archithese 1.10 - Swiss Performance 10

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advertising, art & ideas

Swiss Perfomance 10

archithese

1.2010

Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur

Meili, Peter Centro Helvetia, Mailand

International thematic review for architecture

buzzi e buzzi Ca’Janus, Ponto Valentino group8 Voliere, Genf lacroix | chessex Villa, Saint-Sulpice ETH Studio Monte Rosa Neue Monte-Rosa-Hütte SAC SeARCH & CMA Ferienhaus, Vals :mlzd Historisches Museum, Bern Unger & Treina Villa, Riedsort burkhalter sumi Bürogebäude Eichhof, Luzern Gigon /Guyer Verkehrshaus, Luzern Smolenicky & Partner Tamina Therme, Bad Ragaz Park Wohnhaus, Zürich Holzer Kobler focusTerra Dietrich | Untertrifaller | Stäheli Sport Center, Zürich Diener & Diener Einkaufszentrum Stücki, Basel Max Dudler Grimm-Zentrum, Berlin Santiago Calatrava Bahnhof Liège-Guillemins

ZEITLOS Wenn ein Teppich nicht nur schmuckes Accessoire, sondern modernes Design ist. Wenn seine Ästhetik Räume durchflutet und ein Gefühl von stiller Intimität schafft. Dann steht gewiss der Name TISCA TIARA dahinter. Mit aussergewöhnlichen Materialien und faszinierenden Strukturen. Für Teppich- und Stoffkreationen von bleibender Schönheit. www.tisca.ch THE TOTAL TEXTILE COMPANY Leserdienst 117

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Januar / Februar Preis: 28 CHF/18 Euro

Swiss Performance 10

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EDITORIAL

Swiss Performance 10 Swiss Performance feiert Jubiläum: Schon zum zehnten Mal lautet der Titel, mit dem archithese das Jahr beginnt, «Swiss Performance». Der Erfolg war nicht abzusehen, als wir 2001 mit der Serie begannen – doch der Versuch, die wichtigsten Bauten des Vorjahres zu resümieren und bilanzieren, wird von den Leserinnen und Lesern im In- und Ausland überaus geschätzt. Notwendigerweise sind Auswahlen subjektiv, und die kritische Lektüre der Texte dokumentiert, dass nicht alle Bauten in jeder Hinsicht über alle Zweifel erhaben sein mögen. Anlass zur Diskussion aber geben sie allemal. Die Auswahl selbst ist – angesichts der Fülle und Qualität des in der Schweiz oder von Schweizer Architekten im Ausland Gebauten – schwierig, und manches, das auch in diesem Heft hätte veröffentlicht werden können, ist schon in vorangegangenen Nummern publiziert worden; anderes folgt in kommenden Ausgaben. Wie auch in den vergangenen Jahren ist auch in diesem Heft die archithesetypische Unterteilung zwischen Thementeil und aktuellen Architekturberichten

Fertigstellung 2010: Herzog & de Meuron, 1111 Lincoln Road, Miami

suspendiert – zugusten der Trennung in «Swiss Performance» und «Swiss Unlimited». In letzterer Rubrik finden sich erneut kleinere oder experimentellere Projekte. In gewohnter Aufmachung folgen die übrigen Hefte des Jahres: Heft 2 hat «Grosse Wohnsiedlungen», Heft 3 «Lernen und Leben» zum Thema; es folgt «Szenografie» in Heft 4, und mit Heft 5 begibt sich archithese auf die Reise nach «Russland». Zum Abschluss des Jahres werden in «Let’s go west» Architekten porträtiert, die in den Zwanziger- und Dreissigerjahren Europa den Rücken kehrten und ihre Karriere in den USA begannen. Redaktion

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UNFASSBAR UND MEISTERHAFT Marcel Meili, Markus Peter Architekten: Centro Helvetia, Mailand, 2004 – 2009 Die Vollendung des Bürogebäudes für den neuen Hauptsitz der Helvetia Versicherungen in Italien beendet die ungewöhnlich lange Stille um das ohnehin öffentlichkeitsscheue Büro von Marcel Meili und Markus Peter und zeigt unter dem Einfluss norditalienischer Gestaltungsliebe neue Wege jenseits der Reduktion und Vereinheitlichung auf.

