Valerio Olgiati im Gespräch
Frage:
Können Sie Stellung nehmen, welche Verantwortung ein Architekt heute trägt,
gegenüber wem ein Architekt verantwortlich ist und was derzeit die grossen Herausforderungen für einen Architekten sind? Valerio Olgiati:
Ich glaube, kurz gesagt, man ist gegenüber sich selbst verantwortlich.
Ich denke, dass wir in einer Zeit leben, in der jeder Einzelne Entscheidungen trifft, welche auf unseren eigenen Voraussetzungen basieren, auf unserem eigenen moralischen und ethischen Fundament. Ich glaube also, dass jeder selbst über seine Limiten entscheiden muss. Die Epoche, in der ein allgemeingültiges Ideal in der Architektur existierte, gehört der Vergangenheit an. Es gibt in unserem Zeitalter keine Idealarchitektur, die, figürlich gesprochen, über uns schwebt und uns Handlungsanweisungen gibt. Heute Nachmittag hatten wir eine Diskussion mit einigen Mitgliedern der Architekturfakultät und ich habe in diese Diskussion eingebracht, dass der Architekt Frank Gehry, den ich für einen guten Architekten halte, beweist, dass es am Ende keine richtige oder falsche Architektur gibt. Gehry entwirft eine Architektur, welche nicht beschrieben werden kann, und er selbst kann seine Architektur nicht einmal erklären. Ich kann sein Werk nicht dadurch begreifen, dass er es erklärt. Ich kann seine Architektur nicht orten, habe keine klare Vorstellung, was diese Architektur zum Ziel hat. Es bleibt offenbar einem selbst überlassen. Frage:
Was hat Sie als Architekt am meisten beeinflusst, welches ist Ihre herausra-
gendste Qualität als Architekt, und was ist der Unterschied zwischen Ihrer Generation, welche in den späten Fünfzigerjahren geboren wurde, und der heutigen Generation von ganz jungen Architekten, die in den Achtzigerjahren geboren wurde? Valerio Olgiati:
Der grösste Unterschied zwischen mir und den ganz jungen Archi-
tekten: Ich lebe für die Architektur. Ich würde tatsächlich für die Architektur sterben. Wahrscheinlich ist dies der grösste Unterschied, ich möchte das aber nicht weiter vertiefen. Der erste Unterschied zwischen meiner Generation und der Generation der ganz jungen Architekten ist derjenige, dass ich mein Studium in den Achtzigerjahren begann – in jenem Jahrzehnt also, das im Wesentlichen von der Postmoderne geprägt war. Die Postmoderne ist eine architektonische Bewegung, welche die vergangenen historischen Stile der Architektur nach Referenzen befragt. Allgemein gesagt, ist die Postmoderne jedoch eine viel umfassendere Gegenreaktion auf die moderne Architektur, welche weit 8
über Stilfragen hinausgeht. Lassen Sie mich erklären, was ich damit meine.
Conversation with Valerio Olgiati
Question:
I was wondering if you could tell us what you thought the current responsibil-
ity of the architect is? Who are architects responsible to, or what is the major responsibility facing architects today? Valerio Olgiati:
I think you are responsible to yourself. That is the short answer; I think we
are living in a time in which me make our own decisions based on our own foundations, our own moral and ethical foundations. I think that you have to find out for yourself what your limits are. We do not live in a time in which there exists a general ideal of architecture that is, figuratively speaking, hovering above us and that presents us with instructions on what to do. We had this discussion this afternoon with some members from the faculty. I think that the architect Frank Gehry, whom I find a good architect, proves that, in the end, there is no more right or wrong in architecture. He makes architecture that cannot be explained. He cannot even explain it himself. I do not understand his work when he explains his architecture. I have no idea what his architecture is about. So it is all about you, it seems. Question:
What do you think has influenced you most as an architect, what is your great-
est quality as an architect, and what is the difference between your generation, born in the late 1950s, and the generation of students born in the late 1980s? Valerio Olgiati:
The biggest difference between you and me is that I live for architecture.
