NR. 6 Juni 2014
Juni 2014 www.das-ideale-heim.ch CHF 9.50
WOHNEN IM HOCHHAUS: Zürich und Mailand
WAND, BODEN UND TEXTILIEN Zarte Stoffe, gestrickte Teppiche, edle Hölzer und vieles mehr SALONE MILANO Überblick über News und Trends in separater Beilage
OT ANGEB ist mein l e i v e i W « rt?» Haus we
heck c n e t r e p x E reis p r e d n o S zum Seite 119
WAND, BODEN UND TEXTILIEN: Zarte Stoffe, gestrickte Teppiche und edle Hölzer SALONE MILANO: News in separater Beilage IH_06_14_AA_Titel.indd 1
HOCH HINAUS WOHNEN IM HOCHHAUS IST EN VOGUE. VIER BEISPIELE IN ZÜRICH UND MAILAND.
08.05.14 10:51
Shop in shop: Baden, In!Baden Biel, Berberat Interieur Frauenfeld, Moebel Tino Lugano, Salvioni
IH_06_14_AB_Editorial.indd 2
Mendrisio, La Casa Interior Design Morges, Moyard decoration Neuägeri, Trendline Puidoux, Batiplus Design Center
Sant’Antonino, Delcò Mobili Schaan, Thöny Innenausbau Zürich, Neumarkt 17
To find your nearest dealer www.poliform.it Made in Italy
08.05.14 11:00
E D I T O R I A L
Foto: Bruno Helbling, Stuhl von Arne Jacobsen by Republik of Fritz Hansen über www.holmsweetholm.ch
Mit Weitblick planen Wohnen im Hochhaus ist en vogue. In Zürich West zum Beispiel schiessen die Wohntürme wie Pilze aus dem Boden. Das jüngste, eben grad fertig gewordene Beispiel ist der Hard Turm, der neben der ebenfalls neu eingeweihten Hochschule für Kunst und Angewandte Wissenschaft in den Himmel ragt. Gmür & Geschwentner Architekten haben in diesem Bau aufgezeigt, dass Hochhäuser nicht zwingend übereinandergestapelte Normgrundrisse beinhalten müssen. Sie haben flexible Raumstrukturen gebaut, die eine vielseitige Innenraumgestaltung ermöglichen (Report ab Seite 40). Als Beispiel aus den vergangenen Boomjahren des Hochhausbaus berichten wir über eine Wohnung in der Überbauung Hardau. Die vier braunroten Türme prägen seit 1978 das Stadtbild Zürichs. Wie es sich darin wohnt, zeigt unser Besuch bei Stefano Wieting, Inhaber des Concept Stores «Two Rooms», der im 13. Stock für sich selbst eine Zweizimmerwohnung eingerichtet hat (Report ab Seite 50). Prägend für das damalige Stadtbild und eine Ikone des ingenieurhaften Hochhausbaus war und ist die «Torre Breda» in Milano. Auch hier schauen wir den Bau nicht nur von aussen, sondern auch von innen an und staunen über den Weitblick über die Stadt und bis zu den Alpen (Report ab Seite 62). Als Gegenpol zu unseren Hochhausreports, die ausserdem noch mit einem historischen Abriss über die Hochhausgeschichte der Stadt Zürich (ab Seite 58) und einem Interview mit dem Organisator des internationalen Hochhauspreises ergänzt werden (ab Seite 70), berichten wir über das Schlossanwesen des angesagten Künstlers Erwin Wurm. Erlesene Vintagestücke und Antiquitäten treffen hier auf modernes Design. Alles ist mit viel Geschmack arrangiert (ab Seite 98). Viel Geschmack und Mut zu ausgefallenen Tapeten bewies auch der Mailänder Modedesigner Antonio Ponte, der jedes seiner Zimmer mit anderen Wandkleidern versah (ab Seite 92).
DIE BADARCHITEKTEN
Gute Lektüre wünscht herzlichst
ANITA SIMEON LUTZ Chefredakteurin anita.simeon@archithema.ch
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Editorial
IH_06_14_AB_Editorial.indd 3
VON DER INSPIRATION ZUR IDEE. VON DER PLANUNG ZUR VOLLENDUNG.
