Architektur + Naturstein
Naturstein und Fassade Naturstein im Ăśffentlichen Raum Naturstein im Innenraum Naturstein und Kunst
In Kooperation mit Vereinigung Ă–sterreichischer Natursteinwerke
2014
architekturjournal
wettbewerbe das magazin fĂźr baukultur
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Schlossplatz Schönbrunn – gepflastert mit feinstem Stein von Poschacher.
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Naturstein
Editorial
Tausende Jahre Baukultur „Stein ist ein Baustoff, der direkt der Natur entnommen ist und davon erzählt. Seine Einschlüsse, Brüche, seine Patina geben jedem Einzelstück Charakter und lassen uns seine Millionen Jahre währende Entstehungsgeschichte lesen“ – was klingt wie ein Werbespruch, ist ein Zitat der Architektin Anja Fischer, die gemeinsam mit ihrem Partner Ernst Beneder zahlreiche Projekte in und mit Naturstein geplant hat und dafür unter anderem dreimal mit dem Pilgrampreis und mit dem Otto Wagner-Städtebaupreis ausgezeichnet wurde. Naturstein – wie Marmor, Granit, Travertin oder Kalk- und Sandstein – ist nicht nur einer der ältesten, sondern in seinen vielfältigen Ausprägungen mit Sicherheit auch einer der edelsten Baustoffe. Von der Antike bis in die Gegenwart spielt er für Baumeister und Architekten eine entscheidende Rolle in der Gestaltung von repräsentativen weltlichen und sakralen Bauwerken und steht damit wie kein anderes Material für die Baukultur unserer Gesellschaft. Heute unterstützen computergesteuerte Schneide- und Frästechniken die Arbeit und die Kreativität von Steinmetzen und Bildhauern und ermöglichen ihnen, alle erdenklichen dreidimensionalen Formen herzustellen. Naturstein hat aber auch Eigenschaften, die ihn in einer Zeit wie heute, wo Fragen nach der Energiebilanz und dem ökologischen Fußabdruck
eines Baustoffs wichtig werden, attraktiv machen. Er ist extrem langlebig und damit nachhaltig und er hinterlässt bei regionalem Abbau und lokaler Verarbeitung einen eleganten, schmalen CO2-Abdruck.
INhalt
Naturstein im Innenbereich Oase für den Gast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Schönheit der Steine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Österreichischer Naturstein in bayerischer Privatvilla . . . . . . . . . . Modernes „Banking“ auf wertbeständigem Boden . . . . . . . . . . . . Neuer MICROTEC Naturstein- und Fliesenkleber . . . . . . . . . . . . . Edler Naturstein in der Küche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Tisch reist um die Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weich geklopft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Kaisers Kamin in neuem Glanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Infrarotheizung mit Marmor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Badezimmer wie aus einem Block . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sölker Marmor in der dritten Generation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorsprung mit System – bei der Verlegung von Naturstein doppelt wichtig . . . . . . . . . . . .
Naturstein und Fassade Der Stein, der ins Rollen kam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blick über den See . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sanierung der Natursteinfassade am Wiener Rathaus . . . . . . . . . . Bureau am Belvedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wer in Stein baut, baut für die Ewigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stein und Wein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vielfältige Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von wegen felsenfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neugeschaffene städtebauliche Mitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturstein im öffentlichen Raum Aufwertung des Grazer Annenviertels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Revitalisierung eines urbanen Subzentrums . . . . . . . . . . . . . . . . Fußgängerzonen: Spannungsfeld zwischen Planung und Ausführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Park für das G3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teppiche aus Stein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wir hoffen, dass Sie sich als Bauherren, Architekten und Designer davon inspirieren lassen und Ihren Projekten damit den unverwechselbaren Charakter dieses Millionen Jahre alten Materials verleihen. Viel Freude beim Lesen wünscht
Roland Kanfer . Chefredakteur
Naturstein und Technik CNC: Drei Buchstaben, tausend Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturstein ist bauphysikalisch schwer zu normieren . . . . . . . . . . . Des Steines strenge Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenschätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein grüner Ausblick auf einen nachhaltigen Lebensstil . . . . . . . . . Designpreis 2013 für innovative Steinmetzbetriebe . . . . . . . . . . . HTL-Natursteinpreis 2013. Gestalten mit Naturstein / Impressum . . . . . . .
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Naturstein – Charakterprofil eines Allrounders . . . . . . . . . . . . . . . 2 Zurück zur Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Steine mit Ursprungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Jedes Stück ein Unikat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Das der Planungs- und Baukultur gewidmete architekturjournal wettbewerbe zeigt seit vergangenem Jahr in jeder Ausgabe die schönsten Projekte, bei denen Naturstein zur Anwendung kommt – ob an der Fassade, im Innenbereich oder in der Gestaltung öffentlicher Räume und Plätze. In Kooperation mit der Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke haben wir nun das vorliegende Special PRO NATURSTEIN gestaltet. Auf 80 Seiten beleuchten wir das Thema Architektur und Naturstein aus historischer, zeitgenössischer und gestalterischer Sicht und lassen Experten und Architekturschaffende zu Wort kommen.
Naturstein
Naturstein – Charakterprofil eines Allrounders
Gerhard Franz Roth
Einzigartig, überlebensstark und nachhaltig präsentiert sich das natürlich-mineralische Architektur- und Bauelement Naturstein. Und dank seiner Langlebigkeit sicher noch weit darüber hinaus. Naturstein ist nicht nur Baustoff, sondern auch Ästhetik pur mit viel gesellschaftspolitischem Touch. Warum? Seine materiellen und ideellen Attribute überschlagen sich in ihrer positiven Wertigkeit: Naturprodukt, Wiederverwertbarkeit, Einzigartigkeit, Kreativität, Image, Noblesse, Hochwertigkeit, Ewigkeit. Architekturhistorisch gesehen spannen diese Eigenschaften einen weiten Bogen von der Genese des Natursteins vor Jahrmillionen über antike, mittelalterliche und neuzeitliche Bauten bis zur zukunftsorientierten Architektur von heute und morgen. Das macht Reiz und Qualität des Natursteins aus: Selbst in absolut funktional-puristischem Einsatz in der Architektur transportiert er permanent seine persönliche, in Farbe, Struktur, Qualität manifeste Entstehungsgeschichte mit sich.
Fotos: Gerhard Franz Roth
Faktum 1: Naturstein ist natürlich entstandenes Material, nachhaltig und voll rezyklierbar mit einzigartigen, unverwechselbaren Eigenschaften.
Gestaltung mit Naturstein ist immer mit der grundsätzlichen Erwartung ausgeprägter Langlebigkeit, Festigkeit, Härte und Beständigkeit verbunden. Diese baustoffbedingte „Ewigkeit“ beweisen viele historische Bauwerke oder Ruinen aus Naturstein, die unser Geschichtsbild prägen und kommunizieren: Steine altern und ihre Nutzung verursacht Gebrauchsspuren. Jede durch Nutzung entstandene Schramme unterstreicht und stärkt den Charakter des Natursteins. Kratzer und Abnutzungen werden zu Multiplikatoren der Individualität. Poren und Einschlüsse im Gestein sowie farbliche und strukturelle Schwankungen sind Dokumente der Steingenese und Ausdruck seiner persönlichen Historie in der gebauten Umwelt. Naturstein repräsentiert Unendlichkeit, noch dazu kann er im optimalen Kreislauf geschlossen und weitgehend frei von Materialverlusten immer wieder verwendet werden. Bei Abbau, Verarbeitung und auch nach Rückbau von Naturstein können anfallende Gesteinsreste in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Garten- oder Landschaftsbau wirtschaftlich rezykliert werden.
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Materialmix: gekurvte Steinflächen am Haas-Haus, Wien.
Massiv gemauerte, zwölf Zentimeter starke Donaukalk-Blöcke: Fassade Kaufhaus P&C, Wien. Architekt David Chipperfield.
Naturstein
Steinelemente, wohin man schaut: Passage im Palais Ferstel, Freyung, Wien.
Luxus liebt Naturstein: Fassadengestaltung im Goldenen Quartier, Wien.
„Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert.“ Oscar Wilde
In unserer Wahrnehmung sind Materialien und Emotionen eng miteinander verwoben. Denn optische und haptische Qualitäten definieren nicht nur Oberflächen, sie berühren auch die Seele, wecken Empfindungen und Leidenschaften. Architektur, Kunst und Design nutzen die ausdrucksstarke Qualität des Natursteins und seine ästhetische Kompetenz im Gestaltungsprozess durch seine Vielfalt an Farben, Strukturen und Texturen. Nicht ohne Grund faszinieren Skulpturen aus Naturstein, weil sie Material, Form, Licht, Reflexion und Oberfläche zu einem sinnlich gesamthaften Erlebnis in der Betrachtung werden lassen. Apropos Oberfläche: Glatt, rau, glänzend, geschliffen oder mit Hammerschlag – die Oberflächengestaltung
verstärkt die kreative Aussagekraft des Steins genauso wie die Wahl seines Schnittbildes, in dem er aus dem Steinblock herausgenommen wurde. An Naturstein fasziniert aber auch seine Fähigkeit, in Kommunikation mit der Umgebung zu spielen: Farbtiefenwechsel bei Nässe und wechselnde Reflexion von Licht mit Farbwechsel, je nach Umgebungs-Elementen oder Position des Betrachters zum Stein, bewirken unendliche optische Erlebniswirkungen. Das Bild seiner fossilen und mineralischen Einschlüsse wird zusätzlich zum sinnlichen Geschichtsbuch der Entwicklung des Steins, in dessen Abbildern der Betrachter forschend, assoziativ oder meditativ seinen persönlichen Zugang zum jeweiligen Unikat Stein suchen und finden kann. Deshalb braucht auch aus ästhetischer Sicht Naturstein keinen Verputz, Anstrich, Schnörksel oder Zierrat, er wirkt in seiner natürlichen klaren Formensprache intensiv und eindeutig genug. Er ist nicht nur historischer, sondern auch futuristischer Baustoff ersten Ranges. ■
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Faktum 2: Naturstein erfüllt als Baustoff hohe Maßstäbe an Haptik, Optik und Image und bringt ein Höchstmaß an Ästhetik in die architektonische Gestaltung.
Naturstein
Foto: Richard Watzke; Sölker Marmor GmbH
Zurück zur Natur
Abbau von Naturstein ist kein „Raubbau an der Natur“, denn die Ressourcen werden nachvollziehbar neu genutzt.
Naturstein liegt im Trend. Kaum ein Material beweist sich seit der Antike so hartnäckig wie er. Und das hat einen guten Grund: Naturstein ist ganz klar die kontinuierliche Lebensader für Projekte, die für die Zukunft gemacht sind.
Barbara Jahn
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Foto: Bernhard R. Moser; Sölker Marmor GmbH
Das Thema Umwelt und Natur ist in den letzten Jahren zu einem immer zentraleren in der Welt der Gestaltung geworden. Während man bei der Mode schon bei veganen Herstellungsmethoden gelandet ist, setzt man im Möbel- und Einrichtungsbereich wieder verstärkt auf Holz, Leder, Leinen oder Bambus. Auch in der Architektur und Innenausstattung ist es nicht viel anders: Hier wird stark nachgedacht über Materialien, die entweder nachwachsen oder, wie der Naturstein, Bleibendes über viele Jahre, vielleicht sogar Jahrhunderte schaffen. Besonders wichtig geworden ist dieser Punkt vor allem
in der Argumentation gegenüber den Auftraggebern, die durchaus bereit sind, ein bisschen mehr Geld in die Hand zu nehmen, wenn man mit einem Produkt oder einem Bauwerk etwas für Generationen schaffen kann. Die kritische Betrachtungsweise der Konsumenten, die das Abwägen und das Hinterfragen vorziehen anstatt dem spontanen Lustgefühl des Augenblicks ohne Langzeitwert nachzugeben, ist zum bestimmenden Faktor geworden. Naturstein hat in diesem Spiel – wenn man so möchte – die besten Karten, denn er bringt alles mit, was ein sorgfältig ausgewähltes Produkt ausmacht.
© Kienesberger
© Breitwieser GmbH, Tulln
Naturstein
Naturstein schafft nicht nur ein unverwechselbares Gesamtbild, sondern hat auch praxisnahe und gesundheitsfördernde Eigenschaften (Therme Vals, Architekt Peter Zumthor).
Warum Naturstein? Es sind viele Aspekte, die für Naturstein sprechen. Ganz abgesehen von den rein ästhetischen, dass der gewachsene Stein jedes Objekt, zu dem er verarbeitet wird, zu einem Unikat macht, verfügt Naturstein in seiner Anwendung als Ausgestaltungselement in der Architektur über zahlreiche praxisnahe und gesundheitsfördernde Eigenschaften. Sich auszeichnend durch zweckdienliche Härte, die ihn zu einem alltagstauglichen Allrounder macht, überstrahlen polierter Glanz und das unvergleichliche sowie nicht reproduzierbare Gesamtbild wertvolle Nebeneffekte wie leichtes Reinigen, Reduzierung von Allergierisiken und ein positives Raumklima. Zu unrecht als steril und kalt bezeichnet, findet der Naturstein immer öfter Einzug in private Lebensrefugien – pflegetechnisch so gut wie anspruchslos und gestalterisch höchst anspruchvoll prägt er mehr und mehr das Bild der Architektur des 21. Jahrhunderts, und das innen wie außen.
Gestaltung mit Naturstein schafft bleibende Werte für Generationen.
Verantwortung Für Architekten und Bauherren rückt das Thema „Nachhaltigkeit“ immer mehr in den Vordergrund und lässt im Planungsprozess neue Prioritäten setzen. Naturstein als Baumaterial kann viele der in diesem Denkansatz geforderten Kriterien erfüllen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das zu erreichen ist nicht immer einfach, dabei ist die Rechnung ganz leicht gemacht: Fast schon Grundvoraussetzung für einen ernst zu nehmenden Nachhaltigkeitsgrad ist die Herkunft des Natursteins, der an einem Ort abgebaut werden sollte, der mit der Aufgabe an sich und der Umgebung in ökologischem und ökonomischem Einklang steht. Je näher der Ursprung zum Bestimmungsort liegt, umso umweltverträglicher fällt die Bilanz aus. Im Idealfall handelt es sich dabei um das gleiche Land, oder wenigstens den gleichen Kontinent. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die Rolle von nachhaltigen und fairen Arbeitsbedingungen und Lieferketten, wie sie von der Branche generell eingefordert und auch wirksam umgesetzt werden. Zukunft mitgedacht Für die Zeit danach, wenn ein Steinbruch brachliegt und nicht mehr genutzt wird, kommen vielerorts Renaturierungs- und Rekultivierungsprogramme zum Einsatz. Es werden neue Abbauverfahren eingesetzt, die Erschütterungswellen durch Sprengungen verhindern und starke Emissionen von vornherein bestmöglich eindämmen. Eine ganze Branche nimmt ihre Rolle und Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sehr ernst. Der Begriff „Raubbau an der Natur“ ist fehl am Platz, denn das Wertschätzen der Ressourcen wird durch ein nachvollziehbares Nutzen in einen neuen Zeitabschnitt übergeführt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Menschen, Dinge, Landschaften durch Eingriffe verändern, die Neues hervorbringen. Ein positives Procedere, wenn auf die gesunde Balance geachtet und auf das, was entsteht, auch entsprechend gewürdigt wird. Weil alles in der Zeit auch seinen Wert hat. ■
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© Philipp Kohen / archinoah.de
Gewachsener Stein macht jedes Objekt, zu dem er verarbeitet wird, zu einem Unikat.
Naturstein
Steine mit Ursprungsgarantie
Anna Klerdorf
Österreichische Natursteine sind bewährte Werkstoffe direkt aus der Natur. Dank ihrer Material schonenden Gewinnung und kurzen Transportwege sind sie die erste Wahl beim ökologischen Gestalten und Bauen.
Fotos: Richard Watzke;
Werbung und Konsumenten haben den Ursprung entdeckt. Zurück zum Ursprung lautet die Devise; der Slogan ist griffig und hat Erfolg. Landwirtschaftsprodukte aus der Region schmecken besser. Der Kunde kann nachvollziehen, woher die Milch für sein Joghurt stammt. Je genauer die Herkunft deklariert wird, desto besser. Beim Thema Bauen sieht die Sache anders aus. Baustoffe werden primär nach Preis und technischer Eignung ausgewählt. Die Lage der Produktionsstätte, in der der Kalk für den Zementmörtel abgebaut und gebrannt wurde, spielt höchstens eine marginale Rolle. Auch bei Glas ist die Frage nach der Herkunft des Siliziumdioxids eher irrelevant. Sobald es aber um natürliche Baustoffe geht, wandelt sich die Einstellung. Die Außenschalung aus heimischer Lärche lässt beruhigt schlafen. Ein Werkstoff aus dem eigenen Land bietet Vertrauen. Es gibt einen Baustoff, der das noch viel besser kann: Naturstein. Naturstein trägt einen Namen, Ursprungsgarantie inklusive sozusagen. Ein Schremser Granit stammt aus Schrems, ein Sölker Marmor aus Kleinsölk. Das Spiel lässt sich beliebig fortführen, von A wie Adneter bis W wie Wachauer Marmor.
Sölker Marmor GmbH
Die Natur begreifen: Die mit dem Diamantseil gesägte Wand im Sölker Steinbruch zeigt den Marmor in seiner ganzen Pracht.
bewältigt wurde, nahm man für alle Bauaufgaben den nächstgelegenen Stein. Ob Marterl am Wegesrand oder Kathedrale, die Steinmetzen und Baumeister machten keinen Unterschied. Das Prinzip funktionierte in ganz Europa – Santiago de Compostela ist auf und aus galizischem Granit errichtet, das Konstanzer Münster aus Sandstein vom Bodenseeufer, der Wiener Stephansdom aus Kalksandstein aus der Region zwischen Mannersdorf und St. Margarethen. Die Baustile mögen sich in Details ähneln, die regionale Ausprägung jedoch war immer unverwechselbar und untrennbar mit der Materialcharakteristik verbunden. Die Steine vom Ort prägten diesen auch über lange Zeit.
Granitgewinnung im Waldviertel: Für jedes Projekt bietet hier die Natur den passenden Steinblock.
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Bauen mit Steinen der Region Österreich ist reich an Steinen. Die Vorkommen sind vielfältig wie die Landschaft. Anders formuliert: Die Steine prägen die Landschaft. Nicht nur im großen Stil durch die petrografische Zusammensetzung. Granit der Böhmischen Masse hinterlässt bei seiner Verwitterung über die Jahrmillionen sanfte Hügel, wie sie dem Waldviertel eigen sind. Ein Gebirgszug aus Kalk hingegen ist schroff, karstig. Wie zum Beispiel der zerklüftete Salzburger Untersberg, an dessen Nordflanke der Untersberger Marmor abgebaut wird. Der Stein gibt aber nicht nur der Landschaft, sondern auch der Bauweise ein Gesicht. Als der Steintransport noch Schwerstarbeit war und mit Ochsengespannen
Kurze Transportwege beachten Nicht erst seit der Globalisierung der Welt gelten andere Regeln. Regionale Materialien gerieten schnell in den Ruf des Provinziellen, exotisch war „in“. Lange Lieferwege hin oder her, bunte Steine aus Indien waren gefragt, später billigere aus China. Das Umdenken setzte erst mit der Erkenntnis ein, dass billig nicht immer gut ist und sich die Steine aus der Region nicht ohne Grund als Baumaterial bewähren. Diesem Einstellungswandel verdanken die Steine aus Österreich seit mehreren Jahren einen stetigen Anstieg auf der Beliebtheitsskala. Steine aus der Region sind hochwertige Werkstoffe. Produzenten und Verarbeiter kennen ihre spezifischen Eigenschaften und machen sich diese bereits bei der Planung und dem Steinschnitt zunutze. Apropos: Stein ist als Baustoff bereits im rohen
Naturstein
Behutsamer Eingriff in die Natur: Oberhalb von Kleinsölk wird der Marmor schonend abgebaut.
Schremser, Hartberger und Aalfanger wären rund 140 Kilometer unterwegs, die Mühlviertler Gesteine wie Neuhauser Granit nur rund 40 Kilometer. Ein Lkw mit Untersberger Marmor hätte 130 Kilometer auf dem Tacho, ein Dorfergrün Chloritschiefer aus Osttirol 290 Kilometer und ein Sölker Marmor 120 Kilometer. Im Baustoffhandel beliebte Importsteine wie brasilianischer Giallo Veneziano, indischer Shivakashi und chinesischer Padang brächten es dagegen auf 9.970, 7.300 und 9.000 Kilometer – Luftlinie wohlgemerkt. ▲
Fels fixfertig vorhanden und wird unter geringem Energieverbrauch Material schonend abgebaut. Zwar konkurriert das heimische Material weiterhin mit Angeboten aus Wachstumsländern wie Brasilien, China und Indien – dies jedoch zu Lasten der Energiebilanz: Lange Transportwege erhöhen sowohl den Energieverbrauch als auch die Umweltbelastungen. Wählt man ein fiktives Bauvorhaben in Wels und eine Verarbeitung nahe der Abbaustelle, so legt kein Naturstein aus Österreich mehr als 470 Kilometer bis zur Montage auf der Baustelle zurück. Die Waldviertler Granite wie
Umlegen einer Wand aus Adneter Marmor.
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und Quarz. Er ist einer der wenigen Marmore weltweit, der hoch frost- und tausalzbeständig ist. Der Abbau erfolgt auf mehreren Etagen in einer Seehöhe von 1.200 - 1.400 Meter. Die linsenförmigen Vorkommen sind rund 20 - 40 Meter groß. Geschnitten und bearbeitet wird der Sölker Marmor ausschließlich mit diamantbestückten Werkzeugen. Im Gegenzug erhält man ein unverwechselbares Unikat, das für Jahrhunderte Verwendung finden kann. Kurze Lieferzeiten Weil Geiz nicht immer zum Ziel führt und etliche Architekten und Gemeinden sehr wohl auf die Herkunft der Werkstoffe achten, prägen österreichische Natursteine zahlreiche Großprojekte der jüngeren Vergangenheit. 2005 erhielt das Parlament an der Wiener Ringstraße einen neuen Vorplatz aus 3.500 Quadratmetern Gebhartser Syenit und Schremser Granit. Einen ihrer größten AufEinsatz der Diamantseilsäge im Untersberger Marmor.
Farbspiel der Natur Wer dekorativen und zugleich hochwertigen Stein sucht, ist auf solche Importe nicht angewiesen. Sölker Marmor zählt zu den hochwertigsten Marmoren der Welt. Er wird seit der Römerzeit in den Niederen Tauern im Kleinsölktal abgebaut und kommt in unterschiedlichsten Strukturen und Farben vor. Die ältesten Funde reichen bis 300 n. Chr. zurück und wurden in der Region verarbeitet. Ohne geeignete Werkzeuge war die Gewinnung und Verarbeitung des harten Gesteins mühselig. Die ersten größeren Projekte waren 1717 die Stiftskirche in Spital am Pyhrn und 1777 die weltberühmte und größte Stiftsbibliothek der Welt in Admont. Seine einzigartige und unverwechselbare Qualität erhält Sölker Marmor durch die hohe Dichte sowie die Verbindung unterschiedlicher Minerale wie Magnesium Kurze Transportwege und Lieferzeiten: Abgeschrägte Randsteine aus dem Mühlviertel für einen Busbahnhof in Wien.
tritte erlebten Österreichs Hartgesteine 2009: Für die Neugestaltung der Wiener Kärntnerstraße produzierten und lieferten die Poschacher Natursteinwerke innerhalb eines Jahres 20.000 Quadratmeter Bodenplatten. Der Hauptanteil des Belags besteht aus Schremser und Neuhauser Granit sowie Gebhartser Syenit. Gerade die kurzen Lieferzeiten sprechen für die Steine „made in Austria“. Im Idealfall benötigt ein Werkstück vom Abbohren des Rohblockes bis zur Lieferung nur zwei bis drei Wochen. Und wenn in einigen Jahren eine Nachlieferung erforderlich ist, kann an der OriginalAbbaustelle das in Farbe und Struktur passende Material ausgewählt werden. Jüngstes Beispiel dafür ist der Wiener Westbahnhof. Als die Wandbekleidung aus Adneter Marmor saniert wurde, reaktivierte man die ehemalige Abbaustelle und gewann dort neue Steine, die von den restaurierten Platten nicht zu unterscheiden sind. Auch das ist Ursprungsgarantie. ■
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Shoppingmall im Linzer Hauptbahnhof aus Neuhauser Granit.
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Naturstein
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Naturstein
Bild: Matthias Scheffer
Jedes Stück ein Unikat
Matthias Scheffer ist Präsident von Pronaturstein. In Kleinsölk gewinnt und verarbeitet er Sölker Marmor.
Naturstein ist ein moderner, ökologischer Baustoff, der mit seiner Tradition zugleich eine wesentliche Rolle in der Erhaltung des architektonischen Weltkulturerbes spielt. Pronaturstein-Präsident Matthias Scheffer im Interview. Wer und was ist Pronaturstein? Pronaturstein ist eine Vereinigung der österreichischen Natursteinwerke mit dem Ziel, Architekten, Baumeister, Planer und die Öffentlichkeit auf österreichischen Naturstein aufmerksam zu machen. Unser Steinland ist reich an Gesteinsarten und Farben. Wer schon einmal einen Steinbruch besichtigt hat, sieht es sofort: Das majestätische Erscheinungsbild einer Abbruchwand, vor der man steht, und die Farbenpracht des Gesteins sind überwältigend. Beeindruckend ist auch der Maschineneinsatz, mit dem die Blöcke aus der Wand gebrochen werden. Naturstein ist ein Produkt, das in seiner Schönheit einzigartig ist. Jedes Stück ist ein Unikat. Es ist wichtig, das richtige Material anhand seiner charakteristischen Eigenschaften auszuwählen, um sich lange daran zu erfreuen.
