archithese
4.2014
Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur
Immobilien: Globalisierung des Örtlichen
International thematic review for architecture
Monopoly – Spiel und Stadtutopie Daniel Burnham und die Mechanismen des Real Estate Interviews mit: «We Are Content», Wojciech Kotecki und Marcin Kwietowicz sowie Müller Sigrist Architekten Welche Faktoren prägen die Skylines unserer Städte? Zur Ökonomisierung des Urbanen in der Schweiz Land Speculation in Turkey Strategien und Spuren der Mafia im Baugewerbe Design Adventures in Ad-Hoc Urbanism in Greece Economies of Scale: Skaleneffekte als Treiber Redevelop – Renaissance der Bestandsentwicklung Sanierung und Nutzung von Schrottimmobilien Wa(h)re Architektur Hongkong: Materialisierte Ökonomie Vier Bücher zur Architektur im (und gegen den) Kapitalismus Tod Williams Billie Tsien Architects: Asia Society in Hongkong ROBERTNEUN™: Lokdepot in Berlin
Empire State of Real Estate: Architektur lukrativer Spekulationen
ARCHITEKTUR AKTUELL
Wohnungsbau als Klientelarchitektur
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archithese 4.2014
ROBERTNEUN™: Am Lokdepot in Berlin
Der Kreuzberger Wohnkomplex Am Lokde pot, entworfen von den Berliner Architekten ROBERTNEUN™, steht stellvertretend für die Veränderung des Wohnungsmarktes in der deutschen Hauptstadt. In den letzten 15 Jahren ist Wohnen zur Handelsware geworden, deren Wert global agierende Investoren bestimmen.
1 Ansicht erster Bauabschnitt (Fotos 1–3 + 11–14: © Werner Huthmacher) 2 Ansicht Monumentenstraße 3 Ansicht Hofseite 4 Darstellung mit zukünftiger Blockrandschliessung (Abbildungen 4–10: © ROBERTNEUN™)
Autor: Christian Welzbacher
Erste Annäherung: Klientel
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Eine zentrale Tugend jeden Marketings lautet: Definiere deine Zielgruppe. Wer verkaufen will, muss wissen, wen sein Produkt anspricht. Im vorliegenden Fall – dem Wohnriegel in der Monumentenstraße am Kreuzberger Lokdepot – scheint dies gelungen. ROBERTNEUN™ kreierte einen Komplex, dessen ästhetische Ungeschlachtheit mit einer Selbstverständlichkeit auftritt, als wäre hier ein verlassenes Lager zum halbfertigen Wohnhaus umfunktioniert worden. Das genialische Einfühlungsvermögen der Planer schuf einen echten Berliner Baustein, postruinös und neokaputt zugleich, der schon immer an dieser Stelle gestanden zu haben scheint. Der seit Beginn 2014 bezogene rot-rote Riegel versprüht eine Moderne ohne Eigenschaften. Und offenbar bietet das hier simulierte Loftwohnen als Mittel der urbanen Selbstbefriedigung die ideale Projektionsfläche für die Lebens-
3
vorstellungen jenes Menschentyps, der sich seit der Wende in der deutschen Hauptstadt herausgebildet hat: den homo berolinensis, Subspezies Generation
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Latte Macchiato – eine Erscheinung, die erheblichen Platz nicht nur in Prenzlauer Berg beansprucht, sondern auch in Bezirken wie Schöneberg, Kreuzberg oder seit Kurzem Neukölln omnipräsent ist. Oft Freiberufler mit Familienanschluss im süddeutschen Raum (wichtig für die Finanzierung), treten die Mitglieder dieser Gruppe als sozial defizitäre Berufsjugendliche zwischen 45 und 55 auf. Ihre existenziellen Entäusserungen schlagen sich in Konsumwut nieder, die ständig neuen Nischen und Trends hinterhereifert: Urban Gardening, Nerdbrillen, Carsharing, Vollbart, Retrokinderwägen, Veganismus, Tattooentfernung – oder, im Zeichen der Krise, eben Eigentumswohnungen der gehobenen Preiskategorie. Absicht oder nicht: Das Projekt von ROBERTNEUN™ Am Lokdepot wirkt wie eine Art Hochregallager für diese Leute. Sie, die vor der sozialen Verantwortung und Kontrolle eines Baugruppenprojekts zurückschrecken (obwohl manche von 19
ÖKONOMIE, EITELKEIT UND GRÖSSE Welche Faktoren prägen die Skylines unserer Städte? Beispiele für Bauherren, die mit ihren Hochhäusern andere Bauten übertreffen wollen, gibt es genug. Aber kann man daraus schliessen, dass die Skylines unserer Städte ohne Eitelkeit und Geltungsdrang viel niedriger und einheitlicher wären? Neuere Forschungsergebnisse aus den Wirtschaftswissenschaften versuchen darauf Antworten zu geben.