INFOLINE 0844 22 44 00 W W W. B A DE W ELTEN.CH
08.05.14 11:00
Salone del Mobile
I N H A LT
MAILAND
Juni 2014
Beilage
Hard Turm
Eröffnung in Wien
OBEN WOHNEN
DC TOWER 1
Seite 40
Seite 28
17 Mein Ideales Heim –— Der «Hexer aus dem Entlebuch», Stefan Wiesner, braucht keine vier Wände. 18 Auslese –— News und Tipps aus den Bereichen Architektur, Design und Kunst.
Wohnen mit Weitblick Vom Hard Turm hat man eine wunderbare Aussicht ins Limmattal. Architektur: Gmür & Geschwentner Architekten; Interior: Dyer-Smith Frey. (Bild: Gaston Wicky)
58 Historie –— Wie alles begann. Die Geschichte des Hochhauses in der Schweiz.
26 Design –— Kreativer Export aus Schweden.
62 Mailand –— Über den Dächern der Stadt. Familienleben im 23. Stock.
28 Architektur –— Zur Eröffnung des DC Tower 1 in Wien.
70 Internationaler Hochhauspreis –— Der Organisator Peter Cachola Schmal im Interview.
30 Kunst –— Die Pace Galerie in Zuoz. 32 Reisen –— Exotik und Bling-Bling im Hotel Anantara in Dubai.
38 Let’s play –— Das Werk von Designer und «Baumeister» Alfredo Häberli.
IH_06_14_AC_Inhalt.indd 6
50 Zürich –— Cool und stylisch wohnen im Hochhaus – zu Besuch bei Stefano Wieting in der Hardau.
24 Design –— Die historische Kristallglas-Manufaktur Baccarat.
34 Bücher –— Hoch hinaus oder an den Herd? Beides lesenswert!
6
40 Zürich –— Aus dem Hard Turm von oben herab auf die Pfingstweidstrasse.
Wohnen 92 Mailand –— Drama und Tapeten im Zuhause von Antonio Ponte. 98 Wien –— Erwin Wurm, seine Kunst und sein Schloss.
Fotos: Delfino Sisto Legnani (1), Michael Nagl (1)
Entree
Fokus Hochhaus
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Inhalt
08.05.14 11:10
ANDRAX GmbH Sunnehaldenstrasse 12a CH-8311 Bruetten
IH_06_14_AC_Inhalt.indd 7
Tel. +41 52 355 00 70 info@andrax.ch www.andrax.ch
FLEXFORM SPA MEDA (MB) ITALIA www.flexform.it info@flexform.it
GROUNDPIECE design by ANTONIO CITTERIO
A.D. NATALIA CORBETTA / FOTOGRAFIA MARIO CIAMPI
made in italy
08.05.14 11:12
Textil WOVEN POETRY
Seite 86
Bad
Zürich
IM ALTER
GARTENHAUS
Seite 114
Seite 120
108 Visite –— Zu Besuch bei Fritz Hansen, der Institution des nordischen Designs. 110 Küche –— Offen- und Verschlossenheit in der Küche als Wohnraum. 114 Bad –— Moderne und schöne Bäder für altersgerechten Komfort. 118 Jubiläum –— 25 Jahre Sessel «Pallone» von Leolux. 120 Garten –— Setzlinge und alte Bäume im Garten eines Zürcher Stadthauses. 126 Bauen –— Das Ferienhäuschen Seehöckli im Jahre 1940 und mehr als 70 Jahre danach.
Spezial BÖDEN
ab Seite 74
74 Schmeichelboden –— Böden von Bodarto – fugenlos und warm. 76 Böden –— Auch in Sachen Fussboden gilt «zurück zu den Wurzeln». 84 Strickteppiche –— Der Schweizer Teppichhersteller Ruckstuhl in Kolumbien. 86 Gewobene Poesie –— Isa Glink vom Textilhersteller Kinnasand im Interview. 88 Wand & Textilien –— Textilien und Tapeten für die feinen Seiten des Wohnens.
