archithese 3.03 - Hochhäuser / Tours

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Hochhäuser – Tours

archithese Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur Revue thématique d’architecture

3.2003 Hochhäuser als urbane Zeichen Höhenangst – Höhenrausch Die komplexe Symbolik des Wolkenkratzers Hochhausdebatte in der Schweiz – Beispiele aus Basel, Zug, Zürich, Neuchâtel Die Schweiz braucht keine Hochhäuser – aber sie sind wünschenswert Projekte in Frankfurt, Berlin und London Daniel Libeskind und Ground Zero Morger & Degelo und Marques Messeturm, Basel Giuliani Hönger Fachhochschule Sihlhof, Zürich

archithese 3.2003

Mai/Juni

Hochhäuser Tours

mit Leserdienst 111


EDITORIAL

Hochhäuser Kaum ein Ereignis der vergangenen Jahrzehnte hat die Weltbevölkerung derart erschüttert wie die Terroranschläge des 11. September 2001. In der televisionären Dauerschleife wurden die Bilder vom Einsturz der Twin Towers nachgerade zum Menetekel der modernen westlichen, kapitalistisch fundierten Gesellschaftsordnung. Eilfertig meldeten sich kurz nach den Ereignissen Skeptiker zu Wort, welche nunmehr die gerade einmal hundertjährige Geschichte des Hochhauses an ihr Ende gekommen sahen. Die weitere Entwicklung in New York hat derlei Positionen Lügen gestraft. Hochhäuser werden weiter entstehen, wo sie denn technisch machbar, ökonomisch sinnvoll und ideologisch gewünscht sind. Daniel Libeskinds jüngst ausgewähltes Projekt für den Wiederaufbau von Ground Zero überragt mit seiner symbolischen Höhe von 1776 Fuss (540 Metern) die einstigen Zwillingstürme, war aber bei weitem nicht das himmelstürmendste unter den in mehreren Runden eingereichten Wettbewerbsbeiträgen. Mag Libeskinds Entwurf auch in der nächsten Zeit aufgrund der heterogenen Interessenlage diversen Modifikationen unterliegen, so ist das Votum immerhin erfreulich. Denn New York, das bis in die Siebzigerjahre hinein die Typologie des Hochhauses entscheidend geprägt hat, ist seit längerer Zeit mehr oder minder von der architektonischen Bühne verschwunden; aufsehenerregend waren lediglich einige kleine Bauten, die gleichsam im Schatten der grossen, architektonisch belanglosen Investorenprojekte gediehen. Im Gegensatz zu Libeskinds kristallin-gesplitterten Türmen nimmt sich der neue Messeturm in Basel von Morger & Degelo und Daniele Marques formal zurückhaltend aus. Im Gegensatz zum weltweiten Trend, der im Hochhaus das Unverwechselbare, formal Avancierte und Spektakuläre sucht, operierten die Architekten mit klaren, kubischen Geometrien. Die helvetische Zurückhaltung ist nicht zuletzt begründet mit einem engen Kostenrahmen, der architektonische Eskapaden grundsätzlich nicht erlaubte. Während anderenorts – ob in New York, London oder in Fernost – Wolkenkratzer ständig neuen formalen Metamorphosen unterliegen, um im urbanen Gefüge Wirkung zu erzielen, reichte am Rhein ein 104 Meter hoher gläserner Schaft, um das Stadtbild Kleinbasels zu redefinieren. Ob der Messeturm ein Solitär bleibt, ist einstweilen unklar. Die Hochhausplanungen in der Schweiz – und das gilt auch für Basel – sind bislang wenig konkret. Verschiedenenorts trifft die Begehrlichkeit von Investoren auf keineswegs konsistente planungsrechtliche Grundlagen. Dieses Defizit hat einiges zu tun mit dem Selbstverständnis der Schweiz: Hochhäuser sind der deutlichste Ausdruck für die Abkehr von einer ruralen Identitätsstiftung. Die Diskussion hat gerade erst begonnen. Dabei wäre nicht nur nach potenziellen Standorten von Hochhäusern zu fragen, sondern auch nach ihrer Funktion. Im Zeitalter leerstehender Büroetagen sollte das Wohnhochhaus erneut ins Kalkül gezogen werden. Beispiele aus anderen europäischen Städten belegen die Akzeptanz dieser Wohnform, die mit den Sozialghettos der Sechzigerjahre nicht mehr vergleichbar ist. Redaktion

