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Brauchtum: Der Mareiter Hochzeitsesel
from ERKER 10 2021
by Der Erker
Heinrich Schwazer gewinnt Autorenwettbewerb
Heinrich Schwazer ist der Sieger des Autorenwettbewerbes, den die Südtiroler Theaterzeitung anlässlich des 70-jährigen Bestandsjubiläums des Südtiroler Theaterverbandes ausgeschrieben hat. Schwazer, der aus Mauls stammt, gewann den Wettbewerb mit dem Stück „Das Eine und das Andere – Zwölf Geschichten vom Lieben und Sterben“.
Mareit
Der Hochzeitsesel ist wieder da!
„Diese Sammlung aus zwölf kurzen Stücken über die verschiedensten Themen des Alltags- und Beziehungslebens überzeugt thematisch und stilistisch. Es sind berührende Kurzstücke zu zeitlos aktuellen Themen wie Liebe, Tod, Beziehungen und Werte, die ewig Geltung haben. Die Geschichten sind traurig, ernst, aber auch lustig und einfühlsam. In der szenischen Umsetzung gibt es viel Freiheit, die Stücke können interessant und vielseitig aufbereitet werden. Jeder kurze Text funktioniert für sich selbst, es müssen nicht alle Texte aufgeführt werden, auch die Reihenfolge kann variieren. Das gesamte Stück zeichnet sich durch eine gewisse Unkonventionalität im Umgang mit bekannten Themen aus. Oft kommt es auch zu überraschenden Wendungen oder unerwarteten Enden. Die Qualität der Dialoge liegt in der verknappten Sprache und dem Mut zu thematischer Tiefe. Mit viel Witz und Biss kommen die Dialoge zum Teil rasant in Fahrt, was schöne Spielmomente in den verschiedensten Konstellationen und eine temporeiche Umsetzung verspricht“, so die Jury, der neben Irene Girkinger, Intendantin der Vereinigten Bühnen Bozen, auch Schauspielerin Patrizia Pfeifer, Regisseur Torsten Schilling, Theaterpädagoge Hans Strobl und Elmar Außerer, Redakteur der Südtiroler Theaterzeitung, angehörten. Der erste Preis besteht aus einem Preisgeld von 5.000 Euro der Stiftung Südtiroler Sparkasse und der Uraufführung des Stückes anlässlich des 70-jährigen Bestandsjubiläums des Südtiroler Theaterverbandes. Am Wettbewerb haben 28 Autoren teilgenommen. Von den ursprünglich vorgesehenen zehn Preisen wurden acht Preise sowie der Nachwuchspreis vergeben. Die Gewinner wurden im Rahmen der Generalversammlung des Südtiroler Theaterverbandes in Bozen bekanntgegeben. 56 Erker 10/21
ZUR PERSON
Geboren 1959 in Mauls, Studium der Germanistik und Philosophie in Wien. Erste journalistische Arbeiten in Wien, danach in China, ab 1991 in Südtirol bei der Wochenzeitung FF, dem Wochenmagazin „Südtirol Profil“, ab 1996 Chefredakteur bei der „Die neue Südtiroler Tageszeitung“, seit 2013 leitender Redakteur des Kulturressorts der Tageszeitung.