Standards 3 13 14 119 130 132 146
Editorial Impressum Köpfe Leserangebot Prämien Wettbewerb Vorschau Juli/August
Serviceguide 133 Profis 136 Service: Neues auf einen Blick 139 Die Experten 142 Designhotels 144 Adressen Titelthemen sind farbig markiert
Fotos: Oliver Lang (1)
Rundgang
Spezial Boden, Wand, Textilien
8 IH_06_14_AC_Inhalt.indd 8
12.05.14 14:03
IH_06_14_AC_Inhalt.indd 9
08.05.14 11:12
AUSLESE Seminar Wahrnehmung und Verkehr: Autofahrerspaziergang in Kassel von 1993.
Kunstgegenstand: Die Landschaftsfalle von Lucius Burckhardt.
Hans Ulrich Obrist
14. ARCHITEKTURBIENNALE
A stroll through a fun palace Lucius Burckhardt and Cedric Price Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia zeigt vom 7. Juni bis 23. November 2014 das vielschichtige Projekt «Lucius Burckhardt and Cedric Price – A stroll through a fun palace» von Hans Ulrich Obrist im Schweizer Pavillon an der 14. Architekturbiennale von Venedig. Der Kurator Hans Ulrich Obrist war einst Lucius Burckhardts Student und wirft einen Blick auf die jüngere Architekturgeschichte und reflektiert mit ihrer Hilfe über die Zukunft der Architektur im einundzwanzigsten Jahrhundert. Lucius Burckhardt sowie Cedric Price gehören beide zu den visionärsten Denkern des zwanzigsten Jahrhunderts, die Architektur neu zu definieren versuchten. CI www.biennials.ch
Neueröffnung Der «Bogen33» ist seit über 10 Jahren eine sichere Adresse, wenn es um Vintagemöbel im Raum Zürich geht. In den nahe gelegenen Viaduktbögen wurde nun ein Ableger «Viadukt*3 – Tisch und Stuhl» eröffnet, der sich, wie es der Name schon sagt, ausschliesslich auf Holztische und Stühle konzentriert. Wer nach Möbeln mit Geschichte, Klassikern oder Liebhaberstücken sucht, ist hier goldrichtig. www.viadukt3.ch
18 IH_06_14_BB_Auslese.indd 18
Retrospektive In der Ausstellung «The Place We Live» illustriert der bedeutendste, lebende amerikanische Landschaftsfotograf Robert Adams, den rasch verändernden Westen der USA. Die unmenschliche Bauweise sowie die gedankenlose Ausbeutung der natürlichen Ressourcen stehen dabei im Vordergrund. Die Ausstellung findet vom 7. Juni bis 31. August 2014 im Fotomuseum Winterthur statt. www.fotomuseum.ch
2
Nordisches Flair Der Onlineshop Helsinki Design ist Spezialist für nordisches Design in der Schweiz. Sein Angebot wird nun um die skandinavischen Traditionsmarken Swedese und Vivero sowie den neuen innovativen Designbrand One Nordic Furniture Company erweitert. Das neue Sortiment umfasst Designklassiker, aber auch neue, innovative Produkte, wie etwa die Kuu-Pendelleuchte oder den Key-Beistelltisch auf der Abbildung. www.helsinki-design.ch
Fotos: Bertram Weisshaar (1), Bruno Zhu (1), Robert Adams (1)
1
3
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Auslese
08.05.14 11:19
Erweitern Sie Ihren Wohnraum. Die rahmenlosen Schiebefenster von Sky-Frame gehen schwellenlos in ihre Umgebung über. So lässt sich nur schwer sagen, wo die Aussicht anfängt und der Innenraum aufhört. www.sky-frame.ch
IH_06_14_BB_Auslese.indd 19
08.05.14 11:20
Illusion: Das Künstlerpaar schuf zehn neue Spiegelkreationen, die in einem Raum der Kunsthalle unterschiedliche optische Täuschungen erzeugen.