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1 Skyline von Dubai mit dem Burj Khalifa im Hintergrund (Foto: © Jonathan Gainer)
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Autor: Gunter Löffler
Umkehrschluss «reine Eitelkeit»? Werden ökonomisch gese-
In einer Studie aus dem Jahr 2013 hat der Council on Tall
hen komplett unsinnige Entscheidungen getroffen, und sä-
Buildings and Human Habitat1 die Eitelkeit von Hochhaus-
hen unsere Städte ohne diesen «Faktor Mensch» ganz anders
bauern vermessen: Die Höhe des obersten nutzbaren Ge-
aus?
schosses – die sogenannte vanity height – beträgt bei vielen
Es reicht schon ein genauerer Blick auf die Tatsachen, um
Wolkenkratzern über zwanzig Prozent der Gesamthöhe des
eine gewisse Vorsicht zu entwickeln. F. W. Woolworths An-
Gebäudes. Die Studie selbst kommentiert dies nicht, in den
weisung an seinen Architekten wird oft zitiert, ist aber nicht
Medien aber wurde nach ihrer Veröffentlichung Verwunde-
exakt belegt. 3 Ein weiterer plausibler Beweggrund für die
rung über die massive Raumverschwendung und den gros-
Höhe seines Gebäudes ist, damit Werbung für sein Unter-
sen Einfluss der Bauherren-Egos geäussert. Offenbar gibt es
nehmen zu machen. Das Konzept der vanity height ist über
einen starken Drang, sich durch Grösse hervorzutun, auch
das Verhältnis von nicht nutzbarer Höhe zur Gesamthöhe
wenn dies ökonomisch nicht sinnvoll ist; eine nicht wirklich
definiert, interpretiert wird sie aber meist nur als ungenutz-
neue Erkenntnis. Schon lange wird bei solchen Betrachtun-
ter Raum. Zwischen beiden Gebäudeteilen – Hauptkörper
gen gerne auf Franklin Winfield Woolworth verwiesen, der
und symbolische Spitze als Zeichen – kann ein grosser Un-
1910 seinem Architekten ohne langes Nachdenken den Auf-
terschied bestehen, wie es etwa der Burj Al Arab zeigt. Im
trag gab, das höchste in der Nähe stehende New Yorker Ge-
oberen «Eitelkeitsdrittel» dieses Gebäudes gibt es mit einem
bäude um fünfzig Fuss zu übertreffen.
Höhenanteil von 39 Prozent nur sehr wenig umbauten Raum.
2
Zweifellos sind Bauherren keine Idealtypen aus dem Öko-
Da die Gebäudespitze aber allein mit zusätzlichen Kosten in
nomie-Lehrbuch, die Höhe und Gestalt der von ihnen gebau-
nutzbaren Raum umgewandelt werden könnte, sollte man
ten Hochhäuser nüchtern mit dem alleinigen Ziel der Ge-
nicht vorschnell und verallgemeinernd stets von Verschwen-
winnmaximierung wählen. Aber sind Hochhäuser im
dung sprechen.
Plakative Schlagworte wie die vanity height sowie Beispiele
ob die Gesellschaft davon profitieren würde, dass Menschen
höhenverliebter Bauherren mögen sich dafür eignen, die
ihre persönlichen Ziele nicht beim Hochhausbau verwirkli-
Frage nach der Rolle von Geltungsdrang und Selbstverwirk-
chen, sondern etwa beim Bau von Jachten oder dem Aufbau
lichung bei rekordträchtigen Wolkenkratzern zu stellen. Ge-
von Firmenimperien, soll hier aber nicht diskutiert werden.
naue Antworten darauf darf man sich letztlich nicht erwar-
Durch die Herangehensweise seiner Analyse bedingt,
ten. Diese sollte man eher in wissenschaftlichen Arbeiten
kann Barr nicht ermitteln, ob die durchschnittliche Gebäu-
zum Thema suchen, selbst wenn sie nicht zahlreich und nach
dehöhe von einem persönlich motivierten Drang nach Höhe
dem heutigen Stand nicht unbedingt abschliessend sind.
beeinflusst wurde. Der Durchschnitt der tatsächlichen Gebäudehöhen ist bei ihm gleich dem Durchschnitt der Höhen,
Ego und Rendite
die das ökonomische Modell verwendet. Wenn in New York
Der US-Ökonom Jason Barr hat versucht, die Bedeutung der
in der Tendenz irrational hoch gebaut würde, könnte man
Bauherren-Egos für die New Yorker Skyline zu quantifizie-
dies aus den Analysen von Barr nicht erkennen.
