archithese Peking 2008 + Shanghai
Leserdienst 160
4.2008
Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur
Pekings Weg zur globalen Metropole
International thematic review for architecture
Architektur und Moral PTW: Olympiaschwimmhalle Herzog & de Meuron: Nationalstadion Neue Bauten von Pei-Zhu, Steven Holl, Lab OMA: CCTV und TVCC Paul Andreu: National Theatre for the Performing Arts Ai Weiwei und Caochangdi Emigranten aus Europa planen in Shanghai Stadtplanung in Shanghai
Valerio Olgiati Bürohaus in Flims
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archithese 4.2008 Juli/August Preis: 28 CHF/18 Euro
Peking 2008 + Shanghai
Editorial
Peking 2008 + Shanghai Im Jahr 2001 fiel die Entscheidung, die Olympischen Sommerspiele 2008 an Peking zu vergeben. Seither hat die chinesische Hauptstadt einen Modernisierungsschub sondergleichen erlebt. Als die bekanntesten Symbole des neuen Peking können das auch als «Bird’s Nest» bekannte Stadion von Herog & de Meuron sowie der von dem australischen Team PTW entworfene «Watercube» des Schwimmstadions gelten; das Projekt des Wukesong Basketball-Stadions nach Entwürfen von Burckhardt + Partner aus Basel wurde gestoppt und durch ein chinesisches Büro in veränderter Form realisiert. Neben den Olympiabauten wurden und werden von ausländischen Architekten eine Reihe weiterer spektakulärer Bauten umgesetzt: der Sitz des Staatssenders CCTV durch OMA, die Nationaloper durch Paul Andreu, die Wohnsiedlung «Linked Hybrid» durch Steven Holl. Die wichtigsten aktuellen Bauten sind im vorliegenden Heft umfassend dokumentiert. Darüber hinaus Berücksichtigung erfahren die Stadtentwicklung von Peking sowie der konkurrierenden Metropole Shanghai. Galt Shanghai lange Zeit als eigentliches Tor Chinas zum Westen, als der kulturelle Hotspot des Landes, so hat Peking in den letzten Jahren aufgeholt; der Boom chinesischer Kunst hat binnen weniger Jahre zur Etablierung ganzer Atelier- und Kunstviertel geführt. Ohne Zweifel ist China ein Land, das den westlichen Vorstellungen von Demokratie nicht entspricht. Ebenso ohne Zweifel hat sich in China in den gut drei Jahrzehnten seit der verheerenden Kulturrevolution ein Prozess der Öffnung vollzogen, der kaum noch umkehrbar scheint. Die jüngst angeheizte Debatte über die moralische Legitimität, in China zu bauen, kam seltsam verspätet: Als um das Jahr 2000 China für westliche Architekten nachgerade zu einem gelobten Land stilisiert wurde (und die politischen Verhältnisse sich zumindest nicht besser darstellten als heute), wurden moralische Bedenken kaum artikuliert. Die mediale Aufmerksamkeit, welche dem Land im Vorfeld der Spiele zukommt, erklärt die jüngste Debatte, in der beide Seiten sich in ideologischen Gräben verschanzten. Versuch dieses Heftes ist es, einen unvoreingenommenen Blick auf die Architektur in China und ihre vielfältigen Facetten zu richten. Redaktion
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Wasser-Kalligrafie im Park Jingshan Gongyuan in Peking (Foto: Hubertus Adam)
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Urban Landscape – New Beijing
Text: Hubertus Adam
Andreu. Von hier aus lassen sich weitere markante Elemente
In einem der grössten der Säle im Sockel des Groninger Mu
relativ leicht entschlüsseln. Bei der Querachse des Ovals han
seums ist im Rahmen der Ausstellung New World Order –
delt es sich um die West-Ost-Magistrale, die vor dem Tor des
Hedendaagse Installatiekunst en Fotografie uit China bis in
Himmlischen Friedens die Nord-Süd-Achse schneidet. Auf
den November hinein eine Arbeit des Chinesen Zhan Wang
dieser Mittelachse des Ovals kann man unschwer das Südtor
zu sehen. Küchengeräte aller Art aus rostfreiem Stahl – Töpfe
(Quianmen), das Mao-Mausoleum, den von Nationalmuseum
und Pfannen, Servierplatten und Wasserkessel, Tabletts,
und Grosser Halle des Volkes flankierten Tian’anmen-Platz
Reiben und Besteck – sind zu einer ovalen Installation von
und schliesslich hinter dem Tianmen den Komplex der Ver
14 Metern Länge und 8 Metern Breite zusammengefügt. Aus
botenen Stadt erkennen.
