archithese 3.11 - Dichte / Density

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Dichte – Density

archithese

3.2011

Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur

Dichte im jüngeren Städtebau

International thematic review for architecture

Die Zukunft der verdichteten Stadt Berlin zwischen Dichte und Brache Nicht mehr ganz dicht: Zürich Neu-Affoltern – Verdichtung am Stadtrand Glattalstudie Rebstockpark Frankfurt am Main Dhaka und Lagos – Dichte in Gefahrenregionen Christ & Gantenbein VoltaMitte, Basel Valerio Olgiati Hörsaal Plantahof, Landquart Zugang Parlamentsgebäude, Chur Interview Christian Kerez

Dichte Density

Architektur Ikone 01 Preis: 28 CHF/18 Euro

griechisch ikóna: Bilder, die eine Kultur prägen.

PAD design CARLOTTA DE BEVILACQUA DER BEGINN EINER NEUEN LED STRAHLER GENERATION

archithese 3.2011

Mai / Juni

PAD ist eine neuartige Kombination aus Design und Innovation. Seine Größe und Lichtleistung definieren einen zukunftsweisenden Standard architektonischer Beleuchtung. So gewährleistet das Design trotz minimaler Maße einen maximalen Tausch an Wärme, indem neuartige LED Muster mittels eines Keramiksubstrats in direkten Thermokontakt mit den wärmeableitenden Flächen gebracht werden. Informationen: http://pad.artemide.ch

Leserdienst 138


EDITORIAL

Dichte Kaum ein städtebauliches Thema stösst im zeitgenössischen Diskurs auf grössere Akzeptanz als jenes der Dichte. Das Postulat einer verdichteten Stadt ist zum Antidot einer durch Suburbanisierung und Zersiedlung geprägten Siedlungsstruktur geworden. Auch in der Schweiz wirkt der Flächenfrass ungebrochen, und es wäre wünschenswert – wenn es denn gelänge –, die zentrifugalen Tendenzen in zentripetale umzulenken. Es spricht vieles für Verdichtung: Die kompakte, dichte Stadt ist energetisch nachhaltiger, der Mobilitätsaufwand wird reduziert, der Verbrauch landschaftlicher Ressourcen eingedämmt. Und die kompakte, nicht funktional segregierte Siedlungsstruktur entspricht dem Lebensgefühl eines von der Mittelschicht geprägten Kerns der europäischen Gesellschaft. Allerdings wird bauliche Verdichtung teilweise auch dadurch erzeugt, dass der pro Kopf beanspruchte Wohnraum immer noch im Wachsen begriffen ist und die Zahl der Singlehaushalte zugenommen hat. Die ambitionierte Erstellung neuer Wohnungen der vergangenen Dekade in Zürich hat daher kaum zu einer Entspannung des Wohnungsmarktes geführt. Überhaupt ist zu konzedieren – und das zeigt eine Reihe von Aufsätzen in diesem Heft –, dass Dichte nicht verabsolutiert werden kann: Sie ist keine Allzweckwaffe. Dichte, die aus der maximalen Verwertung von Liegenschaften resultiert, garantiert keine lebenswerte Stadt. Die Qualitäten von Berlin beispielsweise erwachsen eher den extensiv unternutzten Freiflächen als den renditeorientierten Stadtquartieren, die nach der Wiedervereinigung aus dem Boden gestampft worden sind und keinesfalls die Lebensqualität der gründerzeitlichen Stadtquartiere erreichen. Daher führte es in die Irre, Dichte allein quantitativ zu definieren. Es geht letztlich um qualitative Kriterien, auch wenn diese schwer allgemeingültig zu fassen sind. Die Stadt der Zukunft wird sich eher patchworkartig aus stark und weniger stark verdichteten Quartieren zusammensetzen. Auch New York besteht nicht nur aus den Hochhausvierteln Manhattans. Dass ungehemmtes Wachstum und starke Verdichtung auch zu Problemen führt, lässt sich an den Megametropolen Asiens veranschaulichen, deren infrastrukturelle Systeme nicht mit den Konzentrationstendenzen Schritt halten. Die Landflucht führt darüber hinaus zu einer Entleerung des Hinterlands, das zum Teil nicht mehr bewirtschaftet werden kann. Ähnliche Tendenzen prägen auch Russland: Während Metropolen wie Moskau nachgerade einen Infarkt erleiden, bluten Kleinstädte und ländliche Regionen aus. Dichte stösst also nicht nur an ihre Grenzen, sondern besitzt auch eine Kehrseite. Wer nur von der «europäischen Stadt» spricht, beschränkt somit seinen Blick. Redaktion