ren. Ausgangspunkt seiner Analyse ist der ökonomische
Die Studie von drei holländischen Ökonomen «Is the Sky
Lehrbuchansatz: Die optimale Höhe eines Bauwerks ist dann
the Limit? High-Rise Buildings and Office Rents» im Journal
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erreicht, wenn die Kosten eines zusätzlichen Stockwerks die
of Economic Geography bietet hier zusätzliche Erkennt-
damit verbundenen Erträge übersteigen würden. Ein solcher
nisse.5 Sie haben einen umfangreichen Datensatz zur Höhe
Punkt würde nicht unbedingt erreicht, wenn zusätzliche
von Büromieten in Amsterdam, Rotterdam und Utrecht ge-
Kosten und Erträge konstant wären. Die Kosten einer weite-
sammelt, mit dem sie zu folgendem Ergebnis kommen: Für
ren Etage werden jedoch aufgrund statischer Anforderungen
vergleichbare Gebäude (Höhe, Zustand, Infrastruktur etc.)
und anderer Faktoren tendenziell mit der jeweiligen Höhe, in
liegen die Büromieten pro Quadratmeter im Durchschnitt um
der sie gebaut wird, steigen; die Erträge bei einer zusätzli-
vier Prozent höher, wenn die gesamte Gebäudehöhe zehn
chen Etage können dagegen sinken – etwa wenn prozentual
Meter mehr beträgt. Mögliche Gründe sind die bessere Aus-
mehr Platz für Gebäudetechnik benötigt wird oder Bauvor-
sicht, ein «Wahrzeicheneffekt», aber auch bessere Kommu-
schriften eine Verschlankung des Gebäudes verlangen.
nikation und Interaktion. In einem hohen Gebäude kommt
Jason Barr hat nicht versucht, für jeden New Yorker Wol-
man tendenziell schneller von einer Abteilung zur anderen
kenkratzer detailliert die optimale Höhe zu berechnen. Die
als in einem ausgedehnten Bürokomplex, der kein Pendant
dafür erforderlichen Informationen würden sich für den
zum schnellen Transport durch Aufzüge hat. Die Nutzung
Grossteil der Bauten sowieso nur grob taxieren lassen. Daher
gemeinsamer Infrastruktur begünstigt auch mehr Interak-
schätzte er durchschnittliche Zahlen für die Wolkenkratzer
tion. Solche Effekte können die Produktivität der Mitarbeiter
New Yorks und leitete daraus ab, welche Höhe bei Berück-
steigern. Selbst die Bereitschaft, mehr für Büroflächen zu
sichtigung ökonomischer Faktoren für ein Gebäude sinnvoll
zahlen, die eine gute Aussicht bieten oder in einem einzig-
wäre. Für diese Analyse sammelte er beispielsweise Infor-
artig erscheinenden Gebäude liegen, muss nicht auf das Ego
mationen zu Bau- und Finanzierungskosten, Lage und
der Mieter zurückzuführen sein. Die höheren Mieten können
Grösse des Baugrunds sowie Nachfrage nach Büroflächen.
als Ausgaben für Repräsentationszwecke oder Mitarbeiter-
In einer Grafik (Abb. 6) veranschaulicht Barr seine Ergeb-
motivation gesehen werden und damit rational begründbar
nisse für Downtown Manhattan. Im linken Teil der Abbil-
sein. Grössere Gebäudehöhen können sich aufgrund der hö-
dung sind die tatsächlichen Gebäudehöhen zu sehen. Die
heren Mieteinnahmen somit durchaus rechnen, selbst wenn
Skyline weicht nicht nur durch die stilisierte Darstellung von
eine Betrachtung von Baukosten und nutzbarer Fläche dies
der tatsächlichen ab, sondern auch in einigen Details – etwa
nicht erwarten lassen würde.
weil Bauten unter hundert Metern Höhe keine Berücksichti-
Den Schlussfolgerungen, die hier aus den zwei angeführ-
gung fanden oder solche mit fehlenden Daten nicht einbezo-
ten Detailstudien gezogen wurden, könnte man Folgendes
gen wurden. Der rechte Teil zeigt dagegen die Höhen, die
entgegenhalten: Zeigt die Geschichte nicht, dass es fast im-
über das ökonomische Modell ermittelt wurden. Wie dort zu
mer zu Wirtschafts- oder Finanzkrisen kam, nachdem viele
sehen ist, können ökonomisch nachvollziehbare Gründe
hohe Wolkenkratzer errichtet oder neue Höhenrekorde ge-
ebenfalls dazu führen, dass nicht alle Gebäude gleich hoch
brochen wurden? Spricht dies nicht dafür, dass irrationaler
sind. Die «sinnvollen» Gebäudehöhen liegen allerdings deut-
Optimismus am Werk ist – und das in erheblichem Umfang?
lich näher zusammen als dies in Wirklichkeit der Fall ist. Den Unterschied zwischen tatsächlicher und gewinnbrin-
Höhenrekord und Krise
gender Höhe sollte man nicht komplett auf das Ego der Bau-
In der Tat werden von Finanzanalysten und Medien immer
herren zurückführen – dazu müsste man sich schon sicher
wieder zeitliche Zusammenhänge zwischen Hochhausbautä-
sein, dass die ökonomisch rationale Höhe perfekt geschätzt
tigkeit und Krisen aufgezeigt. Diese wirken auf den ersten
wurde und keine anderen Faktoren dies beeinträchtigten.