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New York vor dem 11. September 2001: Blick vom Empire State Building auf Lower Manhattan (Foto: Hubertus Adam)



WOZU HOCHHÄUSER? Die komplexe Symbolik des Wolkenkratzers Kaum ein Hochhaus lässt sich mit funktionalen oder finanziellen Vorteilen rechtferti-

werden soll, mit weiteren politischen oder ökonomischen Faktoren zusammen. Im Fall des Hochhauses scheint die Angst, in exponierter Höhe zu arbeiten oder zu wohnen, die Ent-

gen; dennoch führen weder wirtschaftliche Krisen noch blutige Katastrophen und Attentate zu einem Verzicht auf den glamourösen

wicklung in Europa und den USA vorläufig zu bremsen, in Asien dagegen nicht. Ob dies nur so scheint, weil zahlreiche

Bautypus. Die uralte Machtsymbolik der Grösse, die identitäts-

chinesische Hochhäuser zur Zeit im Bau stehen und organi-

stiftende Funktion der prägnanten Form, die politische Brisanz des

satorisch kaum zu stoppen sind, wird sich erst zeigen müs-

unübertroffenen Bauwerks haben im Laufe der Geschichte nichts an Kraft eingebüsst, auch wenn heute zuweilen versucht wird, sie

sen. Bleiben künftig die obersten Geschosse eines extrem hohen Gebäudes unvermietbar, wird man keine mehr bauen, jedenfalls nicht als vermietbare Fläche. Der Wettbewerbsge-

mit funktionalistischen Argumenten zu untermauern. winner Daniel Libeskind hat dieses Problem für Ground Zero umgangen, indem er die über Manhattan herausragenden Text: Tom F. Peters

Teile als unbewohnbaren Turm gestaltete, als eine Kombina-

In den ersten Tagen nach dem Einsturz des World Trade Cen-

tion von Blitzableiter und Mahnmal.

ter am 11. September 2001 riefen bei allen, die sich in irgendeiner Weise mit Hochhäusern beschäftigen, Journalisten an

Grösse als vielschichtiges Symbol

und fragten etwas hysterisch, ob das Attentat nun das Ende

Bauen unterscheidet sich normalerweise von der Skulptur

des Hochhausbaus bedeute. Die Antworten variierten je nach

durch das Einbeziehen von wirtschaftlichen Benutzungskri-

Erfahrung und Standpunkt des Befragten zwischen «ja» und

terien. Extrem hohe Bauten bilden einen Grenzfall: Sie sind

«nein» mit allen erdenklichen Schattierungen dazwischen.

keine rein logischen Konstrukte, da sie selten von ökonomi-

Plötzlich wurden seriöse Baufachleute und Historiker zu «Ex-

schen Überlegungen getragen sind. Hochhäuser treten ge-

perten» gemacht und hätten tiefe Wahrheiten hervorbringen

häuft in Zeiten der Hochkonjunktur auf, wenn Geld im Über-

sollen, für die jedoch keine wirkliche Grundlage bestand. Die

fluss vorhanden ist. Ihre soziale Berechtigung scheint primär

Stimmung war die eines Weltuntergangs – verständlicher-

in ihrem symbolischen Wert zu liegen; sie verkörpern immate-

weise, denn Hochhäuser spielen in unserer heutigen, urba-

rielle Nutzungsüberlegungen wie zum Beispiel Begehrtheit.

nen Gesellschaft eine symbolträchtige Rolle.

Wird ein Sinnbild eines Ortes – wie das World Trade Center – angepeilt und zerstört, bestätigt schon diese Auswahl seinen

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Nach der Sintflut

herausragenden public-relations-Wert. Doch aus welchen Ele-

Das Überleben eines technischen Typus nach einer Kata-

menten besteht diese wertvolle Symbolhaftigkeit, und in wel-

strophe hängt von vielen Bedingungen ab. Eisenbahn- und

chem Verhältnis stehen mögliche Interpretationen zueinander?