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Dichte europäische Stadt: Die Altstadt von Graz (Foto: Archiv Hubertus Adam)



ARCHITEKTUR AKTUELL

Logik und Emotion

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1 Der erratische Block des Auditoriums mit Eingang (Fotos: Juan Miguel Verme) 2 Lageplan mit der Gesamtanlage der Landwirtschaftsschule Plantahof in Landquart

VALERIO OLGIATI: AUDITORIUM AN DER

gesamte Anlage vor, und wir haben als einzige das

soll den Massstab der umgebenden Einfamilienhäu-

LANDWIRTSCHAFTSSCHULE PLANTAHOF

neue Gebäude mitten ins Zentrum gestellt. Damit

ser übertreffen. Aus diesem Grund brauche ich die

IN LANDQUART

wurde der Aussenraum definiert, und das gesamte

hohe Wand. Für einen beidseitig gleich hohen Raum

Das neue Auditorium an der Landwirtschafts-

Ensemble hat einen Mittelpunkt erhalten. Mit der ho-

hätte das Budget nicht gereicht. So ist die Idee von

schule des Plantahofs in Landquart wurde

hen Fassade wollten wir ein starkes physisches Ge-

diesem asymmetrischen Raum entstanden, der sich

nach einem Entwurf von Valerio Olgiati im

genüber zum alten Gebäude schaffen, eine Fassade,

in die Höhe entwickelt. Wenn man nach oben in die

Herbst 2010 fertiggestellt. Hier werden Tagun-

die den neuen zentralen Platz bestimmt. Das ist die

Dachschräge schaut, so vermittelt der Raum etwas

gen, Vorträge und Diskussionen veranstaltet,

städtebauliche Idee des Ganzen, und wenn ich es

Sakrales und Poetisches; auch etwas Monumen-

das Auditorium dient aber auch öffentlichen

mir überlege, so ist es wohl mein städtebaulichstes

tales. Allerdings verstehe ich unter Monumentalität

Anlässen sowie der Ausstellung von Produkten

Projekt bis heute.

nicht etwa ein grosses und schweres Gebäude,

der Landwirtschaftsschule. Der dunkle, mit

sondern eines, das nicht primär eine funktionale

schwarzen Pigmenten eingefärbte Beton hebt

Im Inneren des Gebäudes gibt es eine etwas

Strategie verfolgt – eines, das also den Gebrauch

sich mit seinem steilen Pultdach, das die Ge-

dunkle, mystische Stimmung, gleichzeitig

nicht unmittelbar zum Ausdruck bringt.

samtform eines Dreiecks generiert, auffällig

durch die weiten, sich gegenüberliegenden

von der umgebenden Architektur ab.

Fenster einen sehr starken und bildhaften

Nun ist die Form hier untrennbar mit der Kons-

Bezug zum Aussenraum, zur Natur. Die Fens-

truktion verbunden, im besten Sinne ist sie

Valerio Olgiati im Gespräch mit J. Christoph Bürkle

Valerio Olgiati – wir befinden uns hier in dem

ter liegen sich genau gegenüber, exakt in der

identisch; das Ergebnis vermittelt den Dialog

Achse des Eingangs vom alten Hauptgebäude

des Architekten mit dem Konstrukteur.

und exakt auf der Ebene zwischen Auditorium

Ja, wir hatten also vorerst einmal die Form. Dann

neuen Auditorium, das mit einer verhaltenen

und Redner. Zugleich hat man den Eindruck,

habe ich mit dem Ingenieur zusammengesessen.

