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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. november 2010
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Start des MentoringProgramms an der Uni Wien – Bewerbungsfrist jetzt! Die Abteilung Frauenförderung und Gleichstellung der Universität Wien lädt Postdoktorandinnen und Habilitandinnen der Universität Wien sowie Postdoktorandinnen, die sich um eine Anstellung an der Universität Wien bewerben wollen, ein, sich für das
Mentoring-Programm muv als Mentee zu bewerben. Das neue Programm läuft von März 2011 bis Jänner 2012. Die Bewerbungsfrist endet am 15. November 2010. Bewerbungsunterlagen und weitere Infos: http://personalwesen.univie.ac.at/frauenfoerderung/mentoring/ E-Mail: mentoring.frauenfoerderung@univie.ac.at
Christiane Rösinger Gegen die Vergötzung der Liebe Das Geschlecht im Körper Status Quo und Kritik (an) der Gender Medizin #unibrennt – Bildungsprotest 2.0 Vom besetzten Hörsaal ins Kino Plus: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen >> Gay Cops >> Transgender Day of Remembrance >> Wahlwechsel revisited >> Wickelkunst von Judith Scott >> Gender & Disability >> und vieles mehr
an.schläge Nr. 11/10, 24. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
t l a w e G gen an
n 6 e 1 u Fra geg
Tage t l a w e en G an
Nationalflagge
n e u a Fr
Rechtzeitig zum Nationalfeiertag vor einigen Jahren ruft ein Redakteur des österreichischen Wochenmagazins NEWS bei mir an: „Wir machen eine Geschichte zur Beziehung der Österreicher zur Nationalflagge. Wir fotografieren Menschen mit der österreichischen Fahne und holen dazu Statements ein. Dürfen wir Sie auch fotografieren? Mit der österreichischen Fahne, die sie als Kopftuch tragen? Sie dürfen auch einige Worte dazu sagen, zu Integration und so. Sie sind doch Migrantin und Österreicherin, oder? Sie werden in prominentem Umfeld abgebildet: Bundespräsident Fischer, Hermann Nitsch, Hans Krankl kommen in der Geschichte auch vor...“
Gender Check – Narratives and Exhibition Practices SymPoSium 19./20. November 2010
Eine Initiative der
Es geht wieder einmal um das Kopftuch. Doch diese Anfrage verwirrt: Geht es um die Identifikation mit dem österreichischen Staat? Geht es um Integration? Ist das Kopftuch doch kein Hindernis für die Aufnahme in die Liga der österreichischen Prominenz, wenn es rot-weiß-rot ist? Ist das Symbol für „Rückständigkeit und Frauenunterdrückung“ nicht mehr so bedrohlich, wenn es aus der österreichischen Nationalflagge geschnitten ist? Und vor allem: Was hat es zu bedeuten, in einer Gesellschaft, die vehement Entschleierung fordert, ein Angebot zur Verschleierung zu bekommen? Die Beweggründe des Boulevardjournalismus sind unergründlich. Kopftuch sells!
h. e w t u t t i e h m m Du ehr! m n e g a r F n e d ö Bitte keine bl Idee, Konzept und Realisierung: PEREGRINA Bildungs-, Beratungsund Therapiezentrum für Immigrantinnen www.lefoe.at / Tel. 01-58 11 881
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Texte: Gamze Ongan und Deniz Başpınar Diseño Gráfico: Renata Behncke / Colaboración: Claudia Gomez
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Homöopathie für Frauen Dr.a Maria Pertiller Fachärztin für Allgemeinmedizin ÖAK-Diplom Homöopathie und Akupunktur und begleitende Krebstherapien Telefon und Fax: 01/416 54 56 1140 Wien, Lützowgasse 8/4/3 Ordination nach Vereinbarung keine Kassen
an.schläge
Politik 06 >>>
an.riss politik
08 >>>
Kein Hörschutz für Tante Ingrid In der Liste der anerkannten Berufskrankheiten finden sich Frauen kaum wieder
10 >>>
Die Stahlarbeiterin im Kindergarten Warum Feministinnen in Tschechien als „staatsfeindlich” gelten
12 >>> 14 >>>
Cops unter dem Regenbogen Lesben, Schwule und Transgenders wollen die Polizei reformieren an.riss international
Thema: Gender Medizin 16 >>>
Status, quo vadis? Eine kritische Bestandsaufnahme von Gender Medizin in Österreich
18 >>>
Von Frau zu Gender Die Geschichte der Frauengesundheitsbewegung seit den 1970er Jahren
21 >>>
„Frauen-Medizin wäre mir zu wenig gewesen“ Interview: Karin Gutiérrez-Lobos zu den Rahmenbedingungen der Gender Medizin in Wien
Gesellschaft 24 >>>
an.riss arbeit wissenschaft
26 >>>
Schönheit vergeht? Wie alternde Frauen mit den herrschenden Schönheitsnormen umgehen
28 >>>
Transgender Day of Remembrance Gemeinsam gegen Transphobie auftreten
29 >>>
„Wozu die Hose?“ Interview: Julia Amore spricht über Trans-Aktivismus in Argentinien
Kultur
34 >>>
Berühren verboten! Judith Scott wickelt mit ihrer Kunst ein
35 >>>
Dem Götzen Liebe den Garaus gemacht Interview: Christiane Rösinger über ihr neues Solo-Album und das „Alleinsein” in der Liebe
an.sage: Offener Brief an den Österr. Medienverband 05 06 sprechblase: Sager des Monats 06 plusminus: Butch & Femme 07 an.frage: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen 15 medienmix: It gets better Project, Nisaa FM, Olympe 23 an.sprüche: Das Wahlrecht umverteilen an.lesen: Jutta Jacob u.a., Sabine Altermatt, Gudrun 38 Ankele, Anke Drygala/Andrea Günter, Monika Helfer, Lydia Mischkulnig, Gaby Temme/Christine Künzel 41 an.klang: Bassena Social Club, Anna ZaunerPagitsch, Sophie Hassfurther, Leora Vinik, Magdalena Kožená 42 an.sehen: #unibrennt – Bildungsprotest 2.0 43 an.künden: Termine & Tipps
Kolumnen
an.riss kultur
Rubriken
32 >>>
neuland zeitausgleich heimspiel lebenslauf lesbennest bonustrack: clara luzia katzenpost zappho des monats
09 24 31 33 37 40 43 46
editorial Im Vorfeld zum „Tag der Freien Medien” am 15. Oktober hat eine Gruppe Freier Medien- und Kulturinitiativen – darunter auch die an.schläge – einen offenen Brief an den Österreichischen Medienverband verfasst (vollständiger Wortlaut siehe auf der gegenüberliegenden Seite). Einer der Kritikpunkte war die Schieflage im Geschlechterverhältnis am Veranstaltungspodium – symptomatisch für das mangelnde Bewusstsein für Genderfragen in der hiesigen Medienpolitik. Inzwischen hat der Medienverband öffentlich geantwortet und meint u.a., „dass eine Mediendefinition vor fachlichem, nicht vor ideologischem oder weltanschaulichem Hintergrund erarbeitet werden muss.” Nun, rein fachlich gesehen müssten die Medien, die den offenen Brief unterschrieben haben, allesamt bei komfortablen Einkünften in bestens ausgestatteten Innenstadtbüros sitzen. Warum wir in der Realität nicht so erfolgsverwöhnt sind? Weil sich bei uns „Erfolg” eben doch erst vor „ideologischem Hintergrund” einstellt – nämlich dann, wenn wir die Gesellschaft, in der wir leben, verbessert haben. Ja, verbessert, lieber Medienverband, nicht nur „objektiv und kritisch beschrieben”, wie es in deiner Antwort heißt. Als feministisches, linkes Medium hoffen wir, mit dem offenen Brief zudem einen Schritt in Richtung Repolitisierung der sog. alternativen Medienszene zu setzen – aber auch die in den letzten Jahren ins Stocken geratene Vernetzung unter „kritischen” Medien auf neue Beine zu stellen. Wir bleiben dran.
Feminist Superheroines Am 25. November 1960 wurden die drei Schwestern Patria (*1924), Minerva (*1926) und María Teresa (*1935) Mirabal vom dominikanischen Geheimdienst im Auftrag des Diktators Rafael Trujillo ermordet. Die Schwestern – „die Schmetterlinge“ genannt – hatten zuvor die Untergrund-Widerstandsbewegung „14. Juni“ unterstützt, die für den Sturz Trujillos kämpfte. 1981 wurde ihr Todestag beim ersten Kongress lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen in Kolumbien zum Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen ausgerufen. 1999 erklärte die UNO ihn zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen. Seither findet jährlich die internationale Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ statt, die bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, läuft. Illustration: Lina Walde
an.schläge werden gefördert von:
impressum Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: redaktion@anschlaege.at, office@anschlaege.at, www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, office@anschlaege.at, T.01/920 16 78, Vina Yun, redaktion@anschlaege.at, T. 01/920 16 76 Buchhaltung, Abos: Verena Stern, buchhaltung@anschlaege.at, abo@anschlaege.at l Termine, Tipps: Nadine Kegele, termine@anschlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion:
Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/han, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Verena Stern/vers, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu l
Praktikum: Sanja Nedeljkovic l Texte: Lisa Bolyos, Daphne Ebner, Christiane Erharter, Denice Fredriksson, Ina Freudenschuß, Beate Hammond, Regina Himmelbauer, Sonja Hofmair, Grit Höppner, Gabi Horak/GaH, Kathrin Ivancsits/kaiv, Mia Kager/miak, Birge Krondorfer, Alice Ludvig, Clara Luzia, Bärbel Mende-Danneberg, Sanja Nedeljkovic/sane, Ana
Petretto, Simone Prenner, Karo Rumpfhuber, Ramona Vogel, Anita Weidhofer/atina l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Staatsakt, Collage: Lisa Bolyos l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bianca Tschaikner, Lina Walde, Zappho l Fotos: an.schläge-Archiv, Rongem Boyo, Chapitó, coop99/AG Doku, Creative Growth Art Center
Oakland/Museum Gugging, Petra Cvebar, ElVira/www.bildergegengewalt.net, Michael Guerrero, Franz Jachim, Sylvia Köchl, Brian Kusler, Michael Lackinger, Annette Pohnert,
Staatsakt, Südwind, Fangor Wojciech, Verena W./www.bildergegengewalt.net, Libertinus Yomango, Vina Yun l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druck-
erei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002
04 l an.schläge November 2010
an.sage Offener Brief an den Österreichischen Medienverband anlässlich des Tags der Freien Medien am 15.10.2010
Sehr geehrter Vorstand des Österreichischen Medienverbandes! Der Österreichische Medienverband hat für morgen, den 15. Oktober 2010, den „Tag der Freien Medien” ausgerufen – zum zweiten Mal seit seiner Gründung im Jahr 2008. Zu diesem Anlass finden im Quartier für digitale Kultur im Wiener Museumsquartier u.a. eine Medienmesse und eine Podiumsdiskussion zur Stellung der Freien Medien in Österreich statt. Als Projekte und Initiativen, die im Feld der freien und autonomen Medien- und Kulturarbeit agieren, haben wir uns gegen eine Teilnahme am „Tag der Freien Medien” entschieden und möchten Ihnen hiermit die Gründe für diese Entscheidung kommunizieren. Wir möchten betonen, dass unsere gemeinsame Stellungnahme unabhängig von einer Einladung zum „Tag der Freien Medien” erfolgt – einige der unterzeichnenden Medieninitiativen wurden explizit zur Teilnahme an dieser Veranstaltung geladen, manche nicht. Unsere Kritik richtet sich allerdings nicht bloß gegen den Event, sondern vielmehr auf die politischen Verhältnisse, wie sie gerade am „Tag der Freien Medien” eben nicht zur Sprache kommen. Die Gründe für unsere Nichtteilnahme am „Tag der Freien Medien” sind: (1) Das Diskussionspodium ist mit Martin Blumenau/FM4, Medienstaatssekretär Josef Ostermayer und diepresse.com-Chef Peter Krotky besetzt. Mit Michaela Wein vom Online-Magazin mokant.at sitzt eine einzige Frau und Vertreterin eines „Freien Mediums” als Diskutantin am Podium. Neben der – gelinde gesagt – unausgewogenen „Gender Balance” am Podium stellt sich für uns insbesondere die Frage, welchen Beitrag die drei erstgenannten Diskutanten zu einer konstruktiven Debatte über Freie Medienarbeit liefern können. (2) Fand der erste vom Österreichischen Medienverband organisierte „Tag der Freien Medien” 2008 noch im fluc und damit in einer Location statt, die klar im Feld der freien und autonomen Kulturarbeit zu verorten ist, so hat man sich heuer für das Museumsquartier als Veranstaltungsort entschieden. Damit sollen Fragen der Freien Medienarbeit ausgerechnet in einem der „Hot Spots” neoliberal gesteuerter Kreativwirtschaft in Wien verhandelt werden, was unseres Erachtens einer klaren Positionierung von Freier Medienarbeit jenseits eines ökonomischen Nützlichkeitsdiskurses entgegenläuft. (3) Nicht weniger paradox erscheint uns der Umstand, dass Besucher_innen, die keine schriftliche Voranmeldung vorweisen können, beim „Tag der Freien Medien” keinen freien Eintritt erhalten. Eine solche Regelung mag gängige Praxis bei vergleichbaren „Fachmessen” im Museumsquartier oder anderswo sein – dass den in der Regel auf breite Öffentlichkeit und niederschwelligen Zugang zielenden Freien Medien mit einer solchen Praxis kein guter Dienst erwiesen wird, scheint uns aber offensichtlich. Abgesehen davon drängt sich uns in Zusammenhang mit dem Begriff „Freie Medien” noch eine weitere, grundsätzlichere Frage auf. Laut Selbstbeschreibung versteht sich der Österreichische Medienverband nämlich als Interessenvertretung für Print-Publikationen und elektronische Medien, die den Fokus ihrer Arbeit auf die Förderung Freier Klein- und Kleinstmedien gelegt hat. Was dabei jedoch konkret unter „Freie Medien” verstanden wird, bleibt weitgehend unklar. In seinem „Working Paper” definiert der Medienverband den Begriff „frei” als „unabhängig”, und zwar „zwischen inhaltlicher Gestaltung und Finan-
zierung” (siehe http://medienverband.at/wp-content/uploads/miscanellous/ OeMVB_Definition_Freie_Medien.pdf). Eine inhaltliche Dimension des Begriffs im Sinne eines politischen Selbstverständnisses oder einer politischen Positionierung sucht man vergebens. So lässt sich nicht einmal ein antidiskriminatorischer Grundkonsens, wie er etwa in der Charta der Freien Radios Österreich (http://www.freie-radios.at/article.php?ordner_id=27&id=194) als Minimalanforderung an Freie Medienarbeit formuliert ist, ausmachen. Insofern kommt auch der „partizipative Zugang”, wie er im „Working Paper” als Merkmal Freier Medien beschrieben wird, äußerst schwammig daher und thematisiert weder gesellschaftliche Ausschlüsse aufgrund von z.B. Rassismus, Sexismus, Homo-/Transphobie oder „Disability” noch Strategien, wie eine medienpolitische Partizipation diskriminierter Personengruppen aussehen könnte. Dies erstaunt nicht nur angesichts des insgesamt kritikwürdigen Zustands der österreichischen Medienlandschaft, sondern auch und vor allem angesichts der zunehmend nach rechts rückenden politischen Verhältnisse, wie sie schon seit längerem (nicht bloß) in Österreich zu beobachten sind. Unserem Selbstverständnis nach muss der Begriff „Freie Medien” deshalb wesentlich darauf abzielen, Raum für gesellschaftskritische Diskurse herzustellen und damit eine Plattform für linke, emanzipatorische Positionen – insbesondere jene von Migrant_innen – anbieten. Freie Medien rücken also solche Perspektiven in den Mittelpunkt, die von den bürgerlichen Medien wenig oder gar nicht berücksichtigt werden und der vermeintlichen „Professionalität”, „Objektivität” und dem, was „berichtenswert” sei, entgegenstehen. Nicht zuletzt fehlt aus unserer Sicht eine differenzierte wie kritische Auseinandersetzung, was die langfristigen Zukunftsperspektiven Freier Medienarbeit betrifft, etwa hinsichtlich der Frage der fortschreitenden prekären Arbeits- und Existenzbedingungen, den Überlebenschancen nicht-kommerzieller Medien, der Subventionslage und Anerkennung migrantischer Medien u.ä. Mit unserer Kritik möchten wir Impulse für eine medienpolitische Debatte setzen, die Freie Medien nicht als „alternative Produkte”, sondern als Artikulations- und Interventionsplattform begreift, die gegen den herrschenden gesellschaftlichen Konsens antritt. Gezeichnet (in alphabetischer Reihenfolge): Annegang – Magazin zur Überwindung der inneren Sicherheit, www.annegang.org an.schläge – Das feministische Monatsmagazin, www.anschlaege.at fiber – werkstoff für feminismus und popkultur, www.fibrig.net grundrisse – zeitschrift für linke theorie & debatte, www.grundrisse.net IG Kultur Österreich, www.igkultur.at Kulturrat Österreich, www.kulturrat.at Kulturrisse – Zeitschrift für radikaldemokratische Kulturpolitik, www.kulturrisse.at MALMOE, www.malmoe.org migrazine.at – Online Magazin von Migrantinnen für alle, http://migrazine.at
Wien, 14. Oktober 2010 November 2010 an.schläge l 05
an.riss politik
Verena W. / www.bildergegengewalt.net
gegen gewalt Demo-Aufruf
menschenrechte NGO-Bericht für Österreich
Im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen” (siehe an.frage, S. 7), die von 25. November bis 10. Dezember stattfinden, ist zum Auftakt eine FrauenLesbenMädchen-Demo geplant. Die Vorbereitungs- und Vernetzungstreffen im Autonomen FrauenLesbenMädchenZentrum haben bereits begonnen, engagierte Frauen sind jederzeit willkommen und melden sich unter lesbenfrauennachrichten@gmx.at. trude
Ab Jänner 2011 unterzieht sich Österreich erstmals der „Universellen Menschenrechtsprüfung”, mit der die Menschenrechtssituation in den 192 UN-Mitgliedsländern verbessert werden soll. Mitte Oktober übergab die österreichische Bundesregierung der UNO ihren Staatenbericht zur Situation der Menschenrechte im Land. Anhand der Staatenberichte wird alle vier Jahre (seit 2008) vom UN-Menschenrechtsrat in Genf die Implementierung von Menschenrechtsverpflichtungen in den Mitgliedsstaaten geprüft. Zeitgleich zum Bericht der Bundesregierung haben österreichische NGOs ihre Einschätzung der Wahrung von Menschenrechten in Österreich an die UNO übermittelt, seit Ende Oktober liegt dieser Parallelbericht vor. Der Verein ZARA, der auch den jährlichen Rassismus-Report für Österreich herausgibt, dokumentiert in seinem Schattenbericht „eine mangelhafte Anti-Diskriminierungsgesetzgebung und den fehlenden politischen Willen, Rassismus als alltägliches Phänomen anzuerkennen und zu bekämpfen” und möchte diese Tatsachen von der UNO untersucht wissen. ZARA ortet in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen Probleme: beim Aufenthalts- und Wahlrecht, bei der Vergabe von Arbeitsplätzen und Wohnungen, beim Zugang zu Bildung – also alles Bereiche, in denen Rassismus die gesellschaftliche Beteiligung verhindert. Arbeitsplätze oder Wohnungen würden immer wieder offen mit Verweis auf die Hautfarbe oder die Bekleidung (Kopftuch) verweigert. Es müsse die ganze „Menschenrechts-Infrastruktur” verbessert werden. sylk/viyu
Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstraße 59/Stiege 6 (2. Stock) Kommende Termine der Vernetzungstreffen: 11.11., 19.11., 22.11.
peregrina Klappe auf! Seit 26 Jahren berät und unterstützt der Verein Peregrina Migrantinnen bei sozialen und psychologischen Problemen. Jetzt wurde dieses Engagement mit dem Alexander-Friedmann-Preis des Psychosozialen Zentrums ESRA gewürdigt, der mit 10.000 Euro dotiert ist. Wir gratulieren! Aktuell beteiligt sich Peregrina an der Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen”. Gemeinsam mit mehreren anderen NGOs, die das Projekt „Klappe auf!” gegründet haben, wurde ein Videoclip gestaltet, der vom 25.11. bis 10.12. auf www.diestandard.at zu sehen sein wird. Unter dem Motto „Dummheit tut weh! Bitte keine blöden Fragen mehr!” setzt sich das Video mit institutionalisierter Diskriminierung und diskursiver Gewalt gegen Migrantinnen auseinander. trude/sylk
Peregrina – Bildungs-, Beratungs- und Therapiezentrum für Immigrantinnen, Währingerstraße 59, 1090 Wien, www.peregrina.at, www.esra.at
„Für
www.menschenrechte-jetzt.at/universelle-menschenrechtsprufung, zara.or.at
sexarbeit Prostitutionsgesetz für Oberösterreich In Oberösterreich ist die Landesregierung bemüht, die bisherigen Regelungen zur Sexarbeit durch ein einheitliches und verpflichtendes Prostitutionsgesetz zu ersetzen. Dem Verein maiz sowie aktiven und ehemaligen
uns
Christen ist das eine moralische Frage“ Finnland hat ein Problem: die EvangelischLutherische Kirche. Seitdem der Bischof von Tampere und die Vorsitzende der finnischen Christdemokraten, Päivi Räsänen, in einer TV-Diskussion homosexuelle Beziehungen öffentlich verurteilten, traten innerhalb einer Woche rund 20.000 Menschen aus der Kirche aus – per Mausklick. Seit 2003 ist im High-Tech verliebten Finnland der Kirchenaustritt nämlich unterschriftenlos via Online-Formular möglich. Man möchte sagen: vorbildlich. viyu
06 l an.schläge November 2010
plus
À la butch (+)
À la femme (+)
Es muss nicht immer Langhaar und Lipstick sein: Bulldaggers, Tomboys, Drag Kings, Butches, Gender Queers und Dapper Dykes dominierten den Laufsteg der Fashion-Show, die Mitte Oktober in Los Angeles stattfand. Mit dem Event wurde die Jahreskonferenz der Grassroots-Organisation „BUTCH Voices” (www.butchvoices.com) eingeläutet, die die ganze Bandbreite von „womanidentified Butches” über „trans-masculine Studs” bis hin zu „faggot-identified Aggressives” feiert. Wann bloß wird Wien endlich L.A. werden? viyu
Am 6. und 7. November wird in Hamburg queere Feminität im Theorie und Praxis erkundet: Der Workshop „Exploring Femmeness”, organisiert von der AG Queer Studies in Kooperation mit dem Zentrum GenderWissen, widmet sich Politiken, Begehren, Strategien und Skills à la Femme. Angesprochen sind alle, die selbst queere, lesbische, bisexuelle und schwule Feminitäten verkörpern bzw. sich mit den eigenen Aspekten von Femmeness auseinandersetzen möchten. Anmeldung und Infos unter femmeworkshop@gmx.de. viyu
an.frage SexarbeiterInnen liegt der Entwurf vor, in einem offenen Brief an die Oberösterreichische Landesregierung haben sie dazu Stellung genommen. Im Allgemeinen wird das Gesetzesvorhaben von den SexarbeiterInnen zwar begrüßt, in einigen Punkten jedoch auch beanstandet. Der Hauptkritikpunkt lautet, dass es bei dem Gesetz vorrangig um Beschränkung und Kontrolle, nicht aber um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die in der Prostitution Tätigen geht. Denn es lässt den Gemeinden und der Polizei einen großen Handlungsspielraum, und für SexarbeiterInnen gibt es eine Reihe an Pflichten, es fehlen aber positiv formulierte Rechte. Dies, so heißt es in dem offenen Brief, mache erneut deutlich, dass Sexarbeit nicht erwünscht ist und als gesellschaftliche Realität negiert wird. trude
Die Fahne hissen Jedes Jahr findet von 25. November bis 10. Dezember die internationale Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen” statt. Seit 1992 beteiligt sich der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) an der Aktion, die vom Centre for Women’s Global Leadership ins Leben gerufen wurde. Sanja Nedeljkovic befragte Felice Drott von AÖF zur Entwicklung der Kampagne.
Stellungnahme unter www.maiz.at
mindestsicherung Bettengebühr Ab November sollen Obdachlose, die Mindestsicherung erhalten und eine Notschlafstelle länger als zwei Monate beanspruchen, einen „symbolischen Beitrag” von vier Euro pro Nacht bezahlen. Das gilt für Unterkünfte, die vom Fonds Soziales Wien geführt werden. Ehrenamtlich betriebene Notschlafstellen können die Bedingungen für die Übernachtung weiter selbst festlegen. Grund für die Neuregelung ist, dass mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung, die 744 Euro pro Monat beträgt, auch 186 Euro Wohnkostenanteil ausbezahlt werden. SozialarbeiterInnen und Obdachloseneinrichtungen haben sich deshalb zur Initiative für kostenlose Notschlafstellen (INKONO) zusammengeschlossen. Sie kritisieren die Einführung der Gebühr massiv, v.a. da dadurch mehr Menschen auf der Straße schlafen würden. Die Notschlafstellen seien außerdem nicht mit einem Wohnplatz gleichzusetzen, denn sie können erst ab 17 Uhr bezogen und müssen am nächsten Morgen wieder verlassen werden. Hinzu kommt, dass der Wohnkostenanteil von der Stadt ausbezahlt und durch die Gebühr wieder eingehoben wird, was nur sinnlosen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Die Alternative wäre, den Anteil ohne die Auflage auszuzahlen, dass er nur für Wohnkosten verwendet werden darf. Damit bliebe die Autonomie der Obdachlosen gewahrt, das Geld so einzusetzen, wie sie es möchten, um mit dem zusätzlichen Anteil z.B. Schulden zu bezahlen. trude
Die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ finden in Österreich nun zum 19. Mal statt – erheblich häufiger als in anderen europäischen Ländern. Wie kommt es dazu? Vergleichen wir Österreichs Situation mit anderen europäischen Ländern, dann ist es sicherlich eine Frage der den Fraueneinrichtungen zur Verfügung stehenden Ressourcen. Spürbar größer ist die Beteiligung an der Kampagne in jenen Ländern, die bspw. über nationale Dachorganisationen der Frauenhäuser und Beratungsstellen verfügen. Ist die Finanzierung der Frauenhäuser und Beratungsstellen nicht gesichert, ist es schwierig, eine kontinuierliche Kampagne durchzuführen. Welche sichtbaren Veränderungen können Sie seit der ersten Aktion erkennen? Es freut uns zu sehen, dass die Kampagne mittlerweile in ganz Österreich bekannt ist. Vor allem die 2001 von TERRE DES FEMMES entwickelte Fahnenaktion „Frei leben ohne Gewalt” hat sich mit unserer kontinuierlichen Lobbyarbeit immer mehr verselbstständigt. Mittlerweile beteiligen sich viele NGOs, Universitäten, Schulen, diverse Institutionen sowie mehrere Ministerien und hissen jährlich die Fahne.
abtreibungsgegnerInnen Dämonen auf der Jugendmesse
Wie sieht eine feministische Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gewalt aus? Das kommt darauf an. Noch vor 20 Jahren z.B. war es notwendig, überhaupt auf die Thematik aufmerksam zu machen. Die Parteinahme für Frauen und die Schaffung bzw. Finanzierungssicherung adäquater Versorgungsstrukturen wie Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, Notrufe etc. standen früher im Mittelpunkt unserer Arbeit. Heute geht es darüber hinaus auch vermehrt um strukturell verankerte Bewusstseinbildung und Prävention.
Bei der Berliner Jugendmesse YOU, die dieses Jahr von 1. bis 3. Oktober stattfand, haben fundamental-christliche AbtreibungsgegnerInnen einen Stand zur Verfügung gestellt bekommen. Fraueneinrichtungen, darunter Pro Choice Berlin, protestierten im Vorfeld mit einem offenen Brief gegen die Standvergabe: Die Vereine ALfA (Aktion Lebensrecht für Alle) und Kaleb (Kooperative Arbeit Leben ehrfürchtig bewahren) böten keine Aufklärung über Sexualität und Verhütung, sondern dämonisierten lediglich Abtreibungen. Dies sei problematisch, da „Jugendliche die Anbieter der Messe als Autorität wahrnehmen und oft nicht in der Lage sind, deren Informationen zu überprüfen”. trude
Obwohl sich Institutionen immer wieder für Präventionsmaßnahmen aussprechen, bleiben viele Versprechungen bloßes Lippenbekenntnis. Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen? Wir wünschen uns eine strukturelle Verankerung von Gewaltprävention im Bildungsbereich. Diese sollte vom Kindergarten bis in die Universitäten reichen und – entsprechend aufbereitet – verpflichtend in die Lehrpläne aufgenommen werden. Dringend nötig ist aus unserer Sicht eine flächendeckende BewusstseinsKampagne in allen Schulen sowie eine begleitende Aus- und Fortbildung für Pädagog_innen.
fm4.orf.at/stories/1664862, https://wohnungslos.wordpress.com
http://europeanprochoicenetwork.wordpress.com
Weitere Infos unter: www.aoef.at
November 2010 an.schläge l 07
arbeitsschutz
Kein Hörschutz für Tante Ingrid In der Liste der anerkannten Berufskrankheiten finden sich Frauen kaum wieder. Kreuzweh darf der Presslufthammer verursachen, aber nicht das Heben von Patient_innen. Eine Überarbeitung der Kriterien ist überfällig. Von Gabi Horak
Vier Kinder hämmern auf Holzinstrumente, zwei Mädchen streiten lauthals um ein Lastauto, drei andere spielen Nachlaufen. Lärmpegel: über 80 Dezibel. Bei Arbeitsplätzen in der Industrie ist da bereits ein Hörschutz vorgeschrieben, weil 85dB das Gehör nachweislich schädigen. Im Kindergarten lächeln die „Tanten” und werden nachmittags beim Einkaufen be-lächelt: „Kindergärtnerin bist du, das ist ja süß.” Die harten Arbeitsbedingungen der Kleinkindpädagoginnen und -pädagogen werden aber nicht nur von der Allgemeinheit unterschätzt, sondern auch vom Gesetzgeber. Kaputter Rücken. „Das Berufsleben macht auch Frauen krank, doch bei den typischen Frauenbranchen wird einfach weggeschaut”, kritisiert die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner. Sie hat Anfang Oktober (nach 2009 bereits zum zweiten Mal) im parlamentarischen Sozialausschuss einen Antrag gestellt, die Liste der 53 Berufskrankheiten zu überarbeiten. Denn Frauen hätten es deutlich schwerer, Berufskrankheiten geltend zu machen, weil die derzeit anerkannten Berufskrankheiten deutlich auf männerdominierte Branchen zugeschnitten sind. Ein Wirbelsäulenschaden etwa ist nur dann anzuerkennen, wenn er durch „Erschütterungen bei der Arbeit mit Pressluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen” hervorgerufen wurde. Körperliche Schwerstarbeit wie im frauendominierten Bereich der Pflege kommt in diesem Kriterienkatalog schlichtweg nicht vor. Dabei liegt der Zusammenhang zwischen kaputtem Rücken und Pflege08 l an.schläge November 2010
berufen auf der Hand. Im Bericht des Wiener WHO-Modellprojektes „Gesundheit und Krankenhaus” von 1995 hieß es (mit Verweis auf zahlreiche Sekundärliteratur): „Für Angehörige der Gesundheitsdienste sind Rückenbeschwerden eine typische Berufskrankheit.” Und in anderen Ländern, in denen Erkrankungen des Muskel-SkelettApparats als Berufskrankheit anerkannt sind, liegt der Frauenanteil bereits bei 45 Prozent.
