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CHAUMOS

WUNDER DER WELT

NR. 238 DEZEMBER 2023-JANUAR 2024 CHF 17.–Pakistan
Yellowstone IM WINTERZAUBER
RITUELLER
Schweiz EIN WHISKY ZWISCHEN HIMMEL UND ERDE Taiwan AUF DEN MATSUINSELN Angola MIT STEVE BOYES AM ENDE DER WELT PORTFOLIO DIE FOTO-ARCHE VON JOEL SARTORE
N 977166010100000238

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© Westley Wong

REISEN

EIN WEITERES JAHR RUND

UM DEN GLOBUS

Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu und mit ihm schliesst sich ein weiterer Jahreskreis voller Reisen rund um den Globus. In den vergangenen sechs Ausgaben hat Animan Ihnen neue Orte und Gegenden vorgestellt, denen zum Teil erstmals eine Reportage in unserem Magazin gewidmet wurde. Hokkaidō, Ghana, Ecuador, Afghanistan, Benin, Taiwan, Angola … Diese Liste von Reisezielen ist bei weitem nicht vollständig und bietet vor allem eine Gelegenheit, auf den zurückgelegten Weg zurückzublicken. In unserer von Krisen geschüttelten Welt verfolgt Animan weiterhin ein Ziel, das sich seit seiner Gründung im Jahr 1981 nicht geändert hat, nämlich die Wunder der Welt mit unserer treuen Leserschaft zu teilen! Hierbei zählen wir auf unsere Autoren und Fotografen. Mit der Kamera in der Hand durchstreifen sie trotz wachsender Schwierigkeiten die Länder dieser Erde. Und von ihren Reisen bringen sie originelle und spannende Reportagen mit, die wir mit Freude veröffentlichen. Ich möchte ihnen an dieser Stelle dafür danken, dass sie uns andere Welten eröffnen und uns zum Träumen anregen. Und selbstverständlich gilt auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein ganz besonderes Dankeschön für Ihre Treue. Denn nur dank Ihnen hat unser schönes Magazin eine Zukunft. Ich und das ganze Animan-Team wünschen Ihnen wunderbare Festtage voller schöner gemeinsamer Momente und – noch etwas verfrüht – ein ausgezeichnetes neues Jahr 2024!

Alexander Zelenka

Ausgabe für Ausgabe setzt Animan seine Streifzüge rund um den Globus fort. © Adobe Stock

FOKUS • • 3
Fokus

PAKISTAN

Der Chaumos, ein spirituelles Erlebnis

Zur Wintersonnenwende zelebrieren die Kalasha in den entlegenen Tälern des Hindukusch den grossen Zyklus der Natur. Ein sprudelndes Fest voller feierlicher und spiritueller Riten.

VonFranckCharton

TAIWAN

Die Matsu-Inseln an vorderster Front

Die etwa 20 km von der chinesischen Küste entfernte Inselgruppe lebt von einem ungewöhnlichen Tourismus, der auf der Möglichkeit einer chinesischen Militärinvasion beruht.

VonAlessandroGandolfi/Parallelozero

PORTFOLIO

DIE NATIONAL GEOGRAPHIC FOTO-ARCHE

Der amerikanische Fotograf Joel Sartore reist seit 15 Jahren um die Welt, um ein Fotoarchiv der globalen Biodiversität zu erstellen.

Von Joel Sartore

Reiserouten

USA Winterzauber im Yellowstone

In der kalten Jahreszeit steht der Naturpark, der zu den meistbesuchten in Nordamerika zählt, völlig still. Ein unbeschreibliches Erlebnis für alle, die das Abenteuer wagen.

Von Marie Paturel und Denis Palanque/Hemis

Mit Steve Boyes am Ende der Welt

Der von Rolex im Rahmen der Initiative Perpetual Planet geförderte südafrikanische Biologe hat sich auf eine ehrgeizige Expeditionsreihe quer durch den afrikanischen Kontinent begeben, um die grossen, bisher kaum bekannten Flüsse wie den Sambesi zu kartografieren.

VonAlexanderZelenka und Jennifer Guyton/Rolex

SCHWEIZ

Ein Whisky zwischen Himmel und Erde

Rinaldo Willy und Pascal Mittner besitzen die höchstgelegene Destillerie der Welt, an der Bergstation des Piz Corvatsch in 3303 Metern Höhe. Seit 2020 erzeugen sie hier herausragende Spirituosen, die das Engadiner Terroir widerspiegeln sollen.

Von Alexander Zelenka und Filip Zuan/Orman

© Denis Palanque/Hemis

4 • • REISEROUTEN
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ANGOLA
35 52 72
Titelbild: Winterzauber im Yellowstone.
24 62 © Joel Sartore/National Geographic Photo Ark

«Papi, wie geht das mit

den Bienen und Blumen?»