AUSLESE
OPTISCHE TÄUSCHUNG
Trix und Robert Haussmann Ausstellung in Freiburg
1 2
In ihrer 50-jährigen Karriere erforschte das Designer- und Architektenpaar Trix und Robert Haussmann viele kreative Schaffensbereiche. Zeichnungen, Collagen und Texte waren nur ein Teil davon. In den 1960er-Jahren begannen sie mit einer komplexen Sprache, die man einer frühen postmodernen Haltung oder einer Radical Design Position zuordnen kann. Nun widmet die Fri Art Kunsthalle Freiburg ihnen eine Ausstellung. Diese wurde in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern erschaffen und soll jeden Aspekt ihrer Arbeit beleuchten, ohne eine klassische Rückblende zu sein. CI Trix und Robert Haussmann, Ausstellung vom 26. April bis 15. Juni 2014 Fri Art Kunsthalle, Petites-Rames 22, 1701 Freiburg, www.fri-art.ch
Fotoausstellung
Sammelsurium In der Ausstellung «Show and Tell – Architekturgeschichte(n) aus der Sammlung» im Architekturmuseum der TU München wird das Archiv und seine verschiedenen Materialien zum Thema gemacht. Das Museum verfügt über die grösste Spezialsammlung der Architektur in Europa. Um eine Brücke zur Gegenwart zu schlagen, wurden zeitgenössische Architekten wie etwa Grafton oder Toyo Ito eingeladen, sich zu beteiligen. «Show and Tell» findet vom 13. März bis 15. Juni 2014 statt. www.architekturmuseum.de
20 IH_06_14_BB_Auslese.indd 20
Die Stiftung Bisazza für Design und zeitgenössische Architektur beherbergt zum ersten Mal in ihren geräumigen Sälen eine fotografische Ausstellung. Diese wird der deutschen Fotografin Candida Höfer gewidmet. Insgesamt werden zwanzig grossformatige Bilder von menschenleeren, öffentlichen Räumlichkeiten, wie etwa Museen, Bibliotheken, Archiven oder historischen Gebäuden gezeigt. Die Ausstellung findet vom 9. Mai bis 27. Juli 2014 in Montecchio statt. www.fondazionebisazza.it
3 Italien auf Zeit Ein neuer Pop-up-Showroom bringt italienische Klassiker in die Schweiz. Ab März sind nämlich die zwei italienischen Edelmarken Busnelli und Cinova im Stilhaus in Rothrist vertreten. Bis Ende August 2014 können die Designstücke beider Marken im 1. OG von Stilhaus entdeckt werden. www.stilhaus.ch, www.busnelli.it www.cinova.it
Foto: Candida Höfer (1)
Eingespieltes Team: Robert und Trix Haussmann schauen auf eine 50-jährige Karriere zurück.
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Auslese
08.05.14 11:20
IH_06_14_BB_Auslese.indd 21
08.05.14 11:20
Landmarke: An der viel befahrenen Pfingstweidstrasse in Züri West liegt der Hard Turm.
Gmür & Geschwentner Architekten Gestapelte Flexibilität
0
40 IH_06_14_CB_Gmuer_Tower.indd 40
25
Das Büro Gmür & Geschwentner Architekten in Zürich erarbeitet seit über einem Jahrzehnt vielseitige Architektur von privaten und öffentlichen Gebäuden. Besonderen Wert legen sie auf die Diversität der Grundrisse. Das zeigte sich schon bei vorangegangenen Projekten wie dem Wohnprojekt «James» in Zürich Albisrieden. Im Zürcher Hard Turm verbinden sie privates und öffentliches Leben in einem Gebäude. Die schlichte Form mit der expressiven Fassade zeigt schon von aussen die hohe Flexibilität der Innenräume, die im Rohbau und durch weitere Architekten oder Designer individualisiert werden. FQ
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Zürich
08.05.14 11:36
Industrie und Design
Individuell: Schon an der Aussenfassade ist ablesbar, dass das Innere des Hard Turms nicht aus Standardgrundrissen besteht.
