CAAD – CAAO
advertising, art & ideas
archithese
4.2006
Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur
33 Episoden über Architektur und Information
Revue thématique d’architecture
Eine Positionierung des CAAD Computertechnologie – ein Plädoyer für offene Standards Lars Spuybroek und der flexible Schinkel Innovative Technologie, traditionelle Arbeitsteilung Handwerk im Computerzeitalter Die Programmierte Wand – ein Forschungsbericht An den Grenzen der Standardisierung Computerspiele und ihr Einfluss auf die Stadtplanung Vers un mode de production non-standard Computing and alternative design proposals Digital Morphogenesis – a paradigmatic shift huggen_berger Schulhauserweiterung, Uetikon David Chipperfield Literaturmuseum, Marbach
THE ART OF CARPET Es ist seit jeher eine Kunst, einem Gebäude die besondere Note und einem Raum einen einzigartigen Charakter zu verleihen. Kein Wunder also, bevorzugen führende Architekten unsere Teppiche. Seit über 60 Jahren und rund um die Welt. Es ist eine Kunst, den perfekten Teppich herzustellen – und ihn zu wählen! www.tisca.ch THE TOTAL CARPET COMPANY Leserdienst 156
archithese 4.2006
Juli/August
Preis: 28 CHF/18 Euro
CAAD CAAO
EDITORIAL
CAAD Die digitale Revolution hat die Welt verändert und mit ihr die Architektur. Oder zumindest die Architekten: Schwankten Studierende im ersten Semester noch vor einem Jahrzehnt zwischen kabelgeführter Mayline und einfachem T-Lineal – und entschieden sich mehrheitlich vorerst für das günstige T-Lineal –, tragen heute alle einen Laptop unter dem Arm, der mit ungleich höheren Anschaffungskosten verbunden ist. Ohne CAAD (Computer Aided Architectural Design ) geht in heutigen Architekturbüros gar nichts mehr. Mit seiner Hilfe werden Pläne und Visualisierungen gezeichnet, Kraftverläufe und Temperaturschwankungen simuliert, Lichtsituationen getestet, Kosten berechnet und Offerten erstellt. Die Kommunikation zwischen den am Bau Beteiligten hat sich beschleunigt, die Zusammenarbeit ist intensiver geworden. Dies bedeutet eine Befreiung von undankbarer Knochenarbeit und die Möglichkeit, sich auf andere Dinge zu konzentrieren – aber auch, wie Stefan Jauslins Essay in diesem Heft herausstreicht, eine neue Abhängigkeit der Architektinnen und Architekten von Softwareherstellern, die verständlicherweise wenig Interesse daran haben, die Situation zu entschärfen. Doch inwiefern hat die Digitalisierung des architektonischen Alltags die Architektur selbst verändert? Sind neoorganische Blobs wirklich das letzte Wort? Wer in diesem Heft jene spektakulären Bilder sucht, die man im Zusammenhang mit CAAD zu sehen gewohnt ist, findet statt dessen Texte von Bernard Cache, Neil Leach und Peter Szalapaj – in den jeweiligen Orginalsprachen – sowie eine Positionierung des CAAD von Ludger Hovestadt. Hier soll es nicht primär darum gehen, wilde Formen zu zeigen, die ohne Computer nicht realisierbar gewesen wären. Vielmehr werden neue Möglichkeiten von Entwurf und Planung untersucht. In einem Interview legt Lars Spuybroek seine Idee einer neuen Architektur der Kontinuität dar. Der Beitrag von Fabio Gramazio und Mathias Kohler lässt erahnen, was geschieht, wenn Architektur nicht mehr gezeichnet, sondern programmiert wird – als Beispiel dient ein Industrieroboter, der mauern kann. Reto Durrer zeigt ein Projekt für anpassbare städtische Abfallcontainer, welches das Potenzial, aber auch die Grenzen des parametrischen Entwerfens illustriert. Mit Mass Customization beschäftigt sich auch Oliver Fritz, der vor allem die Umsetzung in die Praxis thematisiert: Genaue Planung vorausgesetzt, gibt es heute dank computerunterstützter Bauproduktion (Computerized Numerical Control ) keinen Preisunterschied mehr zwischen Standard- und Ausnahmeelementen. Dies beschert der Vorfabrikation ungeahnte neue Möglichkeiten, die nicht zuletzt auch das konventionelle Berufsbild des Architekten in Frage stellen – zumal sich in der engen Zusammenarbeit mit Spezialisten und ausführenden Firmen auch die Kompetenzbereiche zwischen den Beteiligten verschieben müssten. Für eine neue Art der Kooperation plädiert auch der Ingenieur Mutsuru Sasaki, der mittels digitaler Technologie komplexe Tragkonstruktionen für Toyo Ito und andere international tätige Architekturbüros entwirft – obschon sich seiner Meinung nach, wie er in einem Beitrag von Marco Rossi erläutert, die Art und Weise der Zusammenarbeit trotz neuer technischer Werkzeuge bisher kaum verändert habe. Eine ungewöhnliche Perspektive eröffnen schliesslich Friedrich von Borries, Matthias Böttger und Steffen P. Walz hinsichtlich der Anwendung von Computerspielen in der Stadtplanung.