I would literally die for architecture. That is probably the biggest difference. However, I am not going to continue that argument. What is different in my generation, compared to your generation, is that I started in the 1980s. The 1980s was the decade in which postmodernism was very important. Postmodernism is an architectural movement that looks back and references historic styles of architecture. Generally speaking, postmodernism is a more encompassing reaction against modern architecture, which reaches beyond stylistic questions. Let me explain what I mean in saying that. My father’s1 generation tried to install renewed moral values to architecture. His generation attempted to install a precise and certain conduct about how an architect has to behave in the practice of architecture. Postmodern architecture, then, counters those attempts by creating an architecture that questions those values. For a postmodernist architect, questions of truth, of being right, being correct or incorrect are obsolete. The postmodernist position has changed such that it has left behind its overt references to historical styles. What has remained of postmodernism is the
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I Conversation with Valerio Olgiati Valerio Olgiati im Gespräch
Sind Sie nicht deshalb so sehr an das Auto gebunden? Die Distanzen zwischen A und B sind einfach sehr gross. Dasselbe Problem haben Sie in grossen Gebäuden. Beim Museum in Taipeh, nach welchem Sie mich befragt haben, hatten wir komplexe funktionale Anforderungen. Die vertikale Ausrichtung des Museums hat es mir erlaubt, mehrere Rolltreppen, Aufzüge und Rampen einzuplanen. Diese Elemente, zusammen mit variierten Ebenen, erlaubten die Schöpfung von verschiedenen Welten innerhalb des Museums. Ich entwarf vielfältige räumliche Verbindungen und gab diesen Räumen verschiedenartige Inhalte. Eine horizontal ausgerichtete Struktur hätte diese Raumqualitäten nicht zugelassen, zumindest nicht in einer derart kompakten Art und Weise. In einem horizontalen Schema hätte es ganz einfach zu viel Zirkulation gegeben, ein andauerndes Hin und Zurück mit unzähligen Kreuzungen, beinahe wie in einem Flughafen. Ich stellte mir eine andere Art Architektur für das Museum vor. Frage:
Können Sie erklären, warum Sie Muster und Texturen in einigen Ihrer Pläne für
das Haus K+N verwendet haben? Ich beziehe mich auf die Grundrisse und Schnitte, die Sie gezeigt haben, denn diese sehen nicht wie typische Olgiati-Zeichnungen aus. Valerio Olgiati:
Die Zeichnungen sind nur für Sie, um Sie zu verführen! Nein, tatsächlich
sind diese Zeichnungen ein Experiment. Es soll eine Atmosphäre produziert werden, in der das Projekt lebt. Richtigerweise haben Sie erkannt, dass meine Zeichnungen normalerweise aus schwarzen Linien auf weissem Papier bestehen. Diese SchwarzWeiss-Sprache der Zeichnungen verhält sich wie ein geschriebener Text. Es ist wichtig, dass Sie begreifen, dass eine Zeichnung nicht das Gebäude selbst ist. Ich habe kein Interesse daran, mit Zeichnungen Kunst zu produzieren, ich verstehe sie nicht als Kunstwerke. Ich verwende Zeichnungen in derselben Weise wie meine Texte: schwarze Buchstaben auf weissem Papier. Man muss seinen Intellekt und sein Vorstellungsvermögen gebrauchen, um sie im Kopf Wirklichkeit werden zu lassen. Die Zeichnungen verhalten sich genauso wie ein geschriebener Text. Die Zeichnungen des Hauses K+N, auf die Sie sich beziehen, sind ein Versuch, das Haus der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies ist sehr schwierig, denn die Fotografien dokumentieren das Haus nicht sehr gut. Daher entschied ich mich, diese atmosphärischen Zeichnungen zu erstellen, deren Hintergrund seinen Ursprung in einem islamischen Teppichmuster hat, der uns einen Hinweis zur Architektur dieses Projektes geben soll. Üblicherweise stellen meine Zeichnungen keine Bezüge zur architektonischen Idee her, aber in diesem Falle dachte ich mir, es sei notwendig, jedem, der diese Zeichnungen studiert, die Richtung zu weisen, und das richtige Gefühl zu erzeugen. Vielleicht manipulieren die Zeichnungen den Betrachter ein wenig. Normalerweise erstelle ich solche Zeichnungen nicht. Frage:
Sie haben begonnen, die Art Ihres Entwurfsvorganges zu erläutern. Ich habe
mich gefragt, wie Sie einen Entwurf beginnen, wenn Sie die Bewilligung bekommen 40
haben. Können Sie den Vorgang anhand eines Beispiels erläutern?