Lärmschäden Nr. 1. Hier liegt es also eindeutig an der Politik, zu handeln und das Gesetz endlich an den Berufsalltag anzupassen. Die Liste der Berufskrankheiten ist dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) angehängt. Formal zuständig für die Überarbeitung wäre das Gesundheitsministerium. Dem jährlichen Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion ist zu entnehmen, wie oft und bei wem verschiedene Berufskrankheiten anerkannt wurden.
Die Nichtanerkennung einer Berufskrankheit hat ganz konkrete Folgen für die Betroffenen: So fallen sie etwa um die Versehrtenrente um, und die Kosten einer Rehabilitation werden nicht übernommen. Eine Erhebung der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat ergeben, dass sich der Pflegeberuf durch psychische und besondere körperliche Belastungen auszeichnet. Für zwei von drei Pflegenden gehört das Heben schwerer Lasten zum Berufsalltag. Im Baugewerbe muss nur jeder Zweite häufig schwer heben.
Für das Jahr 2009 entfielen dabei nur 16 Prozent der Anerkennungen auf Frauen – hauptsächlich Hauterkrankungen, etwa bei Friseurinnen. Durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit ist die insgesamt häufigste Berufskrankheit, der Frauenanteil liegt hier bei zwei Prozent. Diese niedrige Zahl – so die Mutmaßung im Entschließungsantrag der Grünen – kommt u.a. dadurch
zustande, dass Frauen auch weitaus seltener auf Lärmschäden untersucht werden. Denn immerhin geht es auch in frauendominierten Branchen wie in der Textil- und Nahrungsmittelindustrie, an pädagogischen Arbeitsplätzen oder in der Gastronomie sehr laut zu. „Es braucht dringend eine bessere Überprüfung der Arbeitsbedingungen in frauendominierten Branchen”, fordert Judith Schwentner. „Denn Berufskrankheiten werden u.a. auch im Zuge von Untersuchungen am Arbeitsplatz entdeckt.” Eine weitere Lücke in der Liste der Berufskrankheiten sind psychische Krankheiten. Die Zahl der Krankenstände wegen psychiatrischer Leiden hat sich in Österreich seit den 1990er Jahren mehr als verdoppelt. Bei Frauen sind psychische Erkrankungen bereits der Hauptgrund für eine krankheitsbedingte Frühpension. Schon wieder vertagt. Die Nichtanerkennung einer Berufskrankheit hat ganz konkrete Folgen für die Betroffenen: So fallen sie etwa um die Versehrtenrente um, und die Kosten einer Rehabilitation werden nicht übernommen. Der Frauenanteil bei den anerkannten Berufskrankheiten lag in den 1990er Jahren bei rund 30 Prozent, heute bei 16 Prozent. Es ist für Frauen in den letzten Jahren also sogar schwerer geworden, ihre Krankheiten als berufsbedingt anerkannt zu bekommen. Doch nicht nur eine grundsätzliche, geschlechtergerechte Überarbeitung der Berufskrankheiten wäre nötig, auch die Prävention und arbeitsmedizinische Untersuchungen sollten – gerade in frauendominierten Branchen – verstärkt werden. Und nicht zuletzt sollten Frauen in Entscheidungen über Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz stärker einbezogen werden. So bedauerten die Grünen im Sozialausschuss, dass nur wenige Frauen in der Arbeitsinspektion arbeiten würden. Sozialminister Hundstorfer erwiderte laut AusschussProtokoll, er hätte gerne mehr weibliches Personal in der Arbeitsinspektion, „allerdings sei eine entsprechende technische Grundausbildung erforderlich”. Wie schon 2009 wurde der Antrag im Sozialausschuss auch in diesem Jahr im Oktober vertagt – „unter einem völlig fadenscheinigen Argument”, wie An-
tragstellerin Schwentner feststellt. „Die ÖVP meinte, dafür sei der Gesundheitsausschuss zuständig, und ich solle den Antrag dort einbringen.” Nötig wäre diese formale Verrenkung nicht, denn auch der Sozialausschuss kann jederzeit den Gesundheitsminister einladen. Dass eine Überarbeitung des Berufskrankheiten-Katalogs grundsätzlich angebracht sei, darüber herrschte im Ausschuss jedoch bei allen Parteien Konsens. Schwentner: „Alle sind sich einig, dass aufgrund der veränderten Gegebenheiten in der Arbeitswelt eine Anpassung der Berufskrankheiten dringend nötig ist. Es ist allerdings beschämend, dass die Regierung hier auf Kosten der Frauen untätig bleibt.” Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wollte sich auf Anfrage der an.schläge nicht darauf festlegen, die grüne Forderung nach Überarbeitung der Liste der Berufskrankheiten zu unterstützen. Auch wenn sie durchaus Handlungsbedarf sieht: „Um konkret Berufskrankheiten vorbeugen zu können, braucht es vor allem eine gute betriebliche Gesundheitsförderung. Prävention ist der entscheidende Faktor.” Außerdem verweist Heinisch-Hosek auf den Kontext der „Doppel- und Dreifachbelastung”, weshalb auch an einigen andere Rädern zu drehen wäre, um Frauengesundheit zu verbessern. „Auch Änderungen der Organisation der Arbeit selbst, z.B. bei der Arbeitszeit, sind in Hinblick auf eine Verbesserung der Work-Life-Balance zu überlegen. Aber wir müssen vor allem mehr Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stellen und die Väterkarenz ausbauen.” Pädagog_innen werden auch weiterhin ohne Hörschutz ihren Dienst verrichten und Pflegepersonal Tag und Nacht Schwerarbeit leisten. Dass traditionelle Frauenberufe weiterhin NiedriglohnBranchen mit gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen, die noch dazu nicht als solche anerkannt werden, bleiben, ist kein Naturgesetz. Nachdem alle Wahlen geschlagen sind, könnten die Regierungsparteien die Aufmerksamkeit auf einige rechtliche Baustellen richten. Geschlechtergerechte Arbeitsbedingungen stehen ganz oben auf der Liste. l
neuland entdeckungen im alltag
Beate Hammond
Grace Kellys Enkel Die stets so konservativ wirkende Grace Kelly war in vieler Hinsicht ihrer Zeit voraus. Sie hatte Liebhaber, vor und nach ihrer Hochzeit. Sie fand an Homosexualität nichts Verwerfliches – schier unglaublich im miefigen Amerika der 1950er Jahre. Und sie setzte symbolische Handlungen gegen Rassismus. Als die schwarze Sängerin und Tänzerin Josephine Baker im mondänen New Yorker „Stork Club” nicht bedient wurde, verließ sie diesen aus Protest gemeinsam mit ihren Freunden. Später, als sie ganz konventionell einen Fürsten geheiratet und sich aus ihrem Beruf zurückgezogen hatte, stellte die nunmehrige Fürstin von Monaco Josephine Baker eine Villa zur Verfügung, da diese knapp bei Kasse war. Nun könnte sie die Großmutter des ersten Fürsten von Monaco mit sichtbarer afrikanischer Herkunft werden, denn der bisher einzige Sohn ihres Sohnes Albert ist ein gewisser Alexandre Coste, das Ergebnis einer Beziehung mit einer togoischen Flugbegleiterin. Fürst Albert von Monaco hat die Vaterschaft im Juli 2005 anerkannt, kurz bevor er selbst die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Rainier antrat. Artikel 10 der Verfassung von Monaco sieht zwar vor, dass nur „legitime” Nachfahren des Monarchen für die Thronfolge in Frage kommen – nur macht das französische Zivilgesetz keinen Unterschied zwischen ehelichen und unehelichen Kindern. Notfalls könnte Alexandre vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, allerdings wurde hier ein britischer Antrag, die Thronfolge zu ändern, schon einmal mit dem Hinweis abgeschmettert, dass Thronfolge kein Menschenrecht sei. Die patrilineare Primogenitur, also der Übergang der Thronfolge auf den erstgeborenen ehelichen Sohn, ist in den meisten Monarchien der Welt nach wie vor Gesetz. In Schweden allerdings geht seit 1980 die Thronfolge auf das erstgeborene Kind, egal ob männlich oder weiblich, über. Dies geschah übrigens per Parlamentsbeschluss und gegen den Willen der königlichen Familie. Mal sehen, was nun in Monaco passiert.
Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien.
November 2010 an.schläge l 09
postsozialismus
Die Stahlarbeiterin im Kindergarten Im Kommunismus emanzipiert, im Kapitalismus degradiert? Ramona Vogel wirft einen Blick auf die aktuelle Gleichstellungspolitik in Tschechien und den ambivalenten Umgang mit den Geschlechterbildern der realsozialistischen Vergangenheit.
Fangor Wojciech: Figures/Postaci, 1950. Museum of Art in Łód´z
Auf die Revolution von 1989 ist man in Tschechien zurecht stolz: Männer wie Frauen wehrten sich gleichermaßen gegen das repressive realsozialistische System und seine verkrusteten Strukturen – mit Erfolg. Ende gut, alles gut? Die GewinnerInnen von Revolutionen sind selten deren VorkämpferInnen, und in Tschechien haben die Frauen klar verloren. Betrachtet man die Arbeitsmarktdaten, stehen die tschechischen Frauen glänzend da: In kaum einem anderen Land der Welt arbeitet ein so hoher Anteil an Frauen in Vollzeit wie hier. Nur vier bis fünf Prozent der Frauen in Tschechien bleiben zu Hause. Allein dies schon als Zeichen für Gleichberechtigung zu interpretieren, wäre allerdings falsch: „In Tschechien ist das Familienmodell auf zwei Verdiener ausgelegt”, erklärt Alena Krˇížková, Leiterin der Abteilung für Gender-Forschung an der Akademie der Wissenschaften in Prag, der einzigen Forschungsstelle dieser Art im ganzen Land. Der Durchschnittslohn beträgt in Tschechien rund 950 Euro – und dies bei mit Österreich und Deutschland vergleich10 l an.schläge November 2010
baren Lebenshaltungskosten. Zusätzlich ergaben Erhebungen des Europäischen Statistikamtes, dass tschechische Frauen über 25 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. In den Managementpositionen gehen Schätzungen von bis zu 40 Prozent Lohnunterschied aus. Allerdings muss man die Größenordnung der Einkommensunterschiede relativieren: So geht die Schere bei den 25- bis 37-Jährigen am weitesten auseinander – also in jener Altersgruppe, in der es am häufigsten zu Arbeitsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaften kommt. Rechnet man all diese Faktoren aus der Statistik heraus, bleibt ein Einkommensunterschied von rund zehn Prozent, der somit im europäischen Benachteiligungsdurchschnitt liegt. Mehrfachbelastungen. Obwohl die Arbeitszeiten von Frauen und Männern ungefähr gleich lang sind, sind die privaten Verhältnisse innerhalb von (Ehe-) Partnerschaften klar getrennt. Laut einer Untersuchung der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung verbringen Frauen in Tschechien im
Durchschnitt 21 Stunden pro Woche mit Hausarbeit, Männer aber nur rund fünf Stunden. Unterstützt wird dies durch die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Jungen Müttern stehen in Tschechien drei verschiedene Modelle zur Wahl: Sie können zwei, drei oder vier Jahre zu Hause bleiben und erhalten einen ihrem Gehalt annähernd entsprechenden Lohnausgleich. Pavla Špondrová, Gleichstellungsbeauftragte der tschechischen Regierung, kritisiert dieses Modell: „In keinem anderen europäischen Land gibt es derart lange Erziehungszeiten. Das ist sehr schlecht für die Frauen, denn nach diesen vier Jahren haben sie den Bezug zur Arbeit verloren. Wenn sie ihren Job überhaupt noch haben, müssen sie quasi bei fast Null anfangen.” Staatliche Kinderkrippen, die Kinder ab zwei Jahren aufnehmen, sind in Tschechien rar. Der Bedarf sei nicht gegeben, argumentiert die Regierung. Emanzipiert = staatsfeindlich. Noch deutlicher wird das Bild anhand der Ergebnisse einer europaweiten Erhe-
postsozialismus bung, die die Einstellung zu Geschlechterrollen analysiert. Über die Hälfte der befragten TschechInnen stimmten Aussagen zu wie: „Der Mann sollte das Geld verdienen, die Frau sollte sich um den Haushalt kümmern.” Damit liegt Tschechien europaweit an der Spitze. „In anderen Bereichen sind die TschechInnen hingegen sehr liberal”, resümiert Pavla Špondrová, „so sind viele mit der Gleichberechtigung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften einverstanden.” Emanzipationsbemühungen stoßen in Tschechien nicht nur auf das übliche patriarchalische Ablehnungsmuster – sie werden gleichsam mit Staatsfeindlichkeit und Rückwärtsgewandtheit identifiziert. „Emanzipierte
Recht auf Arbeit. Wie auch in anderen Ländern werden die weniger gut verdienenden und gesellschaftlich geschätzten Tätigkeiten wie Erziehungsarbeit im Kindergarten und in der Grundschule fast vollständig von Frauen ausgeübt. Sobald das Ansehen und der Verdienst steigen, nimmt die Zahl der Männer zu, und in den höchsten Positionen kehrt sich das Verhältnis dann fast vollständig um. Mittels Propaganda versuchten die KommunistInnen, dieses Rollenbild aufzubrechen. So wurden etwa in den damaligen Kinderbüchern Frauen als Stahlarbeiterinnen, Chemikerinnen oder Ärztinnen gefeiert. Die Zahl der in klassischen Männerberufen arbeitenden Frauen war während des Realsozialismus wesentlich höher
Emanzipationsbemühungen stoßen in Tschechien nicht nur auf das übliche patriarchalische Ablehnungsmuster – sie werden gleichsam mit Staatsfeindlichkeit und Rückwärtsgewandtheit identifiziert. Frauen werden mit Kommunisten gleichgestellt” und würden in der tschechischen Gesellschaft vollkommen diskreditiert, darin stimmen Alena Krˇížková und Pavla Špondrová überein. Der Kommunismus formulierte schon zur Zeit seiner Entstehung das Ziel der Gleichberechtigung von Mann und Frau. In der Tschechoslowakei der 1950er Jahre wurde die Emanzipation der Frau jedoch von der sowjetischen Besatzung als zentrales Element der kommunistischen Staatsdoktrin ausgegeben. Ob der Staat dann auch auf der Grundlage dieser hehren Grundsätze handelte, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass bei der niedrigen Produktivität nicht auf die Hälfte der arbeitsfähigen Bevölkerung verzichtet werden konnte. Mehr noch: Frauen wurden nicht nur als dringend benötigte Produktionsfaktoren auf den Arbeitsmarkt geholt, sondern gezielt gefördert. Dabei erkannte man, dass ein entscheidender Faktor der Benachteiligung der Frauen ihre eigene Berufswahl war – ein Erkenntnismoment, der 50 Jahre später fast in Vergessenheit geraten scheint.
als heute und wurde explizit unterstützt. Frauen, die in typischen Männerberufen arbeiteten, galten als Symbole der Überlegenheit des kommunistischen Regimes gegenüber dem Westen. „Dies hat sich im Bewusstsein der Menschen hier in Tschechien verankert. Die Gleichstellung der Frauen ist ein Thema, das man unmittelbar verbindet mit dem alten, ungewollten Regime”, sagt Alena Krˇížková. „Dies führt nun zu einer Ablehnung des Themas, und es wird sogar mit Revanchismus gleichgesetzt.” Und das sowohl von Männern als auch von Frauen. Denn im Gegensatz zu den kapitalistischen Ländern mussten tschechische Frauen das Recht, arbeiten zu gehen, nicht erst erkämpfen – sie wurden von Staats wegen dazu verpflichtet. Hinzu kommt, dass die Regierung, die diese Schritte einleitete, von der Bevölkerung des Landes immer als „Besatzer” begriffen wurde.
Soziologin Tereza Stöckelová unter großem Aufsehen vom renommierten deutsch-tschechischen Gesprächsforum ausgeschlossen. Als Begründung wurde ihr Engagement in einer NGO genannt, die sich zum linken Spektrum bekennt. In den tschechischen Medien fand sich dies, wenn überhaupt, als Randnotiz wieder. Auch Jana Kavková, Vorsitzende der außerparlamentarischen Vereinigung „Pro50Prozent”, die sich für eine Frauenquote in der Politik einsetzt, kennt diese Vorurteile: „Man wird immer wieder mit diesen Vorwürfen abgekanzelt. Alles, was auch nur im Verdacht steht, mit dem alten Regime zu tun zu haben, trifft auf Ablehnung.” Selbst wenn es sich um Projekte handelt, die von der Regierung selbst ausgehen. So wurde vor einigen Jahren eine eher harmlose Broschüre in Schulen verteilt, die über politisch korrekte Formulierungen aufklären sollte. „Das Medienecho war enorm. Die Broschüre wurde derart hart sowohl von den Politikern als auch von den Medien attackiert, dass wir sie zurücknehmen mussten,” sagt Pavla Špondrová. Doch das sei nicht einmal das größte Problem: „Es betrifft ja auch die Männer. Sie stehen durch diese starren Rollenklischees selbst enorm unter Druck.” Ihrer Meinung nach ist häusliche Gewalt eine der Folgen dieses Drucks und ein Problem, auf das sie sich jetzt konzentrieren will. l
Ramona Vogel ist freie Journalistin und lebt und arbeitet zurzeit in Prag.
Links ausgeschlossen. Alles, was in Tschechien auch nur den Anschein von linken Denkmustern erweckt, wird gesellschaftlich unterminiert. So wurde Ende September dieses Jahres die November 2010 an.schläge l 11
gay cops
Cops unter dem Regenbogen Lesben, Schwule und Transgender bei der Polizei: Ein Streifzug durch ein gesellschaftliche Spannungsfeld, basierend auf einem Gespräch mit Ewald Widi, Gründer und Obmann der „GayCops Austria”. Von Sonja Hofmair
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift „STIMME von und für Minderheiten”, Nr. 76/2010, zum Thema „Polizei – Spiegel der Gesellschaft?” http://minderheiten.at Link: www.gaycopsaustria.at
12 l an.schläge November 2010
Schwule, Lesben und Transgender in der Polizei? Im ersten Moment ein seltsam anmutender Gedanke. Immerhin blicken Homosexuelle auf eine jahrhundertelange Unrechtsgeschichte und die daraus resultierende Verfolgung durch die Polizei zurück. Die Kriminalisierung von Homosexualität – diffamierend als „widernatürliche Unzucht” bezeichnet – war bis 1971 im § 129 des Österreichischen Strafgesetzbuches verankert. Die Angst vor der Polizei ist ein stetig wiederkehrendes Thema in Biografien von Schwulen und Lesben – sie erzählen vom Verstecken und Vertuschen, von Razzien, Verhören und Prügeln. Vor fünf Jahren haben sich nun homosexuelle Polizist_innen aus Österreich zu einer Initiative zusammengeschlossen, die gegen Vorurteile und Diskriminierung von Lesben, Schwulen und Transgendern in der Exekutive ankämpft. Seit 2007 sind die „GayCops Austria” als Verein organisiert und zählen derzeit rund 70 Mitglieder. Ziel ihrer Arbeit ist einerseits, ein Bewusstsein für LGBT-Anliegen innerhalb der Polizei zu schaffen, andererseits das Vertrauen der Community in die Polizei und ihre Arbeit zu fördern. Damit befinden sich die GayCops in einem Spannungsfeld zwischen der Durchsetzung rechtlicher Normen aufgrund ihrer beruflichen Funktion und dem Aufbrechen gesellschaftlicher Normen aufgrund ihres Engagements für Lebensentwürfe abseits von Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität. Bedrohlich und belächelt. Noch immer ist die Polizei eine männlich dominierte Arbeitswelt. Derzeit sind 87,6 Prozent der österreichischen Exekutivbeamten männlich. In Räumen, die weitgehend Männern vorbehalten sind, ist Homo-
Grafitti von Banksy in Brighton, England. Foto: Rongem Boyo
phobie – insbesondere Schwulenfeindlichkeit – besonders verbreitet. Nach der australischen Männlichkeitsforscherin Raewyn Connell ist dieser Abwertungsprozess für die Konstruktion von Männlichkeit bedeutsam. Zum einen ist für Connells Männlichkeitskonzept die strukturelle Dominanz von Männern gegenüber Frauen ausschlaggebend, da von dieser alle Männer profitieren. Weiters gibt es aber eine Vielzahl an unterschiedlichen Männlichkeiten, die nicht einfach gleichwertig nebeneinander existieren, sondern in einem hierarchischen Verhältnis stehen – bestimmte Männlichkeiten werden ausgegrenzt und untergeordnet. Dies trifft auf homosexuelle Männlichkeiten besonders stark zu: „Es gibt in der westlichen Welt keine Beziehung unter Männern,
die mehr symbolische Last tragen würde als jene zwischen Schwulen und Heterosexuellen. Es handelt sich dabei (…) um eine kollektive Beziehung, die sich auf das soziale Geschlecht auf gesamtgesellschaftlicher Ebene auswirkt.” Ewald Widi, Gründer und Obmann der „GayCops Austria”, ist mit dieser problematischen Beziehung in seinem Arbeitsalltag konfrontiert: „Als ich mich meinen Kollegen noch nicht anvertraut habe, haben sie sich immer das Recht herausgenommen, über meine Sexualität zu sprechen: ‚Ist der schwul? Ist der nicht schwul?’ Und alles hinter meinem Rücken. Und wenn man es dann offensiv angeht und sagt: ‚Hey, ich bin schwul’, dann wird einem dieses Recht genommen.” Widis Offenheit führt dazu, dass sich manche Kollegen von
gay cops ihm distanzieren oder von ihm fordern, „Berufliches und Privates zu trennen”. Da die Polizei an die Vorstellung einer besonders aggressiven Maskulinität gekoppelt ist, wird durch diese Forderung versucht, das Bild vom harten, „männlichen” Polizisten aufrechtzuerhalten, indem das Schwulsein und die damit verbundenen Zuschreibungen ins Private abgeschoben werden – denn, wie Connell es zuspitzt, „die patriarchale Kultur hat eine sehr simple Erklärung für schwule Männer: es fehlt ihnen an Männlichkeit.” Widi schüttelt den Kopf: „Ich bin 24 Stunden am Tag schwul und nicht nur privat, ich nehme meine Umwelt auch als Schwuler wahr, wenn ich im Dienst bin”. Falsche Beschützerinstinkte. Die Situation von lesbischen Polizistinnen ist durchaus unterschiedlich zu der ihrer schwulen Kollegen. „Schwule sind bedrohlich, Lesben nicht. Lesben sind der
Moralische Diskrepanzen. Polizeiliche LGBT-Vereine wie die „GayCops” in Österreich oder „VelsPol” in Deutschland leisten einen wesentlichen Beitrag zur zunehmenden Öffnung des Polizeiberufs für Menschen aller Geschlechter und Begehrensweisen sowie zur bewussten Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebensentwürfen innerhalb der Polizei. Trotz dieser positiven Entwicklungen bleibt die Exekutive jedoch mit staatlicher Herrschaft verknüpft, wodurch ihr ein problematisches Verhältnis zu Minderheiten und oppositionellem politischen Aktivismus immanent ist. Der Berliner Politikwissenschafter Hans-Gerd Jaschke betrachtet die Polizei historisch als „Repräsentant des Bestehenden, als Vollzugsorgan der antireformerischen Kräfte”, denn rückblickend war es „immer die Polizei, die sich jenen sozialen Bewegungen buchstäblich in den Weg stellte, die auf mehr Demokratie, auf gesellschaftliche
Auf Initiative der GayCops wird das Thema Homosexualität heute in der Grundausbildung der Polizei behandelt. kumpelhafte Typ oder die Schade-dasssie-der-Männerwelt-vorenthalten-bleibtFrau”, erzählt Sabine A., Polizistin in Linz und im Vorstand der „GayCops Austria”. Auch Ewald Widi nimmt wahr, dass in lesbischen Kolleginnen zwar kein Bedrohungspotential gesehen wird, gesellschaftliche Vorurteile aber dennoch Auswirkungen auf ihr Arbeitsumfeld haben: „‚Hat noch keinen Mann abgekriegt, der kommt noch, ist verwirrt, ist nur eine Phase, wird sich wieder legen’ – und so werden die Kolleginnen dann auch behandelt: So nicht ganz ernst nehmen.” Lesbische Polizistinnen sind somit einer doppelten Diskriminierung ausgesetzt, da ihnen auch als Frauen Eigenschaften wie Schwäche oder Zerbrechlichkeit zugeschrieben werden, wie die Psychologin Bärbel Werdes beschreibt: „Einerseits fürchten die männlichen Polizisten in gefährlichen Momenten nicht ausreichend von ihren Kolleginnen unterstützt zu werden und andererseits haben die männlichen Beamten das Gefühl, dass sie auf ihre Kolleginnen verstärkt aufpassen bzw. diese beschützen müssen.”
Reformen und das Aufbrechen verkrusteter Strukturen drängten”. Aufgrund dieser Erfahrungen stehen politische Aktivist_innen, die gegen Homophobie, Transphobie sowie jede andere Form der Diskriminierung kämpfen, der Polizei häufig kritisch gegenüber. Die Gruppe „Rosa Antifa Wien” setzt sich beispielsweise in ihrem Grundsatzpapier mit der Exekutive als dem alltäglich präsenten Symbol der Staatsgewalt auseinander: „Warum müssen wir eine allgegenwärtige, aufgerüstete Polizei ertragen, die die Gesetze zum Schutz der Reichen vor den Armen durchsetzt, und uns in allen Lebensbereichen bespitzelt, kontrolliert und schikaniert. Zu ihren Gesetzen gehört nicht zuletzt, dass wir mithelfen müssen, Menschen hinzuschlachten, in Kriegen, in denen es immer wieder nur um Geld, Macht und Einfluss der HERRschenden geht”. Mit der Kritik oppositioneller politischer Aktivist_innen an der Polizei konfrontiert, erzählt auch Ewald Widi von Diskrepanzen beim Exekutieren von Gesetzen, die er moralisch nicht unterstützt. Schließlich rechtfertigt er
sein Handeln aber mit dem Argument der Gewaltentrennung: „Der 209er zum Beispiel, der gleichgeschlechtliche Kontakte unter 18 Jahren untersagt hat – was soll ein Polizist machen, wenn er das zu verfolgen hat? Wenn mir das gesagt wird, dann hab ich zu ermitteln, andernfalls ist es Amtsmissbrauch. Da kann ich aber dem Polizisten keinen Vorwurf machen, ich bin nur Exekutive, ich bin ausführendes Organ – da muss sich die Legislative was überlegen”. Handlungsspielräume. Seine Aufgabe sieht Widi in der Sensibilisierung seiner Kolleg_innen und im Kampf gegen Diskriminierung innerhalb der Polizei. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um das Vertrauen der Community in die Polizei zu fördern: „Wenn mir im Darkroom in einem Lokal etwas gestohlen wird, dann ist es wichtig, einfach zu sagen, dass es mir im Darkroom gestohlen worden ist. Es bringt nichts, wenn ich sage, es war in der U3 um 15 Uhr 30. Es ist immer noch so, dass die Leute sich das nicht trauen. Sie haben Angst, dass der Beamte oder die Beamtin sagt, ‚Was machen Sie denn dort?!’” Auf Initiative der GayCops wird das Thema Homosexualität heute in der Grundausbildung behandelt. Derzeit ist Widi besonders stolz auf eine Plakataktion, im Zuge derer in jeder Wiener Polizeistation ein Plakat mit der Aufschrift „Hilfe für Lesben, Schwule und Transgender” sichtbar aufgehängt wurde. Trotz berechtigter grundsätzlicher Kritik an der Exekutive und den Fällen polizeilicher Willkür und Repression gegenüber Aktivist_innen, die für Minderheitenrechte kämpfen, ist die Courage und das Engagement der GayCops sehr zu begrüßen. Da Polizist_innen trotz ihrer Weisungsgebundenheit über einen gewissen Handlungsspielraum verfügen, wird eine veränderte Einstellung zu Homosexualität innerhalb der Polizei Auswirkungen auf ihren Umgang mit Lesben, Schwulen und Transgendern in der täglichen Arbeit mit sich bringen. l
Sonja Hofmair studiert Politikwissenschaft in Wien und ist Redakteurin bei „Radio Stimme“, der Sendung der Initiative Minderheiten.