Monumentalität in der Mitte der dreiachsigen

man könnte durch den Raum hindurchgehen.

Er forderte Wandstärken zwischen 35 und 50 Zen-

Gesamtanlage steht.

Es spannt sich ein gewaltiges Volumen auf, das

timetern und ein vorgespanntes Betondach, um

Die dreiachsige Anlage wurde im 19. Jahrhundert er-

in einem steilen Pultdach ausläuft. Getragen

die auftretenden Kräfte aufzunehmen – auch die

richtet. Später wurde ständig erweitert, nicht in Be-

wird der Raum nur durch die Farben Grau und

der Betonkonstruktion selbst. Das hielt ich für we-

zug zu den Aussenräumen, sondern rein funktional,

Schwarz. Wie ist die Form entstanden?

nig interessant, schliesslich sind mit 25 Zentimeter

innenräumlich und linear. Obwohl immer viele Aktivi-

Gegen den Platz spannt sich diese 13 Meter hohe

dicken Wänden normalerweise alle Anforderungen

täten im Freien stattfanden, gab es aussen nie einen

Wand auf. Die Form soll stark genug sein, um gegen

einzuhalten. Dem Ingenieur Patrick Gartmann und

zentralen Ort. Der Wettbewerbsperimeter sah die

den umgebenden Siedlungsteppich zu bestehen. Sie

mir stellte sich die Frage, was eine solch dünne

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1

URBANE KONDENSATION Ein Streiflicht zur Frage der Dichte im jüngeren Städtebau Die Frage nach der Dichte rangiert heute weit oben auf der urbanistischen Agenda. So notwendig Verdichtung – gerade im Kampf gegen die Zersiedelung – auch scheint: Tragfähige allgemeingültige Ansätze zur Bestimmung und Realisierung einer optimalen Relation aus Dichte, Stadtgrösse, Umwelt- und Lebensqualität gibt es nicht.

Text: Robert Kaltenbrunner Es ist eine der wirkmächtigsten Geschichten der Bibel: Die

Die Forderung nach höherer baulicher Dichte mag so nach-

Erzählung von jenem eigentümlichen Gebäude, dessen

vollziehbar wie aktuell sein – neu aber ist sie nicht. Denn

Spitze bis in den Himmel ragen sollte – als steingewordenes

dass mit dem städtischen Wiederaufbau nach dem Zweiten

Symbol menschlicher Allmacht, die nicht einmal mehr vor

Weltkrieg nicht bloss vertraute räumliche Qualitäten verloren

dem Sitz der Götter oder gar des einen, noch allmächtige-

gingen, sondern etwas ganz Grundsätzliches, begann man

ren Gottes haltmacht. Bekanntlich ging die Sache damals in

bald zu ahnen. Es ist nicht ohne Ironie, dass es der Schweizer

Babylon nicht gut aus. Die Hybris, mehr sein zu wollen als

Ökonom Edgar Salin war, der mit dem Terminus «Urbanität

dem Menschen nun einmal zugedacht ist, schlug auf die küh-

durch Dichte» vor fünfzig Jahren der deutschen Fachdebatte

nen Turmbauer zurück, verdrehte ihnen Zungen und Köpfe

eine völlig neue Richtung gab.1 Unter diesem Schlagwort

und verwirrte alle so nachhaltig, dass man das himmelsstür-

wurden nun die zuvor realisierten Planungen infrage gestellt,

mende Bauwerk unvollendet lassen musste.