Damit wir für unsere Kinder eine Antwort haben, setzen wir uns für den Schutz der

179: Wir fördern die

DAS ZUSAMMENTREFFEN DER TITANEN

Dieser Moment wurde von dem Tierfotografen Bernard Schouwey verewigt, der sich auf Gebirgsaufnahmen spezialisiert hat. Der Waadtländer publizierte kürzlich im Slatkine-Verlag einen Bildband mit seinen schönsten Aufnahmen. Diese sammelte er während seiner jahrzehntelangen Streifzüge durch die Schweizer Bergmassive. Das oben abgebildete Foto stammt aus seinem neuen Buch und zeigt zwei Steinböcke, die sich während der Brunft, die jeden Winter zwischen Dezember und Januar stattfindet, gegenüberstehen. Um die Weibchen zu bezirzen, liefern sich die Männchen spektakuläre Rangkämpfe in den Bergen, die sich allmählich – zart bepudert vom ersten Schnee – im winterlichen Gewand schmücken. Bereits in den Sommermonaten bildet sich eine Rangordnung heraus, eine Hierarchie innerhalb der Herde, die über eine längere Zeitspanne festgelegt ist. In den meisten Fällen gewinnt der Bock mit den stattlichsten Hörnern, also der älteste und erfahrenste. Die jüngeren Tiere müssen sich in Geduld üben, um irgendwann die Gunst der Weibchen zu gewinnen.

Buch bestellen: www.editionsfavre.com/livres/altitude

6 • • ZOOM
ALPEN
Zoom DAS AUSSERGEWÖHNLICHE BILD

EIN JAHR, EINE WELTREISE –

MIT ANIMAN

KALENDER 2024

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Mit 12 Fotografien von Tuul und Bruno Morandi im Format 24 x 30 cm. Jedes Bild ist heraustrennbar. Rahmen Sie sich Ihre Lieblingsfotos ein.

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MAI Montag 29 6 13 20 27 Dienstag 30 14 21 28 Mittwoch 8 15 22 29 Donnerstag 2 9 16 23 30 Freitag 10 17 24 31 Samstag 4 11 18 25 Sonntag 5 12 19 26 2 AUGUST Montag 26 Dienstag Mittwoch 28 Donnerstag 29 Freitag 30 Samstag 31 Sonntag

Im Trend

Zeit, das Bewusstsein zu schärfen

EIN WECKRUF VON RICHARD MOSSE

Der Ire Richard Mosse hat sich mit seinen politisch engagierten Dokumentar-Fotografien, die er häufig in Form raumgreifender, immersiver Installationen präsentiert, einen Namen gemacht. Berühmt ist er insbesondere für seine rosarot eingefärbten

Landschaften der Fotoserie Infra (2010), die den Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo zeigt. In jüngerer Zeit beschäftigte er sich mit den Migrationsströmen, die er mithilfe militärischer Wärmebildkameras festhielt (The Castle, 2017, Incoming, 2018). Broken Spectre ist das Ergebnis von drei Jahren Arbeit im Herzen

Zeit für Exotik

RENENS IM TROPICADELIC

des brasilianischen Amazonasbeckens. Mit seiner monumentalen Videoinstallation dokumentiert Mosse die verheerenden Folgen der Abholzung im Amazonasbecken. Er spielt hierbei mit Massstäben und Blickwinkeln und führt dem Betrachter vor Augen, welches Ausmass die Umweltzerstörung hat und wie planmässig dabei vorgegangen wird. Broken Spectre ist wie ein Weckruf, der vor der Zerstörung eines der wichtigsten Ökosysteme der Erde warnt. Die Ausstellung ist bis zum 25. Februar 2024 zu sehen. Weitere Infos: www.elysee.ch

Zeit für einen Museumsbesuch

GUSTAVE EIFFEL AUF ZWISCHENSTATION IN VEVEY

Anlässlich des 100. Todestages von Gustave Eiffel (1832–1923) zeigt das Schweizer Kameramuseum eine einzigartige Ausstellung mit Fotografien, die der berühmte Ingenieur in Vevey aufgenommen hat. Ab 1892 verbrachte Gustave Eiffel seine Sommer regelmässig in einer Villa, die er am Westende der Stadt erworben hatte. Er interessierte sich Anfang der 1880er-Jahre für die Fotografie, die damals im Aufschwung begriffen war und als wissenschaftliche Praxis angesehen wurde. Neben den Autochromen zeigt die Ausstellung Schwarzweissfotos vom Genfersee, vom Winzerfest, von Gustave Eiffels Dampfyacht, die im Hafen seines Hauses in Vevey vor Anker liegt, und von anderen Motiven, die er mit viel erzählerischem Gespür dokumentierte.

Die Ausstellung ist bis zum 28. April 2024 zu sehen.

Weitere Infos: www.cameramuseum.ch

-MODUS

Die fotografische Suche der schweizerisch-guineischen Fotografin Namsa Leuba ist zwischen Kunst und Mode, dokumentarischem Stil und Fiktion angesiedelt und verbindet ihr Interesse an anthropologischen Fragestellungen mit den Codes der Modefotografie. In der Ausstellung Tropicadelic , die auf der Ferme des Tilleuls in Renens zu sehen ist, bringt Leuba neue Ausdrucksformen wie Bildhauerei und Weben ins Spiel. Sie zeigt ihre Fotoreihen in einem von ihren zahlreichen Reisen durch Afrika, Polynesien und Europa inspirierten Rahmen. Die Künstlerin interpretiert Fiktionen wie die der typischen

Tahitianerin neu, die durch das Werk des Malers Paul Gauguin weltweit verbreitet wurde. Sie ersinnt eigene Rituale, die sie in Szene setzt und bietet den Geschöpfen, die ihr Universum bevölkern, eine immersive und fantastische Installation. Eine Art tropisches Paradies voller Symbole, animistischer Anspielungen, Fantasien und Fetischen, die die Unantastbarkeit und Legitimität der Politiker hinterfragt, die auf beiden Seiten der Kulturen alle Blickwinkel diktieren. Die Ausstellung ist bis zum 17. Dezember 2023 zu sehen.