Literatur: Behr, Rafael: „Polizeiarbeit – immer noch Männersache? Tradition, Hegemonie und die Folgen der Geschlechterdebatte in der Polizei”. In: Peter Leßmann-Faust (Hg.): Polizei und Politische Bildung. VS Verlag 2008. Connell, Raewyn (vormals Robert): Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. VS Verlag 2006. Jaschke, Hans-Gerd: Öffentliche Sicherheit im Kulturkonflikt. Zur Entwicklung der städtischen Schutzpolizei in der multikulturellen Gesellschaft. Campus 1997. Werdes, Bärbel: Frauen in der Polizei – Einbruch in eine Männerdomäne. In: Hans-Jürgen Lange (Hg.): Die Polizei der Gesellschaft – zur Soziologie der inneren Sicherheit. Leske+Budrich: Opladen 2003. Internetquellen: Rosa Antifa Wien: „Ein bisschen was Grundsätzliches”. www.raw.at/texte/attack/ wir_ueber_uns.htm Schorn, Herbert: „Als Lesbe bei der Polizei: ,Tabuthema’. In: OÖ Nachrichten – Online-Ausgabe. www. nachrichten.at/oberoesterreich/linz/art66,419132
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an.riss international alternativer nobelpreis Gesundheit für alle Den mit 200.000 Euro dotierten „Alternativen Nobelpreis” der Stockholmer Stiftung „Right Livelihood Award” teilen sich heuer Nnimmo Bassey (Nigeria), Erwin Kräutler (Brasilien), Shrikrishna Upadhya von der Organisation Sappros (Nepal) und die „Physicians for Human RightsIsrael” (PHRI, „MedizinerInnen für Menschenrechte-Israel”). PHRI wurde 1988, zur Zeit der ersten Initifada, von der Ärztin Ruchama Marton gegründet und ist ein Zusammenschluss israelischer und palästinensischer MedizinerInnen mit dem Ziel, allen Menschen unabhängig von ihrem Rechtsstatus, ihrer Nationalität/Ethnizität und Religion medizinische Versorgung zu gewähren. Insbesondere in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten, wo kein gesetzlicher Anspruch auf medizinische Versorgung besteht, ist die ärztliche Betreuung durch PHRI unentbehrlich. PHRI organisiert nicht nur direkte medizinische Versorgung, wie z.B. eine mobile Klinik für Gefangene, Asylsuchende und Undokumentierte oder eine Frauenklinik, sondern engagiert sich auch in Kampagnen gegen eine Politik, die beim Zugang zum Gesundheitswesen zwischen Israelis und AraberInnen auf diskriminierende Weise unterscheidet. Die Preise werden am 6. Dezember im schwedischen Parlament in Stockholm überreicht. atina www.rightlivelihood.org
Ruchama Marton, Physicians for Human Rights-Israel
vereinte nationen Menschenrecht auf Wasser Ende Juli 2010 nahm die UN-Generalversammlung eine von Bolivien vorgelegte Resolution an, die den Anspruch auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen zum Menschenrecht erklärt – allerdings ohne völkerrechtliche Verpflichtung. Die Resolution wurde von den 163 anwesenden UN-Mitgliedstaaten mit großer Mehrheit angenommen, 41 – fast ausschließlich Industriestaaten – enthielten sich jedoch ihrer Stimmen, darunter Großbritannien und die USA. Der Beschluss löste eine Kontroverse unter den Mitgliedsstaaten aus. Während die USA die Resolution der Generalversammlung noch ablehnten – mit der Begründung, das internationale Recht anerkenne kein Recht auf Wasser und Sanitäranlagen –, befürworten sie nun eine weitere Entschließung, nämlich jene des Genfer UN-Menschenrechtsrates, die am 30. September verabschiedet wurde: Demnach kann „das Recht auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen direkt aus dem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard abgeleitet werden”. Großbritannien lehnt hingegen mit demselben Argument auch diese Resolution ab. Mit dem Beschluss des UN-Menschenrechtsrates wird der Anspruch auf Wasser und Sanitärversorgung rechtlich bindend: Die Mitgliedstaaten sind nunmehr verpflichtet, dieses Menschenrecht zu erfüllen bzw. sicherzustellen, dass dieses einklagbar ist. Damit wird die jahrelange Diskussion um die Frage, ob es ein solches Recht überhaupt gibt, endlich beendet. Laut den Vereinten Nationen haben 884 Millionen Menschen noch immer einen unzureichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser. Ganze 2,6 Milliarden leben ohne grundlegende Sanitärversorgung. Jährlich fordern die Folgen von verschmutztem Wasser mehr Menschenleben als AIDS, Malaria und Masern zusammen. sane/viyu www.ohchr.org, www.institut-fuer-menschenrechte.de, www.amnesty.ch, www.humanrights.ch, http://derstandard.at
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weltliteratur Die neue Formensprache der Marie NDiaye Es ist bereits die zweite wichtige Auszeichnung, die der französischen Autorin Marie NDiaye für ihren Roman „Drei starke Frauen” verliehen wurde. Nachdem sie im vergangenen Jahr den „Prix Goncourt”, einen der begehrtesten Literaturpreise Frankreichs, erhalten hatte, wurde ihr Buch Ende September auch mit dem „Internationaler Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt” in Berlin ausgezeichnet. Durch den mit 25.000 Euro dotierten Preis wurde ein Werk gewürdigt, das vorführt, „was Schreiben jenseits der althergebrachten Kategorien von Heimat und Herkunft sein kann: ‚Weltkulturliteratur’ jenseits von Migration und Exil, die eine neue grenzüberschreitende Formensprache vorantreibt”, wie es in der Begründung der JurorInnen heißt. NDiaye, die 1967 nahe Paris als Tochter einer französischen Mutter und eines senegalesischen Vaters geboren wurde, schildert in ihrem Roman drei höchst unterschiedliche Frauenbiografien zwischen Afrika und Europa. Die Schriftstellerin selbst lebt inzwischen in Berlin. „Ich wollte weg aus Frankreich. Seit Sarkozy an der Macht ist, ist die Atmosphäre vergiftet”, sagte sie 2009 in einem Interview mit dem „Tagesspiegel”. Der Übersetzerpreis in der Höhe von 10.000 Euro ging an Claudia Kalscheuer, die den Roman ins Deutsche übersetzte. les www.hkw.de, www.tagesspiegel.de; Marie NDiaye: „Drei starke Frauen”, Suhrkamp 2010, 23,60 Euro
kuwait (K)Eine Reform für Hausangestellte Fast ein Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung in Kuwait wird von Hausangestellten – vorwiegend Arbeitsmigrantinnen – gestellt. Damit weist der Golfstaat den höchsten Anteil an Hausangestellten pro Einwohner_in im Nahen Osten auf. Unter welchen Umständen diese arbeiten
an.riss international und leben, dokumentiert ein aktueller Bericht der Organisation Human Rights Watch (HRW): Nach kuwaitischem Recht sind Arbeitnehmer_innen immer nur bei einem einzigen Arbeitgeber beschäftigt und dürfen diesen ohne dessen Zustimmung nicht wechseln oder verlassen. Hausangestellte, die z.B. wegen unbezahlter Löhne, sexueller Übergriffe oder Misshandlung zu fliehen versuchen oder eine Beschwerde einreichen, werden häufig der „heimlichen Flucht” angeklagt, und die Betroffenen müssen sich vor Gericht verantworten. In den meisten Fällen greift die Regierungsbehörde auf Abschiebung zurück. Das arbeitgeberbasierte System bietet Hausangestellten nur wenig Schutz. Vom Arbeitsrecht, das andere Arbeitnehmer_innen schützt, sind sie ausgeschlossen, Lohnansprüche einzuklagen stellt daher eine besondere Hürde dar. Am 26. September kündigte die kuwaitische Regierung eine Reform des herrschenden Bürgschaftssystems, der sog. Kafala, an. Demnach fungiert der Arbeitgeber als Garant für eine_n ausländische_n Arbeitnehmer_in und kann darüber entscheiden, wo er_sie arbeitet, oder auch den Entzug der Aufenthaltserlaubnis einfordern. Das Kafala-System soll in Zukunft durch eine staatliche Einstellungsbehörde ersetzt werden – ob das Gesetz auch für Hausangestellte gelten wird, wurde allerdings nicht angegeben. „Seit Jahren spricht die Regierung von einer ‚Kafala’-Reform. Die Maßnahmen zum Schutz dieser Arbeitskräfte müssen nun endlich in die Tat umgesetzt werden”, kommentiert Sarah Leah Whitson, Direktorin der Abteilung Naher Osten bei HRW die jüngste Entwicklung. Angaben von HRW zufolge haben Hausangestellte aus Sri Lanka, Indonesien, den Philippinen und Äthiopien im Jahr 2009 über 10.000 Beschwerden bei ihren jeweiligen Botschaften in Kuwait eingereicht. sane www.hrw.org/de
textilindustrie Faire Uni-Kleidung Ausbeutung ist in der Textil- und Bekleidungsindustrie nicht die Ausnahme, sondern die Regel: Menschenunwürdige Produktionsbedingungen, Hungerlöhne, Repressionen und Diskriminierungen (z.B. in Form sexualisierter Gewalt) gegenüber den mehrheitlich weiblichen ArbeiterInnen stehen in den Produktionsstätten im „globalen Süden” auf der Tagesordnung. Das Projekt „Alta Gracia” in der Dominikanischen Republik vollführt eine Trendumkehr: Mit einem Monatslohn von umgerechnet 500 US-Dollar ist die Bezahlung der ArbeiterInnen in der „Alta Gracia”-Fabrik rund drei Mal höher als der landesweit „reguläre” Lohn in dieser Branche. Ins Leben gerufen wurde das Projekt vom US-amerikanischen Bekleidungsunternehmen „Knights Apparel”. Die im Jahr 2000 von Joe Bozich gegründete Firma schloss Abkommen mit zahlreichen US-Universitäten und löste Nike als größten Anbieter von College-Logo-Bekleidung ab. Derzeit lässt das Unternehmen in 30 Zulieferbetrieben auf der ganzen Welt produzieren. „Alta Gracia” wurde 2008 in Zusammenarbeit mit dominikanischen GewerkschafterInnen, Uni-AktivistInnen aus den USA und dem „Workers Rights Consortium” initiiert, einer Vereinigung von 186 Universitäten, die dafür eintritt, dass die Hersteller von Universitäts-Labelkleidung den ArbeiterInnen z.B. faire Löhne zahlen und gewerkschaftliche Organisierung erlauben. Die T-Shirts und Kapuzenpullis von „Alta Gracia”, die u.a. von den „United Students Against Sweatshops” beworben werden, kosten zwischen 18 und 40 US-Dollar und werden seit diesem Herbst auf über 250 Uni-Campi in den USA vertrieben. Wie lange diese Idee „profitfähig” ist, wird sich weisen. ExpertInnen sind sich jedenfalls sicher, dass StudentInnen eine Marke vorziehen werden, die damit wirbt, dass sie ArbeiterInnen gerechte Löhne zahlt. atina/viyu www.workersrights.org, http://en.maquilasolidarity.org, http://altagraciaapparel.com, www.nytimes.com
medienmix It gets better! Der Youtube-Kanal It gets better Project wurde für LGBT-Teenager ins Leben gerufen, nachdem es in den USA eine Serie von Suiziden junger Schwuler gegeben hatte: „Here’s what you can do: Make a video. Tell them it gets better.” Diesem Aufruf folgten zahlreiche Aktivist_innen – darunter auch viele Celebrities –, deren unterschiedliche Lebensgeschichten Mut machen und optimistisch stimmen. Wer selbst ein Video uploaden möchte, sei versichert: Glückliche Frauen aus der ganzen Welt werden immer gebraucht. fis
Nisaa heißt Frau Der erste kommerzielle Frauenradiosender in Palästina, Nisaa FM, sendet seit Sommer sechs Stunden pro Tag aus Ramallah. Nach eigenen Angaben „unpolitisch”, möchten die Macher_innen (nicht nur) Frauen unterhalten, informieren und zum Grenzen überschreitenden Austausch inspirieren. Gleichzeitig ermutigt Nisaa FM seine Hörer_innen mit Erfolgsgeschichten und Diskussionen, ihre Rechte als Frauen in der palästinensischen Gesellschaft zu artikulieren. Der Stream ist unter www.radionisaa.net/english.html erreichbar. fis
Anti-Populismus Die neueste Ausgabe der feministischen Politik- und Theorie-Zeitschrift Olympe aus der Schweiz versammelt Beiträge zum Thema Burka und Kopftuch: „Wider die Instrumentalisierung von Frauenrechten” lautet der Schwerpunkttitel programmatisch. Denn: „Die zentrale Frage der Gleichstellung muslimischer Frauen ist nicht das Kopftuch, nicht die Burka, sondern die Frage, wie ihre Rechte garantiert und durchgesetzt werden können”, so die Herausgeberinnen im Vorwort. Heftbestellungen und Infos unter: www.olympeheft.ch. viyu November 2010 an.schläge l 15
thema: gender medizin
Wie kommt das Geschlecht in den Körper? Vor einigen Jahren behandelten die an.schläge in einem Schwerpunkt das Thema Gender Medizin (siehe Ausgabe 11/2006). Zahlreiche Kongresse, eine Professur und einen Universitätslehrgang später klopfen wir das Thema erneut ab: Wo steht die Gender Medizin heute? Was weiß diese junge Wissenschaft über die Rolle von Geschlecht in der Erforschung und Behandlung von Krankheiten? Und welche Forderungen stellen Kritiker_innen an die Gender Medizin?
Status, quo vadis?
Gender, Gender... das klingt irgendwie so melodisch und harmonisch.
Wenn der wüsste, was es bedeutet...
Collagen: SylK
Gender Medizin ist heute endgültig in Österreich angekommen. Eine kritische Bestandsaufnahme dieser jungen Disziplin von Bettina Enzenhofer.
1 In Veröffentlichungen zu Gender Medizin wird zwar auch auf Transidente oder Intersexuelle Bezug genommen, nichtsdestotrotz wird in der Regel von einem binären Geschlechtersystem ausgegangen.
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Sind Männer vom Mars, Frauen von der Venus? Ein derartiges Differenzdenken liegt gegenwärtig auch in der Medizin im Trend. Der aktuelle Name dafür: Gender Medizin. Das im englischsprachigen Raum als „Gender Based Medicine” bekannt gewordene Fachgebiet richtet den Blick auf medizinisch relevante Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Es analysiert, ob, wie und warum es Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern gibt: in der Entwicklung von Krankheiten, in der Behandlung sowie in der Verfügbarkeit von adäquaten Therapien und Diagnosemethoden. Auch sozialmedizinische Aspekte, wie die von
Patient_innen selbst unternommenen Bemühungen zur Bewältigung ihrer Krankheit, die Bereitschaft zur Kooperation mit Ärzt_innen bzw. die Interaktion zwischen Ärzt_in und Patient_in, interessieren die geschlechtssensible Medizin. Den Begriff „Gender” entlehnt die vergleichsweise junge Disziplin aus der Geschlechterforschung und sagt: Mit dem biologischen Geschlecht („Sex”) werden wir geboren, das soziale Geschlecht („Gender”) und damit geschlechtsspezifische Lebensbedingungen prägen sich aber auch in den Körper ein und haben einen mindestens ebenso großen Einfluss auf Krankheit und Gesundheit. Das Ziel einer
geschlechtssensiblen Medizin ist eine für beide Geschlechter1 angemessene medizinische Versorgung. Organ-Inspektion. Gender Medizin ist mittlerweile auch in Österreich auf universitärer Ebene verankert: Im Jänner dieses Jahres wurde in Wien die erste und bisher einzige Professur für Gender Medicine an Alexandra Kautzky-Willer vergeben. Die Medizinische Universität Wien bietet außerdem seit diesem Wintersemester einen postgradualen Lehrgang zu Gender Medizin an. In die Curricula ist Gender Medizin ohnehin schon länger integriert – an den österreichischen medizinischen Universitäten
thema: gender medizin kommen Studierende heute an den gesundheitsbezogenen Gender-Aspekten nicht mehr vorbei. Die Österreichische Gesellschaft für geschlechtsspezifische Medizin (ÖGGSM) tagt regelmäßig, in Berlin fand im September die „Summer School on Gender Medicine” statt, und Ende November wird in Tel Aviv der 5. Kongress der International Society of Gender Medicine (IGM) ausgetragen. Mit der Etablierung der geschlechtssensiblen Medizin geht es also voran. Doch die Frage ist: Inwieweit ist Gender für die Gender Medizin wirklich relevant? Denn in den meisten Kongressprogrammen oder Büchern zum Thema ist die Abwesenheit der Gender Studies, die in Gender-Fragen die meiste Kompetenz hat, besonders auffällig. Davon unbeeindruckt werden unter dem Titel „Gender Medizin” unterschiedlichste medizinische Fachrichtungen neu geschrieben: mit Fokus auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern, die nun „in nahezu jedem Organ des menschlichen Körpers”2 entdeckt werden. Hand aufs Herz. Angefangen hat alles mit der Kardiologin Marianne Legato. Sie erkannte Ende der 1980er Jahre, dass sich Frauen und Männer in puncto Herzkrankheiten unterscheiden. Legato gilt als Pionierin: Sie gründete 1997 das „Partnership for Gender-Specific Medicine” an der Universität von Columbia und das „Journal of GenderSpecific Medicine” (heute: „Gender Medicine”). Ihre Bücher waren wegweisend, ihr Wissen zu den kardiologischen Unterschieden zwischen Frauen und Männern ist heute einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Dachte man jahrzehntelang, dass z.B. ein Herzinfarkt typischerweise von Symptomen wie einem brennenden Druckschmerz, der in den linken Arm ausstrahlt, begleitet wird, so weiß man heute, dass bei jeder fünften Frau die Symptome ganz anders aussehen können: Schmerzen können im Oberbauch oder Rücken auftreten und zu Kurzatmigkeit, Übelkeit und Schweißausbruch führen. Der Grund für dieses Unwissen war, dass Frauen in die medizinischen Studien schlichtweg nicht miteinbezogen wurden. Der Mann galt als Norm, in der androzentristischen Vorstellung funktionierte der weibliche Körper ident. Dies
führte zu weiteren Irrtümern, wie etwa zu der Ansicht, dass Frauen bis ins hohe Alter nicht an koronaren Herzkrankheiten erkranken oder zumindest nur an milderen Formen als Männer. Nachdem bis dahin frauenspezifische Symptome nicht als Symptome einer Herzerkrankung wahrgenommen wurden, ein logischer Schluss. Äußerten Frauen ihre „atypischen” Symptome, wurden sie nicht selten als hysterisch abgestempelt, eine Panikattacke oder dergleichen „diagnostiziert”. Heute weiß man, dass koronare Herzkrankheiten bei Frauen öfter zu einem Herzinfarkt führen und öfter tödlich verlaufen als bisher angenommen. Für eine richtige Behandlung ist eine korrekte Diagnose essenziell, Ärzt_innen sind also dazu aufgerufen, auch auf atypische Symptome zu achten. Und dies nicht nur bei Frauen – denn auch Männer können die „weiblichen” Symptome aufweisen. Neu dosiert. Mit der Erforschung kardiologischer Unterschiede machte die Gender Medizin Karriere und wurde mittlerweile um etliche andere Erkenntnisse erweitert: So kennt die
en auf Frauen schloss, überrascht die Erkenntnis der Pharmakologie nicht: Frauen vertragen Medikamente anders als Männer. Heute weiß man, dass Unterschiede der Arzneimittelverarbeitung aus individuellen Eigenschaften resultieren, aber auch Folgen genereller Umstände sein können – was uns wieder zum Geschlecht führt. Aber nicht nur die unterschiedliche Wirkung von Medikamenten muss in einer geschlechtssensiblen Medizin beachtet werden, auch die Verschreibungspraxis gehört hinterfragt. Denn Geschlechtsvorurteile und Unwissenheit seitens der Ärzt_innen können dazu führen, dass über- oder untermedikalisiert wird. Bis heute werden Frauen etwa mehr Psychopharmaka verschrieben als Männern. Mehr Sex als Gender. Dass Unterschiede zwischen den Geschlechtern zunehmend bekannt und erforscht werden, scheint Frauen und Männern vorerst eine bessere medizinische Versorgung zu bringen. Die Unterschiede dürfen aber über eines nicht hinwegtäuschen: Es gibt auch Gemeinsamkeiten. In einzelnen Merkmalen können Frauen bzw. Männer
Äußerten Frauen ihre „atypischen“ Symptome, wurden sie nicht selten als hysterisch abgestempelt, eine Panikattacke oder dergleichen „diagnostiziert“. Medizin heute z.B. in der Psychiatrie, der Onkologie, Rheumatologie oder Intensivmedizin geschlechtsspezifische Besonderheiten, ebenso werden u.a. das Immunsystem, das Knochengerüst, der Verdauungstrakt oder die Lunge unter die Gender-Lupe genommen. Von besonderer Relevanz ist die Pharmakologie: Arzneimittel wirken nämlich nicht bei allen Menschen gleich. Am individuellen Stoffwechsel sind viele Faktoren beteiligt, derselbe Wirkstoff kann deshalb bei mehreren Patient_innen ganz unterschiedlich umgesetzt werden und infolgedessen unterschiedliche (Neben-) Wirkungen zeigen. Selbst die Darreichungsform von Medikamenten kann ausschlaggebend für die Wirkung sein. Nachdem Frauen bis vor einigen Jahren aus klinischen Studien zur Arzneimittelwirkung ausgeschlossen waren und man von den Ergebnissen der Männerstudi-
innerhalb ihrer Geschlechtsgruppen mehr differieren als die Gruppen untereinander. Genau darum geht es auch in einer geschlechtssensiblen Medizin: Worin unterscheiden sich die Geschlechter – und worin gleichen sie sich? „Der Balanceakt einer frauen- und männergerechten Biomedizin besteht nun darin, diese Unterschiede einerseits durch klinische und experimentelle Studien herauszufinden und andererseits nicht durch Überbewertung der biologischen Unterschiede mögliche andere Einflüsse bei der Entstehung von Krankheiten zu übersehen”, schreibt die Humanbiologin Angelika Voß.3 Gender Medizin bewegt sich also stets zwischen Sex und Gender. Doch genau in diesem Balanceakt entstehen Missverständnisse. Denn Gender Medizin ist heute, so wie sie meistens kommuniziert wird, eigentlich eine „Sex Medizin”, wie
2 Nippert, Irmgard: „Frauengesundheitsforschung und ,gender based medicine’”, in Cottmann, Kortendiek, Schildmann (Hg.innen): Das undisziplinierte Geschlecht. Frauen- und Geschlechterforschung – Einblick und Ausblick. Leske + Budrich 2000. 3 Voß, Angelika: Frauen sind anders krank als Männer. Plädoyer für eine geschlechtsspezifische Medizin. Heinrich Hugendubel Verlag 2007.
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thema: gender medizin Expert_innen kritisieren. Der Fokus liege häufig auf biologischen Unterschieden, nicht jedoch auf sozialen oder strukturellen Bedingungen, wie es der Begriff Gender nahelegen würde. „Wo Gender
was Gender Medicine aber meint, ist eine Analyse der Ergebnisse hinsichtlich der unterschiedlichen soziologischen Rollenmuster beziehungsweise der GenderGerechtigkeit.” Oft wird es auch als
Die Gender Medizin schöpft ihr eigentliches Potenzial nicht aus. Denn der Geschlechterdualismus, der in einer hierarchisierenden Geschlechterordnung gipfelt, wird von der Gender Medizin meist nicht angezweifelt. draufsteht, ist sehr oft Gender nicht drinnen, sondern zwar auch wichtige und gut gemachte, aber streng naturwissenschaftlich biologisch-medizinische Forschung”, sagt die Wiener Frauengesundheitsbeauftragte Beate Wimmer-Puchinger.4 „Das
„politisch korrekt” angesehen, „Gender” auf etwas zu schreiben, das eigentlich nur mit biologischen Faktoren zu tun hat, wie die Wissenschaftlerin Jennifer Fishman und ihre Kolleginnen feststellten5 – ein begrifflicher Irrtum.
Begriffe unterm Mikroskop. Diese Begriffsverwirrung entsteht wohl auch deshalb, weil das Konzept „Gender” für Mediziner_innen neu ist. „Es gibt viel Unverständnis. Die Sozial- und Naturwissenschaften schaffen es einfach nicht, aufeinander zuzugehen, das ist ein Kommunikationskonflikt”, sagt die Wissenschaftlerin Renate Baumgartner. „Mediziner_innen wollen sich oft auch nicht ihre selbstverständlichen Kategorien – wie die Differenz zwischen Frauen und Männern – infrage stellen lassen.” Eine Universitätsangestellte, die nicht genannt werden will, erzählt: „Viele Lehrende haben den Eindruck: Sobald ich mich den Unterschieden zwischen Frauen und Männern widme, arbeite ich gendergerecht. Das hat aber mit Gendergerechtigkeit nichts zu tun, sondern ist biologistische Forschung.”
Von Frau zu Gender
4 Wimmer-Puchinger, Beate et al.: „Was Frauen gut tut: Frauenpolitische Praxis, Frauengesundheitsforschung, Feministische Theorie”, in: Gerlinde Mauerer (Hg.in): Frauengesundheit in Theorie und Praxis: Feministische Perspektiven in den Gesundheitswissenschaften. transcript 2010. 5 Fishman, Jennifer, Wick, Janis, Koenig, Barbara: „The use of ,sex’ and ,gender’ to define and characterize meaningful differences between men and women”, in: Agenda for Research on Women's Health for the 21st Century: A Report of the Task Force on the NIH Women's Health Research Agenda for the 21st Century, 2, 1999.
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Ohne Frauengesundheitsbewegung gäbe es heute keine Gender Medizin. Bettina Enzenhofer hat sich die Anfänge dieser Entwicklung angesehen. Die Zweite Frauenbewegung revoltierte gegen ein paternalistisches Medizinsystem. Ausgehend von den USA kam die Frauengesundheitsbewegung der 1960er/70er Jahre mit der Diskussion über die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs („Mein Körper gehört mir!”) auch nach Europa. Grundlegend war die Publikation „Our Bodies Ourselves” des Boston Women’s Health Book Collective (1973), das die Sicht auf den weiblichen Körper revolutionierte: In diesem Buch konnten sich Frauen erstmals in einer auch für NichtMediziner_innen verständlichen Sprache über ihre Körper informieren. Sie forderten Selbstbestimmung über ihren Körper ein, die eine von Männern dominierte Medizin ihnen bis dahin nicht zugestand. Wichtige Themen der frühen (und durchaus heterogenen) Frauengesundheitsbewegung waren u.a. spezifische weibliche körperliche Erfahrungen wie Sexualität/Reproduktion/Geburt, Missbrauch, Gewalt, Depression, Sucht und frauenspezifische Gesundheitsförderung. Eine Errungenschaft der Frauengesundheitsbewegung ist die vermehrte Einbeziehung von Frauen in klinische Studien: Bis Anfang der 1990er Jahre wurden sie – um „Risiken” (wie z.B. eine Schwangerschaft) zu minimieren und auf die unterschiedlichen Hormonlagen nicht eingehen zu müssen – systematisch ausgeschlossen. Der Mann wurde als Norm gesetzt – dass Frauen und Männer Medikamente unterschiedlich vertragen könnten, bedachte man nicht. Zentraler Kritikpunkt der Frauengesundheitsforschung war und ist die Medikalisierung weiblicher Lebensphasen, wie z.B. Menstruation, Schwangerschaft oder Menopause – diese sind keine aus der „Schwäche” der Frauen resultierenden, behandelbaren „Krankheiten”, sondern spezifische Körper-
erfahrungen, die in einem gesellschaftlichen Kontext gesehen werden müssen. Gesundheit wird in der Frauengesundheitsforschung als dynamischer Prozess mit einer Vielzahl von Einflüssen gesehen, hier werden sowohl medizinische als auch soziale, psychologische, ökonomische und politische Aspekte integriert – anders als in konventionellen biomedizinischen Konzepten. Aktuell lässt sich eine neue Anforderung an Frauen beobachten: Die Freiheit, selbst zu entscheiden, wird zu einer Pflicht; Frauen sind jetzt Managerinnen ihrer eigenen Gesundheit. Bei immer mehr vorgeschriebenen oder empfohlenen Untersuchungen (etwa in der Schwangerschaft) stehen Frauen unter Druck, kompetent und informiert zu sein. Wissensvermittlung und kritische Aufklärung leisten bis heute Frauengesundheitszentren, die infolge der Frauengesundheitsbewegung gegründet wurden. Frauengesundheit bleibt aber immer ambivalent: Denn Frauen sind keine homogene Gruppe, es gibt nicht die Frauengesundheit. Vielmehr muss man beachten, welche Frau in welcher speziellen Lebenssituation betroffen ist – daran sollten sich medizinische Angebote orientieren. Die frühe feministische Kritik hat politische Früchte getragen: In der „Ottawa Charta” der Weltgesundheitsorganisation (1986) wurde bspw. Chancengleichheit in der Gesundheitsforschung verkündet, bei der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking (1995) wurde u.a. das Recht von Frauen auf gesundheitliche Selbstbestimmung beschlossen. Auf EU-Ebene wurde 1997 im Vertrag von Amsterdam Gender Mainstreaming festgeschrieben. Durch dieses gleichstellungspolitische Instrument fand eine wesentliche Akzentverschiebung statt: Weg von einer spezifischen Frauengesundheitsforschung hin zu einer geschlechtersensiblen Gesundheitsforschung. l
thema: gender medizin Auch in medizinischen Fachpublikationen werden die Begriffe häufig falsch verwendet, wie Nancy Krieger von der Harvard School of Public Health feststellte.6 In den von ihr analysierten Texten würden Sex und Gender oft synonym gebraucht. Dies sei aber falsch – denn wir besitzen immer Gender und Sex gleichzeitig. Für bestimmte Gesundheitsbedingungen sei vielmehr zu fragen: Sind Sex und Gender beide relevant – oder keines oder nur eines von beiden? Und vor allem Forscher_innen müssen sich im Klaren darüber sein, mit welchem Begriff sie arbeiten, und damit auch, auf welcher Ebene – falls überhaupt – Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu finden sind. Auch Angelika Voß und Brigitte Lohff kritisieren, „dass die Humanmedizin als normierende und standardisierende Disziplin und Disziplinierung des (geschlechtlich definierten) Körpers auf dem Fundament der ,sex based biology’ ruht”. Dieses grundlegende Denken in biologisch manifesten Dichotomien werde aber durch eine geschlechtssensible Medizin nicht automatisch
vorausgesetzt wird”, kritisiert auch die Medizinerin Alice Chwosta.8 Gender verliere im medizinischen Diskurs an
Nicht unsere biologischen Anlagen, sondern vor allem die individuelle Lebenswelt sowie ihre spezifische historische, soziale und kulturelle Eingebundenheit sind relevant. aufgelöst: „Denn mit der Feststellung des Andersseins als die Andere oder der Andere wird noch keine Garantie für die Anerkennung von Differenz als nicht-pathologisch, nicht-krankhaft und nicht-therapiebedürftig gegeben.”7 Geschlechterdualismus. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Gender Medizin schöpfe ihr eigentliches Potenzial nicht aus. Denn der zunächst von der Queer Theory und danach auch von den Gender Studies hinterfragte Geschlechterdualismus, der in einer hierarchisierenden Geschlechterordnung gipfelt, wird von der Gender Medizin meist nicht angezweifelt. Stattdessen trifft der Begriff Gender „auf einen fest etablierten biologistischen Begriff von Geschlecht (sex), in dem nach wie vor eine fixe dichotome Geschlechterordnung als biologisch d.h. natürlich
Weite und Vielfalt, bleibe stets eine pure Abgrenzung von Sex. „Die Gefahr eines rein in Abgrenzung verhafteten gender Begriffs ohne Verständnis für die Mechanismen der sozialen Konstruktion von Geschlecht unter dem Motto ,das, was nicht sex ist, nennen wir jetzt eben gender’ ist (…) gegeben
x/ er e s nd ge
und bestätigt sich in der momentanen Entwicklung einer Gender Medizin, die vielfach soziales Frau- bzw. Mannsein als unhinterfragte Gegebenheit, wenn nicht biologisch, dann eben als sozial gelernt aufnimmt”, so Chwosta. Die für die Frauengesundheitsbewegung nach wie vor gültige Kritik an der Geschlechterordnung verschwinde in einer derartigen Gender Medizin. Das bestätigt auch Victoria Grace von der School of Social and Political Sciences der Universität von Canterbury.9 Gender Medizin dichotomisiere und essentialisiere das biologische Geschlecht, denn sie definiere „männlich” und „weiblich” als streng entgegengesetzt. Auch die Sex/Gender-Trennung, die eine „biologische” Geschlechtskompo-
Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO): „Sex“ verweist auf biologische und physiologische Eigenschaften, die Männer und Frauen definieren. „Gender“ bezieht sich auf die sozial konstruierten Rollen, Verhaltensweisen, Aktivitäten und Eigenschaften, die in einer Gesellschaft für Männer und Frauen als angemessen angesehen werden.“ Gender Policy der WHO: „Gender wird verwendet, um jene Eigenschaften von Frauen und Männern zu beschreiben, die sozial konstruiert sind, während Sex sich auf Eigenschaften bezieht, die biologisch determiniert sind. Menschen werden als weiblich oder männlich geboren, lernen aber, Mädchen und Buben zu sein, die dann zu Frauen und Männern werden. Dieses gelernte Verhalten macht die Gender-Identität aus und determiniert Gender-Rollen.“ Quelle: www.who.int/gender
6 Krieger, Nancy: „Genders, sexes, and health: what are the connections – and why does it matter?”, in: International Journal of Epidemiology, 32/2003. 7 Voß, Angelika, Lohff, Brigitte: „Nach-Denkliches zur Gender Medizin”, in: Rieder, Lohff (Hg.innen): Gender Medizin. Geschlechtsspezifische Aspekte für die klinische Praxis. Springer 2004. 8 Chwosta, Alice: „Frauengesundheit – Gender Medizin quo vadis?”, in: AEP Informationen. Feministische Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, 3/2006. 9 Grace, Victoria: „Beyond dualism in life sciences: implications for a feminist critique of gender-specific medicine”, in: Journal of Interdisciplinary Feminist Thought, 2/1/1/2007.