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Was sind die Vorteile beim Bauen und Gestalten mit Naturstein? An erster Stelle steht die Langlebigkeit des Materials. Im handwerklichen Bereich nimmt ein Entwurf Gestalt an und wird mit allen technischen Raffinessen der CNC-Technologie umgesetzt. Sie haben einen Plan und werden von der Umsetzung begeistert sein. Naturstein ist in allen Bereichen einsetzbar und unter Berücksichtigung der Materialeigenschaften hervorragend zu bearbeiten. Welchen Stellenwert hat Naturstein in der Architektur? Bauwerke der Antike, des Mittelalters, der Romanik, der Renaissance und des Barock haben eines gemeinsam – die Gestaltung mit Naturstein. In der Erhaltung unseres Weltkulturerbes ist Naturstein eine wahre architektonische Schatzkiste. Sanierungskonzepte mit der histori-
schen Bausubstanz werden erarbeitet, um unsere wunderbaren Kulturgüter zu bewahren. In der Gegenwart wird Naturstein zusehends von künstlich produzierten Produkten verdrängt. Hier wollen wir ansetzen. Naturstein hat erhebliche ökologische und ökonomische Vorteile gegenüber künstlich hergestellten Materialien. Naturstein ist ein Baumaterial, das sich den verschiedensten Bauanforderungen anpasst. Wir werden nicht aufhören, mit unserem Werkstoff und seiner Nachhaltigkeit zu begeistern. Naturstein ist für die Architektur gemacht, um Bauwerke für die Ewigkeit zu schaffen. Was macht Naturstein zu einem modernen Baustoff? Die Vielseitigkeit der Bearbeitungsmöglichkeiten und das edle Flair, das Naturstein ausstrahlt. Neueste Technologien machen es möglich, Planungen perfekt umzusetzen, Detaillösungen anzubieten und ausgefallene Kundenwünsche zu realisieren. Naturstein ist in seiner Formbarkeit einzigartig. Neue Ideen und Gestaltungen sorgen für optische Highlights. Warum sind Steine aus Österreich so ökologisch? Im Mittelpunkt steht der Wert unserer Natur und unserer natürlichen Baustoffe. Steinbrüche für Werkstein werden mit Rücksicht auf die umliegende Landschaft gepflegt und fügen sich in das regionale Landschaftsbild ein. Der Abbau wird nach den strengen Regeln und Auflagen der Behörden betrieben. Durch die verschiedenen Bearbeitungsmethoden mit Gatter und Seilsäge kann direkt in der Region gefertigt werden. Kurze Transportdistanzen garantieren eine geringe CO2-Belastung und senken die Schadstoff-Emissionen. Aus ökonomischer Sicht ist zu erwähnen, dass die Wertschöpfung in Österreich bleibt und heimische Arbeitsplätze gesichert werden.
Foto: Richard Watzke
Naturstein
Österreichische Natursteine wie dieser Schwarzenseer Buntmarmor erlauben hochwertige Gestaltungen.
Wo werden sie gewonnen? Natursteine werden in allen österreichischen Regionen abgebaut. Österreich hat weltweit eines der vielfältigsten Natursteinvorkommen. Durch tektonische Verschiebungen bei der Auffaltung der Alpen sind verschiedenste Schichtungen und Materialarten entstanden: Hartgesteine im Mühl- und Waldviertel; Kalkstein und Marmor ziehen sich über das Salzkammergut bis ins Ennstal und in die Wachau. Sandstein wird im Burgenland abgebaut und Schiefer kommt von Kärnten bis nach Osttirol vor. Wer verarbeitet und liefert sie? Die Mitglieder der Vereinigung österreichischer Natursteinwerke betreiben großteils selbst den Abbau und sind spezialisiert auf österreichisches Natursteinmaterial. Österreichische Fachkräfte garantieren durch ihre Ausbildung und Erfahrung eine hohe Verarbeitungsqualität.
Was sollte man bei der Anwendung von Naturstein unbedingt beachten? Die Eigenschaften und technischen Anwendungen sind bei jedem Naturstein individuell und sollen bei der Planung im Vorfeld berücksichtig werden. Die Nutzung von Naturstein setzt spezielle Kenntnisse seiner besonderen Merkmale voraus. Die Funktionalität kann mit verschiedenen Bearbeitungstechniken gesteigert werden. Naturstein überzeugt durch langlebige, zeitlose Qualität. Somit werden nicht nur Bauwerke, sondern wahre Kunstwerke für Generationen geschaffen. ■
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Wodurch zeichnen sich Steine aus Österreich sonst noch aus? Der österreichische Naturstein verdankt seine Eigenschaften wie Druck- und Biegefestigkeit sowie Frostbeständigkeit den geologischen Gegebenheiten. Die Voraussetzungen sind bestens – allein die geringe Wasseraufnahme und seine überdurchschnittlich guten technischen Kennwerte prädestinieren österreichischen Naturstein für nahezu unbegrenzten Einsatz. Die kurzen Lieferzeiten garantieren eine rasche Auftragsabwicklung und unmittelbares After-Sales-Management. Das erhöht die Kundenzufriedenheit und sichert die langfristige Kundenbindung.
Fassade
Naturstein
Der Stein, der ins Rollen kam
Für die Ewigkeit gedacht, von der Zeit überrollt – Naturstein hat eine lange Reise hinter sich und ist bis heute treuer Begleiter der Architekturgeschichte. der Baugeschichte handelte es sich noch um die Anhäufung loser Steine ohne Bindemittel, eine Variante, die visuell wohl am besten an den berühmten irischen Mauern erkennbar ist. Diese rudimentäre Form des Natursteinmauerwerks steckte ganz klare Grenzen in den Weidegebieten ab und besiegelte unverrückbar das Eigentum. Die Art der Einzäunung taucht vor 5.000 Jahren auf.
©: IStock
Leben mit Stein gab es schon lange, bevor noch irgendein anderes Baumaterial für eine Art Behausung genützt wurde. Die Höhle, und damit die ursprünglichste Form, bot Schutz vor Kälte, Sonne, Regen und neugierigen Blicken. Somit ist es der gewachsene Naturstein, der die Menschheit von Beginn an begleitet hat. Doch es ist nicht nur das „Starke“ und das „Widerstandsfähige“, was Naturstein seit Jahrtausenden so begehrt macht. Es ist auch das „Emotionale“, das bei diesem Geschichten erzählenden Material einen wesentlichen Faktor ausmacht. Optik, Haptik und Natürlichkeit sticht alle anderen Konkurrenten so gut wie aus, besonders dann, wenn es um Sicherheit und um Langlebigkeit geht.
© Wikimedia_Commons
Barbara Jahn
Nuraghe Succuronis (Turm der Bonnanaro-Kultur 2200 bis 1600 v. Chr.) bei Macomer, Sardinien.
Das Erechtheion mit den Karyatiden auf der Akropolis, ca. 420 bis 406 v. Chr. Verwendet wurde Marmor vom Berg Pentelikon.
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Imperien, auf Stein gebaut Die Welt ist voller Zeugnisse für die Tradition des Bauens mit Naturstein. Zunächst noch sehr grob behauen und fast behelfsmäßig gestapelt, umgab man sich gerne mit solidem Mauerwerk, das im Laufe der Jahrhunderte unter dem handwerklichen Aspekt betrachtet immer mehr verfeinert wurde. Je mehr Wissenschaft betrieben wurde, umso dünner, stabiler und vor allem höher wurden die Mauern. Jede Kultur hatte dazu ihren eigenen Zugang und demonstrierte mit ihren teils gewaltigen Bauwerken Macht und Charakter. Von den Pharaonen mit ihren gigantischen Grabmälern, den Pyramiden, über die Griechen mit der Akropolis bis hin zu jenen Steinen, auf denen Rom und schließlich ein ganzes Weltimperium errichtet wurde – eines war allen gemeinsam: Die Wertschätzung eines Materials, das an Authentizität und Einzigartigkeit in Struktur und Farbe, an Robustheit, Witterungsbeständigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wiederverwertbarkeit nicht zu überbieten war. Rätsel der Pyramiden Bis dato ist noch keine Epoche ohne den Einsatz von Naturstein in der Architektur ausgekommen – sei es aus technischen oder ästhetischen Gründen. Zu Beginn
Auch einzelne Bauwerke bedienten sich der Technik der bloßen Aufeinanderschichtung großer, unbearbeiteter Steine, die jedoch in ihrer Form streng ausgewählt wurden, um Stabilität zu gewinnen. Beispiele dafür sind die Nuraghen auf Sardinien, prähistorische Turmbauten, die in der Bonnanaro-Kultur als Kultstätten dienten. Ihnen war eine unglaubliche Vielfalt beschert, und das bereits ab 1.600 vor Christus. Der Name könnte auf die Bedeutung von „Haufen“ oder „Höhle“ hindeuten. In den Kulturen am Mittelmeer war man hingegen schon ein paar Schritte weiter. So wird das älteste bekannte mit Kalk „gemörtelte“ Mauerwerk, das in Jordanien steht, mit etwa 6.000 vor Christus datiert. Tausend Jahre später waren auch die Ägypter fit für Innovation und bauten präzise passende, feingliedrige Natursteinwerke zu Pyramiden auf, deren Konstruktionstechnik bis heute Rätsel aufgibt. Mykene und der Quantensprung In Mykene wurde um etwa 4.000 vor Christus das zweischalige Mauerwerk erfunden, das die Architektur förmlich revolutionierte. Verwendet wurden polygonal behauene Kalksteine, die ganz neue expressive Bauten erlaubten, wie etwa das berühmte Löwentor mit vier Megalithen und einem zwölf Tonnen schweren Sturzstein mit dem Löwenornament beweist. Diese Technik wurde selbstverständlich kopiert und nach Schottland oder bis auf die Balearen weitergegeben, wo nach dieser Bauweise so genannte Beobachtungstürme entstan-
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durch die Verankerung der Innen- mit der Außenschale weitaus stabileren Mauerwerkstypus zu schaffen. Das so genannte römische Mauerwerk war geboren. Es war so robust, dass man für das Gemäuer auch über seine ursprünglichen Zwecke hinaus Verwendung fand. Ganze mittelalterliche Städte entstanden in den römischen Kolosseen, die man später auch als unnatürliche Steinbrüche nutzte, um wieder Neues zu erschaffen. Vom reinen Zweck zur glanzvollen Hybris In der Romanik ging man ganz rational an die Sache heran. Aufbauend auf dem Stand der Technik wurden sowohl das Quadermauerwerk als auch das Schalenmauerwerk verbessert und verfeinert. Zwar kann man hier nicht von einem ausgesprochenen Stillstand sprechen, aber große und neue Errungenschaften fanden dennoch nicht statt. Stattdessen setzte man ganz vorbildlich – wie heute meist gefordert – das Material Naturstein kosten- und ressourcenschonend ein, indem man bereits verwendete Steine recycelte. Nur bei repräsentativen Bauten für Adel und Klerus sowie wichtigen Zweckbauten wich man punktuell von dieser Sparstrategie ab und errichtete Mauerwerke aus einzelnen großen Steinen.
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den. Aber auch in Italien und in der Türkei machte man sich die neue Bautechnik zunutze – das Polygonal- und Bruchsteinmauerwerk eroberte den gesamten Mittelmeerraum. In der Antike kam diese Technik allerdings mehr und mehr aus der Mode und wich dem einfachen Quadermauerwerk, das mit und ohne Mörtel verarbeitet wurde. Ganz ohne Mörtel kamen die Griechen aus, die ab 800 vor Christus ihre rechtwinkelig zugeschnittenen Naturbausteine mit Eisenankern zusammenhielten beziehungsweise mit Blei vergossen. Hier übte man sich auch schon in der Kunst der optischen Täuschung, indem man Mauern aus kleinformatigen Steinen mit Kalk überzog, um danach Fugen aufzumalen und große Steine zu simulieren. Abermals kopiert, waren es schließlich die Römer, die mit einer Verfeinerung der Technik wieder einmal versuchten, alle zu toppen. Außen versetzte Steine, innen ein Gemisch aus Ziegelsplitt und Natursteinresten – und in kreativen Formaten und Kombinationen gelang es ihnen, einen neuen und
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Das Löwentor von Mykene wurde vor 6.000 Jahren erstmals mit zweischaligem Mauerwerk errichtet.
Meisterwerke der Hochgotik wie der Dom zu Köln verknüpften Architekturschmuck und neue statische Erkenntnisse elegant miteinander.
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Die romanisch-frühgotische Ruprechtskirche in Wien.
Als die Epoche der Gotik schließlich anbrach, war das aber nicht mehr genug. Der Mensch strebte wieder nach technischen Highlights und nach mehr Schönheit, die man den Gebäuden angedeihen lassen wollte. Die massiven Mauern wurden schrittweise feingliedriger und nach ihrer baulichen Vollendung reichlich geschmückt und verziert. Das Besondere an den für die Gotik so charakteristischen „Profilierungen“ ist, dass sie Architekturschmuck und neue statische Erkenntnisse elegant und fast schon heimlich miteinander verknüpf-
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ten. Die exzessivste Ausprägung davon wurde in der Spätgotik geschaffen – ein Wechselspiel von tragenden und nicht tragenden Bauteilen und der erstmalige Einsatz von leuchtenden Glasfenstern in bis dahin noch nie gesehener Dimension. Die Mauern – bis dahin trotzig und massiv – wurden schlank, so sehr, dass es manchmal an deren Auflösung zu grenzen schien. Neu war auch das Verputzen, und das Natursteinmauerwerk beginnt von der optischen Bühne langsam zu verschwinden. Von der Mauer zum Ornament Dem optischen Rückzug durch Verputzen folgt schließlich der tatsächliche im Verlauf der ArchitekturgeAufflackern historischer Mauerwerksformen: Renaissancepalais Ca’ Corner della Regina, Venedig. schichte. In der Renaissance gab es noch einmal ein Aufflackern historischer Mauerwerksformen, die sich an den griechischen Baustil mit seinem massiven Steinbau anlehnten. Es handelte sich dabei um einen Ausflug zurück zu den Anfängen, jedoch mit zeitgemäßem Schönheitsverständnis. So wurden sichtbare Steinoberflächen von Außenmauern gerne als Rustika oder als Diamantquader ausgeführt. Die bekanntesten Zeugnisse davon sind wohl die berühmten Palazzi in Rom und Florenz. Man wollte bewusste Zeichen setzen und Macht demonstrieren. Protzen wollte man allerdings nur mit Gemäuer, das auch wirklich gesehen wurde. Nicht sichtbare Bauteile wurden aus Backstein errichtet. Doch auch Sichtbares blieb nicht immer als natürliches Steinmauerwerk stehen – groß in Mode war das Gestalten dieser Flächen mit Terracotta, Sgraffito-Putz oder bemaltem Putz. Im Barock verzichtete man weitgehend auf den Einsatz von Natursteinmauerwerk, der sich auf die Ausführung von Lisenen und Pilastern, Gesimsen sowie Fensterund Türverdachungen beschränkte. Der Rest wurde Die Verwendung von massivem Natursteinmauerwerk bei der Dresdner mit Ziegel abgedeckt. WertFrauenkirche war eine Ausnahme im sonst natursteinlosen Barock. los war der Naturstein den-
noch nicht – im Gegenteil. Die besonderen Akzente eines Gebäudes wurden daraus gefertigt. Ein paar wenige Ausnahmen gab es allerdings, die nicht der allgemein bevorzugten barocken Bauweise entsprachen, darunter eine sehr prominente: Die Dresdner Frauenkirche wurde mit einem massivem Natursteinmauerwerk errichtet. Ihr Wiederaufbau Ende des 20. Jahrhunderts ist auch der bislang letzte massive Natursteinbau der Architekturgeschichte. Foto: Wolf-Dieter Gericke
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Naturstein, modern interpretiert: Pfarrkirche in Firmian, Bozen aus dem Jahr 2012. Delueg Architekten, Brixen.
Naturstein (nicht nur) als Verblendung Es war allerdings schon absehbar, dass es so kommen musste. Während der Klassizismus noch einmal einen wehmütigen Blick zurück in die Antike und zum massiven Natursteinmauerwerk warf, während er im Hintergrund bereits neue Technologien nutzte, bei denen Naturstein nur noch als Verblendung für den Stahlskelettbau diente, löste die aufstrebende Industrialisierung den Naturstein endgültig als primäres Baumaterial ab. Er musste den industriell produzierten Kunststeinen weichen. Dennoch verschwindet er niemals von der Bildfläche. Auch heute noch wird er traditionell, speziell aber unter künstlerischem Aspekt bearbeitet und integriert sich perfekt in die moderne Architektur des 21. Jahrhunderts. Manchmal geklebt, manchmal verankert spielt er seine Rolle, die er immer schon gespielt hat. Doch eine Facette hat diese Rolle dazubekommen: Neben all den „neuen“ Materialien, die ihm den Rang abgelaufen haben, glänzt er schöner denn je und bildet den edlen Kontrast dazu. Und es ist immer noch er, der letztlich alle Blicke auf sich zieht. ■
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Blick über den See
Projekt Villa am See, Kärnten Bauherr privat Planung PROJECT A01 architects, Wien Natursteinarbeiten Wolfgang Ecker Gesellschaft m.b.H. Traiskirchen Stein Jura Kalkstein Gala, graublau Fotos Richard Watzke
denbekleidung der Garagen. Die Natursteinbekleidung besteht aus horizontalen Bahnen mit unterschiedlichen Formaten; die unterschiedlichen Höhen und Stärken ergeben ein abwechslungsreiches Relief. Die Platten aus graublauem Jura Kalkstein mit gestrahlter und gebürsteter Oberfläche variieren in den Stärken 3, 4 und 5 Zentimeter. Das größte Format beträgt 80 x 150 Zentimeter. Insgesamt wurden 220 Quadratmeter Fassadenplatten auf einer Unterkonstruktion aus Aluminium-Schienen montiert. ■
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Der Baukörper der 2013 fertig gestellten Villa ist in zwei Bereiche gegliedert. Zur Straßenseite ein eingeschoßiger Trakt mit Nutzräumen und Garagen, zum See hin ein zweigeschoßiges Wohngebäude mit Blick über den See. Ein Vorplatz trennt Neben- und Haupthaus. Glasstreifen seitlich und oberhalb der zentral angeordneten Eingangstür beleuchten den Eingangsbereich. Das Obergeschoß mit den Schlafräumen lagert über der Natursteinfassade des Erdgeschoßes. Die Schrägen des Daches korrespondieren mit der zurückspringenden Fassa-
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Sanierung der Natursteinfassade am Wiener Rathaus
Bauherr und Projektauftraggeber
Mit dem Ringstraßenbau erlebte der Historismus in Wien seine Hochblüte. Das im neogotischen Stil von ment Stadt Wien 1872 bis 1883 unter der Leitung von Steinmetzmeister und Oberbaurat Friedrich Schmidt errichtete Rathaus Projektverlauf gilt als ein Hauptwerk dieser Epoche. Nach Schmidts Voruntersuchungen an der Plänen verarbeiteten Steinmetzen 40.000 Kubikmeter Musterachse 2010 Rohmaterial – mehr als bei jedem anderen RingstraßenFertigstellung erster Bauabschnitt gebäude. 2012 - 2013 Außenwandflächen und Bauzier bestehen aus unterGeplanter Abschluss der Sanierung schiedlichen Gesteinssorten. Dichte Kalksteine wurden aller Außenfassaden und Innenhöfe für Säulen, Gesimse oder Kapitelle verwendet. Aus 2024 weicheren Sedimenten fertigten die Bildhauer Zierelemente und Figuren. In Folge der Bewitterung und LuftNatursteinarbeiten verschmutzung seit der Erbauung sind der feingliedrige Wolfgang Ecker GmbH, Traiskirchen Figurenschmuck und die Ornamente geschwärzt, verwaschen oder bröckeln sogar ab. MA 34 Bau- und Gebäudemanage-
Fotos Richard Watzke
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Nach der Sanierung einer Musterachse 2010 am SüdWest-Risalit erstellte die Stadt Wien als Eigentümerin des Gebäudes zusammen mit dem Bundesdenkmalamt und der Technischen Universität Wien ein Sanierungskonzept für die reich verzierte Natursteinfassade. Dabei soll das Farbenspiel der Natursteine zum Zeitpunkt der Errichtung zum Vorschein gebracht werden. Ebenso ist die Wiederherstellung der verlorenen Formen und bildhauerischen Details ein Hauptziel der auf zwölf Jahre veranschlagten Maßnahmen. Für einen störungsfreien Rathausbetrieb ist die Generalsanierung in elf Abschnitte eingeteilt. Im Herbst 2013 stellte der SteinmetzMeisterbetrieb Wolfgang Ecker den ersten Abschnitt zu beiden Seiten des südwestlichen Eck-Risalits fertig. Bis 2024 soll das gesamte Wiener Rathaus an den Außenfassaden und den hofseitigen Sichtflächen in ganzer Pracht wieder erstrahlen. ■
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Bureau am Belvedere
Projekt Refurbishment Bürohaus Prinz Eugen-Straße 8-10, Wien Bauherr Immofinanz Montaigne Liegenschaftsvermietung GmbH Wien Architekt Martin Kohlbauer ZT GmbH, Wien Natursteinarbeiten Steinmetzbetriebe Franz Bamberger GmbH, Traiskirchen Stein Donaukalkstein Fotos Richard Watzke
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Energieeffizienz beschränkt sich nicht auf Neubauten. Vor allem bei Bestandsimmobilien herrscht großer Nachholbedarf. Das Bürogebäude Bureau am Belvedere zeigt, wie groß das Optimierungspotenzial ist. In einer 2011 durchgeführten Generalsanierung erhielt das 1960 errichtete Bauwerk eine neue Fassade. Zugleich wurden die Innenausstattung und Haustechnik grundlegend modernisiert. Beim GreenBuilding-Award 2012 erhielt es als eines von drei Gebäuden in Österreich den von der Europäischen Kommission ausgeschriebenen Preis. Damit ausgezeichnet werden neu errichtete sowie sanierte Objektbauten. Bei Bestandsbauten muss die Energieeinsparung mindestens 25 Prozent betragen. Im Bureau am Belvedere werden nach der Sanierung jedes Jahr 850 MWh eingespart, das entspricht einer Energieeinsparung von 75 Prozent. Der jährliche Energieaufwand für Heizen und Kühlen beträgt nach Abschluss der Sanierung rund 25 kWh je Quadratmeter. Die Natursteinfassade hat großen Einfluss auf die Energiebilanz des Gebäudes. 1.400 Quadratmeter Bekleidungsplatten aus hellbeigem Donaukalkstein sorgen für eine repräsentative Erscheinung und tragen zur Energieeinsparung bei. Die Platten sind vier Zentimeter stark und auf ihrer Sichtfläche gestockt und horizontal gerillt; im Fensterbereich und bei den Untersichten sind sie fein geschliffen. Mit dem Raster aus senkrechten und waagrechten Steinbändern hebt sich das achtstöckige Gebäude markant von den benachbarten Gründerzeithäusern ab. Zur Verankerung der großformatigen Steinplatten am bestehenden Baukern kombinierten die Steintechniker Mörtelanker, Halfenschienen, Konsolverankerungen und Hinterschnittsysteme. ■
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Wer in Stein baut, baut für die Ewigkeit
Anja Fischer und Ernst Beneder sind Experten für Naturstein in der Architektur. Ihre Philosophie und Erfahrung dazu sehen sie als „Stein des Anstoßes“ für Nachhaltigkeit. © Beneder Fischer
© Beneder Fischer
Gerhard Franz Roth
Die Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer
Preise und Auszeichnungen (Auswahl) 2012 Pilgrampreis, 1. Preis, Pfarrkirche in Lingenau, V 2010 Pilgrampreis, 1. Preis, Pfarrkirche Gallspach, OÖ 2007 Oberösterreichischer Holzbaupreis 2001 Otto Wagner-Städtebaupreis – Stadtprojekt Waidhofen/Ybbs, NÖ 2000 Pilgrampreis Referenzen/Werke (Auszug) Pfarrkirche Dornbirn (2013) Pfarrkirche Weidling (2012) Pfarrkirche Lingenau (2010) SMZ Baumgartner Höhe,
Sie gelten als Naturstein-Spezialisten, mit Preisen und Erfolgen in Sanierung, Adaptierung und Neubau mit Stein. Wie kamen Sie zur Vorliebe für dieses Material? Beneder: Wer in Österreich baut, steht von Beginn an im Kontext und in Konfrontation mit dem reichen architektonischen Erbe, und damit auch dem Stein und seiner Bedeutung in der historischen Architektur gegenüber. Die Auseinandersetzung von Alt und Neu im denkmalgeschützten Bereich – vom Kirchenbau, über ein Rathaus, ein Jugendstilkrankenhaus bis hin zur Gestaltung von öffentlichen Räumen – hat uns zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Natursteinbau geführt.
Foto: Albrecht Immanuel Schnabel
Neurologisches Zentrum (2001)
Pfarrkirche Gallspach, OÖ: Hauptebene mit Kirchenraum und Sitzbänken, dahinter Werktagskapelle mit transluzenten Schiebeelementen zur Raumerweiterung.
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Katholische Pfarrkirche Dornbirn-Oberdorf, V: Neugestaltung 2013, Innenansicht.
Naturstein in Vergangenheit und Gegenwart – sehen Sie Unterschiede in seiner Verwendung und der Philosophie dahinter? Fischer: In früheren Jahrhunderten war Stein eines der Baumaterialien schlechthin, neben seiner prominenten, „steinsichtigen“ Verwendung aber auch das Material, das zurückhaltend in seiner Erscheinung verblieben ist, verputzt und übermalt, Träger einer abstrakten neutralisierenden Oberfläche. Heute wird Naturstein – wenn er verwendet wird – als wertvolles Material in Form, Farbe und Gestaltung in jedem Fall gezeigt. Was sind heute aus Ihrer Sicht die wichtigsten Kriterien für seinen Einsatz? Beneder: Struktur und Qualität, also Eigenschaften, abgeleitet von seiner Provenienz, andererseits Bauphysik und Anwendungstechnik wie Montage und Verfugung, insbesondere jedoch auch der regionale Bezug und das handwerkliche Know-how der Verarbeiter. Sehen Sie den Stein unter Konkurrenzdruck durch andere Materialien? Beneder: Stein ist ein Baustoff, der direkt der Natur entnommen ist und davon erzählt. Er ist nachhaltig, unverwechselbar und mit seinem Entstehungs- und Herkunftsort regional verankert. Seine Einschlüsse, Brüche, seine Patina geben jedem Einzelstück Charakter und lassen uns seine Millionen Jahre währende Entstehungsgeschichte lesen. Dagegen kann kein anderes Material ankommen. Künstliche Materialien sind in ihrer Wirkung vielleicht berechenbarer. Schlussendlich findet jedes Material seinen angemessenen Platz.