sen stapeln sich die Kochutensilien zu solch einer Höhe, dass
Umzingelt wird der niedrige Bereich der historischen Stadt
die Besucher eine Rampe benötigen, um überhaupt über die
von einer geschlossenen Phalanx von Türmen aus Töpfen,
Wand hinüber in das Zentrum blicken zu können; dort sind
die mit ihren Henkeln ironischerweise wie mutierte Pagoden
die Metallteile deutlich weniger hoch gestapelt.
erscheinen. So entsteht eine eindrucksvolle Metapher des
Dass es sich keineswegs um ein beliebiges und wildes
heutigen Peking, dessen geschütztes Zentrum sukzessive
Arrangement handelt, darauf deutet schon die der Installa
von Hochhäusern umstellt wird. Auch wenn Zhan Wang den
tion inhärente Ordnung hin. Die einzelnen Teile stehen ex
Kontrast zwischen eng und weit, hoch und niedrig ausreizt,
akt über- und nebeneinander, die Ordnung mutet nahezu
so entsteht doch ein harmonisches Ganzes: Innerer Bereich
obsessiv an.
und äusserer Bereich bestehen aus dem gleichen Material
Bedrohlich erscheint das Ensemble aus seriellen Indust
und aus Gegenständen ähnlicher Zweckbestimmung. Und
rieprodukten, und doch faszinierend zugleich. In ihrer gleis-
im Jahr der Olympischen Spiele kann man Urban Landscape –
send-schimmernden Monochromie fügen sich die eigentlich
New Beijing wohl auch als Anspielung auf die Form eines Sta
banalen Gegenstände zu einer Installation von berückender
dions verstehen: Wie Zuschauer auf den Tribünen umgeben
Schönheit.
die Neubauten der expandierenden Metropole das Rechteck
Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich kei
des Spielfelds. Sie beäugen die historische Stadt und verfol
neswegs um eine willkürliche Anordnung handelt, sondern
gen die Protagonisten. Sie stehen am Rande, aber sie sind
gleichsam um eine phantasmagorische Interpretation der
stark. Sie sind viele, und es werden immer mehr. Bleibt also
Stadt Peking. Darauf deutet auch der Titel des Werks hin:
die historische Stadt das sinnstiftende Zentrum, bleiben die
Urban Landscape – New Beijing. Als Einstieg zum Verständ
Neubauten Kulisse? Oder sind die Neubauten längst zur ei
nis bietet sich links der Mitte das Rechaud mit einer grossen
gentlichen Wirklichkeit geworden, der gegenüber die Relikte
Kuppel an; es steht für das neue Nationaltheater von Paul
des Alten nur noch eine temporäre Inszenierung darstellen?
Zhan Wang: Urban Landscape – New Beijing, 2003 – 2007 Küchengeräte aus rostfreiem Stahl, ca. 8 × 14 m, Installation im Groninger Museum, 2008 (Foto: M. de Leeuw)
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Viel Schaum um nichts ? Wunderwürfel aus Plastik: die neue Olympiaschwimmhalle in Peking Zwei herausragende Sportbauten prägen das Olympic Green im Norden von Peking: neben dem Olympiastadion von Herzog & de Meuron das als «Watercube» bekannte Schwimmstadion der australischen Entwerfer PTW. Die Spannung zwischen der dreidimensionalen, schaumartigen Gitterstruktur der Stahlkonstruktion und der orthogonalen Funktionalität der Grundrisse und Schnitte macht das Gebäude bemerkenswert.