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Text: Hannes Mayer

zeitungen Domus, Casabella und abitare den intellektuellen

Mailand gilt als Hauptstadt der Mode und des Designs. Die

Architekturdiskurs, dessen Protagonisten, wie Domus-Grün-

Bedeutung Mailands für die Architektur wird dabei häufig

der Gio Ponti oder Casabella-Chefredaktor Ernesto Nathan

übersehen, auch weil sich die Grenzen zwischen den einzel-

Rogers von BBPR, zumeist auch die signifikanten Bauten der

nen Bereichen bei den Mailänder Designern und Architekten

Stadt mitverantworteten. Letzterer entdeckte Aldo Rossi als

kaum definieren lassen und die letzten Jahre vergleichs-

talentierten Schreiber für Casabella, der später durch seine

weise arm an Impulsen waren. Dennoch, Mailand definiert

Tätigkeit als Professor an der ETH Zürich das Schweizer Ar-

und fördert mit den international bedeutenden Architektur-

chitekturgeschehen massgeblich beeinflussen sollte.

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1 Aussenansicht, Blick von Süden. Im Vordergrund die Leitplanken des Autobahnzubringers (Fotos: Gabriele Basilico)

2 Empfang In gerader Verlängerung schliesst sich das Restaurant an. Zur Linken führt eine Treppe nach oben zur Bar und nach unten in die Tiefgarage. Leuchten und

Tische nach Entwürfen der Architekten, nebst den Stühlen Lady von Marco Zanuso und Poltrona in schwarzem Leder von Ico Parisi

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3 Lageplan 4 Orthobild der Situation

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In umgekehrter Richtung muss Armin Meilis Centro Svizzero von 1952 genannt werden. An der Piazza Cavour zwischen historischem Stadtzentrum und dem Bahnhof Milano Centrale gelegen, markierte es mit seinem achtzig Meter hohen

Turm im kriegszerstörten Mailand den Beginn des Wiederaufbaus nach modernistischen Prinzipien. Bis auf seine Höhe unverkennbar ein Entwurf Schweizer Prägung, beherbergt es bis heute das Schweizer Konsulat sowie weitere Schweizer Vertretungen. 52 Jahre nach der Vollendung des Centro Svizzero, im Jahr 2004, setzten sich Meili, Peter Architekten in einem geladenen Wettbewerb für den Hauptsitz der Versicherungsgesellschaft Helvetia Italia gegen die Konkurrenten aus Italien und Österreich durch und erhielten die Möglichkeit, in Mailand erneut architektonisches Denken nördlich und südlich der Alpen in einem Werk zu vereinigen, die wechselvolle Beziehung um einen Meilenstein zu erweitern. Im Gegensatz zu der prominenten innerstädtischen Lage des Centro Svizzero liegt das Helvetia-Grundstück allerdings an dem mit Leitplanken abgetrennten vierspurigen Ringautobahnzubringer, der, vom Zentrum kommend, an die nahe Tangenziale anschliesst und weiter ins Dienstleistungsviertel San Donato im Osten der Stadt führt. Wenige hundert Meter stadteinwärts endet die vielgeschossige und dichte Wohnblockrandbebauung der inneren Zonen und geht in ein überwiegend kleinmassstäbliches Nebeneinander von Wohnund Büroblöcken, Autohäusern, Werkstätten und Firmengebäuden unterschiedlicher Entstehungszeiten über, welches das dreieckige Gebiet zwischen einem Güterbahnhof im Norden und dem Zubringer im Süden auffüllt. Auf der anderen Seite des Autobahnzubringers erstrecken sich bereits Naturflächen, künden von der Po-Ebene und unterstreichen den Charakter einer Transitzone, die den Übergang von der Stadt zur Metropolitanregion markiert.

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NATÜRLICH KÜNSTLICH !

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group8: Voliere im Genfer Stadtpark Bois de la Bâtie Baumstützen, ein nierentischförmiges Dach und natürlich das umgebende Gitter bestimmen die neue Voliere im Genfer Stadtpark. Die Architekten thematisieren den Widerspruch zwischen Natur und Künstlichkeit, lassen aber Mensch und Tier sich einander auf Augehöhe begegnen.

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AUS DEM BERG HERAUS SeARCH & CMA: Ferienhaus in Vals Ohne mit der berühmten Therme in Konkurrenz zu treten, wurde in deren unmittelbarer Nachbarschaft ein sehr eigenständiger Entwurf realisiert. Eine Verschmelzung von niederländischem Pragmatismus und Schweizer Präzision.