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Sie legen in Ihren Arbeiten starken Wert auf Stein aus regionalen Quellen, warum ist Ihnen dieses Prinzip so wichtig? Beneder: Naturstein aus regionalen Quellen stellt eine Nahebeziehung zwischen dem Gebauten und seinem Umfeld her. In dem komplexen Prozess der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung ist der hohe Grad der Identifikation mit dem Material ein wesentliches Kriterium, um so die Architektur zu ihrem Wesentlichen – dem Raum – zu führen. Fischer: Den richtigen Stein haben wir oft erst im Steinbruch gefunden und ausgewählt. Viele Steinbrüche wurden erst in jüngster Vergangenheit aufgelassen. Oft gibt es Restbestände, die in Kleinmengen interessant sind. Für die Pfarrkirche in Lingenau wurden aus der Region von Almwiesen und Klammen Steine gefördert und in die Baugemeinschaft eingebracht. Auch stillgelegte ehemalige Förderstätten aus der unmittelbaren Nähe haben dazu beigetragen. Beneder: Unsere Interventionen in Stein sind nicht – wie die Verwendung im sakralen Raum es vermuten lassen würde – symbolhaft, sondern vielmehr topographische Setzung, die in einem konkreten funktionalen Kontext stehen. Damit werden der Raum und seine Materialisierung für die Nutzer auch leichter lesbar und nachvollziehbar. Von Seiten der lokalen Bevölkerung entwickelt
Wie gehen Sie mit dem Thema Wiederverwertung von Naturstein in der Architekturpraxis um? Beneder: Die Gestaltung der Stadtplätze von Waidhofen an der Ybbs ist ein Beispiel für ein umfassendes Recycling von vorhandenem Material. Das bestehende Pflaster, klassischer Wiener Würfel in Granit, wurde – mit angepasster Schnittlinie im Drittel – geschnitten und wieder verlegt, angepasst je nach der gegebenen Belastung im Straßenraum oder auf Gehsteigen. Das vertraute Material wurde so am Ort wieder verwendet und gleichzeitig dessen Oberflächenqualität geglättet und damit verbessert. Wir haben die bisherige Verlegung mit der Bombierung (der Wölbung des Straßenquerschnitts, Anm.) nach oben umgekehrt, also der neue alte Steinbelag wurde in leichter fallender Mulde verlegt, um die räumliche Wirkung zwischen Häusern und Straßenraum zu verstärken. Für dieses Projekt haben wir 2001 den Otto-Wagner-Städtebaupreis erhalten. Wie bauen Sie den Naturstein in ein Leistungsverzeichnis ein, noch dazu mit Regionsbezug? Fischer: Unser Prinzip lautet: Jedes Material hat im Entwurf seinen Platz und seine Bedeutung. Wir wollen mehr Vielfalt im Materialeinsatz erschließen, besonders von jenen Steinen, die auch am Ort zu finden sind. Wir bringen diese persönliche Suche und Auseinandersetzung bei der Materialauswahl dann in das Leistungsverzeichnis mit ein und eröffnen damit auch einen breiten Gestaltungsspielraum für die Ausführenden. Die Entscheidungskriterien sind über den – unbezahlbaren – Identifikationsgrad somit nicht nur kostenbezogen. ■ Foto: Robert Fessler
Neugestaltung Oberer Stadtplatz Waidhofen an der Ybbs, NÖ, 2001: wannenförmig ausgebildete Neugestaltung der Platz- und Straßenräume in Naturstein zur Stärkung der Verbindungsfunktion des öffentlichen Raumes.
sich eine gewisse Beziehung zu diesem Stein aus ihrer Region und so wird das Gebäude zu „ihrem“ Bau.
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Pfarrkirche Lingenau, V: Taufbrunnen, Ölbaum und Hauptaltar, gestaltet in verschiedenen Natursteinarten als gestalterisches Programm sakraler Rauminterpretation.
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Foto: Ernst Beneder
Wo orten Sie Vorsicht beim Einsatz von Naturstein? Fischer: Bei der Verwendung sind die technisch-bauphysikalischen Aspekte für eine sichere und haltbare Verwendung im Innen- bzw. Außenbereich, Frost- und Verwitterungsschutz, und natürlich die Oberflächenstruktur von besonderer Bedeutung. Hinter selbstverständlich erscheinenden Eigenschaften stecken ein komplexes Fachwissen und eine hohe Verantwortung: Oberflächen können poliert oder geschliffen sein, geflämmt oder imprägniert, bruchrau, gestockt oder mit Hammerschlag verarbeitet sein.
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Stein und Wein
Projekt Weingasthof Sabathihof, Leutschach Bauherr G. und M. Dillinger Architektur BM Röck, Ehrenhausen Ausführende Firma Steinmetzunternehmen Reinisch GesmbH, Hainsdorf i. Schw. Stein Türkischer Travertin offenporig für Stiege, Außenfassade, PoolBodenbelag Türkischer Travertin gespachtelt für den Innenraum: Boden (großformatig), Innenwände Fotos Richard Watzke
Die Südsteirische Weinlandschaft ist von steilen Weinbergen und Mischwäldern geprägt und hat sich in den letzten Jahren zu einer beliebten Region für den sanften Tourismus entwickelt. Die Qualitätsoffensive beim Wein begann vor rund 15 Jahren, beim Tourismus wenig später. Nun wird sie auch im Bereich Architektur gestartet. Ein gelungenes und erfolgreiches Beispiel dafür: der Weingasthof Sabathihof. Auf einer Anhöhe thronend liegt das Weingut Sabathi mit seinen rund 5 ha Weingärten, weit weg vom Alltag und mit einem umwerfenden Ausblick in die Landschaft. Seit Sommer 2012 bietet ein ausgedehnter WellnessBereich mit Spa den Gästen Entspannung pur. Er bietet Sauna, Sole-Dampfbad, Fitness- und Massageraum und ein Schwimmbecken im Freien. Für die Gestaltung der Wände und Böden wurde rot-goldener Travertin gewählt. Dem lebhaft strukturierten Naturstein gelingt es hervorragend, eine Verbindung zwischen der kubischstrengen Formensprache und der umgebenden Landschaft herzustellen. Der Ruheraum bietet freien Blick in die Weinberge. ■
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Projekt Erzherzog Johann Weine, Ehrenhausen Bauherr Erzherzog Johann Weine – Weinkeller und Handel Architektur Architekt Oster, St. Georgen a.d.Stf. Ausführende Firma Steinmetzunternehmen Reinisch GesmbH, Hainsdorf i. Schw. Stein Mint Sandstein für das Schichtenmauerwerk Quarzsandstein für die vorgehängte Steinfassade Fotos Steinmetzunternehmen Reinisch GesmbH
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Klare Vorgabe für das Projekt am Tor zur südsteirischen Weinstraße war die bestmögliche Integration in die unmittelbare Umgebung und in die umliegende Weinbauregion. Die Marke Erzherzog Johann Weine ist ein Zusammenschluss von 250 steirischen Winzern als Traubenlieferanten. Gemeinsam bewirtschaften diese zum Teil sehr kleinen Betriebe eine Fläche von rund 180 ha Weingarten. Der markante Eingangsbereich in Form des Erzherzog Johann Huts leitet die Besucher in die neue WeinErlebnis-Welt von Erzherzog Johann Weine. Die hauseigene Vinothek bietet auch regionale Spezialitäten, das Nannerl G’wölb dient als Veranstaltungsraum. An zwei Seiten wurde das Schichtenmauerwerk aufgemauert und mit Abdeckungen abgeschlossen. Die hinterlüftete Steinfassade am Haupteingang, befestigt an einem Schienensystem, lässt ein ideales Raumklima entstehen. Der ans Gebäude unmittelbar anschließende Hang dient als Weingarten. ■
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Vielfältige Einheit
Projekt Außengestaltung einer Villa, Wien Bauherr privat Planung Albert Wimmer ZT, Wien Natursteinarbeiten Schreiber & Partner Natursteine GmbH, Poysdorf Stein Quarzit Karystos und Luna Grey Fotos Katharina Mörz, Graz
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Bei der Gestaltung des Außenbereichs einer Villa in Wien dominieren die beiden Farben Grün und Grau. Für die Treppe und den Bodenbelag wurden rund 290 Quadratmeter des Quarzsandsteins Luna Grey verlegt. Der hellgraue Stein bildet mit seiner sandgestrahlten und gebürsteten Oberfläche einen homogenen, zurückhaltenden Belag. Die Herausforderung bestand darin, bei den Großformat-Platten mit 132 x 65 Zentimetern Kantenlänge ein ausreichendes Gefälle zum Pool herzustellen, ohne das gleichmäßige Fugenbild zu beeinträchtigen. Die Fassadengestaltung folgt einem ganz anderen Prinzip. Als Werkstoff wurde lebhaft gemusterter Quarzit Karystos von der Insel Euböa gewählt und von Mörz Naturstein geliefert. Das Grundformat aus 50 x 90 cm großen Platten ergibt eine durchlaufende horizontale Schichtung. Schmälere Platten durchbrechen dieses konstante Raster. Jede Platte ist einzigartig in Farbe und Oberflächenstruktur. Das Farbspiel wechselt jeweils zwischen grün, grau und rotbraun. Zusätzlich unterscheiden sich die bruchrauen Platten in ihrer Stärke. Die 4 - 6 cm dicken Platten sind mit 24 cm Wandabstand montiert und hinterlüftet. Beim Steinschnitt galt es, diese natürliche Vielfalt zu einem harmonischen Ganzen zu fügen.
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Von wegen felsenfest
Barbara Jahn
Foto: Thermos / Wikimedia Commons
So robust und stark Naturstein sein mag, so leicht tritt er auch seine Reise um den Globus an. Einmal gehauen, legt er die Starre in jeder Hinsicht für immer ab.
Alvar Aaltos Finlandia-Halle in Helsinki mit der Fassade aus Carrara Marmor.
Foto: Stefanie Fernsemer
Ikone der Moderne Zehn Jahre zuvor jedoch realisierte der deutsche Architekt Ludwig Mies van der Rohe noch eine ganz andere Architekturikone: Den Deutschen Pavillon für die Weltausstellung in Barcelona 1929. Er markiert für viele den Beginn der Moderne in der Architektur und zeichnet sich durch seine besondere Leichtigkeit mit viel Glas und Stahl aus. Als optisches Gewicht kommt schließlich Naturstein ins Spiel. Für die Wände und die Böden wurden Travertin und Serpentinit verwendet, aber auch
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Grundsätzlich wird empfohlen, Naturmaterialien möglichst auch dort wieder einzusetzen, wo diese abgebaut wurden. Nur in diesem Fall kann der Widerstand gegen negative klimatische Einflüsse garantiert werden. Doch an diese Faustregeln hält sich heute kaum noch jemand – zu schön ist die Verlockung jener Steine aus den europäischen, südamerikanischen und den nahöstlichen Steinbrüchen, die seit Jahrhunderten Fassaden, Böden und Wände zieren. Mit ein paar Tricks im Gepäck übersiedelt etwa der Marmor aus Carrara auch an den Fjord von Oslo oder anderswohin und tritt damit eine Reise ins architektonische und klimatische Abenteuer an.
Dramatischer Klassiker Man muss nicht unbedingt Architektur studiert haben, um den amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright zu lieben. Was die Verwendung von Naturstein betrifft, war er wohl einer der wenigen, die dem Material immer schon die Möglichkeit gaben, sich von seiner schönsten und vor allem natürlichsten Seite zu präsentieren. Kaum ein Haus, das von ihm entworfen wurde, verzichtete darauf – weder im dichten urbanen Bereich noch im ländlichen Bereich. Eines seiner wohl berühmtesten Werke ist unbestritten das Falling Water House im amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania, ein Ferienhaus für die Familie Kaufmann, errichtet in den Jahren 1936 bis 1939 auf deren eigenem Grundstück mitten in der Wildnis. Der berühmte Wasserfall unter dem Haus wurde zum bestimmenden Teil der architektonischen Inszenierung. Die Natur war es, die Frank Lloyd Wright zum Einsatz sämtlicher natürlicher Farben und lokal vorkommender Baumaterialien, insbesondere Naturstein, inspirierte. Eindrucksvoll präsentiert er sich sowohl an der Fassade als auch im Inneren an Boden und Wand in voller Pracht. Die aufgemauerten Natursteine, die zu den reinen Betonelementen stark kontrastieren, verleihen der Architektur eine zusätzliche Dramatik, fast schon trotzig und wehrhaft.
Falling Water House: Frank Lloyd Wright erlaubt dem Material, sich von seiner schönsten Seite zu präsentieren.
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Foto: Lutz Buchwald
goldfarbener polierter Onyxmarmor – Onyx doré – aus dem Atlasgebirge für eine innere Wand, der grüne Tinos Verde Antico aus Griechenland sowie Vent-AntiqueMarmor aus den Alpen. Alle Platten wurden mit einer speziellen Naturstein-Fassadenverankerung befestigt.
Der deutsche Pavillon für die Weltausstellung in Barcelona markiert für viele den Beginn der Moderne in der Architektur. Ludwig Mies van der Rohe, 1929.
Foto: Jaro Hollan / archdaily
Auch außen spielt römischer Travertin eine der Hauptrollen – so wurde der Gebäudesockel damit verkleidet, ebenso eine hohe Wand, die südlich um das Gebäude herum führt. Das Wasserbassin auf der Rückseite des Gebäudes, in dem die Skulptur „Der Morgen“ von Georg Kolbe thront, wird von einer polierten Marmorwand eingefasst, deren Äderung Bezüge zur Natur herstellt und in diese förmlich über ihre Begrenzung hinweg auszulaufen scheint. „Die Verarbeitung von Naturstein, einem traditionellen, kostbaren Material, brachte Mies van der Rohe die Kritik der Zeitgenossen ein, da er im Widerspruch zur modernen Bauauffassung zu stehen schien“, schreibt Autorin Susanne Lorenz in ihrem Artikel „Bauen mit Stein: Drei Klassiker“ in der Zeitschrift Stein. „Naturstein galt als konservativ und war darum bei den progressiven Architekten wenig geschätzt. Mies van
Mutprobe in Stein Spektakulär sieht es aus, wie ein Eisberg, der aus dem Meer ragt und friedlich in der Bjørvika-Bucht vor sich hin plätschert: Das Opernhaus in Oslo hat zeitgenössische Architekturgeschichte geschrieben. Das norwegische Architekturbüro Snøhetta zeichnet für die Gestaltung verantwortlich, hervorgegangen als Sieger eines internationalen Wettbewerbs, bei dem mehr als 200 Teilnehmer ihre Projekte einreichten. 242 Meter lang, 110 Meter breit und zum Teil 16 Meter unter dem Meeresspiegel erstrahlt das weiße erhabene Gebäude mit viel Glas, dessen Fassade nicht immer unumstritten war. Zum Einsatz kam hier einer der begehrtesten Natursteine der Welt und damit auch einer der teuersten – der Marmor aus dem italienischen Carrara, der auch im Inneren des Gebäudes verwendet wurde. Bestehend aus 38.000 verschiedenen Plattenformaten, die sich wie ein Puzzle zusammensetzen lassen, ergibt sich ein Spiel aus senkrechten und waagrechten Fassadenteilen, die die Besucher rampenartig bis auf das begehbare Dach des Opernhauses geleiten und sie von dort aus von der Aussichtsplattform einen wunderbaren Blick auf den Oslofjord genießen lassen. Die Oberflächen der einzelnen Platten wurden von den Künstlern Kristian Blystad, Kalle Grude und Jorunn Sannes als Spiel aus glatten, rauen und geriffelten Flächen gestaltet, die damit aus dem weißen Steinpanzer ein lebendiges Schauspiel machten. Um den edlen Stein vor allem im Eingangsbereich zu schonen, wurde hier eine Fußbodenheizung verlegt, um das Streuen von Salz bei Glatteis zu umgehen, das den Marmor stark angreifen, wenn nicht sogar zerstören würde. Strahlend weiß Der Einsatz von Carrara Marmor im Norden hat bereits seine Geschichte, denn schon Alvar Aalto verwendete 1971 für die Fassade der Finlandia-Halle in Helsinki den berühmten Naturstein. Sie strahlt immer noch so weiß und macht den recht funktionellen Bau zu einem der Wahrzeichen der finnischen Hauptstadt. Allerdings hatte man die Stärke der Platten falsch gewählt, und einige davon mussten in den letzten vierzig Jahren ersetzt werden. Aber man würde nicht aus Fehlern lernen können, wenn keine passierten: In Oslo hat man auf Basis dieser Erfahrung von vornherein eine dickere Plattenstärke einkalkuliert.
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der Rohe ist es gelungen, mit Naturstein eine Brücke zu schlagen und seine moderne Bauauffassung auf das konservative Material zu übertragen: Die Innovation lag auf der Art der Materialverwendung, in streng geometrischen Formen, präzise verarbeiteten Einzelteilen sowie in der Klarheit ihrer Anordnung und letztendlich auch in der Verarbeitung auf dem Stahlskelett.“
242 Meter lang, 110 Meter breit und zum Teil 16 Meter unter dem Meeresspiegel erstrahlt das weiße Opernhaus in Oslo des norwegischen Architekturbüros Snøhetta.
Aus der Natur in die Natur Dass der britische Architekt David Chipperfield einen Hang zu hellen Natursteinfassaden hat, ist spätestens
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Liangzhu Culture Museum: David Chipperfields Fassade aus Naturstein fließt in die natürliche Umgebung ein.
Fotos: Schmitz Architekten
auch in Wien bekannt, als das Kaufhaus von Peek & Cloppenburg in der Kärntner Straße fertig wurde. Beim Liangzhu Culture Museum in der Nähe von Hangzhou südlich von Shanghai, das das Herzstück des Liangzhu Culture Villages bildet, gelang es ihm, mit der Fassade die strenge, minimalistische Architektur noch stärker herauszuarbeiten. Das Museum besteht aus vier parallel liegenden länglichen Baukörpern, die mit fast golden schimmerndem Travertin aus dem Iran verkleidet sind. Eingebettet in eine natürliche Parklandschaft mit See, reguliert das Museum mit seinen introvertierten Gartenräumen die Natur mit einzel-
Synagoge Bochum: Vor- und zurückspringende Natursteinreihen aus Israel. Schmitz Architekten.
Expressionistische Wiedergeburt Für die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen entwarf Architekt Peter Schmitz von Schmitz Architekten anstelle der alten zerstörten Synagoge ein neues Gebetshaus als dreigliedriges Ensemble. Sein Entwurf war als Siegerprojekt aus einem dafür ausgeschriebenen Wettbewerb hervorgegangen. Die alte Bochumer Synagoge fiel den Anschlägen in der „Reichspogromnacht“ 1938 zum Opfer. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Bochumer Planetarium entstand ein neues würfelförmiges Gebäude, weithin sichtbar auf einem leicht erhöhten, mit gestockten Sichtbetonmauern gefassten Plateau. Seine Fassade bildet durch die Verkleidung mit einem Naturstein aus Israel eine Reminiszenz an den Tempelberg in Jerusalem. Die Schaufassade des neuen Gebetshauses zeichnet sich besonders durch das ornamentale Relief des Mauerwerks aus, das mit dem Davidstern als deutlich sichtbares Zeichen für die religiöse Bestimmung des Hauses die Hauptansicht der neuen Synagoge prägt. Die Vormauerschale des Massivbaus besteht aus flach-längsrechteckig gesägten Natursteinen, die abwechselnd sind und durch ihre Anordnung das Motiv des Davidsterns variieren. Das Vor- und Zurückspringen der Steinreihen erinnert außerdem an den ortstypischen Backsteinexpressionismus im Ruhrgebiet. Regional und klimakonform Die Steinflächen der charakteristischen Fassade der Therme Vals von Peter Zumthor wirken wie direkt aus dem Berg geschnitten. Ganz bewusst wählte der Architekt ein regionales Produkt aus einem nahe gelegenen Steinbruch und folgt damit einer lokalen Bautradition. Verarbeitet wurden insgesamt 3.000 Kubikmeter Valser Gneis in Form von nicht weniger als 60.000 Steinplatten zu je einem Meter, die im Werk in unterschiedlicher Stärke vorbereitet und an Ort und Stelle von Hand verlegt wurden. Gneis – ein Quarzit-Gestein – gilt als besonders widerstandsfähig gegen große Temperaturschwankungen, strengen Frost und weist eine hohe Bruch- und Abriebfestigkeit auf. Bei der Therme Vals wurde er erstmals als tragendes und als baulich dominantes Material in großem Maßstab eingesetzt. Durch das Beheimatet-Sein in dieser Region war die Wahl von Gneis die richtige Entscheidung: Nicht nur, dass sich der Stein für die herrschenden klimatischen Bedingungen perfekt eignet, so fügt er sich trotz aller formaler architektonischer Strenge in Farbigkeit und Struktur wunderbar in die Umgebung ein. ■
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© Christian Richters
nen speziell angeordneten Bäumen und Baumgruppen und fließt selbst mit der Fassade aus Naturstein, deren Wände zu schräg gelagerten Bändern aus Travertin versteinert sind, wieder in die natürliche Umgebung ein. Gleichzeitig bezieht sich der Teint der cremefarbenen Natursteinfassade auf die berühmte Farbe der Liangzhu Jade. Insgesamt erinnert der Gebäudekomplex an ähnliche europäische und amerikanische Galerien und Museen.
Fassade
Naturstein
Neugeschaffene städtebauliche Mitte
Projekt Pfarrkirche in Bozen, I Bauherr Pfarrgemeinde St. Firmian, Bozen Planung Delueg Architekten, Brixen, I Natursteinarbeiten Lauster Steinbau GmbH, Stuttgart Stein Sellenberger Muschelkalk, Göflaner Marmor Fotos Wolf-Dieter Gericke
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Die Mutter Teresa von Kalkutta geweihte Kirche bildet gemeinsam mit einer Schule, einem Kindergarten und einem Einkaufszentrum die städtebauliche Mitte des Stadtteils Firmian in Bozen. Die in den öffentlichen Fußgängerbereich von Firmian eingeschobene Anlage erstreckt sich in Schichten über ein rechteckiges Grundstück. Die 2012 fertig gestellte Kirche besteht aus vier unterschiedlich hohen Raumquadern, das Pfarrzentrum ist als breiter, zweigeschoßiger Baukörper ausgelegt, das Pfarrhaus als schmaler Körper mit drei Geschoßen. Die Gebäudehülle aus Naturstein lässt die drei Gebäude als geschlossene Anlage erscheinen. Zwischen den vier in Höhe und Größe differenzierten Kuben bleibt ein Trägerkreuz ausgespart, das die Quader trennt und zugleich miteinander verknüpft; an den Außenwänden der Kirche sind diese Einschnitte ablesbar.
Für den gesamten geweihten Bezirk wurde Sellenberger Muschelkalk eingesetzt. Die durchgehende Verwendung des Natursteins für Pflaster, Böden und Fassaden sowie die Dächer verbindet die unterschiedlichen Gebäude und Höfe zu einer vielfältig gegliederten Einheit, die dem Stadtteil Firmian städtebauliche Gestalt verleiht. Im Kircheninneren hebt sich das liturgische Mobiliar aus weißem Göflaner Marmor vom hellgraubraunen Muschelkalk des Bodenbelags ab. In einer Höhe von 4,5 Metern über dem Boden erstreckt sich ein über 100 Tonnen schweres stählernes Kreuz in Hohlkastenkonstruktion durch den gesamten Kirchenraum. Das Stahlträgerkreuz mit seiner roh belassenen Walzhaut misst in der Länge 36 Meter, in der Breite 26 Meter. Für eine funktionale Trennung der Mauerscheiben sind die Natursteinplatten der Außenwände zweischalig versetzt. Die innere Schale trägt die Lasten des Bauwerks, die äußere Schale erfüllt die Anforderungen des Wetterschutzes. Bei der Außenschale wurden die Natursteine mit einer Stärke von mindestens 40 Millimetern verwendet, die Gebäudeecken sind massiv als Winkelstein ausgeführt. Die Natursteinarbeiten wurden von Lauster in den Werken Maulbronn und St. Johann/Osttirol hergestellt und von geschulten Fachkräften montiert. ■
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Fassade
öffentlicher Raum
Naturstein
Aufwertung des Grazer Annenviertels
Projekt Annenstraße Graz, ST Bauherr Stadt Graz Planung Mettler Landschaftsarchitekt, Gossau – Berlin Natursteinlieferant Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co KG, Langenstein Stein 2.500 m² Pflasterplatten aus österreichischem Granit, davon ca. 1.300 m² mit Stärke 14 cm und ca. 1.200 m² mit Stärke 10 cm 700 m Rillenplatten 1.600 m Fassadenanschlussplatten 270 Tonnen Pflastersteine 850 m Randsteine 18 x 24 m 1.200 m Randsteine 26 x 28 m 500 m Randsteine 44 x 24 m 300 m Bogenrandsteine Wettbewerb Februar 2011, 1. Preis (sh. wettbewerbe 295/296, April/Mai 2011) Fertigstellung 2013 Fotos moodley brand identity
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Die Annenstraße im Herzen von Graz dient als Verbindungsachse zwischen der Grazer Altstadt und dem Hauptbahnhof. Dank eines neu strukturierten Verkehrskonzeptes wurde eine angenehme Lebens- und Aufenthaltsqualität geschaffen. Die Oberflächengestaltung ist ein Mix aus Asphalt und heimischem Granit, die Plätze sind mit eigens gestalteten Bänken aus Holz, Brunnen und Bäumen versehen. Neben dem eintönigen Asphalt hat man sich zusätzlich für österreichischen Granit entschieden, der optisch nicht nur schön aussieht, sondern auch eine sehr lange
Lebensdauer sowie einen geringen ökologischen Fußabdruck aufweist. Die Granite wurden einerseits kleinteilig als Pflaster für regelmäßig und häufig befahrene Bereiche eingesetzt, andererseits wurde der österreichische Naturstein auch als Platten für die Ruhezonen verwendet. Durch die Verwendung von unterschiedlichen Granitformen bekommen die Plätze eine einzigartige Struktur verliehen. Die mit hochwertigen Granitplatten gepflasterte Flaniermeile bekommt nicht nur einen neuen Charakter, sondern wird auch als Verbindungs-, Aufenthalts- und Lebensraum aufgewertet. ■
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รถffentlicher Raum
öffentlicher Raum
Naturstein
Revitalisierung eines urbanen Subzentrums
Projekt Wiltener Platzl Bauherr Stadt Innsbruck Planung Gsottbauer architektur.werkstatt, Innsbruck Natursteinlieferant Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co KG, Langenstein Stein Bodenplatten aus österreichischem Granit, Trittfläche sandgestrahlt, Kanten und Unterlager leicht sandgestrahlt 268 m²: 24-48 x 16 x 16 cm 347 m²: 30-60 x 20 x 16 cm 416 m²: 36-72 x 24 x 16 cm 29 m²: 110 x 47,5 x 16 cm Entwässerungsmuldensteine, Randsteine und Brunnen aus österreichischem Granit Wettbewerb 2005, 1. Preis Ausführung 2009 bis 2010 3. Preis Pilgram Preis 2012 (sh. wettbewerbe 303, Mai/Juni 2012) Fotos Stadt Innsbruck, Walter Zimmeter
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Der 1904 eingemeindete Stadtteil Wilten in Innsbruck besitzt zwei kleine Plätze, einer davon ist das sogenannte Wiltener Platzl. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte entwickelte sich der Platz zu einem Parkplatz bzw. einer begrünten Verkehrsinsel und fristete sein Dasein immer mehr als reine Verkehrs(rest)fläche. Um dem Wiltener Platzl wieder „Stadtleben“ einzuhauchen, entschloss man sich 2005 zur Durchführung eines Wettbewerbs und eines Bürgerbeteiligungsverfahrens. Der Architekt erhielt den Auftrag für eine Studie zur Wieder-
belebung dieses Innsbrucker Stadtteilzentrums und für seine gestalterische Adaptierung. Die erste Baustufe hatte zum Ziel, den Ort mit wenigen Eingriffen zu einem lebendigen Stadtteilplatz zu transformieren: Schaffung eines einheitlichen Niveaus und einer durchgängigen Oberfläche, wobei der helle Steinteppich aus österreichischem Granit den Platz großzügig erscheinen lässt. Struktur erhält der Platzraum durch eine lang gezogene zentrale Sitzbank mit Trinkbrunnen, zwei Bäume und Sitzmöglichkeiten aus Granitblöcken. Die nutzungsneutrale Gestaltung und die zur Verfügung gestellte Infrastruktur (Strom und Wasser) ermöglichen eine flexible Nutzung des Platzes. Ein weiterer positiver Nebeneffekt: Auch seitens der Anrainer wurden Investitionen durchgeführt, Häuser wurden renoviert, und Lokale mit Gastgärten führten zu einer weiteren Belebung des Platzes. ■
Naturstein
Naturstein rundum sicher schützen
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öffentlicher Raum
Naturstein
FuSSgängerzonen: Spannungsfeld zwischen Planung und Ausführung
Fernando Klar
Die Anforderungen an Fußgängerzonen sind vielfältig. Gestaltung und Funktionalität müssen in Einklang gebracht werden, damit alle Nutzer profitieren. Naturstein bewährt sich als dauerhaftes Belagsmaterial. Interview mit Peter Lux und Elisabeth Alexander von der Stadt Wien, Abteilung für Straßenverwaltung und Straßenbau (MA 28). über 130 cm Kantenlänge lassen sich entsprechende Fugen jedoch nicht vermeiden. Alexander: Die einzige Änderung bei Folgeprojekten gilt den Blindenleitstreifen. Diese wurden in der Kärntner Straße noch in situ in den fertigen Belag eingefräst. In Zukunft werden die Rillen zur taktilen Wirkung in einen zusätzlich optisch kontrastierenden Stein bereits ab Werk eingefräst.