Blick deutlicher als sie tatsächlich sind, denn Fälle, in denen
Trotzdem kann so ein guter Eindruck von der möglichen Be-
auf solche Bauten keine Krisen folgten, werden oft nicht als
deutung persönlicher Motive entstehen. Ja, ohne diese wä-
gegenteiliger Befund diskutiert. Ausserdem ist der Zeitraum,
ren die Skylines einförmiger, wenn auch nicht komplett uni-
innerhalb dessen von einer Bestätigung des Zusammenhangs
form. Ob sie ohne den Einfluss von Egos schöner wären oder
ausgegangen wird, meist recht gross und variabel gewählt. 45
BUILDING THE TURKEY OF TOMORROW Land Speculation As a Tool for the Politicization of the National Economy The AKP uses societal antagonisms to create speculation over settlement areas, and urban transformation projects to initiate land transfer from the declining secular middle class to a rising religious upper class. Gezi Park became the political stage of secular opposition against the government’s tactics of using identities and policies for speculation purposes to privilege religious segments of society in a speculative political economy.
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Author: Ays¸e Çavdar
Sezer, president at the time, on the grounds that the sug-
In 2001, Turkey experienced one of the major economic crises
gested reform would violate the unitary character of the
of its short history. Starting with the banking sector, all sec-
Turkish Republic. Therefore, the AKP changed tack and
tors and mechanisms of the economy collapsed. The IMF
chose to increase centralization. TOKI, the Mass Housing Ad-
appeared on the scene along with one of its most uncomfort-
ministration,5 was reinvented by the AKP for this purpose.
able economic prescriptions. According to IMF experts, the
The short, yet vivid and momentous history of the TOKI
main factor for the recurring economic crisis was political
can be summarized in three stages. In the first stage, the
instability, and thus, the administration of the national
TOKI was given authority over all public lands (at this time
economy should be depoliticized. To this end, several autono-
mainly empty lands) to use them for its projects (generally
mous regulatory bodies, such as the BDDK , the EPDK , Com-
housing, but also business, mosques etc.). In the second
petition Authority etc., were established in order to admin-
stage, taking over the planning authorities of municipalities,
ister the economy. 3 The structure of these regulatory bodies
TOKI became literally the superintendent of all Turkish
concurred with the neoliberalization of the state administra-
cities. According to related regulation, TOKI has the right to
tion. The biggest assets of the economy were beginning to
change any city plan in order to realize its projects.6 Finally,
1
2
be depoliticized through technocratization.
in the third stage, thanks to a law called “The Transforma-
In 2002, the AKP won the general elections and formed
tion of Settlements under Disaster Risk”, issued in 2012,
the new government. For the first time, after long years of
TOKI was authorized to run urban transformation projects in
coalition governments, a single-party government, promis-
neighbourhoods that were declared problematic by the
ing in terms of economic stability, was established. People
Council of Ministers. And thus, TOKI’s authority over settled
voted for the AKP mainly because of two reasons: first, they
areas became absolute. It became the principal tool of spec-
wanted to punish the former political parties in power for the
ulation and politicization of the economy.
economic and political collapse of the country; and second,
First, TOKI created big waves of property exchange in
they wanted to reward the “losers” (Islamists) of the last
larger cities by announcing urban transformation projects in
coup d’etat, which took place in 1997, against the Islamist RP
settled areas (especially in informal neighbourhoods) with-
(Welfare Party, precursor of the AKP).
out introducing any measures to prevent real estate specu-
4
Once the AKP won the elections and formed the single-
lation. Until now, a very limited number of these urban trans-
party government all prospects looked brighter. However, it
formation projects could be realized, yet, in all the areas
took only a couple of years for the AKP to understand that
marked by TOKI as areas of urban transformation real estate
they were not, in fact, holding real power; the reason being
prices have dramatically increased.7
the depoliticized economic administration. The first attempt
Second, TOKI uses megaprojects8, like Canal Istanbul, a
of the AKP to repoliticize the economy took place in 2004 in
third Bosporus bridge, a third airport for Istanbul and so on,
the form of a law, called the Public Administration Reform,
to create new urban building ground, thus managing specu-
which aimed to decentralize the whole state administration.