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Text: Julia Schatz

terdam, beschlossen daher, ihr Haus nicht in direkten Bezug

Vals liegt auf 1252 Metern Seehöhe in einem Hochtal in Grau-

zur Therme zu stellen und gruben es wie eine Höhle in den

bünden. Es besticht durch eine atemberaubende Bergkulisse

Hang. Somit schufen sie sich die Freiheit, unabhängig agie-

und ein idyllisch anmutendes Dorf. Schon die Anreise über die

ren zu können, um einem verspielteren Landschaftsbezug

schmale Bergstrasse konfrontiert mit der rauen und spektaku-

nachzugehen. Daraus ergab sich ein weiterer Vorteil: Da

lären Schönheit der umgebenden Natur. Spätestens seit 1996,

das Haus kein konventionelles Dach benötigt, konnten die

als die von Peter Zumthor entworfene Therme eröffnet wurde,

lokalen Bauvorschriften zur Erhaltung des Dorfbildes, wel-

ist das kleine, selbstbewusste und selbstbestimmte Berg-

che ein Steinschindeldach und eine Holzfassade vorschrei-

dorf mit seinen rund tausend Einwohnern über die Grenzen

ben, umgangen werden. Ein pragmatischer Ansatz, der in der

hinaus bekannt. Diese Öffnung nach aussen bewirkte neben

niederländischen Bautradition steht. Dieser Pragmatismus

dem touristisch bedingten Aufschwung unter anderem auch

setzte sich in der Bauausführung fort. Die Realisierung des

einen Aufbruch im Architekturverständnis der Bevölkerung,

Gebäudes kam völlig ohne Detailplanung aus. Stattdessen

was den Weg für neue Architekturen in der Gemeinde ebnete.

wurden lokale Unternehmer und Handwerker herangezogen

Allerdings begibt sich ein neues Bauvorhaben unweigerlich

und auf ihre Fähigkeiten vertraut. Sie fertigten die einzelnen

in den Schatten des viel rezitierten und dominanten Vorgän-

Werkschritte mit hoher Präzision aus, wobei manche im Zuge

gers – besonders wenn man, wie in diesem Fall, tatsächlich in

des Bauens entstandenen Unregelmässigkeiten dem Haus

dessen Nachbarschaft baut.

zusätzlichen Charme verleihen. Über den qualitativen und ökologischen Aspekt hinaus half die Einbindung örtlicher

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Ferien in den Bergen

Ressourcen ausserdem, dass man sich im Dorf aneinander

Die niederländischen Architekten Bjarne Mastenbroek von

gewöhnte. Eine Open House Party im Herbst 2009 tat ihr

SeARCH und Christian Müller, ein Schweizer mit Sitz in Rot-

Übriges, um das ungewöhnliche «Erdhaus» zu integrieren.

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1 Terrasse (Fotos: Iwan Baan)

Am Anfang der Zusammenarbeit der beiden Architekten und

2 Luftbild

für den Eigengebrauch und zur Vermietung zu bauen. Das

3 Verbindungskorridor

Haus sollte ein aussergewöhnliches Raumerlebnis beim

4 Aussenansicht

dem Bauherrn stand die Idee, ein gemeinsames Ferienhaus

Durchschreiten und Verweilen bieten und sich so vom alltäglichen Wohnen unterscheiden. Neben diesem besonderen Zweck galt es, den dörflichen Kontext, die umgebende Landschaft und lokale Topografie in den Entwurf des Ferienhauses miteinzubeziehen. Für das Vorhaben konnte eine sehr steile Parzelle am nördlichen Hang des Dorfes, in unmittelbarer Nachbarschaft der Therme, für das Vorhaben gefunden werden. Auf dem Grundstück befand sich ein alter Stall im traditionellen Baustil, der weitgehend unverändert in den Entwurf integriert wurde und das neue Gebäude auf unaufdringliche Weise mit der bäuerlichen Baustruktur der Gemeinde verknüpft. Er bildet als Nebenhaus den sichtbaren und unteren Teil des kleinen Ensembles und fungiert als Tor zum Haupthaus. Von dort aus wird es über einen circa 16 Meter langen, unterirdischen Treppenaufgang erschlossen. Mehrfach geknickt und mystisch durch Lichtschlitze in der Decke beleuchtet, stellt dieser gänzlich aus Beton gefer-

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den oder koppelbar. Dieses Moment wird nicht zuletzt durch