Wer ist beim Entscheidungsprozess einer FußDI Dr. Peter Lux, Leiter des Begängerzone beteiligt? reichs Bau- und ErhaltungsAlexander: Am Plamanagement, MA 28 Wien. nungsprozess sind viele Magistratsabteilungen „Ausmittelung oder Gefällsbrüche beteiligt: Öffentliche sind aus Sicht der StraßenbauabBeleuchtung, Stadtgeteilung besonders wichtig, da sie staltung und Verkehrsorbei Investition und bei der laufenganisation sind nur drei den Erhaltung, beim sogenannten davon. Außerhalb des Life Cycle Costing, preisrelevant Magistrats ist die Wirtsind.“ schaftskammer wichtiger Partner bei der Gestaltung einer FußgängerAufenthalt ohne Konsumzwang: Steinerne Sitzbänke am Stock-im-Eisen-Platz, Wien. zone als Geschäftsstraße, ebenso der Bezirk und alle Abteilungen, die bauliche 20.000 Quadratmetern Natursteinpflaster war eines der Aspekte des Untergrundes betreffen. prominentesten Projekte dieser Art in Österreich. Eine Fußgängerzone soll ein geordneter und strukturierter Wann wird über die Art des Belages entschieden? Raum sein. Daher wurde nicht nur exakt festgelegt, wo Lux: Die Wahl des Belagmaterials entscheidet sich beSchanigärten und Kioske angeordnet sind. Auch ausreichende Durchfahrtsbreiten für Warenanlieferungen und reits im Wettbewerb. Derzeit laufen die Planungen zur Neugestaltung der Meidlinger Hauptstraße. Darin ist die Feuerwehr sowie ein ausreichender Raum zwischen Naturstein mit vier Farbnuancen vorgegeben. Geschäften und Schanigärten wurden berücksichtigt. Mit den Entscheidungen zum Belagsmaterial sind Alexander: Notwendig ist zudem ein System zur OriFragen zu den technischen Anforderungen der Straentierung für Sehbehinderte. Ein Blindenleitsystem ist besonders anspruchsvoll, wenn große Weiten überquert ßenbauer eng verknüpft. Ganz vorne steht dabei die DI Elisabeth Alexander, werden sollen, wie dies beim Graben und am Stephans- Klärung der zu erwartenden Verkehrsbelastung des Leiterin des Bereichs ProjektentBelages und der Unterkonstruktion. Überlegungen zu dom der Fall ist. Aus Sicht der Stadt Wien ist die Schafwicklung und -management, fung von Aufenthaltsqualität wichtig, also auch MA 28 Wien. von Zonen, in denen nicht konsumiert werden muss. Dazu dienen Bänke und Sitzgelegenhei„Als Gestalter und Planer sollte man ten mit Baumpflanzungen als Schattenspender. © Richard Watzke
© Irene Rohrmoser/media wien
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Welche Anforderungen stellt die Stadt Wien an eine moderne Fußgängerzone? Lux: Neben Gestaltung und Materialwahl beim Bodenbelag sind viele weitere Faktoren bei der Planung und Umsetzung zu berücksichtigen. Anhand der Kärntner Straße wird das deutlich. Die 2009 neu gestaltete Fußgängerzone mit einer Fläche von rund
das Gesamtsystem Straße neben
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der Gestaltung vor allem auch unter den bautechnischen Not-
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wendigkeiten betrachten.“
Wie bewährt sich die Gestaltung der Kärntner Straße? Lux: Die Kärntner Straße bewährt sich bislang einwandfrei. Ende 2009 wurde sie in Betrieb genommen. Seitdem gab es außer Fugenpflege keine Schäden. Somit wurden keine strukturellen oder funktionalen Fehler begangen und die Kärntner Straße funktioniert inklusive Entwässerung perfekt. Auch von der Bevölkerung gab es keine Kritik. Höchstens die Breite mancher Fugen wurde bemängelt. Bei Platten
Bei der Neugestaltung der Ottakringer Straße, Wien, 2013 wurde an zahlreichen Stellen Granitbelag verlegt.
Naturstein
öffentlicher Raum
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Das von den Architekten gewünschte Material und Plattenformat wird hinsichtlich der prognostizierten Verkehrsbelastung geprüft. Das Ergebnis sind konkrete Angaben zu Größe und Plattenstärke sowie der Gesamtkonstruktion.
Vier unterschiedliche Hartgesteine prägen die Kärntnerstraße.
den erforderlichen Plattenstärken und realisierbaren Formaten sind mit gestalterischen Fragen in Einklang zu bringen. Zu klären ist auch, ob sich der Entwurf einschließlich der Elemente, die ein öffentlicher Raum benötigt, auf der zur Verfügung stehenden Fläche umsetzen lässt.
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Was ist in der Planungsphase zu beachten? Alexander: Es gibt ein Spannungsfeld zwischen Gestaltung der planenden Architekten und der baulichen Ausführung. Nicht jeder Entwurf ist realisierbar und der Weg zur Planfreigabe kann zäh sein. Um Projekte wie die Neugestaltung der Kärntner Straße in angemessenem Zeitplan durchführen zu können, schreibt das Straßenbauamt vor, dass der Architekt bereits in der Planungsphase mit einem Zivilingenieur für Bauwesen zusammenarbeiten muss. Dadurch soll sichergestellt werden, dass ein Entwurf neben den gestalterischen
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Welche Anforderungen gelten bei der Materialwahl? Lux: Bei der Materialwahl steht die Frage nach der Erfüllung der technischen Anforderungen im Vordergrund. CE-Kennzeichnungen sind hierfür nicht ausreichend. Die Rahmenbedingungen lassen sich aus den technischen Vorgaben laut Ö-Norm sowie den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen RVS ableiten. Falls sich ein Entwurf nicht mit den üblichen Standards fassen lässt, werden auch Sonderdimensionierungen durchgeführt. Im Falle der Kärntner Straße und auch der Meidlinger Hauptstraße wurde die TU Wien mit der Prüfung von Sonderformaten beauftragt. Barrierefreies Bauen ist Pflicht im öffentlichen Raum: Taktiles Leitsystem vor dem Landesdienstleistungszentrum Linz.
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Notationen in Stein: Vier Materialien und Formate zwischen 32 und 132 cm Kantenlänge ergeben 27 unterschiedliche Kombinationen.
Was sind Ihre Kriterien bei Einreichungen? Lux: Bestimmte Details wie die Ausmittelung oder Gefällsbrüche sind aus Sicht der Straßenbauabteilung
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Ansprüchen auch die konstruktiven Aspekte berücksichtigt. Gerade die Berücksichtigung der technischen Anforderungen ab Beginn der Planungsphase hat großen Einfluss auf die später entstehenden Kosten des Gesamtsystems. Lux: Die Planung und Gestaltung einer Fußgängerzone ist gesamtheitlich zu betrachten. In unserem Haus haben wir eine große Expertise im Umgang mit Naturstein im Straßenbau. Informationen kommen aus verschiedenen Quellen und können von Architekten abgerufen werden. Neben Untersuchungen von Institutionen wie der TU Wien steuert auch das Forum Qualitätspflaster, kurz FQP, Informationen zu technischen und planerischen Belangen rund um das Thema Pflasterbelag bei.
öffentlicher Raum
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besonders wichtig, da sie bei der Investition und bei der laufenden Unterhaltung, beim sogenannten Life Cycle Costing, preisrelevant sind. Es geht somit um die zukünftige Pflege und Erhaltung dessen, was wir mit viel Aufwand gestalten und errichten. Wir fragen also, wie man die Dinge konstruieren muss, damit sie lange funktional und schön bleiben. Bei einer Sitzbank geht es demnach nicht nur darum, wie groß sie ist und wo sie aufgestellt wird, sondern auch, wie sie konstruktiv zu vertretbaren Kosten realisiert werden kann.
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Mit welcher Nutzungsdauer wird bei Fußgängerzonen geplant? Lux: Die Nutzungsdauer wird von der Belastung bestimmt; bei Verkehrsflächen hängt die ermüdungsfreie Nutzung von der Anzahl der zugelassenen Überrollungen ab. Wir rechnen hierbei auf einen Zeitraum von 20 Jahren, wobei Flächen im öffentlichen Raum viel länger halten und in Gebrauch sind. Nach dem Bau der U1 wurde die Kärntner Straße 1974 als Fußgängerzone ausgebildet. Diese Konstruktion hat mit allen ihren Schwächen, die sie am Ende aufwies, immerhin 35 Jahre bis zur Neugestaltung gehalten. Gestaltungen Gesägte und gestrahlte Platten ermöglichen eine gute Begehbarkeit. im öffentlichen Raum sind teilweise noch viel länger in Betrieb. Es hängt immer von der Intensität der Nutzung ab und wie oft der Plattenbelag für Servicearbeiten in der Unterkonstruktion geöffnet wird.
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Welche Kriterien muss Naturstein als Belag erfüllen? Alexander: Aus Sicht eines öffentlichen Auftraggebers stellen wir an ein Material in erster Linie Anwendungsund Auswahlkriterien wie Gestaltung, Funktionalität und Frost-Tausalzbeständigkeit. Diese Faktoren hängen primär von der Morphologie und technischen Qualität eines Steins ab und nicht von seiner Herkunft. Die Materialauswahl ist Sache des Architekten. Wir überlegen dann, wie sich diese Vorstellung bestmöglich umsetzen lässt. Lux: Neben der Materialqualität entscheidet vor allem der Preis. Bei der Materialwahl spielt auch die Verfügbar-
keit bei Nachlieferungen mit. All das unterliegt einem normalen Beschaffungsprozess, bei dem wir uns an die Spielregeln des Bundesvergabegesetzes zu halten haben. Wir können nicht von vornherein bestimmte Materialien bevorzugen oder ausschließen. Bei einem ausschreibungsreifen Projekt können wir in der Ausschreibung den vom Architekten gewünschten Stein oder ein gleichwertiges Material ausschreiben. Die Frage der Gleichwertigkeit entscheiden wir aufgrund technischer Kriterien. Welche Plattenformate und Oberflächen bewähren sich? Alexander: Es gibt bestimmte Plattengrößen und Dimensionierungen, die wir aufgrund unserer Erfahrungswerte befürworten. Für ein bestmögliches Werk ist ein Zusammenspiel aus Gestaltung, Bautechnik und Bauabwicklung nötig. Bei Großprojekten ist die Frage der Frequenz der Anlieferungen und Überfahrungen ein wesentlicher Aspekt. Lux: Bei Arbeiten im öffentlichen Raum streben wir eine allseits gesägte und gestrahlte Oberfläche an. Technologisch benötigen wir dies, um die Verschiebewiderstände innerhalb des Plattenverbands zu erreichen. Vor allem die Plattendimensionierung erfordert eine Abwägung aller Faktoren. Bei jeder neuen Pflasterung muss irgendwann der Belag geöffnet werden, um an das darunterliegende Leitungsnetz zu gelangen. Großformatige Platten sind erheblich aufwändiger bei einem solchen Eingriff als kleinere Steine. Auch ist stets zu bedenken, wie wir im laufenden Betrieb Leistungen wie die Veränderung an einer unterirdischen Stromleitung ermöglichen, ohne hohe Kosten oder Schäden am Belag hervorzurufen. Wo empfehlen Sie spaltraue, wo plane Oberflächen? Lux: Die Wahrnehmung von Naturstein hängt ab von der Oberflächenebenheit, Fugenbreite und Begehbarkeit. Neu hergestellte, gesägte und gestrahlte Platten wirken ganz anders als wiederverwendete, historische Steine mit vom Gebrauch gerundeten Oberflächen. Ob sich neue Platten mit planen Oberflächen oder wiederverwertete Steine mit Gebrauchsspuren besser eignen, hängt immer vom Kontext der Verwendung ab. Bei einer Pflasterung vor einer barocken Kirchenfassade wird man andere Kriterien im Entscheidungsprozess berücksichtigen als bei einem Belag am neuen Hauptbahnhof. Alexander: Neben der optischen Qualität ist stets auch die Begehbarkeit zu berücksichtigen. Spaltraue Steine sind vor allem bei Personen mit Mobilitätseinschränkung oder Rollstuhlfahrern unbeliebt. Aus denkmalpflegerischen Überlegungen heraus wurde der Belag der Freyung mit wiederverwerteten, historischen Steinen gestaltet. Dieser Belag ist aber weniger komfortabel zu begehen als ein planer Belag aus neuen Steinen. Die größte Herausforderung für jeden Bodenbelag sind Pferdehufe. In jeder Stadt, in der Pferdefuhrwerke zum
Naturstein
Härtetest am Stephansplatz: Metallbeschlagene Pferdehufe beanspruchen jeden Bodenbelag.
Straßenbild und zur Tradition gehören, ist der Abrieb durch metallbeschlagene Hufe eine enorme Beanspruchung für das Belagsmaterial. Hier werden alle Belagsmaterialien und Oberflächen extrem beansprucht.
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Was beeinflusst die Unterhaltskosten? Lux: Der Unterhalt einer Fußgängerzone setzt sich aus verschiedenen Kostenstellen zusammen. Die Reinigung betrifft die MA 48. Vor der Neugestaltung der Kärntner Straße stiegen die Unterhaltskosten am Belag stark, waren aber verbunden mit dem baulich mangelhaften Zustand bis kurz vor der Neugestaltung. Wir sind zur Gewährleistung eines verkehrssicheren Zustandes gesetzlich verpflichtet. Derzeit belaufen sich die Kosten für den Bauunterhalt quasi auf Null. Die Instandhaltungskosten werden jedoch im Verlauf der gesamten Nutzungsdauer wieder ansteigen.
Welche Bedeutung hat Naturstein als Belagsmaterial? Alexander: Naturstein besitzt in der Gestaltung des öffentlichen Raums einen hohen Stellenwert. In der Anschaffung ist er teurer als andere Deckungsarten, im Unterhalt bietet er Vorteile. Bei der Steinproduktion haben moderne Fertigungsverfahren die personalintensive Produktion vereinfacht. Je mehr das mechanisiert wird, desto konkurrenzfähiger ist der Naturstein als Pflastermaterial gegenüber anderen Werkstoffen. Lux: Wenn ein Bezirk bei kleineren Baumaßnahmen signalisiert, dass er einzelne Flächen optisch ansprechend mit Naturstein gestalten möchte, gibt es wenige Hindernisse. Planungen im öffentlichen Raum betreffen nicht nur Fußgängerzonen. Oft sind es kleinere Verkehrsflächen entlang normaler Straßen oder Vorplätze vor Schulen oder Kirchen. Die Stadt Wien hat seit der Ringstraßenära einen großen Vorrat an Pflastersteinen unterschiedlicher Formate. Traditionelle Formate wie der 7 Zoll-Würfel sind in großer Menge vorhanden und technisch problemlos wieder verwertbar. Als Auftraggeber können wir somit das Material beistellen und haben einen wirtschaftlichen Vorteil, da die Neubeschaffung entfällt. ■
Kärntner Straße Der 70 Zentimeter starke Straßenaufbau der Fußgängerzone in der Wiener Kärntner Straße ist schwerlasttauglich ausgeführt. Dazu wurden die vorhandenen Pflastersteine und die darunter liegenden Schichten abgetragen und vollständig erneuert. Der Hauptanteil des neuen Belags besteht aus den österreichischen Hartgesteinen Schremser Granit, Gebhartser Syenit und Neuhauser Granit. Als Schmucksteine dienen dunkle Einleger aus schwedischem Diabas aus Gylsboda. Insgesamt bilden diese vier Materialien 27 unterschiedliche Varianten in Materialkombination und Format. Die Formate der Bodenplatten aus Schremser, Gebhartser und Neuhauser variieren von 32 x 32 bis 132 x 66 Zentimetern. Alle Platten sind 14 Zentimeter stark und allseitig sandgestrahlt. Die Schmucksteine aus Diabas im Format 32 x 12 Zentimeter besitzen eine beflammte Oberfläche Natursteinproduktion und Lieferung Poschacher Natursteinwerke, 4222 Langenstein. www.poschacher.com
Tägliche Beanspruchung: Der Plattenbelag der Kärntner Straße ist schwerverkehrstauglich dimensioniert.
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öffentlicher Raum
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Ein Park für das G3
Projekt G3 Einkaufszentrum Gerasdorf, NÖ Bauherr BAI Bauträger Austria Immobilien Planung Gebäude ATP Architekten und Ingenieure, Innsbruck Planung Außenanlagen Kieran Fraser Landscape Design, Stuttgart – Wien Natursteinlieferant Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co KG, Langenstein Stein Einseitig lagerhafte Bruchsteine aus Gebhartser Syenit, Findlingsteine (Schwebende Steine) längs in der Mitte gesägt, Oberfläche sandgestrahlt, Material Gebhartser Syenit Neuhauser Granitsteine 4,5/4,5/4,5 Fertigstellung 2012 Fotos Kieran Fraser Landscape Design
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Bei der Planung des Einkaufszentrums G3 an der nördlichen Stadtgrenze von Wien wurde der Gestaltung der Außenanlagen besondere Aufmerksamkeit gewidmet: Die Parkflächen, ausgelegt für 3.500 Fahrzeuge, wurden formal als Park entworfen. Ihre dynamisch geformte Topografie steht im Dialog mit Einkaufszentrum und Umgebung. Aufenthaltsplätze sowie Kommunikationsorte wurden geschaffen, sie dienen als entspannte Treffpunkte. Die Gestaltung wurde unter Einbeziehung eines Feng-Shui Konzepts, welches sich durch die gesamten Parkflächen sowie durch das Gebäude des Einkaufszen-
trums selbst zieht, vorgenommen. Mit einem wechselnden Farbenspiel und der indirekten Beleuchtung der schwebenden Steine kommen die Außenanlagen besonders bei Dämmerung zur Geltung. Durch Pflasterung der Flächen sollte eine lebendige Atmosphäre geschaffen werden. Als Baustoff fiel die Entscheidung auf österreichischen Gebhartser Syenit und Neuhauser Granit; sie gewährleisten eine lange Lebensdauer sowie einen optimalen ökologischen Fußabdruck. Die Fahrbahnen wurden asphaltiert, auf den Parkflächen wurde Betonsteinpflaster verlegt. ■
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รถffentlicher Raum
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Teppiche aus Stein
Von Ice Green bis Rosa Dante, in Wellen oder geometrischen Mustern – Natursteinbeläge verleihen Straßen und Plätzen individuellen Charakter. Auch in der zeitgenössischen Freiraumgestaltung ist die ebenso ästhetische wie dauerhafte polychrome Kleinsteinpflasterung beliebt – etwa beim kürzlich fertig gestellten Projekt Madrid Río, das die Stadt mittels Tunnelführung einer Stadtautobahn wieder mit ihrem Fluss, dem Manzanares, zusammenbringt. Der 650 ha große neue öffentliche Freiraum, nach einem Wettbewerb von den Madrider Architekten Burgos & Garrido und den Rotterdamer Landschaftsarchitekten West 8 realisiert, wurde streckenweise mit großen geschwungenen Mustern in der Art von Burle Marx‘ Kompositionen gepflastert.
Foto Christian Maryška
Sie sind wahrscheinlich das berühmteste Straßenpflaster der Welt: die schwarzweißen Wellenlinien, die der brasilianische Landschaftsarchitekt Roberto Burle Marx für Rio de Janeiro entworfen hat. Die Trottoirs sind ein Teil der Stadt wie die Musik der Bossa Nova, die Badenden an den Stränden von Copacabana und Ipanema und die ikonischen Bauten des mit Burle Marx befreundeten Architekten Oscar Niemeyer. Der als Sohn eines deutsch-jüdischen Kaufmanns geborene Burle Marx hatte Architektur und Kunst studiert. Der größte Eindruck seiner Jugend in Berlin war das Bauhaus, sein Beruf „Malerei mit weniger konventionellen Mitteln“ und die abstrakten Muster Teile des Gesamtkunstwerks, zu dem er Rio de Janeiro machte. Ende der 1960er Jahre wurde der von Kokospalmen gesäumte Boulevard von Copacabana mit seinen Basaltund Kalksandsteinwellen belegt. Auch andere Plätze und Straßen der Stadt wie die Strandpromenade von Ipanema bekamen Muster nach Burle Marx‘ Entwurf.
Foto: Iris Meder
Iris Meder
Granitpflasterung am als öffentlicher Freiraum neu angelegten Manzanares-Ufer in Madrid, Entwurf: West 8 und Burgos & Garrido.
Von Mesopotamien bis Nürnberg Mehrfarbige Steinpflasterung im öffentlichen Raum kannte schon die Antike. So wurden im alten Rom in den Geschäftszonen Darstellungen der jeweils zum Verkauf angebotenen Waren in die Straßenpflasterung vor den Geschäften integriert. Manche Städte, etwa Prag, griffen in den letzten Jahren mit der Erneuerung der Straßen- und Gehsteigbeläge diese Tradition wieder auf. In Mitteleuropa kommt dabei im Allgemeinen harter, witterungsbeständiger und relativ günstiger Granit zum Einsatz, oft in Kombination mit weißem Marmor. Das Wohnzimmer Kopenhagens, den Amagertorv, prägt dagegen ein komplexes geometrisches Muster großer polygonaler Granitplatten in fünf Farben, das 1993 der dänische Künstler Bjørn Nørgaard gestaltete.
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Polychrome Straßen Um über Wellen zu schreiten, muss man nicht nach Rio. In Kombination mit einem großen Windrosen-Mosaik wurden sie auch auf dem Platz beim Denkmal der Entdeckungen in Belem im Westen Lissabons verlegt. Die als Calçada portuguesa („Portugiesischer Gehsteig“) bekannte Verlegetechnik hat in Portugal eine lange Tradition. Um sie am Leben zu erhalten, gründete die Stadt Lissabon 1986 eine eigene Schule für die traditionelle Straßenpflasterkunst. Eine neuere Interpretation ist die nach einem Entwurf des portugiesischen Künstlers Eduardo Nery in schwarz-weißer Op-Art ähnlich den Grafiken Victor Vasarelys gepflasterte Lissabonner Praça do Município.
Foto: Iris Meder
Platz im Zentrum von Rio de Janeiro mit Pflaster nach einem Entwurf von Roberto Burle Marx.
Detail des komplexen geometrischen Musters am Amagertorv in Kopenhagen.
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Foto: Iris Meder
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Foto: Iris Meder
Amagertorv in Kopenhagen mit polygonalen Granitplatten in fünf Farben, Gestaltung nach Entwürfen des dänischen Künstlers Bjørn Nørgaard 1993
Großformatige Steinplatten als Straßenbeläge waren auch schon in Mesopotamien bekannt. So waren unter Nebukadnezar II. um 600 v. Chr. am Ischtar-Tor in Babylon Kalksteinplatten von rund 1 x 1 m verlegt, gesäumt von Gehsteigen mit 66 x 66 cm großen, 20 cm dicken Steinplatten. Das antike Rom verwendete für Fahrstraßen ähnlich große Basalt- oder Marmorplatten. Im Mittelmeerraum setzte sich die Geschichte künstlerisch gestalteter Steinbodenbeläge nicht zuletzt mit Michelangelos Entwurf für den Kapitolsplatz in Rom fort. Das Steinpflaster bildet hier einen in ein Oval eingeschriebenen Stern um das antike Reiterstandbild Marc Aurels. Die Realisierung von Michelangelos PflasterEntwurf ist freilich ein Werk aus der Zeit des Faschismus – und sie wurde erst 1940 umgesetzt. Naturstein entsprach auch dem Tausend-Jahr-Anspruch des Nationalsozialismus: Die von Albert Speer geplante „Große Straße“ des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes wurde 1939 mit Granitplatten von 1,20 m Seitenlänge belegt. Verwendung ortstypischer Steine Vor wenigen Jahren preisgekrönt wurde der von Nenad Fabijanić realisierte König-Tomislav-Platz im südkroatischen Opuzen. Die Piazza der durch die römische Antike geprägten Kleinstadt wurde mit der südlich von Split gebrochenen hochwertigen Marmorart Dolit und dem fein strukturierten heimischen Sandstein Zeleni Jadran gepflastert. Der Architekt schwärmt vom hellen Milchkaffeeton der Steine ebenso wie von der guten Arbeit der Steinmetze. Den im Adriaraum üblichen polierten cremeweißen Marmor aus den Steinbrüchen Istriens und der Insel Brač, aus dem in dalmatinischen Küstenstädten wie Šibenik, Split und Dubrovnik meist Gebäude und Straßenbelag sind, wollte er vermeiden.