Text: Albert Lohr Wer im Dezember 2007 die Baustelle für die wichtigsten
Gebäudehülle prall mit Luft gefüllt, erstrahlt der Watercube
Sportstätten der Olympischen Spiele in Peking besucht hatte,
aussen in glänzendem Hellblau, innen in unschuldigem
musste sich fragen, ob denn wirklich alles bis zum 8. Au-
Weiss und steht selbstbewusst neben dem Nationalstadion
gust 2008 fertig sein könnte. Im Watercube, dem künftigen
auf dem Olympic Green, mitten zwischen frisch angepflanz-
Schwimmstadion, hingen die Kunststofffolien wie schlaffe
ten Bäumen und Rasenflächen.
1 Detailansicht des Schwimmstadions (Fotos 1+2, 4: Albert Lohr)
Segel in den korallenartigen Stahlrahmen. Sand, der aus den nördlichen Wüstengebieten in heftigen Stürmen häufig bis
Schwimmhalle ohne Wasser ?
in die Hauptstadt geblasen wird, stand knöcheltief im ge-
Olympic Green heisst das Areal ungefähr 6 Kilometer nörd-
samten Gebäude, sammelte sich in den Falten der Memb-
lich des Tian’anmen-Platzes, des Zentrums der 20-Millionen-
ranen, rieselte herab und mischte sich mit den Lösungsmit-
Metropole Peking. Ein riesiges Areal, das mit mehreren
teln der frisch gestrichenen Kunstharzböden zu einem für
Quartieren aus den traditionellen Hofhäusern besiedelt war,
die Atemwege unerträglichen Gemisch, das durch die dichte
wurde in Tabula-rasa-Manier in eine planierte Staubwüste
Kunststoffhülle nirgends entweichen konnte. Chinas Olym-
verwandelt, um Platz für die Neubauten und einen grosszü-
piabaustellen zeigen bisweilen absurde Züge. Während die
gigen Park zu schaffen. Der Gesamtplan nimmt Bezug auf die
Arbeiter dieser Situation tagtäglich stundenlang bei höchs-
Verbotene Stadt von 1420 – bis heute das Mass aller Dinge,
ter körperlicher Anstrengung ungeschützt ausgesetzt waren,
wenn es in Peking um Symbolik im Städtebau geht. Ganz ge-
gingen den nobel gekleideten Bauherren bei ihrer 15-minüti-
mäss der traditionellen chinesischen Vorstellung, dass man
gen Baustellenbegehung zwei Handlanger mit «Wassersprü-
nur südlich einer Bergkette Schutz vor den bösen Geistern
hern» vorweg, die wie beim Ausrollen eines roten Teppichs
und den kalten Nordwinden geniesst, wurde im 15. Jahr-
den Staub vor den polierten Designerschuhen der Auftragge-
hundert nördlich dieser weltweit grössten Palastanlage ein
ber für wenige Sekunden banden. Dieser Sand verdunkelte
künstlicher Hügel, der sogenannte Kohlehügel, aufgeschüt-
die eigentlich rundum transparente Halle zu einem mysti-
tet. Die Tradition besagt auch, dass im Süden einer Stadt
schen Raum, dessen Dramatik durch die überall aufgestellten,
nur ein Fluss für Harmonie sorgen kann. Da auch Wasser
schwer bewaffneten Posten noch gesteigert wurde.
in der Verbotenen Stadt fehlte, legte der Kaiser Yongle dort
Inzwischen ist von dieser fast apokalyptischen Stimmung
einen künstlichen, gebogenen Flusslauf an. Der Wettbe-
nichts mehr zu spüren. Seit im April die ersten Probewett-
werbsbeitrag des amerikanischen Architekturbüros Sasaki
kämpfe abgehalten wurden, sind die ETFE-Luftkissen der
für den Städtebau und die Landschaftsgestaltung des Olym33
Wider die Architecture Parlante Office for Metropolitan Architecture: CCTV und TVCC, 2002 – 2009 Unübersehbar schreibt sich schon jetzt das CCTV Building in den Himmel über Peking ein. Die Architekten setzen nicht auf die Höhe, sondern auf eine Form, die aus der Interpretation des Raumprogramms resultiert. Es stellt sich aber auch die Frage nach Form und Bedeutung.