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Biografie eines schillernden Begriffs

ohne indes damit eine Rückbesinnung auf die Kontinuität

Noch heute entfacht das Thema Hochhaus vielerorts eine

der europäischen Stadtentwicklung zu verbinden. Stattdes-

leidenschaftliche Debatte. Doch auch eine Antwort auf die

sen «komprimierte» man Grosssiedlungen und formulierte

Frage, wie dicht zu bauen sei, scheint ohne Kontroversen

Konzepte mit sehr hohen Dichten und Geschosszahlen. Doch

kaum möglich. Das beginnt schon damit, dass es absolute

die Modelle basierten weiterhin auf einer räumlichen Tren-

Richtwerte dafür weder gibt noch geben kann. Zwar mag

nung von Arbeiten und Wohnen, und sie lagen meist weitab

unsere kulturelle Disposition nahelegen, von der Stadt ein

von den Kernstädten oder grösseren Stadtteilen. So stellte

gewisses Mass an funktioneller und baulicher Dichte zu er-

sich (erneut) die Reizarmut monofunktionaler, in zu kurzer

warten, aber unter den Bedingungen der heutigen Markt-

Zeit hochgezogener und räumlich disparater Grossstruktu-

wirtschaft erfüllt sich diese Erwartung keineswegs. Die Sied-

ren ein. Dennoch bedurfte es weiterer fundamentaler Kritik

lungsflächen wachsen und wuchern unaufhörlich. Was wir

an Städtebau und Architektur,2 um zu erkennen, dass die

vielfach wahrnehmen, ist eher Entdichtung und Verdünnung.

für überholt erklärte traditionelle Stadt räumliche und funk-


1 – 4 Blicke über Manhattan (Fotos: Hubertus Adam)

tionale Qualitäten aufwies, die mit den bislang realisierten Planungen nicht zu erreichen waren. Als Katalysator wirkten aber auch radikale Eingriffe in Altbausubstanzen in Citynähe, wie etwa im Münchner Lehel und im Frankfurter Westend seit 1970.3 Die vorherigen Ansätze deklarierte man nun als verkürztes «technokratisches» Planungsdenken, das sowohl soziale Folgen als auch Veränderungen der Konzepte und Anforderungen während der oft langwierigen Realisierungsprozesse ausblendet. Allerdings setzten sich alsbald, bedingt durch die Öl-

2

krise 1973, kurzfristige Krisenmanagement- und Planungstechniken mit räumlich und sachlich reduziertem Umfang durch. In gewisser Weise hatte sich der Begriff Dichte für Jahrzehnte diskreditiert, zumal Anspruch und Wirkung mit Slogans wie «Gesellschaft durch Dichte» überhöht worden waren. Ein beredtes Beispiel für urbanistische Projekte dieser Übergangszeit stellt die sogenannte High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln dar. Die Wettbewerbsjury entschied sich 1970 für den Entwurf der Architekten Rainer Oefelein und Bernhard Freund, der das Spannungsfeld zweier sich schein-

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bar widersprechender Zielvorstellungen städtischen Wohnens neu definieren wollte: Stadtraum, Öffentlichkeitsbezug, Informationsdichte einerseits und ungestörte Grünzonen, Gartenbezug, Freiraum andererseits. Das städtebauliche Konzept relativierte die bauliche Dichte der übrigen Berliner Grosssiedlungen (mit aneinandergereihten Hochhäusern wie im Märkischen Viertel oder der Gropiusstadt) und setzte auf eine baulich-funktionale Trennung von Fussgängern und Autoverkehr. Hochgelagerte, begrünte Wege (die namensgebenden high decks) verbinden die überwiegend fünf- bis

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sechsgeschossigen Gebäude, die über rund 2400 Wohnungen verfügen, während die Strassen mit mehr als tausend Stellplätzen und Garagen darunter liegen. Die Konzeption wurde seinerzeit als bewundernswert radikal und beste-