Der Hochzeitsesel um 1960 ... ... und im August 2021
In Mareit gab es früher einen eigenen Hochzeitsbrauch, nämlich den Hochzeitsesel. Wie genau die Aufführung abgelaufen ist, kann heute niemand mehr mit absoluter Sicherheit sagen – es gibt gleich mehrere verschiedene mündliche Überlieferungen. Einen möglichen Ablauf hat Friedrich Haider in Reimmichls Volkskalender im Jahr 1988 beschrieben: „Während des Hochzeitsmahles erhebt sich draußen ein großer Lärm und Eselsgeschrei. Dann geht die Stubentür auf und herein drängt sich ein merkwürdiger Zug. Zwei Burschen ziehen einen roh aus Holz gezimmerten Esel auf Rädern herein. Auf dem Esel sitzt einer, der eine Pfanne hält und mit dem Kochlöffel rührt. Die handgefertigten Puppen In der Pfanne sind lauter kleine Stoffpuppen. Die Braut muss versuchen, schnell eine Puppe herauszufischen, während der Mann immer wieder die Pfanne schnell zurückzuziehen versucht. Gelingt es ihr, mehrere Puppen herauszuholen, bedeutet das, dass sie Zwillinge oder gar
Drillinge bekommen wird. Sollte die Braut beim Puppenhaschen leer ausgehen, schaut es mit dem Nachwuchs schlecht aus. Beim Abgang der lustigen Gesellschaft reißt einer unter allgemeinem Gelächter dem Esel den Strohschwanz aus. Den Brauch nennt man ‚Eier und Schmalz auftragen‘.“ Ein Foto vom Hochzeitsesel aus den 1960er Jahren liegt im Pfarrarchiv Mareit auf; es zeigt (v. l.) Max Zössmayr, auf dem Esel Leo Zössmayr, Franz Hofer (Marxer), Jakob Larch und Alfred Soraruf. Nachdem der Brauch in Mareit fast in Vergessenheit geraten ist, haben sich drei Mareiter zusammengetan und den originalen Hochzeitsesel nach rund 60 Jahren wieder hervorgeholt. Bei einer Hochzeit Ende August wurde der einst beliebte Brauch nach vielen Jahren erstmals wieder aufgeführt – die Braut hat übrigens in kürzester Zeit alle Puppen, die Bernadette Zössmayr angefertigt hatte, aus der Pfanne gefischt ... Im Bild (v. l.) Emanuel Larch, Willi Zössmayr, das Brautpaar Sarah und Hannes Larch sowie Martin Larch mit dem Hochzeitsesel. bar
Sterzing rollt den Roten Teppich aus
Auch im Oktober rollt Sterzing noch zweimal den Roten Teppich aus. Beide Samstage stehen unter einem besonderen Motto, dazu passend gibt es ein Erinnerungsgeschenk.
(v. l.) Präsident Luis Bacher, Geschäftsführer Florian Mayr, Direktor Christina Pupp (Raiffeisenkasse) und Bürgermeister Peter Volgger
„Der Rote Teppich ist in Sterzing eine bewährte Veranstaltung, die sowohl optisch als auch inhaltlich etwas hergibt“, so Florian Mayr, Geschäftsführer der Tourismusgenossenschaft Sterzing-Pfitsch-Freienfeld, bei der Präsentation der Aktion Mitte September. „Damit möchten wir auf Sterzing aufmerksam machen und unseren Gästen als Zeichen der Wertschätzung den Roten Teppich ausrollen.“ Nach zwei Aktionstagen im September, die unter dem Motto „Kinder & Spiele“ sowie „G’sund und fit“ standen, geht es im Oktober mit zwei Themensamstagen weiter. Zu einem „Tag für Menschen mit Beeinträchtigung“ wird der 2. Oktober. Die Lebenshilfe, das Sozialzentrum „Fugger“ und die Senioren sind an eigenen Ständen anzutreffen, auf einem Parcours werden die Special Olympics nachempfunden. Das Sledge Hockey Team und verschiedene Fußballmannschaften werden vorgestellt, im Rahmen des Special Kickers Friends Cup werden die Preise verteilt. Für Musikgenuss sorgt die Band „MitEinAnders“ aus Bruneck. Der 9. Oktober ist den „Südtiroler Traditionen“ gewidmet. Die Meransner Schuachplattler und Goaßlschnöller aus der Umgebung zeigen ihr Können, an verschiedenen Repräsentationsständen gibt es u. a. Wein, Käse und Bier sowie Obst und Gemüse der Saison zum Verkosten. An jedem Samstag gilt: Wer an diesem Tag in drei verschiedenen Partnergeschäften, Bars oder Restaurants im Wert von jeweils mindestens 10 Euro einkauft, erhält in der Tourist-Info am Stadtplatz ein Erinnerungsgeschenk. Dazu muss ein eigenes Stempelkärtchen ausgefüllt und zusammen mit den Kassenbons abgegeben werden. Insgesamt 86 Betriebe nehmen in diesem Jahr am Roten Teppich teil, sie werden mit einer eigenen Fahne gekennzeichnet. „Das zeigt uns, dass die Kaufleute hinter uns stehen und die Aktion schätzen“, so Mayr.