Flugzeugunfälle beispielsweise gefährden das Fortbestehen

Das Phänomen der hohen Bauten zieht sich durch die

dieser Verkehrsmittel nicht. Als ein Eisberg im Winter 1912

ganze Geschichte der menschlichen Bautätigkeit – das Stre-

den Ozeandampfer Titanic rammte und dessen Versinken

ben nach Höhe scheint tief verwurzelt zu sein. Ob wir die

1500 Menschenleben forderte, sagten viele das baldige Ende

überwältigende Gestalt Manhattans schätzen oder nicht, wir

der Ozeanriesen voraus; das hat sich aber aus einem ganz an-

alle sind von ihr, diesem traditionellen Sinnbild der Hoch-

deren Grund und erst nach vierzig Jahren bewahrheitet, als

hausstadt und der ökonomischen Macht, beeindruckt. Chi-

die billigere und raschere Luftfahrt den Passagierverkehr mit

cago beherbergt den ältesten Bestand an Hochhäusern und

Schiffen verdrängte. Als das Luftschiff Hindenburg 1937 in

dokumentiert die Geschichte der Frühentwicklung des hohen

New Jersey nach seiner gut überstandenen atlantischen

Eisenskeletts; Hongkong – und nun bald auch Shanghai – be-

Jungfernfahrt Feuer fing und 36 Menschen in den Tod riss,

sitzt die meisten Wolkenkratzer; Houston, Philadelphia, Chi-

hiess es ebenfalls, die Zeppelinzeit sei vorüber; in diesem Fall

cago, San Francisco und Shanghai weisen die verrücktesten

trug der Unfall wohl dazu bei, die Entwicklung des Verkehrs-

Hochhäuser auf; Paris führt den Urahn vor; London, Manches-

mittels zu stoppen, doch der Hauptgrund war die ökonomi-

ter, Glasgow, San Francisco und andere zeigen die Ur-

sche Unsicherheit vor dem herannahenden Krieg.

sprünge; Kuala Lumpur präsentiert das zur Zeit höchste Ge-

Mit einem grossen Verlust an Menschenleben verbundene

bäude. Hochhäuser kennzeichnen heute jede Stadt, die sich

Desaster führen also manchmal zu Änderungen in der Aus-

modern zeigen will – aber New York ist und bleibt seit etwa

richtung einer technischen Entwicklung – und manchmal

hundert Jahren der Inbegriff der Hochhausstadt, und dieses

auch nicht. Fast immer jedoch hängt der Entscheid, ob eine

Bild ist es, das die anderen Orte zu übertrumpfen suchen.

Entwicklungsrichtung aufgegeben oder weiter entwickelt

Deshalb wirkte das Attentat von 2001 international so ein-


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1 Die Symbolsetzung dringt in den Hochhausbau vor: das Woolworth Building von 1913 (Foto: Tom Peters) 2 + 3 Das Chrysler Building (1929) sowie der Trump Tower (1983) stehen für persönliches Geltungsbedürfnis (Foto: Tom Peters) 4 Verkörperung der Macht: Der damals höchste Turm New Yorks als «Zepter», daneben eine grosse Kuppel als «Reichsapfel» auf der New Yorker Ausstellung von 1853. Die Grundelemente fanden sich wieder im «Trylon» und «Perisphere» der Weltausstellung New York 1939

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1 Blick von der Tower Bridge themseaufwärts Rechts der Komplex des Bank Centre mit dem Nat West Tower (Fotos1 – 4, 6: Hubertus Adam) 2 Blick vom «London Eye» über die South Bank Richtung City of London Im Vordergrund die Royal Festival Hall (1951), dahinter der Komplex aus Queen Elizabeth Hall und Hayward Gallery (1964) sowie das Royal National Theatre (1967– 77). In der Mitte im Hintergrund die Kuppel von St. Paul’s Cathedral, links davon die Wohntürme des Barbican Estate (1959 – 79). Rechts von St. Paul’s die Scheiben des Bank Centre mit dem Nat West Tower (1981). Weiter rechts der Turm der von Herzog & de Meuron zur Tate Modern (2000) umgebauten Bankside Power Station