lation. The location of Istanbul’s third airport, for instance,
With this attempt, the AKP tried to empower local municipal-
has changed three times in the last five years. Each time a
ities by providing them with autonomy through independent
different area boomed as a result of the speculation over the
income resources. The law was vetoed by Ahmet Necdet
airport project. Since the same tactic was applied in the
1 The Zorlu Center in Istanbul’s Bes¸iktas¸ district was built by Emre Arolat Architects together with Tabanlioglu Architects and opened in late 2013. It contains a luxury shopping mall, a concert hall, elite residences, offices and a luxurious hotel (Photo: Thomas Mayer) 2 Interactive map (http://www. megaprojeleristanbul.com) showing current megaprojects in the Istanbul area: the Canal Istanbul, marked in red, can be seen on the left and the third bridge in the northern part of the Bosporus; the area of the third airport is situated north of Istanbul’s European side
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LA CRISI ODER DER PATE ALS SPEKULANT Strategien und Spuren der Mafia im Baugewerbe Als die amerikanischen Alliierten zur Bekämpfung des Faschismus in den letzten Kriegsjahren heimlich Mafiabosse aus den USA nach Italien einschleusten, um das System und seine Strukturen zu unterwandern, herrschte noch ein düster-romantisches Bild der Mafia vor. Inzwischen ist das «Familienunternehmen» Mafia im Alltag angekommen, vollzog seinen Strukturwechsel und ist mit Spekulationen, Preisabsprachen und Geldwäsche vor allem im Bausektor international aktiv.
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Autorin: Petra Reski
Betongold
Fotos: Tommaso Bonaventura und Alessandro Imbriaco
In Italien wird kaum mehr gebaut – umso mehr aber in
Die italienische Wirtschaftskrise treibt nicht nur junge ar-
Deutschland oder der Schweiz; in Ländern also, die der Ma-
beitslose Akademiker ins Ausland, sondern auch die Bau-
fia nicht nur Wohlstand und Stabilität verheissen, sondern
mafia. Aus den Bossen sind schon lang Unternehmer ge-
auch Sicherheit: Die Gesetzeslage in Deutschland und der
worden – Unternehmer mit unerschöpflichem Kapital;
Schweiz wird von der Mafia als Einladungsschreiben be-
Unternehmer, die jede Konkurrenz ausschalten können, über
trachtet. Dank der Furcht vor dem vermeintlichen grossen
beste gesellschaftliche Kontakte verfügen und über jahr-
Lauschangriff kann praktisch nicht abgehört werden, dank
zehntelange Auslandserfahrung.
der Beweislastumkehr müssen die Mafiosi nicht fürchten,
Wie jedes kluge Unternehmen hat sich die Mafia schon
nachweisen zu müssen, woher ihr Geld kommt, das sie in
lange diversifiziert: Neben Waffen- und Drogenhandel, Gift-
Deutschland oder in der Schweiz waschen. Als der aus Ka-
müllexport und Schutzgelderpressung ist auch die Bauindus-
labrien stammende Nicola Polito von der deutschen Polizei
trie ein klassisches Standbein. Die Baumafia hat eine lange
kontrolliert wurde, hatte er 425 000 Euro bei sich, die er –
«Berufserfahrung»: kommunale Verwaltungen zu unterwan-
wie er auf Nachfrage mitteilte – einem Freund bringen
dern, öffentliche Ausschreibungen für Bauprojekte durch
wollte. Als die italienische Polizei vorschlug, das Geld vor-
Bestechung zu manipulieren, Notarverträge für Strohmann-
sorglich zu beschlagnahmen, wurde sie von ihren deut-
firmen abzuschliessen, Gewerbe anzumelden, Wohnungen
schen Kollegen darüber belehrt, dass eine «vorsorgliche
anzumieten, in denen falsche Rechnungen ausgestellt wer-
Beschlag nahmung» in Deutschland nicht möglich sei. In
den, Firmenkonten bei Banken und Sparkassen zu eröffnen,
Italien kann Besitz bereits beschlagnahmt werden, wenn
Kolonnenschieber zu kontaktieren – also jene Vorarbeiter,
nur der Verdacht auf Mafiazugehörigkeit besteht; auch die
die regelmässig mit den gleichen Arbeitern zusammenarbei-
alleinige Familienzugehörigkeit zu einem Clan ist strafbar.
ten, aber keine eigene Baufirma betreiben –, Strohmänner zu
Mafiazugehörigkeit ist weder in Deutschland noch in der
bezahlen und sich im Falle einer Durchsuchung der Ge-
Schweiz ein Strafbestand, weshalb es dort auch keine Ur-
schäftsräume rechtzeitig ins Ausland abzusetzen – das alles
teile wegen selbiger gibt. Damit existiert ein weiteres
ist für die Mafia ein Kinderspiel.
wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Mafia – die Be-
1 Abandoned road construction site on Highway 106 – Palizzi, Reggio Calabria, 2011 (Fotos 1–5: © Tommaso Bonaventura & Alessandro Imbriaco) 2 Hall of the Castello Mediceo in Ottaviano, Naples, 2012 3 Hall of Hotel Castelsandra, Castellabate, Salerno, 2013
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ECONOMIES OF SCALE Skaleneffekte als Treiber typologischer Innovation in Architektur und Städtebau Unter den aktuellen Bedingungen von Skaleneffekten in der Raumproduktion entstehen grössere Flächen- und Investitionseinheiten als in der Vergangenheit. Die daraus folgende Massstabsvergrösserung der städtischen Körnung führt zu typologischen Innovationen und stellt damit neue entwerferische Herausforderungen.
