerzieherinnen und Frauen in Trennungssituationen Kontaktstelle für Alleinerziehende, 1., Stephansplatz 6/V/30, jeden 1.+3. MIttwoch im Monat 18.00-20.00, UKB: eur 1,50, Anm.: Frauen beraten Frauen, T. 587 67 50

Frauencafe im Dadlerpark Dadlerpark, 15., Infos: Zeit!Raum Stadtteilprojekt, T. 895 72 67, http://www.zeitraum.co.at, bis 31. 10.

7000 Eisenstadt, J. Joachimstr. 11/2, 02682/66 124; 7210 Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/62 670. Jeden Do 10-12.00 Uhr

Regenbogen Stammtisch Gasthaus Zur Brücke, 4840 Vöcklabruck, Vorstadt 18, T. 0699/11 34 12 14, e-mail: ooe@hosilinz.at, ab 20.00

Selbsthilfegruppe für Angehörige von Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind AFZ, 4020 Linz, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200, Do 15-16.00 Uhr

Schreibwerkstatt für Frauen. Mit Fini Zirkovich

Gynäkologische Ordination und „zweite“ Meinung. Mit Marianne Stögerer

Literaturhaus Mattersburg, 7210, Wulkalände 2. Jeden Mi 19.00 Uhr. Anm.: T. 02626/677 10

Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98. Jeden Do 14-16.30

Frauenselbsthilfe nach Krebs

Freitag

Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanngasse 48. Info: Elisabeth Holzer, T. 0316/32 34 33. Jeden 2. Mi 16-17.30 Uhr

Intenet-Café von Frauen für Frauen

Selbsthilfegruppe für Frauen nach einer Scheidung/Trennung AFZ, 4020 Linz, Humboldtstr. 43, T. 0732/602 200, Mi 18-19.00 Uhr

Donnerstag

abz wien.cybercenter, 6., Gumpendorfer Straße 83, T. 595 21 55. Jeden Fr 13-19.00 Uhr, jeder letzte Fr speziell für Mädchen!

Offenes Treffen feministischer Migrantinnen Cafe Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8, jeden ersten Freitag im Monat

Frauendisco Feel Free, 8020 Graz, Rapoldgasse 24. Jeden letzten Fr 19-2.00 Uhr

Samstag Club Anderwelt 6., Theobaldgasse 10. Jeden 2. Sa ab 22.00 Uhr

Sonntag Frauenbadefreuden Badehaus Sargfabrik, 14., Goldschlagstr. 169. Jeden 3. So 16.00-20.00, eur 12,50 (Bad + Kosmetik, Anm.: T. 988 98 214 oder sonja.c@gmx.at

Frauenbadefreuden. Mit Schönheitsmitteln „á la Sonja“ und Spezialistinnen für Hand, Fuß, Düfte und Massage Anm.: Sargfabrik, 14., Goldschlagstraße 169, T. 988 98 214. Jeden 3. So 16-20.00 Uhr

Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige 13., St. Veitgasse 25. Jeden So 19.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144

Weiber-Frühstück: Videos, Diskussion, Provokation, feministische Literatur, veganes Buffet E.K.H., 10., Jeden 1. So

Labrys Lounge. Frauencafe, 21.9 Themenabend: „Welcome back. Summer´s almos gone“ Cafe Barcelona, 8010 Graz, Reitschulg. 20, e-mail: labrys@gundl.at, jeden So ab 18.00

Sonntagsfrühstück. Für Lesben und interessierte Frauen Frauengetriebe, 6900 Bregenz, Schillerstr. 2 T. 05574/ 45 538, frauengetriebe@aon.at. Jeden 1. So ab 11.00 Uhr

nach Vereinbarung Arbeitsgruppe für Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit Frauen beraten Frauen, 1., Seitenstetteng. 5/ 7. Info: T. 0676/717 29 67, e-mail: arbeitsgruppe @gmx.at

Arbeitsgruppe für Frauen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit

Resis.danse-Tanzabend

Sprungbrett, 15., Pilgerimgasse 22-24/ Stg. 1/Top 1, T. 789 45 45/14. Jeden Do 16-19.00 Uhr

Geheimer Garten für Mädchen und Frauen

Verein Frauen beraten Frauen, 1., Seitenstettengasse 5/7. Info: T. 0676/717 29 67