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Text: Hubertus Adam
Festung, nun aber wünschten sich die für den Neubau verant-
Zu Beginn des Jahres 2002 erhielt das Office for Metropo-
wortlichen Planer einen Komplex, der sich einladender geben
litan Architecture die Einladung, an zwei prominenten in-
sollte. Von den gewünschten 600 000 Quadratmetern Nutzflä-
ternationalen Wettbewerben teilzunehmen: an dem für den
che sollten 120 000, also ein Fünftel, öffentlich sein – und das,
Wiederaufbau von Ground Zero in New York – und dem für
so Ole Scheeren, der für CCTV verantwortliche Partner von
das Headquarter des chinesischen Staatsfernsehens CCTV
OMA, sei als Zeichen des Wunsches nach Öffnung ein ent-
(Central China Television) in Peking. Am Ende erschien den
scheidender Punkt gewesen, den Auftrag anzunehmen. In
Rotterdamer Architekten um Rem Koolhaas das Wagnis, das
Gesprächen betont Scheeren, dass die Diskreditierung des
weltgrösste Fernsehgebäude im boomendsten Staat der Erde
CCTV als monopolisierte staatliche Propagandamaschine die
zu konzipieren, interessanter zu sein, als einige trotzig in den
Realität nur noch bedingt trifft: Zum einen finanziert sich
Himmel ragende Hochhäuser auf dem Footprint des zerstör-
das chinesische Fernsehen mittlerweile zu 90 Prozent aus
ten World Trade Centers zu errichten.
Werbeeinnahmen und nur noch zu 10 Prozent aus staatli-
Ist CCTV bislang an der Kreuzung von Chang’an Avenue
chen Mitteln, hat sich folglich eine potenzielle Autonomie
(also der zentralen West-Ost-Achse) und 3. Ring Road im
geschaffen; zum anderen entstammten diejenigen, die das
Westen der Stadt ansässig, so stand für den kompletten Neu-
Neubauprojekt betrieben und auch durchsetzen konnten, ei-
bau von Produktions- und Sendeanlagen ein Gelände exakt
ner jungen Generation der 30- bis 45-Jährigen, die sich in
in gleicher Lage – also der Kreuzung von Chang’an Avenue
ihrem beruflichen Selbstverständnis an Sendern wie der BBC
und 3. Ring Road – im Osten der Metropole zur Verfügung,
orientiere und mit der Ära der Apparatschiks nichts mehr
inmitten des im Entstehen begriffenen Central Business Dis-
zu tun habe. Finanziert wird das auf 5 Milliarden RMB ver-
trict. Das 1959, als das Fernsehen in China eingeführt wurde,
anschlagte Gebäude übrigens vom Sender selbst und nicht
errichtete, bisherige Sendegebäude gibt sich als hermetische
durch staatliche Mittel. Die Bereiche ausserhalb der 2. Ring
1 Blick von der 3. Ring Road auf das CCTV Building (Fotos 1, 8: Christian Richters)
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Unter schimmernder Kuppel Paul Andreu: National Theatre for the Performing Arts, Peking Noch vor der Vergabe der Olympischen Spiele nach Peking wurde das Projekt einer Nationaloper lanciert. Wie eine schimmernde Insel ragt die Kuppel aus einem künstlichen See auf, doch Innenräume und Hülle lassen kein stimmiges Zusammenspiel entstehen.