1
Autor: Christian Salewski
tekturtheortiker Phillipe Boudon 1971 das Forschungsgebiet
Die Faszination für die alte Stadt ist in der Geschichte des
der Architecturologie, das sich unter der Prämisse «Architek-
Städtebaus ein stetig wiederkehrendes Thema, von Raymond
tur ist die Kunst der Massstäbe, nicht der Proportionen» mit
Unwin über Gordon Cullen bis zu Leon Krier. Häufig sind
Massen im Raum auseinandersetzt. 2 Als Beispiel für seine
damit konservative gesellschaftspolitische Haltungen ver-
Grundthese zitierte er Christian Norberg-Schultz: Ein einfa-
bunden. Stadträumlich gründet diese auf eine Bevorzugung
cher Würfel mit drei Metern Kantenlänge sei eine fundamen-
der kleinen Massstäbe, da sie die Wahrnehmung aus der
tal andere Architektur als ein gleich proportionierter Kubus
Fussgängerperspektive angenehmer machen, die Orientie-
von dreihundert mal dreihundert mal dreihundert Metern.
rung in der Stadt erleichtern und zu vielfältigeren Erlebnis-
Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Verhältnis-
sen führen. Diese strukturellen Eigenschaften – die Dimen-
sen zum menschlichen Massstab, der insbesondere durch
sionierung einzelner Gebäudevolumina, deren Varianz sowie
Augenhöhe und Blickfeld unsere Raumwahrnehmung und
Abstände und Ausrichtung zueinander – werden im Städte-
-nutzung bestimmt.
bau als kleinteilige Körnung bezeichnet. Seit Beginn der Industrialisierung haben sich die Tex-
Die erste Voraussetzung für die anhaltende Massstabsver-
gen verschoben: Grössere Gebäude mit weiteren Abständen
grösserung und die damit einhergehende Vergröberung der
dominieren das Bild. Drei schnelle Wachstumsphasen haben
urbanen Texturen war die technologische Entwicklung im
die Massstäblichkeit unserer Städte verändert – auf die
Bausektor. Neue Materialien wie Stahl, Beton und Glas er-
Phase dichter, weitgehend regelmässiger Mietskasernen-
möglichten grössere Spannweiten und höhere Bauten. Neue
blöcke seit dem späten 19. Jahrhundert folgten in der Nach-
Apparate wie Aufzüge, Rolltreppen und Klimaanlagen lies-
kriegsmoderne grosszügige, von Verkehrsinfrastruktur ge-
sen mechanische Erschliessung und Klimatisierung grosser
prägte Stadtlandschaften mit niedrigerer Dichte. Seit den
Gebäudevolumina zu. War die alte Stadt aus Kostengründen
späten Achtzigerjahren entstehen in einer dritten Phase
von höchstens sechs Meter langen Holzbalken und kleinen
konzentrierte Verdichtungen. Typologisch werden diese
Fenstern geprägt, ermöglichen Stahlbeton, Stahlverbund,
häufig einerseits in bewusst kleinmassstäblichen Ensem-
Holzingenieurbau und Vollverglasungen ein komplett neues
bles und andererseits in Grossformen umgesetzt – den Big
Erscheinungsbild der Stadt.