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LONDON: VERTIKALEN IN DER HORIZONTALEN STADT

Hochhausplanungen an der Themse Die Skyline Londons wurde bis in die Fünfzigerjahre hinein von St. Paul’s und den Houses of Parliament dominiert. In den darauf folgenden Jahrzehnten entstanden die ersten Hochhäuser; nun wächst eine neue Generation spektakulärer Bauten aus dem Boden, welche sich durch formale Vielgestaltigkeit auszeichnet. Die Entwürfe können indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein konsequenter Umgang mit der Begehrlichkeit von Investoren erst noch gefunden werden muss. Text: Ahmed Sarbutu An kaum einer Stelle Londons lassen sich die Wandlungen, denen die Silhouette der britischen Kapitale unterliegt, so gut beobachten wie vom London Eye aus, dem von David Marks und Julia Barfield entworfenen Riesenrad, das nahe der Waterloo Station an der South Bank steht und – ursprünglich temporär konzipiert – inzwischen als Attraktion ersten Ranges gilt. Mit ihrem Durchmesser von 135 Metern bietet die filigrane Konstruktion einen atemberaubenden Ausblick auf die Metropole – zum Greifen nahe scheinen auf der anderen Seite des Stroms die Houses of Parliament. Als der als Big Ben bekannte Glockenturm und der Victoria Tower Ende der Fünfzigerjahre des 19. Jahrhunderts realisiert wurden, wahrten sie respektvoll Abstand zu Christopher Wrens Kuppel von St. Paul’s Cathedral, die mit ihren 111 Metern Höhe seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert die Silhouette der Stadt beherrschte. Lange Zeit markierte das Parlamentsgebäude die City of Westminster, während St. Paul’s die City of London beherrschte. Wie in England überhaupt, breitete sich die Bebauung im 19. Jahrhundert und auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vornehmlich in die Fläche aus – die Tradition des niedriggeschossigen britischen Terrace House mag dafür verantwortlich sein. Wie ein Menetekel wirkt es, dass der Versuch, einen Wembley Eiffel Tower zu errichten, der 50 Meter höher in den Himmel ragen sollte als das Pariser Vorbild, 1907 aufgrund einer Explosion des begonnenen Baus vereitelt wurde. Die spärlichen Versuche, die britische Metropole doch noch mit einer Höhendo-

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HOCHHAUSVISIONEN

Jean Nouvel: La Tour Agbar, Barcelona 2002

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Future Systems: City of Towers, 2002

Jan Kaplicky & David Nixon/Future Systems, Ove Arup & Partners: Coexistence, 1985

David Childs: World Trade Center Master Plan, New York 2002


Peter Eisenman: Max Reinhardt Haus, Berlin 1992

MVRDV: Zentralbibliothek, Brabante 2000

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vor, zwei Hochhaustürme mit einer Höhe von 140 Metern als

ZÜRICH

jekte waren vorhanden, die jedoch unter der Leitung von Ur-

Text: Lilian Pfaff

sula Koch nie in Angriff genommen wurden. Erst durch den

markantes Zeichen zu setzen. Verschiedenste Hochhauspro-

Es ist sicherlich vor allem dem wirtschaftlichen Aufschwung

Wechsel in der Leitung des Hochbaudepartementes konnte

von Zürich zu verdanken, dass sich hier ein neues Lebensge-

wieder von einem Swiss Tower von 160 Metern Höhe ge-

fühl eingestellt hat, was wiederum zur Wiederentdeckung

träumt werden. 2001 kam es zur neuen Revision des vierten

des städtischen Lebens geführt hat. Wie schon für Max Frisch

Teils der Bau- und Zonenordnung von 1999, in der man die

wurde das Wohnen inmitten der Stadt in zeitgenössischer

Regelung für den Bau von Hochhäusern und die Bezeichnung

Architektur zum Ausdruck des modernen Lebens.