Beratung, Kurse, Information für geistig oder mehrfach behinderte Frauen und ihre Angehörigen

HOSI, 2., Novarag. 40. Jeden Fr 21.00 Uhr

Telefonische Verhütungsberatung – kompetent, anonym, kostenlos

Frauencafé, 8., Lange Gasse 11. Jeden 2. Do 19.30-21.00 Uhr

Frauengesundheitszentrum Graz, T. 0664/99 27 44. Jeden Di 17-19.00 Uhr. Infos auch unter http://www.fgz.co.at/links.htm

Kostenloser Deutschkurs für Migrantinnen. Mit Irmtrud Pohl

Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige

Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Do 10.30 Uhr

22., Rennbahnweg 27. Jeden Fr 19.00 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144

Mittwoch

Muttertag. Kostenlose Kinderbetreuung

Therapeutisches Malen. Mit Karin Herber

Lila Tip, 6., Linke Wienzeile 102, T. 586 81 50. Jeden 2. Mi ab 20.00 Uhr

Anm: ega, 6., Windmühlgasse 26, T. 589 80/0. Jeden Do 14-19.00 Uhr

Dein Körper, deine Verbündete. Gruppe für Frauen, „einfach zum Wohlfühlen“. Mit Andrea Scheutz

Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige

Anm.: Frauen beraten Frauen, 1., Seitenstettengasse 5/7, T. 587 67 50. Jeden Fr 18-20.00 Uhr; eur 18,-/Abend. Vorgespräch erforderlich!

Anm.: Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden 2. Mi 19.00 Uhr, eur 21,-/Abend

Feel Free, 8010 Graz, Rapoldgasse 24. T. 0316/32 80 80. Jeden Mo 19-22.30 Uhr

Comgirls. Kostenlos chatten, mailen und surfen für Mädchen

Reichsapfelgasse, 15., Infos: Zeit!Raum Stadtteilprojekt, T. 895 72 67, http://www.zeitraum.co.at, jeden Di und Fr, 16.00-19.00, bis 31.10.

Come in. Offene Gruppe für Lesben

Frauencafé der Rosa-Lila-Pantherinnen – der Abend für Lesben und Freundinnen

Feministische Schreibwerkstatt

1., Seitenstettengasse 5/1. Stock/Tür 4. Jeden Do 12.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144

Selbsthilfegruppe Anonyme Ess-Süchtige

Treffen feministischer Migrantinnen Cafe Längenfeld, 12., Längenfeldg. 8, jeden ersten Freitag im Monat

Treffpunkt für junge Lesben bis 25

FrauenART – offenes Atelier für Frauen. Lustvolles Experimentieren steht im Vordergrund, keine künstl. Vorkenntnisse nötig

Amerlinghaus, 7., Stiftgase 8. Jeden Do 19.30 Uhr. Info: T. 0676/78 79 144

HOSI Linz, 4020, Schubertstr. 36, T. 0732/ 60 98 98. Jeden 2. u. 4. Fr ab 20.00 Uhr

Selbsthilfegruppe für Frauen mit Essstörungen. Mit Olivia Wollinger

Welser Frauen-Stammtisch – gemütlicher Frauentreffpunkt

Jeden 1. Mi.abend. Info & Anm.: Anna Rakos, T. 478 63 88, eur 15,- pro Abend

Institut Frauensache, 15., Reindorfgasse 29, T. 89 58 440. Jeden Do 18.30; eur 7,3/Abend

Schubert-Stüberl, 4600 Wels, Schubertstr. 13. Jeden 4. Fr ab 20.00 Uhr

Verein Ninlil, 3., Hetzgasse 42/1, T. 714 39 39

Coaching und Supervision für berufstätige Frauen. Mit Susanne Schmölzer Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71

Psychologische, juristische, Arbeitsund Sozialberatung für Frauen Frauenservice, 8020 Graz, Idlhofgasse 20, T. 0316/71 60 22, Mo-Fr 9-14.30

Einzelberatung für Angehörige von Mädchen und Frauen mit Essstörungen. Mit Susanne Schmölzer Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 7,-