Pflasterung aus Gesteinen mit unterschiedlicher Härte in der in den 1920er Jahren gebauten Alfa-Passage am Prager Wenzelsplatz.
Foto: iStock
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Michelangelos Entwurf für die Piazza del Campidoglio in Rom, ein in ein Oval eingeschriebener Stern um das Reiterstandbild Marc Aurels, wurde erst 1940 realisiert.
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Naturstein
Foto: Iris Meder
Conzett im Ort jüngst eine Brücke über den hier noch jungen, mitunter aber reißenden Rhein. Der Valser Gneis ziert im Übrigen auch den Berner Bundesplatz.
Foto Monika Schuller
Der von Nenad Fabijanić 2009 gestaltete König-Tomislav-Platz im südkroatischen Opuzen.
Der 1989-92 von Boris Podrecca gestaltete Tartini-Platz im slowenischen Piran.
Foto: Iris Meder
Bei mediterranen ebenso wie mitteleuropäischen Platzgestaltungen hat sich seit den 1990er Jahren Boris Podrecca einen Namen gemacht. Der auch biografisch eng mit dem Adriaraum verbundene Architekt gestaltete seit 1989 anlässlich des 300. Geburtstags des Komponisten Giuseppe Tartini, dessen Standbild den Platz ziert, den Tartini-Platz im slowenischen Piran. Eine von Diagonalstreifen eingefasste Ellipse aus weißem Marmor definiert den verkehrsfreien Platz, der im 19. Jahrhundert aus einem aufgeschütteten Hafenbecken entstand und zum Salon der Stadt wurde. In den 1990er Jahren oblag Podrecca auch die Neugestaltung der Via Mazzini bei der Arena in Verona. Hier wurden die Kalksteine Rosso Assagio und Rosso Verona („Veroneser Marmor“), der Baustoff der Arena, aus den Steinbrüchen im nahen Prun verlegt. Podreccas Umgang mit Material macht die Sinnhaftigkeit der Verwendung ortstypischer Steine deutlich, die den jeweiligen klimatischen Bedingungen optimal angepasst sind. Auch das Baumaterial der von Peter Zumthor entworfenen Therme im Graubündner Vals, ein graugrüner Gneis, stammt aus einem Steinbruch in 700 m Entfernung. Aus demselben Stein baute Jürg
Teppiche, aus Stein gewoben Podrecca gestaltete auch zahlreiche Plätze in Österreich. Das Fischgrätmuster des Rathausplatzes in St. Pölten ist in grauem Herschenberger Granit, grünem Verde Fontain sowie dunklem Gebhartser Syenit gelegt, ergänzt durch einen steinernen „Teppich“ aus schwedischem rotem Rosso Vanga vor der Franziskanerkirche. Ein ähnliches Muster setzte Podrecca beim 2010 neu gestalteten, 2.000 m² großen Marktplatz von Mondsee ein. Auch hier wurde vor der Kirche ein steinerner Zickzackteppich aus Verde Fontain und hellem Kärntner Rauchkristall-Marmor ausgelegt, während die Zone vor dem Gemeindeamt mit Granit-Beton-Verbundplatten belegt ist: Auf 15 cm Beton sind hier 3 cm dicke Natursteinplatten des südburgenländischen Granits Pannonia grün aufgebracht. Solche Großformat-Verbundplatten wurden nach umfangreichen Belastungstests erstmals 1993 am von Richard Meier zugleich mit dem neuen Stadthaus gestalteten Münsterplatz in Ulm verwendet. In den letzten Jahren sind an den mit einer Bauteildicke von 16 cm auf 20 cm Drainbetontragschicht verlegten Mehrschichtplatten mit 4 cm dickem Granit der – trotz ihres Namens annähernd weißen – nordspanischen Sorte Rosa Dante Reparaturen nötig geworden, da sich die Steinschicht teils vom Beton zu lösen begann. Robuste Granite wie der dunkle Gebhartser Syenit und Herschenberger Granit aus dem Waldviertel und der hellere Neuhauser Granit aus dem Mühlviertel kommen oft bei anspruchsvollen Neugestaltungen von Fußgängerzonen und Stadtplätzen in Österreich zum Einsatz, so beim Marktplatz in Wiener Neustadt (Eichinger oder Knechtl), dem Grazer Hauptplatz (Markus Pernthaler) und der von Clemens Kirsch neu gestalteten Kärntner Straße in Wien. In der hochfrequentierten Fußgängerzone wurden 20.000 m² Schremser, Gebhartser und Neuhauser Granit in verschiedenen Grautönen verlegt, in Strichmustern auf den Straßenräumen und einem Kreuzmuster am Stephansplatz, ergänzt um die dunklen Akzente von Diabas aus dem südschwedischen Gylsboda.
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Marmorbelag im Peristyl des im 4. Jh. n. Chr. gebauten Diokletianspalastes in Split.
Naturstein
Neue Freiraumgestaltung an der König-Zvonimir-Straße in Šibenik.
Foto: Iris Meder
Granit bevorzugt Nach einem Entwurf des Wiener Büros AllesWirdGut wurde die mit dem Pilgrampreis 2012 ausgezeichnete Maria-Theresien-Straße in Innsbruck überarbeitet. Neuhauser, Hartberger, Herschenberger und Schremser Granit bilden in ihrer unterschiedlichen Farbigkeit gemeinsam mit messingfarbenen Bodentafeln eine Art steinernen Teppich in der Straßenmitte. Den Pilgrampreis 2010 erhielt die Neugestaltung des Ortszentrums von Maria Saal bei Klagenfurt. Der in Kooperation mit der Ortsbevölkerung ausgearbeitete Entwurf des Wiener Büros Nonconform und des Architekten Friedrich Mascher macht die Ortsgeschichte als „Kulturschichten“ mittels nord-südlich verlaufender Streifen von Gebhartser Granodiorit und Schremser Syenit sichtbar. Die Streifen folgen dem Höhenverlauf des Platzes, ohne die natürliche Oberflächenversickerung zu behindern. Granit ist ein bevorzugtes Material auch für Flanierstraßen in Deutschland, z. B. die Fußgängerzone von Würzburg, die mit Tittlinger Feinkorn und Hintertiessen aus dem Bayerischen Wald belegt wurde. Wie vielerorts musste sich auch hier der Stadtrat wegen der im Vergleich zu chinesischem Granit höheren Preise recht-
Charakteristische schwarzweiße Pflasterung aus Schiefer und Marmor in der abgesenkten Fußgängerebene des 1959 angelegten Sergels Torg in Stockholm.
fertigen. Das Argument war die bessere Qualität, wohingegen man sich in zahlreichen Städten aus finanziellen Gründen für chinesische Steinplatten entschied. Auch im inneren Burghof der Wiener Hofburg kam – nicht zuletzt wegen der Herstellungsbedingungen nicht unumstritten – chinesischer Granit zum Einsatz. Auf den Flanierterrassen im Burggarten dagegen finden sich Kreidekalk-Platten mit Muscheleinschlüssen aus Aurisina nahe Duino bei Triest. Die um 1990 verlegten Platten haben sich als nicht völlig frostfest erwiesen und zeigen braune Verfärbungen, wo Salz gestreut wurde. Andere Kalksteine eignen sich gut für den Außenbereich. Auf der Piazza Unità d‘Italia in Triest, dem größten zum Meer offenen Platz Europas, wurde 2005 der ortsübliche graue Masegno-Schiefer durch Sandsteinplatten ersetzt. In Südwestdeutschland und dem Elsass ebenso wie in Südungarn ist roter und gelber Sandstein das übliche Material für Gebäude, Mauern und Straßenpflaster. Salzwasser und Frost Vor allem in nördlichen Ländern ist die Frostbeständigkeit von Steinplatten ein Thema. Ein schönes Beispiel für feinporigen, frostbeständigen Marmor ist der 1959 angelegte Sergels Torg im Zentrum Stockholms, der wegen seiner Trennung der Verkehrsströme mit umlaufendem Autoverkehr und versenkter Fußgängerebene bis heute umstritten ist. Charakteristisch ist das schwarzweiße Dreiecksmuster der Marmor/Schiefer-Pflasterung im Fußgängerbereich, der U-Bahn und Geschäftszonen erschließt. Eine spezielle Herausforderung war der Bau der Oper in Oslo. Der Entwurf des Osloer Büros Snøhetta setzte sich in einem Wettbewerb mit mehr als 200 Projekten durch. Der Bau im Stadtzentrum liegt einem Eisberg gleich am Ufer des Oslofjords. Um den öffentlichen Raum der flachen Schrägen auch bei Schnee und Eis bis aufs Dach begehbar zu machen, werden die Stufen am Rand der schiefen Ebenen beheizt. Der gesamte Bau und seine Umgebung sind auf ca. 20.000 m² mit mehr als 8.000 Tonnen 8 - 10 cm dicken und bis zu 3 m langen Platten aus weißem Carrara-Marmor des Abbaugebiets La Facciata belegt. Die Oberflächen wurden nach Entwürfen der norwegischen Künstler Kristian Blystad, Kalle Grude und Jorun Sannes so geschliffen, aufgeraut und geriffelt, dass sich je nach Lichteinfall unterschiedliche Weißtöne ergeben. Die Suche nach dem geeigneten Material war aufwändig – in die Endauswahl kamen sechs Granitund vier Marmorarten, die auf Biegezugfestigkeit und Gefügeveränderungen durch Witterungseinfluss untersucht wurden, darunter weißer Krastaler Marmor aus Kärnten. Die Entscheidung war nicht unumstritten, auch weil sich Carrara-Marmor durch Salzwasser und Frost verfärben oder wölben kann. Für vertikale Wände und die Schräge, die in den Oslofjord abfällt, wurde schließlich der norwegische Granit Ice Green verwendet. Letztlich kam man auch hier nicht ohne ostasiatische Billigbieter aus: Zur Verarbeitung wurden die Blöcke für die rund 38.000 Werksteine nach China verschifft. ■
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Foto: Iris Meder
öffentlicher Raum
Innenbereich
Naturstein
Oase für den Gast
Anna Klerdorf
Ein Haus voller Charme, Genuss und Lifestyle. Mit diesem Anspruch verwöhnt das Sans Souci-Hotel am Wiener Museumsquartier seine Besucher. Aufwändige Natursteinarbeiten geben der außergewöhnlichen Verbindung aus Kunst und Wohnraumdesign den zeitlosen Rahmen.
Projekt
Keine Frage, dieses Hotel ist anders. Schon der Eingang: Eine 20 Meter lange Galerie entrückt den Gast dem Straßenlärm, führt ihn auf Steinmosaik aufwärts in die Lobby. Nach diesem beinahe sakralen Zugang die Überraschung. Violette Wände, schwarze Türen, dazwischen blitzt Gold auf, ein Luster funkelt von oben herab. Gedämpftes Licht füllt den vom römischen Pantheon inspirierten Raum. Der wahre Star ist der Boden. Wie auf einer Perlenkette reihen sich Intarsien aus beigen, roten und grünen Natursteinen aneinander. Ein kontrastreicher Dreiklang, streng geometrisch und verspielt zugleich. Nichts in der Lobby ist dem Zufall überlassen,
Hotel Sans Souci, Wien Bauherr Sans Souci Group, Wien Planung David Archer Architects, London Gestaltungskonzept yoo, London
jedes Accessoire geplant. Die kollektive Botschaft: Hier erwartet den Gast kein multinationaler Einheitslook, sondern der ganz persönliche Luxus. Hinter dem 2013 eröffneten Sans Souci steht tatsächlich keine Hotelkette, sondern ein privater Investor. „Wir wollen unseren Gästen eine Oase für Kunst und Lifestyle bieten“, erläutert Direktorin Andrea Fuchs. Der Wiener Hotelmarkt ist umkämpft. Das Angebot im Luxussegment steigt rapide. Um zu bestehen, muss man seine Nische finden, polarisieren und anders sein. Im Fall Sans Souci heißt das: Man versucht sich nicht als Grandhotel und betont den persönlichen Service.
Natursteinarbeiten Steinmetzbetriebe Franz Bamberger, Traiskirchen www.marmorwelt.com Stein Carraramarmor, Nero Marquina, Crema Marfil, Rosso und Verde Marinace, Kalkstein Jura Fotos Richard Watzke
Opulent: Das Farbkonzept der Lobby stammt vom Londoner Designkollektiv yoo.
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Vom Feng Shui-Meister optimiert: Klassische Musen begleiten den Gast in die Lobby.
Intarsien in der Lobby aus Crema Marfil, Rosso und Verde Marinace.
Innenbereich
Naturstein
Persönlicher Badetempel: Freistehende Badewanne in einer Suite.
Klassisches Thema: Die Bäder der Suiten sind mit Carrara-Marmor und Nero Marquina ausgestattet.
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Harmonie finden: Die Treppe führt aus der Lobby herab in den 450 m2 großen Spa.
Ein Haus voller Kunst Das gleichzeitig mit dem Riesenrad für die Wiener Weltausstellung 1873 errichtete Haus wurde 2010 von der Sans Souci Group erworben und für knapp 50 Millionen Euro grundlegend revitalisiert. Seitdem beherbergt es ein Hotel mit 63 Zimmern und Suiten sowie 15 „hotelserviced“ Residenzen mit bestem Blick auf das Museumsquartier und den 1. Wiener Gemeindebezirk. Mit der Lage in einem der größten Museumsareale der Welt
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Hell und freundlich: Bodenbelag und Wandbekleidung in der Duschkabine.
Innenbereich
Naturstein
ist das Thema Kunst allgegenwärtig, zieht sich als roter Faden durch das gesamte Gebäude. Gästezimmer und öffentliche Räume beherbergen eine Privatsammlung des Investors mit Exponaten unter anderem von Pop Art-Pionier Roy Lichtenstein. Nach mehr als einem Jahr Betrieb konstatiert Andrea Fuchs: Das Konzept geht auf, die Zielgruppe ist beruflich selbst kreativ und kunstaffin.
Luxus pur: Theke aus Nero Portoro in der Champagnerbar.
„Designed by yoo“ Verantwortlich für die gesamte Innenraumgestaltung zeichnet das Londoner Kollektiv yoo. Das Designerteam um Immobilienunternehmer John Hitchcox und Designer Philippe Starck ist auf Luxuswohnungen und Hotels spezialisiert. So opulent die Lobby ausgestattet wurde, so unprätentiös wirkt das Gestaltungskonzept in den Zimmern und Suiten. Der Blick in die Jaguar-Suite offenbart das Prinzip – hell, freundlich, sanfte Naturtöne statt greller Farbeffekte. Eine zurückhaltende Bühne, die der Gast bespielt. Parkettböden und doppelflügelige Türen vermitteln Gediegenheit, weißer Carraramarmor und schwarzer Nero Marquina in den Bädern der Suiten sind ein zeitlos elegantes Motiv. Ein Bad ist eine große Investition und sollte 15 Jahre halten, erläutert Fuchs; modische Spielereien sind deshalb fehl am Platze. Naturstein Die von den Steinmetzbetrieben Franz Bamberger ausgeführten Steinarbeiten zeugen davon: Das gesamte Haus vereint Avantgarde und historischen Bezug. Der Eingangsbereich lebt vom geometrischen Muster der Mosaiken. Ein klassisches Thema, von leuchtend rotem Steinfries gerahmt. In der Lobby gesellen sich zum Fond aus beigem Crema Marfil die brasilianischen Konglomerate Rosso und Verde Marinace. Farbenfrohe Exoten in klassischer Formensprache – so lebhaft können Intarsien sein. In den Stiegenhäusern und Gängen hingegen vermittelt der Kalkstein Jura Graublau diskrete Ruhe. Dem Gast sind hochwertige, natürliche Materialien wichtig. Eine ansprechende Haptik und Optik wird geschätzt, die Gäste unterscheiden sehr wohl zwischen Kulissenarchitektur und echten Materialien bei Boden, Wand und Mobiliar. Ein schönes Hotel funktioniert nun mal nicht mit Fliesen, sagt Andrea Fuchs. Viele Steinmuster waren nötig, bis die Designer den richtigen Farbton gefunden hatten. Wie das Hotel selbst ist eben auch jeder Stein ein Unikat. ■
Helle Oberflächen und hochwertige Materialien in der Jaguar-Suite.
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Dezente Farben prägen die Eingangsbereiche der Zimmer und Suiten.
Kalkstein Jura Graublau in den Treppenhäusern und Gängen.
Naturstein
Innenbereich
Die Schönheit der Steine
Anna Klerdorf
Naturstein entwickelt sich zum Lifestyle-Produkt. Für jeden Wohntrend ist der passende Stein verfügbar. Ein Rundgang mit Kristina Breitwieser. Schnörkellos und rau Aus Sicht der Anwender ist die optische Qualität eine der wichtigsten Eigenschaften von Naturstein. Wie jeder andere dekorative Werkstoff unterliegt Stein Moden und Trends. Beim Innenraumdesign ist schnörkelloses Weiß nach wie vor stark im Rennen. Daneben wird aber auch immer häufiger grobes Holz in antikem Finish eingesetzt. Die entsprechenden Flächen sind rau, wirken naturbelassen. Neben Wandbekleidungen aus Holz wird immer öfter auch Leder verarbeitet. Dazu passt der Naturbaustoff Stein, denn haptisch ergänzen sich Leder und Stein bestens. ▲
Fotos: Breitwieser GmbH, Tulln
Der Name sagt alles: Naturstein ist ein Naturprodukt. Mit all seiner Schönheit, aber auch seinen Eigenheiten. Kein Stein gleicht dem anderen, das gilt besonders für die farbenfrohen Sorten. Unterschiedlich sind auch die Wünsche und Vorstellungen der Anwender. Die einen mögen Naturstein zurückhaltend, ohne auffällige Struktur. Für die anderen kann Stein nicht lebhaft genug sein. Gut, dass Mutter Natur für jeden Geschmack vorgesorgt hat.
Beige und Pastelltöne strahlen Harmonie und Behaglichkeit aus.
Massivoptik: Die Maserung zieht sich von der Oberfläche über die Fronten weiter.
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Prachtstück: Beim Plattenzuschnitt für diese Kochinsel wurde die Struktur des Carrara-Marmors berücksichtigt.
Innenbereich
Naturstein
Diese Wandbekleidung wirkt wie ein Gemälde.
Opulent: Grau, Braun und Gold prägen Becken und Bodenbelag dieser privaten Wellness-Oase.
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Die raumhohe Bekleidung wurde zusätzlich noch gespiegelt verarbeitet.
Zu beiden Stilen passen Natursteine in Brauntönen, in Beige und einem dunklen Grau, erläutert Kristina Breitwieser. Die Geschäftsführerin des Natursteinverarbeiters in Tulln weiß, wovon sie spricht: In der 2011 eröffneten Stone World rückt sie über 800 verschiedene Materialien ins beste Licht. Naturstein mit Eigenleben Grün geht es beim Bauen und Wohnen mit Naturstein nicht nur im Hinblick auf die Ökologie zu. Grüne Steine sind en vogue. Steine wie der Irish Green, der aus dem Bad einen Erlebnisraum macht. Lebhaft darf es auch in der Küche zugehen. Die Anwender werden mutiger, die Küchenplatte wird gezielt als Blickfang eingesetzt. Schnörkellos verarbeitet, kubisch ist die Formensprache, die das Farbenspiel der Steine zur Geltung bringt. Vor allem großformatige Kochinseln entwickeln sich zur Bühne der privaten Gastlichkeit. Naturstein darf ein Eigenleben haben und sich von gleichförmigen Kunststeinprodukten aus der Mischanlage abheben. Entscheidend ist die individuelle Zusammensetzung der Mineralien. Das Ergebnis ist in jedem Stein einzigartig. Neben der Langlebigkeit und Robustheit ist ja gerade diese Individualität ein wesentliches Argument für das Bauen und Gestalten mit Naturstein. Alle Steine besitzen eine charakteristische Optik. Diese kann gebändert oder gewolkt sein, feinkörnig oder grobkristallin. Manche Steine enthalten Fossilien, andere erinnern mit ihrer lebhaften Struktur an die Urkräfte zu ihrer Entstehungszeit. Sogar weißer Carrara-Marmor besitzt eine Zeichnung, die Steinmetzen durch einen geschickten Zuschnitt der Paneele zu fantasievollen Bildern an Boden, Wand und Küchenfront zusammenfügen. Flächen in Beige Beige spielt bei Böden im Innenraum und auf Terrassen nach wie vor die erste Geige. Beige schafft unkomplizierte Flächen, die die übrige Ausstattung nicht beeinträchtigen. Böden im Wohnbereich ziehen sich häufig
Innenbereich
Naturstein
Die Stone World in Tulln ist Österreichs größter Schauraum für Naturstein. Infos: www.breitwieser-stein.at
Lebhaft strukturierte Rückwände aus Forrest Green.
nahtlos durch das ganze Haus hindurch. Der Bodenbelag aus Naturstein verbindet die Räume mit ihren unterschiedlichen Nutzungsarten zu einem harmonischen Ganzen. Neben einfarbigen Steinbelägen gibt es aber auch opulente Gestaltungen mit Intarsienarbeiten aus floralen Elementen oder im Schachbrettfries. Bäder sind meist abgetrennte Räume, dort werden dann gerne die Akzente gesetzt, erläutert Kristina Breitwieser. Bäder werden größer und damit auch die Duschen. Die Ansprüche an Funktionalität und Design des Bades haben sich geändert. Das Bad wird Ausdruck von Individualität, wird geräumiger und wohnlicher. Entsprechend natürlich und hochwertig soll auch die Ausstattung sein. Bei der Wahl der Formate geht alles in Richtung großer Platten jenseits der 60 Zentimeter Kantenlänge. Wandbekleidungen im Badbereich sind sogar raumhoch. Bei allen Projekten wird ein möglichst geringer Anteil Fugen angestrebt – das geht aber nur mit bestem Material und fachgerechter Planung.
Transparent und barrierefrei: Duschtasse und Bodenbelag aus zart gemustertem Kalkstein.
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Die lebhafte Textur des Natursteins und die kubische Formensprache der Badgestaltung ergeben einen spannungsreichen Kontrast.
Die Kraft der Oberfläche Neben der Farbe und Struktur wirkt ein Naturstein durch seine Oberflächenbearbeitung. Die Wahl der Oberfläche hängt immer vom Verwendungszweck und der Größe der Steinfläche ab. Ein großflächiger Bodenbelag wird eher einheitlich bearbeitet sein, die Rückwand einer Dusche hingegen darf als Blickfang deutlich strukturiert sein. Von poliert, fein geschliffen, gebürstet bis antikisiert oder seidenmatt erlauben moderne Maschinen und Werkzeuge jede erdenkliche Oberfläche im Naturstein. Besonders die matten, fein geschliffenen Oberflächen liegen hoch in der Gunst der Anwender, aber auch die ganz rauen, stark strukturierten Flächen. Bei jeder Fläche gilt: Naturstein muss man mit eigenen Augen sehen. Eine Steinoberfläche lässt sich nicht mit Worten beschreiben, die will im wahrsten Sinne des Wortes begriffen werden. Dann erst wird spürbar, dass sich Stein nach der Bearbeitung mit Spezialbürsten sogar weich wie Leder anfühlen kann. ■
Innenbereich
Naturstein
Österreichischer Naturstein in bayerischer Privatvilla
Projekt Privatvilla, Samerberg, D Bauherr Christoph Klarer Natursteinlieferant Sölker Marmor GmbH, Kleinsölk Stein Sölker Marmor Fotos Christoph Klarer
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Naturstein überall Der passionierte Natursteinliebhaber Christoph Klarer war 2008 bei einem Messebesuch schwer beeindruckt von den Wärmeliegen aus Sölker Marmor und beschloss daher einen Werksbesuch im steirischen Kleinsölktal. Herr Klarer war begeistert von den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten dieses Marmors, den seine harmonische Maserung und seine Ausdruckskraft auszeichnen. 2009 kam es zum ersten Auftrag; eine Innentreppe und die Gestaltung eines Innenraumpools wurden mit Sölker Marmor realisiert. Seither wurde in der Villa kaum ein Projekt verwirklicht, bei dem der Naturstein nicht zum Einsatz kam. Im Wohnbereich ist eine perfekte Symbiose aus dem eleganten Einrichtungsstil und der edlen Leichtigkeit des Sölker Marmors gelungen. Der imposante Kamin wirkt trotz seiner beeindruckenden Größe nicht drückend, und der Buntmarmor, der bei der Verkleidung des Kamins zum Einsatz kam, harmoniert perfekt mit den pastellfarbigen Wänden. Wellness pur Eine ganz besondere Oase des Wohlbefindens hat sich der Besitzer in seinem Wellnessbereich geschaffen. Seine Liebe zu Naturstein ist hier besonders deutlich zu sehen: Als Bodenbelag wurden ungefaste Marmorplatten in freien Längen gewählt. Das Farbenspiel von Rose, Weiß, Grau und zartem Grün kommt bei dieser Verlege-
art besonders intensiv zur Geltung. Durch seine hohe primäre Dichte ist der Sölker Marmor enorm widerstandsfähig, erfüllt alle gängigen Normen der Rutschhemmnis und bewährt sich daher in sämtlichen Flächenbereichen. Die Wellnessliegen von Sölker Marmor laden zum Relaxen und Entspannen ein. Edles Design vereint sich hier mit den Vorzügen der Sölker MarmorInfrarotwärme. In Zusammenarbeit mit renommierten Ärzten entstanden die Wellness- und Massageliegen mit gesundheitsfördernder Wirkung. Dabei macht man sich die entspannende Wirkung von gleichmäßig beheizten, kristallinen Marmorflächen zunutze. Der hygienisch einwandfreie, keimhemmende Naturstein verfügt über die idealen Eigenschaften für diesen Einsatzbereich. Im Außenbereich Der Außenanlage der idyllisch gelegenen Villa gebührt besonderes Augenmerk. Liebevoll gestaltete Terrassen und Sitzplätze laden zum Verweilen ein. Die außergewöhnliche Abriebfestigkeit, sowie die Frost- und Tausalzbeständigkeit prädestinieren den Sölker Marmor auch im Außenbereich für uneingeschränkten Einsatz. Die besondere Vorliebe der Hausbesitzer für Skulpturen wurde durch einen Bildhauer verwirklicht; die Figuren wurden nach den Vorstellungen des Villenbesitzers gestaltet. ■
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Naturstein
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Innenbereich
Naturstein
Modernes „Banking“ auf wertbeständigem Boden
Umbau und Erweiterung Volksbank Villingen, D Bauherr Volksbank eG Villingen Architektur Muffler Architekten, Tuttlingen, D Natursteinlieferant Sölker Marmor GmbH, Kleinsölk Stein Sölker Marmor Bodenplatten 120 x 60 cm
Konzept für modernes „Banking“ Das bauliche Konzept des Bankprojekts Villingen basiert auf dem Ansatz, eine architektonische Einheit aus Bestandsgebäude und Neubau zu bilden. Dieses gründet sich in der Aufnahme der städtebaulichen Achsen, die dem Grundstück und dem daraus resultierenden Grundriss die Dreiecksform verleihen. Lineare Funktionsstrukturen, resultierend aus dem klaren Arbeitsprozess des heutigen “Banking“, spiegeln sich in klar strukturierten Grundrissformen, die in der Fassadenstruktur ablesbar erscheinen. Bei dem Projekt wurde ein wirtschaftlich klares Konzept, das auch ökologischen Anforderungen gerecht wird, angestrebt. Das Bankgebäude gliedert sich in funktionelle Einheiten wie SB Zone, Kundenhalle mit Service-Bereich, Beratungszonen mit kundenorientierten Einzelräumen und eine Wartelounge.