Redaktion
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NOX / Lars Spuybroek: Son-OHouse, Son en Breugel, Niederlande, 2000–2004 Modellstudie
INNOVATIVE TECHNOLOGIE, TRADITIONELLE ARBEITSTEILUNG Zum Verhältnis von Architekt und Ingenieur Der Ingenieur Mutsuru Sasaki zeichnet für die Tragkonstruktion vieler wichtiger
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Text: Marco Rossi In europäischen Medien werden die Japaner immer wieder als technikverrückt dargestellt. Diese Verallgemeinerung
Projekte der zeitgenössischen japanischen Architektur verant-
greift zu kurz; und doch scheinen die neuesten, schnellsten
wortlich. Mit den von ihm entwickelten Entwurfstechniken für stati-
und kleinsten elektronischen Kommunikations- und Arbeits-
sche Strukturen ist es möglich, die Tragkonstruktion frei geformter
geräte in Japan eine grosse Anziehungskraft auszuüben. Zu-
Bauten am Computer zu optimieren. Ein Beispiel ist das vor einigen
sehends werden Funktionen von Computern auf kleinen por-
Monaten fertig gestellte I-Project von Toyo Ito auf der künstlichen
tablen Geräten verfügbar. Neuere Mobiltelefone beispiels-
Island City vor Fukuoka. Sasaki vertritt indes die Ansicht, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Architekt und Ingenieur trotz neuer digitaler Werkzeuge nicht wesentlich verändert habe.
weise sind mit GPS ausgerüstet und zeigen den jeweiligen Standort sehr genau an – mit dieser Ortsbestimmung lässt sich auf dem Mobiltelefon dann auch gleich nach Läden oder Infrastrukturen in der näheren Umgebung suchen und direkt auf deren Webseiten zugreifen. Auch fällt es deutlich einfacher in elektronischer Form als von Hand japanisch zu schreiben: Werden normalerweise neben zwei japanischen Silbenschriften Tausende von Schriftzeichen verwendet, die ursprünglich aus dem Chinesischen stammen, wird am Computer oder Mobiltelefon ein Wort so geschrieben, wie man es ausspricht – in römischen Buchstaben oder in einer der beiden Silbenschriften. Am unteren Rand des Displays erscheinen sofort ein oder mehrere dieser
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Aussprache entsprechende Schriftzeichen, das gewünschte
Frei gekrümmte Oberflächen
Zeichen wird ausgewählt und in den zu schreibenden Text
Beim I-Project handelt es sich um eine Parkgestaltung von
eingefügt. Dabei genügt es, die Zeichen passiv wieder zu er-
Toyo Ito auf einer künstlich aufgeschütteten Insel in der
kennen; auswendig schreiben können muss man sie nicht
Bucht von Fukuoka im Südwesten Japans. Auf Grund der
mehr.