GMร R & GESCHWENTNER ARCHITEKTEN
haben im Hard Turm flexible Raumstrukturen gebaut, die eine vielseitige Innenraumgestaltung ermรถglichen. Text: Franziska Quandt, Fotos: Gaston Wicky (7), Delfino Sisto Legnani (5)
IH_06_14_CB_Gmuer_Tower.indd 41
08.05.14 11:36
Gemütliche Abendstimmung: Sofa: «Throw Away», Willi Landels (Zanotta), Stehleuchte: «Hase», Julius Theodor Kalmar (Kalmar Werkstätten), Holzrelief:
Zwei Räume, eine Liebeserklärung Wir besuchten in der Hardau die Wohnung von Stefano Wieting, Inhaber des Concept Stores «Two Rooms». Text: Susanna Koeberle, Fotos: Jürg Zimmermann
50 IH_06_14_CC_Hardau.indd 50
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Zürich
12.05.14 14:06
Ministadt: Durch die geschickte Setzung der Türme und die vorbildliche Aussenraumgestaltung entsteht ein freundliches, grossstädtisches Klima.
W
ie Wohnsiedlung Hardau wurde in den 70erJahren erbaut. 1965 ging das Projekt von Max P. Kohlbrunner als Sieger in einem öffentlichen Wettbewerb hervor. Die vier braunroten Türme prägen seither das Stadtbild. Fährt man mit dem Zug Richtung Hauptbahnhof, erlebt man ein verwirrendes Vexierspiel. Die Türme scheinen wie von Zauberhand gelenkt einen Tanz zu vollführen, das Bild verändert sich laufend, Höhe und Lage der Bauten sehen jede Sekunde anders aus. Die Hochhäuser entfalten ihre Wirkung als Gruppe, bilden eine Miniskyline und wirken dank ihrer geschickten Setzung auch von innen heraus wie eine eigene kleine Stadt. Ihrer kompakten Form ist es zu vedanken, dass die rasch wandernden Schatten kaum stören. Im Gegenteil: Vor allem die höher gelegenen Wohnungen sind hell und sonnendurchflutet.
IH_06_14_CC_Hardau.indd 51
Es muss nicht der 31. Stock sein (wie beim höchsten Gebäude mit 93 Metern Höhe), davon konnten wir uns bei Stefano Wietings Wohnung überzeugen. Der gelernte Grafiker und Inhaber des Concept Stores «Two Rooms» wohnt in einer Zweizimmerwohnung im 13. Stock. Er lebt seit über zehn Jahren in der Hardau. «Früher dachte ich immer, die Häuser hätten etwas Düsteres, dann wurde ich einmal zum Nachtessen in den 24. Stock eingeladen. Es machte klick und ich wusste: Hier möchte ich auch wohnen», erzählt er. Stadt in der Stadt Das Erstaunliche ist, dass in der Hardau ein grossstädtisches Feeling und eine beinahe ländliche Stille koexistieren. «Morgens hört man sogar die Vögel zwitschern», berichtet Stefano. Autos hört man von seinem Turm aus nicht. Doch auch das leise Rattern von Zügen in der Ferne, die man von anderen Häusern
aus wahrnimmt, wirkt eher beruhigend als belästigend. Das ist zumindest für mich so. Ich gehöre nämlich zur Nachbarschaft, bin wie Stefano überzeugte Hardauerin. Also nicht wirklich neutral. Als die Hardau-Siedlung erbaut wurde, gab es in den Türmen nur Kleinwohnungen. Wohnungen für Familien waren nur in den vierstöckigen Blöcken der Siedlung vorhanden. Im Rahmen einer Aufwertung des Quartiers beschloss die Stadt (die auch Besitzerin der Liegenschaften ist) die gesamte Anlage zu sanieren. 2007/8 wurden die Häuser einer Totalrenovation unterzogen. Dabei wurden 64 Kleinwohnungen zu 32 Wohnungen mit 4,5 und 5,5 Zimmern zusammengelegt. In jenen Tagen war zwar noch kein Prime Tower in Sicht, aber es fand damals ein Meinungsumschwung statt: Man rückte von der Auffassung ab, dass Hochhäuser nicht als Domizil für Familien (sprich für Kinder) geeignet seien. Heutzutage sind Hochhäuser zwar total hip
08.05.14 12:00
Wohnen über den Dächern von Mailand
Grenzenlos: Offene Räume fliessen ineinander und geben ein Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit.