Foto: Muffler Architekten
Projekt
Beim Treppenkörper, der im Zentrum der Bank liegt, vereint sich die beständige Wertigkeit von Sölker Marmor mit der heiteren Leichtigkeit des Erscheinungsbilds.
© Brigida González
Wertbeständiger Naturstein Der in der Steiermark abgebaute Sölker Marmor wurde, neben seiner beeindruckenden optischen Wirkung, auch aufgrund seiner enormen Widerstandsfähigkeit gewählt. Durch die hohe Frostbeständigkeit ist dieser Naturstein prädestiniert für den Einsatz im hochfrequentierten Eingangsbereich. Die Großraumstrukturen für den Backofficebereich mit Rückzugszonen für die Mitarbeiter, sowie das Atrium als transparenter Veranstaltungsbereich und gleichzeitig Bindeglied zwischen Alt- und Neubau, wurden ebenfalls mit dem einzigen Buntmarmor Österreichs belegt. Mit der wachsenden Digitalisierung unserer Welt und der daraus resultierenden Beschränkung auf das Wesentliche wird das Verlangen nach Wertigkeit und der damit verbundenen Zeichensetzung in Form von im Gedächtnis bleibenden Bildern immer größer. Auch aus dieser Grundhaltung wurde die Entscheidung für den prägenden, sehr lebendigen und Maßstäblichkeit erzeugenden Sölker Marmor getroffen. Transparente Glasdächer unterstreichen die tänzelnde und Heiterkeit ausstrahlende Lebendigkeit dieses wertigen Natursteins und verleihen somit der Innenarchitektur eine unverwechselbare Identität. ■
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Bei der Neugestaltung der Volksbank in Villingen setzte man ganz auf die Wirkung des Sölker Marmors.
Naturstein
Neuer MICROTEC Natursteinund Fliesenkleber
Weitere Informationen www.ardex.at
Die ARDEX Baustoff GmbH überarbeitet sukzessive ihre umfangreichen Systemprodukte zur Natursteinverlegung. Den Auftakt bildet der neue Naturstein- und Fliesenkleber ARDEX N 23. Naturstein liegt voll im Trend. Das Angebot an diesem edlen und sehr individuellen Material ist ausgesprochen vielfältig. Häufig erweist sich jedoch die Verlegung als recht anspruchsvoll und erfordert große Umsicht. Viele Natursteinsorten enthalten mineralische oder fossile Bestandteile, die bei Kontakt mit aufsteigender Feuchtigkeit aus dem Verlegemörtel zu unerwünschten Reaktionen und Verfärbungen führen können. Mit dem neuen Naturstein- und Fliesenkleber ARDEX N 23 ist man hier auf der sicheren Seite. Er ist die perfekte Wahl, wenn es um die Verlegung kalibrierter Natursteine an Wand- und Bodenflächen im Innenbereich geht. Sein eingebauter ARDURAPID-Effekt gewährleistet eine absolut verfärbungs-, ausblühungs- und verformungsfreie Verlegung. Das Anmachwasser wird schnell und vollständig kristallin gebunden, so dass keine Feuchtigkeit in den Naturstein einwandern kann. Zudem sorgt die ARDEX MICROTEC-TECHNOLOGY für höchste Sicherheit und besten Haftverbund.
Auch in puncto Verarbeitungsqualität und Schnelligkeit setzt ARDEX N 23 Maßstäbe: Der Mörtel ist ca. 45 bis 60 Minuten verarbeitbar und bereits nach 2 Stunden begehbar und verfugbar. Das garantiert einen schnellen Fortschritt auf der Baustelle. Den neuen Natursteinund Fliesenkleber ARDEX N 23 gibt es in Grau und als ARDEX N 23 W auch in Weiß, speziell für die Verlegung von durchscheinenden Natursteinen. Beide Kleber-Varianten überzeugen durch ihre hohe Standfestigkeit und eignen sich gleichermaßen für den Einsatz an Wand und Boden. Exakt zugeschnitten auf die Verlegung von Naturstein und Naturwerksteinplatten, Betonwerkstein- und Cottoplatten sowie das Ansetzen und Verlegen von Steinzeug und Feinsteinzeug. ARDEX N 23 und ARDEX N 23 W sind Teil eines optimalen Systems zur ARDEX-Natursteinverlegung, das ganz auf die speziellen Anforderungen der Praxis abgestimmt ist: vom Ausgleichen über die Verlegung bis hin zum Verfugen. ■
RANTIERT: ABSOLUT GA ATURSTEINPERFEKTE N . VERLEGUNG
NEU
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ARDEX Wegweisend für Naturstein
Das neue ARDEX Naturstein-System. Das neue ARDEX Natursteinprogramm: Perfekt aufeinander abgestimmt für eine www.ardex.at garantiert sichere und schadensfreie Verlegung. Unbenannt-1 1
3/11/2014 4:01:46 PM
Innenbereich
Naturstein
Edler Naturstein in der Küche
Projekt Küche Mascarello Gold Entwurf Summa-Smart und Breitwieser jun Ausführende Firma Breitwieser GmbH, Tulln Stein Granit „Mascarello Gold“ aus Brasilien Fotos Gebhard Sengmüller
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Der massive Küchenblock wirkt wie aus einem Stein gemeißelt und überzeugt durch seine starke und markante Musterung, die gleichmäßig über die gesamte Fläche verteilt ist. Die Kombination aus leicht kristallinen Bestandteilen und den glatt-weißen Passagen des Granits verleiht der Küche einen lebendigen Charakter, die natürliche Farbmischung aus Gold-, Beige- und Grautönen sorgt für ein warmes Ambiente. Das Besondere des Steins sind jedoch seine schimmernden Goldnuancen, die über den gesamten Küchenblock glänzen. Kochinsel und Rückwand bieten enorm viel Stauraum, der durch die sorgfältige Planung des Blocks erst auf den zweiten Blick ins Auge fällt. Ebenso die millimetergenaue Ausarbeitung an den integrierten Küchengeräten, die perfekt verarbeiteten Kanten und all die technischen Spielereien, die in dieser Küche verarbeitet wurden, werden erst bei genauerem Hinsehen sichtbar. ■
Naturstein
Innenbereich
Ein Tisch reist um die Welt
© Courtesy of Meta
Projekt Esstisch Carina für 12 Personen Auftraggeber Meta-Design Entwurf Ed Carpenter und Andre Klauser, London Natursteinarbeiten Kienesberger Steinmetzmeister GmbH & Co KG, Grieskirchen Stein Marmor aus Carrara, Italien © Courtesy of Meta
Tisch: 3 x 1,10 x 0,74 m
Fotos
© Courtesy of Meta
Elisabeth Grebe
Block für einen Tisch), Produktion dank des speziellen Fertigungsprozesses in nur wenigen Tagen und Präsentation auf der Messe Masterpiece London 2010. Herausforderung Gewicht Ein Tisch, der aussieht wie aus einem Stück Stein gemacht, war gewünscht. Ein besonderes Problem – das Gewicht des Tisches – war damit verbunden, konnte jedoch durch gestalterische Überlegungen und die spezielle Steinbearbeitung gelöst werden. Die Lösung bestand in der Produktion mehrerer Teile, innen hohl und mit nur 0,5 mm starken Fugen. Die Aushöhlung macht es in Folge auch möglich, das Innenleben wunschgemäß zu adaptieren. Vier ineinander greifende Stücke, wobei das schwerste Stück ca. 250 kg wog, wurden schlussendlich gut verpackt auf die Reise geschickt und vor Ort zu einem Tisch montiert. Die Bearbeitungstechnik Dank des CNC-gesteuerten Bearbeitungszentrums war die Produktion der Natursteinteile absolut präzise, und individuelle Kundenwünsche konnten mit dieser Technik problemlos umgesetzt werden. Die anschließende Bearbeitung der Oberfläche mit Hand war ein Muss. Ebenfalls per CNC im Unternehmen produziert wurde die wertvolle Verpackung aus Holz. Von der Auswahl des Steinblocks bis zur Montage vor Ort war eine einzige Firma, das Steinmetzunternehmen, zuständig und übernahm die volle Verantwortung. Die Reise Nach Abschluss der Fair Masterpiece London im Jahr 2010 übersiedelte der erste Tisch in die Ausstellungsräume von Mallett in London. Später ging er per Schiff auf Reisen – zur Kunstmesse Palm Beach Fine Art and Antiques Fair, USA – und wurde letztendlich nach Australien verkauft. Der zweite Tisch ging an Käufer in Luxemburg. Der dritte Tisch fand – samt Fotodokumentation seiner Entstehung – ein Zuhause in London. Tisch Nr. 4 reiste nach Kuwait, Tisch Nr. 5 war heuer im März bei der TEFAF Maastricht – Internationale Kunst- und Antiquitätenmesse zu sehen. ■
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Der Beginn Meta Design, ein Tochterunternehmen von Mallett, einem der ältesten Antiquitätenhändler in London und New York, war auf der Suche nach zeitgenössischen Designer-Einzelstücken aus Naturstein. Voraussetzung für deren Produktion war jedoch ein CNC-gesteuertes Bearbeitungszentrum. Über einen italienischen Maschinenbauer wurde das österreichische Steinmetzunternehmen Kienesberger gefunden. Danach ging es Schlag auf Schlag: Werkbesichtigung durch den Auftraggeber, Auswahl des Marmorblocks in Italien (ein
Innenbereich
Naturstein
Weich geklopft
Barbara Jahn
Man braucht nur einmal hinzusehen, um zu erkennen, wer hier Hand angelegt hat. Zaha Hadid „wirbelt“ mit viel Emotion wie ein Tornado über feinste Marmorplatten und lässt dabei keinen Stein mehr auf dem anderen.
Fotos: Citco Marmi
Es heißt, in jedem Stein wohne eine Figur, die einfach nur herausmodelliert werden müsse. Die Vorstellungskraft eines Steinbildhauers ist und bleibt faszinierend. Ähnlich ist es bei den Architekten, einst Baukünstler genannt. Sie beherrschten gleich sämtliche Disziplinen, was leider immer mehr verloren gegangen ist. Zaha Hadid nimmt diese Tradition wieder auf – auf ihre ganz besondere Art.
Modell Thorn, Nero Marquina.
Faszination Marmor Marmor nimmt unter den vielen Natursteinarten eine ganz besondere Stellung ein. Von seiner Entstehungsgeschichte her eher zu den jüngeren Gesteinsarten zählend, fasziniert er seit jeher vor allem Künstler und Kunstliebhaber, Mäzene und Bildhauer. Das Funkeln und Glitzern, die unverwechselbare Zeichnung und seine Qualität als Material haben seit seiner Entdeckung eine magische Anziehungskraft auf Architekten und
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Modell Matrix, Camelia Black und Black & Gold.
Kunstschaffende. Aus der Architektur selbst ist er nicht wegzudenken, eng verknüpft mit der über Jahrhunderte prosperierenden Baukultur Europas und damit auch mit der Kunst. Insbesondere als Verkleidung für Wände brachte Marmor Dynamik in den Raum, geprägt von einer feinen Äderung oder einem prächtig schimmernden Farbspiel, das die Blicke anzieht. Doch die Verwendung solch aufwändigen Wandschmucks bleibt keineswegs den Palästen und Kirchen der Renaissance und angrenzenden Epochen vorbehalten – sie ist zwar immer noch exklusiv, hat aber den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft. Die Baukünstlerin Es ist die Pritzker-Preisträgerin Zaha Hadid, die sich dem Thema auf eine ganz spezielle Weise ganz neu nähert. Mit ihrem Designteam entwickelte sie eine Reihe von Wandpaneelen aus Marmor, die ganz eindeutig ihre Handschrift tragen, und sie schafft es, den edlen Stein wieder ganz nahe an die Kunst heranzutragen. Die Kollektion, eigens entworfen für das italienische Unternehmen Citco, besteht aus sechs Paneelen mit vier mal drei Metern Umfang, die nach Designs von Zaha Hadid Architects gestaltet wurden. Von jedem der sechs Projekte wird es nur jeweils drei Kopien geben. Die Wandskulpturen aus echtem Marmor spielen dabei mit neutralen Tönen sowie mit der Dreidimensionalität und mit dem so genannten „Chiaroscuro“-Effekt. Inspirationsquelle für die Kollektion von Wandelementen war die Natur des Steines selbst, der seine eigene geologische Geschichte erzählt. Die Kollektion Die Modelle Thorn und Lace beispielsweise bestehen aus dem eleganten schwarzen Kalkstein Nero Marquina mit ausgeprägter weißer Maserung, der zur Familie des Limestones gehört. Er eignet sich ausschließlich für den Einsatz im Innenbereich und ist naturbedingt durch feine Stiche bruchgefährdet. Deshalb werden große Tafeln meist rückseitig mit einem Kunststoffgitter verstärkt, eine Maßnahme, die diese Gefahr merklich reduziert. Für den Liebhaber von Natürlichkeit ist der aus Spanien stammende Stein, der sehr schön mit hellem CarraraMarmor kombiniert werden kann, eine gute Wahl. Das Modell Swirl hingegen besteht aus Bianco di Covelano Vena Oro, auch genannt Göflaner Marmor, der 1856 im Göflaner Mitterwandlbruch erstmals systematisch abgebaut wurde. Er zählt zu den grobkörnigen Varianten des Marmors und zeichnet sich durch das charakteristische Glitzern der Kristalle und durch seine zauberhafte Tiefenwirkung aus. Tiefe Leidenschaft Weniger technisch, dafür ausgesprochen gefühlvoll nähert sich Zaha Hadid der selbst auferlegten Aufgabe,
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Innenbereich
Szenarien kommen zustande, wenn Energie auf Geologie trifft und dabei eine geometrische Serie sich immer wiederholender Zyklen von Wachstum und Erosion entstehen lässt, die sich in makellosem Marmor wieder findet.“ Mit ihrem Engagement, das sie aus ihrer Experimentierfreude schöpft, schafft Zaha Hadid erneut den Brückenschlag zwischen Kunst und Architektur, der besonders in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen zu sein scheint. ■
die in einem Stück Stein viel mehr sieht als das reine Material: „Die Komposition jedes einzelnen Paneels resultiert aus der komplexen Schönheit des einzigartigen Organisationssystems der Natur. Diese faszinierenden
www.citco.it www.zaha-hadid.com
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Modell Swirl, Bianco di Covelano Vena Oro.
Marmor Seinen Ursprung hat der echte kristalline Marmor in den Sedimenten der Urmeere, die sich aus im Wasser gelöstem Kalk oder aus den Kalkschalen abgestorbener Lebewesen bildeten. Durch den Einfluss von steigendem Druck und immer höheren Temperaturen begann der Kalkanteil schließlich auszukristallisieren und sich in Marmor umzuwandeln.
Innenbereich
Naturstein
Des Kaisers Kamin in neuem Glanz
Fernando Klar
Bei einem Großbrand wurde ein repräsentativer Marmorkamin im ehemaligen Bankgebäude am Hof 2 in Wien zerstört. Mit CNC-Technik und traditioneller Steinmetzkunst wurde er originalgetreu wiederhergestellt. 5-Sterne-Hauses ist die Park Hyatt-Gruppe, die damit erstmals in Österreich Fuß fasst. Ab Sommer 2014 verwöhnt die Hotelgruppe ihre anspruchsvollen Gäste in bester Lage. Während der Umbaumaßnahmen verwüstete im November 2011 ein Großbrand weite Teile der Hauptstockwerke, eine Marmorstiege, Prunkräume und fünf Marmorkamine, darunter den sogenannten Franz Josef-Kamin im Foyer des ersten Obergeschoßes.
Fotos Kienesberger, Schlüßlberg
„Am Hof“ ist eine der feinsten Lagen Wiens. Rund um den geschichtsträchtigen Platz im ersten Gemeindebezirk reihen sich zahlreiche denkmalgeschützte Bauwerke, darunter auch das zu den ersten Stahlbetonbauten Wiens zählende Bankgebäude am Hof 2. Das 1915 fertig gestellte Haus beherbergte die Länderbank und wurde später die Bank Austria-Zentrale. 2008 erwarb es die Signa-Holding, um es im Rahmen einer Generalsanierung zu einem Luxushotel umzubauen. Betreiber des
Vorbereitung im CAD für die Rekonstruktion: Vorder- und Seitenansicht mit den einzelnen Bauteilen. Glanzloser Anblick: Der zerstörte Kamin nach dem Brand im November 2011.
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Akribische Bauforschung Der Brand hatte die Natursteinsubstanz stark geschädigt, Bauteile waren durch die Hitze verformt und gerissen. Der Zerstörungsgrad der Profile und anderen Bauteile aus italienischem Kalkstein Giallo Siena Broccatello war so hoch, dass kein Bauteil erhalten werden konnte. Da der Eigentümer den ursprünglichen Raumeindruck wieder herstellen wollte, wurde der beschädigte Kamin in situ photogrammetrisch erfasst. Danach wurde er demontiert und jedes Werkstück in einem Abbauplan festgehalten. In einem 3D-Modell wurden alle Bauteile in ihrem Zustand vor dem Brand anhand bestehender Fotografien im CAD-Programm modelliert, um die Vorlage für eine Rekonstruktion zu gewinnen.
Präzises Fräsen der Seitenwangen auf einem computergesteuerten Bearbeitungszentrum.
Innenbereich
Naturstein
Bei der Montage wird die Größe erkennbar: Mit 4,3 Metern Höhe und 2,7 Meter Breite besitzt der Kamin beeindruckende Ausmaße.
Abschlussgesims mit Zahnfries: Die Metallapplikationen wurden ebenfalls neu hergestellt.
Giallo Siena Broccatello Der gold-gelbe Kalkstein Giallo Siena Broccatello wird westlich der Stadt Siena in der Region Montagnola Senese gewonnen. Bereits im Barock war Giallo Siena in verschiedenen Varianten für den Innenausbau von Kirchen in Italien weit verbreitet. Auch in Wien finden sich zahlreiche Beispiele, bei denen der farbenprächtige Stein als Wandbekleidung und Bodenbelag repräsentativ verwendet wurde.
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Prunkstück: Der wieder hergestellte Franz Josef-Kamin erstrahlt in neuem Glanz.
Richtungsweisende Rekonstruktion Mit der Wiederherstellung wurden die auf CNCFertigungen in der Denkmalpflege spezialisierten Steinmetzmeister Norbert und Werner Kienesberger aus Schlüßlberg beauftragt. In aufwändiger Recherche bei den historischen Natursteinvorkommen nahe Siena gelang es, das farblich zum Originalkamin passende Rohmaterial zu finden. Insgesamt wurden 13,9 Tonnen Rohmaterial in Form kleinerer Rohblöcke verarbeitet. Dank sorgfältiger Materialeinteilung reichte die Menge für alle Werkstücke aus. Nach der CNC-Bearbeitung erhielten alle Oberflächen ein Finish von Hand. Dabei wurde auch darauf geachtet, dass die Kanten und Profile nach alter Bauweise scharfkantig belassen wurden. Der fertige Kamin wiegt rund vier Tonnen und ist über eine Stahlkonstruktion an der Rückwand verankert. Auch wenn der Kamin nicht mehr befeuert werden wird, bietet das Grand Hyatt dank der beispielhaften Kombination aus modernster Technik, akribischer Bau- und Materialforschung und traditionellem Handwerk damit seinen Gästen einen außergewöhnlichen Glanzpunkt. ■
Innenbereich
Naturstein
Infrarotheizung mit Marmor
Alternative Heizsysteme sind eine konsequente technologische Entwicklung als Antwort auf die steigenden Preise der immer knapper werdenden fossilen Brennstoffe. Sölker Marmor entwickelte daher in Zusammenarbeit mit einem Team von Experten ein Heizsystem, das seines Gleichen sucht.
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Funktionsprinzip Infrarotheizung Bereits die römischen und griechischen Hochkulturen kannten das Wärmestrahlungsprinzip und nutzten es in Thermen und Badehäusern zur Erhaltung der Gesundheit und zur Entspannung. Leider ging dieses Wissen zum größten Teil verloren; nun knüpft die Sölker Infrarotheizungstechnologie an dieses Wissen an. Sölker Infrarotheizungen funktionieren nach dem „Kachelofenprinzip“ und setzen vorwiegend gesunde und
wohltuende Infrarotwärme frei. Die Wärmestrahlung durchdringt die Luft, ohne sie zu bewegen und heizt nur feste Gegenstände – Wände und Baumasse – auf. Diese Art der Wärme wird vom menschlichen Organismus als besonders behaglich empfunden. Die Oberflächentemperatur der Infrarotheizung pendelt sich je nach Wärmebedarf durch Selbstregelverhalten ein. Die Infrarotelemente aus Sölker Marmor heizen immer nachrangig. Das heißt einstrahlende Sonnenwärme oder andere Wärmequellen, wie durch Backen, Kochen, menschliche Aktivität usw., werden bevorzugt. Mit der Sölker Infrarotheizung ist bedarfsgerechtes Heizen möglich. Energiequelle ist Strom. Es wird nur die Energie benötigt, die tatsächlich erforderlich ist. Und das vergleichsweise günstiger als mit anderen Heizsystemen – selbst hochmoderne Pelletsanlagen können hier nicht mithalten. Der Grund: Andere Heizsysteme besitzen immer den Nachteil, dass sie erst die umgebende Luft erwärmen müssen, bevor die raumumfließende Baumasse erwärmt wird.
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Sölker Infrarotheizung – ein Kunstwerk der Natur Sölker Infrarotheizungen sind jedoch nicht nur Hightech an der Wand, sondern bieten noch einen ganz besonderen Mehrwert: Als 380 Millionen Jahre gereiftes Kunstwerk zieht Marmor immer wieder die Blicke auf sich. So ist jede Marmorheizung individuell und hat ihren ganz eigenen Charme. ■
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Innenbereich Naturstein
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Innenbereich
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Ein Badezimmer wie aus einem Block
Projekt Familienvilla, Wien Bauherr privat Planung Architekt Paul Richter, Wien Natursteinarbeiten Wolfgang Ecker Gesellschaft m.b.H., Traiskirchen Stein Kalkstein aus der Türkei Fotos Richard Watzke
Ein Hauch von Schwerelosigkeit Bei der Gestaltung einer Villa in Wien wurden große Flächen im Innen- und Außenbereich mit Naturstein bekleidet. Nach außen gibt sich der 2013 fertig gestellte Bau unaufgeregt: Weiß verputzte Wandflächen sind mit beigem Kalkstein als Belag für Böden und Treppen kombiniert. Raumhohe Glasbänder öffnen das vom Wiener Architekturbüro Paul Richter realisierte Bauwerk zum Garten hin. Das Innere prägt ein vom Pariser Designer Elliott
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Barnes entwickeltes Farbkonzept. Weiß, beige, hellbraun und Bronzetöne setzen den farblichen Rahmen. Passend zu diesem Farbklang wurde der Naturstein für die Gästebäder und das Masterbad für die Familie des Bauherrn gewählt. Der hellbraune, türkische Kalkstein besitzt eine aufgelockerte, unaufdringliche Textur. Das Elternbad befindet sich im ersten Obergeschoß. Die gesamte Front ist verglast, Tageslicht flutet vom Garten her in das Bad und die stirnseitig angrenzende Dusche.
Naturstein
Sämtliche Steinoberflächen sind fein geschliffen. Das vermeidet harte Reflexionen und lässt den Naturstein behaglich erscheinen. Die Rückwand des Whirlpools aus sandgestrahltem Glas unterstreicht die seidenmatte Haptik des Natursteines. Dank der einheitlichen Steinverkleidung bei Boden, Wand und Mobiliar wirkt das Bad wie aus einem Block. Alle Kanten sind auf Gehrung verklebt und mit farblich angepasstem Epoxiharz verspachtelt und verschliffen. Whirlpool und Waschtisch vermitteln trotz der monolithischen Anmutung Leichtigkeit. Dazu besitzen sie neben Schattennuten eine indirekte Beleuchtung, die sie auf einem Lichtteppich schweben lässt. Aufwändig auch die Wandbekleidung aus Großformaten mit 120/90 Zentimetern Kantenlänge. Bauherr und Architekten legten großen Wert auf eine qualitativ hochwertige Ausführung aller baulichen Details. Echte Materialität statt Kulissenarchitektur: Davon zeugen auch die vom Steinmetzbetrieb Ecker umgesetzten Lösungen in Naturstein. ■
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Innenbereich
Innenbereich
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Sölker Marmor in der dritten Generation
Projekt Hotel Alpenhof, Zauchensee Bauherr Familie Mayrhofer-Gsodam Natursteinlieferant Sölker Marmor GmbH, Kleinsölk Stein Sölker Marmor Fotos Matthias Scheffer, Sölker Marmor
Renovierung Schritt für Schritt Seit den Sechziger Jahren betreibt die Familie MayrhoferGsodam in nunmehr dritter Generation das Hotel Alpenhof in Zauchensee. In diesen Jahrzehnten gelebter Gastlichkeit war es stets wichtig, Trends zu erkennen und diese bei den Umbauten und Erweiterungsabschnitten umzusetzen. 1968 wurde der Alpenhof in Zauchensee erbaut, wobei bereits damals die Treppen und die Eingangsbereiche mit Sölker Marmor belegt wurden. Die Abbaumöglichkeiten des Natursteins waren damals noch eingeschränkt, daher zeigt sich die Treppe in nostalgischer Streifenoptik.