Relationen und innere Widersprüche

chend einfach rezipiert, zwischenzeitlich als zu nüchtern an-

Zumindest im städtebaulichen Sinne erweist sich Dichte als

gesehen, erfährt aber in jüngster Zeit neue Aufmerksamkeit

relative Bezugsgrösse: Sie wird in Manhattan anders inter-

– als Prototyp stadtverträglicher Dichte.

pretiert und gelebt als in Houston; in Madrid anders als in

Grundsätzlich jedoch lehren die Jahrzehnte einer eher

Hannover, in Basel anders als in Steyr. Dass der begriffliche

kommerziellen Stadtproduktion auch, «dass der Markt die

wie planerische Umgang mit Dichte äusserst vielschichtig,

ökonomische Verdichtungslogik nicht mitträgt. Nachge-

teilweise sogar widersprüchlich ist, soll an drei Aspekten

fragt werden bestimmte Bautypologien (der Büroturm, der

schlaglichtartig beleuchtet werden: Lebensweltliche Dimen-

Office-Park, das Einfamilienhaus, der Golfklub) und diese

sion, Flächeninanspruchnahme sowie Alltagsmobilität.

haben ihre spezifischen Dichten. Wenn ein Developer ein

1. In gesellschaftlicher Hinsicht sei exemplarisch auf

verdichtetes Einfamilienhaus, einen verdichteten Golfplatz

Hongkong verwiesen. Der Stadtstaat an Chinas Südküste

oder ein verdünntes Urban Entertainment Center baut, wird

gilt als Inbegriff dafür, wie mit einem Minimum an Platz ein

er Schwierigkeiten bei der Vermarktung haben. Dichte ist

Maximum an Umsatz erwirtschaftet werden kann – und der

also zuerst einmal eine Frage der Typologie. In zweiter Li-

Mensch darin lediglich Verfügungsmasse ist. So ausgeprägt

nie stellt sich die Frage, in welchen Lagen diese Typologien

die Fähigkeit zur baulichen Verdichtung vorhanden ist, so

zur Anwendung kommen. Diese Entscheidungen beruhen

stark ist andererseits auch die Neigung dazu. Grundstücke

nur vordergründig auf Grundstückskosten. Denn die Preise

werden hier nicht mehr verkauft, sondern von Investoren

reflektieren nur, welche Typologie in dieser Lage vom Markt

auf Auktionen zu Höchstmieten ersteigert. Charakteristisch

angenommen wird.» 4 Sowohl hoch verdichtete, an der Bo-

ist die Flüchtigkeit architektonischer Formen, das ständige

denrendite ausgerichtete Nutzungskonzepte zu entwickeln

Sich-Überlagern von Gebäuden, sodass sie weniger als indi-

als auch attraktive Wohn- und Lebenswelten zu schaffen:

viduelle Projekte denn als Masse wahrgenommen werden. Es

Ein solcher Anspruch an die öffentliche Planung birgt augen-

ist eine Stadt des schnellen Abrisses und Neubaus – und der

scheinlich ein Dilemma.

stakkatohaften Abfolge der Moden. Hier werden Gebäude

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NICHT GANZ DICHT Die räumliche Entwicklungsstrategie der Stadt Zürich Eine Fahrt durch die Schweiz macht deutlich, dass die Schwerpunkte des im Januar 2011 publizierten Entwurfs für ein nationales Raumkonzept richtig sind, insbesondere hinsichtlich der Kanalisierung des Wachstums und der damit verbundenen Bautätigkeit. Viele Faktoren führen zu einem fortwährenden Druck auf die bestehenden Siedlungsstrukturen und Landschaftsräume: die robuste Wirtschaftslage, die gute Vernetzung, die politische Stabilität, die bevorzugte Lage mitten in Westeuropa, aber auch die gesellschaftlichen Veränderungen, die Individualisierung, die sich durch den stetig steigenden Flächenbedarf pro Person manifestiert, sowie die vielfältigen, ebenfalls wachsenden Nutzungsansprüche.