Das Wipptal im Zeitraffer
von Karl-Heinz Sparber (Teil 22)
1865
ÜBERSCHWEMMUNGEN
1866 –1870
Begnadigung
Zwei verurteilte Sterzinger Gemeinderäte werden von Kaiser Franz Joseph I. (1848 – 1916) begnadigt. Es handelt sich um den Gastwirt zum Goldenen Stern Josef Obexer und den Bäckermeister Johann Häusler. Sie sind 1864 wegen Verletzung des Pressegesetzes (sie hatten einen Artikel in den „Tiroler Stimmen“ veröffentlicht) zu drei bzw. zwei Monaten Arrest verurteilt worden. Im Artikel geht es um die Enteignung von 12.000 Klafter des gemeindeeigenen Bannwaldes durch die Südbahngesellschaft zum Bau der Brennereisenbahn. Die Eisenbahnbauer bieten 55 Kreuzer je Klafter (also 6.600 Gulden) als Entschädigung, die Gemeinde Sterzing möchte aber 60 Kreuzer. Zwei beauftragte vereidigte Schätzmänner stufen den Wert des Grundes gar nur auf 42 Kreuzer (5.040 Gulden) ein. Die beiden Gemeinderäte behaupten im Zeitungsartikel, dass der Gemeinde in diesem Gerichtsstreit 1.600 Gulden entgangen wären. An den nachfolgenden historisch bezeugten Nachrichten über die zahlreichen Unwetterschäden im Raum Wipptal ist es nachvollziehbar, dass etwas dagegen getan werden muss. Der Vallerbach vom Roßkopf, der Eisack vom Brenner kommend, der Pfitscherbach, der Mareiterbach oder der Ridnaunerbach stellen jährlich große Gefahren für den Hauptort des Wipptales, die Stadt Sterzing mit ungefähr 2.000 Einwohnern, dar. Seit Jahrhunderten hat man versucht, sich gegen die verheerenden Wassergefahren zu schützen, doch die bisherigen Maßnahmen (Bachbettverstärkungen mit Brettern, Schutzverarchungen aus Holzstiften und sogenannten „Tschuggen“, Bäume mit Ästen, mit Steinen beschwert, Staubecken, Wasserableitungen entlang des Eisacks im Notfall …) waren meist erfolglos. Bereits 1783 rief man das Gubernium in Innsbruck zu Hilfe und forderte eine „Beurbarmachung des Sterzinger Mooses“ und die Geradziehung der Wildbäche. Auch die Bayerische Regierung warf das Problem auf und wollte durch Enteignungen eine Moosentsumpfung vornehmen. Nach den Überschwemmungen von 1851 setzte man sich mit dem Bezirkshauptmann
Knoll zusammen, doch scheiterte wiederum alles an Geldnöten und dem Widerstand der sogenannten „Moosköpfe“ von Trens und Stilfes. Unter dem neuen Bürgermeister Michael Waizinger (1860 – 1868, ihm wird 1873 die erste Ehrenbürgerschaft von Sterzing verliehen) scheint sich diesbezüglich etwas zu regen, die ständige Hochwassergefahr wird zur „Chefsache“. Erste realistische Pläne zur
Regulierung des Eisack und der vielen Nebenflüsse werden erstellt, um die Stadt Sterzing vor den zahlreichen Überschwemmungen zu schützen.
Doch erst der Bau der Brennereisenbahn 1867 und die spätere Eisackregulierung und Moosentsumpfung in den Jahren 1875 – 1877 lösen allmählich dieses Problem.
Die Eisackquelle am Brenner kann zu verheerendem Hochwasser anschwellen. Bei Sterzing, um 1800
1866: Der Vallerbach verursacht Überschwemmung in Sterzing. 6. September 1868: Hochwasser ausgelöst durch Eisack, Pfitscherbach, Mareiterbach 27. – 29. September 1868: Überschwemmung in Sterzing durch den Eisack, in Ridnaun bricht der Gailbach aus, starker Föhn, in Mareit nachts starker Süd-Wind, dann zwei Tage Regen. Übeltalferner: letzter See bricht aus, führt in der Talsohle zu Verwüstung. „Der Eisack überschwemmte die ganze breite Thalfläche zwischen Sterzing und Freienfeld, Brücken, Straßen und Eisenbahn wurden mehrfach beschädigt.“ Die ganze Gegend von der Brücke in Stilfes bis zur Stadtpfarrkirche und bis unterhalb von Gasteig wird in einen See verwandelt, aus dem nur noch der Eisenbahndamm hervorragt. Der Mareiterbach nimmt alle Brücken bis hinaus nach Gasteig mit, die Brücke bei Gasteig bleibt erhalten, weil der Bach vor der Brücke rechts sein Bachbett verlässt und sich ins Sterzinger Moos ergießt. Wassergefahr bis 4. Oktober. 3. – 5. Oktober 1868: Eisack, Pfitscher- und Mareiterbach führen zu Hochwasser und Überschwemmung in Sterzing. „Der Eisack trat nicht nur bei Sterzing, sondern auch bei Brixen aus seinen Ufern, beschädigte die Straße an vielen Orten.“ „Überschwemmung im Süden von Sterzing bis zur Pfarrkirche hinauf, Widum bedroht, mehrere Häuser mußten geräumt werden. Bei Sprechenstein stand das Wasser 1 m hoch. Der Pfitscherbach brach unterhalb Wiesen aus, den Bahnkörper überschwemmend.“ „Südtirol: eine der größten je vorgekommenen Überschwemmungen, Sterzing Eisack Ausbruch, Pfitscherbach, Mareiterbach Ausbruch“.