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thema: gender medizin
nente von einer „sozialen” unterscheidet, stehe der Re-Theoretisierung einer nicht-dualistischen Biologie entgegen. Denn gerade diese Fragestellungen der Gender Studies könnte eine kritische Gender Medizin aufnehmen: Wie können wir Geschlecht neu und nicht-dualistisch denken? Ohne Kritik am Geschlechterdualismus könnte sich Medizin in eine Richtung entwickeln, die Frauen und Männer als komplett unterschiedliche genetisch determinierte Gruppen betrachtet, die auch quantitativ und qualitativ anders behandelt werden müssten.
Für mehr Grauzonen. Gender Medizin könnte, will sie ihrem Namen gerecht werden, tatsächlich interdisziplinär ausgerichtet sein. Das würde zum einen bedeuten, dass sie Erkenntnisse von Gender Studies, Frauenforschung, Soziologie etc. ernst nimmt. Zum anderen würde sie auch andere Faktoren der Ungleichbehandlung und ihre Interaktion in Betracht ziehen: Geschlechtliche Arbeitsteilung, Armut, Stress etc. wirken sich auf die individuelle Gesundheit aus. Nicht unsere biologischen Anlagen, sondern vor allem die individuelle
er d n as ge bi
Weiterführende Literatur: Hochleitner, Margarethe (Hg.in.): Gender Medicine. Ringvorlesung an der Medizinischen Universität Innsbruck. Bände 1–3. Facultas 2008, 2009, 2010 Legato, Marianne: Evas Rippe. Die Entdeckung der weiblichen Medizin. Kiepenheuer & Witsch 2002.
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Lange Zeit unterlag die Medizin einem Gender Bias und agierte alles andere als geschlechtergerecht. Margrit Eichler und andere Wissenschaftler_innen definierten drei wesentliche Formen der verzerrten geschlechterbezogenen Wahrnehmung: Androzentrismus, Geschlechterinsensibilität und doppelte Bewertungsmaßstäbe. Eine androzentristische Perspektive setzt Männer als Norm voraus – Frauen werden unter diesem männlichen Blickwinkel marginalisiert oder sind unterrepräsentiert. Geschlechterinsensibilität heißt, dass das biologische oder soziale Geschlecht außer Acht gelassen wird. Liegen doppelte Bewertungsmaßstäbe vor, werden gleichartige Situationen, Eigenschaften oder Verhaltensweisen je nach Geschlecht unterschiedlich beurteilt. Dazu gehören auch Geschlechterstereotype (Charaktereigenschaften werden als naturgegeben, nicht als sozial konstruiert verstanden) und starre Geschlechterdichotomien: Die Geschlechter werden so behandelt, als wären sie von Grund auf unterschiedliche Gruppen anstatt Gruppen mit sich überschneidenden Merkmalen. Quelle: Eichler, Margrit, Reisman, Anna Lisa, Borins, Elaine Manace: „Gender Bias in Medical Research“ in Women & Therapy, 12, 4, 1992.
Lebenswelt sowie ihre spezifische historische, soziale und kulturelle Eingebundenheit sind relevant. „Hier schwindet gegenwärtig eine großartige Chance durch den Verlust einer geschlechterkritischen feministischen Perspektive”, schreibt Chwosta. „Jene Grauzonen der Intersektion von Biologie und sozialer Umwelt, die in der Festschreibung in den Körper betrachtet werden könnten, werden aus dem Blick verloren. Denn auch das ist Gender Medizin, oder könnte es sein.” Und Voß sieht noch eine weitere Chance: Durch die Geschlechterperspektive werde nämlich auch die Hierarchie, in der die Biologie an der Spitze, die sozialen, kulturellen und psychischen Einflussfaktoren hingegen weiter unten angesiedelt sind, infrage gestellt. Denn auch wenn es Sex-Unterschiede gibt: So groß sind sie nicht – vielmehr werden sie oft überbewertet. Doch Forschung, die sich differenziert mit den verschiedensten sozialen Faktoren und ihren Auswirkungen auf die individuelle Gesundheit beschäftigt, ist teuer. Notwendig ist sie aber unbedingt: Denn Gender Medizin darf nicht bedeuten, Frauen und Männer in zwei biologische Lager zu spalten und auf dahinter stehende Konstruktionsmechanismen zu vergessen. l
thema: gender medizin
„Frauen-Medizin wäre mir zu wenig gewesen“ Wie sehen die Rahmenbedingungen für die Gender Medizin an den medizinischen Hochschulen aus? Sylvia Köchl und Bettina Enzenhofer trafen Karin Gutiérrez-Lobos, Vizerektorin der Medizinischen Uni Wien, zum Gespräch.
Schau mal! Stark erhöhte Genderwerte!
Super, dann geht endlich was weiter!
an.schläge: Wie schwer ist es, an einer medizinischen Universität eine Disziplin zu verankern, deren Grundlage aus den Sozialwissenschaften stammt, wie es bei Gender Medizin der Fall ist? Das war eine Konsequenz aus jahrelangen Diskussionen und schlussendlich eine logische Entwicklung, wenn auch eine mit Stolpersteinen. Am Beginn stand die Frauengesundheitsbewegung in den USA in den 1970er Jahren, und die Sozialwissenschaften haben sich dem Thema und der Definition von Gender gewidmet. Nach und nach haben auch medizinische Wissenschaften das Thema besetzt: Man ist draufgekommen, dass man da auf naturwissenschaftlicher Ebene sehr viel herausfinden kann. Seit kurzem gibt es die Professur für Gender Medizin in Wien. Wir haben allerdings gehört, dass sie nicht so gut ausgestattet wurde, was Geld und Mitarbeiter_innen betrifft … Ich glaube, dass das vorderhand passt, aber man kann immer nachbessern. Wichtig ist, dass der Ansatzpunkt von allen akzeptiert und gut ist, er ist ein wichtiges Zeichen. Aber: Institutionen – wie Universitäten – sind zäh. In Österreich dürfen Frauen überhaupt erst seit 1900 Medizin studieren, die
Universität besteht aber seit 1365. Viele – auch Frauen – tun sich das nicht an, in so einem System zu arbeiten. Ich setze im Moment sehr auf verschiedene Maßnahmen, um Frauen zu animieren, hier weiterzumachen, sich das also doch kurzfristig mal anzutun und dann Fuß fassen zu können.
Im Curriculum ist Gender Medizin mittlerweile fix verankert, und auch die etablierten Professor_innen mussten Gender Medizin in ihre Lehre integrieren. Wie waren die Reaktionen? Bevor das alles implementiert wurde, habe ich in einer Arbeitsgruppe mitgearbeitet, in der es darum ging, Leute aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen zu fragen, welche Themenbereiche und Fragestellungen sie hier einbringen können. Am Anfang gab es noch Erstaunen, wie man überhaupt auf so eine Frage – nämlich die nach dem Gender-Aspekt in der Medizin – kommen kann. Die Diskussionen haben aber dazu geführt, dass die Leute animiert waren, sich damit zu beschäftigen – auch männliche Lehrende. In der Lehre kommt Gender Medizin als „Add On“ daher: Erst lernen die
Studierenden etwas über Anatomie oder Physiologie, Gender Medizin kommt dann erst später als Zusatz hinzu. Ist das Thema damit ausreichend integriert? Wir machen das ja erst seit ein paar Jahren und befinden uns in einer ständigen Weiterentwicklung. Das wird auch eine der Aufgaben der Professur sein, das zu einer größeren Selbstverständlichkeit zu machen. Aber kommt Gender, also die Idee von Geschlecht als soziale Konstruktion, so wie es die Gender-Studies kennen, in der Gender Medizin überhaupt vor? Doch. Ich bin ja auch Psychiaterin, und gerade in der Psychiatrie spielt das eine große Rolle bei der Frage der Psychologisierung von Frauen. Ebenso bei allen Themen, die mit Vorsorge, Lebensumständen, Armut zu tun haben. Oder bei der transkulturellen Kompetenz, denn da geht es nicht nur um Sprachbarrieren, sondern auch um die Frage: Verstehe ich die Konzepte von Gesundheit und Krankheit? In anderen Bereichen, wo es einen harten Befund gibt, zum Beispiel einen Knoten im Hirn, da gibt es wenig zu philosophieren. November 2010 an.schläge l 21
thema: gender medizin Die ersten Erkenntnisse der Gender Medizin kamen aus der Kardiologie, doch z.B. beim Herzinfarkt ist es ja nicht so, dass alle Frauen diesen auf eine bestimmte Weise und alle Männer ihn auf eine andere Weise erleben. Wird das bedacht oder entstehen da vielleicht neue Schubladen? Vermutlich sind sich Männer und Frauen, die ärmer sind, sehr oft ähnlicher als eine arme Frau und eine reiche Frau. Ich glaube aber, man soll sich nicht verrennen. Ich halte es für ganz wichtig, als Arzt oder Ärztin zu wissen, dass es Unterschiede geben kann. Im Umgang mit PatientInnen merkt man ohnehin, dass sich da nichts über einen Kamm scheren lässt. Man muss aber bereits im
felder ergeben, wenn man solche Ergebnisse diskutiert und darstellt.
Aber warum können bei Frauen die Symptome eines Herzinfarkts so ganz anders sein als bei den meisten Männern? Ich glaube, dass die Symptome überlagert sind durch andere Dinge. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Bei uns kennen Sie die menopausalen Beschwerden, Hitzewallungen etc. Die Japanerinnen kennen das nicht! Die haben dafür ein Klingeln im Ohr. Das hängt damit zusammen, dass der Stellenwert, den man unterschiedlichen Symptomen in unterschiedlichen Kulturen zuweist, ein anderer ist. Wenn man bei uns in der Zeitung nur liest: Wechseljahre
„Vermutlich sind sich Männer und Frauen, die ärmer sind, sehr oft ähnlicher als eine arme Frau und eine reiche Frau.“ Studium auf diese Faktoren aufmerksam gemacht werden, die man bei Entscheidungen mitberücksichtigen muss, dass es eben einen Unterschied zwischen Männern und Frauen geben kann oder zwischen arm und reich. Es muss gelehrt werden: Wie bedenke ich diese Vielfalt?
1 Margarethe Hochleitner, Kardiologin, weitere Forschungsschwerpunkte: Präventivmedizin, Gender Studies, Frauengesundheit, Migrantinnen. Leiterin der Koordinationsstelle für Gleichstellung, Frauenförderung und Geschlechterforschung an der Medizinischen Universität Innsbruck.
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Wie kommt Gender – das soziale Geschlecht – konkret in den Körper? Für die Psychiatrie können wir das nachvollziehen, aber wie funktioniert das in anderen Bereichen? So selbstverständlich ist es auch in der Psychiatrie nicht. Da gibt es die Untersuchung, dass Frauen mehr an Depressionen erkranken als Männer – allerdings sind es nicht „die Frauen”, sondern die verheirateten. Das kann man erklären: Die haben eine Doppel- und Dreifachbelastung. Es gibt aber viele PsychiaterInnen, die biologisch orientiert sind, die eine Depression sofort mit Medikamenten behandeln. Die werden in so einem Fall nicht viel ausrichten – denn in Wirklichkeit braucht es mehr Kindereinrichtungen, Betreuungseinrichtungen etc. Dieser größere Kontext – und da gebe ich Ihnen Recht – ist in anderen Bereichen der Organmedizin schwieriger zu sehen. Aber letztendlich denke ich doch, dass sich Handlungs-
sind etwas Fürchterliches, weil da wird mir heiß, da mag mich niemand mehr etc. – dann wird das so sein. Dass man z.B. guten Sex hat im Wechsel, wird ja kaum erwähnt. Und wenn Sie ständig lesen, dass Sie bei einem Herzinfarkt ein Ziehen im Arm haben – dann wird das auch so sein. Ich denke, das hat viel mit Zuschreibungen zu tun. Frauen erhalten auch viel weniger Durchuntersuchungen als Männer. Margarethe Hochleitner1 hat festgestellt, dass Männer bei Verdacht auf Herzinfarkt sofort einen Notfallhubschrauber bekommen, Frauen nicht. Durch solche Studien und diese neue Wachsamkeit verbessert sich die Situation der Frauen. Aber Sie können nicht erwarten, dass alle MedizinerInnen hochsoziologische Ideengebäude haben.
Wie sehen Sie die Zukunft der Gender Medizin in Wien und in Österreich? Ich hoffe, dass es in den anderen Städten auch eine Professur geben wird, das wäre wichtig. Und ich wünsche mir, dass das alles zu einer Selbstverständlichkeit wird und Sie mich in ein paar Jahren nicht mehr interviewen müssen (lacht). Wird sich die Gender Medizin auch mal den Gender Studies zuwenden? Berührungspunkte und Kooperationen gibt es ja durchaus schon. Ich finde es
auch sehr wichtig, dass man sich z.B. in der Medizinsoziologie – also von außen – damit beschäftigt, denn durch diese Untersuchungen haben sich neue Aspekte ergeben, auch für die PatientInnen. Vor allem für die Frauen, die jetzt schon viel alerter sind und sagen: Aber ich habe wirklich Kopfweh, machen Sie bitte ein Röntgen! Wobei es in der Gender Medizin aber auch um die andere Seite geht, nämlich: Wie geht es den Ärztinnen? Wie sieht die Hierarchie im Krankenhaus, im Fachgebiet aus? Wer bekommt welches Gehalt? Aber mir ist schon klar, dass wir etwas ganz anderes machen als das, was Sie in den Sozialwissenschaften tun. Bei uns geht es darum zu sehen, ob wir jemanden anders behandeln müssen. Aber wir wollen es trotzdem Gender Medizin nennen, weil Frauen-Medizin wäre mir zu wenig gewesen.
Und wenn man es geschlechtsspezifische Medizin nennen würde? Wir finden, das meiste, was sich heute Gender Medizin nennt, ist eigentlich eine „sex based medicine“ … In vielen Bereichen haben Sie sicher Recht. Geschlechtsspezifische Medizin wäre wohl der bessere Begriff, aber jetzt heißt es Gender Medizin, damit müssen Sie jetzt leben (lacht). Und es stimmt: Gender ist ein Etikett geworden für alles Mögliche. Aber da bitte ich um Nachsicht. Ein Teil davon ist trotzdem drin. Wir schreiben Gender auch deshalb hin, um zu zeigen: Das ist uns wichtig. Darum muss es in Zukunft gehen: Wie kann man die GenderStudies mit naturwissenschaftlichen Perspektiven verbinden? l
Karin Gutiérrez-Lobos ist Vizerektorin für Personalentwicklung und Frauenförderung an der Medizinischen Universität Wien, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapeutin, Moderatorin des Ö1-Radiodoktor u.v.m.
an.sprüche
Das Wahlrecht umverteilen
Die Initiative „Wahlwechsel” führte vor den Wiener Gemeinderatswahlen Wahlberechtigte und Nicht-Wahlberechtige zum Zweck der Stimmrechtsumverteilung zusammen. Simone Prenner „teilte” ihre Stimme als demokratischen Akt, Ana Petretto nahm sich eine Stimme, weil es derzeit nicht gerechter geht. Illustration: Bianca Tschaikner
Unter dem Motto „Repair Democracy” rief ENARA, das österreichische Netzwerk gegen Rassismus, zur selbstorganisierten Umverteilung des Wahlrechts auf. Dem Ausschluss vom Wahlrecht einer steigenden Zahl von Immigrant_innen wurde damit ein demokratischer Akt entgegengesetzt. „Wahlwechsel” unterscheidet sich von solidarischen Erklärungen und öffentlichen Bekundungen für die Demokratisierung politischer Mitbestimmung durch die Notwendigkeit zu teilen. Teilen heißt nicht spenden. Ich habe nicht wahlgewechselt, weil ich sowieso nicht wusste, was ich wählen sollte. Ich habe mein Stimmrecht nicht auf- oder abgegeben, sondern bewusst eingesetzt. Wahlwechsel ist ein realpolitischer Akt der gegenseitigen Bemächtigung. Eine der häufigsten Fragestellungen der Wahlberechtigten während der Wahlwechsel-Kampagne betraf die Umsetzung einer „nicht paktfähigen” Wahlentscheidung der nichtwahlberechtigten Person. Beispielsweise wenn der Wahlauftrag „FPÖ” lautet. Vielleicht wurde hier der Aufruf zur Paarbildung mit einem Aufruf zur Symbiose verwechselt. Wahlwechsel bedeutet für mich nicht, „eine” gemeinsame politische Entscheidung treffen zu müssen oder diese durch Beeinflussung des anderen herbeizuführen. Das hieße, die integrative Praxis „Ausschluss durch Einschluss” weiterzuführen. Und jetzt, nach der Wahl ist vor der Wahl? Das Integrations-Chop-Suey der Parteien wird sich in bekannter „Feinjustierung” zwischen mehr oder weniger Salz bzw. Zucker weiter einkochen. Und das bedeutet für mich, dass wir weiterhin und weiter Wahlwechsel betreiben werden. Vielleicht lässt sich für die nächsten Wahlen auch eine „echt” österreichische Lösung anbieten: Neben jeder Wahlurne ist demnach ein Beichtstuhl einzurichten, strikt getrennt selbstverständlich. Beachten Sie die Reihenfolge: Zunächst wird Ihnen die Beichte abgenommen, und Ihr Beichtgeheimnis bleibt gewahrt. Dann betreten Sie die Wahlkabine. Und siehe da, ein Warnhinweis: Bitte beachten Sie vor der Wahl: Fegefeuer ersatzlos gestrichen!
Ich sag dir, wen du wählen sollst, du kreuzt an. Die Nicht-Wahlberechtigten erheben ihre Stimmen und verschaffen sich dank ihrer stimmberechtigten PartnerInnen, FreundInnen, KollegInnen oder Familienangehörigen ein Mitspracherecht im nationalen Wahldunst. Einheimische, die für Fremde wählen, machten ihr Kreuz nach dem politischen Willen von jemand anderem und verschafften ausgeschlossenen AusländerInnen so eine Stimme. Potenziell korrupt, würde ich sagen. Aber warum nicht, wenn es gerechter nicht geht? Die InitiatorInnen der diesjährigen Wahlwechsel-Kampagne forderten keine „2 people, 1 vote”-Dauerwahllösung, sondern ein grundsätzliches Mitbestimmungsrecht für all jene, deren Lebensmittelpunkt in Österreich ist. Zu viel verlangt? Oder sollten wir alle neoliberale Millionärskinder sein, mit mehreren tausend Euro auf dem Konto, damit wir hierzulande ohne behördlichen Druck studieren bzw. uns locker die Einbürgerung leisten können? Selbst wenn: Mit 1.000 Euro (etwa so viel kostet eine Staatsbürgerschaft) kann man sich bessere Dinge einfallen lassen, als für einen Wisch Papier zu zahlen, der die Einbürgerung inhaltslos bekräftigt, eigentlich aber ab einer gewissen Aufenthaltsdauer und einem gewissen Integrationsgrad automatisch und weitgehend kostenfrei passieren müsste. „Unbefristete Aufenthalte”, einst in den Pässen eingetragen, sind schon längst passé. Selbst jene, die sie hatten, wurden zu einer befristeten Ausländercard mit „Daueraufenthalt-EG” befördert. Für diese verfassungswidrige Aktion in weißen Handschuhen zahlt man immer wieder saftig. Deshalb geht es hier um das Mitspracherecht, das den Leuten, die hier leben und wirken, von Haus aus und unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft gegeben werden sollte. Insofern hat die Wahlwechsel-Initiative ein klares, wenn auch provokantes Signal gesetzt. Alle zusammen, trotz heterogener Urteilskraft, statt isoliert gegeneinander – und die Welt wird besser, denn das wollen wir ja alle, oder?
Simone Prenner, Mitinitiatorin des Wahlwechsels 2010, wahlberechtigt. www.wahlwechsel.at
Ana Petretto, keine Feministin, keine Aktivistin, keine Politikerin. Nicht-wahlberechtigte Filmproduzentin, Sängerin.
November 2010 an.schläge l 23
zeitausgleich arbeitsfragen in allen
lebenslagen
Text: Bärbel Mende-Danneberg, Illustration: Nadine Kappacher
Alt und fett
„Alt und faul” hatten wir ja schon vor ein paar Ausgaben zum Thema. Jetzt also: alt und fett. Elfriede Ott ist alt. In der „Im Zentrum”-Diskussion zu den Pensionen (Titel: „Fressen Alte Zukunft auf?”) konnten wir die betagte Dame in einer Männerrunde sehen, ein bissel hilflos angesichts der Zahlenspiele der sog. Herren Pensionsexperten. Mit 85 Jahren aber nicht zu alt, um zu arbeiten, wie ihr letzter Film zeigt. Das wollte uns die Männerrunde wohl auch sagen: Schaut euch bitte die Frau Ott an, alt, aber nicht faul, die arbeitet noch bis ins hohe Alter. Fett? Kann man so nicht sagen, ich kenne ihr Pensionskonto nicht. Dass dies ein wenig fetter sein dürfte als das der, sagen wir mal, Bedienerin oder Verkäuferin oder Krankenschwester, ist anzunehmen. Frau Ott ist umtriebig, so ein bisschen eine Ulknudel in ihrem jüngsten Film. Die Kunst bei der Kunst ist es, das Theater bis ins hohe Alter zu vermarkten. Vielleicht ist auch etwas Vitamin-B dabei, keine Ahnung, aber frau muss eben am Ball bleiben. Die Kunst bei der Krise ist es, bei allem Können und Wollen am Marktplatz der Arbeit einen gut bezahlten, nicht prekären Job zu finden. Am Ball zu bleiben. Ja, am Ball bleiben. Der rollt aber rund um den Erdball und ziemlich oft vorbei. Die Arbeitswelt ist ein neoliberales Theater, letzte Reihe Stehplatz. Das weiß die Bedienerin, die Verkäuferin, die Krankenschwester. Die feinen fetten Unterschiede beim Lohn, der Pension, den Arbeitsbedingungen interessieren die Pensionsexperten aber nicht. Also rauf mit dem Pensionsalter. Oder runter mit den Pensionen. Wer von uns Alten das Glück hat, ein bisschen was an Pension zu bekommen, weil wir brav gearbeitet haben – wenn wir also nicht durch Bildungshürden, Kindererziehen, Männer umsorgen, Alte pflegen, prekäre Arbeit, Generation Praktikum oder (wirtschafts-)politische Zwangsmaßnahmen wie Arbeitslosigkeit daran gehindert wurden – gehört zum Feindbild. Angedachte Feindbekämpfung: der grauen Flut das Wahlrecht ab einem bestimmten Alter verweigern? Die jungen ModernisierungsverliererInnen zwangsweise Sozialdienste an uns Alten verrichten lassen? Echt fett. Ich würde so gerne, wie die Frau Ott, noch arbeiten. Als Journalistin. Und das fett bezahlt. Bärbel Mende-Danneberg, alt, nicht fett, aber mit 67 schon in die Jahre gekommen. Als Journalistin für die „Volksstimme“ und diverse Medien tätig, Herausgeberin und Autorin verschiedener Bücher, u.a. „Alter Vogel, flieg! Tagebuch einer pflegenden Tochter“. Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.tumblr.com
24 l an.schläge November 2010
frauenförderung Gleichstellungspolitik rasant Wien macht ernst: Öffentliche Dienstleistungsaufträge werden in Zukunft an sogenannte „soziale Ausführungsbedingungen” gekoppelt. Im Klartext sind damit Unternehmen zu frauenfördernden Maßnahmen verpflichtet – diese umfassen ebenso erhöhte Frauenanteile in allen Bereichen wie spezielle Förderungsmaßnahmen oder Kinderbetreuungsplätze. Wer sich nicht an die Vereinbarungen hält, wird zur Kasse gebeten. Betroffen von der Regelung sind Unternehmen mit mehr als 20 MitarbeiterInnen, die von der Stadt Wien einen mindestens sechs Monate laufenden Auftrag über eine Summe von mindestens 40.000 Euro bekommen. Vorerst gilt das Modell für Reinigungs- und Transportdienste sowie für die Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten. Langfristig, so Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), die das in Österreich bisher einzigartige Projekt gemeinsam mit den Grünen initiierte, sollen auch andere Bereiche einbezogen werden. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist angetan und prüft, wie sich der Wiener Schritt in „SiebenMeilen-Stiefeln” auch auf Bundesebene gehen lässt. han http://diestandard.at
frauenquote Türöffner für neue Arbeitsformen „Die Quote ist vielleicht nicht die beste Lösung, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, aber die beste, die uns zur Verfügung steht”, bedient sich Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger bei Winston Churchill. Als erstes der 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen hat die Deutsche Telekom im März dieses Jahres eine Frauenquote eingeführt. Bis Ende 2015 sollen 30 Prozent der oberen und mittleren Führungspositionen im Unternehmen mit Frauen besetzt sein. „Der Zug, den wir aufs Gleis gesetzt haben, rollt”, zieht Sattelberger sechs Monate nach Einführung der Frauenquote eine positive Bilanz. So ist der Anteil von Frauen bei der Einstellung von Top-Nachwuchskräften von 33 auf 52 Prozent gestiegen, im Management-Entwicklungsprogramm sind jetzt 31 statt 18 Prozent Frauen vertreten. Nur auf oberster Ebene herrscht noch Nachholbedarf. Aber immerhin sitzen im 60köpfigen Management-Team unterhalb des Konzernvorstands seit März sechs Frauen, vier mehr als davor. Und auch die Männer profitieren von der Frauenquote: Diese habe sich „als Türöffner für Varietät und neue Arbeitsformen erwiesen”, so Sattelberger. Seit 2009 hat sich der Anteil der Männer, die in Elternzeit gehen, um fast 40 Prozent erhöht. kaiv www.telekom.com, www.frauenrat.de, http://diestandard.at
gender pay gap Neue Zahlen zur Einkommensgerechtigkeit Seit 29. September arbeiten Frauen in Österreich – statistisch gesehen – gratis. Der diesjährige „Equal Pay Day” erinnerte wieder daran, wie es hierzulande um die Einkommensgerechtigkeit bestellt ist: Österreich liegt im EU-Ranking an vorletzter Stelle. Ein wenig erfreulicher sind die Daten des vom World Economic Forum erhobenen „Global Gender Gap Report 2010”: Österreich hat sich im Vergleich zum Vorjahr um fünf Ränge verbessert und liegt jetzt auf Platz 37 (von insgesamt 134). Erstmals gibt es nun auch Zahlen aus dem österreichischen Bundesdienst: Der jüngste Einkommensbericht zeigt, dass auch im öffentlichen Dienst geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede existieren.
an.riss arbeit wissenschaft Nachdem die Bezüge im Bundesdienst gesetzlich geregelt sind, fallen die Unterschiede im Einkommen (15,9 Prozent) im Vergleich zur Privatwirtschaft (22 Prozent) aber geringer aus. Begründet wird der trotzdem bestehende Gender Pay Gap vor allem mit dem Faktor Alter – denn im Bundesdienst wird nach dem Senioritätsprinzip entlohnt: Wer älter ist, verdient mehr – und Frauen im Bundesdienst sind im Durchschnitt jünger als die dort arbeitenden Männer. Aber auch andere Faktoren führen zum Einkommensunterschied, wie etwa dass Männer mehr Überstunden als Frauen leisten. Durch die Förderung von Frauen in Führungspositionen, aktives Karenzmanagement und eine genaue Analyse der unterschiedlichen Verteilung der Überstunden soll nun die Einkommensschere im öffentlichen Dienst verkleinert werden. be http://frauen.bka.gv.at/site/5556/default.aspx#a1, www.weforum.org/pdf/gendergap/
renden für bessere Arbeitsbedingungen in dieser Branche ein, denn „besonders das Bekenntnis zur Zahlung eines existenzsichernden Lohns fehlt beim Großteil der Unternehmen, und der ist ein Menschenrecht”, wie Michaela Königshofer, Koordinatorin der österreichischen Clean Clothes Kampagne, auf der CCK-Homepage erklärt. Dort findet sich auch eine Liste mit den Firmenprofilen von 14 Outdoor-Unternehmen, die u.a. zu Verhaltenskodizes und der Kontrolle von sozialen Mindeststandards in den Produktions- und Zulieferbetrieben befragt wurden. pix/be www.cleanclothes.at
arbeitsmarkt Mehr Jobs – aber für wen?
report2010.pdf, http://diestandard.at, www.frauen.spoe.at
Die Wiener Stadtregierung jubelte: Im Vergleich zum Vorjahr sank im September die Zahl der Arbeitslosen in Wien um 0,3 Prozent. Was nach einem kleinen Erfolg klingt, ist aber im Detail für Frauen gar nicht positiv. Denn die Arbeitslosigkeit von Frauen ist im Steigen (plus 4,1 Prozent im Vergleich zu 2009), und besonders betroffen sind Migrantinnen – in dieser Gruppe wurde ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von 17,6 Prozent verzeichnet. Auch österreichweit bestätigt sich dieser Trend: Arbeitslosigkeit sinkt bei Männern und stagniert bei Frauen. Außerdem ist eine Zunahme gerade bei prekären Jobs wie Teilzeitstellen oder Leiharbeitsplätzen zu beobachten, wie Birgit Schatz, ArbeitnehmerInnensprecherin der Grünen, kritisiert. Jede_r zehnte in Österreich Beschäftige verdient nicht genug, um davon leben zu können. Zum Jubeln gibt es also wahrlich keinen Grund. be http://diestandard.at
AktivistInnen in Graz für faire Arbeitsbedingungen in der Outdoor-Branche, © Südwind
clean clothes Aktion für faire Arbeitsbedingungen Über die schlechten Arbeitsbedingungen in der Textilbranche informiert die Clean Clothes Kampagne (CCK) regelmäßig. Sie ist Teil der Clean Clothes Campaign (CCC) – einem Netzwerk, das in 14 europäischen Ländern mit 250 Partnerorganisationen vertreten ist. Faire Arbeitsbedingungen – und damit angemessene Löhne und Sozialleistungen – will die CCK u.a. durch Druck auf Markenfirmen, Information für KonsumentInnen oder die Unterstützung von ArbeitnehmerInnen erreichen. Im Fokus der letzten Aktion „Discover Fairness!” stand die boomende Outdoor- und Funktionsbekleidungsbranche. Bei Straßenaktionen in Innsbruck, Salzburg, Linz, Graz und Wien setzten sich die Demonstrie-
ringvorlesung Nature meets Nurture Wie wird Geschlecht in Wissenschaft und Gesellschaft heute konzeptioniert? Inwieweit sind „Nature” (Angeborenes) und „Nurture” (Erworbenes) noch als dichotom zu sehen? Und wie verändern sich derartige Diskurse? Die Biologin und Gender-Studies-Professorin Sigrid Schmitz hat die diesjährige Ringvorlesung „Gendered Subjects” (Universität Wien) konzipiert. Hinter dem sperrigen Titel „Sind wir nie modern gewesen? Gender in der technologisierten Leistungsgesellschaft” verbergen sich aktuelle Debatten an der Schnittstelle von Naturwissenschaften und Gender Studies. Die Ringvorlesung ist öffentlich zugänglich, Interessierte dürfen sich auf Vorträge von Smilla Ebeling, Nina Degele, Ulrike Felt und vielen anderen freuen. be Termine: 9.11., 23.11., 30.11., 11.01., 25.01., jeweils Di, 18–20.45, 1090 Wien, Campus der Universität Wien Hof 2.8, Spitalgasse 2–4, Seminarraum des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin (alte Kapelle), www.univie.ac.at/gender/index.php?id=12
Wissenschaftskalender & Calls for Papers ✪ Kongress: „Kritische Tage zum Geschlechterverhältnis“, Hannover, 2.–5.12., http://kongressgeschlechterkritikhannover.blogsport.de ✪ Ringvorlesung: „Jenseits der Geschlechtergrenzen“, Hamburg, Mittwoch 19–21.00, www1.uni-hamburg.de/QUEERAG/test/jdggwise1011.pdf ✪ Vortragsreihe: „Gender in der Populärkultur – interkulturelle Perspektiven“, Wien, 10.11., 15.12., 12.1., www.angewandtekunstgeschichte.net/lehre/2010w/gender_der_populaerkultur ✪ Maria-Ducia-Frauenforschungspreis: Konzepte für nicht fertig gestellte Master- und Doktorarbeiten bis 23.11., www.uibk.ac.at/leopoldine/gender-studies/preise/ducia.html ✪ Papers für die Konferenz „Contested Truths: Re-Shaping and Positioning Politics of Knowledge“, Abstract bis 1.12., www.geschlecht-als-wissenskategorie.de ✪ Artikel zum Thema „Gender and Care“ für die Zeitschrift „GENDER“, Abstract bis 12.11., www.gender-zeitschrift.de November 2010 an.schläge l 25
forum wissenschaft
Schönheit vergeht?