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Text: Hubertus Adam
len Charakter der neuen Institution hin. Es ist vielmehr der
Klassische westliche Musik, klassisches westliches Theater,
Bauplatz, an welchem sich die Bedeutung ablesen lässt, die
klassische westliche Oper sind in China nicht eben stark
staatlicherseits dem Nationaltheater beigemessen wird. Er
verankert. Zwar hatte der langjährige Premierminister Zhou
befindet sich gleichsam im Windschatten der Grossen Halle
Enlai, der in Europa studiert hatte, schon in den Fünfziger-
des Volkes, unmittelbar südlich der Chang’an-Strasse, also
jahren die Errichtung eines Nationaltheaters gefordert, doch
der zentralen West-Ost-Achse der Hauptstadt. Damit sind
sah sich der junge kommunistische Staat mit anderen Proble-
der Tian’anmen-Platz und der Eingang zur Verbotenen Stadt
men konfrontiert. Im Jahrzehnt der Kulturrevolution war an
des historischen Kaiserpalastes gerade einmal 500 Meter ent-
einen Tempel bürgerlicher Kultur ohnehin nicht zu denken,
fernt.
und so wurde die Idee erst spruchreif, als sie Staatspräsi-
Den internationalen Architektenwettbewerb des Jahres
dent Jiang Zemin in den Neunzigerjahren wieder aufgriff.
1999 konnte der Pariser Paul Andreu für sich entscheiden,
«National Centre for the Performing Arts» hiess – und heisst
der mit der Grand Arche in der Achse der Défense sowie den
– das Projekt, und nicht nur der Titel deutet auf den offiziel-
elliptischen Terminals des Flughafens Charles de Gaulle sein
1 Gesamtansicht von Osten (Fotos 1, 2: Christian Richters)
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Auf der Suche nach Identität
Stadtplanung in Shanghai Der massive Bevölkerungszuwachs, aber auch die Abwanderung aus der Innenstadt führen dazu, dass Shanghai sich ins Umland ausdehnen muss. Nach einer Zeit gesichtsloser Wohnblocks suchen die Planer nun nach Konzepten, den neuen Satelliten Identität zu verleihen.
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Text: Hubertus Adam
Hochhäuser in den Neunzigerjahren ein Modernisierungs-
Seit den Neunzigerjahren hat Shanghai ein völlig neues Ge-
prozess bislang unbekannten Ausmasses das Stadtbild ver-
sicht bekommen. Mit der Entwicklung von Pudong als einem
ändert hat. Mit dem Flughafen Pudong hat Shanghai ein leis-
«Manhattan des Ostens» haben die kolonialen Bank- und
tungsfähiges Luftdrehkreuz erhalten; vor allem aber wurde
Hotelbauten am Bund jenseits des Huagpu River ein Ge-
in dieser Zeit das System der elevated highways installiert,
genüber erhalten. Den Bauten des frühen 20. Jahrhunderts
der auf Stelzen über und quer durch bestehende Quartiere
antwortet, sofern sie sich nicht im Dunst verbirgt, die Sil-
geführten Stadtautobahnen. Zusammen mit dem U-Bahn-
houette einer Metropole des späten 20. Jahrhunderts: Als
Netz ermöglichten erst diese Infrastrukturachsen das wei-
Central Business District potenziert Pudong gleichsam die
tere Wachstum der Stadt.
Downtown-Ästhetik amerikanischer Grossstädte, wie es
Heute zählt der Grossraum Shanghai mehr als 18 Millio-
allerdings Boomstädte in Schwellenländern Asiens mittler-
nen Einwohner. Wer nicht gerade trotz der hochgerüsteten
weile allerorten praktizieren. Pudong, so eindrucksvoll sich
Infrastruktur dennoch im Stau steht, fährt im Stadtgebiet
die Skyline auch gerade in der Dämmerung zeigen mag, ist
zwischen schier endlosen Reihen aus Bürokomplexen, Wohn-
der Inbegriff für ein globalisiertes Erfolgsmodell des Städte-
hochhaus- und Apartment-Clustern oder Hotels. Bauten wie
baus, das von Nahem besehen wenig zu überzeugen vermag.