62 IH_06_14_CD_Torre_Breda.indd 62
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Mailand
08.05.14 11:43
Transparenzeffekt: Wände wurden durch Glas- und Schiebetüren sowie Spiegel ersetzt.
Stilvoll: Die Inneneinrichtung widerspiegelt die Designvorlieben der Bewohner für die 50er- und 60er-Jahre.
Im 23. Stock des Torre-Breda-Hochhauses von Mailand restrukturierte der junge Mailänder Architekt Fabio Azzolina die Wohnung einer vierköpfigen Familie. Text: Oliver Ike, Fotos: Grazia Branco, Redaktion: Carina Iten
IH_06_14_CD_Torre_Breda.indd 63
08.05.14 11:43
SPEZIAL BODEN
Natürliches Wohnaccessoire Die Natur macht unseren Boden zum schönsten Wohnaccessoire. Ein Teppich mit Tiermotiv, natürliche Materialien oder eine authentische Optik. Redaktion: Franziska Quandt
Istek Einen echten Vintageteppich zu bekommen, der sich noch dazu in gutem Zustand befindet, ist nicht leicht. Die Firma Istek ist ein Spezialist auf diesem Gebiet. Online bietet sie eine Reihe an restaurierten Unikaten an. Bei diesen Teppichen wird das Alter und die Wertigkeit erlebbar. Altes Handwerk und hochwertige Materialien spiegeln sich in den Stücken wider. Bei Istek sind nicht nur restaurierte Kelims aus Anatolien und Moldau im Angebot, sondern auch Upcyclingteppiche in einer Vintagereihe. Hier werden alte Orient- und Dorfteppiche in einem Alter von 30 bis 80 Jahren in ihrem originalen Zustand belassen, spezialgereinigt, teils entfärbt, neu koloriert und auch zu Patchworkarbeiten arrangiert. www.by-istek.com
76 IH_06_14_FB1_Spez_Boden.indd 76
Das Ideale Heim im Juni 2014 — Spezial Boden
08.05.14 13:24
Wicanders Böden aus echtem Kork sind angenehm und haben eine warme Optik. Sie verfügen über hervorragende trittschall- und wärmedämmende sowie feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften. «Corkcomfort» ist der ideale Bodenbelag für hochfrequentierte Wohnbereiche und gewerbliche Flächen sowie öffentliche Gebäude. «Corkcomfort» gibt es in zahlreichen Oberflächengestaltungen. Hier abgebildet ist das Design «Linn Moon». Der Boden eignet sich für die leimlose, schwimmende Verlegung mit der «Corkloc-Klickverbindung» oder fixe Verlegung. www.wicanders.ch
Rug Star Pflanzen, Tiere und Insekten werden auf den Teppichen der Kollektion «Eden» in lebhafter Farbenfreude dargestellt. Man wähnt sich mittendrin im bunten Durcheinander der Tierwelt. Jürgen Dahlmanns Leidenschaft für Design, tibetische Teppiche und die Dynamik der Tierwelt lässt sich wunderbar an den Entwürfen ablesen. Diese Stücke tibetischer Handwerkskunst aus Wolle und Seide bringen Tradition und Design zusammen. www.rugstar.com
Karpet
Fotos: S. Lewandowski (1)
Kronospan
Kirgisische Nomadenteppiche, sogenannte Shyrdaks, haben eine lange Tradition in Kirgisien. Filzmatten werden in einem aufwendigen Verfahren zu Mustern geschnitten, kombiniert und von Hand zu Filzteppichen vernäht. Jeder Teppich erzählt die Geschichte seiner Entstehung und trägt eine Art Ausweis bei sich: Eine Fotografie der Herstellerin des Teppichs. Die Muster versinnbildlichen den Wunsch nach Glück, Geborgenheit und Fruchtbarkeit in der Folklore der Kirgisen. www.karpet.ch
Die neue «Panorama Touch»-Kollektion wirkt naturgetreu und authentisch. Die «Synchron»-Oberflächen sind optisch wie haptisch kaum von Echtholz zu unterscheiden. Die fünf verschiedenen Strukturen sind in 23 Farbzusammenstellungen erhältlich. Dabei werden acht moderne Unifarben mit der modifizierten Oberfläche «VL Supersoft» und den neu entwickelten Farben Porzellanweiss, Toffee und Trüffel oder mit Türkis oder Jaffaorange kombiniert. www.kronospan.com
IH_06_14_FB1_Spez_Boden.indd 77
08.05.14 13:24
Mustergültig Es darf ruhig etwas mehr sein: Die Tapeten in der Wohnung des Mailänder Modedesigners Antonio Ponte bieten den Vintageobjekten eine dramatische Bühne. Text: Silke Bender, Fotos: Joanna Maclennan, Redaktion: Antje Herrmann
IH_06_14_CG_Silke_Bender.indd 92
08.05.14 12:06
Mit Blick für das Aussergewöhnliche: Antonio Ponte mit Katze Bibi. Sofa: Einzelstück von Gio Ponti, Tapete: Fornasetti.