Jakob Delfauro. Der gelern581865 n. Chr. Erker 101865 1926 n. Chr. /21 te Bildhauer aus Buchenstein zieht 1900 nach Sterzing und begründet hier die Fotografenfamilie. 1908 richtet er ein Fotoatelier ein, das dann sein Sohn Josef (1903-1980) und der Enkel Kurt Delfauro (1941 - 1993) weiterführen. Die Familie hinterlässt ein reiches Fotoarchiv über das Wipptal.
3. September 1866 n. Chr.
Pfarrer Josef Hofer gestorben. Der gebürtige Brixner (geb. 18. Jänner 1796) wird am 31. Jänner 1819 zum Priester geweiht und wirkt als Stadtpfarrer von Sterzing sehr segensreich seit dem 1. Oktober 1841. Er ist der Erbauer der Arkaden im Sterzinger Friedhof. Grabstein von Stadtpfarrer Josef Hofer hinter „seinen“ Arkaden im neuen Friedhofstrakt
1867-1870 n. Chr.
Einige Dreitausender, die Hanspaul Menara bereits im Erker 09/1990 aufgezählt hat (Fortsetzung)
1867:
Zuckerhütl, 1. Durchsteigung der Südwand
1868:
Hochgrintl, 1. Besteigung
Eröffnung der Brennerbahn
Nach fünfjähriger Bauzeit gibt es am 10. Mai 1867 eine erste kurze Probefahrt ohne Waggon; am 25. Juli erreicht der erste Probezug von Innsbruck kommend den Brenner und Bozen; am 17. August desselben Jahres wird die neue Brennerbahn schließlich völlig unspektakulär, ohne Festakt und Weihe, eröffnet. Die Eisenbahn ist vielen vorerst unheimlich: Vor allem die zahlreichen Fuhrleute fürchten um ihre Arbeit. Aber auch die ersten Passagiere sind nicht gerade begeistert, wenn die rauchende und stinkende Eisenbahn nach Schelleberg in den Aster Tunnel einfährt und nach einem Kilometer wieder an die frische Luft Die Arbeitslok „Sterzing“ 1865 gelangt und im neuen Gossensasser Bahnhof anhält. Manche Fahrgäste bevorzugen es deshalb, in Schelleberg auszusteigen und zu Fuß nach Gossensaß hinunter zu laufen, um dort wieder auf den Zug zu steigen. Doch diese anfängliche Skepsis vergeht bald, zumal die Fahrtzeit um ein Vielfaches gegenüber den Pferde-Eilwagen verringert wird und auch der Komfort für die Reisenden gelobt wird. Auch der Warentransport setzt nun in großem Stil ein, man denke nur an die Erztransporte über den Brenner. Mit dem zunehmenden Tourismus beginnt ein neues Zeitalter: Kurorte wie Gossensaß, Meran, Badeanstalten wie Brennerbad, Bad Möders erleben einen großen Aufschwung.