Einzelberatung für Frauen in Krisensituationen Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; Erstgespräch kostenlos! Tel. Beratung jeweils Di 10-12.00 u. Do 14-16.00 unter T. 476 15/57 75 sowie per e-mail: fem@aon.at


an.künden Einzelberatung für Raucherinnen. Mit Doris Gartner Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 7,-

Fortbildung für psychosoziale Berufsgruppen. Mit Renate Gänszle Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71

Help – schnelle Hilfe für junge Leute bei Fragen zu Partnerschaft, Liebe und Sexualität F.E.M., T. 476 15/57 72

Mädchenworkshop: Besuch bei der Frauenärztin. Mit Gabriele Knappitsch Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71

Mediation: professionelle Konfliktregelung bei Konflikten im Privatoder Berufsleben Anm.: die.mediatorinnen. gabriele.schweiger@mediatorinnen.at, T. 0699/19 46 62 22

Medizinische Sprechstunde für Mädchen und Frauen mit Essstörungen Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71

Schwanger – was nun? Beratungshotline F.E.M., T. 476 15/57 71

Sexualberatung. Mit Renate Türk-Lindmaier Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 71; eur 10,-

Theaterworkshop „Liebe, Sex & Co.“ Mit Martina Nöster Anm.: F.E.M., 18., Bastiengasse 36-38, T. 476 15/57 72

Eisschlecken

Women first: Selbstbestimmung für behinderte Frauen

Die 14-jährige Jana zieht 1980 nach der Scheidung ihrer Eltern zur Oma aufs Land, wo ihre pubertierende Suche nach Orientierung auf eine konservative Dorfgemeinschaft trifft. Und weil es so schön verboten ist, möchte Jana als erstes Mädchen in Österreich Ministrantin werden. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden macht Jana auch Bekanntschaft mit dem feschen Florian. Denn Glück bedeutet, jemanden zu finden, der einem die richtige Seite vom Twinni überlässt… Ulrike Schweiger, deren Filme bei zahlreichen Festivals gezeigt und ausgezeichnet wurden, beweist mit ihrem neuesten Regieprojekt einmal mehr Humor.

Your line. Für Mädchen, die gerade eine Lehre machen und darüber reden wollen Sprungbrett, T. 789 45 45/12. Jeden Mo/Di/Mi 12-16.00 Uhr

Beratung, Gruppen, Kurse, Vorträge für Frauen. Auch muttersprachliche Beratung

ab 5.9.2003 in den österreichischen Kinos

Wendepunkt, 2700 Wr. Neustadt, Raugasse 16, T. 02622/825 96. Mo, Do, Fr 9-12.00, Di 17-20.00 Uhr

Beratung im Schwangerschaftskonflikt, bei Verhütungsfragen und Essstörungen

Frauenberatung

ISIS, 5020 Salzburg,Willibald Hauthalerstr. 12, T. 0662/44 22 55, http://www.frauengesundheitszentrum-isis.at

Verein Frauen für Frauen Burgenland, 7400 Oberwart, Spitalgasse 5, T. 03352/338 55; 7540 Güssing, Hauptstraße 26, T. 03322/430 01

Psychologische, juristische und arbeitsmarktpolitische Beratung sowie Sozialberatung für Frauen Die Tür – Frauenservicestelle, 7210 Mattersburg, Brunnenpl. 3/2, T. 02626/62 670; 7000 Eisenstadt, Joachimstr. 11/2 02682/66 124

Ganzheitliche Beratung zu Wechseljahren, Brustveränderungen, Myomen, u.a.m. Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/83 79 98, kostenlos

Hotline Essstörungen des Frauengesundheitszentrums Graz Telefon zum Ortstarif: 0810/810 400. Mo u. Do 16-19.00, Mi 9-12.00 Uhr

Mit Jugendlichen über Sexualität reden. Mit Eva Rzehak Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98

Mit kleinen Kindern über Sexualität reden. Mit Eva Rzehak Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48, T. 0316/ 83 79 98

Psychotherapeutisches Orientierungsgespräch. Einmalige, kurzfristige Unterstützung in einer schwierigen Lebenssituation. Mit Christine Saiko-Jogan Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98; eur 22,50