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zur vollverglasten Wand bestimmt. Die drei Wohngeschosse

die ungewöhnlichen Raumgeometrien erreicht, die fast aus-

sind neben dem internen Lift auch über eine zentrale Treppe

schliesslich auf stumpf- und spitzwinkligen Begrenzungen

erschliessbar. Im mittleren Geschoss befindet sich der Wohn-

beruhen und den Räumen einen expressiven und zugleich

und Essbereich in einem fliessenden Raum, der lediglich von

bergenden Charakter verleihen. Aus dem additiven Zusam-

der Treppe unterteilt wird. Zudem kann das Haus hier von

menspiel der Räume im Inneren ergibt sich einerseits der

der oberen Strasse her betreten werden. Der Wohnraum ist

skulpturale Eindruck des Äusseren und zugleich lassen die

mit dem weit vorgezogenen Fenster auf den Blick zum See

individualisierten Räume einen gezielten Blick auf das See-

fokussiert, während der Essbereich nach Osten weist. An der

panorama zu. Es gibt also keine durchgehenden Panorama-

sanften Knickstelle der Räume, die mit einem weit geöffne-

wände aus Glas, vielmehr ist der Schlafbereich bewusst nach

ten Winkel definiert ist, befindet sich eine weitere Terrasse

Südosten gerichtet, während die Terrassenwand hinter dem

für einen Essplatz im Freien. Ein grosser Küchentresen – von

Pool klar nach Südwesten weist. Es ist folglich der gezielte

den Architekten entworfen – gliedert den Raum, verlangt

Blick aus jedem Zimmer, der Form und Raum im Gegensatz

nach dauerhafter Ordnung in der Küche und konterkariert

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3 Das Eingangsfoyer neben der Einstellhalle

5 Grundriss Eingang und Einstellhalle im Hang

4 Die Einstellhalle für die Autosammlung

6 Grundriss Wellness, Schlafbereich und Aussenpool 7 Grundriss Wohnbereich, Küche und Essbereich 8 Grundriss Bürobereich mit Raum für audiovisuelle Vorführungen 9 Querschnitt

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zugleich die L-Form des ganzen Raumkontinuums. Im obers-

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schwarzem Basaltstein versehen. Die Wände sind ausnahms-

ten Geschoss befinden sich Arbeitsräume und ein Gästezim-

los weiss verputzt – bis auf die Sauna, die mit einem gebro-

mer, das in seiner stumpfwinkligen L-Form ähnlich angelegt

chenen Jurastein bekleidet ist. Tragendes Element ist nicht

ist, wie das Stockwerk darunter, allerdings springt der nach

nur im wahren Sinne des Wortes der Sichtbeton, der durch

Süden ausgerichtete Arbeitsraum leicht zurück und wird im

Absäuerung eine weiche Struktur erhielt und die skulputu-

Osten von einem Raum für audiovisuelle Nutzungen ergänzt.

rale Gesamtwirkung noch verstärkt. Mit den bündigen Fens-

Dass bei der Materialwahl weniger meist mehr ist, ist in

tern, den präzisen Rahmungen, den übereinandergestapel-

der Schweiz längst Standard. Auch diese Villa wurde von

ten Volumen, den Auskragungen und Versetzungen entsteht

Unger & Treina mit klaren und eindeutigen Materialien

eine eindeutige und ausdrucksstarke architektonische Plas-

versehen. Die gleichen Materialien ziehen sich durch alle

tik. Die raumhohen Fenster – die Enden der «Schachteln» –

Geschosse und vermitteln zusätzliche Einheitlichkeit, was

fokussieren einerseits den Ausblick zur Landschaft, fügen

wiederum auf einen idealen Bauherrn schliessen lässt. Der

sich fast wie grosse «Schiessscharten» in den Berg und set-

Boden ist mit einem dunkelbraunen Wengéholzparkett oder

zen zugleich eine eratische Zäsur.

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OVAL OVERALL Smolenicky & Partner: Tamina Therme, Bad Ragaz Mit der Tamina Therme hat das Grand Resort Bad Ragaz seinen neuen Mittelpunkt erhalten. Die Becken sind umbaut von einer weissen Holzarchitektur – mit ovalen Durchbrüchen als verbindendem Gestaltungsmerkmal.