Text: Patrick Gmür

In den vergangenen 15 Jahren lag der Schwerpunkt auf der

Die Schweiz gehört schon heute zu den besonders dicht be-

Umnutzung nicht mehr gebrauchter Industriebrachen in

siedelten Staaten Europas. Aktuelle Zahlen deuten auf eine

neue Stadtteile und Siedlungen. Neu-Oerlikon, Sihlcity oder

jährliche Zunahme von bis zu einhunderttausend Personen

Zürich-West sind Beispiele für diese Transformationen. Aber

hin, die sich in der Schweiz niederlassen wollen. Das Postu-

auch kleinere Brachen wie die «Wöschi» in Zürich-Wollisho-

lat, bauliches Wachstum durch Verdichtung aufzufangen und

fen oder das LUWA-Areal in Zürich-Albisrieden wurden mit

nicht durch die Ausdehnung der Siedlungsflächen, bedingt

neuen Siedlungsformen über- oder umgebaut. Im Zusammen-

einen äusserst haushälterischen Umgang mit unserem Bo-

spiel von Alt und Neu entstanden wiedererkennbare Bauten

den. Das Bestreben der Grundeigentümer, ihre Grundstücke

mit örtlich spezifischer Individualität. Obwohl sie sich neu

immer besser auszunützen, unterstützt diese Forderung.

orientieren, stehen die Wöschi oder auch die Überbauung James für einen Stadtumbau innerhalb der über Jahrzehnte

Bauen an der Stadt

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gewachsenen Strukturen.

Die Verdichtung nach innen wird auch für Zürich als Lösungs-

Die Attraktivität Zürichs, der Erneuerungsdruck sowie die

ansatz genannt. Der Stadtumbau als «Überformung» und Ver-

Forderungen und Vorgaben des nachhaltigen Bauens führen

dichtung des bestehenden Stadtkörpers ist allerdings – wie

heute zu einer intensiven Planungs- und Bautätigkeit auf

Schwarzpläne der Stadt beweisen – seit Langem im Gange.

dem gesamten Stadtgebiet. Unter dem Begriff Ersatzneu-

Die immer wieder zitierte Aussage «Zürich ist gebaut»

bauten werden seit Jahren immer wieder in die Jahre ge-

bezog sich auf die Tatsache, dass die Verdichtung Zürichs

kommene Siedlungen abgebrochen und die frei gewordenen

nur innerhalb des schon gebauten Stadtkörpers möglich ist.

Parzellen neu überbaut.


1 Schwarzpläne der Stadt Zürich von 1825 bis 2020 (Abbildungen: Amt für Städtebau der Stadt Zürich)

1825

1840

1855

1870

1885

1900

1915

1930

1945

1960

1975

1990

2003

2010

2020

51


1, 2 Fr a u e en n fell d St a Sta ad dt

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GLATTALSTUDIE Die Gruppe Krokodil plant eine neue Stadt neben Zürich

Text: Hubertus Adam

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archithese 3.2011

Bevölkerungswachstum und steigender Pro-Kopf-Verbrauch

tung oder einer konzentrischen Ausdehnung ins Umland die

an Fläche führen in der Schweiz zu fortschreitender Sub-

Entwicklung einer verdichteten Stadt im Glattal vor. Dabei

urbanisierung und Zersiedlung. Aus vielfältigen Gründen

handelt es sich um eine Entwicklungsstrategie, nicht um

(Gemeindeautonomie, überdimensional ausgewiesene Bau-

eine fertig geplante oder zu planende Stadt: Die bestehende

zonen, Fokussierung auf Architektur statt Planung etc.) lies-

Glattal-Agglomeration bildet den Ausgangspunkt für eine

sen sich die unübersehbaren Prozesse bisher nicht wirksam

sukzessive Verdichtung. Die Glattalstudie wurde im Juni

bekämpfen. Für die Metropolitanregion Zürich schlägt die

2010 erstmals präsentiert und seither weiterentwickelt. Die

Gruppe Krokodil (EM2N, pool, Roger Boltshauser, Frank

hier abgebildeten Grafiken repräsentieren den Zwischen-

Zierau) anstelle einer radikalen innerstädtischen Verdich-

stand vom Mai 2011.