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Im Jahre 1990 wurde ein großes Umbauprojekt auf zwei Etappen im Alpenhof verwirklicht. Rezeption, Hotelhalle und die Speiseräumlichkeiten wurden neu gestaltet. Hinzu kam eine direkt an die Rezeption angeschlossene Hotelbar. Im großzügigen Wellnessbereich wird das alpenländische Flair durch Sölker Marmor, einen Naturstein aus den Alpen, unterstrichen. Der Wellnessbereich mit Panoramahallenbad, Unterwassermassagebank, kleinem Wasserfall und Saunabereich bietet den Gästen Entspannung pur. Im Herbst 2013 wurde der Hoteleingang mit großzügigem Eingangsbereich, Wellnesseingang, WC-Anlagen, Springbrunnen, offenem Kamin sowie Rezeption und Raucherlounge neu errichtet. Die neue Treppe, die das Herzstück und den ersten Blickfang beim Betreten des Hotels darstellt, sowie der Brunnenbereich und die Kaminverkleidungen wurden wiederum mit Sölker Marmor umgesetzt. Langlebig und zeitlos Obwohl der Zeitraum zwischen den einzelnen Bauabständen jeweils einige Jahre beträgt, ist kaum zu erkennen, welche Marmorflächen bereits vor Jahrzehnten verlegt und welche Bereiche neu umgesetzt wurden. Die Übergänge sind derart harmonisch gestaltet, dass sie kaum erkennbar sind. Auch die jahrzehntelange Beanspruchung durch den Hotelbetrieb hat kaum Spuren hinterlassen, was von Langlebigkeit und Zeitlosigkeit des hochwertigen Natursteins zeugt. Kaum ein Naturstein strahlt soviel Wärme aus wie der einzige Buntmarmor Österreichs. Der Rezeptionsbereich, dessen Boden mit dem enorm widerstandfähigen Naturstein ausgestattet ist, wirkt durch die harmonische Maserung des Marmors in warmen Farbtönen sehr einladend. ■
Naturstein
Vorsprung mit System – bei der Verlegung von Naturstein doppelt wichtig Weitere Informationen www.mapei.at
Um am verlegten Naturstein sofort und dauerhaft seine Freude zu haben, muss die Verlegung schon im Vorfeld sorgfältig geplant werden. Zum einen gilt es, die spezifischen Besonderheiten des Steins zu berücksichtigen, zum anderen muss, darauf aufbauend, das entsprechende Verlegesystem bestimmt werden. Denn das Naturprodukt Stein ist in der Verlegung weitaus anspruchsvoller als industriell hergestellte Keramikprodukte. Seine hochwertige Optik, seine Langlebigkeit, seine natürliche Wertigkeit fördern den Wunsch nach Natursteinflächen als Bodenbelag. Seit Jahrhunderten werden Natursteine mit Mörtelsystemen in der Dickbettmethode verlegt. Heute zeigen neue Verlegeuntergründe, kurze Bauzeiten und großformatige dünne Natursteinfliesen die Grenzen dieser traditionellen Methode auf. Ihre begrenzte Anhaftung machte die Entwicklung innovativer Mörtelsysteme erforderlich. Hier kann die Firma MAPEI mit einzigartiger Natursteinkompetenz punkten. Auf Basis langjähriger
Forschung und Entwicklung hat MAPEI Produkte entwickelt, die perfekt auf die spezifischen Eigenschaften des jeweiligen Natursteins zugeschnitten sind. Bei der Verwendung von großformatigen und dünnen Natursteinplatten treten in der Dickbettmethode verstärkt Hohllagigkeiten, Rissbildungen und Verfärbungen im Belag auf. Je dünner und größer die Natursteinplatten werden, desto höher sind auch die Anforderungen an das verwendete Mörtelsystem in Bezug auf Hydrationsgeschwindigkeit, Wasserbindevermögen und ein sich schnell ausbildendes Haftspektrum. Ein weiterer Aspekt dabei ist die große heute zur Verfügung stehende Vielzahl der Natursteine aus aller Welt, die oft unterschiedliches Verhalten bei der Verarbeitung zeigen. Hier bietet die Natursteinkompetenz von MAPEI eine Fülle an wichtigem Know-how und detailreichem Praxiswissen. Für weitere Informationen rund um das Thema Naturstein und auch bei konkreten anwendungstechnischen Fragen berät und unterstützt MAPEI gerne. ■
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Technik
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CNC: Drei Buchstaben, tausend Formen
Fernando Klar
Moderne Fertigungsverfahren mit dem Computer erlauben es, jede erdenkliche dekorative und technische Form aus Stein zu produzieren – für die Fassade, den gehobenen Innenausbau, aber auch für den Garten- und Landschaftsbau.
Fotos: Richard Watzke
Computergesteuerte Maschinen sind aus der modernen Steinbearbeitung nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen eine präzise und rationelle Produktion der unterschiedlichsten Bauteile. Neben dem Zuschnitt der Werkstücke dienen CNC-gesteuerte Maschinen aber auch zur Herstellung einer Vielzahl unterschiedlicher Ornamente und Oberflächengestaltungen. Die Vielfalt ist unerschöpflich: Florale Muster, abstrakte oder figürliche Motive sind ebenso im Repertoire innovativer Steinverarbeiter zu finden wie räumliche Oberflächenstrukturen.
Aus ringförmigen Elementen gefügte Duschwand.
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Digitale Plangrundlagen CNC-gestützte Produktion setzt CAD-Konstruktionen voraus. In der Steinbearbeitung ist es möglich, vom Architekten oder Designer bereitgestellte CAD-Daten zu übernehmen und maschinengerecht umzuwandeln. Ebenso können beigestellte Entwürfe und Modelle mit hoher Präzision gescannt und reproduziert werden. Die Scans führen externe Dienstleister oder der Natursteinverarbeiter selbst durch. CAD/CAM – das Zeichnen und Produzieren mit Unterstützung des Computers – erlaubt eine große Vielzahl von Werkstücken und Oberflächenbearbeitungen, die in großer Präzision in nahezu beliebigen Formaten und Wiederholungen hergestellt werden können.
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Stein erlaubt eine Vielzahl unterschiedlicher Oberflächenbearbeitungen.
Ornamentale Wirkung nutzen Jede Steinsorte eignet sich für bestimmte Bearbeitungsarten. Bei dunklen Materialien genügt eine Bearbeitung mit unterschiedlichen Körnungen, um durch den entstehenden Hell-Dunkel-Kontrast zwischen rauen und glatten Flächen ornamentale Wirkungen hervorzurufen. Der erforderliche Materialabtrag ist hierbei gering und empfiehlt diese Ornamente für dekorative Bodengestaltungen im Innenausbau.
Hinter Steinwellen verdeckte Leuchten.
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Technik
CNC-Technik erlaubt die Herstellung komplexer Geometrien in Stein.
Helle Steine hingegen eignen sich gut für Strukturen mit Reliefhöhen im Bereich weniger Millimeter bis zu mehreren Zentimetern Tiefe. Die entstehenden Muster wirken besonders plastisch bei flachem Lichteinfall. Mögliche Anwendungen sind repräsentative Wandbekleidungen im Innenraum oder Fassadengestaltungen im Außenbereich.
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Verfahren zur Gestaltung Für die Gestaltung der Ornamente und Oberflächenformen werden vorwiegend zwei unterschiedliche Verfahren eingesetzt: die exakte Wiederholung desselben Musters über eine beliebig breite und hohe Fläche oder die Modulation eines Motivs durch Änderungen der Proportionen und Tiefen einzelner Elemente des Motivs. Ähnlich wie ein Komponist eine Melodie durch schnelle und langsame Passagen rhythmisch variiert, komponiert der Designer oder Steinverarbeiter Flächenstrukturen durch Veränderung einzelner Parameter in X-, Y- oder Z-Achse, also der Länge, Höhe und Tiefe der Struktur.
Technik
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Bahnhof Lüttich, Architektur: Santiago Calatrava. Außentreppe mit einem CNC-gefertigten, massiven Treppenanlauf.
Fräsen der Kegelformen mit einer Trennscheibe.
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Massivteile herstellen CNC-Maschinen können viel mehr als nur Reliefe herzustellen. Dank ihrer in mehreren Achsen beweglichen Werkzeuge können sie Steine mehrdimensional bearbeiten und erlauben auch komplexe Durchbrüche in massiven Bauteilen. Um eine Längsachse geschraubte Säulen aus mehreren Zylindern oder aus einem einzigen Stück gefertigte, gekrümmte Handläufe, die in Handarbeit sehr aufwändig wären, stellen für eine mehrachsige CNC-Maschine kein Hindernis dar. Die Größe solcher CNC-gefertigen Teile kann mehrere Meter betragen. Für die beiden Treppenanlagen im Eingangsbereich des 2009 eröffneten Hochgeschwindigkeitsbahnhofs in Lüttich fertigte der oberösterreichische Steinmetzbetrieb Kienesberger zwei Treppenanläufe aus Belgischem Blaustein. Der mit dem Bahnhofsprojekt betraute belgische Natursteinbetrieb war angesichts der Rohblockmaße von 2,5 Metern Länge, 1,4 Metern Höhe und 1,6 Metern Breite an seine Grenzen gestoßen und suchte einen Produzenten, der in der Lage war, Massivarbeiten in dieser Größe maschinell zu bearbeiten. Herausforderung war neben der Größe der Werkstücke die Feinheit der Oberfläche. Der belgische Auftraggeber übernahm die endgültige Oberflächenbearbeitung – Kienesberger ließ dafür auf seiner CNC-Maschine lediglich zwei Zehntelmillimeter Aufmaß, um den abschließenden Schleifanteil so gering wie möglich zu halten. ■
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Technik
CNC Computerized Numerical Control, kurz CNC, ermöglicht einer Steinbearbeitungsmaschine, mit einem schnell rotierenden Diamantwerkzeug mehrdimensionale Werkstücke aus Stein in einer oder mehreren Achsen linear oder in Kurvenfahrten auszuführen. Bei Verwendung eines CAM-Systems können die Daten aus einem CAD-Programm wie AutoCAD, Rhino oder anderen 3D-fähigen CADKonstruktionsprogrammen importiert werden. Unter Berücksichtigung von Faktoren wie Geometrie der Werkzeuge, Drehzahlen und Gesteinshärte werden komplexe Bearbeitungsbahnen und Abläufe am Bildschirm programmiert, in sogenannte Maschinenprogramme übersetzt und computergesteuert vollautomatisch abgearbeitet.
Hinterleuchtete Wandgestaltung.
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Aus CNC-gefrästen Marmorbügeln zusammengesetzter Stein-Paravent.
Technik
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Naturstein ist bauphysikalisch schwer zu normieren
Gerhard Franz Roth
Fotos: G.F. Roth
Andreas Rohatsch, Professor am Institut für Geotechnik der TU Wien, Forschungsbereich für Ingenieurgeologie, im Interview über Vorteile und Risiken von Naturstein im historischen und aktuellen Kontext des Bauens – aus der Sicht des kritischen Geologen und Materialexperten.
Andreas Rohatsch, Professor am Institut für Geotechnik der TU Wien.
Wie sehen Sie den Einsatz von Naturstein heute? Sehr intensiv, denn statistisch gesehen hat jeder Österreicher in einem Durchschnittsleben von 75 Jahren einen Natursteinverbrauch im Ausmaß eines Würfels mit 200 Meter Kantenlänge, deutlich höher als die Cheopspyramide oder der Stephansdom mit ihren 151 beziehungsweise 136 Metern Höhe. Wenn man so möchte, verbrauchen wir mineralische Rohstoffe in einem Ausmaß wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit – daher leben wir also jetzt eigentlich in der „Steinzeit“, wenn wir die alte Bezeichnung der Zeitabschnitte der Menschheitsgeschichte nach den hauptsächlich verwendeten Rohstoffen bezeichnen wollen. Warum ist Naturstein so stark in unserem Alltag verankert, nicht nur in Architektur und Gebäuden? Das Anwendungsspektrum ist eben sehr weit gesteckt, es reicht von Infrastruktur-, Städte-, Wohn- und Verkehrsbau bis zu Naturstein als mineralischer Füll- oder Zuschlagstoff zu Papier, in Schuhen und sogar in Handys. Mineralische Rohstoffe bestimmen unser tägliches Leben.
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Wie sehen Sie den Umgang mit Naturstein im 21. Jahrhundert? Naturstein ist fast unbegrenzt verfügbar, weltweit gesehen, ökologische Konflikte liegen dabei auf der Hand: Unerschöpflich, aber von weiten Transportkosten, Landschaftsverbrauch und massiven Eingriffen in die Natur begleitet, wird heute Naturstein als Dekorgestein für den Hochbau eingesetzt, wie in der Hochblüte des Römischen Reiches. Ist das nicht eine sehr spekulative These? Keineswegs. Nach Carnuntum, in eine periphere Provinzstadt, wurde genauso wie nach Rom über weite Strecken, großteils über den Seeweg und die Alpen, Marmor aus Anatolien, Nordafrika, Ägypten oder Kleinasien transportiert. Heute wird aus riesigen Steinbrüchen in China Naturstein in die ganze Welt geliefert,
ähnlich wie vor 2.000 Jahren. Die Transportkosten für Rohblöcke, die als Ballast auf Containerschiffen dienen, sind generell extrem niedrig, die Personalkosten, im Speziellen die Lohnnebenkosten und Steuern in der westlichen Welt, sind zu hoch – das macht die Arbeitskraft teuer und schadet massiv der heimischen Natursteinwirtschaft. Die Folge: Ökologisch bedenklich werden riesige Kubaturen Naturstein quer über die ganze Welt transportiert. Auch die Weiterverarbeitung vom Rohblock zu Fassaden- oder Fußbodenplatten erfolgt dann häufig in Niedriglohnländern. Eine zusätzliche Konkurrenz für heimische Steinmetzbetriebe und Natursteinproduzenten stellen, vor allem im privaten Bereich, die verschiedenen Baumärkte mit ihren Sonderangeboten dar, sodass Natursteinbeläge oft kostengünstiger als keramische Fliesen sind. Bleibt die Qualität von Naturstein als Baustoff hinsichtlich Einsetzbarkeit und Materialgüte gleich, wenn er von den verschiedensten Quellen geliefert kommt? Gesteinsmindestnormen sind schwierig festzulegen, denn bauphysikalisch ist Naturstein schwer zu normieren. So liegt die Norm für die Wasseraufnahme bei Granit bei bis zu 0,5 Prozent, es macht aber einen großen Unterschied, ob das Material einmal 0,1 Prozent, dann wieder 0,4 Prozent erreicht – zwar innerhalb der Norm, aber mit einer riskanten Bandbreite der Wasseraufnahme innerhalb des Baustoffmaterials, mit den daraus resultierenden Problemen in der Wahl und in Kombination beispielsweise mit dem Verlegemörtel. Sicheres Bauen bedingt aber auch ein gleichbleibendes Niveau an bauphysikalischen Eigenschaften, warum ist das bei Naturstein so schwierig – und wie weit reichen die Bandbreiten? Normen sind für künstlich-industriell gefertigte Produkte immer einfacher zu definieren, bei Naturstein als natürlicher Baustoff mit seiner natürlichen Bandbreite an Eigenschaften muss jeder Prüfkörper für sich bewertet werden, die Messwerte schwanken dabei innerhalb einer Steinsorte um plus minus 15 bis 20 Prozent! Welche Kriterien sehen Sie für eine Qualitätsbeurteilung von Naturstein als entscheidend an? Die Dichte des Gesteins ist ein wichtiger Parameter, sie kann mit Ultraschall oder über die durch die effektive Porosität bedingte Wasseraufnahme bestimmt werden und besitzt auch Relevanz für die Verwitterungsbeständigkeit. Das Korngefüge des Steins kann geschlossen oder offen sein, ein durchlässiges Kornsystem mit feinen Rissen verhält sich bei der Wasseraufnahme anders als ein dichtes, so können auch diverse Granite ähnlich stark verwittern wie gewisse Sandsteine.
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Technik
einen ähnlichen und manchmal sogar stärkeren Zerstörungsgrad auf als jene, die bereits seit 100 Jahren an der Fassade befestigt waren. Wir erkennen daraus, dass moderne Technologien nicht immer unbedingt auch die besseren Resultate liefern und unkritisch angewandt Zerstörungsprozesse beschleunigen oder überhaupt erst ermöglichen können. Der wesentlichste Punkt bei der ganzen Geschichte ist: Wir müssen wieder lernen, in Systemen und Zusammenhängen zu denken, ein an sich logischer Gedanke, der aber in den letzten Jahrzehnten mit einer immer mehr ins Detail gehenden Spezialisierung zunehmend verloren ging. Es mögen mir jetzt manche böse sein, aber in unserem Ausbildungs- und Bildungssystem werden zunehmend hoch spezialisierte „Fachidioten“ herangezüchtet, die nicht mehr imstande sind, Zusammenhänge zu erkennen, geschweige denn zu verstehen.
Warum hat Marmor in der Architektur einen so hohen Stellenwert als Gestaltungs- und Fassadenelement? In der architektonischen Wertschätzung und im Marketing der mineralischen Baumaterialien gilt Marmor als kostbar, Granit als unsterblich und Sandstein als schlecht, wobei diese seit 2.000 Jahren kommunizierten Eigenschaften, die sich in der öffentlichen Meinung eingeprägt haben, mit der Realität häufig nichts zu tun haben. Der Trend in der modernen Architektur geht glücklicherweise immer mehr in Richtung der Berücksichtigung von gesteinsphysikalischen Eigenschaften, auch unter dem Aspekt der Dauerhaftigkeit und nachhaltigen Nutzung von Ressourcen.
Mauerelement aus Sandstein mit Muschelkalk und Verwitterung.
Was ist beim Verbauen von Naturstein für Sie geologisch und bauphysikalisch heute State-of-the-Art? Hinterlüftete Natursteinfassaden mit Fugen, denn eine Natursteinplatte mit einem Quadratmeter Größe hat bis zu 5 Quadratzentimeter Flächenzuwachs bei Temperaturwechsel. Dazu ist wichtig: Edelstahlanker mit Überschubhülsen aus Teflon oder Kunststoff lassen Bewegungen und Spannungsabbau zu. Wo sind beim Neubau heute die kritischen Punkte in der Verlegung von Naturstein-Fassadenplatten zu sehen? Es gibt bei jedem Projekt natürlich Verlegepläne, die vor allem an den kritischen Bauwerksecken und Kanten sowie den Fensterbereichen zu beachten sind. Aber natür-
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Ist dieser Trend für Sie als Geologe der richtige? Ja, ich möchte das an einem Beispiel erläutern. Otto Wagner verlegte beispielsweise bei den Stadtbahnstationen und an der Wiener Steinhofkirche sehr große, aber nur 20 Millimeter dünne Carrara-Marmorplatten im Mörtelbett und verankerte diese noch zusätzlich nach hinten ins Mauerwerk – der antiken Tradition folgend, wie sie zum Beispiel in Ephesos beobachtet werden kann. Marmor ist bekanntermaßen überaus empfindlich hinsichtlich der Temperaturwechselbeanspruchung, die im Freien sehr rasch zu einer Gefügeauflockerung führt. In Folge kam es zu Deformationen und zur Verminderung der Festigkeit, er wurde brüchig und klang beim Anschlagen mit dem Fingerknöchel wie eine Kartonplatte. Aber immerhin – die Platten fielen zumeist nicht herunter. In den 1970er Jahren wurden bei Ausbesserungen die Marmorplatten im modernen Ankersystem hinterlüftet vor den Fassaden montiert und das bedingte weit stärkere Temperaturunterschiede zwischen Plattenvorderseite und Rückseite als bei den im Mörtelbett versetzten Platten. Daher wurden die Zerstörungsprozesse stark beschleunigt und die neuen Marmorplatten wiesen bereits nach 10 Jahren
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Stephansdom, Bartholomäuskapelle, um 1360: Sandsteinfassade nach der aktuellen Renovierung.
Waren damit auch viele Sanierungen in Denkmalschutz und Gebäuderestaurierung aus dieser Zeit kontraproduktiv? Im Grunde waren solche Sanierungen Eins-zu-einsVersuche ohne Hintergrundwissen, abgehängte Fassadenelemente waren bei der Sanierung kleinklimatisch noch schlechter als die ursprünglich im Mörtel verlegten Platten.
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lich gibt es dann in der praktischen Umsetzung genau in jenen Bereichen Schwierigkeiten, die Anker im Mauerwerk zu fixieren, sodass durch die immer wieder zu beobachtenden, recht abenteuerlichen Konstruktionen Spannungen in die Natursteinplatten übertragen werden, die zum Ausreißen der Ankerdornlöcher führen. Entscheidend ist auch die Frage, wie das Verwitterungsverhalten des Materials abzuschätzen ist – und wie das physikalische Verhalten des Natursteins im System mit anderen Baustoffen, wie Beton, Glas, Stahl, Mörtel zu bewerten ist.
Welchen Sanierungs- und Denkmalschutzaufwand empfehlen Sie bei historischem Mauerwerk? Eine generelle Aussage ist hier natürlich nicht möglich. Ich möchte hier eigentlich nur eine, allerdings dringende Empfehlung abgeben, nämlich die fundierte Untersuchung und Bewertung der Materialeigenschaften und ihrer Wechselwirkung zueinander unter Berücksichtigung von langfristigen Erfahrungswerten!
Wie dramatisch kann Verwitterung in unseren Breiten ablaufen? Verwitterung ist ein chemischer, physikalischer und biologischer Prozess, gesteuert durch Klima und Mikroklima. Am Stephansdom herrscht zum Beispiel an der Turmspitze Wüstenklima, in Bodennähe mitunter tropisches Regenwaldklima. In Österreich ist jedenfalls die Feuchtigkeit das Hauptproblem, vor allem, wenn sie in den Stein dringt. Wichtig ist es auch zu erkennen, dass wir streng genommen nicht von Wasser im chemischen Sinne sprechen, sondern von Salzlösungen mit unterschiedlichen Konzentrationen wasserlöslicher Salze, die dann bei der Verdunstung des Lösungsmittels – also H2O – zu einer zusätzlichen ganz beträchtlichen Schädigung führen können. Naturstein ist per se kein trockenes Material, dieser Umstand wird zu oft vernachlässigt. Mittelalterliches Bruchsteinmauerwerk trifft auf feine Oberfläche des frühen 17. Jahrhunderts.
Alte Universität Wien: Straßenpflaster Würfelgranit, Mauer Bruchsteinmix, Durchgangs-Bogen Sandstein.
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Ist Materialmix ein besonders Problem oder eine gute Lösung gegen das Entstehen von Feuchtigkeit? Es gilt – leider! – das Erstere: Je nach Endbearbeitung sind Materialmischungen generell meist zu dicht, Feuchtigkeit unter Stauwirkung und Frost wirkt erodierend und zerstörerisch. Es gilt die Regel: Naturstein, Mörtel, Mauerwerk - jede der drei Komponenten für sich allein kann schadensfrei angewandt werden. Eine Kombination im Materialmix bringt meist Probleme mit sich, da die physikalischen Systemeigenschaften oft zu wenig berücksichtigt werden.
Sind Verputzung und Übermalung von Wänden und Elementen aus Stein an Gebäuden eine sinnvolle Lösung des Problems? Österreich hat eigentlich keine Tradition in der materialsichtigen Steinbauweise, im Mittelalter war Steinmauerwerk verputzt. Erst im 19. Jahrhundert, als zahlreiche mittelalterliche Bauwerke ihren Putz durch Verwitterungsprozesse verloren hatten und sich die Wissenschaft mit Denkmalpflege auseinanderzusetzen begann, entstanden im Wesentlichen die konträren Ansätze zwischen Materialsichtigkeit und Putzfassaden. Auch bei dieser Frage ist naturgemäß keine generalisierende Antwort möglich, da in einem interdisziplinären Diskurs zwischen Geisteswissenschaften, Materialwissenschaften, Naturwissenschaften und technischen Wissenschaften ein möglichst sensibel auf das Objekt abgestimmtes Restaurierziel und Restaurierkonzept ausgearbeitet werden muss. Und wie ist das Materialverständnis von Naturstein und seinen Eigenschaften heute im modernen Bauwesen? Naturstein gilt als bestes, ewig haltbares Material. Seine Alterung und Verwitterung aber ist Faktum und zu akzeptieren, hier bedarf es einer Bewusstseinsänderung auch in der breiten Öffentlichkeit. Bei Holz wird eine Verwitterung ja auch hingenommen und sogar bewusst als Gestaltungsfaktor eingesetzt. ■
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Des Steines strenge Regeln
Naturstein als Verkleidung für Bauten muss in Bauphysik, Verarbeitung und Gestaltung hohen Anforderungen entsprechen, wenn er eine dauerhafte Gebäudehülle sein will. Die heute in der Architektur gängige Verkleidung von Fassaden mit Natursteinen soll eine optimale Schutzfunktion vor Witterungseinflüssen durch Dauerhaftigkeit, Langlebigkeit und Schmutzabweisung garantieren. Visuell wird durch dünnwandige Verkleidung die Illusion von Massivität vermittelt, ohne in Gewicht, Masse und Volumen kostenintensiven Voll-Naturstein einzusetzen. Als Ergebnis wird so eine optisch ansprechend wirkende Oberfläche mit hoher Qualitätsanmutung und spannenden Materialeffekten geboten. Allerdings wird die Langlebigkeit von Natursteinplatten von der Qualität der Verbundkonstruktion bestimmt, in die der Stein eingebettet ist.
