advertising, art & ideas
Swiss Performance 09
archithese
1.2009
Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur
HHF & Ai Weiwei Tsai Residence und Artfarm, New York
International thematic review for architecture
Herzog & de Meuron TEA / Plaza de España, Tenerife Diethelm & Spillmann Franz Marc Museum, Kochel am See Made in Sàrl Einfamilienhaus, Chardonne Wespi de Meuron Ferienhaus, Caviano Christoph Roesch, Rolf Furrer «Piz Tschütta», Vnà Liechti Graf Zumsteg Oberstufenschulhaus, Gipf-Oberfrick Peter Kunz Oberes Alpgut, Winterthur e2a Triangel Haus, Winterthur :mlzd Mensa Löwenscheune, Kantonsschule Wettingen Holzer Kobler Architekturen Cattaneo Areal, Dietikon agps architecture Zurich International School, Adliswil Schregenberger Architekten Hürlimann-Areal, Zürich Camenzind Evolution Google, Zürich
ZEITLOS Wenn ein Teppich nicht nur schmuckes Accessoire, sondern modernes Design ist. Wenn seine Ästhetik Räume durchflutet und ein Gefühl von stiller Intimität schafft. Dann steht gewiss der Name TISCA TIARA dahinter. Mit aussergewöhnlichen Materialien und faszinierenden Strukturen. Für Teppich- und Stoffkreationen von bleibender Schönheit. www.tisca.ch THE TOTAL TEXTILE COMPANY Leserdienst 121
archithese 1.2009 Januar/ Februar Preis: 28 CHF/18 Euro
Swiss Performance 09
Editorial
Swiss Performance 09 Schon zum neunten Mal lautet der Titel des Heftes, mit dem archithese das Jahr beginnt, Swiss Performance. Was zunächst im Jahr 2001 als Versuchsballon begann, nämlich die wichtigsten Bauten des Vorjahres zu resümieren, ist inzwischen zur Erfolgsgeschichte geworden: Swiss Performance gilt als unausgesprochenes Jahrbuch der Schweizer Gegenwartsarchitektur. Dass Auswahlen notwendigerweise subjektiv sind, muss nicht erneut betont werden; dass die Auswahl selbst aus Sicht der Redaktion nur stellvertretend steht für das, was in der Schweiz oder von Schweizer Architekten im Ausland gebaut worden ist, zeugt vom paradigmatischen architektonischen Qualitätsbewusstsein eines im europäischen Massstab kleinen Landes. Einige Bauten, die ebenfalls in diese Nummer hätten Eingang finden könnnen, wurden schon in den vorangehenden Heften des Jahres 2008 behandelt. Wie in den vergangenen Jahren ist auch in diesem Heft die archithesetypische Unterteilung zwischen Thementeil und aktuellen Architekturen suspendiert – zugunsten der Trennung in «Swiss Performance» und «Swiss Unlimited». In letzterer Rubrik finden sich erneut kleinere oder experimentelle Projekte. Gewohntem Muster folgen dann wieder die nächsten Hefte des Jahres 2009: Heft 2 hat «Sakrale Bauten» zum Thema, Heft 3 «Suburbia» und Heft 4 «Luxemburg». Heft 5 widmet sich dem Thema «Rekonstruktion und Adaption», während Heft 6 das Jahr voraussichtlich mit dem Thema «Material und Nachhaltigkeit» beschliesst. Redaktion
2 archithese 1.2009
Gramazio & Kohler / ETH Zürich: Structural Oscillations, raumbildende Installation bei der Architekturbiennale Venedig (Foto: Alessandra Bello)
1
Konstruktion und Eruption Herzog & de Meuron: Tenerife Espacio de las Artes / Plaza de España, Santa Cruz de Tenerife Ein Kulturzentrum und eine Platzgestaltung konnten die Architekten aus Basel in diesem Jahr auf Teneriffa fertigstellen. An die Tradition tinerfeñischen Bauens der letzten Jahrzehnte anknüpfend, zeigen sie, wie Kunst- und Naturformen in der Natur zusammenfinden.