Nähe zum kontinentalen Festland sind dort vermehrte Wa-
In japanischen Architekturbüros kommen Computer als
rentransporte und Geschäftsbeziehungen zwischen China,
hilfreiche Arbeitswerkzeuge zum Einsatz, gerade in den dicht
Korea und Japan zu erwarten. Um eine noch grössere Raum-
bebauten Städten. Die meisten Büros konzentrieren sich in
knappheit innerhalb der Stadt Fukuoka zu vermeiden, trieben
oder um Tokio, an möglichst zentraler, guter Adresse. Wegen
der Staat, die Stadt Fukuoka und private Investoren die Auf-
der hohen Bodenpreise sind die einzelnen Arbeitsplätze dort
schüttung der 400 Hektar grossen Island City voran. Künftig
oft sehr klein; dies bestimmt mit, bis zu welcher Grösse reale
werden dort Wohn- und Geschäftsbauten entstehen, in deren
Modelle gebaut werden können. Hier haben die auf Compu-
Mitte eine Parklandschaft zum öffentlichen Raum werden
tern darstellbaren 3D-Modellierungen neue Möglichkeiten er-
soll. Den für die Gestaltung dieses Freiraums ausgeschriebe-
öffnet, neuen Raum geschaffen.
nen Wettbewerb gewann Toyo Ito. Während die Insel noch
1+2 Modell und Luftaufnahme (beide Bilder aus: El Croquis, Toyo Ito 2001 2005, Nr. 123, S. 294–295)
kaum bebaut ist, wurde der Park im Herbst 2005 fertig geOrganische Formen, rational betrachtet
stellt und im Frühjahr 2006 offiziell eröffnet. Der Entwurf
Mutsuru Sasaki zählt seit Jahren zu den wichtigsten japani-
besteht aus einer künstlichen Topografie von Mulden und
schen Ingenieuren. Seine Zusammenarbeit mit Toyo Ito an
Hügeln, die einen nierenförmigen Teich einfassen. Als auf-
der Mediathek in Sendai war insofern wegweisend, als dort
fallendstes bauliches Element heben sich drei Hügel von der
die Tragstruktur das orthogonale System verlässt. Seit etwa
Insel ab, unter denen sich drei Räume für Ausstellungen oder
sechs Jahren widmet sich Sasaki nun vermehrt frei geformten
Gewächshäuser für Pflanzen befinden.
Tragwerken. Ein aktuelles Beispiel ist seine Kooperation mit
Die formale Idee der Architekten war bereits ausgeprägt,
Sanaa (Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa) beim Learning Cen-
als die Zusammenarbeit mit Sasaki einsetzte: eine ondulie-
ter der Ecole Polytechnique Fédérale Lausanne.
rende Acht, deren innere und äussere Flächen sich an zwei
Sechs Projekte von Sasaki, die in Zusammenarbeit mit
Stellen verdrehen. Es handelt sich um eine kontinuierliche,
Toyo Ito, Sanaa beziehungsweise Arata Isozaki entstanden
frei gekurvte Schale aus Stahlbeton mit einer maximalen
sind, wurden im Sommer 2005 in der Ausstellung flux struc-
Länge von 190 Metern, einer maximalen Breite von 50 Metern
ture in der Gallery MA in Tokio präsentiert. Die ausgestellten
und einer Dicke von 40 Zentimetern. «An undulating helical
Projekte zeigen, wie es Mutsuru Sasaki und vor ihm bereits
shape in which the outer surface and the inner surface were
Toyo Ito formuliert haben, einen Weg von less is more zu more
reversed in two places, this is an extremely complex structu-
is more. Sucht Ito seit einigen Jahren nach einer immer freie-
ral shape with an overall topological continuity between out-
ren, von der Natur inspirierten Formensprache, so teilt Sasaki
side and inside», so Sasaki. «In this case, Toyo Ito had strong
dieses Interesse. Als Ingenieur hat er indes den Anspruch,
preferences for particular shapes, so we began by having him
auch diese freien, organischen und fliessenden Formen in ra-
somehow make a physical model of the desired shape, to
tionaler Weise zu behandeln. In den Worten Sasakis müssten
which we then applied slight modifications in the areas that
daher die traditionellen, empirisch basierten Methoden für den Entwurf von Tragkonstruktionen durch mathematisch basierte ersetzt werden, bei denen sich Mechanik (Rationalität) und Ästhetik (Sensibilität) vereinen. Sasaki ist fasziniert von Antoni Gaudí und Heinz Isler, die in ausführlichen Experimenten das Tragverhalten von Kuppeln oder Schalen anhand von Modellen studierten. In seinem Buch Flux Structure schreibt Sasaki: «I wondered if a computer could be used for the application of mathematically based mechanical theory to generate structural shapes for the shape analysis of a real structural design – wherein it clearly becomes a nonlinear problem.»1 Mit seinem Team arbeitet er an diversen Methoden, dank denen sich neue, freie und statisch sinnvolle Formen am Computer entwickeln lassen. Diese Methoden erlauben es zudem, das Tragverhalten höchst komplexer Gebäudeformen am Computer rechnerisch zu kontrollieren und zu optimieren. Im Folgenden soll exemplarisch der Entstehungsprozess des I-Project von Toyo Ito in Fukuoka vorgestellt werden, dessen Realisierung durch eine von Sasaki entwickelte Methode ermöglicht wurde.