Weitere Infos: www.fermedestilleuls.ch

8 • • IM TREND
© Patrice Schmidt/musée d'Orsay distribution RMN
© Richard Mosse © Namsa Leuba

SUBARU OUTBACK 4×4

CHF

Der Subaru Outback begeistert als rundum überragender Crossover: edel und elegant auf der Strasse, kraftvoll und robust im Gelände. Als sicherster und technologisch fortschrittlichster Outback, der je gebaut wurde, überzeugt dieser vielseitige SUV mit seinem überragenden Raumangebot und seiner reichhaltigen Ausstattung. Profitieren Sie von mehr Bodenhaftung, dank dem besten 4×4-Antrieb der Welt, dem tiefen Schwerpunkt des Boxermotors, dem proaktiven Fahrerassistenz-System EyeSight und dem X-Mode für noch bessere Traktion und Kontrolle.

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subaru.ch

AB
45’900.–F

Im Trend

Zeit für Auszeichnungen TOP-REISEZIELE

Zeit zu feiern

ANIMAN PHOTO CONTEST 2023

Einen Abend lang war Animan zu Gast im Kameramuseum in Vevey. Denn hier fand die Preisverleihung statt, bei der die Sieger unseres zu Jahresbeginn ausgerufenen Fotowettbewerbs «Porträt – eine Reise um die Welt» geehrt wurden. In einem Rahmen, der den Geist der Veranstaltung vortrefflich widerspiegelte, konnten die Teilnehmer erneut die nominierten Fotos betrachten und einem Vortrag des Siegers, des Genfers Lionel Egger, lauschen. Sein

Ende Oktober zeichnete die Weltorganisation für Tourismus (UNWTO) Saint-Ursanne (JU) und Morcote (TI) als «Best Tourism Villages» aus. Die Preisträger werden in weltweiten Medienkampagnen beworben, um ihre Sichtbarkeit zu erhöhen. Morcote und Saint-Ursanne überzeugten die Jury durch ihre starke Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung, durch ihren malerischen Ortskern sowie durch ihre verschiedenen Initiativen zur Wahrung und Förderung ihres Kulturerbes und zu dessen touristischer Aufwertung. Zusammen mit Andermatt (UR), Greyerz (FR), Murten (FR), Saas-Fee (VS) und Valposchiavo (GR) zählt die Schweiz inzwischen sieben von der UNWTO ausgezeichnete Tourismusdörfer. Von den weltweit über 260 Bewerbern erhielten 53 die UNWTO-Auszeichnung «Best Tourism Villages». Weitere Infos: www.unwto.org/tourism-villages

im Sudan aufgenommenes Foto eines Mundari-Kriegers wurde von Jury und Publikum einmütig zum Siegerfoto gekürt. Es gab sowohl eine Dia- als auch Videovorführungen und im Zuge der Präsentation entspann sich ein reger Austausch mit dem Publikum, das voller Begeisterung hinter die Kulissen der Reise blickte, in deren Verlauf das Siegerfoto entstanden war. Nachdem die Preisträger die wundervollen, von Animan und seinen Partnern Sigma und Samsonite gestifteten Preise in den Händen hielten, klang die Veranstaltung bei einem vom Museumsteam vorbereiteten Aperitif aus. Vertreten wurde das Museum von seinem Direktor Luc Debraine, der ebenfalls Teil der Jury war. 2024 wird es einen neuen Fotowettbewerb geben. Weitere Infos: www.animan.ch/concours

Zeit für Entdeckungen MALMÖ, EIN SCHWEDISCHES JUWEL

Das südschwedische Malmö ist von Kopenhagen aus ganz einfach mit dem Zug zu erreichen und bietet sich für einen Tagesausflug oder einen Wochenendtrip an. Der Leuchtturm des Hafens zählt ebenso wie das Seebadehaus «Ribersborgs Kallbadhus» zu den wichtigsten Wahrzeichen der Stadt. Das 1898 im Jugendstil errichtete Seebadehaus ist über eine lange Fussgängerbrücke zu erreichen und Unerschrockene können hier ganzjährig im Meer baden. Mit seinen Radwegen, die sich über eine Länge von 515 km erstrecken, ist Malmö zudem ein Traum für Velo-Fans. Mehrere Stadtviertel lohnen einen Besuch. In Limhamn können Sie im Café «Kaka på kaka» das lokale Fika-Feeling erleben (Fika bezeichnet eine Pause, in der man ein warmes Getränk und eventuell einen Snack zu sich nimmt. Anm. d. Red.). Ganz in der Nähe liegt der ehemalige Kalksteinbruch «Limhamns KalkbrottKalkstensbruket» – heute ein Naturschutzgebiet mit grosser Artenvielfalt. Kulturinteressierte sollten unbedingt das «Disgusting Food Museum» besuchen. Wie der Name schon sagt, präsentiert es die ekelhaftesten Lebensmittel der Welt.