16 archithese 1.2009
Text: Hubertus Adam
mal ein Domizil erworben haben. Für das Archipel ist diese
Einer der ersten, der die eigenartige Natur Teneriffas ent-
Entwicklung ambivalent: Wachsender Reichtum wird erkauft
deckte, war der Naturforscher Alexander von Humboldt. 1799
mit Verkehrsinfarkt und raumgreifender Zersiedelung.
brach er zusammen mit dem Botaniker Aimé Bonpland von La Coruña aus zu seiner später legendären, fünfjährigen For-
Attraktionen für eine Stadt
schungsreise nach Südamerika auf. Erster Zwischenstopp
Der Inselhauptort Santa Cruz de Tenerife hat sich als Hafen-
der beiden Wissenschaftler war Teneriffa, wo sie sich eine
ort und Verwaltungszentrum rasch entwickelt und teilt sich
Woche aufhielten und unter anderem den Vulkan Teide be-
abwechselnd mit Las Palmas auf Gran Canaria die Haupt-
stiegen. Es sei die schönste Insel, die er je gesehen habe,
stadtfunktion der autonomen spanischen Region Canarias.
vertraute Humboldt seinem Tagebuch an.
Gemeinhin wenig attraktiv auf Besucher wirkt die Stadt, die
Heute schätzen Urlauber die Kanarischen Inseln vor allem
ihren Namen von dem Kreuz erhielt, das der Konquistador
wegen ihres ganzjährig milden Klimas. Seitdem Teneriffa
Alonso Fernández anlässlich seines Siegs über die Ureinwoh-
nicht mehr vom spanischen Überseehandel profitiert, ist der
ner, die sogenannten Guanchen, einst in den Strandboden
Tourismus zur Haupteinnahmequelle avanciert und hat eine
gerammt hat. Historische Stadtensembles findet man in der
Infrastruktur geschaffen, die seit den Sechzigerjahren mit
erhöht im Landesinneren gelegenen Kolonialstadt La Laguna
Schnellstrassen, Feriensiedlungen und Apartmentblocks die
oder in La Orotava oberhalb der Nordküste, einen Badestrand
bestehende Natur- und Kulturlanschaft rabiat überformt hat.
erst wieder einige Kilometer weiter nordöstlich in Las Tere-
Playa de Las Américas und Los Cristianos heissen die Strand-
sitas.
destinationen im Südwesten, welche mit ihren Megaresorts
Santa Cruz zeigt einen wilden, vielleicht gar charmanten
das Hauptaufkommen der Pauschaltouristen abfangen. So
Mix aus Kolonialbauten, Ensembles aus Jugendstil, Art déco
bizarr ein Spaziergang durch Las Américas auch anmutet:
und Moderne sowie hemmungslos in den Stadtorganismus
Wenn Massentourismus sich auf wenige Quadratkilometer
gerammten Spekulationskomplexen, doch besteht der ent-
konzentriert, hat das für den Rest der Insel Vorteile. Zu den
scheidende touristische Nachteil darin, dass die Stadt durch
temporären Besuchern kommen allerdings auch Legionen
eine breite Strassenachse sowie vorgelagerte Industrie- und
von Neusiedlern – Europäer zumeist, die im milden Klima der
Hafenareale vom Meer abgetrennt ist. Seit den Neunziger-
Kanaren ihren Lebensabend verbringen wollen und, sofern
jahren versucht man, diesen Defiziten zu begegnen und
sie noch nicht dauerhaft hier wohnen, zumindest schon ein-
damit die Attraktionskraft von Santa Cruz gegenüber den
2
1 Diagonale des öffentlichen Weges durch dreieckigen Innenhof (Fotos: 1+2, 8 – 10, 13 –16 Roland Halbe)
3
2 Aussenansicht von Süden angrenzend zum Flussufer 3 Luftaufnahme der Gesamtsituation mit Bauplatz des TEA (unten) und Plaza de España (Foto © Herzog & de Meuron)
17
ELEMENTAR IN KUNST UND ARCHITEKTUR Diethelm & Spillmann Architekten: Umbau und Erweiterung Franz Marc Museum, Kochel am See (Bayern) Das neue Museum von Diethelm & Spillmann sieht sich in der Tradition der Museumsbauten von Peter Zumthor und Andrea Deplazes. Das Gebäude besticht durch seine klare Grundrissdisposition und seine beeindruckende Natursteinaussenhaut. Trotz Schwächen in der Gestaltung der Verkehrswege ist dies ein gelungener Museumsneubau – geeignet für die Kunstpräsentation.