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FLEXIBLER SCHINKEL Lars Spuybroek im Gespräch mit Judit Solt Lars Spuybroek leitet das Architekturbüro NOX in Rotterdam, das seit den Neunzigerjahren das Verhältnis von Architektur und digitalen Technologien erforscht. Im Gespräch thematisiert er ein neues Verständnis des Architekten als Entwerfer, Gottfried Sempers Bekleidungsprinzip im Computerzeitalter und die Frage, wie der Einsatz des Computers zu einer neuen, auf Kontinuität basierenden Architektur jenseits aller vordergründig glatten Blobs führen könnte.
In den letzten zehn Jahren hat der Einfluss digitaler Tech-
Material kommt vor der Technik, und die Technik kommt vor
nologien auf die Architektur stark zugenommen. Dennoch
der Idee. Ich führe keine neuen Ideen ein, die interessieren
werden auch heute die meisten Entwürfe auf konventio-
mich nicht. Aber ich habe neue Techniken eingeführt: Bei al-
nelle Art und Weise generiert, und der Computer wird le-
len handelt es sich um digitale Prozesse und Prozeduren, und
diglich eingesetzt, um die Realisierung des Gebäudes zu
ich bin überzeugt, dass die Arbeit mit Regeln und Prozessen
ermöglichen – als Zeichnungsinstrument für Pläne und Per-
uns befähigen wird, mehr architektonische Formen zu erzeu-
spektiven, als Rechner für bauphysikalische Simulationen,
gen als uns bisher bekannt sind. So betrachtet ist meine Po-
bei der Kostenkalkulation, bei der Herstellung vorfabrizier-
sition eine Umkehrung: Wir werden Neues haben, wenn wir
ter Einzelteile oder bei der Koordination verschiedener am
das Subjekt soweit wie möglich ausschalten. Wir werden
Bau beteiligter Spezialisten. In Ihrer Arbeit ist der Compu-
Neues haben, wenn wir den Maschinen mehr überlassen.
ter jedoch viel mehr als das, er prägt den ganzen Entwurfsprozess. Wie würden Sie die Rolle des Architekten in diesem Kontext definieren?
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Alte Probleme, neue Instrumente
Der Einsatz digitaler Technologien in Architektur und
Wie Darwin Gott aus der Evolutionstheorie ausgeklammert
Stadtplanung wird generell mit so genannten freien For-
hat, möchte auch ich das schaffende Subjekt aus dem Ent-
men assoziiert – meist mit neo-organischen Blobs. Im Buch
wurfsprozess heraushalten. Ich bin gegen Kreationismus, so-
NOX : Machining Architecture postulieren Sie indes etwas
wohl bei natürlichen Formen als auch in der Architektur. Es
ganz anderes. Sie definieren topologische Architektur als
ist mir bewusst, dass dies ein extremistischer Standpunkt ist
eine Architektur der Variation, die durch eine inhärente Sys-
– und um ehrlich zu sein, äussere ich diese Sicht eher als Theo-
tematik kontrolliert wird. Gemäss dieser Definition sind in
retiker denn als Entwerfer.