Schwangerschaftstest zum Selbstkostenpreis (eur 1,50). Hilfe zur Selbsthilfe und Infos zu Schwangerschaftshilfen und/oder Schwangerschaftsabbruch Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98; Mo/Di/Mi/Fr 9-13.00, Do 15-19.00 Uhr

Sexualpädagogisches Beratungstelefon Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanngasse 48, T. 0316/83 79 98; Mo/Di/Mi/Fr 9-13.00, Do 15-19.00 Uhr und nach Vereinbarung

Verhütung für Frauen. Mit M. Vucsak Anm.: Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Brockmanng. 48,T. 0316/ 83 79 98, eur 5,-

Alles was Recht ist. Rechtsfolgen bei Scheidung etc. Anm.: Frauen beraten Frauen, 6., Lehárgasse 9/2/17, T. 587 67 50

r a d i o . f i x te r m i n Jeder 1. Mo 18.00-19.00 Khorschid Khanum – die persischsprachige Frauensendung Radio Orange 94,0 MHz (Telekabel Wien 92,7)

Klaudia Wanner

Info: Verein Ninlil, 3., Hetzgasse 42/1, T. 714 39 39

september 2003an.schläge 45


an.künden aus.blick

an.schläge

im oktober

politik

Asylgesetz neu Während die Pensionsreform viele in Aufregung versetzt hat, passierte ein nicht minder aufregenswertes Asylgesetz in aller Ruhe den MinisterInnenrat.

international

Niederlande In einem nordeuropäischen Land, wo es mit der Emanzipation der Frau nicht schlecht bestellt ist, bringt eine dritte feministische Welle neue Inhalte. Im Gully der Gesellschaft Arbeitslosigkeit: Zwei Frauen im Gully der Gesellschaft – ein Kampf auf engstem Raum beginnt. Um die Aufrechterhaltung gewohnter Rituale, um das Recht auf exzessive Körperpflege, beruflichen Erfolg und hippe Liebesabenteuer. Unter dem wachsenden Druck werden Fassaden brüchig, dringt das Bewusstsein von Arbeitslosigkeit, Beziehungsangst und dem Gefühl des körperlichen Ungenügens allmählich durch die Ritzen… Petra Nickel und Tanja Lalics spielen und führen Regie, die künstlerische Begleitung kommt von Miki Malör. 10., 11., 12. und 13.9.2003, dietheater Konzerthaus, 3., Lothringer 20, T. 01/587 05 04 Di 18-19.00 ta mera – an Orten wie diesen. Von Frauen für Frauen. Von Lesben für Lesben

Jeden 2. Fr 18.00-19.00 Radio UFF. Das Radio des Unabhängigen Frauenforums

26.9., 19.30, Wien Eröffnungsfest des Theaters am Alsergrund. Mit u.a. Hilde Fehr

Radio Orange 94,0 MHz

Radio Orange 94,0 MHz

Jeden 1. u. 3. Fr 16.30-17.30 SPACEfemFM. Frauenradio

Theater am Alsergrund, 9., Löblichg. 5-7, T. 310 46 33, http://www.alsergrund.com

Mi 18-19.00 Abwechselnd: orangina – Fanzine zu Mädchennetzwerken in der Subkultur / bauch.bein.po – Die Sendung für die ganze Frau Radio Orange 94,0 MHz

Mi 20.05-20.20 Das Frauenzimmer. Die Plattform für eine frauenspezifische Information Freies Radio Salzburg, FM 94.0 MHz

Do 18-19.00 HOSI Lesbenradio (Jeder 1. Do)/ La manifesta (2. Do)/Görls linkup (3. Do)/Lourdes (4. Do) Radio Orange 94,0 MHz

Fr 19.00-19.15 hot news for the sisters Radio Orange 94,0 MHz

46 an.schlägeseptember 2003

Radio FRO, 105,0 MHz (Linz)

Fr 18.00-19.00 Abwechselnd: Dyketime – Radiomagazin für Lesben/frauenforum RadioHelsinki, 92,6 MHz (Graz)

tanz.fest 5.9., 19.00, Wien 8 Jahre Augustin

diverses 6.-7.9., Wien femVital Frauengesundheitstage 1., Wiener Rathaus

20.9., 15.00-16.30, Graz Frauenstadtspaziergang: Kunst und Kultur 2 Treffpunkt Sparkassenplatz 1, Eingang zum Stefaniensaal, Infos T. 0664/56 10 474