Die erste Lok, die 1867 über den Brenner fährt
Der erste Bahnhof am Brenner 1867 mit Wäscheleine des Bahnhofsvorstehers (Gottfried Seelos, Mischtechnik) Hirschenwirt, Stötterhaus und hölzerner Spitzhelm des Stadtturms brennen ab. Am Donnerstag gegen 6.00 Uhr Abend bricht in den rückwärts gelegenen Wirtschaftsgebäuden des Hirschenwirtes Josef Fürler ein Feuer aus, die gelagerten Heu- und Getreidevorräte brennen lichterloh. Wahrscheinlich aus Unvorsichtigkeit, auch wenn man kurze Zeit eine Person verdächtigt, die wegen des Brandes am 7. Februar 1865 bereits einvernommen worden war. Das Feuer breitet sich rasch aus und greift im Süden auf das Stötterhaus (heute Wipptalerhof) von Dr. Josef Flory (Mediziner und Gerichtsarzt, gestorben 1863) über und im Norden auf das hölzerne Dach des Stadtturmes. Gegenüber ist auch das an den Stadtturm angebaute Haus des Bürgermeisters und Apothekers Michael Waizinger (er kehrt am nächsten Tag von den Flitterwochen nach Sterzing zurück) in Gefahr, doch es kann durch das schnelle Eingreifen der Mannschaft und Spritze aus Brixen gerettet Im Stadel und Stall vom Gasthaus werden. An ein Retten des Turmes ist wegen „Zum Goldenen Hirschen“ bricht am der bedeutenden Höhe von 48 Metern nicht zu 3. Oktober 1867 ein Feuer aus. denken. Es gelingt den telegraphisch herbeigerufenen Feuerwehrmännern aus den Landgemeinden lediglich, die herabstürzenden flammenden Balken zu löschen, ehe sie Schaden anrichten können. Somit verbrennen das Wirtschaftsgebäude des Hirschenwirtes zur Gänze, der Dachstuhl des Stötterhauses teilweise und die Turmuhr, die ihren Gang bis 10.00 Uhr behält, die beiläufig 18 Zentner schwere Turmglocke, das schöne Turmfenster, der hölzerne Spitzhelm des Stadtturmes und die Wohnung Der beschädigte Stadtturm mit provisorischem Holzdach um 1868 des Turmwächters. Menschenleben sind nicht zu beklagen. Um 5.00 Uhr bricht das Feuer im Inneren des Turmes erneut aus, sodass es vom 6.00-Uhr-Zug aus weithin sichtbar ist. Die „Tiroler Stimmen“ vom 7. Oktober 1867 merken besorgt an: „Wäre das Feuer nur um 12 Stunden später entstanden, könnte bei dem inzwischen eingetretenen heftigen Sturmwetter mit Regen, das zeitweilig zu einem völligen Orkane sich steigerte, der größere Theil der Stadt ein Schutthaufen sein. Beim Löschen des Brandes haben sich unter anderem auch Ingenieure der Südbahn durch ihre zweckmäßigen Anordnungen ein großes Verdienst erworben.“ Am 19. Juni 1868 verkündet der Stadtmagistrat von Sterzing, dass der zerstörte Stadtturm wieder aufgebaut werden soll. Dazu werden Baubewerber um Kostenvoranschläge im Ausmaß von maximal 4.561 Gulden gebeten. Inzwischen ist ein provisorisches Holzdach aufgesetzt worden. Der neue Zwölferturm erhält Staffelgiebel und Zinnen aus Stein. Eine Gedenktafel wird bereits 1868 angebracht.
1869:
Sonklarspitze: 1. Besteigung
1869:
Westlicher Feuerstein, 1. Besteigung
1869:
Tribulaun, 1. Besteigungsversuch
1870:
Pflerscher Hochjoch, 1. Besteigung
1870:
Wilder Pfaff, 1. Besteigung
1869 n. Chr.
Der Deutsche Alpenverein (DAV) wird gegründet mit dem Ziel, Wege und Schutzhütten herzustellen und Infrastrukturen zu errichten. Der Verein gliedert sich bereits in verschiedene Sektionen auf. Damit werden die wesentlichen Voraussetzungen geschaffen, das Bergsteigen einer breiten Zielgruppe zu ermöglichen. In Österreich-Ungarn erfolgt die postamtlich-offizielle Einführung der Postkarte. Die ersten Ansichts-, Bildpost- und Glückwunschkarten werden ab 1871 verkauft. Kunstmaler, Lithographen und Fotografen liefern die Bildmotive. 1895 verhilft die Chromolithographie der Postkarte zum Durchbruch. Farbige Karten können jetzt relativ günstig hergestellt werden und sind für mehr als 100 Jahre die konkurrenzlosen Verkaufsschlager.
Erker 10/21 591870 n. Chr.