der topologischen Architektur die Beziehungen zwischen
Auf der anderen Seite gilt es zum Beispiel in Bezug auf
den einzelnen Elementen gegeben, und die Elemente sind
architektonische Typologien überhaupt nicht als extrem, son-
Produkte dieser Beziehungen. Die Form ist also nicht frei
dern als allgemein akzeptierte Meinung, dass die Architektur
im Sinne von «anything goes», sie ist nicht beliebig, son-
mit dem in den Typen verkörperten kollektiven Gedächtnis
dern das Ergebnis eines streng reglementierten Prozesses.
operiert und dass ein bestimmter Typus nur durch Kontext
Genau, Blobs machen mich wahnsinnig. Das ist die schwächs-
und Ort differenziert wird. Aber eine solche Haltung wird nie
te Form der Architektur, das ist Skulpturalismus. Irgendwie
ein evolutionäres Formkonzept zulassen, denke ich; sie wird
besteht da ein riesiges Missverständnis. Ich versuche, das in
nie erlauben, dass neue Typen entwickelt oder erfunden wer-
der Semper’schen Terminologie zu erklären. Im Allgemeinen
den, ausser durch Zufall.
wird eine Architektur der «Freiform» mit dem Modellieren
Ich dagegen bin der Meinung, dass die Differenzierung
von Lehm oder mit dem Aushöhlen von Stein, mit Stereotomie
der Form, die in der Biologie «Morphogenese» und im Inge-
assoziiert. In Gegensatz dazu ist meine Arbeit absolut tekto-
nieurwesen «Formfindung» genannt wird, ein weitgehend
nisch, nicht skulptural. Der Punkt ist, dass die meisten Kriti-
materieller Prozess ist, der den Regeln der Interaktion folgt.
ker, wenn sie Tektonik hören, Fugen und Nähte in einer nicht
Auf Deutsch ist «Formfindung» ein Gegensatz zu «Formge-
kontinuierlichen Geometrie erwarten. Im Zusammenhang mit
bung». Oder in Gottfried Sempers Worten ausgedrückt: Das
Skulpturalismus dagegen erwarten sie Glätte in einer konti-
1 Son-O-House, Son en Breugel, Niederlande, 2000–2004 Kunstwerk im öffentlichen Bereich für den Industrieschap Ekkersrijt, in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Edwin van der Heide An der Autobahn zwischen Son en Breugel und Eindhoven liegt ein grosser Industriepark mit einem Bereich für die IT- und NeueMedien-Branche. Das Kunstwerk soll die Identität dieses Gebiets stärken – als technologisches Statement und als Raum, wo sich Menschen zwanglos treffen und entspannen können. Die Konstruktion ermöglicht es, Töne in einer musikalischen Struktur zu hören und sich auch an der Komposition zu beteiligen. Sie ist Instrument, Partitur und Studio in einem. 23 strategisch platzierte Sensoren beeinflussen die
Musik indirekt. Dieses Klangsystem, komponiert und programmiert vom Klangkünstler Edwin van der Heide, basiert auf MoiréEffekten bei den Interferenzen eng verwandter Frequenzen. Der Besucher beeinflusst den Klang nicht direkt, wie dies bei interaktiver Kunst oft der Fall ist, sondern die Echtzeit-Komposition selbst, welche die Klänge generiert. Die Partitur ist eine evolutionäre Erinnerungslandschaft, die sich mit dem Verhalten der Körper im Raum entwickelt. Architektur: NOX / Lars Spuybroek, Rotterdam; Projektteam: Chris Seung-woo Yoo, Josef Glas, Ludovica Tramontin, Kris Mun, Josef Glas, Geri Stavreva, Nicola Lammers
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Die Programmierte Wand – ein Forschungsbericht Eine neuartige Fertigungseinrichtung an der ETH Zürich ermöglicht es, das Potenzial der digitalen Fabrikation zu erforschen: Ein entsprechend angepasster Industrieroboter demonstriert die additive Fertigung von nicht standardisierten Bauteilen am Beispiel von Backsteinmauern.