diese spiegeln den wirtschaftlichen Boom des ausgehenden
Trotz aufwendiger Freiraumgestaltung der zentralen Achse,
20. und beginnenden 21. Jahrhunderts, doch in all ihrer der
die vom Zentrum Pudongs Richtung Osten führt, besitzt der
Investoren-Logik gehorchenden Schlichtheit wirken sie aus-
Business-Satellit von Shanghai wenig Aufenthaltsqualität.
tauschbar und banal. Daher verwundert es nicht, dass sich
Zu gross sind die Distanzen, zu gering ist die Dichte, auch
das wirkliche städtische – und natürlich auch touristische
heute noch. Wer vom Ufer des Flusses oder von der gewal-
– Leben auf die alten Konzessionsgebiete und die histori-
tigen Super Brand Mall aus zum pagodenähnlichen Jin Mao
sche chinesische Altstadt konzentriert: Hier ist die Identi-
Tower mit dem Hyatt-Hotel in den oberen Geschossen und
tät vorhanden, an der es anderenorts in der Stadt mangelt.
der Bar Cloud 9 knapp unter der Spitze möchte, wählt besser
Doch konservieren, gleichsam einfrieren lassen sich die alten
ein Taxi.
1– 3 MADA s.p.a.m: Qinpu Library (Fotos: Hubertus Adam)
Stadtquartiere samt ihrer angestammten Bewohnerschaft
Pudong ist zum Sinnbild für die Öffnung des kommunis-
nicht. Staatliche Lenkung, gepaart mit Begehrlichkeiten von
tischen China Richtung Westen, zum bildhaften Zeichen für
Investoren, führt zu Transformation und Gentrifizierung. Flä-
die Neuerfindung der Metropole Shanghai avanciert. Dabei
chenabrisse finden immer noch statt, und so muss das unter
gerät leicht in Vergessenheit, dass parallel zum Wachsen der
der Ägide des aus den USA zugewanderten Architekten Ben
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A R c h i t e k t u r A k t u ee ll ll
Das xxx Mystische der Tektonik
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dessen Planung bereits 2003 begann. Vor ei-
in Flims in der Kernzone, so war es klar, dass
nigen Jahren hat Valerio Olgiati sein Büro von
die Gemeinde hier besonders genau hinschauen
Wenn Valerio Olgiati etwas baut, dann handelt
Chur nach Flims verlegt und es bot sich an, einen
würde. Solche Vorgaben sind für Olgiati nicht
es sich fast immer um eine aussergewöhnliche
Arbeitsort dort zu schaffen. Neben dem Wohn-
neu und eher Herausforderung als Ärgernis. Das
und einzigartige Architektur. Er plant seine Ge-
haus gab es einen ehemaligen Stall und so lag es
Atelierhaus für Linard Bardill in Scharans musste
bäude sehr lange, immer wieder werden die Ent-
im wahrsten Sinne des Wortes «nahe», den Stall
sich auch an die Kubatur eines ehemaligen Stal-
würfe überarbeitet, neu durchdacht oder verän-
abzureissen und hier, gleich nebenan, einen Bau
les halten und bereits das Gelbe Haus in Flims
dert. Entsprechend wenige Bauten gibt es von
für das Architekturbüro zu errichten. Das Gebäu-
stellte die Transformation eines bestehenden Gebäudes in einen neuen Ausstellungsbau dar.
bürohaus in flims von valerio olgiatI
ihm, entsprechend wichtig ist sein Beitrag zur
de liegt in der geschützten Dorfzone 1, hier gibt
Szene der zeitgenössischen Architektur. Fast
es den sogenannten Volumenschutz, sodass der
Schon im Vorübergehen schlägt das neue
zeitgleich sind nun zwei Gebäude von ihm fertig
Neubau in Grösse und Form genau dem vorma-
Haus den Betrachter in seinen Bann. Es scheint
geworden, das Nationalparkmuseum in Zernez
ligen Stall entsprechen musste. Zudem handelt
in seiner kargen, schwarzen Erscheinung auf
und der eigene Bürobau in Flims, Graubünden,
es sich um den ersten Ersatzbau eines Stalles
den ersten Blick ein formaler Fremdkörper zu
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