Weitere Infos: www.kontiki.ch

10 • • IM TREND
© Adobe Stock
© Aline Lessner/imagebank.sweden.se
© Tuul und Bruno Morandi

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TRAUM :
PAKISTAN DER CHAUMOS DER KALASHA –EIN SPIRITUELLES EIN SPIRITUELLES ERLEBNIS ERLEBNIS
Text und Fotos: Franck Charton
Text
Fotos:

In den verborgenen Winkeln des Hindukusch, in unmittelbarer Nähe zur Grenze Afghanistans, zelebriert ein überschaubares heidnisches Volk seit über zweitausend Jahren den grossen Zyklus der Natur. Zur Wintersonnenwende bekräftigen die Kalasha ihre enge Verbundenheit bei einem sprudelnden Fest voller feierlicher und spiritueller Riten, bei denen Huldigung und Freigiebigkeit miteinander verschmelzen.

Sonderbare Schwingungen liegen an diesem letzten Abend des Chaumos in der Luft. Gesänge hallen in den Bergen wider, prallen in dumpfen Echos aufeinander. Auf einer Anhöhe des Dorfs Grum, das die Spitze eines Berges umschlingt, blickt man in strahlende Gesichter. Während die eisige Dunkelheit bereits das RumburTal durchtränkt, eine der drei letzten Siedlungsenklaven der Kalasha, werden in der im Tal gelegenen Kette von Weilern Feuer entfacht. Mit ihnen sollen die bösen Geister ferngehalten, die Götterboten geleitet und die

Menschen zusammengeführt werden. Um die Feuerschalen gruppieren sich Frauen und Mädchen, psalmodieren kehlige Melodien aus uralten Zeiten und stampfen mit den Füssen, um die tauben Zehen zu wärmen. Zur gleichen Zeit versammeln sich oberhalb der Scheunen und Schafställe erwachsene Männer und junge Initiierte um weitere Feuerstellen.

In diesem intermediären Raum zwischen Dörfern und Gipfeln, zwischen Bewohnern und Gottheiten, erstreckt sich ein Hirtengebiet, das den Menschen vorbehalten ist, die hier buchstäblich zu einer Einheit verschmelzen.

14 • • PAKISTAN
INDIEN IRAN CHINA PAKISTAN AFGHANISTAN Chitral Kabul Karachi Lahore Islamabad Arabisches Meer

Blick vom Dorf Kuru auf die Gletscher des Tirich Mir (7708 m), dem höchsten Punkt des Hindukusch. Rechts oben: In Shekhanandeh, an der afghanischen Grenze, leben Menschen, die kulturell eng mit den Kalasha verwandt, aber zum Islam konvertiert sind. Frauen gehen an einem Bewässerungskanal zwischen Grum und Balanguru entlang. Holzfigur, die eine Schutzgottheit der Herden darstellt.

DER CHAUMOS DER KALASHA – EIN SPIRITUELLES ERLEBNIS • • 15

Festliche Ereignisse beginnen und enden bei den Kalasha stets mit unbändigen Gruppentänzen. Auf einem Feld im Dorf Krakal singen die Frauen und bringen den Bergfeen in der klirrenden Kälte der Morgendämmerung geweihten Wein, während auf der anderen Seite des Feldes Männer in Gruppen umherziehen, um die Götter und die Grossen Ahnen anzubeten.

Unten: Zwei Kinder beobachten das rituelle Opfer einer Ziege, Puchao Marhat genannt, und Versammlung am Rande des Goshnik, dem Initiationsritus für junge Novizen in der heiligen Stätte des Gottes Sajigor, in Rumbur.

Es wird gesungen und getanzt, dann ergreifen die kâsi – die Weisen – das Wort und geben alte Geschichten zum Besten, die von Blutlinien, Heldentaten, Dankbarkeit und der Erneuerung der Gesellschaft berichten. Die Stunde des Opfers ist gekommen. Jeder Teilnehmer muss seine Hände im Wasser waschen und sie mit geschlossenen Fäusten vor oder über dem Kopf halten, um zu signalisieren, dass niemand ihm etwas anhaben kann. Direkt im Anschluss erfolgt die reinigende Zeremonie istongas, bei der ein Ziegenbock geschächtet und sein Blut über das Feuer und die Anwesenden gespritzt wird.

FACKELZUG

Das gesamte Gebiet ist nun onjesta, geheiligt, und vorübergehend für Frauen, Fremde, unreine oder betrunkene Männer tabu. In der eisigen Luft Hochasiens huldigt man einmal mehr dem lebenswichtigsten Triptychon: dem Urfeuer, dem reinigenden Wasser und dem Brot des Lebens. Auch dem Blut der geopferten Ziegen, das über alles Profane hinausgeht und die Götter besänftigen soll. Im Schosse ihrer Schutzberge vollführen die Dorfbewohner mit derselben Hingabe und demselben spirituellen Eifer wie ihre Vorfahren ihre kosmische Choreographie unter den Augen der Feen, die über die Ressourcen des Berges herrschen. Kalasha bedeutet «Mensch, der dem Brauch ergeben ist». Seit Jahrhunderten, ja sogar Jahrtausenden, werden zur Wintersonnenwende unveränderliche Erneuerungs- und

16 • • PAKISTAN
DER CHAUMOS DER KALASHA – EIN SPIRITUELLES ERLEBNIS • • 17

Sühnerituale abgehalten, die den Fortbestand des Volkes sichern, denn die Wahrung des Gleichgewichts fördert die Harmonie und somit ihr Überleben in feindlicher Umgebung. Alle entzünden ihre lange, harzige Fackel an den verstreuten Feuerstellen und begeben sich auf die schwarzen Wege. Ein fantastischer Fackelzug nimmt seinen