DIE INFORMIERUNG VON ARCHITEKTUR
Text: Fabio Gramazio und Matthias Kohler Die digitale Fabrikation erlaubt es, am Computer beschriebene Bauteile direkt maschinell zu fertigen. Sie macht es möglich, Entwurfsinformationen in Form von Daten und Prozeduren mit der gebauten Architektur zusammenzuführen. Dadurch verändern sich die Produktionsbedingungen im Bauwesen. Wie jeder technologische Innovationsschub in der Architektur erweitert auch die digitale Revolution nicht nur das Spektrum an Möglichkeiten, sondern sie begründet durch ihre spezifischen Gesetzmässigkeiten auch ihre eigene Ästhetik. Im Rahmen der Assistenzprofessur an der ETH Zürich sollen die Möglichkeiten des direkten Ineinandergreifens von Daten und Material und die daraus entstehenden wechselseitigen Beziehungen zwischen Entwurf und Herstellungsmethoden untersucht werden. Wir definieren für diesen Prozess den Begriff der «Informierung von Architektur». Um diese neuen Produktionsbedingungen zu untersuchen, haben wir im letzten Herbst eine im Architekturkontext weltweit einzigartige Fertigungseinrichtung auf der Basis eines Industrieroboters aufgebaut. Dieser bewegt sich auf einer linearen Achse und hat eine Reichweite von drei Metern.
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Dadurch ist er in der Lage, Bauteile im Massstab eins zu eins bis zu einer Länge von acht Metern zu erstellen. Der Forschungsschwerpunkt liegt in der additiven Fabrikation von nicht standardisierten Bauteilen. Additive Fabrikation könnte vereinfacht als dreidimensionales Druckverfahren für Bauteile beschrieben werden. Diese Herstellungstechnik produziert keinen Abfall, weil das Baumaterial genau dort abgelegt wird, wo es gebraucht wird. Durch das gezielte Einweben von Information ist eine Kontrolle der funktionalen Eigenschaften bis in das Innere des Bauteils möglich. Architektur kann also bis auf die Ebene des Materials «informiert» werden. Das Interessante und Nachhaltige an diesem Prinzip ist die grundsätzliche Verwandtschaft mit den meist additiven Konstruktions- und Materialisierungsprinzipien gebauter Architektur. Im März dieses Jahres wurde das Potenzial dieses Ansatzes erstmals getestet. Im Rahmen des vierwöchigen Diplomwahlfachs «Die Programmierte Wand» erhielten Studierende der Architektur die Aufgabe, eine reale Backsteinwand von drei Metern Länge und zwei Metern Höhe mit dem Roboter zu gestalten. Jedem klassischen Mauerwerkverband liegt im Prinzip ein einfacher Algorithmus zu Grunde. Die Studierenden konnten daraus Kriterien für den Aufbau, die Standfestigkeit und die Verbundwirkung einer Backsteinwand ableiten und aus diesen Kriterien die Regeln für die Programmierung ihres Entwurfs herleiten. Da es für den Roboter – im Unterschied zum Maurer – keine Rolle spielt, mit welchem Winkel er einen Backstein ablegt, konnten die Studierenden diesen neuen Freiheitsgrad in ihrer Entwurfsstrategie kreativ nutzen. Die aus diesem Prozess entstandenen gebauten Wände beinhalten sowohl die archaische Präsenz des Materials als auch die differenzierten Eigenschaften ihrer prozeduralen Gestaltung. Durch die Anreicherung mit Information entstand aus einem altbekannten, bewährten Element der Bauindustrie ein neues, in dieser Form unbekanntes architektonisches Bauteil. Autoren: Fabio Gramazio und Matthias Kohler sind Inhaber des Architekturbüros Gramazio & Kohler in Zürich. Seit Oktober 2005 bauen sie am Departement Architektur der ETH Zürich die Assistenzprofessur für Architektur und Digitale Fabrikation auf. Projektteam «Die Programmierte Wand»: Professur: Fabio Gramazio, Matthias Kohler; Assistenz: Tobias Bonwetsch, Daniel Kobel, Michael Lyrenmann; Studierende: Matthias Bühler, Michael Knauss, Leonard Kocan, Silvan Oesterle, Gonçalo Manteigas, Dominik Sigg; Industriepartner: Keller AG Ziegeleien
Roboter im Einsatz und verschiedene Ergebnisse (Fotos: Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich)
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AN DEN GRENZEN DER STANDARDISIERUNG Parametrisches Entwerfen am Beispiel städtischer Abfallcontainer Wenn sich das Objekt dem System unterordnet, anstatt dass sich das System dem Objekt anpassen muss, wird eine Optimierung auf beiden Seiten möglich. Neue Generationen von Stadtmöblierung demonstrieren, wie Serien von standortspezifisch variablen Objekten eingesetzt werden können.