Wie man ihn bettet, so überlebt Stein Die Hauptprobleme durch die Verbindung der unterschiedlichen Materialien – Stein, Unterbett und Fuge – liegen in Falsch verfugt ist schon verloren: Bauschaden durch Renovierung den Unterschieden von Wasan Ringstraßenhaus. seraufnahme, Trocknung, thermischer und hygrischer Dehnung. Entscheidend für die Lebensdauer sind deren Folgewirkungen wie Spannungen infolge von Scherungen beziehungsweise Frostschäden oder Tauwasserausfall im Mörtelbett des Materialverbundes. Dabei sind die häufigsten konstruktiven Ursachen von Feuchteschäden an Fassaden aus Naturstein fehlende oder zu gering bemessene Tropfkanten an Fensterbänken, Attiken, Mauer- beziehungsweise Brüstungsköpfen oder Ortgängen. Intensive Verschmutzungen inklusive optischer Beeinträchtigung der Fassade sind dann die Folge. Hinterlüften besser als Kleben Kritische Situationen für Natursteinfassaden bringen jedenfalls geklebte, nicht hinterlüftete Konstruktionen oder mehrschichtige Unterputze, die nicht für Natursteinverklebung geeignet sind. Auch Mauerwerk mit Naturstein als Repräsentation der Gründerzeit: Hauptsitz von E. Braun fehlerhaftem Überbindemaß & Co, Wien – Graben 8, heute H & M. und Naturstein mit unbekannten Parametern hinsichtlich Diffusionsverhalten und Wasseraufnahme enthalten ein hohes Verarbeitungsrisiko. Naturstein ist aber immer dann ein sicherer Baustoff, wenn er normgerecht entsprechend seinen Charakteristiken analysiert, eingesetzt und verarbeitet wird.
Wachsen und Schrumpfen als Faktum Naturstein ist „lebendig“ und braucht Raum für Längenund Größenänderung, die vor allem durch geeignete Verlegung und Verfugung möglich sein muss. Die hygrische und thermische Längenänderung von Naturstein ist eine in der Verarbeitung nicht übersehbare Dimension unter wechselnden Witterungs- beziehungsweise Temperaturbedingungen. So ändern Granit oder Kalkstein ihre Ausgangslängen um bis zu 0,18 mm/m, wenn sich die Luftfeuchtigkeit von 50 % auf 100 % erhöht. Auch kann erhebliche Scherspannung, bedingt durch diese Längenwechsel, auf den Klebemörtel einwirken. Generell bestimmen Verfärbungs- und Verformungsneigung sowie die Haftungsfreundlichkeit die für eine Fassadengestaltung auszuwählende Naturstein-Qualität. Nur dadurch können optimale Verlegeergebnisse ohne Ausblühungen, Verfärbungen und Verformungen erreicht werden, wobei die Wahl des geeigneten Mörtelsystems dafür ausschlaggebend ist. Lieber offen als zugefugt Bei Fassaden-Paneelen sind jedenfalls offene Fugen zwischen den einzelnen Elementen unumgänglich. Gezielt in der Gestaltung eingesetzt bewirken sie keinen Bruch in der Gestaltung, sondern ordnen, strukturieren oder rhythmisieren eine Fassade. Sie machen massiv wirkende Steinfassaden durchwegs luftiger und leichter. Ein kreativer Umgang mit dem offenen Fugenbild ist damit längst ein fester Bestandteil in der architektonischen Gestaltung. Dabei bietet sich ein breit gefächertes Einsatzspektrum: Von horizontaler oder vertikaler Betonung über variable Breite und Versetzung bis zu klassischer Symmetrie oder bewusster Asymmetrie reichen die Einsatzvarianten für Verfugungen. So werden bautechnische Grundregeln für Naturstein-Einsatz zu essenziellen Instrumenten der Gestaltung von Fassaden und Baukörpern. ■
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Heller Kalkstein betont Rasterfassade, frei nach dem Kaufhausstil des 19. Jahrhunderts, David Chipperfield, für Peek & Cloppenburg, Wien – Kärntner Straße.
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Fotos: G.F. Roth
Gerhard Franz Roth
Technik
Naturstein
Bodenschätze
Barbara Jahn
Schöne Dinge dieser Welt, die man aus Naturstein, kombiniert mit anderen Materialien, herstellen kann. Ein Produktüberblick. Mit Stein assoziiert man naturgemäß Ruhe, Statik, Unbeweglichkeit, Ortsverbundenheit, Unverwüstlichkeit und nicht zuletzt die Ewigkeit. Das Unzerstörbare, das Widerstandsfähige, das Robuste verleiht ihm die Aura der Sicherheit. Die Flexibilität oder – besser gesagt – die Wandlungsfähigkeit des Steins muss daher erst individuell entdeckt werden. Was alles mit Naturstein möglich ist und wie groß die Palette der Möglichkeiten ist, ihn in Kombination unterschiedlichster Verbundtechniken zu inszenieren, zeigt der folgende repräsentative Querschnitt.
Fotos: material.nl
Ein Hauch von Stein Ultra Thin Stone Veneer, eine superdünne Steinfurnier mit einer Gesamtdicke von nur drei Millimetern, ist eine echte Innovation unter den Materialien. Dieser faszinierend dünn geschnittene Stein, der leicht ist wie eine Feder und dazu noch biegsam und flexibel, kann in zahllosen Anwendungen eingesetzt werden. Das Material kann thermisch verformt, dreidimensional bearbeitet oder gewickelt werden. Bezogen werden kann es aus den verschiedenen Steinbrüchen weltweit, gespalten aus echtem Schiefer. Je nach geografischer Lage kommen bei der Natursteinoberfläche unterschiedliche Farben zur Geltung. Die rohe Spalt-Oberfläche von Schiefer und die Interferenz der verschiedenen Farben jeder einzelnen Steinschicht sind absolut einzigartig. Farbund Oberflächenvarianten sind hier ganz normal und gelten in keinster Weise als fehlerhaft. Auch die durch Druck verursachten Frakturen gelten als ganz normal. In einigen Steinbrüchen findet man einen hohen Grad an Quarz im Schiefergestein. Der jeweilige Quarzgehalt zeichnet auch für die Färbung verantwortlich. Die natürliche Struktur des Quarzit-Schiefers bewirkt letztlich auch eine rauere Oberfläche als beim reinen Schiefer.
SteenFineer
Fast schon Nichts SteenFineer ist ein echtes Naturstein-Furnier mit einer Stärke zwischen ein und zwei Millimetern. Als Trägermaterial wird am häufigsten Polyester verwendet, geeignet für Feuchträume und den Außenbereich. Das Furnier wird darauf aufgebracht, um seine Verarbeitung so leicht wie möglich zu gestalten. Außerdem wird es dadurch flexibel und macht es so möglich, auch gekrümmte Flächen an Wand und Decke zu bespielen. Das Steinfurnier kann auf jedes Substrat aufgeklebt werden, gibt es in zehn Farben und in den Formaten 1.210 mal 610 Millimeter, 1.200 mal 600 Millimeter und 600 mal 300 Millimeter sowie nach speziellen Vorgaben geschnitten. Das Produkt ist auch auf einer Lage Vlies für die einfache Verklebung oder als „Peel & Stick“ – eine Trennfolie als vorgeklebte Unterlage – erhältlich, um das Material direkt, einfach und schnell an der Wand oder Tür anzubringen. SteenFineer kann mit Protection silkmatt und supermatt behandelt werden, aber auch mit dunklen Lasuren, Beizen oder Färbemitteln gefärbt werden. Geliefert wird das Furnier bereits auf einem Substrat wie MDF oder gepresstem Sperrholz, wobei die Paneele schließlich im Nut- und Feder-Prinzip verlegt werden. Angewandt werden kann SteenFineer in sämtlichen Bereichen der Innenarchitektur: in Nassräumen, als Wandverkleidung, an der Decke, bei Möbeln, im Standbau und in der Marineindustrie. SteenFineer Nano kann auch auf einem 0,9 Millimeter dünnen Träger aus recyceltem Leder geliefert werden, für den Einsatz als Alternative für so genanntes „Stein-Leder“.
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Ultra Thin Stone Veneer.
Kleinteilig Black Heart ist ein neues Material aus Kies und Steinen in verschiedenen Größen, die in transparenten Kunststoff eingebettet werden, um eine dynamische, elegante Oberfläche zu schaffen. Die leicht hervorstehenden Steine schützen die Oberfläche des Harzes vor Abrieb und machen das Material langlebig und widerstandsfähig. Black Heart ist in den vier verspielten Farben Gold, Schwarz, Silber und Kupfer erhältlich, immer in einer Kombination mit Schwarz.
Naturstein
Technik
Ebenfalls sehr reizvoll ist ein weiteres innovatives Material. Chocolate Stone Border ist der Name für ein ganz spezielles, fast schon patisserieartiges Mosaik: Kunstvoll und feierlich sehen die Natursteine aus, die wie ein Schmuckstück in einen anderen Stein mit klarer Begrenzung eingefasst sind, wie ein reiches Sortiment feinster, handverlesener Pralinen. Mit unterschiedlichen Schattierungen und Mustern wird hier gespielt: Die zu „Terrinen“ handgeschmolzenen Schichten aus vielfarbigem Marmor, Onyx oder Kalkstein sind Grün, Grau, Beige und Braun. Am Ende werden die Steinplatten mit Methacrylat-Harz versiegelt und können für die Küche oder Bad verwendet werden, nicht aber für den Duschbereich. Doch aller guten Dinge sind drei: In ein farbiges Epoxidharz werden bei den semi-transparenten Fliesen namens ArdoMix kleine Marmorkiesel eingelassen. Mit der
angewandten Technologie entsteht eine glatte Oberfläche mit einer optischen Tiefe, die das ästhetische Erscheinungsbild prägt. Es ist gibt davon zwei Versionen: Zum einen die transparente Serie, bei der klassische Marmorkiesel in transparentes Harz eingelassen sind, zum anderen die farbige Serie mit weißem CarraraMarmor Kiesel, die in farbiges Harz gegossen werden. Der große Vorteil der entweder matt, glänzenden oder rauen Fliesen ist, dass sie problemlos geschnitten werden können. Die Fliesen sind erhältlich in verschiedenen Formaten von 10 mal 10 bis 30,5 mal 91,5 Zentimetern und einer Stärke von 1,1 Zentimetern. Sie können vielseitig als Wanddekoration, als Küchentheke, drinnen und draußen etc. eingesetzt werden, optional mit Hintergrundbeleuchtung.
Ardomix.
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Technik
Naturstein
Black Heart.
Chocolate Stone Border.
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Schichtweise Las Vegas Rock aus den USA hat die Ästhetik von Sandstein, aber die Haltbarkeit von Quarzit. Der Einsatz dieses Meta-Quarzit-Steins kann die Erlangung einer LEEDZertifizierung bei Bauprojekten erleichtern. Es handelt sich um einen sehr harten, vielseitigen Stein, der poliert und abgezogen werden kann und sich für eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem auch für Wasserlandschaften, bestens eignet. Die Steine können individuell und maßgeschneidert für spezifische Designanforderungen und auch für bestimmte Budgetkriterien adaptiert werden. Sie eignen sich für Projekte in den Bereichen Gewerbe und Wohnprojekte sowie gleicher-
maßen für den Einsatz im Indoor- und Outdoorbereich. Wie ein Schichtnougat mutet hingegen Mosaico Aichi, ein Naturstein-Mosaik, an, das aus kleinen rechteckigen Scheiben gemacht ist. In mehreren Farben im Format 12 mal 12 Zentimeter sind die Fliesen, die Räume aufhellen und kleine Räume optisch vergrößern, erhältlich. Durch die exakten geraden Kanten können sie mit minimalen Fugen verlegt werden, was der Ästhetik eines Raumes zusätzlich zuträglich ist. Als Fugenfarbe wird von den Experten Anthrazit empfohlen. Zum Einsatz kommt Mosaico Aichi im Wohnbereich wie im nicht allzu stark beanspruchten kommerziellen Bereich sowie als Wanddekoration oder auch als Spritzschutz.
Naturstein
Technik
Las Vegas Rock.
Majestic Gemstone.
Pebble Mosaic Mix Flat.
Farbenspiel Zwar sind Schwarz, Weiß und Grau keine richtigen „Farben“, jedoch sind sie in Kombination mindestens genauso beliebt wie ihre „echten“ Kollegen. Pebble Mosaic Mix Flat ist ein handverlegtes flaches Kieselmosaik aus Tebe, das im Innen- und Außenbereich für einen natürlichen Look sorgt. Über Jahre und Jahrzehnte flach geformt von Bächen und Flüssen, in Größe, Farbe und Form als natürliches Material leicht unterschiedlich, wer-
den die Steine auf Nylon-Pads befestigt. Damit eignen sie sich nicht nur zur flachen Verlegung, sondern auch zur Anbringung auf gekrümmten Flächen. Das Kieselmosaik kann einen Boden oder Wand aussehen lassen wie eine nahtlose, durchgehende Oberfläche. Die Standardgröße der Elemente ist 30 mal 30 Zentimeter. Die Matten werden in Packungen zu einem Quadratmeter geliefert. Wirklich bunt dagegen wirkt Majestic Gemstone, der in einem einzigartigen Verfahren hergestellt wird. Der gleichnamige Produzent der Herstellung ist auf Oberflächen und Endprodukte mit eingelegten Halbedelsteinen und Fossilien spezialisiert. Eigentlich werden die Steine traditionell in der Schmuckindustrie verwendet. Sie sollen eine positive Wirkung auf ihre Umgebung haben. Majestic Gemstone bezieht die groben Steine auf der ganzen Welt. Das Material wird sorgfältig nach Qualität der Farbe, Größe und Textur von Hand ausgewählt, dann manuell geschnitten und in ein Design für den Interiorbereich verarbeitet. Das Ergebnis ist ein reiches, ursprüngliches und langlebiges Produkt, das praktisch wartungsfrei ist, denn es ist kratz-, fleck-, hitzebeständig und absorbiert kein Öl. Die lichtdurchlässigen Steine können mit Beleuchtung kombiniert werden, um eine besonders einzigartige Stimmung zu erzeugen. ■
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Mosaico Aichi.
Technik
Naturstein
Ein grüner Ausblick auf einen nachhaltigen Lebensstil
www.euroroc.net
Der europäische Naturstein-Dachverband Euroroc hat in einer umfassenden Studie verschiedene Hartbodenbeläge miteinander verglichen. Naturstein schneidet in puncto individuelle Ästhetik, Dauerhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit dabei am besten ab.
Foto: Breitwieser GmbH, Tulln
Sei es der Asphalt auf den Straßen, zementgebundene Oberflächen oder Holzböden in Gebäuden, die Menschen gehen auf festen Bodenbelägen. Die Möglichkeiten, die solche Bodenbeläge bieten, sind zahllos. Auch das Spektrum der Fragen und Antworten ist unendlich. Allen Kriterien ist jedoch eine generelle Frage gemeinsam: Handelt es sich bei dem Bodenbelag um ein gesundes Produkt, das einen nachhaltigen Ansatz verfolgt und stellt es eine umweltfreundliche Lösung dar? Trotz Bemühungen seitens Regierungen, Industrieverbänden oder Forschungsinstituten, Transparenz in die Diskussion zu bringen, gibt es nach wie vor keinen einheitlichen Standard zu Hartbodenbelägen. In dieser Wolke aus Wissen und Halbwissen tut man sich schwer, Wahrheit und Erfahrung einzubringen.
Naturstein, der älteste Bodenbelag der Welt, gibt es in tausenden Varianten.
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Natur und Dauerhaftigkeit Der Architekt, die öffentliche Hand, der Hausbauer sowie alle am Bauprozess Beteiligten wollen wissen, wie umweltfreundlich und nachhaltig ihre Baustoffe sind. Dazu muss man etwas über diese Baustoffe wissen. Woher kommen sie? Wie aufwändig ist deren Gewinnung? Ist der Herstellungsprozess langwierig? Handelt es sich überhaupt um ein Hightechprodukt und ist es möglicherweise gar nicht nachhaltig? Der Abbau von Naturstein und die dazu notwendigen Mittel stellen sicherlich einen unmittelbaren Eingriff in Natur und Umwelt dar. Doch diese Eingriffe sind von vorübergehender Dauer und in ihren Auswirkungen begrenzt. Vielmehr werden dadurch neue Lebensräume und neue Landschaften kreiert. Der Eingriff kann am Ende wieder rückgängig gemacht werden. Wie in der Vergangenheit bleibt der Naturwerkstein ein wertvolles und in allen Teilen der Gesellschaft geschätztes Baumaterial – er steht für Natur und Dauerhaftigkeit.
Naturstein ist der älteste Bodenbelag der Welt. Gebräuchliche Steinarten für Bodenfliesen sind Granit, Marmor und Kalksteine wie Travertin oder Schiefer. Unter diesen Natursteinarten gibt es wiederum tausende Varianten mit Eigenschaften, die von Zeitpunkt und Ort ihres Abbaus abhängig sind. Granit ist ein sehr dichter und harter vulkanischer Stein, der sich sehr gut als Bodenbelag in Küchen und für Zonen mit hohem Verkehrsaufkommen eignet. Marmor mit seiner Vielfalt an Äderungen steht in einer schier unendlichen Farbenvielfalt zur Verfügung. Es sollte abgeklärt werden, ob er für den jeweiligen Zweck geeignet ist. Etwa, ob das Material frostbeständig ist oder der Marmortyp säurebeständig und damit für Küchenoberflächen geeignet ist. Kalkstein ist ein hübsches Sedimentgestein, das weniger Dichte hat als Granit oder Marmor. Er ist leicht verschmutzbar und neigt dazu, zerkratzt zu werden. Travertin ist ein weicher, poröser Stein, auf dessen unbehandelter Oberfläche Abbröckelungen und Absplitterungen entstehen. Eine geschliffene und polierte Oberfläche erreicht man durch Auffüllen dieser Unebenheiten. Für stark frequentierte Böden ist Schiefer die ideale Wahl. Es handelt sich dabei um einen extrem dichten und haltbaren metamorphen Stein, der in unterschiedlichen dunklen Farbtönen vorhanden ist. Geringe Umweltbelastung Der für Bodenbeläge verwendete Naturstein kann nach der Verlegung und dem Ende seines Lebenszyklus anderen Zwecken dienen. Die geringe Umweltbelastung von Naturstein macht ihn zum idealen Hartbodenbelag für alle, die zuallererst grün und nachhaltig denken. Die Kosten-Nutzen-Berechnung muss nicht immer ein Entscheidungskriterium sein, aber wenn Verantwortungsbewusstsein für die Natur und wirtschaftliches Denken übereinstimmen, fällt die Entscheidung leicht. ■ Foto: Richard Watzke
Weitere Informationen
Österreichische Hart- und Weichgesteine mit verschiedenen Oberflächenbearbeitungen.
Naturstein
Designpreis 2013 für innovative Steinmetzbetriebe
Die Preisträger
Mit dem „Designpreis für innovative Steinmetzbetriebe“ werden hervorragende Gestaltungsbeispiele mit Naturstein gefördert. Angesprochen werden damit alle österreichischen Steinmetze, die kreative Ideen umsetzen und ihre Begeisterung für den Werkstoff Naturstein an ihre Kunden weitertragen. Auslober ist die Bundesinnung der Steinmetze in Zusammenarbeit mit dem Steinzentrum Hallein. Einmal jährlich können Interessenten ihre ausgeführten Küche aus feinstem „Mascarello Gold“ Granit. Projekte zum Designpreis einreichen. Steinmetz Manfred Breitwieser aus Tulln. Die Preise werden in jeder Kategorie an bis zu zehn Steinmetzbetriebe vergeben. Teilnahmeberechtigt sind alle Mitgliedsbetriebe der Bundesinnung der Steinmetze in ganz Österreich. Als Bewertungskriterien dienen Faktoren wie eine innovative Gestaltung sowie die technische und handwerkliche Ausführung.
Designpreis 2013 Der Designpreis 2013 wurde in vier Kategorien „Design in der Küche“, „Detaillösungen im Badezimmer“, „Stufen und Bodenbeläge / Innenraumgestaltung“ und „Außengestaltung Naturstein“ vergeben. Die Jurierung erfolgte im Dezember 2013 durch Fachvertreter der Bundesinnung. Aus den Einreichungen wurden die Preisträger ohne Reihung ausgewählt. Die Preisverleihung fand im Rahmen der Bildungswoche der Steinmetze statt. Die Gewinner wurden mit Urkunden geehrt, die von den ausgezeichneten Unternehmen ein Jahr lang verwendet und beworben werden dürfen. www.steinzentrum.org Das Steinzentrum Hallein ist das Kompetenzzentrum für alle österreichischen Steinmetzbetriebe. Neben der Ausbildung zum Steinmetzmeister bietet das Steinzentrum auch Seminare und Dienstleistungen in den Bereichen Bau, Grabmal und Restaurierung an.
Neugestaltung des Altars. Steinmetz Michael Egger aus Murau .
Nero Marquina Masterbad, polierte Rohplatten mit Luna Grey Bodenplatten. Steinmetz Wilhelm Schreiber/Poysdorf.
Umbau eines bestehenden Schwimmbades in Buchkirchen, OÖ. Steinmetz Dietmar Steller aus Wels.
Badgestaltung mit massivem Waschtisch. Wolfgang Ecker aus Traiskirchen.
Opulent profilierte Küchenplatte. Steinmetz Thomas Schubert aus Wien und Leopold Trinkl aus Diendorf.
Treppenanlage über zwei Geschoße. Steinmetz Franz Reinisch aus Wolfsberg.
Sebastian Holzmann
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Steinfassade einer Villa aus Travertin. Steinmetz Ing. Peter Zapfl aus Voitsberg.
Naturstein
HTL-Natursteinpreis 2013. Gestalten mit Naturstein
Der von der VÖN 2008 erstmals ausgelobte HTL-Natursteinpreis ist ein Wettbewerb für innovative, nutzerorientierte Projekte aus Naturstein im Innen- und Außenbereich. Durch den Wettbewerb werden HTL-Schüler, in Ergänzung zur Vortragsreihe „Faszination Naturstein“, mit den gestalterischen und konstruktiven Möglichkeiten von Naturstein vertraut gemacht. Teilnahmeberechtigt als geistige Urheber und Planverfasser sind HTL-Schüler als Gruppen, Klassen oder Jahrgänge. Beurteilt werden die Projekte anhand der Gestaltung und ästhetischen Erscheinung, der technisch einwandfreien Konstruktion, der Einbindung in den räumlichen Kontext, der adäquaten Verwendung von Naturstein sowie der funktionalen Brauchbarkeit. Die Jury besteht aus HTL-Lehrern und Vertretern der VÖN. Im vergangenen Schuljahr beteiligten sich die 5A-Klasse der Bautechnik-Abteilung und die Schüler des 4. Kolleg-Semesters an der HTL Mödling am Wettbewerb. 1. Platz / 5A-Klasse Cindy Simon, Florian Schauhuber Der äußerst kreative Entwurf für eine Shopping Mall basiert auf dem Versuch, eine alternative Form für Monocover-Systeme zu entwickeln, anstatt das System auf bestehende, traditionelle Bauformen anzuwenden. Die Form der Natursteinfassade soll unbehandelten, zerklüfteten Fels darstellen, der jedoch zu einer leicht gerundeten Gesamtform zusammengesetzt ist. Durch seine individuelle, hervorstechende Formgebung wird das Gebäude selbst zu einem Landmark. Die Wandkonstruktion ist aus Beton-Sandwichplatten in Fertigteilbauweise mit aufgeklebten Steinplatten zusammengesetzt, um die komplexe Form ausbilden zu können. 2. Platz / 5A-Klasse Victoria Reichard, Marko Horngacher Bei diesem Entwurf war es wichtig, einerseits eine monumentale Architektur zu erstellen und gleichzeitig eine gewisse Leichtigkeit beizubehalten. Dieser Effekt wurde durch das Zusammenspiel von mit Naturstein
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verkleideten Betonschalen und einem Glaskörper, der diese Schalen immer wieder durchdringt, erreicht. Die Form wurde aus einem Schlauch heraus entwickelt, der mehrfach geschnitten wurde. Die daraus entstehenden ringförmigen Schalen werden in abwechselnden Abständen aufgestellt und mit einer Stahl-/Glaskonstruktion verbunden. Um möglichst viel Lichteinfall zu gewährleisten, werden die einzelnen Schalen gegengleich aufgestellt. Die Entscheidung für den Lava-Basaltstein der Fassadenverkleidung fiel aufgrund der damit erreichten Monumentalität des Entwurfes.
1. Platz / Kolleg Günter Seifert, David Sattler Das Team Seifert – Sattler konnte mit seinem Projekt Feuerstelle / Balkon / Fassade bei einem Einfamilienhaus den Wettbewerb für sich entscheiden.
2. Platz / Kolleg Dusko Gvero, Edith Schnabl, Valentina Stojanovits Ihr Vorschlag für die Fassaden- und Gartengestaltung eines Einfamilienhauses landete auf dem 2. Platz.
Impressum Herausgeber: Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke, A-5400 Hallein, Salzachtalstraße 24 • Medieninhaber und Verleger: Bohmann Druck & Verlag GmbH & Co. KG • Postanschrift: A-1110 Wien, Leberstraße 122 T: +43-1-740 95-0, F: +43-1-740 95-183, www.bohmann-verlag.at • Chefredaktion: Roland Kanfer, r.kanfer@bohmann.at • Redaktionsleitung: DI Margarete Schwarz, margarete.schwarz@bohmann.at •
Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe: DI Barbara Jahn-Rösel, Fernando Klar, Anna Klerdorf, Dr. Iris Meder, DI Gerhard Franz Roth • Repro: Dietmar Mantler, A-1220 Wien • Druck: Stiepan & Partner Druck GmbH, 2100 Korneuburg • Druckauflage: 10.000 Stück •
Urheberrecht: Es wird keine Haftung für etwaige Beschädigungen oder Verluste der zur Verfügung gestellten Unterlagen übernommen. Die Retournierung der Unterlagen erfolgt nur auf ausdrückliche Anforderung. Die drucktechnische Wiedergabe ist von der Qualität der übermittelten Unterlagen abhängig. Mit der Einsendung von Manuskripten und Bildmaterial erklärt sich der/die Autor/in einverstanden, dass diese vollständig oder teilweise in der Zeitschrift wettbewerbe publiziert werden. Ebenso stimmt er/sie der Verwertung im Wege der digitalen Vervielfältigung und Verbreitung über Offline- oder Online-Produktionen zu. Falls eine Vergütung vereinbart wurde, deckt diese die genannten Verwertungsformen ab. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages gestattet. Die in den Beiträgen vertretenen Meinungen der Autoren sind nicht unbedingt mit denen des Verlages identisch. • Zum Zwecke einer leichteren Lesbarkeit der Texte wird auf eine geschlechterspezifische Schreibweise verzichtet. Insbesondere gelten Berufsbezeichnungen als geschlechtsneutral.
Die Architektur ist die Fortsetzung der Natur in ihrer konstruktiven Fähigkeit Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841)
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3 Steinmetzmeisterbetrieb Wolfgang Ecker Traiskirchen office@ecker-stein.at www.ecker-stein.at
4 Komm.Rat. Johann Gersthofer Grafenbach stein@gersthofer.at www.gersthofer.at
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