Lauf. Männer und Jungen stürzen sich die Geröllhalden hinunter, flitzen entlang der Bewässerungskanäle, die sich durch die Hänge ziehen, und geben dabei lauthals Tiergeräusche von sich. Frauen und Mädchen huschen zwischen den Häusern umher, stürmen die Treppenstufen hinunter, strömen in die kleinen Gassen, singen und lachen ohne Unterlass. Weiter unten laufen die verschiedenen Prozessionen auf dem grossen Vorplatz von Balanguru zusammen. Das riesige dort errichtete Freudenfeuer erinnert an unsere Johannisfeuer, eine volkstümliche Tradition, die auf heidnischen Riten zur Feier der Sommersonnenwende im Mittelalter basiert.

18 • • PAKISTAN

Der Shishao, die Segnung der Frauen durch Feuer und Brot, ist einer der Schlüsselmomente des Chaumos. Rechts:

Den Höhepunkt bildet die Tanjah, der Abend der Fackeln, der die Woche voller Reinigungszeremonien und Trankopfer beschliesst. Die Dorfbewohner von Grum und Rumbur versammeln sich um ein grosses Freudenfeuer in Balanguru, Szenen einer kollektiven Epiphanie.

EIN IDENTITÄTSSTIFTENDES RITUAL

Die tanjah , eine Art kollektive Epiphanie, erhellt bei den Kalasha die Winternacht. Berauscht vom nächtlichen Treiben, den Schreien und dem Wiedersehen rufen sich die Menschen zu, umarmen sich, finden sich in Grüppchen zum Tanz zusammen, ihr Gesicht der schneidenden Kälte ausgesetzt, aber mit dem Rücken zu den wärmenden Flammen, die in einem Meer aus Funken und Asche bis zu 20

Von der oberen Terrasse des hochgelegenen Dorfes Grum laufen die einzelnen Fackelzüge auf dem Festplatz von Balanguru zusammen. Rechts: die Familie von Batrik vor ihrem Haus aus Lehm und Holz. Nach dem Goshnik versammelt sich jeder Clan rund um den warmen Ofen. Bei einem Festmahl feiert man die jungen Initiierten. Meter hoch durch die Luft wirbeln. Dies ist der letzte Akt mehrwöchiger komplexer Trankopfer und höchst ritualisierter Reinigungszeremonien. In den rund 20 Dörfern, die sich gut eineinhalb Stunden von der Strasse nach Chitral entfernt in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa («Land der Paschtunen», Anm. d. Red.) an die Berghänge klammern, fungiert der Chaumos seit jeher als Mörtel der Kalasha-Identität, als kultureller Schmelztiegel eines Volkes, das weiterhin auf seinen Glauben und seine Götterwelt vertraut. Immer wieder wird

20 • • PAKISTAN

DIE WECHSELVOLLE GESCHICHTE DER KALASHA

Mündlichen Überlieferungen zufolge soll dieses indo-arische Volk bereits im 10. und 11. Jahrhundert aus dem Land Tsyam im Süden des heutigen Afghanistans nach Chitral gekommen sein. Die unaufhörlichen Eroberungskriege, die ab dem 14. Jahrhundert von den muslimischen Stämmen aus dem Norden geführt wurden, und der Bekehrungseifer der Sieger drängten die Kalasha bis in die tiefen, entlegenen Täler zurück, die sie bis heute bewohnen. Auf Betreiben der Briten ermordete, versklavte oder missionierte die afghanische Armee unter der Führung von Abdur Rahman in den Jahren 1895–1896 etwa 100’000 von ihnen. Ihr Gebiet wurde in Nuristan, das «Land der Erleuchtung», umbenannt. Heute sind die Kalasha die letzten überlebenden «Heiden» des Hindukusch. Die hartnäckige Legende von ihrer angeblichen Verwandtschaft mit dem Geschlecht Alexanders des Grossen, die auf seine Durchquerung Kafiristans im Jahr 326 v. Chr. zurückgehen soll, ist ein Mythos, der sowohl durch DNA-Tests als auch durch linguistische Untersuchungen widerlegt werden konnte.

DER CHAUMOS DER KALASHA – EIN SPIRITUELLES ERLEBNIS • • 21

In seinem Laden im Dorf Rumbur schnitzt ein Handwerker auch heute noch Könige und Gottheiten, die auf ihren Reittieren thronen, wie der grosse Gott Balumain, der Pate des Chaumos, der den Kalasha jedes Jahr einen Besuch abstattet.