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Text: Reto Durrer Der erste einheitliche Abfallcontainer wurde 1875 zur Entsorgung der Asche von Heizungen in London eingeführt, was eine effiziente Organisation der städtischen Müllabfuhr ermöglichte. Seither hat er sich laufend modernisiert und ist – entsprechend der gestiegenen Abfallproduktion unserer postindustriellen Gesellschaft – für das Funktionieren der Städte immer bedeutender geworden. In vielen europäischen Städten werden heute Sammel- und Recyclingcontainer für Haushaltsmüll im öffentlichen Raum installiert: Anstatt Säcke in den Strassen zu deponieren, bringen die Städter Abfall, Altpapier und Altglas unabhängig vom Fahrplan der
1 Aufsicht des parametrischen 3D-Modells 2 Kunststoffmodelle von Containern im Massstab 1:10, hergestellt mit einer CNCMilling-Maschine. Die Formen wurden mit dem assoziativen Entwurf auf Grund von Parametern verschiedener Standorte in der Innenstadt von Rotterdam generiert
Sammelfahrzeuge zur nächsten Entsorgungsstelle in der Nachbarschaft. Das Abfallmanagement der Stadt Rotterdam beispielsweise, das weltweit zu den effizientesten gehört, platziert Container innerhalb einer Reichweite von 70 Metern ab jeder Wohnungstür. Somit verteilen sich in der städtischen Landschaft ca. 5000 Objekte, die in verschiedenen Systemen wie Netzwerk, Mechanismus, Identifikation, Betrieb und Unterhalt funktionieren. Was der heutige Container indes immer noch mit dem historischen Londoner dustbin gemeinsam hat, ist die Idee der Standardisierung. Neuere und immer grössere Modelle, die in einen Schacht im Boden eingelassen sind, bieten mehr Kapazität und nehmen weniger Platz im Strassenraum in Anspruch. Da sie jedoch zu einem Zeitpunkt eingeführt werden, zu dem die Infrastruktur in den Strassen und im Erdreich bereits sehr dicht ist, lassen sie sich mit ihren festen Abmessungen nur selten ideal platzieren. Besonders in Altstadtzentren ist es schwierig, den optimalen Standort zu realisieren, der zum Beispiel nahe beim Eingang eines Supermarktes liegen würde. Häufig müssen anstelle der bevorzugten Untergrundcontainer mehrere kleinere, überirdische Modelle platziert werden – oder der Standort wird um die Ecke verlegt, wo der Recyclingcontainer schlechter frequentiert wird. Ein weiteres Problem ist die Auslastung. Während einzelne Behälter schnell überfüllt sind, bleiben andere praktisch unbenutzt: Im Durchschnitt sind die Container zum Zeitpunkt ihrer Entleerung nur halb voll. Da die städtischen Betriebe aber nicht die Container, sondern nur den Fahrplan variieren können, lässt sich die Effizienz des Entsorgungssystems nur noch bedingt optimieren.
Umkehrung des Prinzips Die Einführung von individuell anpassbaren Containern als eine standortspezifische Serie von Objekten würde dieses Prinzip umkehren. Auf diese Weise könnten die ideale Route und der Fahrplan der Sammelfahrzeuge festgelegt und der ideale Standort für die Container zuerst bestimmt werden; dann würden die Container so angepasst, dass sie den jeweiligen räumlichen und betrieblichen Anforderungen entsprechen. Für das Design, die Anpassung und die Herstellung entsprechender Objekte stellen sich anspruchsvolle, aber lösbare Probleme. Interessant und ökonomisch realistisch wird die Anfertigung der erforderlichen Anzahl von Unikaten durch die Technologie des assoziativen Designs, verlinkt mit
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DIGITAL REALITY Computing and alternative design proposals The design process in architecture is changing in response to the pervasive influence of digital technologies, and increasingly so because of their role in the exploration of alternative design proposals. This represents a move away from their traditional role in the presentation of completed design schemes. Digital representations are central not only to form generation and structural analysis, but also to the integration of fabrication and construction directly with the earlier design stages. It is becoming increasingly feasible to develop a rapid succession of distinct digital models, some of which in turn generate prototypical physical counterparts, in early design stages. These can be tested and evaluated with respect to a range of analytical criteria, and the results of these analyses can affect further model development thus forming a cyclical process of 3D digital model generation.