1 Gemeindegrenzen Z端rich und Glattalstadt 2 Siedlungsr辰ume um Z端rich 3 Visualisierung der zuk端nftigen Stadt im Glattal

3

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WACHSTUM, FLUT UND FLUCH

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Dhaka und Lagos: Dichte in gefährdeten Regionen Der Hype um globale Städte in der urbanistischen Debatte verschattet den Blick auf die tatsächlichen akuten Probleme: das extreme Wachstum, die Gleichzeitigkeit von Armut und Reichtum im Zusammenspiel mit einer überforderten, meist kurzsichtig-opportunistischen Politik und einer gierigen Wirtschaft. Für die Städte bedeutet dies eine mitunter grausame Schwäche gegenüber den Ausschlägen der Naturkräfte.

1 Korail, die grösste informelle Siedlung Dhakas, liegt mit seinen 100 000 Einwohnern inmitten der Stadt am Banani Lake (Fotos: Martin Zettel)

Text: Martin Zettel Städtisches Wachstum verlangsamt sich in den überwiegenden Teilen Europas und der westlichen Welt. Die Bevölkerungspyramide verliert als Begriff mehr und mehr an Gültigkeit, und Migrationsbewegungen legitimieren ausführliche Studien zu sogenannten «shrinking cities». Gleichzeitig hat in Afrika und Asien ein rasantes urbanes Wachstum stattgefunden, dessen zum Teil explosionsartige Entwicklung auch in Zukunft voranschreiten wird. Häufig konzentriert sich dieser Zustrom von Menschen in Küsten- beziehungsweise Mündungsstädten, welche den natürlichen Bedrohungsszenarien in besonderer Weise ausgesetzt sind. Dhaka und Lagos gehören zu den 218 Städten, die in den vergangen zwei Jahrzehnten mit einer jährlichen Bevölkerungszunahme von vier Prozent und mehr anwuchsen. Solche Städte befinden sich häufig in geografischen Lagen, wo es durch Überschwemmungen immer wieder zu chaotischen Zuständen in ohnehin lediglich notdürftig organisierten Stadtstrukturen kommt. Davon unbeeindruckt ist Dhaka weiterhin die weltweit am schnellsten wachsende Megacity mit einer Einwohnerzahl von etwa 15 Millionen, zu denen in den nächsten zwölf Jahren nach Schätzungen des UN-Habitat-Berichts State of the World’s Cities 2008/2009 weitere acht Millionen

hinzukommen werden – ohne dass sich eine grundsätzliche Änderung in der politischen und insbesondere sozialen Lage der Stadt abzeichnet.¹

Klimawandel und Katastrophen Die Fakten sind längst bekannt und mittlerweile erwiesen: globale Erwärmung, das Schmelzen der Gletscher und der Eiskappen an den Polen, ansteigende Meeresspiegel, vermehrte Wüstenbildung und Dürren im Hinterland, Anstieg der Intensität von Wirbelstürmen. Es kommt zu stärkeren Überschwemmungen und Flutkatastrophen, es gibt vermehrt extreme Regenfälle. Wendungen von natürlichen Gegebenheiten, die erst im Verhältnis zur Besiedelungsdichte und damit zur Gesellschaft ihre Definition als Katastrophe erhalten. Die Gesellschaft wiederum ist verantwortlich für den vermehrten Ausstoss von Kohlendioxid, Stickoxiden, Methan und anderen Treibhausgasen; jene Stoffgemenge, die sich seit Anbeginn der Industrialisierung in der Atmosphäre anteilsmässig erhöhen und für die Klimaerwärmung verant-

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