Text: Elena Kossovskaja

eingenommen. Die mittelalterliche Medizin empfiehlt einen

Die Tamina-Quelle wurde im frühen Mittelalter entdeckt, und

tagelangen (geselligen) Aufenthalt im Wasser, bis sich ein

in dieser Zeit etablierte sich auch die Badefahrt als thera-

Badeausschlag – ein Zeichen der kommenden Genesung –

peutische Kur. Die Kranken schreckte die schwer zugängli-

einstellt. Eine lebhafte Badewirtschaft entwickelte sich zu-

che Schlucht, aus deren Tiefe das warme Quellwasser ent-

nächst in der unmittelbaren Nähe der Schlucht, als 1630 das

springt, nicht ab: Mit Strickleitern und Seilkörben werden

Wasser aus der Schlucht herausgeführt wird. Sobald 1840 das

sie hinuntergelassen, auch die Mahlzeiten werden im Wasser

Thermalwasser ohne Wärmeverlust zum Dorf Ragaz hinunter-

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geleitet werden kann, verliert die barocke Bad- und Wirtshausanlage in Pfäfers rasch an Bedeutung. Der Architekt und Unternehmer Bernhard Simon erwirbt 1868 sämtliche Rechte zur Nutzung der Liegenschaft und der Thermalquelle. Zum Grand Hotel Hof Ragaz in der ehemaligen fürstlichen Statthalterei kommen bald das neue Grand Hotel Quellenhof, ein Kursaal und eine Trinkanlage für die damals in gehobenen Kreisen modischen Trinkkuren hinzu. Die vornehme Anlage abseits des Dorfes gerät indes mit dem Untergang der Belle Époque in Vergessenheit. In den Sechzigerjahren baut Otto Glaus hier ein Kurzentrum in einem Stahl-Glas-Nachkriegsfunktionalismus, die Parkanlage wird umgestaltet. Einige Altbauten werden dem neuen therapeutischen Zentrum geopfert, das an die renovierten Grandhotels anschliesst. Zwei Hallenbäder, Physiotherapie, Massagen, Fango und Bewegungstherapie sind in der pavillonartigen Anlage untergebracht. Die Anwendung des Thermalwassers gemäss der Bädermedizin – mit gesundheitlicher statt gesellschaftlicher Ausrichtung – trieb der Kur jeden exklusiven Charakter aus.

Grand Resort Bad Ragaz Eine Renaissance des «guten Stils der alten Zeit» bedient sich heute gerne verschiedener Zutaten. Keinesfalls geht es um eine getreue Wiederbelebung der damaligen Bäderkultur. Die heutigen Reichen haben nicht mehr den Luxus der Zeit, den es vor 150 Jahren noch im Überfluss gab. Auch versteht man Unterhaltung heute anders – der wochenlange Zeitvertreib der vornehmen Gesellschaft ist dem anonymen Wochenendbesuch gewichen. Die Grand Hotel AG wurde 2008 in Grand Resort AG umbenannt, die Kur wurde zur Wellness, das französische Savoir-vivre wich endgültig dem American Way of Life. Nach einer umfangreichen Instandsetzung bietet

die noble Anlage nun drei Fünfsternehotels, medizinische Dienste und ein komplexes Freizeitangebot an. Exklusive Gastronomie (17 Gault-Millau-Punkte für das Gourmetrestaurant Äbtestube), Casino, Fitness-, Wellness- und Spabereiche im To B. Health Club, ein Golfplatz und – seit 2009 – die neue Tamina Therme von Smolenicky & Partner, welche die 2008 abgerissene Anlage von Otto Glaus ersetzt, stehen den Gästen zur Verfügung.

Siegeszug des Ovals Die Hauptfassade des neuen Thermalbades – die repräsentative Fassade der offenen Quellenhalle – wendet sich der öffentlichen Strasse zu. Sie ist Blickfang – zwölf Meter hoch, mit drei hochgezogenen ovalen Öffnungen. Die Eingangshalle ist über die Quellenhalle oder einen offenen Gang erreichbar, der an das Konferenzzentrum im ehemaligen Kursaal anschliesst. Ein edler Empfangstresen folgt einem Restaurant und einem Laden in der Eingangshalle. Der luftige Raum, der

1 Café (Fotos 1, 3, 4, 5: Roland Bernath)

edle Naturstein, das entmaterialisierte Weiss der Wände lo-

2 Schwimmhalle (Foto: Walter Mair)

wird allerdings durch eine Treppe zu den Umkleidekabinen

cken mit einer Noblesse ins Innere des Bades. Die Erwartung

im Untergeschoss etwas enttäuscht. Eine weitere Treppe führt vom Untergeschoss zum Schwimmbad hinauf. Der effektvolle Blick in die Halle ist gut inszeniert. Das strenge Ras-

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