Buildings. Das entsprechende theoretische Konzept lieferte
Die Menge umbauten Raums hat seitdem auch massiv
Rem Koolhaas 1995 mit dem Begriff Bigness: Ab einer ge-
zugenommen – egal ob für Wohnen, Einkaufen, Freizeit, Bil-
wissen, schwer exakt definierbaren Grösse wird die Wahr-
dung, Gesundheit oder Kultur. Diese Veränderung wird oft
nehmung eines Gebäude vor allem durch seinen Massstab
als Verlust erfahren, wie beispielsweise Jörg Müllers noch
geprägt. Entsprechend begründete der französische Archi-
immer populäre Bildmappe Hier fällt ein Haus, dort steht ein
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Technik, Komfort und Verkehr als Triebkräfte
turen der europäischen Städte deutlich zu gröberen Körnun-
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1. Obergeschoss
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Kran und ewig droht der Baggerzahn dokumentiert. Die VerErdgeschoss mit Umgebung
änderung der Stadt von 1976 verdeutlicht, was die fortschreitende Verwandlung der Stadt in eingängigen Zeichnungen darstellt. Der zweite Grund für die Massstabsvergrösserung ist die Komfortzunahme. Mit den neuen technischen Möglichkeiten und einer steigenden Effizienz wurde zugleich ein früher unvorstellbarer Komfort möglich. Im Wohnungsbau hat dies zusammen mit neuen Bautechniken und energetischen Effizienzanforderungen zur Herausbildung einer «dritten Schicht» geführt. Waren Wohnbauten in der Schweiz bis in die Achtzigerjahre üblicherweise circa zwölf Meter tief, um alle Räume natürlich belichten zu können, werden derzeit überwiegend Gebäudetiefen von 16 bis 20 Metern mit grosszügigen Sanitär- und Funktionsräumen in den dunklen Mittelzonen errichtet. Als besonders effizient gelten annähernd quadratische Grundrisse mit zwanzig Metern Kantenlänge, bei denen pro Geschoss drei bis fünf Wohnungen um einen Erschliessungskern angeordnet werden. Deren Wirtschaftlichkeit wird durch die Optimierung der sogenannten Formökonomie erreicht, die das – möglichst geringe – Verhältnis
1 Illustration von Jörg Müller aus Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn, oder die Veränderung der Stadt, Düsseldorf 1976
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2 Patrick Gmür und Jakob Steib: Genossenschaftswohnungsbau an der Paul-ClairmontStrasse, Zürich, 2006 (Foto: Georg Aerni) 3 Grundriss EG und 1. OG
4 5
4 Röntgenareal Zürich, Wohnüberbauung von Isa Stürm Urs Wolf Architekten (Foto: © Röntgenareal) 5 Grundriss Regelgeschoss
von Fassaden- zu Nutzflächen bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel sind die sogenannten Sugus-Häuser der Leopold Bachmann Stiftung auf dem Röntgenareal im Zürcher Industriequartier, entworfen von den Architekten Isa Stürm und Urs Wolf. Die mit dieser Komfortsteigerung verbundene extreme Zunahme der Siedlungsfläche auf mittlerweile über vierhundert Quadratmeter pro Einwohner führte jedoch zu einer Entzerrung der Stadt, die nur mit der gleichzeitigen Steigerung von Leistung, Kapazität und Komfort der Verkehrsinfrastruktur 83
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REDEVELOP! oder Die Renaissance der Bestandsentwicklung Während sich Eigentümer und Investoren mit einem beträchtlichen Leerstand von Büroimmobilien konfrontiert sehen, sind explodierende Mieten in Metropolen Indikator für den wachsenden Mangel an Wohnraum. In diesem Zusammenhang spielt das «Redevelopment» eine zunehmend wichtige Rolle in der Immobilienwirtschaft und bietet gleichzeitig grosse Potenziale für die Stadtentwicklung.
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Autorin: Annelen Schmidt
Leerstand und Abrissspekulationen ausgesetzt. Mit dem Umbau zur Konzeptmall und thematischen Designhotels
Eine neue Umnutzungseuphorie? «[I]ch würde das alles nicht noch einmal tun. […] Ich glaube,
Betrachtung beziehungsweise vornehmlich auf der Rück-
dass es auch eine Ausnahme bleiben wird»1, sagte der Pro-
seite des Bikinihauses. Der geschliffene Baukörper erhielt
jektentwickler Gisbert Dreyer über die Umnutzung des Büro-
zur Seite zum Zoologischen Garten einen topografisch und
hochhauses Lyoner Straße 19 in Frankfurt-Niederrad auf ei-
begehbaren Annexbau, welcher die einzelnen Baukörper des
nem Symposium im Rahmen der IBA Berlin 2011 zum Thema
Ensembles miteinander baulich als Grossstruktur verbindet.
Revitalisierung von Grossprojekten. Mit zu vielen Hindernis-
Neben dem üblichen Fassaden-Facelifting und zusätzlichen
sen habe er kämpfen müssen – angefangen bei der schwieri-
Dachgeschossaufbauten wurde das markante offene «Bauch-
gen Finanzierung über die Vielzahl baurechtlicher Restrikti-
geschoss» des Bikinihauses sowie die breit angelegte Ko-
onen bis hin zur Frage der Wirtschaftlichkeit.
lonnade entlang des Breitscheidplatzes für zusätzliche Ver-
Wirft man einen Blick nach Berlin, stösst man als neues Vorzeigeprojekt für Bestandsrevitalisierung auf das erst
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archithese 4.2014
zeigen sich die Eingriffe in die Substanz erst bei näherer
kaufsflächen geschlossen beziehungsweise verschmälert – dem Bikini folgte der Ganzkörperbadeanzug.
kürzlich mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit in nächster
Aufgrund des historischen Kontexts herrscht gewisser-
Nähe zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche eröffnete Bikini
massen ein gesellschaftlicher Konsens darüber, solche Bau-
Berlin von SAQ sowie Hild und K Architekten aus München.