das unausweichliche Verschwinden der Kalasha aufgrund von kultureller Überflutung durch den «islamischen Ozean», der sie von allen Seiten umgibt, vorausgesagt. Man muss jedoch anerkennen, dass sie mit ihren aussergewöhnlich farbenfrohen Trachten, ihren gemischten Tänzen, ihrem selbstgemachten Wein, ihrer polytheistischen Religion und ihren uralten Ritualen noch immer Widerstand leisten, obwohl sie in ihren drei Tälern, ihren Zufluchtsorten, bereits weitge-

hend eine Minderheit geworden sind. Ich nehme mir Zeit, um jedes einzelne Dorf zu besuchen, in den Häusern haltzumachen, wo jeder Besucher stets freundlich bei einer Tasse Tee oder einem Glas Wein, ein paar Nüssen und einer Handvoll wilder Brombeeren empfangen wird. Bei den Gesprächen mit den lokalen Anführern wird deutlich, dass die Kalasha eine höhere Bildung und grösseres Ansehen geniessen. Hier herrschen der Geist der Hilfsbereitschaft und eine soziale Harmonie – wohlgemerkt

auch mit ihren muslimischen Nachbarn –, die überaus bewundernswert sind, wenngleich andere, weitaus heimtückischere Gefahren wie Globalisierung oder Integration versteckt lauern. Ein Kalasha-Sprichwort fasst den wesentlichen Kern des Chaumos als Ritual zur Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls der Gemeinschaft folgendermassen zusammen: «Mann oder Frau ist man von Geburt an, zum Menschen wird man.» Die Kurzformel einer Identität, die entschlossen in die Zukunft blickt.

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Vor den Tempeln der Göttinnen, auch Jestakhan genannt, weisen ein Ziegenkopf und Friedenszweige darauf hin, dass man einen heiligen Ort betritt. Unten: Blick auf das Bumburet-Tal von den hochgelegenen Schafställen aus.

DER CHAUMOS DER KALASHA – EIN SPIRITUELLES ERLEBNIS • • 23

TAIWAN

DIE MATSUINSELN AN VORDERSTER FRONT

Text und Fotos: Alessandro Gandolfi/Parallelozero

DIE MATSU-INSELN AN VORDERSTER FRONT • • 25

Die Militärbastion Tiebao («Eisenfestung»), unweit des Dorfes Renai, besteht aus einem Tunnel im Inneren des Felsvorsprungs, in dem die Amphibischen Streitkräfte untergebracht waren (vorhergehende Doppelseite). Die gesamte Inselgruppe ist mit Bunkern, Befestigungen und kilometerlangen Tunneln übersät, die die Forts der Matsu-Inseln nahezu uneinnehmbar machen.

Etwa 20 km vor der chinesischen Küste, wo sich Marinestützpunkte und Raketenstellungen befinden, bildet der Archipel der Matsu-Inseln die strategischste Frontlinie der Welt. Der italienische Fotograf Alessandro Gandolfi bereiste die Inselgruppe, die zahlreiche Touristen fasziniert. Denn eine sonderbare Spannung liegt über diesem Ort.

Sie bilden Taiwans Vorposten in Richtung China, an der Frontlinie des Krieges, der möglicherweise eines Tages zwischen Taipeh und Peking ausbrechen könnte. Lediglich fünf der 19 beschaulichen Matsu-Inseln sind bewohnt. Die grösste von ihnen ist Nangan mit 10 km2, gute 170 km Luftlinie von der Hauptstadt Taiwans entfernt, aber so nahe an China gelegen, dass man dort baden gehen könnte, wären da nicht die tückischen Gewässer der Meerenge, in der vor 400 Jahren die Piraten des sagenumwobenen Zheng Zhilong ihr Unwesen trieben. Für die chinesische Armee könnte dieses Gebiet früher oder später ein erstes Hindernis

auf dem Weg nach Formosa darstellen.

«Der Vereinigungsprozess kann nicht länger aufgeschoben werden, denn die Unabhängigkeit Taiwans widerspricht der Geschichte», erklärte Xi Jinping im Jahr 2019.

Sollte das Reich der Mitte eines Tages in diesen kleinen Staat einfallen, werden ihm die vorgelagerten Inseln als Ausgangspunkt dienen, wo chinesische Marineeinfälle und Luftangriffe, insbesondere mithilfe von Drohnen, kein Einzelfall sind. Seit jeher nimmt der Archipel eine strategisch wichtige Position ein. Hinter den üppigen, mit japanischen Zypressen, Kampferbäumen und Bambus bewachsenen Felsen, die in Sommernächten vom elektrisierenden

26 • • TAIWAN

CHINA

Ningde Kaohsiung

Ostchinesisches Meer

Matsu-Inseln

Tainan Hsinchu Fuzhou

Taipeh

Südchinesisches Meer Formosastrasse TAIWAN

Taichung

DIE MATSU-INSELN AN VORDERSTER FRONT • • 27

Blau der biolumineszierenden Algen erstrahlen, wartet die Vergangenheit nur darauf, zum Zug zu kommen. Von hier aus träumte Chiang Kai-shek von der Rückeroberung des verlorenen Kontinents, nachdem er 1949 von der maoistischen Armee besiegt worden war. In den Folgejahren sollte hier eine der spannungsreichsten Grenzen des Kalten Krieges entstehen. Trumans Siebte Flotte, die vor der Küste in Stellung gebracht worden war, wachte über die neu geschaffene Weltordnung.