portant that you understand that a drawing is not the building itself. I usually do not find it interesting to make art out of drawings. I do not understand them as pieces of art. I usually use drawings in the same way as when I write a text: black letters on white paper. You have to use your intellect, your imagination to make it real in your head. It is the same thing with drawings as with a written text. So what you are referring to with these drawings for the K+N House is something I wanted to do in order to make the building accessible for the public. This is very difficult because the photographs do not really document it well either. So, I decided to make these atmospheric drawings in which the background has its origins in an Islamic carpet. What you saw in those drawings is a background of patterns of an Islamic carpet that invoke a memory towards the architecture of this project. Usually my drawings do not give away hints, but in this case I thought it would be necessary to direct anyone studying these drawings in the right direction and bring forward the correct feeling for the building. Perhaps it is a little like a manipulation of the person looking at the drawing. Normally, I do not do these kinds of drawings. Question: You
have begun to elucidate on the nature of your design process. I was won-
dering how you begin a project after you receive a commission. Can you explain the process you go through when you are given a project, and could you give an example? Valerio Olgiati:
Let me first say that I chose to operate a small office with only five or six
architects working for me. What I do as an architect is the entire design phase, of
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rich Wilhelm Schelling brilliante Antworten gegeben haben. Balthasar Neumann, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Mies van der Rohe, um wiederum nur die Brilliantesten zu benennen, haben sich dieser Frage architektonisch mit den Mitteln ihrer Zeit gestellt. Die Aussagen von Mies van der Rohe sind in dieser Hinsicht wahrscheinlich von grösster Bedeutung. Er erklärte, dass die Baukunst in den ewigen Gesetzen der
Die Bedeutung der Idee
I
The Significance of the Idea
Das Ringen um das Ganze ist ein altes philosophisches Problem, auf das unter anderen bereits vor Jahrhunderten die Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz und Fried-
Welt verankert sei, als er konstatierte, dass „die Schönheit im Glanz der Wahrheit“ zu finden sei. Der „Glanz der Wahrheit“ wird hier als die Struktur der Wirklichkeit des Wesens selbst verstanden. In anderen Worten: Mies’ Aussage bekräftigt, dass das Objekt eine unmittelbare Reflexion des Wesens des Innersten ist. Was Olgiatis Œuvre mit jenem von Mies van der Rohe gemeinsam hat, wurde von Schelling folgendermassen beschrieben: „Die Kunst, indem sie das Wesen in jenem Augenblick darstellt, hebt es aus der Zeit heraus; sie lässt es in seinem reinen Sein, in der Ewigkeit seines Lebens erscheinen.“4 Während sich die theoretischen Ansätze der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts – zum Beispiel die „konkrete Kunst“ oder der „Minimalismus“, auf welche sich die zeitgenössische Architektur auf die eine oder andere Weise bezieht – nach wie vor zumindest teilweise auf den philosophischen Unterbau der vorhergehenden Jahrhunderte verlassen, gehört Olgiati einer Generation an, die seit Langem akzeptiert hat, dass die Suche nach Wahrheit und dem universellen Wesentlichen aufgegeben wurde. Das Auftreten des historischen Denkmodells hatte bereits im 19. Jahrhundert dazu beigetragen, den Menschen von theologischen Dogmen zu befreien, also vom einzigen Bereich, in dem Wahrheit auch tatsächlich möglich ist. Im Mittelpunkt der zeitgenössischen Welt steht also nicht mehr das statische, von Mies angeführte Credo „Glanz der Wahrheit“, das auf St. Augustin zurückgeht und sich vom mittelalterlichen Naturrecht ableitet. Zentral ist heute vielmehr ein Diskurs, der in eine Synthese von dynamischem Charakter mündet und im Vorstellungsvermögen und im Seelengebäude des zeitgenössischen