von Hochhausgebieten integrierte. Der Hochhausgebietsplan

Durch die vielen Zuzügler wurde der Wohn – und Arbeits-

für Zürich sieht drei Gebiete für mögliche Hochhausprojekte

raum in Zürich Ende der Neunzigerjahre knapp, und es setzte

vor. Diese wurden nach «den Kriterien Stadtstruktur, Ver-

eine neue Hochhausbegeisterung ein. Zum einen wurden

kehrserschliessung, Entwicklungspotential und Nutzungs-

dazu ehemalige Industriegebiete umgenutzt und zum ande-

struktur ausgeschieden». In sieben Leitsätzen wird ein

ren neue Gebiete als Standorte von Hochhäusern erschlossen

zurückhaltendes Bekenntnis zum Hochhaus deutlich. Der

oder bestehende hohe Gebäude umgebaut. Ein Beispiel hier-

wichtigste Unterschied zu den Planungen der Fünfzigerjahre

für ist das Sulzer Hochhaus am Escher-Wyss-Platz, das nun als

ist, dass das Hochhaus nun eindeutig in die Stadt gehört,

Mobimo Hochhaus von den Architekten Heinz Zimmermann

worüber sich Max Frischsicherlich gefreut hätte. Hieraus

und Rolf Läuppi mit drei zusätzlichen Geschossen aufgestockt

gehen die Gebietsabstufungen «weniger empfindlich» und

wurde und mit seiner zweiten Glashülle das erste Niedrig-

«empfindlich», in denen bis zu achtzig Metern hoch gebaut

energiehochhaus der Schweiz darstellt. Da seit 1984 ein

werden darf, und «sehr empfindlich» mit einer Höhenbe-

eigentliches Hochhausverbot für die Innenstadt Zürich be-

grenzung von vierzig Metern hervor. Diese wurden einerseits

steht, schien es durch die Entwicklungsgebiete Zürich Nord

städtebaulich mit der geschützten Aussicht begründet, ande-

und Zürich West notwendig, sich über eine generelle Bebau-

rerseits topografisch, so dass weder an den Hanglagen, wie

ung mit Hochhäusern Gedanken zu machen und das Verbot

auf dem Milchbuck, noch am Seeufer oder in der Altstadt

aufzuheben. Es gab jedoch schon seit einiger Zeit vor allem

Hochhäuser gebaut werden dürfen.

durch die Überbauung Eurogate am Bahnhof Bestrebungen,

Die Anforderungen an Hochhäuser wurden in fünf Punkten

Hochhäuser zu bauen. Theo Hotz beispielsweise schlug 1997

festgehalten. Sie müssen sowohl der städtebaulichen Einord-


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nung, dem Bezug zum umgebenden Raum, einer teilweisen

binden. Im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss werden konse-

öffentlichen Nutzung, ökologischen Ansprüchen als auch ei-

quent die öffentlichen und grossflächigen Nutzungen aufge-

ner qualitätsvollen Architektur genügen. Festgelegt ist in al-

nommen. Diese gewährleisten mit der offenen Lobby die Zu-

len drei Zonen mindestens ein halb öffentlicher Anteil im Erd-

gänglichkeit von verschiedenen Seiten. In den Geschossen ab

geschoss, bei den Zonen I und II sogar ein vollkommen öf-

dem 2. Obergeschoss können die Flächen flexibel für Büros

fentlicher Erdgeschossbereich mit halb öffentlicher Nutzung

aufgeteilt werden. Als zweite Etappe sind weiteren Gebäude

in einem der obersten Geschosse. Wie jedoch die öffentlichen

(das Stadthaus und das an Ecke Thurgauer-/Hagenholz-

Bereiche genutzt werden sollen, ist ungeklärt. Ausserdem

strasse stehende AMAG Geschäftshaus) der Beamtenversi-

sollen Hochhäuser nicht mehr vereinzelt im Stadtgefüge er-

cherungskasse des Kantons Zürich BVK geplant.

richtet werden, sondern in Zone I als Gruppen. Der Standort von Hochhäusern ist letztlich trotz aller städtebaulichen Ab-