EIN DURCH DIE PANDEMIE GEHEMMTER TOURISMUS

Die Inseln sind nach der Meeresgöttin Matsu benannt, sie gilt als die Beschützerin des taiwanesischen Volkes und ihr sind im ganzen Land über tausend Tempel geweiht. Den Touristen, die auch wegen ihr kommen, stehen zwei Anreisemöglichkeiten zur Verfügung: eine ganztägige Fährüberfahrt (im Winter aufgrund des schlechten Wetters und des hohen Wellengangs weniger zu empfehlen) oder ein einstündiger Flug mit einer kleinen Turboprop-Maschine, die täglich vom alten Flughafen TaipeiSongshan startet. Die Pandemie hat den Besucherstrom jedoch gebremst: Vor 2020 zählte die Inselgruppe 200'000 Besucher pro Jahr, heute sind es nur noch etwas mehr als die Hälfte. Fast alle reisen aus Taiwan an, um Kaoliang, den regionalen Schnaps aus Sorghumhirse, zu verkosten und die nationalistischen Slogans aus der Zeit Chiang Kai-sheks zu fotografieren.

Die riesigen han in roter Schrift, die der Generalissimus als Mahnung an die Bevölkerung aufstellen liess, sind noch immer da: «Befolgt das Gesetz und seid pragmatisch», heisst es in der Übersetzung aus dem Chinesischen, aber auch «Schlaft auf euren Waffen und seid bereit, den Feind jederzeit zu töten», «Wir werden das Festland zurückerobern» oder « Wir werden bis zum Ende kämpfen.»

Zwei Touristen posieren für ein Foto vor der Granitstatue der Göttin Matsu.

Der Tempel, der der Himmelskönigin (Matsu Tianhou), der Schutzpatronin der Fischer und Seeleute, gewidmet ist, wurde im späten 18. Jahrhundert errichtet. Angeblich beherbergt er das Grab der Göttin und ist der meistbesuchte Tempel des Archipels. Früher basierte die Wirtschaft der Matsu-Inseln auf der Fischereiindustrie, heute ist der Tourismus das Zugpferd –die Besucherzahlen stiegen von unter 3000 im Jahr 1990 auf 200'000 pro Jahr (vor der Pandemie).

DIE MATSU-INSELN AN VORDERSTER FRONT • • 29

MONUMENTE DES KRIEGES

Die meisten Touristen kommen, um das weltweit dichteste Netz von Verteidigungstunneln (256 sind offiziell erfasst), die Kasematten und Stellungen zu besichtigen, die an malerischen Orten errichtet wurden und seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts scheinbar unverändert geblieben sind. Manche Orte muss man gesehen haben. Wie den legendären, 273 Meter langen Tunnel 88, der 1974 anlässlich des 88. Geburtstags des ehemaligen nationalistischen Führers eingeweiht wurde und so zu seinem Namen kam. Oder der tiefe, mit dem Boot befahrbare BeihaiTunnel. Oder auch der, zu dem man gelangt, wenn man die lange Treppe über dem Meer zum «Thorn Birds Coffee Bookstore» hinabsteigt, einem schönen Buchladen oberhalb einer Klippe in Nangan, der vor kurzem von zwei jungen Frauen aus Taipeh eröffnet wurde. Während Taiwan in der Vergangenheit eine grosse Anziehungskraft auf die Bewohner der Matsu-Inseln ausübte, scheint sich der Trend zunehmend umzukehren. Immer mehr junge Menschen zieht es wieder auf die Insel, um zu ihren Wurzeln zurückzukehren, ein Restaurant, eine Bar oder gar ein Hotel zu eröffnen, im Tourismus oder in der öffentlichen Verwaltung zu arbeiten. Ihre Präsenz hat zudem das politische Gleichgewicht auf lokaler Ebene verändert: Bis Ende der 1990er Jahre erhielt die Kuomintang – eine Partei, die die ältere Bevölkerung repräsentiert und eher zu einer Annäherung an China tendiert – 98 % der Wählerstimmen. Doch dank der Neuankömmlinge haben die demokratischen Parteien der taiwanesischen Unabhängigkeitsbewegung an Bedeutung gewonnen und es ist ihnen gelungen, Repräsentanzen auf der Hauptinsel zu eröffnen.

Ab 1992, als die Beziehungen zu China in eine Phase der Entspannung eintraten, wurden einige der unzähligen Tunnel, die einst von den Soldaten Chiang Kai-Sheks gegraben worden waren, für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und können nun besichtigt werden. Das Kriegsrecht wurde 1992 auf den Matsu-Inseln abgeschafft. Bis zu diesem Jahr waren noch 50’000 Soldaten auf dem Archipel stationiert. Von der Gesamtbevölkerung von 12'000 Menschen sind heute nur noch dreitausend übrig geblieben.

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EINE UNGEWISSE ZUKUNFT

Ist eine Invasion der Matsu-Inseln durch China wirklich denkbar? Sollte es tatsächlich dazu kommen, gäbe es zwei mögliche Szenarien: eine Seeblockade oder eine umfassende technische und logistische Isolierung, die auf dem Archipel leichter und schneller durchzuführen wäre als auf der Insel Taiwan. China tüftelt fortwährend daran. In den vergangenen fünf Jahren wurde das Unterseekabel, das das Reich der Mitte mit dem Archipel verbindet, 27 Mal gekappt und den Inseln so jegliche Internetverbindung entzogen. Nach Meinung zahlreicher Experten versucht die chinesische Regierung, der Öffentlichkeit ein Gefühl der Schwäche zu suggerieren. Auf den Matsu-Inseln hat jedoch niemand die Absicht, zu kapitulieren.