Mehr denn je sind Körper heute Orte der Selbstinszenierung und Projektionsflächen, über die Menschen ihre Identität behaupten. Dies gilt auch für die Körper älterer Menschen. In ihrer Studie analysiert Grit Höppner den Umgang alternder Frauen und Männer mit geschlechtsspezifischen Schönheitsidealen.
Foto: Franz Jachim
1 Degele, Nina: Sich schön machen. Zur Soziologie von Geschlecht und Schönheitshandeln, Wiesbaden 2004, S. 29.
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„Schönheit, mein Gott, Schönheit vergeht”, lautet die Antwort der 70-jährigen Wienerin Maria Schneider auf die Frage, wann für sie eine Person in ihrem Alter schön ist. Dass diese Aussage von einer Frau stammt, verwundert nicht, schließlich unterscheiden sich die derzeitigen Körperideale in unserer Gesellschaft vor allem nach dem Geschlecht: Frauen werden vom sozial konstruierten Körperideal des jugendlichen Aussehens – inklusive einer faltenarmen Haut und einer schlanken Figur – auf besondere Weise angesprochen. Makellosigkeit und Reinheit unterstützen die öffentliche Darstellung uniformer weiblicher Körper, während das Schönheitsideal für Männer – trainiert, athletisch, muskulös – deren Individualität betont. Mit diesen geschlechtsspezifischen Schönheitsidealen ist eine stärkere kulturelle Normierung weiblicher Schönheitsstandards im Vergleich zu männlichen verknüpft. So
kritisiert Nina Degele den „Schönheitskult (…), der vor allem Frauen in ein enges Korsett von Schlankheit, Jugend, Attraktivität, Sportlichkeit, Gesundheit und Leistungsfähigkeit schnürt”.1 Kaschieren, verdecken, verhüllen. Geschlechtsspezifische Körperideale und die damit verbundenen gesellschaftlichen Zuschreibungen gelten auch für Frauen und Männer im Alter zwischen 60 und 75 Jahren. In meiner in Wien im Zeitraum Dezember 2009 bis März 2010 durchgeführten qualitativen Studie wurde deutlich, dass die Erfüllung der weiblichen Körpernorm „Schlankheit” und das Erfahren damit einhergehender Effekte für ältere Frauen ein begehrenswertes Ziel ist. Auch wenn diese Körpernorm nicht (mehr) erreicht werden kann, gilt sie dennoch als Vergleichsmaßstab für die Befragten. Ebenso werden körperliche
Anzeichen des Alter(n)s bestmöglich zu verdecken versucht, sei es durch die Verwendung „verjüngend” wirkender Cremes oder durch das Tragen „geeigneter” Kleidung. Letztere Schönheitsstrategie beschreibt eine 70-jährige Wienerin und ehemalige Bankangestellte so: „Die Figur verändert [sich]. Zum Beispiel bei mir nicht das Gewicht, aber die Figur wird nachteiliger. (…) Das ist halt der normale biologische Prozess, den man in einer Weise zwar akzeptieren muss, aber in anderer Weise doch versucht, so gut als möglich damit umzugehen. (…) Bei der Kleidung, (…) dass das nicht mehr so tailliert geht oder wo immer man halt Schwachstellen hat, die man eben ein bisschen kaschieren muss.” Eine 68-jährige Witwe und frühere Heimpflegerin beschreibt die Veränderungen in der Wahl ihrer Kleider hinsichtlich deren Transparenz und
forum wissenschaft Auffälligkeit: „Es ist komischerweise oder weil es vielleicht durchsichtig ist. (…) Also zu auffallend soll es nicht mehr sein.” Eine ebenfalls 68-jährige Witwe merkt in Bezug auf ihren aktuellen Kleidungsstil an, dass dieser etwas traditioneller als früher ist: „Ich war vielleicht nicht ganz so eine Konservative, aber [auch] keine Ausgeflippte.” Doing Gender, Doing Age. Bei der Bekleidung für ältere Frauen kristallisieren sich tendenziell zwei Stile heraus: Ein figurbetonter, auffälliger Bekleidungsstil unterstützt – entsprechend der sozialkonstruktivistischen Theorie des „Doing Gender” – die Repräsentationsweise als „Frau”, während ein die Figur bedeckender und unauffälliger Bekleidungsstil – im Sinne eines „Doing
lung eines 65-jährigen verheirateten Wieners und ehemaligen Universitätsprofessors zum Schönheitshandeln: Seine Motivation ist seit vielen Jahren unverändert durch die Prinzipien der Funktionalität und Einfachheit gekennzeichnet. Ein gleichaltriger, ehemaliger Bauingenieur beschreibt die Vorzüge des (männlichen) Alter(n)s folgendermaßen: „Das ist eben der Vorteil, wenn man schon ein gewisses Alter hat, dass man ein bisschen eine Narrenfreiheit genießt.” Die befragten Männer nehmen kaum Veränderungen im Rahmen ihrer Bekleidung in den letzten Jahren wahr und repräsentieren im Großen und Ganzen auch weiterhin gesellschaftliche Vorstellungen von Männlichkeit. Die männliche Schönheitsnorm des individualisierten Körpers im Sinne der Beto-
Schönheit vergeht nicht. Schönheit ist vielmehr ein Produkt gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, sozialer Normen und individueller Repräsentationen. Age” – als alterssignifikantes Symbol gilt. Strategien gesellschaftlicher Regulierung wie Doing Gender und Doing Age werden dabei als Mechanismen interpretiert, die menschliches Handeln entsprechend sozialer Normensysteme im Kontext neoliberaler Postulate – wie Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft – sowohl lenken als auch kontrollieren. Den Aussagen der befragten Frauen zufolge orientieren sie sich mit zunehmendem Alter verstärkt an einem Bekleidungsstil, mit dem sie der Gruppe der „Alten” zugeordnet werden, während sie Figur betonende, eher durchsichtige und Aufmerksamkeit erregende Kleidungsstücke seltener tragen oder bewusst vermeiden. Daraus kann gefolgert werden, dass ein steigendes Alter der weiblichen Repräsentationsweise entgegenläuft und damit eine Entfeminisierung des äußeren Erscheinungsbildes von Frauen unterstützt. Männliche Subjektivierung. Darüber hinaus scheint die Zuordnung als entweder weiblich (im Sinne des Doing Gender) oder alt (Doing Age entsprechend) eindeutiger zu sein als dies bei älteren Männern der Fall ist. Dies zeigt sich beispielsweise anhand der Einstel-
nung körperlicher Besonderheiten, der Nichtverdeckung von Alterszeichen und der intellektuellen Repräsentation ist, so konnte ich in der Studie zeigen, Teil männlicher Subjektivierungsprozesse. Schönheit vergeht nicht. Mit den gegenwärtig vorherrschenden gesellschaftlichen Körperbildern gehen also auch im Alter normative Zuschreibungen einher, die sich geschlechtsspezifisch unterscheiden. Frauen werden hierbei mit zunehmendem Alter auf besondere Weise marginalisiert. So gelten für ältere Frauen eher an Jugendlichkeit geknüpfte Schönheitsideale wie Makellosigkeit und Schlankheit, die altersbedingten körperlichen Veränderungen entgegenstehen und deutlich repressiver wirken als die wesentlich individualisierteren Schönheitsideale älterer Männer. Diese erlauben es, körperliche Zeichen des Alter(n)s als Ausdruck von Persönlichkeit zu deklarieren. Männliche Subjektivierungsprozesse implizieren im Vergleich zu weiblichen also deutlich größere soziale und persönliche Freiräume. Die Definition dieser Freiräume wird in gesellschaftlichen Diskursen kreiert, bestätigt, von den befragten Frauen und Männern verinnerlicht und
schließlich gelebt. Anhand der Aussagen der Befragten sind Rückschlüsse auf (un-)bewusste vergeschlechtlichte Reproduktionsprozesse möglich, die auf gesellschaftlichen Vorstellungen konventioneller Weiblichkeit und Männlichkeit beruhen. Aus dieser Perspektive kann die Repräsentation von Körperidealen als Strategie der Geschlechterdifferenzierung entschlüsselt werden. Diese ist hinsichtlich der heterosexuellen Norm in unserer Gesellschaft von Bedeutung, wird weibliche Attraktivität doch als mit männlichem sexuellen Begehren verknüpft gedacht. Die Attribute „alt” und „schön” bedienen damit hochgradig gegenderte, kulturelle Zuschreibungen, die letztlich zu einer Reproduktion und Bestätigung binärer, scheinbar naturgegebener Geschlechterdifferenzen führen. Umso selbstreflexiver und gesellschaftskritischer sollten soziale Inszenierungsformen über das Medium Körper ausgetragen werden: Schönheit vergeht nicht. Schönheit ist vielmehr ein Produkt gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse, sozialer Normen und individueller Repräsentationen. l
Grit Höppner ist Absolventin des Masterstudiums Gender Studies (Universität Wien). Ihre Abschlussarbeit erscheint im Februar 2011 unter dem Titel „Alt und schön. Geschlecht und Körperbilder im Kontext neoliberaler Gesellschaften“ im VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.
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trans-aktivismus
Transgender Day of Remembrance Seit 1999 findet jährlich im November der „Transgender Tag des Erinnerns” statt, an dem jener Menschen gedacht wird, die durch transphobe Gewaltverbrechen ums Leben kamen.
Gwen Araujo war 17 Jahre alt, als sie 2002 in Newark, Kalifornien von vier Männern erschlagen wurde. Ihr Tod löste in den USA eine breite Diskussion über Transphobie aus. Installation bei einer LGBTI-Demo im Mai 2009 in San Francisco, Foto: Brian Kusler
Quellen: www.tgeu.org (Aktuelle Ergebnisse des MonitoringProjekts: http://www.tgeu. org/node/94#t-dor-de5) http://tgeu.net www.transrespect-transphobia.org www.transgenderdor.org (mit einer internationalen Liste von Aktionen zum diesjährigen TDOR) www.rememberingourdead.org www.transinterqueer.org www.diskursiv.at
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Anlass, den „Transgender Day of Rembrance” (TDOR) auszurufen, war der Tod von Rita Hester aus Boston, die am 28. November 1998 Opfer eines HateCrimes wurde. Hesters Ermordung ist – so wie die meisten Hass-Verbrechen an Transgender-Personen – bis heute nicht aufgeklärt. Das Verschweigen dieser Gewalt ist Teil der öffentlichen wie staatlichen Ignoranz, mit der Trans-Personen nach wie vor konfrontiert sind. Mit dem Gedenktag wurde zunächst in den USA, später auch in anderen Ländern ein öffentlicher Raum geschaffen, um sowohl gegen das Vergessen der Ermordeten aufzutreten als auch den Widerstand von TransAktivist_innen und deren Geschichte sichtbar zu machen. Seit zweieinhalb Jahren zeichnet zudem das „Trans Murder Monitoring Project” der NGO „Transgender Europe” (TGEU) Morde an Transgender-Personen in der ganzen Welt auf und veröffentlicht Statistiken und Namenslisten. 426 Namen und Geschichten wurden seither zusammengetragen, wobei es sich aber nur um jene Verbrechen handelt, die auch medial
oder durch Trans-Organisationen publik gemacht wurden. Die meisten Morde werden aus Zentral- und Südamerika berichtet, sie machen 77 Prozent der Aufzeichnungen aus. Allein heuer sind bis zum Sommer weltweit über 80 gewaltsame Todesfälle bekannt geworden. Am „Transgender Day of Remembrance”, der heuer am 20. November stattfindet, werden rund um den Globus Aktionen und Veranstaltungen abgehalten, um das öffentliche Bewusstsein für physische und strukturelle Gewalt gegen Trans-Personen zu stärken und darüber hinaus auch der Transphobie im Alltag entgegenzutreten. So hat TGEU neben dem erwähnten Monitoring-Projekt in diesem Jahr auch das Forschungsprojekt „Transrespect versus Transphobia Worldwide” initiiert, um sich verstärkt der allgemeinen Menschenrechtssituation von Trans-Personen zu widmen und u.a. Daten und Rechtsinformationen für Aktivist_innen bereitzustellen, die im täglichen Kampf gegen Diskriminierung und Unterdrückung eingesetzt werden können.
Auch wenn sich nicht jede Person, der am „Transgender Day of Remembrance” gedacht wird, selbst als Transgender definiert hat – sie alle wurden Opfer von Gewalt, die auf der Voreingenommenheit gegenüber Trans-Personen beruht. „Wir demonstrieren mit Wut gegen ein Gesellschaftssystem, in dem prinzipiell nur Männer und Frauen wahrgenommen und alle anderen Geschlechtlichkeiten unsichtbar gemacht werden. (…) Wir demonstrieren für ein besseres, freieres Leben, in einer Gesellschaft, in der alle so leben dürfen, wie sie es wünschen – ob Trans*, weder*noch, Crossdresser_innen, Transvestit_innen, Transsexuelle,Transidentische, Intersexuelle, Transen, Tunten, Zwitter, Dragkings und Transgender, ob mit OP(s) oder ohne, hetero oder homo, oder sonstwie, mit einem, zwei oder mehreren Partner_innen, mit Kindern oder ohne …” (Homepage von TransInterQueer) Gemeinsam im Gedenken – und gegen die Transphobie „in den Köpfen und auf der Straße”. l Aufzeichnung: Sylvia Köchl, Vina Yun
trans-aktivismus
„Wozu die Hose?“ Julia Amore ist eine der wichtigsten Trans-Aktivist_innen in Argentinien. Daphne Ebner hat die Schauspielerin und Journalistin in Buenos Aires zum Gespräch über den Kampf gegen ungleiche Bildungschancen und die Entdeckung der Trans-Identität als neuestes Modethema getroffen. Argentinien hat Grund zum Feiern: Am 22. Juli 2010 wurde eine Gesetzesänderung verabschiedet, die gleichgeschlechtlichen Paaren nicht nur wie bisher die Eingetragene Partnerschaft, sondern die zivile Eheschließung erlaubt. Bereits im ersten Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes wurden über 80 gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen. Mittlerweile arbeitet die Lobby-Organisation FALGBT (Federación Argentina de Lesbianas, Gays, Bisexuales y Trans) an drei Projekten zur Gleichberechtigung von Trans-Personen in Argentinien: So soll bis Ende des Jahres über den Gesetzentwurf zur Gender-Identität (Ley de identidad de género) entschieden werden, über den in Uruguay bereits 2009 erfolgreich abgestimmt wurde. Das neue Gesetz soll es Trans-Personen künftig erlauben, innerhalb der üblichen 90 Tage einen Personalausweis zu erhalten, dessen Daten ihrem real gelebten Geschlecht entsprechen. Bis jetzt müssen Trans-Personen in Argentinien dafür die demütigende wie pathologisierende Prozedur eines medizinischen Gutachtens sowie ein langwieriges Gerichtsverfahren in Kauf nehmen. Ein anderes Projekt zielt darauf ab, das staatliche Gesundheitssystem zu erweitern, um der hohen Sterblichkeitsrate unter Trans-Personen entgegenzuwirken, die sich ohne ärztliche Kontrolle Hormonbehandlungen und Operationen unterziehen. Erste Erfolge verbucht ein weiteres Projekt zur Integration von Trans-Personen in das argentinische Bildungssystem: Nach einer Testphase in La Matanza wird die Initiative nun auf weitere Bezirke der Provinz Gran Buenos Aires ausgeweitet. So soll künftig auch in den Schulen in Morón, Lanús, Lomas de Zamora und General Pueyrredón das Personal dahingehend geschult werden, die Gender-Identitäten junger Trans-Schüler_innen im Alltag zu respektieren, beispielsweise was den Namen und die Wahl der sanitären
Einrichtungen angeht. In diesem Bildungsprojekt arbeitet auch die Aktivistin Julia Amore mit. Sie ist eine der präsentesten Trans-Frauen in der argentinischen Öffentlichkeit: als Theaterschauspielerin und Kabarettistin, als Journalistin der renommierten Tageszeitung „Pagina 12” und als TransAktivistin, die sich seit Jahren für die Gleichberechtigung von Trans-Personen in Argentinien engagiert. 2007 gründete sie zusammen mit Marlene Wayar, Nati Menstrual und Susy Shock „El Teje”, die erste lateinamerikanische Zeitung von und für Trans-Personen. In ihrer regelmäßigen Kolumne beschreibt sie, was es bedeutet, den Weg bis zur geschlechtsangleichenden Operation zu gehen, der sie durch die argentinische Bürokratie, Gerichte und Krankenhäuser, aber auch durch persönliche Zweifel und Konflikte führt.
an.schläge: Welche Erfahrungen hast du bisher mit dem Projekt zur Wiedereinschulung und Integration von Trans-Personen in das argentinische Bildungssystem gemacht? Julia Amore: Es handelt sich um ein sehr ambitioniertes Projekt, das in Zusammenarbeit mit den Ministerien für Bildung und Arbeit entwickelt worden ist. Allerdings ist die Integration von Trans-Personen extrem schwierig. Denn es ist ja nicht nur das Schulsystem, sondern die Gesellschaft an sich, aus der sie fast völlig ausgeschlossen sind. Eines der langfristigen Ziele ist beispielsweise, dass es endlich eine erste Generation von Trans-Personen gibt, die an den Universitäten studiert. Im Moment ist das noch die absolute Ausnahme. Woran liegt das? Die Institutionen sind nicht vorbereitet auf Leute wie sie. Weder die Lehrer_innen noch die Schulleitung. Das Projekt richtet sein Augenmerk auf genau diese Problematik.
Plakat vom Solo-Kabarett-Programm von Julia Amore, 2009
Was passiert mit jungen Trans-Frauen, wenn ihnen der Zugang zum Bildungssystem verweigert wird? Gerade auf dem Land ist die Existenz der Trans-Frauen nach wie vor von einem Leben auf der Straße und in der Prostitution bestimmt. Und das von klein auf. Die meisten beginnen mit zehn oder elf Jahren. Deswegen ist es so wichtig, die Lehrer_innen in den Schulen fortzubilden, wie man mit so einem jungen Menschen umgehen kann, der bereits spürt, dass er anders ist. Damit dieses Kind wiederum mit seiner Wesensart umzugehen lernt, ohne die Schule zu schmeißen, ausgeschlossen oder diskriminiert zu sein. Und ohne zu leiden. Denn das ist es, was uns allen passiert. Die Berührungsängste beginnen ja schon bei der Sprache. „Trans“ oder „travesti“ – welchen Begriff bevorzugst du selber? „Trans” – das ist neutraler. „Travesti” als Begriff ist dagegen sehr limitierend. Und zumindest hier in Argentinien ist die Bezeichnung „Travesti” zudem teilweise pejorativ besetzt. Nicht für mich persönlich, aber gerade umgangssprachlich November 2010 an.schläge l 29
trans-aktivismus Aufmachung angeht, sind die meisten Männer nun mal simpler und weniger vielfältig. Und ein Trans-Mann unterstreicht eben das. Aber es gibt definitiv sehr viele von ihnen. Nur für sie ist es noch schwieriger als für Frauen, weil das Problem der gesellschaftlichen Akzeptanz in ihrem Fall noch größer ist.
Foto: Libertinus Yomango
wird es in vielen Kontexten so benutzt. Im kollektiven Bewusstsein wird mit „Travesti” vieles assoziiert, was überhaupt nichts oder sehr wenig mit der Realität zu tun hat. Zudem differenziere ich zwischen einer travesti und beispielsweise einer transsexuellen Person. Trans als Überbegriff schließt alle mit ein: Travestis, Trans-Männer, Trans-Frauen, intersex und Personen, die sich inmitten dieses Prozesses befinden.
Die Präsenz von Trans-Frauen ist in Argentinien sehr viel stärker als die von Trans-Männern. Wo sind die TransMänner? Gibt es weniger? Ich weiß nicht, ob es weniger gibt, aber sie sind auf jeden Fall weniger sichtbar. Woran liegt das? Erstens, weil ein Teil der Selbstinszenierung der „Mariquita” oder „Maricona” genau der ist, dass alle sie angucken und sehen, wer sie ist. Wenn eine TransFrau endlich den Wandel vollzogen hat, dann unterstreicht sie das optisch auch. Sie genießt es, nach außen hin zu zeigen, dass sie ist, was sie sein möchte, und macht, worauf sie Lust hat. Damit erzeugt sie allein schon optisch viel mehr Aufmerksamkeit als ein TransMann. Denn was Styling und die ganze 30 l an.schläge November 2010
Wie sah denn deine eigene Schulzeit und Jugend aus? Mein Fall war speziell. Ich war lange Zeit ein etwas merkwürdig-androgynes „Dazwischen” (grinst ironisch). Ich hatte Haare bis zu den Hüften, einen riesigen Lockenkopf, schwarz gefärbt, sehr rebellisch … (lacht). Und ich war „Juli”, verstehst du? In den Dokumenten stand zwar noch Julio, aber ich war überall Juli. Was vor allem damit zusammenhing, dass ich eine moralische und finanzielle Verantwortung meinen Eltern gegenüber hatte. Da sie bereits ziemlich alt waren, musste ich für sie und das Haus aufkommen. Prostitution war für mich nie eine Option. Deswegen dachte ich: Dieses verkleidete, androgyne Etwas finden die Leute stylish, und das kann ich benutzen. Viele fanden mich nämlich unheimlich hip und modern, und ich bekam laufend Jobs in Modegeschäften usw. angeboten (lacht). Damit lief es eine ganze Zeit lang ziemlich gut. Ich hatte Arbeit, konnte gleichzeitig studieren und meine Ausbildung selbst finanzieren. Hat es dir geholfen, dass du in dieser Zeit schon Theater gemacht hast? Ich weiß nicht, ob es geholfen hat. Das war eher schwierig. Ambivalent auf jeden Fall: Einerseits war da dieses unglaublich liberale Umfeld, wo alle offen und unkonventionell waren, auf der anderen Seite war es sehr schwer, vor allem mit den DozentInnen. Der Dozent, der dir hilft, eine Rolle zu entwickeln, verlangt nun mal, dass du entweder Mann oder Frau bist, aber Möglichkeiten dazwischen gibt es nicht. Es war sogar ziemlich schwer, aber ich habe es durchgezogen und meinen Abschluss gemacht. Und wie wurde aus der androgynen Styling-Ikone dann Julia? Als meine Eltern starben, sagte ich mir: Ok, das war’s! Ich habe jetzt lange genug Röcke mit Hosen darunter getragen. Wozu die Hose? Aber das war auch das
Einzige, was sich geändert hat. Ich hab mich nie operieren lassen. Das bisschen Busen und Hüften, das ich habe, ist Natur. Ich war schon immer so, wie ich heute bin. Die Leute, die mich seit Jahren kennen, sagen mir immer, dass ich mich im Grunde nie verändert habe. Das Einzige, was sich an mir verändert hat, ist der kleine Haken oben am O in meinem Namen, der nach unten gerutscht und zum A geworden ist: von Julio zu Julia.
Du bist derzeit in zwei Stücken zu sehen: einmal in einer vergleichsweise konventionellen Frauenrolle in „Asesinas Anónimas“ (Deutsch: Anonyme Mörderinnen) von Jesús Gómez und daneben als hochschwangere, transsexuelle Science-Fiction-Lesbe in „2035“ von Elisa Carricajo. Beeinflusst dein Status als Trans-Frau die Rollenangebote, die du als Schauspielerin bekommst? Ich spiele schon meistens Frauenrollen. Wobei es bei den meisten Rollenangeboten tatsächlich immer wieder darum geht, die Nutte oder Transe oder beides in einem Stück zu spielen. Diese Art von Rollen nehme ich allerdings nicht mehr an. Es sei denn, es handelt sich um ein gut begründetes, dramaturgisch ausgearbeitetes Projekt, das ich auch persönlich interessant finde. Aber nur um das Klischee zu erfüllen: Nein, danke! Ich bin eine Frau wie jede andere, von daher spiele ich auch Rollen wie jede andere, in denen Gender-Fragen nicht berührt werden. Buenos Aires scheint sich im Moment zum Vorzeige-Schauplatz zu entwickeln, was Transgender-Belange in Lateinamerika angeht: Der Gesetzesvorschlag „Ley de identidad de género“ ist eingebracht, im Dezember 2009 wurde das mehrtägige Trans-Forum „Destravarte“ gegründet (vgl. an.schläge Nr. 3/2010), dein Integrations-Projekt in den Schulen geht in die nächste Etappe. Sind das punktuelle Erfolge, die längerfristig am Alltag der TransPersonen nur wenig verändern, oder findet tatsächlich gerade ein gesellschaftlicher Wandel statt? Es besteht nach wie vor das Problem der Akzeptanz. Auch wenn es diesen ganzen Diskurs über gesellschaftliche Akzeptanz gibt, den Mythos vom liberalen, offenen Denken und dass die Gesell-
heim spiel
leben mit kindern schaft angeblich bereit für uns ist: Das ist eine Lüge, zumindest in Lateinamerika. Es fehlt an Empathie. Niemand denkt daran, dass er später mal eine Trans-Tochter haben könnte. Niemand kann sich vorstellen, einen Neffen zu haben, der trans ist. Und wenn es den Leuten dann „passiert”, schlagen sie die Köpfe gegen die Wand, leiden, machen jede nur erdenkliche Therapie. Bis ihnen irgendwann auffällt, dass es ihr Sohn ist, um den es geht. Und erst dann fängt die wirkliche Akzeptanz an:
eindeutig schädlich. Jedes neue argentinische Fernsehformat braucht im Moment zum Beispiel eine Art „Quoten-Transe”. Warum? Um sich zu amüsieren, sich lustig zu machen, sich daran aufzugeilen. Gezeigt wird damit lediglich die bizarre, dunkle, schlechteste Seite von uns. Ein angesehener Journalist hat kürzlich „einen Tag als Travesti” dokumentiert, als Frau verkleidet und mit versteckter Kamera. Als ob es darum ginge, sich als Mann oder Frau zu verkleiden.
„Jedes neue argentinische Fernsehformat braucht im Moment eine Art ,Quoten-Transe‘. Warum? Um sich zu amüsieren, sich lustig zu machen, sich daran aufzugeilen.“ Wenn anerkannt wird, dass wir eine der Möglichkeiten sind, die das Leben bereithält, dass wir nicht unsichtbar sind, dass wir nun mal existieren. Diese Art der Akzeptanz fängt im wahrsten Sinne des Wortes beim Einzelnen an.
Wie beurteilst du die Arbeiten von Nicht-Trans-Leuten über Trans-Menschen? Das Interesse ist ja sehr groß: Künstler_innen, Sozialwissenschaftler_innen, sogar die Massenmedien – alle scheinen sich derzeit intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Schwierig. Hier in Argentinien und besonders in Buenos Aires kannst du seit einigen Jahren ein Phänomen beobachten, das exemplarisch für die Konsumgesellschaft steht, in der ein Trend den nächsten ablöst: Wir „Travestis” sind gerade Mode! Das hat verschiedene Folgen, übrigens auch positive, aber die meisten sind
Daphne Ebner studierte Dramaturgie und Ethnologie an der Universidad de Buenos Aires und in München. Sie schreibt zu den Themen Trans*Gender, Lateinamerika und transnationale Theaterentwicklungen.