Menschen seinen Widerhall findet. Es ist die Errungenschaft der Architekten und Theoretiker der späteren Achtzigerjahre und des folgenden Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts – welche manchmal zu Recht oder zu Unrecht dem „architektonischen Minimalismus“ zugeordnet werden –, den Objekt-Charakter der Architektur, inklusive ihrer Materialität, erneut hervorzuheben. Dies erfolgt nicht nur als eine Reaktion auf die Inflation immer schneller wechselnder Projektionen des postmoderen Zeitalters, in dem scheinbar „anything goes“. Vielmehr ist es auch als eine Reaktion auf eine Architektur zu verstehen, welche mit Recht als Gegenstand des Eklektizismus, als eine Anarchie der Formen und Bilder begriffen wurde – also insgesamt als Resultat einer „Pop Art“-Annährung, aufgeladen mit ironischen und selbstentwürdigenden Referenzen, die bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aufkam und ihren Höhepunkt in den Siebzigerjahren erlebte. Jene Architektengeneration, die in den späten Achtzigerjahren ihre künstlerische
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und architektonische Reife erlangte, propagierte einen Ansatz, bei dem Architektur
positional architecture,” not only for its method of how it is made but also because compositions seem in analogy to some sort of an ideal that are in want to be manifested and explained, whereas Olgiati’s architecture is on that side of humanism that sees it to be its hallmark that no ideal architecture exists any longer: now architecture is based on ideas. An ideal architecture would not have the intellectual, imaginative, and ideational potential that architecture ought to have in order to become an object of man’s highest dreams about himself and the world. Man’s dreams are very definitely unbounded in our epoch of enlightened humanism and Olgiati does find it unacceptable to limit these dreams by means of an ideal architecture that pretends to be fixed and eternal but is in fact most temporal and transitory. As a consequence of his ethical conviction, Olgiati posits the absolute as the idea for his architecture, an architecture that lets “us to see the world more fully.” Thus, the idea that stands at the center of Olgiati’s architecture is a totality, an organic unity, and a whole. This in itself is an old philosophical problem, to which, among others, the philosophers Gottfried Wilhelm Leibniz and Wilhelm Friedrich Schelling have given brilliant answers centuries ago. Balthasar Neumann, Karl Friedrich Schinkel, and Ludwig Mies van der Rohe, again to mention only the most brilliant, elaborated this quest architecturally with the means of their own time. The statements of Mies van der Rohe are probably the most decisive in this regard. He explains that the art of building is grounded in the eternal laws of architecture when he stated, “the beautiful is in the radiance of truth.” Radiance of truth is here understood as the structure of actuality of being itself. In other words, Mies’ statement claims that the object is reflecting the essence of the innermost kernel. What Olgiati’s œuvre has in common with the one of Mies van der Rohe was described by Schelling when he stated: “Art points to the timeless because it presents the nature of things in that one moment and lifts nature beyond time. Art makes the thing appear in its purest and eternal from of its existence.” 4 While the theoretical approaches of 20th and 21st century art, such as “Concrete Art” or “Minimal Art,” to which much of contemporary architecture is indebted in one way or another, still carries some of the philosophical underpinnings of the theories of the previous centuries, Olgiati, of course, belongs to a generation which has long accepted that the search for truth and universal essence has been substituted. The emergence of the historicist model of thought has contributed to liberate man from theological dogma, the only realm where truth is possible, as far back as the 19th century. Not the static Mies-invoked St. Augustinian “radiance of truth” reliant on natural law is at the center in our contemporary world, but a discourse that results in a synthesis of dynamic character, and reverberates in the imagination and soul of contemporary men. It is the achievement of architects and theoreticians of the latter 1980s and the following decade—who are sometimes correctly or incorrectly labeled as belonging to an “Architectural Minimalism”—to re-emphasize the object-character of architecture, including the materiality of that architecture, in a reaction against the inflation not only