DIE MATSU-INSELN AN VORDERSTER FRONT • • 31

Jeden Tag sind auf dem Archipel aufgrund der ständigen Militärübungen Explosionen und Schüsse zu hören, während chinesische Handelsschiffe nicht selten auf dem Meer vorbeifahren und Pekings Militärflugzeuge über den Himmel jagen. Die lokale Bevölkerung scheint sich jedoch daran gewöhnt zu haben und lässt sich nicht abschrecken.

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EIN ALLTAG OHNE ANGST

Die einst von Fischern bevölkerten Matsu-Inseln leben mittlerweile von der Wirtschaft, die durch den Tourismus und die Soldaten, die die Grenze bewachen, generiert wird. Dreitausend von ihnen sind hier stationiert, was einem Viertel der Bevölkerung entspricht. Bisweilen trifft man sie beim Joggen oder bei einem Kaffee im einzigen

Starbucks der gesamten Inselgruppe. Trotz der potenziellen Gefahr leben die Menschen nicht in Angst: Mit der Zeit haben sie sich an die Militärübungen gewöhnt – das Geräusch der Schüsse, die regelmässig abgefeuert werden, gehört längst zum Alltag dazu.

Seit den frühen 1990er Jahren, als die Beziehungen zu China eine Phase weitgehender Entspannung durchliefen, machten sich die Einwohner die militärische

Präsenz sogar als Touristenattraktion zunutze. «Wir denken schon lange nicht mehr an den Krieg», sagt Ren Huiyun, der Angestellter einer Tourismusagentur ist. «Wir konzentrieren uns stattdessen auf geführte Touren und hoffen, dass die Chinesen, die wegen der Pandemie lange Zeit ausgeblieben sind, bald zurückkehren. Denn auch auf sie übt diese Grenzregion einen gewissen Reiz aus.»

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IHREXPERTE

Moritz Grubenmann

Mikrobiologe und Madagaskar-Kenner

REISEPROGRAMM

TAG 1, 2, 3, 4 & 5

Anreise/Andasibe/Antananarivo Flug nach Antananarivo. Weiterfahrt nach Andasibe. Besuch im Exotic Park und Analamazaotra Nationalpark. Sie besichtigen den Orchideenpark und die Lemureninsel

TAG 6, 7, 8 & 9

Antsirabe / Ambositra / R anomafana

Auf kurvenreichen Strassen geht es weiter durch das Hochland. Übernachtung in Antsirabe. Das nächste Ziel ist Ranomafana, ein N ationalpark bekannt für seine Wasserfälle, Orchideen, Lemuren, Reptilien, diversen Vogelarten und kuriose Giraffenhalskäfer. Anschliessend Nachtwanderung.

TAG 10 & 11

Ambalavao

Weiterfahrt nach Ambalavao. Auf dem Weg Besichtigung der ADES-Werkstätte. Am nächsten Tag gelangen Sie durch das «Massif des 3 frères» ins Anja Reservat. Im kleinen Reservat leben viele K atta-Lemuren.

TAG 12 & 13

Ranohira

Sie besuchen den Isalo Nationalpark. Eine fantastische Landschaft mit sukkulenten P flanzen erwartet Sie. Sie können zu einem natürlichen Schwimmbecken wandern und am Abend den eindrücklichen Sonnenuntergang geniessen.

Madagaskar – Insel der Vielfalt

Von Montag, 8. April bis Donnerstag, 25. April 2024 (18 Tage)

TAG 14 & 15

Zombitse / Ifaty

In Zombitse besuchen Sie den N ationalpark. Danach fahren Sie vorbei an hohen Büschen und kleinen Kaktuswäldern in Richtung Ifaty. Spaziergang durch das Reniala Reservat und durch Baobab-L abyrinthe. Sie übernachten im Strandhotel Le Paradisier

TAG 16, 17 & 18

Antananarivo / Rückreise

Rückflug nach Antananarivo und Heimreise in die Schweiz.

Programmänderungen vorbehalten

ANIMAN-HÖHEPUNKTE

• Besichtigung des Orchideenparks und der Lemureninsel

• Ranomafana, ein Nationalpark bekannt für seine Wasserfälle, Orchideen, Lemuren, Reptilien, diversen Vogelarten und kuriose Giraffenhalskäfer

• Besuch des Isalo N ationalparks

• Besichtigung der ADES-Werkstätte

• Übernachtung im Strandhotel Le Paradisier

PREIS

Pro Person: CHF 7‘990.–Für Abonnent*innen: CHF 7‘740.–

Zuschlag Einzelzimmer: CHF 850.–

TEILNEHMER*INNEN

14 Personen max. / 10 Personen min.

LEISTUNGEN

• Flüge in Economy-Klasse inkl. Taxen und Gebühren

• Unterkunft in einfachen Lodges bis guten Mittelklassehotels

• 16x Frühstück, 13x Mittagessen, 16x Abendessen

• Alle Transfers, Ausflüge, Eintritte und Besichtigungen gemäss Programm

• Transport im Bus, Inlandflug

• Expertenreiseleitung ab/bis Schweiz durch Moritz Grubenmann

• Lokale Reiseleitung

• Visagebühren

• Trinkgelder

Mehr Infos: background.ch/madagaskar

MADAGASKAR Informationen, Detailprogramm und Buchungen: Background Tours, Neuengasse 30, 3001 Bern Bitte kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne: +41 31 313 00 22 – info@background.ch – www.background.ch
JOEL SARTORE DIE NATIONAL GEOGRAPHIC FOTO-ARCHE

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