Die spanische Bezeichnung „Travesti“ ist weder mit dem deutschen Travestie-Begriff, der eine Kunstform bezeichnet, noch mit dem Wort „Transvestit“ gleichzusetzen (und wurde daher nicht übersetzt). Im argentinischen Alltagsgebrauch wird „travesti“ sehr häufig und in unterschiedlichsten Kontexten verwendet, meist in abwertenden und beleidigenden Zusammenhängen. Im Zuge von Selbstermächtigungsstrategien wird der Begriff von einigen Trans-Frauen bewusst eingesetzt, um ihn neu zu konnotieren. So bezeichnet sich z.B. „El Teje“ selbstbewusst als erste „Travesti“-Zeitung. „Mariquita“ oder „Maricona“ ist vom Schimpfwort „Maricón“ für homosexuelle Männer abgeleitet und wird auf Trans-Frauen übertragen, wobei im Machismo die Übergänge zwischen „feminin“, schwul und trans fließend und teilweise austauschbar sind. Ebenfalls teilweise als Selbstbezeichnung mit neuer Konnotierung in Gebrauch. Daphne Ebner
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Was die Konsument_innen dann wiederum mit der Realität gleichsetzen? Ich sage ja nicht, dass die Sexarbeit nicht einen wesentlichen Teil der Realität der meisten Trans-Frauen bestimmt. Aber genau gegen diesen Automatismus sollten wir vorgehen, dass für die meisten der Strich die einzige Option ist. Warum heißt trans sein automatisch, zur Prostitution verdammt zu sein? Ich habe daher zwei Ziele: Einerseits denen, die auf den Strich gehen, Alternativen aufzeigen und sie dabei unterstützen. Und auf der anderen Seite die Geschichte jeder einzelnen zu betrachten und zu differenzieren. Denn es gibt nicht die Travesti, sondern tausende von Einzelgeschichten. l
Alice Ludvig
Die „Grippe“ Mein Sohn geht seit Ende Februar in eine Grippe. Ja, ich nenne die Krippe so, denn es handelt sich um eine einzige Viren- und Bazillenschleuder. Wenn ich ihn morgens dort abliefere, kann ich das Rasseln und Schnaufen in den Brustkörben der anderen Kinder hören. Er selbst hatte von Ende Februar bis Ende Mai einen sehr schlimmen Bronchialhusten. Erst die dritte Homöopathin konnte das lindern. Davor halfen weder Säuglingsinhalatoren noch herkömmliche Globuli. Ja, ich nenne die Krippe Grippe. Aber ohne sie wäre das Leben nur halb so schön. Er ist so wunderbar entspannt und müde, und wenn ich ihn frühmorgens hinbringe, jauchzt er schon beim Eingangstor vor Freude. Worauf eigentlich? Ich habe keine Ahnung. Laut Fachliteratur sind Kleinkinder erst nach eineinhalb Jahren zu sozialen Kontakten außerhalb der engsten Familie fähig. Im Mai war er erst neun Monate alt, weit unter der Grenze. Krank sind Kinder dann laut Lektüre übrigens im zweiten Lebensjahr durchschnittlich 19 Mal. Darauf bin ich nun vorbereitet! Eines Morgens habe ich zum Beispiel bemerkt, dass seine Augen leicht gelblich verklebt waren. Ich habe das Sekret weggewischt und ihn in seine Grippe gebracht. Vielleicht ist das unverantwortlich, aber ich war überzeugt, dass die Damen dort viel mehr Erfahrung mit Kindern hätten, und wenn irgendetwas ansteckend wäre, würden sie es sicher melden. Außerdem musste ich in die Arbeit. Ein guter Grund. Als ich ihn am Nachmittag wieder abholte, sah er ganz normal aus, vielleicht immer noch ein wenig verklebt. Nach zwei Stunden an der frischen Luft floss ihm der Eiter wie Tränen aus den Augen. Anscheinend wurde ihm auch in seiner Grippe das Sekret fortgewischt. Diese Augenentzündung dauerte eine volle Woche. Ich gebe immer noch der Sandkiste die Schuld, in die ich ihn gemeinsam mit einer Freundin am Vortag gesetzt hatte. Irgendwelche Bazillen halten sich dort sicher auch auf. Aber wer weiß das schon?
Alice Ludvig ist Alleinerzieherin und lebt in Wien.
November 2010 an.schläge l 31
an.riss kultur 1950er jahre Lesben sind immer und überall Das QWIEN, Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte, widmet sich einem Stück Frauengeschichte, das weitgehend unerforscht ist: lesbischem Leben in den 1950er Jahren. Frauenbilder aus dieser Zeit sind geprägt vom Wirtschaftswunder, technisch aufgerüsteten Küchen mit darin befindlichen braven Haus- und Ehefrauen – alles, was unter das Stichwort „miefig” fällt. Lesbisches Leben war zudem durch das strafrechtliche Verbot zur Heimlichkeit verdammt. Schriftliches, bildliches oder auch mündliches Quellenmaterial gibt es daher nur sehr spärlich. Das QWIEN will nun mit einem längerfristigen Projekt diese Geschichte wieder sichtbar machen. Am 17. November findet eine Vortrags- und Gesprächsveranstaltung statt, die unterschiedliche Aspekte des lesbischen Lebens in den 1950ern beleuchten wird. Außerdem ist das Archiv des QWIEN auf der Suche nach Informationen über Frauenbeziehungen dieser Zeit. Wer dazu Material besitzt oder etwas zu erzählen hat, kann sich – auch anonym – melden: QWIEN Archiv, Große Neugasse 29, 1040 Wien; T: 01/9660110, archiv@qwien.at sylk
„Verrat muss furchtlos vor möglicher Rache sein.” Auch das Frauen.Kultur.Labor thealit in Bremen widmet sich in seinem aktuellen Laboratorium diesem Thema. Im Oktober starteten diverse künstlerische Tests, um den Begriff genauestens zu analysieren. Im Forschungsprojekt werden (entstehende) Projekte vorgestellt, Testversionen von Bewährungsproben am Publikum ausprobiert und zum konkreten eigenen Verrat im experimentellen Rahmen aufgefordert. Im Februar 2011 wird weiter geforscht, mit einer Ausstellung und einem Symposium. miak www.thealit.de
auszeichnung Goldenes Ehrenzeichen für Traude Kossatz „Meine Arbeit ist noch nicht beendet!”, sagte Traude Kossatz, Gründerin und künstlerische Direktorin des Wiener Figurentheaters LILARUM, als ihr das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen wurde. Nach über 30 Jahren künstlerischen Schaffens wurde ihr diese offizielle Anerkennung im Oktober zuteil. 1939 geboren (s. auch Porträt in an.schläge 7–8/2006), lernte Kossatz den Beruf der Uhrmacherin und wandte sich später der Malerei zu. Die Beschäftigung mit bildender Kunst führte sie zum Entwerfen erster Schattenfiguren und Puppen, bis sie sich schließlich selbstständig machte und 1980 das LILARUM gründete. Dieses funktionierte in den Anfangstagen noch als Wanderbühne, fand einen ersten festen Spielort im 14. Wiener Gemeindebezirk und ist seit 1997 im 3. Bezirk angesiedelt. Kossatz, die als Jugendliche nur heimlich ins Theater gehen konnte, darf sich heute durch ihre Pionierarbeit Direktorin von Wiens größtem Kindertheater nennen. Wir gratulieren! be www.lilarum.at
„Wenn die Conny mit der Petra …“ Aspekte lesbischen Lebens in den 50er Jahren. 17.11.2010, 19.00, Das Gugg, Heumühlgasse 14, 1040 Wien, mit Kirsten Plötz (D), Ines Rieder (A), Katharina Miko (A) u.a., www.qwien.at
jubiläums-dating ArtNet wird Zehn
ausstellung Die Geheimnisse der „Busenlosen“
Im Jahr 2000 gründeten Irene Knava, Alexandra Steiner und Isabella Urban die Organisation ArtNet, um kunst- und kulturschaffende Frauen sichtbar zu machen und dadurch zu stärken. ArtNet ermöglicht es Frauen in Kulturberufen, sich zu vernetzen und Erfahrungen auszutauschen. Am 4. November feiert ArtNet sein Zehnjähriges nun mit einem ganz besonderen Speed-Dating: 20 Kulturexpertinnen (unter ihnen Ulrike HeiderLintschinger, Geschäftsführerin des Tanzquartier Wien) stehen im Wiener brut bereit, um in 60 je halbstündigen Gesprächen Interessierte an ihren Erfahrungen und ihrem Wissen teilhaben zu lassen. „We got the power”, nennt sich die Veranstaltung – denn im Netzwerk liegt die Kraft. miak
Was ranken sich nicht alles für Legenden um die Amazonen: Ihr Söhne hätten sie umgebracht und sich den Busen abgeschnitten, um ihre Waffen besser handhaben zu können. Im Trojanischen Krieg hätten sie mitgemischt, und die schöne Penthesilea habe gar dem Helden Achill den Kopf verdreht. Auch in der heutigen Zeit wird man sie einfach nicht los: Angelina Jolie kämpft sich als Lara Croft durch allerlei abenteuerliche Settings, und modebewusste Frauen fühlen sich genötigt, Römersandalen zu tragen. Einen eher wissenschaftlichen und faktentreuen Blick auf die „Geheimnisvollen Kriegerinnen” wirft derzeit das Historische Museum der Pfalz Speyer: Es zeigt Gräberfunde aus den Steppen zwischen Osteuropa und Sibirien, die von bewaffneten Frauen und Reiterkriegerinnen zeugen. Ein Begleitprogramm informiert daneben umfassend über das Thema „Amazonen”. Wer braucht da noch Lara Croft? han
4.11., We got the Power – Ohne Frauen geht in der Kultur gar nichts!, 18–19.30, Einlass
Amazonen – Geheimnisvolle Kriegerinnen, bis 13. Februar 2011, Historisches Museum der
ab 17.00, brut im Konzerthaus, 1030 Wien, Lothringerstraße 20; Anmeldung unter office@
Pfalz Speyer, 67346 Speyer, Domplatz 4, www.museum.speyer.de
audiencing.net ist unbedingt erforderlich. www.audiencing.net/artnet/we-got-the-power
literatur symposium Deutscher Buchpreis für Melinda Nadj Abonji Verrat – eine Untugend als Forschungsprojekt Viele PhilosophInnen und SchriftstellerInnen haben sich im Laufe der Geschichte Gedanken über den „Verrat” gemacht, nicht zuletzt der marxistische Existentialist André Gorz in seinem Buch „Der Verräter”: 32 l an.schläge November 2010
Der Deutsche Buchpreis, der im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse jährlich vergeben wird, geht heuer an die Schweizer Autorin Melinda Nadj Abonji. Sie erhält die Auszeichnung für ihren autobiografischen Roman „Tauben fliegen auf” – die Geschichte einer ungarischen Familie aus der
serbischen Vojvodina, die in die Schweiz auswandert und sich dort eine Existenz in der Gastronomie aufbaut. In einem Interview mit dem „Ö1”Radiosender erläuterte die Autorin: „Es ist eine Schichtproblematik, die für mich in dem Buch eine große Rolle spielt. Es handelt von Menschen, die sich hocharbeiten. Die die niedrigsten Arbeiten machen müssen, um überhaupt ihren Unterhalt zu verdienen.” Das Buch wurde bisher vor allem als „MigrantInnen-Literatur” ausgezeichnet. Die Jury des Deutschen Buchpreises begründete ihre Wahl nun u.a. damit, dass der Roman „das vertiefte Bild eines gegenwärtigen Europa im Aufbruch, das mit seiner Vergangenheit noch lang nicht abgeschlossen hat”, zeichne. trude
lebenslauf auch feministinnen altern
http://oe1.orf.at
broschüre Die unverzichtbare Bibel für Freischaffende Die erste Auflage der Broschüre „Selbstständig – Unselbstständig – Erwerbslos” ist bereits vergriffen. Kein Wunder, gibt sie doch KünstlerInnen und anderen prekär Tätigen umfassend Auskunft über sozialrechtlichte Themen, Ver- und Absicherungslage. Die zahlreichen Änderungen der Arbeitslosenversicherung in den letzten Jahren z.B. führten zu einem Informationsdefizit, das oft gravierende Folgen haben kann. Die vom Kulturrat Österreich verfasste Broschüre soll hier informieren und aufklären und enthält dementsprechend hilfreiche Sachinformationen von den zuständigen Abteilungen beim AMS, Sozialministerium (bm:ask) und bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA). Die neue Auflage wurde aktualisiert, um auf dem neuesten Stand durch den Paragraphen-Dschungel zu lotsen. han Download auf: http://kulturrat.at/agenda/ams/infoAMS
auszeichnung Preis für DJ-Schule Die feministische Initiative „rubinia djanes” kann sich über den Schweizer Chancengleichheitspreis 2010 freuen, der von der Basler Regierung für besonders kreative und innovative Projekte zur Verbesserung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in der Berufswelt vergeben wird. Die mit 20.000 Franken dotierte Auszeichnung für die weltweit erste DJ-Schule für Frauen und Mädchen macht einerseits die Weiterentwicklung des Projekts möglich und wird andererseits zur Erweiterung des Schweizer „DJane”-Netzwerks beitragen. Die 2002 von Mithras N. Leuenberger gegründete „rubinia djanes Schule” stellt ambitionierten Mädchen und Frauen professionelles DJEquipment zur Verfügung, um ihnen erste Erfahrungen in der Kunst des Plattendrehens zu ermöglichen bzw. um ihr Können zu verfeinern. Außerdem dient der Treff als Kurs- und Übungslokal und soll die Vernetzung zwischen den Frauen fördern. Die Verleihung des Preises fand am 27. Oktober in Basel statt. pix www.rubinia-djanes.ch
Christiane Erharter
Automobilität Ich machte meinen Führerschein als bereits Erwachsene in Wien. Eine recht belastende Geschichte, da ich die Prüfung erst beim fünften (!) Anlauf bestand und auch nur deshalb, weil ich nach vier Misserfolgen weitere Fahrstunden in einer Fahrschule in meiner Heimatstadt auf dem Land nahm und danach mit Ach und Krach durch die Prüfung kam. Das Ganze kostete mich nicht nur irre viel Geld und Nerven, sondern auch beinahe mein ganzes Selbstvertrauen. Früher dachte ich immer, dass wirklich jeder Depp Autofahren kann und wer die Führerscheinprüfung nicht schafft, ein Vollkoffer ist. Mein erstes Auto war das alte meiner Eltern, mit dem ich noch ein Jahr lang nach Übergabe durch die Gegend kurvte, bis es endgültig den Geist aufgab. Ob finanzieller und ökologischer Vorbehalte sowie vernünftiger Argumente – das Öffi-Netz in Wien ist gut ausgebaut und alle Wege des Alltags fährt man ohnehin mit dem Fahrrad – klappte es lange Zeit nicht mit dem eigenen Fahruntersatz. Jetzt aber besitze und teile ich seit über einem Jahr ein Auto mit meiner Partnerin. Und es fühlt sich tatsächlich sehr erwachsen an, wenn wir unsere Eltern bei ihren Wien-Besuchen durch die Gegend kutschieren oder Landpartien mit Freundinnen samt ihren Freunden und Babys unternehmen, aber auch unabhängig und frei, wenn wir wie im Sommer mit dem besten Freund nach Kroatien auf Urlaub fahren. Er besitzt übrigens, wie die Mehrzahl der Männer in meinem FreundInnenkreis, keinen Führerschein. Unabhängig und frei fühlten sich auch Annemarie Schwarzenbach und Ella Maillart, als sie mit ihrem Ford von Genf nach Kabul fuhren, und vermutlich auch Bertha Benz, die als erster Auto fahrender Mensch in die Geschichte einging. Unternahm sie doch eine Überlandfahrt mit dem von ihrem Mann Carl Benz konstruierten ersten Auto mit Benzinmotor. Dass Lady Di in einem Mercedes verunglückte und im Pariser Krankenhaus Salpêtrière starb, in dem Jean-Martin Charcot die Hysterie erforscht hat, ist aber eine ganz andere Geschichte.
Christiane Erharter besitzt den Führerschein seit 1997 und fährt ca. 12.000 Kilometer im Jahr mit dem Auto.
November 2010 an.schläge l 33
wickelkunst
Berühren verboten! Andrea Heinz hat sich von Judith Scotts Objektkunst einwickeln lassen. Selten schmerzt das Schild „Bitte nicht berühren” so sehr wie hier im Museum im Art/Brut Center Gugging. Die Arbeiten der 2005 mit 61 Jahren verstorbenen Judith Scott schreien geradezu danach, berührt zu werden: Meterweise Garn, Stoffreste, Bänder und Wolle in bunten Farben umhüllen Alltagsgegenstände, Holzstäbe, Plastikschläuche, Tonbänder, Regenschirme … bis daraus ein undefinierbares, märchenhaftes, weil geheimnisvolles
weiblichen Rundungen. Manchmal mutet ihre kantige und sperrige Form aber fast schon phallisch an. Mit Handarbeit und klassisch verstandener Weiblichkeit hatte die Künstlerin, so darf vermutet werden, ohnehin nicht viel am Hut. Nichtsdestotrotz macht ihr Geschlecht sie zu einer Ausnahmeerscheinung: Sowohl in der Art Brut als auch in den Gugginger Räumen ist sie damit in der Minderheit. Eine doppelte Außenseiterposition, bedenkt man, dass Art Brut im englischsprachigen Raum als „Outsider Art” bezeichnet wird. Isoliert. Die Außenseiterrolle nahm Judith Scott seit dem Tag ihrer Geburt ein: 1943 in Cincinnati, Ohio zur Welt gekommen, lebte sie bis zum Alter von siebeneinhalb Jahren bei ihren Eltern, zusammen mit ihrer Zwillingsschwester und den drei älteren Brüdern. Was selbstverständlich klingt, war
Judith Scott: Ohne Titel, 1991 © Creative Growth Art Center Oakland, Fotos: Museum Gugging
Gerne stibitze Judith Scott fremdes Eigentum, um es unter einem ihrer „Schmetterlingskokons“ verschwinden zu lassen. alles andere als das: Scott hatte das Down-Syndrom, und das Amerika der 1940er Jahre verfuhr mit Menschen wie ihr nicht eben zimperlich. Als „unbelehrbar” eingestuft, lebte sie für die nächsten 36 Jahre in einem Heim. Dass Judith Scott taub war, wurde in all diesen Jahren nicht bemerkt. Ohne jede Möglichkeit sich auszudrücken, dürften die Anstaltsjahre für sie wie eine Isolationshaft gewesen sein.
Judith Scott: Ohne Titel, 2005
Bis 20.3.2011, „judith & shields.! – judith scott meets tribal art”, Museum im Art/ Brut Center Gugging, 3400 Maria Gugging, Am Campus 2, Di–So, 10–17.00 (Winterzeit) bzw. 18.00 (Sommerzeit), www.gugging.org
34 l an.schläge November 2010
Gebilde entsteht. Flankiert wird Scotts vor Lebendigkeit geradezu überbordende Objektkunst von Holzschildern aus Neuguinea: „judith scott meets tribal art.” „,Weibliche’ Wolle in den Händen einer Frau” trifft laut Begleittext auf „männliche” Objekte, die kriegerischgesellschaftlichen Zwecken dienen. Das lässt sich nun so sehen – oder so: Manchmal formen sich Scotts Objekte in
Weltberühmt. Mittlerweile ist der Name Judith Scott ein Begriff in der internationalen Kunstszene. Ihre Werke, bisweilen so groß wie die Künstlerin selbst, bringen bei Auktionen 15.000 US-Dollar und mehr ein. Sie befinden sich in den Sammlungen von Museen in Paris und Prag, New York und Lausanne, Baltimore und Chicago und werden weltweit ausgestellt. Judith Scott dürfte das wenig beeindruckt haben. Ohne lesen oder schreiben zu können, waren ihr akademische Kunstdiskurse völlig fremd. Dass ihr Schaffen der Art Brut der „unverbildeten Kunst” zugerechnet wird, bei der intellektuell übersättigte Stadtmenschen ihre Sehnsucht nach etwas „Ursprünglichkeit” zu stillen hoffen – es hätte sie wohl kaum interessiert. Ihre Hingabe galt einzig ihren Werken. Sie habe, so berichteten BeobachterInnen, die Außenwelt völlig vergessen, während sie wickelte,
Erst 1986 nahm ihre Zwillingsschwester Joyce sie nach langen bürokratischen Querelen zu sich. Sie organisierte die Aufnahme ihrer Schwester in das Creative Growth Art Center, ein KunstZentrum für Menschen mit Behinderung. Dort lernte Scott in der Folge die Textilkünstlerin Sylvia Seventy kennen. Seventy brachte ihr bei, wie man näht und Fäden miteinander verknüpft. Vor allem aber zeigte sie ihr damit, wie sie sich artikulieren konnte.
verknüpfte und vernähte. „Judith bei der Arbeit zu betrachten, Zeuge der bedachten wiederholten Bewegung ihrer Hände zu sein, die ein ,Etwas’ entstehen lassen, die langsame Entwicklung eines ,Dings’ zu verfolgen, ist nicht weniger faszinierend oder wesentlich, als die schrittweise Entstehung eines Spinnennetzes oder eines Schmetterlingskokons zu beobachten”, schreibt etwa der Kunsthistoriker John MacGregor, Autor von „Metamorphosis – The Fiber Art of Judith Scott”. Gerne stibitze Judith Scott auch fremdes Eigentum, um es unter einem ihrer „Schmetterlingskokons” verschwinden zu lassen. Ihre eigenen Werke hingegen durfte niemand auch nur berühren – sie waren ihr Besitz, den sie eifersüchtig hütete. l
christiane rösinger
Dem Götzen Liebe den Garaus gemacht Das falsche Image des Alleinseins im „Alter” und die Bewältigung von Sinnlosigkeit im Allgemeinen: Ina Freudenschuß sprach mit der Berliner Musikerin und Autorin Christiane Rösinger über ihr neues Solo-Album „Songs of L. and Hate”.
Kaum eine deutsche Pop-Musikerin weist eine stärkere künstlerische Handschrift auf als Christiane Rösinger. Dennoch konnte frau ihre Songs bisher ausschließlich im Band-Format hören. Nun hat sich die Sängerin und Songwriterin zu ihrem Recht verholfen und ein Solo-Album veröffentlicht, das auf den vielversprechenden Titel „Songs of L. and Hate” hört. Ihrem Idol aus frühester Kindheit, Leonard Cohen, gehuldigt, sagt schon der Titel aus, worum es auf dem neuen Album der bald 50-jährigen Musikerin geht: Liebe und vor allem die schreckliche, leidvolle Kehrseite dieser romantischen Fantasie, an der sich Rösinger ja bereits mit den Lassie Singers und später mit der Band Britta künstlerisch abarbeitete. Der „Vergötzung von Liebe”, wie es die Berlinerin heute nennt, sagt sie jetzt also einmal mehr den Kampf an, ebenso wie dem Willen der Gesellschaft, Depression, Lethargie und Verzweiflung aus ihrer dauergrinsenden, konsumorientierten Mitte zu verbannen. Musikalische Unterstützung bekommt sie dabei von Andreas Spechtl (Ja, Panik), der Rösingers Songs größtenteils instrumental einspielte und arrangierte. Ihre Stimme klingt auf der neuen, zurückhaltenden Produktion klarer, aber auch abgeklärter und rührender denn je, etwa wenn sie Songzeilen wie „Bist du einmal traurig und allein, gewöhn’ dich daran, es wird bald immer so sein” zum Besten gibt.
Foto: Staatsakt
an.schläge: Du wirst nächstes Jahr 50. Nimmt die Missmutigkeit im Alter zu? Christiane Rösinger: Wann beginnt denn „das Alter”? Ab dem Rentneralter, oder? Mit 49 oder 50 ist man halt älter als 30 oder 35 oder 40, aber „das Alter” würde ich eher so in den letzten Lebensabschnitt legen. Wäre ich ein Mann, wäre ich jetzt in den besten Jahren. Und nein, die Missmutigkeit nimmt mit Ende 40 nicht zu, im Gegenteil, die Freiheit ist größer, die Laune steigt. Zu Lassie Singers Zeiten hieß es noch: „Liebe wird oft überbewertet“, heute bezeichnest du Liebe als „verachtenswürdig“. Was ist passiert? Das ist ja nur ein anderer stärkerer Ausdruck für dieselbe Sache. Es ist auch ein Schockbegriff für die Leute, die in unserer Paar-orientierten Gesellschaft die Vergötzung der Liebe immer weiter eintreiben. Im Lied „Sinnlos“ rufst du deine Hörerinnen dazu auf, sich daran zu gewöhnen, allein zu sein. Das hört sich in seiner Radikalität schon fast wie Lebenshilfe für Depressive an. Also das Lied ist eher eine Persiflage auf so Beschwichtigungs-Songs, wie sie
vor allem im Schlager und der Volksmusik vorkommen. Es ist eher bitterböse und zynisch gemeint. Davon abgesehen ist das „Alleinsein” etwas Positives, was man sehr genießen kann. Nur haben viele Menschen Angst davor. Und ein weiteres Klischee, nämlich dass das Alleinsein schlimmer ist, wenn man nicht mehr jung ist, stimmt auch nicht. Ich war früher viel einsamer!
Wie geht denn das „richtige“ Alleinsein? Wie es geht, ist schwer zu sagen, ich weiß nicht, ob man das lernen kann. Es ist eine Einstellung zu dir selbst. Das Alleinsein ist keine Bedrohung, man kann es genießen, allein mit sich zu sein. Es ist gut, Zeit mit sich zu verbringen, sich selbst genug zu sein, es ist eine Bereicherung, allein zu sein. Allein sind wir sowieso, allein geboren und sterben allein. Das ist Tatsache. Wir können von einer Beziehung in die andere gehen, Kinder in die Welt setzen, Haustiere anschaffen, trotzdem sind wir allein. Viele deiner Songs stehen für das Recht auf Verbitterung ein. Warum?
Christiane Rösinger „Songs of L. and Hate” (Staatsakt) www.christiane-roesinger.de Das neue Buch von Christiane Rösinger mit dem Arbeitstitel „Liebe wird oft überbewertet” wird im Oktober 2011 im Fischer Verlag erscheinen.
November 2010 an.schläge l 35
christiane rösinger
Wenn man mal ordentlich verbittert ist und alles Scheiße findet und nix mehr erwartet, kann man sich mit einer neuen Leichtigkeit den heiteren Seiten des Lebens hingeben!
Kommen die Niedergeschlagenen in unserer Gesellschaft zu kurz? Ach, das ist so zwiespältig: Einerseits ist klar, dass alle immer depressiver werden. Die Depression gilt schon als Zivilisationskrankheit des 21. Jahrhunderts, so wie die Melancholie im 19. Jahrhundert. Andererseits wird verlangt, dass man immer so positiv und gut gelaunt durchs Leben geht. Laut Studien sind Frauen fast doppelt so oft von Depressionen betroffen wie Männer. Woran, glaubst du, liegt das? Ich glaube, Frauen lassen sich eher behandeln und sind daher statistisch besser erfasst. Männer werden grantig oder Alkoholiker, Frauen gehen zum Arzt oder zur Therapie. Wobei es erwiesen ist, dass Single-Frauen weniger depressiv sind als Frauen in einer Beziehung. Bei Männern verhält es sich umgekehrt. Viele Frauen lassen sich auch therapieren, weil sie unglücklich in der Beziehung sind, statt die Beziehung zu beenden. 36 l an.schläge November 2010
Die Last der – heterosexuellen – Beziehung haben Feministinnen in den 1970ern und 1980ern lautstark thematisiert. Heute scheint diese Problematik im feministischen Diskurs überhaupt nicht mehr vorzukommen. Ist da wirklich schon alles aufgearbeitet? Das ist ein großes Thema, mit dem ich mich gerade für mein nächstes Buch beschäftige. Die Problematik wird heute überhaupt nicht mehr thematisiert, denn in der vorherrschenden Paar-Ideologie darf das ja nicht sein, dass Beziehungen belastend sind. Da
sie sie erfunden haben.” Leider hat es ja seit den Siebzigern und Achtzigern einige Backlashes gegeben. Heute sind Beziehung und Liebe wieder wichtiger als jemals zuvor. Aber es gibt schon noch die Stimmen, die diese Beziehungspflicht in Frage stellen, das sind die Frauen um die 50. Bei meinen Recherchen habe ich sehr viele Bücher von PsychologInnen und TherapeutInnen zum Thema „Beziehungen” gelesen, die aus ihrer Praxis berichten. Und man kann sagen, die Frau ab 50, die eine oder mehrere Ehen hinter sich hat, hat kein Interesse mehr an einer Beziehung zu einem Mann, sie freut sich nach den anstrengenden Jahren der Familienfürsorge und Gefühlsarbeit, für sich zu sein, sich um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Motto: 50 plus und endlich allein! Und es geht hier nicht um besonders problematische Beziehungen mit gewalttätigen Alkoholiker-Männern. Die ganz „normale” Beziehung ist für den Mann im Allgemeinen gesünder als für die Frau, sie kostet die Frau als Gefühlsarbeiterin sehr viel Nerven und Energie und nimmt ihr oft mehr als sie gibt. In den Medien, in Spielfilmen und Frauenzeitschriften hingegen wird immer wieder das Schicksal der armen älteren Frau, die leider ihren Mann nicht halten kann, weil sie älter ist und er eine Jüngere hat, beklagt. Die gibt es bestimmt auch. Aber ich würde denken, die Mehrzahl der Frauen in meinem Alter können das Singledasein sehr genießen und wünschen sich nicht unbedingt eine Beziehung. Dieser Entschluss ist natürlich mit 50 einfacher zu fassen als in jüngeren Jahren. Da
„Das Klischee, dass das Alleinsein schlimmer ist, wenn man nicht mehr jung ist, stimmt auch nicht. Ich war früher viel einsamer!“ wird alles versucht, um die Beziehung zu retten, da mischen sich alle ein, AnthropologInnen, SoziologInnen, HirnforscherInnen und TherapeutInnen, um zu erklären, wie man „richtig” liebt. Ein Zitat von Jill Tweedy aus „Die sogenannte Liebe”: „Die Liebe ist für die Männer immer so praktisch gewesen, dass der Gedanke nahe liegt, dass
ist ja dann noch diese ganze „Kinder – ja oder nein”-Frage offen usw. Man muss schon ein paar Beziehungen gehabt haben, um darauf verzichten zu können. Zurück zu deinem Solo-Album: In einem der Songs stellst du fest, dass „alles so sinnlos“ sei. Was treibt eine da noch an, Musik zu machen?