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des 20. Jahrhunderts: das Verlangen nach einen reinen Erfahrung. Während sich aber die Suche nach einer reinen Erfahrung im vorherrschenden Paradigma der Moderne um das Wesen jenseits der Äusserlichkeiten dreht, sucht die „spezifische Architektur“ ihre reine Erfahrung in der Gegenwärtigkeit. Demnach negiert die „spezifische Architektur“ das Vermächtnis der Moderne nicht vollständig und sie sucht eine Zuflucht vor der Wesenheit, die zur Gegenwärtigkeit führt, indem sie den Zielen der sze-
Die Bedeutung der Idee
I
The Significance of the Idea
meinsames Streben der „spezifischen Architektur“ und der Moderne der ersten Hälfte
nografischen Postmoderne ausweicht und diese schliesslich hinter sich lässt. Die Strategie der „spezifischen Architektur“ kennt wie die Moderne eine Hinwendung zum Konzept des „Glanzes“ im Sinne einer Ausstrahlung, allerdings in einer anderen Weise als Mies sie anstrebte, als er den Objekten eine Reflexion der Wesenheit des Innersten zusprach. Die Art des Glanzes der Objekte der „spezifischen Architektur“ ist nicht länger als ein Ausdruck der formalen Harmonie und der Perfektion zu verstehen, als Ausdruck einer ontologischen Vollkommenheit. Vielmehr ist ein Herausreissen des Objektes aus seiner Umgebung gemeint, also ein absichtlicher Bruch zwischen Objekt und Welt. Der Glanz der „spezifischen Architektur“ ist epiphanisch in dem Sinne, dass diese neue Erfahrung nicht durch ein Hervorbringen der Architektur in seinem wirklichen Wesen herbeigeführt wird, sondern durch ein Offenlegen, was die Architektur in einem gegebenen Moment für den Betrachter bedeutet. Vielleicht ist es zu radikal, von einer „Erlebnisarchitektur“ zu sprechen, aber es ist der Wert, der dem Architekturobjekt in jenem Moment zukommt, in dem es einem gegenwärtig wird. In diesem Sinne ist es jetzt die reduktive epiphanische Erfahrung selbst, die dem Objekt einen Wert verleiht, welchen dieses vorgängig nicht gehabt hat. Ausserdem ist es nicht nur die Umkehrung von Wesen, also Essenz, zu Gegenwärtigkeit, also Präsenz, die hier vollzogen wird. Eine Epiphanie dieser Art kann das gewöhnlichste Objekt oder das gebräuchlichste Material in unserer Vorstellungskraft scheinen lassen. Eine gewisse Vorliebe für sogenannte „alltägliche Materialien“, die sich in der Praxis der „spezifischen Architektur“ beobachten lässt, ist ein Resultat dieser theoretischen Position. Olgiatis Architektur kehrt sich ab von einer solchen Suche nach „Reduktion“, wie sie die „spezifische Architektur“ vertritt. Diese hat insofern nach wie vor etwas von calvinistischer Askese, als sie beinahe erhaben und quasi-religiös eine unvermittelte Architekturerfahrung anstrebt, die davon ausgeht – um es zu wiederholen –, dass „es keine Ideen, ausserhalb der Dinge“ gibt. Allgemein formuliert: Olgiatis Architektur öffnet den epistemologischen Fokus der „spezifischen Architektur“, der oben beschrieben wurde, um dann einige dieser Strategien anzuwenden, und damit wiederum auf den Bereich jenseits des Gebäudes selbst zu verweisen. Die Wiedereinführung des Metaphysischen ist, wenn auch unter völlig anderen Vorzeichen als das erhabene und quasi-religiöse Streben, das eben erwähnt wurde, ein gewichtiger Teil von Olgiatis architektonischen Absichten. Olgiatis codifiziert diese amitionierten Absichten mit seiner Maxime, dass er „von Tempeln träumt“.
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Olgiatis Architektur unterscheidet sich von der „spezifischen Architektur“ insofern,
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