Szene Wien, 11., Hauffgasse 26, Karten T. 749 33 41

18.9., 15-18.00, Wien „Shake Baby Shake“ – das Wiener Babyclubbing

Redaktionsschluss

WUK-Museum, 9., Währinger Straße 59, T. 40 121 44, http://www.wuk.at, eur 6,- (Kinder frei)

termine@anschlaege.at

Termine 10/03: 11.09.03

forum.wissenschaft

Black Empowerment Im Kampf gegen die Sklaverei in Amerika haben Black Women Activists auch auf die sexistische Diskriminierung Schwarzer Frauen hingewiesen.

an.schläge gibts in folgenden Buchhandlungen Winter Zentralbuchhandlung Ebbe & Flut Südwind Frauenzimmer Riedl Averroes Leporello Löwenherz Südwind Kulturver. Waschaecht

1010 1010 1030 1070 1070 1080 1090 1090 1090 1090 4600

Landesgerichtsstr. 20 Schulerstr. 1-3 Radetzkystr. 11 Mariahilferstr. 8 Zieglergasse 28 Alser Str. 39 Schwarzspanierstr. 20 Liechtensteinstraße 17 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Dragonerstr. 22


theaterfinnland Fo t o s : S a b i n a S c h e b r a k

Naisteatteri Festivaalit In Finnland ging von 5. bis 8. Juni 2003 das Europäische Frauentheaterfestival über die Bühne. Sabina Schebrak war dabei.

„Wir wollten einfach einmal andere Gesichter sehen“, sagt Anne Järvinen. Kein Wunder bei einem Leben in der nordfinnischen Kleinstadt Tornio, am nördlichen Ende des Bottnischen Meerbusens, direkt an der schwedischen Grenze und hundert Kilometer unter dem Polarkreis. Flaches Land, hellgrüne Birken, bunte Holzhäuser am Wasser, helle Nächte.Wir sind am nördlichsten Zipfel Europas gelandet, dort wo die Sonne im Sommer kaum unter und im Winter kaum über den Horizont geht und wo die Rentiere auf der Straße spazieren. 1998 reichte es den vier Damen (Katariina Saalo, Maria Terttu Huatari, Tuija Aittamaa, Merja Ruuth) vom örtlichen Theaterkollektiv „Teatterihdistyselamyseykot“, und sie beschlossen, ihr Leben am Ende der (Theater)Welt mit neuen Gesichtern und Produktionen aufzufrischen. Ein halbes Jahr später, im Juni 1999, ging bereits das erste Frauentheaterfestival mit Produktionen aus acht europäischen Ländern über die Bühne und sollte von nun an regelmäßig im Zweijahresrhythmus in Tornio und Haparanta, den mehr oder weniger zusammengewachsenen Kleinstädten zu beiden Seiten der finnisch-schwedischen Grenze, stattfinden. Mit einigem Erfolg. Dieses Jahr waren bereits 23 Produktionen aus sechs Ländern zu sehen: Finnland, Schweden, Norwegen, Österreich,Tschechien und Türkei, wobei Österreich mit sieben teilnehmenden Gruppen1 eindeutiger Spitzenreiter neben Finnland war. Die Qualität des Gezeigten war unterschiedlich wie bei jedem Festival: Sprechtheater war ebenso vertreten wie Tanzsolos, schräge Performances oder stark vom Körpertheater beeinflusste Arbeiten. Ähnlich ambivalent war das organisatorische Umfeld. Durchaus vorhandene logistische Schwierigkeiten wurden durch die – teilweise ziemlich raue – Herzlichkeit und