Natürlich ist alles sinnlos. Aber wenn man die Sinnlosigkeit erkannt hat und keinen Sinn mehr sucht, kann man die Dinge gelassen nehmen wie sie kommen. Was mich antreibt Musik zu machen, kann ich gar nicht genau sagen. Ich kann auch zwischendurch mal ein Jahr lang keinen Song schreiben. Trotzdem ist das Songschreiben halt mein Beruf, das, was ich am Besten kann. Ich schreibe gerne Lieder, weil ich gerne auftrete und gerne mit meinen Liedern unterwegs bin. Und wenn mir jemand sagt, dass er meine Lieder mag oder
auch eine jüngere Gitarristin und Schlagzeuger dabei. Es gibt in der Musikszene wenige Frauen in meinem Alter. Francoise Cactus, Gudrun Gut, Michaela Melian fallen mir ein. Die mag ich alle, aber die machen ganz andere Sachen.
Du hast den Begriff der LoFi-Boheme erfunden und geprägt. Wenn du heute noch einmal tauschen könntest: Würdest du dich für den „9 to 5“-JobLebensentwurf entscheiden? Um Gottes Willen, vielleicht mal für drei Wochen oder so. Nein. Ich bin zurzeit sehr zufrieden mit meinem Leben. Die CD kommt raus, ich geh’ jetzt für ein paar Wochen als „writer in residence” an die Universität in Edinburgh. Im nächsten Jahr gibt es die Konzerte zur Platte, im Herbst erscheint mein Buch. Ich brauche keinen täglichen Job. Mit wem tauschst du dich heute musikalisch bzw. künstlerisch aus? Sind da viele Frauen deines Alters dabei? Ich bin meistens mit jüngeren Leuten zusammen, so zwischen 25 und 35. Ich hab auch ein paar Freundinnen in meinem Alter, aber die arbeiten auf anderen Gebieten. Leute in meinem Alter neigen leider zur Bequemlichkeit, bleiben lieber daheim bei Freund, Kind, Hund. Die Jüngeren sind flexibler, mit denen kann man besser ausgehen. Und musikalisch mach’ ich das neue Projekt mit Andreas Spechtl zusammen, der 26 ist. Auf Tour sind
the fabulous life of a queer femme in action
Siehst du dich mit deinen Erfahrungen als Teil einer bestimmten „Frauengeneration“? Eigentlich nicht. Ich hab mich immer azyklisch verhalten. Mit 20 ein Kind gekriegt, als die aus meiner Generation ihre Jugend auslebten. Mit 49 Oma
„Heute sind Beziehung und Liebe wieder wichtiger als jemals zuvor. Aber es gibt schon noch die Stimmen, die diese Beziehungspflicht infrage stellen, das sind die Frauen um die 50.“ sie oft im Ohr hat oder dass ihn meine Lieder trösten, dann ist das ein toller Moment und vielleicht eine Sekunde lang weniger sinnlos als sonst.
lesbennest
geworden, während um mich herum die Frauen mit 40 oder 42 Mutter wurden …
Mit deinem neuen Album referierst du gleich auf zwei honorige alte Männer der Rockmusik: Leonard Cohen und Bob Dylan. Wie kam es dazu? Ich liebe Leonard Cohen schon seit ich zwölf bin. Und ich wollte immer einen Albumtitel mit „Songs of” haben. Die Idee mit dem Dylan-Cover hatte Andreas Spechtl. Mir selbst bedeutet Dylan nicht so arg viel. Aber ich fand es gut, die Geschlechterrollen auf dem Cover zu vertauschen. l
Ina Freudenschuß ist Redakteurin bei dieStandard.at und derzeit in Familienkarenz.
denice
List of demands
I know it is only November when you read this, but I thought that I will give you all enough time to be able to fulfill the christmas wishes from your favorite columnist. Lord knows that I deserve them. So, dear baby Cheesus, please bring me following: • Better education for the people in Vienna. Especially in religion, history, sociology and gender studies. And while you’re at it: Please give them some solidarity and tolerance, too. If things still don’t change after this, please give them some new brains. • Some new fire and sparks in Vienna’s queer nightlife. 100% shallowness and not giving a shit about politics, mixed with some ironically meant political and sexist incorrectness is so 2007. I want some glamour with brains. Some glitter with empathy. Some seriousness with a twinkle in your eyes. Some irony that actually is funny and not just patronizing. • A riot grrrl revival. We are currently running around with grunge checked shirts tied around our waists again, but where are the new Bikini Kills? I want a dance floor where everyone takes their tops off. • I wish for more fluent sexualities, genders and desires. For people to actually ditch the dichotomies. Not only talk about it. • I want the queer theorists to go out and get drunk and silly, and for the party pants to read a book. • The destruction of the artsy fartsy lookist hierarchy. I want to see the mice dance on the table while the cats are still in the room. • Some goddamn spontaneity. For people to pull that stick out off their asses and use it to poke the sleepers awake. • Personally I need the following to have the strength and motivation to join the new queer revolution: Better pay for my hard work, cool high heel boots made for people with chubby legs, a dedicated audience which follows me around, a big blueberry crunch cheese cake and a neverending supply of blue Lucky Strikes.
Denice tries hard not to fantasize too much about being a revolutionary leader since it would go against her philosophy.
November 2010 an.schläge l 37
an.lesen
Dis/abled Was bedeutet es, in einer sexistischen und rassistischen Gesellschaft behindert zu sein? Der Sammelband „Gendering Disability” geht der Bedeutung von „Behinderung” im Kontext von Mehrfachdiskriminierung nach und führt die Debatten auf neue Weise zusammen. Von Vina Yun
Queers on Wheels auf der Regenbogenparade 2009, © Queers on Wheels
Während in den letzten Jahren das Konzept der Intersektionalität in den deutschsprachigen Gender Studies einen regelrechten Hype erfahren hat, sind intersektionale Ansätze in den Disability Studies relativ neu. Das Konzept der intersektionalen Analyse wird im vorliegenden Sammelband „Gendering Disability” als Möglichkeit begriffen, sich der Komplexität von mehrfacher Diskriminierung anzunähern: Der Band untersucht die wechselseitige Beziehung zwischen den Kategorien „Geschlecht” und „Behinderung”, geht aber zugleich den Verknüpfungen von „Dis/ Ability” mit Sexualität, Ethnisierung und Klasse nach. In diesem Sinne stellt der Band eine bislang wenig bearbeitete Schnittstelle von Gender und Disability Studies dar, die durch Erkenntnisse aus der Rassismus- und Migrationsforschung, der Postkolonialen Theorie sowie den Queer Studies weiter ausformuliert wird. Entlang dieser multiplen Perspektive werden auch die (teilweise verschütteten) Verbindungen zwischen den Disziplinen neu gezogen: Denn sowohl die feministische Geschlechterforschung als auch die im angloamerikanischen Raum gewachsenen Disability Studies hinterfragen, ebenso wie Queer und Postcolonial Theory, mit ihrem kritischen Blick auf die kulturelle Konstruktion von Körpern hegemoniale Body Politics und dichotome Identitätsentwürfe (männlich/ weiblich, behindert/nicht-behindert). Mehr noch machen die Beiträge im Band die Parallelen zwischen der Konstruktion von „weiblichen” und 38 l an.schläge November 2010
„behinderten” Körpern sowie die Vergeschlechtlichung und Rassifizierung von Krankheit und Behinderung deutlich. In der Auseinandersetzung um die Mehrdimensionalität von „Differenz” bzw. mehrfacher Diskriminierung geht es dabei sowohl um die „Dekonstruktion binärer Zuschreibungen als auch um die Problematisierung ihrer realen Effekte”, wie die Herausgeberinnen im Vorwort erklären. Multiple Diskriminierung bedeutet allerdings nicht einfach, dass sich die Differenzen „addieren” – so äußert sich mehrfache Ausgrenzung für Frauen (und andere) mit Behinderung nicht einfach in der z.B. Potenzierung des Sexismus, sondern meist in der grundsätzlichen Negierung ihrer Sexualität. In Rückgriff auf diese Erfahrung fordert die Politikwissenschaftlerin Heike Raab in ihrem Artikel über Disability und Queerness, heteronormative Geschlechterordnung nicht nur anhand von Sexualität und Geschlecht zu denken, sondern auch Behinderung mit einzubeziehen: Denn „um Geschlecht zu dekonstruieren, muss man erst über Geschlechtlichkeit verfügen, die (…) Menschen mit Behinderung oftmals verweigert wird.” Dass Behinderung mit anderen Differenzkategorien wie Geschlecht überhaupt zusammengedacht wird, ist vor allem ein Verdienst von Aktivist_innen aus der „Krüppel_innenbewegung” der 1980er Jahre, wie Mitherausgeberin Swantje Köbsell betont. In ihrem sehr lesens-
werten Beitrag, der ins Thema „Behinderung, Geschlecht und Körper” einführt, zeichnet Köbsell u.a. die Entwicklung der (weiß dominierten) Behindertenbewegung im deutsch- und englischsprachigen Raum seit den 1970ern nach, die in der Diskussion über Behinderung das medizinische Modell erfolgreich durch ein soziales Modell ersetzte – nach dem Motto: „Behindert ist, wer behindert wird”. Behinderung ist demnach keine individuelle, natürliche Eigenschaft, die man „besitzt”, sondern ein Prozess, der Menschen mit bestimmten Merkmalen gesellschaftliche Partizipation vorenthält. Mit dem erneuerten Fokus auf Körperpolitiken reklamieren Aktivist_innen den „behinderten”, eigenen Körper nun wieder in den Diskurs hinein. Mit der Einbindung aktivistischer Perspektiven – siehe z.B. die Beiträge von Christiane Hutson zu „Ableism” und Sexismus aus Schwarzer Perspektive oder der Rückblick von Sigrid Arnade auf die Lobbyarbeit für die UNBehindertenrechtskonvention – fasst dieser sehr empfehlenswerte Sammelband, erstmalig für den deutschsprachigen Raum, die politischen und theoretischen Debatten zusammen und bietet einen hervorragenden Einstieg in den aktuellen Stand der Disability Studies. l Jutta Jacob, Swantje Köbsell, Eske Wollrad (Hg.innen): Gendering Disability. Intersektionale Aspekte von Behinderung und Geschlecht Transcript 2010, 26,60 Euro
an.lesen Am Abhang l Bergliteratur
wird zwar nur von Alpinist_innen als Genre geführt, wird aber dennoch unterschätzt,. Neu in der Liste ist der Roman „Fallhöhe”, der ein (seltsamerweise ziemlich überschaubares) Klassentreffen in den Bergen zum Thema hat. 15 Jahre nach der Matura wandern drei Frauen und zwei Männer gemeinsam in der Schweizer Heimat. Glücklich sind die Mittdreißiger nur auf den ersten Blick. Die allseits beliebte Marina hat ihre Potenziale verspielt und ist nicht aus dem Ort der Kindheit weggekommen. Sandra reist aus Kanada nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder in die Schweiz. Ihre alte Jugendliebe hat seinen Traum vom Künstlerdasein nicht verwirklicht. Eveline ist voller Neurosen und hat ihrer ehemals besten Freundin Marina alte Konflikte nicht verziehen. Und Frido lebt als verheirateter Anwalt bürgerlich mit zwei Kindern. Die Nacht in der Berghütte gestaltet die Autorin Sabina Altermatt als kriminalistisch angehauchtes Kammerspiel und lässt es richtig krachen: Der Alkohol bringt alte Verletzungen wieder ans Licht, Rückblicke zeigen die Entwicklung der desillusionierten Freund_innen. Sandra offenbart endlich den eigentlichen Grund ihrer Rückkehr: Sie möchte eine Sterbehilfeorganisation aufsuchen. Und Marinas jugendlicher Sohn taucht in der Einöde auf mit der Absicht, endlich seinen Vater kennenzulernen. Die Autorin lässt die Leserin mit gekonnt
klarer, nüchterner Sprache auf ihre Figuren blicken und zwischen Realismus und Resignation hin- und herschwanken. Fiona Sara Schmidt Sabina Altermatt: Fallhöhe Limmat 2010, 23,20 Euro
Endlich absolut l Es wurde
Zeit, dass in der von Klaus Theweleit herausgegebenen Reihe „absolute” über „Schlüsseldiskurse der Gegenwart” Frauen wieder mal sichtbar werden. Bisher widmete sich nur einer der 17 erschienen Bände einer Frau und Feministin, nämlich Simone de Beauvoir. Nun also ein Band der wieder stark verdichtet, um sozusagen alles gut zu machen, zum Komplex, zum riesigen Feld, zur Herausforderung „Feminismus”. Das ist schon schön. Diese Kompilation feministischer Texte wurde zusammengestellt und kommentiert von Gudrun Ankele aus Wien, bekannt geworden mit ihrem Performance-Trio Schwestern Brüll. Die Erwartungen werden erfüllt, besser noch, die Leserin bekommt Unerwartetes unter die Nase gerieben und wird mit Verbindungen konfrontiert, die neugierig machen. So finden sich Valie Export und Olympe de Gouges gemeinsam im Abschnitt „Komplizierte Kollektive” oder Monique Wittig mit Kathleen Hannah/Bikini Kill im Kapitel „Exklusive Utopien”. Ankele stellt Pop-Autorin Virginie Despentes neben Judith Butler, Gustav oder die Guerrilla Girls neben Donna Haraway. Aber auch weniger bekannte bzw. historische Texte wie beispielsweise von Mina Loy oder Helene Druskowitz sind hier zu lesen. Damit eröffnet das Buch unterschiedlichste Lesemöglichkeiten und bietet auch Nicht-so-Eingecheckten die Möglichkeit für einen Quereinstieg – bekanntlich der lustvollste Weg, sich ein neues Terrain zu erobern. Karo Rumpfhuber Gudrun Ankele (Hg.in): absolute Feminismus orange press 2010, 18,50 Euro
(In) Freiheit denken l Dieses
Buch hat das nicht unbescheidene Ziel, Geschlechterdifferenz neu zu denken, um „die derzeitigen Diskussionen über das Geschlecht als ‚soziale Konstruktion’ (…) aus der Dichotomie von Mann und Frau (…), aus dem Dualismus von Biologie und Kultur, Natur und Gesellschaft
(…) [zu] erlösen”. Die Herausgebenden haben u.a. Textauszüge von Beauvoir über Butler bis Muraro eingeleitet, kommentiert und verknüpft. Es wird damit nicht nur eine Fülle von verstreuten und wieder zu entdeckenden Quellen dargeboten, sondern auch die Möglichkeit, sich einzelnen Autorinnen zu widmen, oder den verschiedenen Denkbewegungen nachzugehen. Das Elementare ist die Sichtung der vielschichtigen Bedeutungen des Begriffs der Differenz (wie Andersheit, Nichtidentität, Différance, Alterität) sowie die Unterscheidung zwischen diskurslogischen Gewohnheiten, über die Geschlechter zu reden und in der Differenz sinnvoll zu sprechen. Ein Lehr- und Lernbuch für alle, die Unterschiede jenseits festgefahrener Grenzen philosophisch begreifen wollen, und für jene, für die das Gleichheitsideal ein gefälschtes ist. Denn erst die Freiheit der Anderen ermöglicht die eigene. Birge Krondorfer Anke Drygala, Andrea Günter (Hg.innen): Paradigma Geschlechterdifferenz. Ein philosophisches Lesebuch Ulrike Helmer 2010, 30,80 Euro
Fernes Dasein l „Ich habe
mir beim Naschmarkt feine Sachen eingekauft. Hab heute Abend Gäste. Die Lampe, den Teppich, die Kommode, die Nähmaschine, die neuen Vorhänge”, erklärt Josi ihrem Sohn. Und das ist nicht mal gelogen: Denn die Protagonistin lebt, nachdem sich ihr Mann als schwul geoutet hat, alleine – an Einrichtungsgegenstände gerichtete Monologe sind an der Tagesordnung. Josi, die weiß, dass das Unglück – im Gegensatz zum Glück – immer öfter als einmal kommt, muss außerdem mit einer Krebsdiagnose und den Folgen leben: Wo früher ihre Brüste waren, sind nun Kreuze. Im Urlaub auf Hydra werden die Beziehungskonstellationen interessant. Hier trifft Josi zum einen Max Lorber, der sie fasziniert, zum anderen die Familie Köhlmeier und somit ihre eigene Erfinderin: Denn die Autorin Monika Helfer ist die Ehefrau von Michael Köhlmeier, ihre gemeinsame Tochter Paula verunglückte 2003 bei einer Wanderung. Die Protagonistin Josi lernt nun die 12-jährige Paula kennen und freundet sich mit ihr an. Doch wie auch die Beziehungen zu allen anderen, bleibt diese Freundschaft ambivalent: mal nah, dann wieder distanziert. Es ist ein ständiges Ringen für Josi, wie sie mit anderen umgehen soll, aber November 2010 an.schläge l 39
an.lesen manchmal schafft sie es ganz gut. Wenn sie etwa Paula erklärt, „ich würde dir gern sagen, dass ich deine Freundin sein will, aber ich hatte es dir schon gestern sagen wollen, und da habe ich mich nicht getraut, weil ich mir gedacht habe, was mache ich, wenn sie nicht will”, dann ist sie ihr für einen Moment ganz nah. Bettina Enzenhofer Monika Helfer: Bevor ich schlafen kann Deuticke 2010, 18,40 Euro
Obsession l Hier regiert das
Unbehagen! Lydia Mischkulnig erzählt von der Beziehung zweier Schwestern. Als Kinder noch unzertrennlich, ist Renate später von der jüngeren Marie regelrecht besessen. Nähern dürfte sie sich ihr nur noch auf 30 Meter, aber an Grenzen wird sich in diesem Roman nicht gehalten. In einer eindrucksvollen, außergewöhnlichen Sprache werden die Geschehnisse rasant vorangetrieben, ins Kriminalistische driften sie durch einen Mann, den Renate sehr begehrte, der
jedoch Marie vorzog. Schwarzer Humor at its best, und immer begleitet von Hassliebe: „Sie hatte einen brillanten Kopf, und dennoch konnte jeder Dahergelaufene ihn ihr so arg verdrehen. Diesen Schädel hätte man doch längst abreißen müssen”, denkt Renate über Marie. Die Jagd hört nicht auf, und zwischendurch ist dann nicht mal mehr klar, was eigentlich wirklich passiert ist. Bettina Enzenhofer Lydia Mischkulnig: Schwestern der Angst Haymon 2010, 17,90 Euro
Strafrecht gegendert l „Hat
Strafrecht ein Geschlecht?”, fragt dieser Sammelband. Die Antwort darauf, es sei ein männliches, existiert seit den 1990er Jahren. So wichtig die damalige fundierte Kritik an der Überbewertung von Eigentumsdelikten im Gegensatz zur Unterbewertung von Vergewaltigungen ist – die zeitgenössische Analyse gräbt tiefer. Männer und Frauen werden aufgrund der männlichen und weiblichen Rollen, die sie spielen, vor dem Recht, das „für
alle gleich” sein will, ungleich behandelt. In der richterlichen Milde für den „Beziehungstäter” etwa deutet sich eine „implizite Komplizenschaft von Männern in hegemonialen Positionen mit untergeordneten Männern auf Kosten des weiblichen Geschlechts” (Gerlinda Smaus) an. An diesen „untergeordneten Männern” richtet sich das Strafrecht aus. Sie innerhalb ihrer zugewiesenen Gender-Rolle zu disziplinieren, ist oberstes Ziel der Prävention. Bei Frauen wird eher die (verinnerlichte) soziale Kontrolle vorausgesetzt, die aus ihrer GenderRolle resultiert und sie tatsächlich viel weniger häufig Straftaten begehen lässt. In diesem Buch stellt sich das Strafrecht als repressive Institution dar, die geschlechtliche Arbeitsteilung, Hierarchisierung der Geschlechterrollen und Schichtzugehörigkeit ständig reproduziert: Deswegen, und nicht weil es „männlich” ist, ist es auch abzuschaffen. Sylvia Köchl Gaby Temme, Christine Künzel (Hg.innen): Hat Strafrecht ein Geschlecht? Zur Deutung und Bedeutung der Kategorie Geschlecht in strafrechtlichen Diskursen vom 18. Jahrhundert bis heute transcript 2010, 28,60 Euro
! te n n ö k n e d r e w m le b o r P in e k s a d , ts Nich
bonustrack: Clara Luzia
Jetzt ist sie also vorbei, die Tour, die mir in der letzten an.schläge-Ausgabe noch bevorstand und mich schon im Vorfeld irrwitzig gestresst hat. Jetzt könnte man meinen, der Stress sei vorbei, Wohlgefallen auf allen Seiten. Und ja, es könnte tatsächlich so sein, handelte es sich nicht um mein Leben. Mein Leben ist nämlich jenes, das durch meine kreative und stets erfolgreiche Art der Problemfindung am Laufen gehalten wird. Ist ein Problem – oh nein, bewahre! – gelöst, bin ich flink und flexibel darin, sofort ein neues zu formulieren. Für diese tolle Strategie war die Tour natürlich ein Pool nicht enden wollender Gelegenheiten: Jeden Tag eine andere Stadt, jeden Tag andere, uns unbekannte Menschen, jeden Tag das reine Ungewissen – da lässt sich im Vorfeld spekulieren, konjunktivieren und problematisieren, noch und nöcher! Nun gibt es aber den bereits in der letzten Kolumne erwähnten Kollegen Max – ein Sonnenschein, wie man ihn sich prächtiger nicht ausdenken könnte –, der mit meiner Art der Lebenserschwernis gänzlich unvertraut
ist. Ich hoffte ja, auf der Tour ein bisschen was von seiner jugendlichen Leichtigkeit abbekommen zu können, zumal wir ja den Großteil der Zeit zusammengequetscht im engen Tourbus verbrachten und ich immer schon die Vorstellung hatte, dass sich die Grenzen von Menschen irgendwie verwischen und vermischen, sobald sich viele von ihnen auf kleinem Raum befinden. Aber es wäre ja nicht ich, wenn sich daraus nicht gleich das nächste Problem ergeben hätte. Statt mich also im Tourbus der Grenzen auflösenden Kraft hinzugeben, die mich an Maxens Sonnenschein hätte partizipieren lassen können, quälten mich Fragen wie: Stinke ich? Nehme ich zu viel Platz weg? Atme ich zu Raum einnehmend? Sabbere ich alles voll, sollte ich einschlafen? Wurde also nichts aus dem Good-Vibes-Übertritt von Max auf mich, stattdessen konnte ich meine Problematisierungs-Skills ins schier Bodenlose vertiefen. Aber wer weiß – es heißt ja immer, die Inspiration entspringt oft eher einem Unglücks- denn einem Glücksgefühl. Vielleicht also gerade noch Glück gehabt!
Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember) und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
40 l an.schläge November 2010
an.klang
Reizvolle Klangdialoge Was herauskommt, wenn Nöstlinger vertont wird, Klarinetten mit Saxophonen plaudern oder Bach auf die Harfe kommt, hat sich Regina Himmelbauer angehört.
Sophie Hassfurther © Markus Lackinger, www.jazzfoto.at
Iba de gaunz oamen Leit hieß der Band mit Mundartgedichten von Christine Nöstlinger, der erstmals 1974 (noch unter einem anderen Titel) erschien. Die Schauspielerin Caroline Koczan und Erich Meixner wählten für ihr Ensemble Bassena Social Club (Extraplatte) einige der Texte aus und vertonten sie. Herausgekommen sind nicht unbedingt Wiener Lieder, dafür kleine Alltagsszenen, die – da erfreulicherweise ohne Zeigefinger gemeint – selten positive Auswege aufzeigen. Aufs erste kann dann ein Lied wie „A Malea” ganz gemütlich herkommen, etwa wenn bedauert wird, dass die Ehefrau an einer Embolie verschieden ist. Dabei war die „Watschn” nicht schlimmer als sonst – und dass sie auf eine Kante gefallen ist, war sicher nicht an ihrem Tode schuld … Hier wechseln sich Lieder aus weiblicher und männlicher Perspektive ab, aber Nöstlinger hat bekanntlich auch ein Herz für Kinder: Wie für jenes, das bald genauso wie der Vater nur mehr die Tischplatte anstarren wird – der Optimismus spricht aber mehr aus der Musik als aus den Texten. Anna Zauner-Pagitsch spielt zahlreiche unterschiedliche Typen historischer Harfen. Für die Tripelharfe, einem chromatisch gestimmten Instrument, das ohne Pedale auskommt, hat sie Cembalo-Werke von Johann Sebastian
Bach bearbeitet. Der im Vergleich zum Cembalo lange Nachhall lässt die bekannten Stücke aus den „Englischen Suiten” in überraschenden Klanglichtern erscheinen. Auf dem Album Bach auf der Harfe (Extraplatte) finden sich jedoch auch zwei kurze Miniaturen, die von der Harfenistin selbst stammen. Die Spannung zwischen moderner Klangsprache und historischem Instrument, das noch nicht der Ästhetik des homogenen Klangs frönt, entwickelt seinen eigenen Reiz. Saxophon und Klarinette – das ist keine ungewöhnliche Kombination. Die Salzburger Jazz-Saxophonistin Sophie Hassfurther musiziert auf ihrem Debütalbum mit dem türkischen Klarinettisten Oguz Büyükberber – der Titel Orient Express (Extraplatte) darf jedoch nicht dazu verführen, folkloristische Klänge zu erwarten, dafür fantasievolles Spiel mit Formen, Melodien, Harmonien, Rhythmen. Und dies nicht nur ironiefrei: So gibt „Animal Farm” Raum für instrumentales und stimmliches Grummeln und Sirren, während z.B. „Sis” vor allem die Tiefe auslotet. Ein tiefgehender, nicht nur instrumentaler Dialog. Eine interessante Platte mit Blockflötenmusik des 20. Jahrhunderts hat Leora Vinik mit der Pianistin Liora Ziv-li eingespielt: Auf Modern Music
for Recorder & Piano werden „Klassiker” wie Hans-Martin Linde, Hans Ulrich Staeps oder Hans Gál detailreich interpretiert. Das jüngste Werk in dieser Sammlung ist das irisierende „Glimpse of a Question from a distant Desert” (2007) der israelischen Komponistin Hagar Kadima. Die Sorgfältigkeit der Produktion zeigt sich auch am Booklet sowie einer zusätzlichen DVD, auf dem die Blockflötistin gleichsam „stille” Bilder zur Musik findet, wie etwa in der Betrachtung der Entstehung eines Bildes der Malerin Mirjam Walter, der Keramikerin Talma Tamari oder der Tänzerin Shimrit Golan. Eine zurückhaltende, konzentrierte und geistvolle CD (zu beziehen über vinik@netvision.net.il). Die Mezzosopranistin Magdalena Kožená zählt zu den Stars der AlteMusik-Szene. Auf ihrem neuesten Album Lettere amorose (Deutsche Grammophon) hat sie auch die dramatische Szene „L’Eraclito amoroso” der frühbarocken Komponistin Barbara Strozzi (1619–1664) aufgenommen. Diese bewegende Klage über den Lamento-Bass ist wohl eine der düstersten Aufnahmen – erdenschwer und ausdrucksvoll, ohne in leere Theatralik zu verfallen. l
Links: www.bassenasocialclub.at www.harfen.at/anna_zauner_pagitsch www.sophiehassfurther.com http://ce-acfp.co.tv/boxwoodeuropean-recorder www.kozena.cz
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an.sehen
... und alles funktioniert total schön
Aus 900 Stunden Videomaterial hat die AG Doku* mit der Wiener Produktionsfirma Coop99 einen knapp 85-minütigen Kinofilm über die Bildungsproteste im Herbst 2009 geschnitten. Dabei kommt vieles vor und vieles zu kurz. Von Lisa Bolyos © coop99 / AG Doku
Menschen in weißen Overalls hanteln sich an Fensterbänken entlang. Rufen einander unverständliche Dinge zu, lachen. Schließlich wird mit Erfolg an der Vorderfront der Wiener Kunstakademie ein riesiges Transparent entrollt: „Reclaim (y)our education!” Die Besetzung beginnt. Die Kamera wackelt. It’s real. Brav nach aristotelischem Dramenaufbau wird die Geschichte der Proteste am Beispiel der Universität Wien erzählt, zusammengehalten durch die Kritik an Leistungsdruck, Verschulung und ökonomischem Verwertungszwang, die sich wie ein roter Faden durchzieht. Von einer Einführung in die Problematik des Bologna-Prozesses (Stimme aus dem Off: „Wie man als Student mitbekommt, dass alles langsam zerfällt”) geht es gleich weiter zur Audimax-Besetzung, auf die unmittelbar die Solidarisierung einer breiten Öffentlichkeit folgt – vor allem, so suggerieren die Kurzinterviews, aufgrund des hohen und ordnungsverliebten Organisierungsgrades („Haltet eure Vokü sauber”, „Selbstver42 l an.schläge November 2010
antwortung”, „Fühl dich wie zu Hause, wasch ab!”). Die Bewegung professionalisiert sich, Arbeitsgruppen werden gebildet, Pressekonferenzen abgehalten, Sprecher_innen treten an und wechseln sich ab, das „Experiment Basisdemokratie” geht in die heiße Phase und „alles funktioniert” laut einer Studentin „total schön.” Die Klimax ist schließlich erreicht, wenn eine internationale Besetzungs-Vernetzung höchsten Grades hergestellt ist, die AG Doku von einer europäischen Stadt in die nächste jettet und Anti-Flag, Jean Ziegler und Gustav sich die Audimax-Türklinke in die Hand geben. Ex-Wissenschaftsminister Johannes Hahn ist zu keinem Kompromiss bereit, Uni-Wien-Rektor Winkler erzählt verträumt von ’68, die Gruppe „Squatting Teachers” solidarisiert sich. Und dann geht es auch schon wieder bergab. Erste Streitigkeiten stellen sich ein, Müdigkeit macht sich breit, über das Klimpern eines Audimax-Pianisten brüllen sich zwei Besetzer_innen an, ein weißgekleideter Nikolaus geht vorbei. Der Hörsaal ist fast leer. Und das Drama darf dann
auch mit der Katastrophe enden: Die Held_innen sterben nicht (wie bei Aristoteles), sondern werden geräumt, in Wien und in allen solidarischen Städten, ein einsamer Student zwischen Bullenspalieren spielt in einem Kölner Hörsaal auf der akustischen Gitarre Bob Marleys „Redemption Song”. Da ist er endlich, der bis zu Minute 68 sehnlich erwartete Schauer. Schmalzige Nostalgie, Antonioni pack ein, wir machen uns die Musikvideos unserer Politisierung selbst. Danach wabert es noch ein Weilchen weiter. Der „Hochschuldialog” wird zum Scheitern gebracht, Beatrix Karl wird neue Wissenschaftsministerin, und die Vorbereitungen zu den BolognaGipfel-Protesten gehen los. Ein Fazit wird formuliert: Die Protestbewegung war erfolgreich, weil Bildung zum Thema geworden ist. Dann, erstaunlich zynisch in diesem allzu freundlichen Film: Schwenk auf den Eignungstest zum Medizinstudium. Tausende Bewerber_innen lassen sich von Securitys durchchecken, bevor sie sich im übervollen Megahörsaal zur Prüfung niederlassen. Ende.