Text: Uwe Hinkfoth
Der Besucher nähert sich, vom Kochelsee her kommend,
Die Suche nach dem Uranfänglichen und Elementaren 1, wie
auf steiler Wegführung in parkartigem Gelände dem Mu-
Werner Hofmann es in Anlehnung an Wilhelm Worringers le-
seum. Vereinzelt grüssen beim mühevollen Anstieg Plasti-
gendäre Schrift Abstraktion und Einfühlung zusammenfasst,
ken zeitgenössischer Künstler links und rechts des Weges
äussert sich in der Kunst von Franz Marc und den Malern des
– Kreuzwegstationen unserer Zeit. An der Brüstungsmauer
Blauen Reiters. In der friedlichen und schönen Landschaft
der neu geschaffenen Restaurantterrasse des Altbaus vor-
des bayrischen Voralpenlandes malte der junge Expressio-
beischlendernd, gewahrt man nun die Gesamtanlage. Alle
nist und begann mit Kandinsky die ersten Schritte zur Ab-
Blicke richten sich auf den strengen, kubisch wirkenden,
straktion und damit zur modernen Kunst. Hier war neben
aber auf rechteckigem Grundriss aufgeführten Neubau, der
Orten wie Paris, Moskau und New York eine weitere Ge-
einige Meter vom Altbau abgerückt ist und doch mit ihm
burtsstätte der Moderne, wie der französische Maler Robert
durch einen Verbindungsgang in Korrespondenz gebracht
Delaunay dies 1913 in einer Postkarte an Franz Marc dann
wird.
auch konzedierte.2
Der Neubau negiert all das, was der Altbau mitbringt:
Wie viele seiner Künstlerkollegen zog Franz Marc ein Jahr
verputzte Geschosse mit Sprossenfenstern und Fensterläden
später in den Krieg und fiel 1916 vor Verdun – im Grunde hin-
sowie ein Satteldach mit Gauben darüber. Vielmehr sieht
terliess er, wenn man so will, nur ein Frühwerk, von dem sich
sich der Betrachter weitgehend ungegliederten, aus Crails-
in diesem Museum zentrale Werke, etwa die Gemälde Hocken
heimer Muschelkalk gemauerten Wänden gegenüber. Ledig-
im Schnee (1911) oder Springendes Pferd (1912), befinden.
lich hier und da sind kompositorisch Vor- und Rücksprünge in
In Analogie zur ausdrucksstarken, elementaren Malerei
die Fassade eingefügt. Sie übertragen das steile Satteldach
des Franz Marc nun hat der Zürcher Architekt Alois Diet-
des Altbaus in die zeitgenössische Formensprache des Neu-
helm (Büro Diethelm & Spillmann) in einfacher Formenspra-
baus, damit der Kontrast zwischen beiden nicht zu deutlich
che den kraftvoll-elementaren, 6,5 Millionen Euro teuren Bau
werde. Das dahinterliegende Flachdach entzieht sich den
des neuen Franz Marc Museums in die Landschaft gefügt.
Blicken.