Altstetten setzt Akzente

sichten eine wirtschaftliche und politische Frage, denn es

Das 15-stöckige Gebäude der Anlagestiftung Pensimo an der

werden sich nur dort Investoren finden, wo es sich lohnt zu

Hohlstrasse 614 am Bahnhof Altstetten, Zürich West, ist der

investieren.

erste Bau, der nach den neuen Hochhausrichtlinien der neuen

Neuer Tower in Oerlikon

schlager & Eberle geplante Gebäude soll 2004 bezugsbereit

Bau- und Zonenordnung bewilligt wurde. Das von Baum-

Seit zwanzig Jahren ist der Diax Tower in Zürich Oerlikon das

sein. Das Gebäude erhebt sich mit einem doppelt verglasten

erste Hochhaus, das neu gebaut und Ende 2003 fertiggestellt

Turm aus raumhohen Fensterelementen mit 15 Stockwerken

sein wird. Mit dem Gebäude erhält die Stadt Zürich einen

über einem sechsgeschossigen Sockel und entspricht in sei-

markanten Akzent. Die beiden Schwestertürme von 88 und 72

ner Höhe von 52 Metern den umliegenden Bauten. Die Grund-

Metern mit 21 beziehungsweise 26 Stockwerken des Ge-

rissdisposition einer Stahlbetonskelettkonstruktion mit Stüt-

schäftshauses Hagenholzstrasse 20 wurden im Jahr 2000 in

zen lässt flexible Büronutzungen vom Einzel- bis zum Gross-

einem internationalen Wettbewerb von Max Dudler und dem

raumbüro auf 7000 Quadratmetern Nutzfläche zu.

Atelier WW begonnen. Die Gliederung des Gebäudekomple-

Direkt in der Nähe, ebenfalls in Altstetten, baut die Firma

xes in drei grössere Blöcke erweitert die Begehbarkeit der

IBM an der Vulkanstrasse 104 ein 48 Meter hohes Haus, das

Anlage. Neben der Abtreppung und den Sockelmassen tragen

Anfang 2005 von Max Dudler fertig gestellt sein wird. Es be-

auch der Platz, der zwischen den Solitären entsteht, sowie die

steht wie schon der Diax Tower aus mehreren Gebäudeteilen,

Durchblicke dazu bei, die Gebäude in die Umgebung einzu-

einem sieben- und einem 14-stöckigen Trakt.

1 Im Hochhausgebietsplan für Zürich sind drei Gebiete für mögliche Hochhausprojekte vorgesehen. 2 Nach zwanzig Jahren wird der Diax Tower in Zürich Oerlikon von Max Dudler und Atelier WW das erste neu gebaute Hochhaus sein. (Perspektive: Atelier WW ) 3 Das nach den neuen Hochhausrichtlinien bewilligte 15-stöckige Gebäude von Baumschlager & Eberle passt sich in seiner Höhe den umliegenden Bauten in Altstetten an. (Perspektive: Baumschlager & Eberle)

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ARCHITEKTUR AKTUELL

aufnimmt und der Sihlpost ein angemessenes

Komplexe Verschränkungen

seite in zweigeschossigen Stufen abgetreppt,

Gegenüber bietet, wird das Volumen auf der Hofwodurch der Bezug zur Massstäblichkeit der angrenzenden, kleineren Einzelbauten hergestellt wird. Die Fassadenverkleidung besteht aus vorgefertigten, mit gelblichem Jurakalk versetzten und geschliffenen Betonelementen, die in ihrer zurückhaltenden Farbigkeit auf die benachbarten Bauten verweisen. Die Fenster sind als Kastenfenster mit dazwischen liegenden Sonnenstoren ausgebildet; während das innere Fenster den thermischen Abschluss gewährleistet, ist das schalldämmende