Der Authentizitätsfaktor der zahlreichen wackelnden Kameras, die immer ganz nah dran sind am Geschehen, hat Charme und erlaubt auch unterschiedliche Blickwinkel auf die Bewegung und ihre viele kleinen Details. Widersprüche und Momente der aufregenden Politisierung, Fragestellungen jenseits von Bachelor und Master, jenseits von selbstbezüglicher Mittelschichtskritik an einem langweiligen Universitätssystem fallen der strengen Timeline aber zum Opfer. Ob es für eine Filmproduktion genügt, sympathisches Material chronologisch aneinanderzureihen – vielleicht ist das schon zu viel gefragt. „Wir wollten ja keinen Film machen, der über die Proteste reflektiert,” sagt Produzent Antonin Svoboda. Und das ist (leider) gelungen. l
„#unibrennt – Bildungsprotest 2.0“ (A 2010) läuft seit 29.10. in den österreichischen Kinos. * Arbeitsgruppe Dokumentation, die aus der Bewegung unibrennt entstand und in mehreren, unabhängigen Zusammenhängen die Proteste auf Video dokumentierte.
an.künden Redaktionsschluss Termine 12/10: 02.11.2010 termine@anschlaege.at
fest musik 5.11., ab 22.00, Wien Club Quote feat. Chicken Exit (HU), DJ C, Tomke & Vina Y. fluc, 1020, Praterstern, www.fluc.at 13.11., 22.00, Wien 10 Jahre LADYSHAVE, mit Electric Indigo u. irradiation, Kosten: 10/VVK 8 Euro, brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at, www.ladyshave.finearts.at 20.11., 21.00, Wien Die Rosa Lila Villa wird 28, Geburtstagsfest in Kooperation mit MiGay, nähere Infos zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt, siehe unter www.villa.at Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/586 81 50 ab 17.11., Berlin, Wien u.a. M.I.A., Tourdaten: 17.11., Berlin, Columbiahalle; 28.11., München, Muffathalle; 29.11. Zürich, Rote Fabrik; 30.11., Wien, Gasometer bis 5.12., Salzburg u. Wien Bock auf Kultur 2010, Benefiz-Festival zu Gunsten der Flüchtlingshelferin Ute Bock, Programm unter www.bockaufkultur.at
film 7.11., 18–23.00, Wien Laughing matters: Lesbische Standup Comedy aus den USA, im Rahmen der Reihe „Das Patriarchat auslachen Humor als feministische Strategie”, für Frauen_Lesben_Transpersonen_ Intersexpersonen Frauencafé, 1080 Wien, Langeg. 11, www.frauencafe.com 19.11., 18.30, Wien Lesben im Postkommunismus, Filmscreening u. Diskussion, mit Jana Cvicova, Hana Museion, Anna Borgos, Dorottya Rédai (Budapest), Petra Galkova, Moderation: Nina Hechenberger u. Verena Fabris, auf Englisch u. Deutsch Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik, 1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/715 98 88, www.frauenhetz.at
29.11., 17–19.00, Wien Lesbischer Kultfilm, für Lesben_Bisexuelle_Trans* zwischen 13 u. 20 Jahren Lila Tipp Lesbenberatung – Beratungs- und Infostelle in der Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/586 81 50, www.villa.at
bühne ab 17.11., 19.30, Wien Bunbury – The Importance of being earnest, von Oscar Wilde, eine Produktion von Theater SHOWinisten, mit: Lucy McEvil, Lilly Prohaska, Susanna Knechtl u.a., Regie: Hubsi Kramer, weitere Termine: 20., 24., 27.11., 4., 8., 10.12., Kosten: 18/erm. 12 Euro 3raum Anatomietheater, 1030 Wien, Beatrixg. 11, T. 0650/323 33 77, www.3raum.or.at ab 27.11., 20.00, Wien Who shot the Princess? Boxstop Telenovelas, Erstaufführung, Konzept, Regie, Text, Sound: Gin/i Müller, mit Flor Edwarda Gurrola, weitere Termine: 28., 29., 30.11., 1.12., Kosten: 13/erm. 7 Euro brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/587 87 74, www. brut-wien.at,
seminar workshop 5.–7.11., Schwanberg I love my Vagina: FeminismusSeminar für Einsteigerinnen ohne Vorkenntnisse, veranstaltet vom Feminismus-Stammtisch der Grünalternativen Jugend Steiermark, UKB: 20 Euro, Fahrtkosten, Unterkunft u. Verpflegung gratis, Anm. unter www.gaj-stmk.at ab 6.11., Wien Feminist/queer Radio-Grundkurs bei Radio ORANGE 94.0, Fokus auf queer/feministische Radioarbeit in Inhalt u. Form, Trainer_innen: Renate Strauss, Sushila Mesquita, Petra Y, Nino Jaeger, Termine: 6.11., 10–18.00 Einführung; 11.11., 17–21.00, Akustisches Gestalten; 12.11., 17–21.00, Recht; 16.11., 17–21.00, Live-Radio; Kosten: 34 Euro, kostenlos f. Erwerbslose, Anm. bis 1.11. unter www.o94.at od. Tel.
01/319 09 99 ORANGE 94.0 – Das Freie Radio in Wien, 1200 Wien, Klosterneuburger Str. 1, T. 01/31 909 99, www.o94.at 13.11., 10–21.00, Wien Wen DO – Feministische Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen: „Eingreifen gegen Rassismus”, Kosten: 20–120 Euro (Gehaltsstaffel), Informationen u. Anm. bis 3.11. unter T. 01/408 50 57 FZ, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Stiege 6, http://wolfsmutter.at/sistaz/ wendo_wien/wendo.php 16.11., 18.00, Wien Linux-Workshop, for ladyz* only w23, 1010 Wien, Wipplingerstr. 23, http://techbabbel.raw.at 26.11., 16.30–19.30, Wien Wirtschaft anders denken, Workshop mit Barbara Schöllenberger, kein Wirtschaftswissen od. Vorkenntnisse nötig, ab 20.00 Buchpräsentation mit den Autorinnen von „Wirtschaft anders denken: Feministische Wirtschaftsalphabetisierung”, Anm. bis 19.11., UKB: Spende Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik, 1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/715 98 88, www.frauenhetz.at 30.11., 18.00, Wien LaTeX-Workshop, for ladyz* only w23, 1010 Wien, Wipplingerstr. 23, http://techbabbel.raw.at/ 4. u. 5.12., 10–19.00, Wien Wen DO – Feministische Selbstverteidigung für Frauen und Mädchen: Grundkurs „Sich verteidigen und gegen Sexismus handeln”, Kosten: 20–120 Euro (Gehaltsstaffel), Informationen u. Anm. bis 24.11. unter T. 01/408 50 57 FZ, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Stiege 6, http://wolfsmutter.at/sistaz/ wendo_wien/wendo.php
vortrag diskussion 6.–7.11., Berlin Frauengesundheit, 17. Jahrestagung des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft, Kosten: 30–100 Euro, 6.11., 20.00: AKF-Frauenfest, UKB: 25 Euro, Anm. f. die Tagung unter: T. 030/86 393-316 od. buero@akf-info. de, Ort: Hotel Christophorus, 13587 Berlin, Schönwalder Allee 26/3 AKF, 10713 Berlin, Sigmaringer Str. 1, T. 030/86 393-316, www.akf-info.de
8.11., 19.00, Wien AsylwerberInnen und Obdachlose in Österreich heute: Die Frage nach Alternativen, im Rahmen der Reihe „Doppel-Porträt”, mit Ute Bock u. Cecily Corti, Moderation: Radovan Grahovac u. Peter Kreisky, anschließend Filmprojektion aktueller Projekte der Aktivistinnen u. Buffet Fleischerei Experimentaltheater, 1070 Wien, Kircheng. 44, T. 01/524 07 38, www.experimentaltheater.com
Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik, 1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/715 98 88, www.frauenhetz.at
ab 8.11., 19.00, Wien Veranstaltungsreihe „Culture of Control? Überwachung, Kontrolle und Subjektivierung”, Konzept u. Organisation Ulrike Mayer u. Odin Kroeger, u.a. 8.11.: Andrea Kretschmann: Kontrollkulturen – Felder, Formen und AkteurInnen der Überwachung, 24.1.2011: Gundula Ludwig „Geschlecht und Heteronormativität überwachen” Depot, 1070, Breite Gasse 3, http://depot.or.at
22.11., 19.00, Wien Totgesagte leben länger – Die österreichische Frauenbewegung, im Rahmen der Reihe „Nachdrücklich vorbildlich: Auf den Spuren von Pionierinnen und Zukunftsfrauen”, Kosten: 10/erm. 7 Euro KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterng. 42, T. 01/523 12 26, www.kosmostheater.at
10.11., 18.30, Wien „Finanzierungen & Kredite”, im Rahmen der Vortragsreihe „Frauen und Geld”, Vortragende: Daniela Orlik, UKB: 7 Euro, Anm. bis 7.11. bei elke. spitzer@prokonzept.at, T. 01/817 41 44 Institut Frauensache, 1030 Wien, Obere Viaduktg. 24, T. 01/89 58 440, www.frauensache.at 12.11, 18.00, Wien „Welches Wissen gegen die Krise?” – 25 Jahre BEIGEWUM, mit Brigitte Unger, Gundula Ludwig, Jörg Flecker, Karin Fischer, Moderation: Beat Weber, Fest nach der Diskussion 1090 Wien, Albert Schweitzer Haus, Schwarzspanierstr. 13, www.beigewum.at 12.11., 17–20.00, Neuenburg/ Neuchâtel Bologna und Chancengleichheit, mit Helene Füger, Thea Weiss Sampietro, Cátia Candeias, Moderation: Julika Funk, veranstaltet vom Verein Feministische Wissenschaft Schweiz, Kosten: 20/erm. 10 CHF Universität Neuenburg, Raum RN.02 im Gebäude der Geisteswissenschaften, 2002 Neuenburg/Neuchâtel, Espace Louis-Agassiz 1, www.2unine.ch, www.femwiss.ch 12.11., 15–17.00, Wien Notate zum Körperregime, mit Birge Krondorfer, Moderation: Gerlinde Mauerer Institut für Soziologie, 1010 Wien, Rooseveltplatz 2, www.frauenhetz.at 13.11., 19.00, Wien Was Frauen arm macht, mit Gisela Notz, Moderation: Birge Krondofer
17.11., 18.30, Wien Beharrliche Leiblichkeit: Zur Vorgeschichte aktueller EmbodimentDebatten, mit Marlen Bidwell-Steiner Institut für Wissenschaft und Kunst, 1090 Wien, Bergg. 17, T. 01/317 43 42, www.univie.ac.at/iwk
22.11., 19.00, Graz Burn-out: Wenn Frauen über ihre Grenzen gehen, mit Beate KoppKelter, UKB: 8 Euro, Anm. erwünscht Frauengesundheitszentrum, 8010 Graz, Joanneumring 3, T. 0316/83 79 98, www.fgz.co.at 25.11., 9.30–21.00, Garching Liesel Beckmann Symposium 2010: Gender in den Wirtschaftswissenschaften, Teilnahme kostenlos, nähere Informationen unter: T. 089/289 252 98 od. lbs@tum.de Institute for Advanced Study der Technischen Universität München, 85748 Garching, Lichtenbergstr. 2a, www.tum-ias.de 3.12., 18.00, Berlin G(enuss)-Fläche und weibliche Ejakulation, Impulsgebung u. Erfahrungsaustausch, Kosten: 3 Euro, mit Dr. Laura Méritt Exklusivitäten, 10961 Berlin, Fürbringerstr. 2, www.weiblichequelle.de
ausstellung 1.–30.11., in ganz Europa Europäischer Monat der Fotografie, Österreich-Programm unter www.monatderfotografie.at u- www.eyes-on.at Eyes On Infopoint im MUSA, 1010 Wien, Feldererstr. 6–8, Di, Mi, Fr 11– 18.00, Do 11–20.00, Sa 11–16.00, T.01/4000-84 00, www.musa.at 5.11.–20.2., Wien Power Up: Female Pop Art, Künstlerinnen: Sister Corita, Kiki Kogelnik, Niki de Saint Phalle u.a., Kunsthalle Wie, Halle 1, 1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1, tgl. 10–19.00, Do 10–21.00, T. 01/521 89 33, www.kunsthallewien.at
November 2010 an.schläge l 43
an.künden Frauendokumentations- und Projektzentrum, 8010 Graz, Radetzkystr. 18, Mo, Di, Fr 10–13.00, MI 14–17.00, T. 0316/82 06 28, www.doku.at
ElVira / www.bildergegengewalt.net
16 Tage
9.11. –7.12., Wien Display, von Schönheitsdiktaten u. Schönheitsidealen, Künstlerinnen: Käthe Hager von Strobele, Maria Hahnenkamp, Ulrike Lienbacher, Mar-
Seit seiner offiziellen Initiierung im Jahr 1999 durch die Vereinten Nationen, die auf die Entführung und Ermordung der Schwestern Mirabal 1960 zurückgeht, wird der Internationale Tag gegen die Beseitigung von Gewalt an Frauen weltweit am 25. November mit Aktionen und Veranstaltungen begangen. Der 25. November ist auch Startschuss für die „16 Tage gegen Gewalt an Frauen”. Der 10. Dezember, der Internationale Tag der Menschenrechte, bildet den Abschluss dieser globalen Kampagne. Damit soll auf die Einhaltung der Menschenrechte für Frauen und Mädchen sowie die notwendige Stärkung von Frauenrechten im Allgemeinen aufmerksam gemacht werden.
bis 14.11., Maria Gugging mahn – maskulines? Männerbilder – die Abbildung des Mannes und „Männliches” in der Art Brut galerie gugging, 3400 Maria Gugging, Am Campus 2, T. 02243/87 087 381, www.gugging.org
Programm Berlin: www.berlin.de/sen/frauen/ oeff-raum/25_11/index.html,Wien: www.wien. gv.at/menschen/frauen/veranstaltungen/16gewalt.html, Zürich: www.16tage.ch, und andere Städte in ganz Europa: www.un.org/depts/dhl/violence
bis 5.12., Wien Retrospektive Frida Kahlo Bank Austria Kunstforum, 1010 Wien, Freyung 8, Mo–So 10–19.00, Fr 10–21.00, T. 01/537 33 26, www.bankaustria-kunstforum.at
gret Wibmer, Eröffnung: 8.11., 19.00 Fotogalerie Wien/WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa 10–14.00, T. 01/408 54 62, www.fotogalerie-wien.at
11.11.–24.11., Graz Frauen gegen Gewalt: Die kolumbianische Frauenorganisation „Organización Femenina Popular”, Eröffnung: 10.11., 17.00
Women in Klezmer Zum siebten Mal bespielt das KlezMORE Festival Wien mit jüdischer Musik in all ihren Variationen, von zeitgenössischen Interpretationen bis hin zur Vielfalt traditioneller Formen. Mit Auftritten von u.a. Timna Brauer (A), Andrea Pancur (D), Jessica Lurie (USA) und Rodinka (FR) wird die Frauenquote auch hier gepusht. Voll koscher!
Jessica Lurie, Foto: Petra Cvelbar
6.–21.11., KlezMORE Festival Vienna, an verschiedenen Spielstätten, Festivalinfo T. 0676/521 91 04, www.klezmore-vienna.at
Der kalte Schmuck des Lebens Unter diesem Titel wird der Literaturnobelpreisträgerin von 2009, Herta Müller, nun die erste umfassende Ausstellung gewidmet. Das Literaturhaus Berlin zeigt Originalmanuskripte und literarische Zeugnisse und bringt auf der Finissage, auf der der rumänischen Sängerin Maria Tanase gedacht wird, Müller sogar zum Singen.
Herta Müller, Foto: Annette Pohnert, Carl Hanser Verlag
44 l an.schläge November 2010
bis 21.11., Finissage am 17.11. mit Herta Müller u. Sandra Weigl & Band, Literaturhaus Berlin, 10719 Berlin, Fasanenstr. 23, Di–Mi, Fr–So u. Feiertag 11–19.00, Do 11–21.00, T. 030/887 286-0, www.literaturhaus-berlin.de
bis 17.11., Linz Marlen Haushofer: „Ich möchte wissen, wo ich hingekommen bin!” StifterHaus, Adalbert-Stifter-Platz 1, 4020 Linz, T. 0732/77 20-1295, www.stifter-haus.at bis 21.11., Jena Louise Bourgeois: Skulpturen, Zeichnungen und Druckgrafik Städtische Museen Jena, Kunstsammlung, 07743 Jena, Markt 7, Di u. Mi 10–17.00, Do 14–22.00, Sa u. So 11–18.00, T. 03641/4982-65, ww.kunstsammlung.jena.de
bis 12.12., Wien Ana Torf: Album/Tracks B Generali Foundation, 1040 Wien, Wiedner Haupstr. 15, Di–So, feiertags 11–18.00, Do 11–20.00, Vortrag Mieke Bal 2.12., 19.00, T. 01/504 98 80, http://foundation.generali.at bis 13.12., Wien Das Theater mit dem Gender – 10 Jahre KosmosTheater Jubiläumsausstellung, Konzept und Ausführung: Bettina Frenzel, geöffnet an Spieltagen, ab 90 min. vor Vorstellungsbeginn, Eintritt frei KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterng. 42, T. 01/523 12 26, www.kosmostheater.at bis 9.1., Frankfurt/Main Not in Fashion – Mode und Fotografie der 90er Jahre Museum für Moderne Kunst, 60311 Frankfurt/Main, Domstr. 10, Di 10–18.00, Mi 10–20.00, Do–So 10–18.00, T. 069/212 304 47, www.mmk-frankfurt.de bis 30.1., Wien Valie Export: Zeit und Gegenzeit, Führungen durch die Künstlerin: 3.11. 19–20.00, durch die Kuratorin: 16.11., 17–18.00, Themenführung: 17.11., 19–20.00, Diskussion „Wegbereiterin und Leitfigur”: 1.12., 19–20.00, Teilnahme kostenlos, Anm. unter public@belvedere.at Unteres Belvedere, Orangerie, 1030 Wien, Rennweg 6, tgl. 10–18.00, Mi 10–21.00, T. 01/79 55 70, www.belvedere.at bis 31.1., Wien Sofia Goscinski: Disorders Kunsthalle Wien, photo wall & video wall 1070 Wien, Museumsplatz 1, tgl. 10–19.00, Do 10–21.00, T. 01/521 89-0, www.kunsthallewien.at bis 6.2., München Tronies – Marlene Dumas und die Alten Meister Haus der Kunst, 80538 München, Prinzregentenstr. 1, Mo–So 10–20.00, Do 10–22.00, T. 089/211 27-115, www.hausderkunst.de
bis 13.2., Speyer Amazonen – Geheimnisvolle Kriegerinnen Historisches Museum der Pfalz Speyer, 67346 Speyer, Domplatz 4, T. 06232/13 25 0, www.museum-speyer.de bis 13.3., Wien Susan Hefuna: 7xANA, Installationsserie im Rahmen des Projekts „MAPPING WIEN” Sigmund Freud Museum, 1090 Wien, Bergg. 19, tgl. 9–17.00, T. 01/319 15 96, www.freud-museum.at
lesung 10.11., 19.00, Wien Angelika Reitzer „Unter uns” u. Melinda Nadj Abonji „Tauben fliegen auf”, Einleitung u. Gespräch: Daniela Strigl u. Petra Messner, im Rahmen der Reihe „Textdialog: Familienmuster im Wandel – Zerfließende Identitäten und starke Charaktere” Alte Schmiede, Literarisches Quartier, 1010 Wien, Schönlaterng. 9, T. 01/512 44 46-74, www.alte-schmiede.at 12.11., 20.00, Wien Slam b, Poetry Slam, mit Slam-Masterin Diana Köhle, Anm. ab 19.00, für eigene Teilnahme mitzubringen: 2 selbst verfasste Texte zu jew. max. 5 min Literaturhaus Wien, 1070 Wien, Zieglerg. 26A, www.literaturhaus.at, www.slamb.at 24.11., 20.15, Wien textstrom Poetry Slam, Moderation: Mieze Medusa, Special Guest: PEH, Anm. ab 19.30, für eigene Teilnahme mitzubringen: 2 selbst verfasste Texte zu jew. max. 5 min rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37, http://rhiz.org, www.miezemedusa.com 3.12., 19.00, Wien Lydia Mischkulnig „Streifzug oder Moralischer Kater” u. Sabine Scholl „Euphorie und Schässburg-Gefühl”, Lesungen und Diskussion, im Rahmen der Reihe „mitSPRACHE unterwegs – Literarische Reportagen” Alte Schmiede, Literarisches Quartier, 1010 Wien, Schönlaterng. 9, T. 01/512 44 46-74, www.alte-schmiede.at
aktivitäten jeden 1. Do, ab 18.00, Wien Offenes Plenum des Frauencafé Kollektivs Frauencafé, 1080 Wien, Langeg. 11, www.frauencafe.com jeden 1. Do, ab 18.30, Wien Plenum des FrauenLesbenMädchenZentrums 1090 Wien, Währinger Str. 59/Stiege 6, T. 01/408 50 57, http://fz-bar. wolfsmutter.com jeden Do u. Fr, 18–24.00, Wien Feministische Kneipe, für Frauen_Lesben_Transpersonen_Intersexpersonen Frauencafé, 1080 Wien, Langeg. 11, www.frauencafe.com Do, 16.30–18.30, Hamburg Das LesbenTreff-Café, für Lesben jeden Alters 20357 Hamburg, Glashüttenstr. 2, T. 040/24 50 02, www.lesbenvereinintervention.de
an.künden 5.–7.11., Salzburg Herbst.Tanz 2010 – tanzimpulse Salzburg. Workshop: Butoh, mit Yumiko Yoshioka, Anm. unter workshops2010@tanzimpulse.at u. T. 0676/97 55 293 tanz_house, ARGEkultur, 5020 Salzburg, Ulrike-Gschwandtner-Str. 5, www.tanzimpulse.at
jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien Frauen-Lesben-Theatergruppe, für Frauen und Mädchen jeden Alters, Infos: Regina Stierschneider, T. 0664/186 06 13, regina@elektrobox.com FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währinger Str. 59/Stiege 6
8. u. 22.11., zw. 17 u. 19.00, Wien Offener Abend zum Selbstgestalten, für Lesben_Bisexuelle_Trans* zwischen 13 u. 20 Jahren Lila Tipp Lesbenberatung – Die Beratungs- und Infostelle in der Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/586 81 50, www.villa.at
Do, 17.30–20.45, Wien SAPPHO – Psychotherapeutische Gruppe für lesbische und bisexuelle Frauen: Das zufriedene les-bi-sche Ich bin Ich, 14-tägig jeweils Do, Kosten: 48 Euro pro Abend, Anm.: T. 01/585 69 66 Beratungsstelle COURAGE, 1060 Wien, Windmühlg. 15/1/7, www.courage-beratung.at
25.11., Wien FrauenMädchenLesbenDemo anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen, Information u. Terminbekanntgabe f. Vorbereitungstreffen unter lesbenfrauennachrichten@gmx.at Autonomos FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59/ Stiege 6, 2. Stock, T. 01/408 50 57, http://fz-bar.wolfsmutter.com
ab 3.11., an verschiedenen Orten in Vorarlberg FEMAIL-Sprechtage, kostenlose u. vertrauliche Information u. Beratung zu Themen wie Beihilfen, Karenz, Wiedereinstieg, Bildung, Gesundheit, Trennung u. Pension, Sprechtage in den Regionen mit Claudia Bernard und Sevinç Kapaklı – Termine unter T. 05522/31002, www.femail.at
beratung
ab 18.11., 18–21.00, Wien Jahres-Gruppe für Frauen im Aufbruch, Coaching, Begleitung u. Beratung für Themen wie Lebensplan, Lebensbalance, Lebensentwürfe, Veränderungsprozesse, Leitung: Daniela Reiter, Termine: 18.11., 16.12., 20.1., 17.2., 17.3., 28.4., 19.5., 16.6.2011, Kosten: 72 Euro/Abend, max. 8 Teilnehmerinnen, Anm. u. Information: T. 0699/10 52 61 47 od. daniela.reiter@diereiter.at Seminarzentrum Lindengasse, 1070 Wien, Lindeng. 30/12, www.diereiter.at
ab 1.11., 18–20.00, Hamburg Projektwerkstatt: Coming Out, für junge Lesben/Bisexuelle, weitere Termine: 8., 15., 22., 29.11., Anm. unter jlz@lesbenverein-intervention.de Lesbenverein Intervention, 20357 Hamburg, Glashüttenstr. 2, T. 040/43 04 624, www.lesbenverein-intervention.de
radio fixtermine Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas zena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), wöchentlich Mo 21–22.00, Schweiz K-Punkt Kalila – Feminine und feministische Themen Kanal K 94.9 MHz (Aargau), Livestream auf http://kanalk.ch, wöchentlich Di, 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on Air Orange 94.0 MHz, wöchentlich Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di Di, 20–21.00, Deutschland Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren und Musik, Musik, Musik Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig), www.mrspepstein.de, alle 4 Wochen Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, jeden 2. Di Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, jeden 2. Mi Fr 18–19.00, Wien Radio UFF – Sendung des Unabhängigen FrauenForums Orange 94.0 MHz, jeden 1. Fr Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden 1., 3. u. 4. Fr
Foto: Vina Yun
Give me a grrr! Erklären die jungen Feministinnen die Zweite Frauenbewegung für tot? Warum nennen sie sich zumeist „Mädchen” oder „Girls” und nicht Frauen? Wer sind die Riot Grrrls, und welche Rolle spielt das Internet in Sachen Vernetzung? Diesen und anderen Fragen wird in einem Seminar auf dem Frauenferienhof Moin Moin mit Feministin, Aktivistin und Unternehmerin Stephanie Mayfield nachgegangen. 12.–14.11., Kosten: 199 Euro, Anm. unter www.frauenferienhof.de, Moin Moin Frauenferienhof Ostfriesland, 26446 Friedeburg, Zum Lengener Meer 2, T. 04956/4956, www.stephanie-mayfield.de Sa 18–19.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Livestream auf www.radiorainbowcity.de, wöchentlich Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin
So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),jeden 1. So
Cindarella Story advanced
Marta Carbayo „Won Woman Show”, Foto: Chapitó
Ansichten einer Clownin
Die Südstaaten-Cinderella Shelly (aka Starperformerin Ann Liv Young) ist so gar nicht nach den Gebrüdern Grimm: Sie pfeift auf Prince Charming, ist vielmehr fasziniert von weiblicher Macht und davon überzeugt, dass ihr kein Märchenprinz zu ihrem Glück fehlt. Shelly ist dreist, aufdringlich, schmuddelig, und versucht, sich „fit for feminism” zu machen. Nichts mit Schuhprinzessin!
Mit oder ohne rote Nase treten sie wieder auf, die Clowns des internationalen „CLOWNIN”-Festivals in Wien, eines der insgesamt nur drei Clownfrauen-Festivals auf der ganzen Welt (neben Andorra und Rio de Janeiro). An neun Festivaltagen werden dem erwachsenen Publikum Stücke heimischer und internationaler Künstlerinnen gezeigt, darunter zwei Uraufführungen und zahlreiche österreichische Erstaufführungen. Das Festival wird durch einen theoretischen Diskurs und Workshops begleitet. 26.11.–4.12., CLOWNIN – Das internationale Clownfrauenfestival 2010, KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, Eröffnung 26.11., Diskursabend 29.11. u. Closing Party 4.12. bei freiem Eintritt, T. 01/523 12 26, www.kosmostheater.at, www.clownin.at
Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), jeden 4. Sa
Ann Liv Young/Cinderella, Foto: Michael Guerrero
ab 11.11., Cinderella, österreichische Erstaufführung, mit Ann Liv Young u. Michael Guerrero, weitere Termine: 12.–14.11., Kosten: 13/ erm. 7 Euro brut/Konzerthaus, 1030 Wien, Lothringerstr. 20, T. 01/587 87 74, www.brut-wien.at, www.annlivyoung.com November 2010 an.schläge l 45
Vorschau auf die Dezember/Jänner-Ausgabe:
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und auch in vielen Städten in Deutschland. Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:
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Nationalflagge
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Rechtzeitig zum Nationalfeiertag vor einigen Jahren ruft ein Redakteur des österreichischen Wochenmagazins NEWS bei mir an: „Wir machen eine Geschichte zur Beziehung der Österreicher zur Nationalflagge. Wir fotografieren Menschen mit der österreichischen Fahne und holen dazu Statements ein. Dürfen wir Sie auch fotografieren? Mit der österreichischen Fahne, die sie als Kopftuch tragen? Sie dürfen auch einige Worte dazu sagen, zu Integration und so. Sie sind doch Migrantin und Österreicherin, oder? Sie werden in prominentem Umfeld abgebildet: Bundespräsident Fischer, Hermann Nitsch, Hans Krankl kommen in der Geschichte auch vor...“
Gender Check – Narratives and Exhibition Practices SymPoSium 19./20. November 2010
Eine Initiative der
Es geht wieder einmal um das Kopftuch. Doch diese Anfrage verwirrt: Geht es um die Identifikation mit dem österreichischen Staat? Geht es um Integration? Ist das Kopftuch doch kein Hindernis für die Aufnahme in die Liga der österreichischen Prominenz, wenn es rot-weiß-rot ist? Ist das Symbol für „Rückständigkeit und Frauenunterdrückung“ nicht mehr so bedrohlich, wenn es aus der österreichischen Nationalflagge geschnitten ist? Und vor allem: Was hat es zu bedeuten, in einer Gesellschaft, die vehement Entschleierung fordert, ein Angebot zur Verschleierung zu bekommen? Die Beweggründe des Boulevardjournalismus sind unergründlich. Kopftuch sells!
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Start des MentoringProgramms an der Uni Wien – Bewerbungsfrist jetzt! Die Abteilung Frauenförderung und Gleichstellung der Universität Wien lädt Postdoktorandinnen und Habilitandinnen der Universität Wien sowie Postdoktorandinnen, die sich um eine Anstellung an der Universität Wien bewerben wollen, ein, sich für das
Mentoring-Programm muv als Mentee zu bewerben. Das neue Programm läuft von März 2011 bis Jänner 2012. Die Bewerbungsfrist endet am 15. November 2010. Bewerbungsunterlagen und weitere Infos: http://personalwesen.univie.ac.at/frauenfoerderung/mentoring/ E-Mail: mentoring.frauenfoerderung@univie.ac.at
Christiane Rösinger Gegen die Vergötzung der Liebe Das Geschlecht im Körper Status Quo und Kritik (an) der Gender Medizin #unibrennt – Bildungsprotest 2.0 Vom besetzten Hörsaal ins Kino Plus: 16 Tage gegen Gewalt an Frauen >> Gay Cops >> Transgender Day of Remembrance >> Wahlwechsel revisited >> Wickelkunst von Judith Scott >> Gender & Disability >> und vieles mehr
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