Das Büro war als Sieger eines zweistufigen, eingeschränkten Wettbewerbes, zu dem von den Bauherren des Museums, der
Mit Liebe zum Detail: die Verlockungen einer Aussenhaut
Stiftung Etta und Otto Stangl, im Jahr 2005 sechs Architek-
Die Wahl des Materials ist bei einem derart minimalistischen
turbüros eingeladen worden waren, hervorgegangen.3
Bau von besonderer Bedeutung. Man entschied sich nicht
Dabei wurde das benachbarte, etwa achtzig Jahre alte
zugunsten eines ortstypischen Steins, sondern für einen
und mit Satteldach gedeckte Gebäude, das seit 1985 das von
Muschelkalk aus dem schwäbisch-fränkischen Gebiet. Der
Klaus Lankheit eingerichtete bescheidene Museum beher-
Naturstein ist einem Ziegelmauerwerk vorgeschaltet, das so-
bergt hatte, umfunktioniert. Fortan sind nur mehr museums-
wohl tragende als auch dämmende Funktion hat. Verblend-
pädagogische Räume, die Verwaltung und ein Restaurant
und Hintermauerwerk ruhen auf Leichtbetonkonsolen.
dort untergebracht, während der Neubau mit 700 Quadrat-
Auf der Oberfläche der Steine sind die radialen Spuren
metern Ausstellungsfläche tempelartig allein der Präsenta-
der maschinellen Steinbearbeitung belassen. Was in der Zeit
tion der Kunst dient.
der Gotik der Steinmetz mit dem Scharriereisen mühevoll
24 archithese 1.2009
1 Gesamtansicht des Geländes (Fotos 1–6: Roger Frei)
25
Made in Sàrl: Single-family house, Chardonne Exploring the tight opportunities of the site, the house is an
extravert glass object entirely suspended above the ground, freeing up the total width of the plot as garden or terrace and raising the living space to enjoy maximum views to the Lake Leman.
Unconditional Architecture
30 archithese 1.2009
Text: Fenna Haakma Wagenaar
ized immediately the predicament of having to argue for qual-
I have yet to meet someone who aspires to be anything like
ity in the face of domestic and personal issues. His parents
his/her parents. So when you think about it, isn’t it a bit
just wanted a home and to help their son kick-start his office.
reckless of parents to ask their child to design them a house?
Made-in wanted to do Architecture.
Aren’t they in fact inviting their fiercest critic to transform
Heiz and Charbonnet accepted the parents’ commission
their life? Perhaps parents are somehow still expecting that
on one condition: That they committed themselves “to do
their child, after all its pubescent rebellions, has finally turned
Architecture”.
in to a new improved copy of themselves and can be trusted
A small plot of land was found in Chardonne (Vaud). Slop-
to mind-read his way to designing their perfect house. Or
ing towards Lake Leman, with a wide view to the Alps and
maybe they are being just typical altruistic parents, helping
close enough to their friends and family, the site ticked all
their budding Architect child to kick-start its career. Either way, they must have momentarily disregarded the
their boxes – affordable, beautiful, exciting – a place they could imagine themselves forever happy.
fact that their critical child has developed its own sense of
But the site proved a challenging one. The seller of the land
self on the basis of everything that is wrong with their life. So
lived next door and before any handover was made he out-
whilst parents might think their talented child has a first-hand
lined his own set of planning restrictions that would come on
understanding of their habits and needs, and are therefore
top of the local regulations, allowing a future building to cover
best suited to design them their ideal home, they might be in
just about 10 to 15 percent of the already narrow plot of land.
for a shock: Here comes a complete life-style make-over.
They could also not build higher than the level of the abutting
After retiring and with their three children out of the house,
road; effectively the house had to be almost invisible.
Swiss Air pilot Samuel Heiz and his wife, a former stewardess,
Without a real brief and with only the old bulky family barn
Heidi Heiz, decided to pack up their belongings and sell their
as main lifestyle reference, the Architects focussed on explor-
big and cosy rural farm house in Montherod to buy a barge
ing the tight opportunities of the site. The initial scheme of
to set sail through Europe. For two years the couple travelled
February 2006 was Made-in’s first step in defining the future
and visited many of Europe’s connected River Cities.
home of their clients. Due to the significant constraints and
Then they missed having a garden and a fireplace and de-
the sloping of the land, Made-in proposed a largely intro-
cided to settle again. First they looked for a ready-made house
verted subterranean structure with an internal courtyard. But
and asked their Architect son to help them with their search
the parents weren’t ready to go underground just yet. They
but none of the houses they visited or considered, inspired
wanted to live and they wanted to be outside.