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Text: Peter Szalapaj
curvilinear form, but also to resolve the structural issues aris-
The process of exploration of design ideas involves the reso-
ing from that form.
lution of tangible design criteria such as topography, form,
Early computer-aided design (CAD ) systems allowed the
structure, and environmental control. Historically, this pro-
expression of the rectilinearity and orthogonality often found
cess has included different ways of thinking about structural
in modernist architecture. More recent developments in digi-
and constructional systems. Movements such as Art Nouveau
tal representations of curved surfaces, however, have enabled
at the end of the 19th century, for example, emphasised deco-
support for more sculptural approaches. Digital technologies
rative aspects. In 1908, Adolf Loos famously associated orna-
in contemporary architecture are therefore becoming more
mentation with crime. The subsequent Bauhaus approach in
neutral in terms of the range of visual design expressions that
the 1920s attempted to avoid the use of decorative features,
they offer. Designers can now focus on exploiting computing
and instead focused on construction systems with internal
environments for the purposes of digital exploration rather
structural frames allowing flexible plan and facade arrange-
than for mere presentation.
ments. In the latter case, therefore, structure determines
Some digital technologies allow designers to re-connect
form. This approach was refined by many modernist archi-
with the material aspects of traditional design processes in
tects including Gerrit Rietveld and Le Corbusier. Charles
the form of sketches and physical models. This material con-
Eames aimed to design affordable housing through the use of
nection is sometimes referred to as an associative architec-
prefabricated standardised parts. In 1959, ten years after the
ture,1 and is concerned with the relationships between geo-
Eames House, Frank Lloyd Wright adopted a sculptural ap-
metric control points in CAD modelling environments and the
proach to the design of the Guggenheim Museum in New
computer numerically controlled (CNC ) instructions needed
York. More recently, in Frank O. Gehry’s architecture, digital
to fabricate components. Support for digital exploration is bas-
technologies have been used not only to represent proposed
ed upon a combination of factors which include developments
2
in digitisation and digital sketching technologies;2 the ana-
to be taken further, the corresponding physical model (often
software;3
made from polystyrene) is digitised in 3D, and then further
lysis of digital models using integrated simulation
the ability to express parametric relationships.4 The interaction with physical models is supported through rapid prototyping5 and digital fabrication technologies.6
developed as a digital model. Suggestions for more direct methods of digital sketching, exploiting the customisation of graphical input devices, have been made.8 Customisation allows users to associate mean-
Sketching
ings with data that has been digitally captured. The idea of
Developments in digital sketching technology, combined
digital sketch modelling, in which the role of digital tech-
with the direct manipulation of 3D digital models, represent
niques is to support and preserve key sketch design ideas as
an important trend in the digital input of design schemes. Im-
they evolve and develop, is an important research issue.
1 From digital presentation to digital exploration 2 Biome structure – Nicholas Grimshaw & Partners and Antony Hunt: Eden Project, Bodelva, 1996–2001
mediacy of digital sketch modelling is achieved at the expense of technical detail and textural information so that spa-
CAD / CAM
tial design concepts become the focus of attention. The trans-
Rapid prototyping technology allows designers to create
lation of sketches into a digital format is a process that needs
rough design models through what is essentially a digital
to be repeated when design proposals change. Imprecise and
sketch modelling process. Digitally produced prototypes can
intuitive forms of digital input support and stimulate design-
form the basis for later fabrication processes. The structural
ers’ creativity. The emphasis on expression and communica-
system on the Eden project in Cornwall, UK, for example,
tion allows fast exploration of design alternatives.
used prefabricated hexagonal components as the primary
Frank O. Gehry’s design process has been well documen-
structural elements ( archithese 6.2002). Geodesic forms are
ted,7 and typically begins with consultations with clients,
particularly suited to the fabrication of modular components
sketching and physical modelling. When a proposal is ready
that map onto their geometries. A series of intersecting
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