das Improvisationstalent der Organisatorinnen ausgeglichen. Überraschend für kleine Provinzstädte ist die Dichte an Veranstaltungsorten, die von großen Theatersälen in Kulturhäusern oder Schulen bis zur ehemaligen Bahnstation reichen. Wir sind in Europa, und doch in einer völlig anderen Kultur: Für viele der nichtskandinavischen TeilnehmerInnen ist es eine langsame Annäherung an das Fremde. Zuerst der Schock über die Kälte und die „ostig“ wirkende Ästhetik der Ortszentren (später erfahren wir, dass dies das Resultat des Wütens der deutschen Wehrmacht ist, die beim Abzug alles niederbrannte), bitter enttäuscht die romantischen Vorstellungen vom finnischen Sommer. Und dann doch wieder Finnland, so wie wir es uns vorgestellt haben: Überall Wasser, weizenblonde Kinder auf schrillgrünem Rasen, der rotglühende Sonnenball über dem Horizont um Mitternacht. Runde Wikingergöttinnen servieren uns Rentiergeschnetzeltes mit gefrorenen Preiselbeeren. Der Leiter des österreichischen Kulturforums hat kurzerhand einen Österreich-Schwerpunkt ausgerufen und lädt zu Riesling und Lapin Kulta2 ins Museum Moderner Kunst. Der Vizebürgermeister hält eine Rede voll unfreiwilliger Situationskomik:„Mich haben sie vom Kartoffelsetzen geholt. In Finnland – I am sorry to say – haben wir viele starke Frauen, eine Präsidentin, Regierungschefin3, Direktorin der Nationalbank. Ich hoffe nur, dass auch für uns Männer noch etwas übrigbleibt…“ Apropos Frauen: Nicht nur die höchsten Ämter des Landes, sondern auch die Kultur in Tornio wie in Haparanta ist fest in weiblicher Hand. Nichts desto trotz ist das Festival eine Low Budget Produktion, die bis dato vom Idealismus und der Selbstausbeutung der Beteiligten lebt. Und das meiste des ohnehin schmalen Budgets, erzählt Hauptorganisatorin Katariina Salo, kommt vorerst aus Sozial-

und nicht etwa aus Kulturtöpfen. Umso beachtlicher, was sie und ihr Team hier auf die Beine gestellt haben. Auch am Programm ist ablesbar, wie sehr sich die nach wie vor schwierigen ökonomischen Produktionsbedingungen auf die unabhängige künstlerische Arbeit niederschlagen: Es überwiegen Ein- bis Zweipersonenstücke ohne großen technischen Aufwand, egal ob es sich um ältere oder junge Akteurinnen handelt. Gewisse Unterschiede zwischen Nord und Süd sind eben doch kleiner als angenommen. Und hat das nun mit den Frauen oder mit dem freien Theater an sich zu tun? Für die nächste Ausgabe 2005 wünschen sich die Organisatorinnen jedenfalls eine dem Projekt angemessene Finanzierung – und die Teilnehmerinnen mehr Professionalität in der Abwicklung neben einer Vertiefung der inhaltlichkünstlerischen Auseinandersetzung.„Für mich war es eine wichtige Erfahrung, dieses Land in seiner Eigentümlichkeit und Widersprüchlichkeit kennenzulernen, eine Gelegenheit, Vorurteile abzubauen und Kontakt zu den Menschen und ihrer Kultur zu bekommen. Und mit der eigenen Arroganz muss jede selbst zurechtkommen“, bringt es Corinne Eckenstein von Theater Foxfire aus Wien auf den Punkt. Der mit 2.000,- Euro dotierte Preis des Festivals ging an Janina Berman vom Abo Svenska Teatern für den berührend und eindringlich gespielten Zweistundenmonolog „Rose“. Anerkennungspreise gab es für immerhin zwei österreichische Produktionen:„Love.Machine“ der Wiener Performancegruppe Nio und „Solome“ des Salzburger Toihaus Theaters. Dorit Ehlers grandios-clowneske Aufarbeitung der Qualen einer jungen Schauspielerin vor dem Porträt von Lou Andreas Salome wäre meine persönliche Favoritin für den Hauptpreis gewesen und sei an dieser Stelle sämtlichen PrinzipalInnen wärmstens ans Herz gelegt. ❚

1 Nio, Kunstverein am Donnerstag, Theater Yby, Eva Jankovsky, Toihaus, Theater Foxfire, Laroque Dance Company

2 Das beste finnische Bier, wird auch in Tornio gebraut.

3 Diese ist kurz nach unserer Rückkehr zurückgetreten.

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an.schläge

Nr. 09/03, september 2003/17. Jahrgang, e 3,5 (Ö) e 4,– (D) sfr 8,– , P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1030 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M


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