their activated sense for adventure enough to make it their
Thus, as a reverse experiment, Made-in proposed another
home, so after half a year of looking they turned to their son
extreme, an extravert glass object entirely suspended above
Patrick Heiz who had recently co-founded the Architecture
the ground, freeing up the total width of the plot as garden or
office Made-in, together with his friends François Charbon-
terrace and raising the living space to enjoy maximum views
net and Adrien Verschuere (Adrien left the office in 2006).
to the lake and beyond. This was the house they would even-
It’s difficult to find more determined, genuine and ambi-
tually build. Made-in’s floating house is radically straightfor-
tious Architects than Patrick Heiz and Francois Charbonnet.
ward. The steel-and-glass box protrudes from the hill freeing
They had met at the Basel office of Herzog de Meuron where
up the sloping garden hill to create a spectacular landscape.
they both worked for over three years and had developed
Two slim struts angle sideways to support the object, leaving
their talents. They knew that only by having a robust, clear
the space below column-free. Under and around the house
and contextual Architectural concept that covers all aspects
there is the sloping grass land with a terrace where you can
of a project, you can win competitions, challenge clients, ma-
entertain outside, sheltered by the building and with steps
nipulate the outcome of important meetings and aspire to do
down to a cellar underground. A retractable staircase folds
Architecture. Now faced with his parents’ quest, Heiz real-
out from the entrance to the East side of the house, where
1 General view (Photos: Made in Sàrl)
31
Ein Dorf wird Hotel Christoph Roesch, Rolf Furrer: «Piz Tschütta» in Vnà Mit dem Umbau eines früher als Usteria dienenden Engadinerhauses hat das Dorf Vnà ein kulturelles Zentrum erhalten. Der Kulturgasthof zeigt, wie nachhaltiger Tourismus in der Alpenregion gefördert werden kann.
Text: Hubertus Adam Vnà, auf 1650 Meter hoch über dem Talboden des Inns gelegen, weist verschiedene Vorzüge auf: Es gilt im Sommer als wärmster Ort des Engadin, besitzt ein intaktes historisches Ortsbild und keinen Durchgangsverkehr. Gleichwohl ist es nicht auf direktem Weg zu erreichen: Wer am Endbahnhof Scuol-Tarasp aus den Zügen der Rhätischen Bahn aussteigt, nimmt zunächst das Postauto bis Ramosch, um dort auf einen Shuttlebus umzusteigen, der die steile Serpentinenstrasse emporfährt. Endstation ist der Dorfplatz von Vnà, das heute siebzig Einwohner zählt. Dezentrales Hotel Der zentrale Platz wird beherrscht von dem Komplex «Piz Tschütta», einem alten Doppelhaus, das – wie im Engadin ty1 Neue Zimmer im Stalltrakt (Fotos: Tom Bissig)
pisch – aus dem steinernen Wohnteil und einer angebauten Stallscheune besteht. Bis vor einem guten Jahrzehnt diente die ursprüngliche Bauernhofanlage als Usteria, also als kleines Restaurant, und damit als für die Identität des Dorfes wichtiger Ort. Nach einiger Zeit des Leerstands übernahm die Acla da Fans SA, die im nahen Samnaun ein zollfreies Einkaufszentrum betreibt, das Ensemble, um es zu einem Hotel mit einem Maximum an Zimmern umzubauen. Doch das erwies sich allein aufgrund feuerpolizeilicher Auflagen als schwierig. Als der mit einer alternativ zum Hotelkonzept zu erarbeitenden Nutzungsstudie betraute Künstler Christof Rösch aus dem Nachbarort Sent auf die Problematik hinwies, welche die Integration eines grossen Beherbergungsbetriebs in die Struktur von Vnà bedeutete, suchte man nach Szenarien, welche der Bevölkerung insgesamt zugute kämen. Dabei