E
s war Liebe auf den ersten Blick, als Antonio Ponte diese Wohnung in einem 40er-Jahre-Haus fand. Nichts Pompöses, ein Mehrfamilienhaus, konzipiert für das mittlere Bürgertum der italienischen Modemetropole Mailand. Zentral gelegen zwischen dem Naviglio Grande und der Porta Genova, in einer beliebten Wohngegend, in der es zum Lieblingsbäcker, Gemüsehändler und Café am Wasser nicht weit ist. «Ich mochte den Duft der Vergangenheit, der einen schon im Hauseingang empfängt», sagt er. Der Kunst-, Möbel- und Objektesammler mit einer Vorliebe für die 40er- bis 80er-Jahre fand hier ein stilechtes Ambiente, das seinen Schätzen den perfekten Rahmen gibt. Ihm gefiel besonders der klassische Grundriss der 95 Quadratmeter grossen Drei-
IH_06_14_CG_Silke_Bender.indd 93
zimmerwohnung: Ein schmaler langer Flur, von dem die einzelnen Zimmer zu jeder Seite abgehen. Die Raumhöhe und die originalen Gitterglastüren. «Ich habe nicht eine einzige Wand herausgerissen», sagt er. «Ich mag es einfach, den Geist früherer Epochen zu erhalten.» Keine Frage, dass Wohn- und Esszimmer zwei getrennte Räume blieben. Lediglich die alte, winzige Küche funktionierte er zu einem Bad und Haushaltsraum um, sie platzierte er stattdessen im ehemaligen zweiten Schlafzimmer. Mut zum Muster Nur die weissen Wände, in denen die Vorbesitzer lebten, waren Ponte ein Dorn im Auge. Viel zu kalt, zu nackt. Als bei der Renovierung die alten grafischen Marmorfliesen im Flur zum Vorschein kamen, machte es bei ihm klick. Plötzlich war die Idee geboren, einfach
die Wände mit Kleidern zu schmücken – für einen Modedesigner, der zuvor für Moschino, Ken Scott, Missoni, Iceberg und jetzt Max Mara arbeitet, eine ziemlich nahe liegende Idee. «Ich wollte aussergewöhnliche Tapeten in kräftigen, warmen Farben, die jeden Raum definieren», erklärt er, während er im Wohnzimmer auf seinem gelben Sofa, einem Vintage-Einzelstück von Designlegende Gio Ponti, Katze Bibi krault. Fündig wurde er in der Mailänder Traditionsadresse für Tapeten, dem «Il Posto delle Fragole». «Die rot-schwarze Tapete war ein absoluter Ladenhüter», lacht Ponte. «Der Chef sagte, dass ich der Erste sei, der sich traute, diese zu kaufen.» Der Mut zum Muster hat sich gelohnt: Denn gerade diese psychedelisch, plastisch wirkenden Rhomben bringen den dramatischen Twist in den schmalen Flur und werten ihn zum Catwalk für die Designobjekte auf, die sich in ihm aneinanderreihen:
08.05.14 12:06