ten als kulturelles Erbe zu erhalten. Im Gegensatz dazu sind
Das Fünfzigerjahre-Ensemble der Architekten Schwebes
Projekte, bei denen ganz normale Alltagsarchitekturen wie-
und Schoszberger, bestehend aus dem alten Premierenkino
der zu neuem Leben erweckt werden, schwer zu finden. Oft-
Zoo Palast, Bikinihaus sowie den beiden flankierenden
mals sind sie ungeliebte «Denkmäler» – Teile der grossen
Hochhausscheiben, diente einst als erste Adresse der Textil-
anonymen Baumasse, die die Basis unserer Stadtidentität
industrie in der neu entstehenden City West und war noch
bildet. Nicht selten ist es auch ihr schlechtes Image, das eine
vor wenigen Jahren als denkmalgeschütztes Objekt dem
Wiederbelebung unmöglich macht – so im Fall des AfE-
Turms in Frankfurt, der zu Beginn des Jahres spektakulär gesprengt wurde, oder der übrig gebliebenen Sechzigerjahre-Wohnscheiben der Red Road Flats in Glasgow, die als grosses Event für die Massen zur Eröffnungszeremonie der Commenwealth Games 2014 in die Luft gejagt werden sollten. Mitunter ist es aber auch die reine Grösse eines Gebäudes, die potenzielle Investoren zunächst abschreckt, wie das Grossversandhaus des ehemaligen Quelle-Konzerns in Nürnberg. 2 Deutschlands zweitgrösster Gebäudekomplex, geplant vom Architekten Ernst Neufert, wartet nun schon seit mehreren Jahren auf den Abschluss des Kaufvertrags mit einem portugiesischen Investor. Der vor sich hindämmernde Leerstand ist für die Eigentümer unrentabel, zieht ganze Quartiere mit in den Abgrund und stellt daher für die Stadt eine ernsthafte Bedrohung dar. Impulse für die Stadtentwicklung Um den Druck an Raumressourcen aus den Innenstädten zu nehmen, richtet sich der Fokus auf jene Standorte, die zu-
1 Bikini Berlin, Sanierung/Umbau durch SAQ sowie Hild und K (Abbildungen: 1, 3–5: © Bayerische Hausbau, Fotos: Franz Brück) 2 FünfzigerjahreEnsemble am Breitscheidplatz von Schwebes und Schoszberger 2 (Foto: Landesbildstelle Berlin) 3 Neues Bikinihaus mit Aufstockung und Annexbau 4 Konzeptmall mit Pop-up-Stores mit wechselnder Bespielung 5 Designhotel «25Hours Hotel Bikini Berlin», Interiordesign von Werner Aisslinger
nächst nichts mit einer gewöhnlichen Wohnnutzung zu tun haben, inzwischen aber ein besonderes Potenzial darstellen. An der Transformation solcher Standorte und ihrer vorherrschenden Bauten ist eine Vielzahl von Akteuren beteiligt. Katalysatoren, die diese Transformationsprozesse in Gang setzen, fehlen hingegen häufig. Dass auch ein Projektentwickler wie Gisbert Dreyer ein Pionier innerhalb des Prozesses sein kann, zeigt der 2010 fertiggestellte Umbau eines ehemaligen Bürohochhauses durch Stefan Forster Architekten in der Lyoner Straße in Frankfurt-Niederrad. Als eigent-
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liche Bürostadt, die aufgrund ihrer monofunktionalen Baustruktur seit Jahren mit Leerstand zu kämpfen hat, wurde 2008 im Auftrag des Stadtplanungsamts Frankfurt vom Büro bb22 ein Rahmenplan erarbeitet, der sich mit den Potenzialen zur Transformation des monofunktionalen Bürostandorts Niederrad in ein gemischt genutztes Wohnquartier befasste. Ein Bebauungsplan, der eine Wohnnutzung ermöglicht hätte, existierte zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht. Der Umbau des Hochhauses konnte nur aufgrund einer Lücke im damaligen Bebauungsplan realisiert werden, denn das Grundstück der Lyoner Straße 19 war schlicht nicht berücksichtigt worden. 3 Trotz spärlich vorhandener Infrastruktur wie Supermärkten, Restaurants oder Schulen, dafür umso breiteren Strassen und üppigem Abstandsgrün ohne Aufent-
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haltsqualität entschied sich der Projektentwickler für die Umwandlung in ein Wohngebäude. Dank einer entsprechend guten Gebäudestruktur, nutzbaren Gebäudetiefen und günstig positionierten Erschliessungskernen eignete sich das Gebäude für die Entwicklung einer Vielfalt an Wohnungsgrundrissen. Die sogenannten Sky Appartments sollen den Typus Boarding House verkörpern – angepasst an die Bedürfnisse einer Pendlerklientel, die am Standort Niederrad einerseits die infrastrukturelle Vernetzheit schätzt und sich andererseits nicht daran stört, dass das Viertel am Abend vollständig ausgestorben ist. Ob die Erscheinung des neuen Gebäudeoutfits nun den entsprechenden Wohn-
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