38 archithese 1.2009
2 Gesamtansicht 3 Einbau mit Durchblick innerhalb der Stallscheune
3
ging es letztlich darum, eine Zukunft für Vnà zu entwickeln: Strategien, wie man der Abwanderung und Überalterung begegnen könne – und welchen Platz in diesem Rahmen das Haus «Piz Tschütta» einnehmen sollte. Es bildete sich eine Projektgruppe, der neben Christof Rösch die Unternehmerin und Kulturmanagerin Urezza Famos, die Tourismusfachfrau Brigit Leicht und der Architekt Rolf Furrer aus Basel angehörten. Der Dorfbevölkerung vorgestellt wurde schliesslich das Projekt «Das Dorf- und Kulturhaus Piz Tschütta: Ein Dorf wird zum Hotel». Ziel war es, die leer stehende «Piz Tschütta» mit Gastronomie, Kultur und einem kleinen Hotelbetrieb wieder zu beleben und mit einem dezentralen Hotelkonzept zu verbinden. Die Vorteile dieser Idee sind unmittelbar einleuchtend: Die bestehende Baustruktur der «Piz Tschütta» wird 39
Drei Ecken hat das Haus e2a: Triangel Haus, Winterthur Am Fuss des Eschenbergs und am Rand der Altstadt Winterthurs wurde direkt am Hang
und auf dem Gelände einer nächst gelegenen Villa von den Architekten ein Mehrfamilienhaus über dreieckigem Grundriss errichtet. Wichtig war dem Villen- und Grundstücksbesitzer dabei vor allem eines: die Wahrung seines privaten Gartens.
10 m
52 archithese 1.2009
Text: Katja Hasche Südlich der Winterthurer Altstadt, auf einem Ausläufer des Eschenbergs, stemmt sich das Mehrfamilienhaus in Form eines Dreiecks von e2a selbstbewusst in den Hang. Hier, auf dem Geländesattel Breite und der westlich abfallenden, amphitheaterförmigen Mulde des Vogelsangs, entstand in den Zehner- und Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts ein lang gestrecktes, stark durchgrüntes Wohnquartier. Entlang geschwungener Strassenzüge liegt der heute grösste gartenstadtartige Komplex Winterthurs. Städtebaulich massgebend waren die Bebauungspläne der Büros Bridler & Völki sowie Rittmeyer & Furrer. Die beiden Architekturbüros erstellten neben den Bebauungsplänen auch einzelne Gebäude in dieser Gegend. So stammt die 1928 errichtete herrschaftliche Villa an der Jonas-Furrer-Strasse 7 von Rittmeyer & Furrer. Der klassizistische Bau mit ausladendem Walmdach ist quer in den Hang gebaut. Strassenseitig tritt er zweigeschossig, rückwärtig nur eingeschossig in Erscheinung. Die Schaufassade mit den repräsentativen Wohnräumen ist zum grosszügigen seitlichen Garten hin ausgerichtet. Die Lage ist attraktiv: Am Hang gelegen, profitiert das Gebäude von dem weiten Blick nach Westen über die Gleise des Güter- und Rangierbahnhofs im Tössfeld. 1 Situationsplan 2 Eckansicht (Fotos: Dominique Marc Wehrli) 3+4 Strassenansichten
Wahrung der Privatsphäre – mit Rückgriff auf Beuys Als der Eigentümer der Villa sich 2005 an das Architekturbüro e2a wandte, um auf seinem Grundstück ein zusätzliches Mehrfamilienhaus erstellen zu lassen, war die Wahrung seines privaten Gartens ein grosses Anliegen. Aus diesem Wunsch zogen die Architekten zwei Konsequenzen: Zum einen führten sie die Rückseite des Neubaus fast fensterlos aus, und zum anderen schoben sie das Gebäude so weit wie möglich in die der Villa gegenüberliegenden Ecke. Hier wird das Grundstück von zwei spitzwinklig zulaufenden Strassen begrenzt, welche sich in der Grundrissdisposition des Gebäudes wieder finden. Aus der Schliessung dieser beiden Achsen im rechten Winkel ergab sich die Dreiecksform des Gebäudes. Als Leitbild für ihre Grundstrategie diente den Architekten die 1982 konzipierte Fettecke von Beuys. Als kompakter Neueingriff soll das Gebäude in den Kontext der Villa tre53