Vorfenster

fassadenbündig

GIULIANI HÖNGER : FACHHOCHSCHULE

schule am ehesten mit letzteren vergleichbar. Um

angeordnet. Die Verkleidung zieht sich wie eine

SIHLHOF, ZÜRICH, 2000 – 2003

das umfangreiche Raumprogramm unterzubrin-

Haut gleichermassen über Fassaden, Ecken

Zwei kommunizierende Lichthöfe, die sich

gen – der Neubau beherbergt sowohl die Hoch-

und Terrassen und unterstützt dadurch den

insgesamt über sieben Stockwerke er-

schule für Wirtschaft und Verwaltung (zusammen

plastischen Ausdruck des Gebäudes. Dass die

strecken, ein scheinbar unabhängig von der

mit dem Schweizerischen Institut für Betriebsöko-

Verkleidung selbst auch eine gewisse Körper-

Geschossigkeit eingefügter Hörsaal, zwi-

nomie Zürich) als auch die Pädagogische Hoch-

haftigkeit aufweist, verstärkt diese Wirkung: Die

schen Hohlraum und Körper oszillierende

schule –, musste ein verhältnismässig grosses

vertikalen Elemente stehen tektonisch korrekt auf

Korridore, eine Vielfalt räumlicher Be-

Gebäude erstellt werden. Gleichsam skulptural

den horizontalen, die Fugen sind geschlossen,

ziehungen und eine Strukturfassade, die keine

bearbeiteten die Architekten das baugesetzlich

und die Gebäudeecken werden durch dreidi-

ist: Trotz ihres gestalterischen Reichtums

maximal mögliche Mantelvolumen: Der Baukörper

mensionale Teile gebildet.

wirkt Zürichs neuste Fachhochschule ruhig

entstand nicht durch die Addition von Räumen

und ausgewogen. Das Gebäude fügt sich

oder Elementen, sondern durch die Subtraktion

Verschränkte Räume

mit grosser Selbstverständlichkeit in seine

von Masse. Dies ermöglichte spezifische Reaktio-

Den Eingang des Gebäudes markiert der zentrale

Umgebung ein.

nen auf den typologisch heterogenen Kontext,

Hörsaal, der beiden Hochschulen gemeinsam ist

ohne dass der Bau an Kompaktheit und Plastizität

und wie ein geschlossener Block Sichtbeton aus

Nur gerade drei Jahre nachdem der Kaufmänni-

eingebüsst hätte.

der verkleideten Fassade zu ragen scheint (die

sche Verband Schweiz einen eingeladenen Wett-

Obwohl die Hochschule das gesetzliche Ma-

Oberlichter sieht man von der Strasse aus nicht).

bewerb für die Projektierung der Fachhochschule

ximalvolumen weitgehend ausschöpft, wirkt sie

Seine Wirkung ist die eines harten – und im Gegen-

Sihlhof ausgeschrieben hatte, konnte der Neubau

keineswegs überdimensioniert. Während die fünf-

satz zur feinen Elementfassade im wahrsten Sinne

in Betrieb genommen werden. Dem im März fertig

bis siebengeschossige Fassade zur Lagerstrasse

des Wortes ungeschliffenen – zusätzlichen Kör-

realisierten Siegerprojekt der Zürcher Architekten

die Höhe des bestehenden Clipper-Gebäudes

pers, der unabhängig von der Geschossigkeit in

Lorenzo Giuliani und Christian Hönger ist indes keinerlei Hast anzumerken. Der Neubau strahlt erstaunliche Gelassenheit aus: Pragmatisch und sensibel zugleich berücksichtigt er unterschiedliche Nutzungsansprüche, ein riesiges Raumprogramm, eine beachtliche Bautiefe und eine von Vielfalt geprägte Nachbarschaft – und bringt ebenso unverkrampft räumliche und gestalterische Fragen auf den Punkt.

Plastischer Baukörper Die Hochschule befindet sich in der Nähe des Zürcher Hauptbahnhofs an der Ecke Lagerstrasse/ Reitergasse, in einer Umgebung, wo im Rahmen der vorherrschenden Blockrandbebauung drei unterschiedliche Massstäbe aufeinandertreffen: Sihlpost und Kaserne fügen sich als Grossstrukturen in die kleinteilige Wohn- und Gewerbebebauung des Industriequartiers, welche lediglich von einigen grösseren Geschäfts- und Bürobauten aufgelockert wird. Vom Massstab her ist die Hoch1

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