Pfarrkirche zum hl. Johannes dem Täufer
LAGE: Flains KIRCHENPATRON: hl. Johannes der Täufer ENTSTEHUNGSZEIT UND ERBAUER: 16. Jh., unbekannter Erbauer
Erste historische Spuren und Hinweise auf ein Gotteshaus in Flains finden sich bereits gegen Ende des 13. Jahrhunderts und weisen damit in das beginnende Spätmittelalter. In einem Testament des Adeligen Heinrich von Rottenburg des Jüngeren wird eine Kirche zu Ehren Johannes des Täufers erneut 1337 ausdrücklich erwähnt. Der heutige, aus Granitquadern im spätgotischen Stil erbaute Sakralbau entstand jedoch erst am Beginn des 16. Jahrhunderts und weist einen dreiseitigen Chorabschluss auf. Das Spitzbogenportal mit seinen gekreuzten Rundstäben ist für die Rekonstruktion der Baugeschichte nicht unerheblich, zumal die dort prangende Jahreszahl 1514 auf den Neubau des Gotteshauses verweist. Besonders beachtenswert sind daneben die vorhandenen Spitzbogenfenster, die Sakristei und die Kanzeltür sowie das Netzgewölbe. Die zentrale Position im Innenraum nimmt jedoch der Altar ein. Letzterer dürfte in der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden sein und ist kunsthistorisch überaus interessant, zumal der Flügelaufbau Stilelemente der Gotik, viele Einzelformen jedoch Stilelemente der Renaissance aufgreifen. Im Schrein finden sich figürliche Darstellungen der Gottesmutter Maria mit dem Christkind und des hl. Johannes des Täufers. Die Skulpturen entstanden wohl in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts und schmücken seitdem das Altarwerk. In der Predella findet sich eine Darstellung der Johannesschüssel (Johannesschale), das ist die Darstellung einer Schüssel bzw. Schale, in der das abgeschlagene Haupt Johannes des Täufers mit dem Gesicht nach oben liegt.
Der hl. Johannes d. Täufer († um 29) gilt als letzter Prophet des Alten Testaments und als Vorläufer Christi (Prodromos). Er wurde als Sohn eines jüdischen Priesters in der Nähe von Jerusalem im Dorf En Kerem (Ain Karim) geboren. Sein Vater schickte ihn zur streng mosaischen Erziehung in ein Kloster bei En Gedi am Toten Meer.
Dort „in der Wüste“ wuchs Johannes auf und predigte erstmals am Toten Meer, am
Jordan und bei Beth Schean. Er forderte seine Zuhörer zur Buße auf und spendete im Jordan die Taufe als Reinigung von den Sünden. Jesus selbst empfing von ihm bei Jericho die Taufe. Seine Anhängerschaft wuchs und Johannes erregte schließlich die Aufmerksamkeit von Herodes Antipas, dem Tetrarchen von Galiläa und Peräa.
Dieser – einen Volksaufstand fürchtend – ließ Johannes verhaften und in die Festung
Machärus, die sich über dem Ostufer des Toten Meeres erhob, bringen. Salome, die
Tochter von Herodes Antipas, verlangte von ihrem Vater schließlich die Enthauptung von Johannes dem Täufer. Der Leichnam des Heiligen wurde von seinen Freunden in Samaria (Shomron) begraben und über dem Grab entstand im 4. Jahrhundert ein
Kloster, dessen Kirche die Kreuzfahrer im 12. Jahrhundert durch eine mächtige Basilika ersetzten. Die Moslems bauten den Chor der Basilika in eine Moschee um. Sie verehren den Täufer ebenso als einen ihrer Propheten („Nabi Jahia“). Johannes der
Täufer gilt als Patron des Malteserordens und der Karmeliter, als Schutzheiliger der
Bauern, Hirten, Maurer, Steinmetze, Zimmerleute, Schmiede, Gerber, Weber, Schneider, Färber, Sattler, Fassbinder und Gastwirte. Er gilt als Helfer bei Kopfschmerzen und
Schwindelgefühl. Der Heilige wird häufig im Fellkleid als Prediger mit Lamm, Stab oder Kreuzstab sowie seinem abgeschlagenen Haupt in einer Schale, die Salome hält 60 Erker 10/21 oder ihr gereicht wird, dargestellt. Die Innenflügel zeigen Reliefs der hll. Petrus und Jakobus, die Außenflügel hingegen Darstellungen des hl. Jeremias und der hl. Helena. Am Altaraufsatz thront – von Engeln umgeben – Gott Vater mit der Weltkugel. Der Altar wurde 1888 und 1942 neu gefasst bzw. restauriert. Die dekorative Ausmalung des Gotteshauses erfolgte ebenfalls im Jahr 1888, die Kreuzwegbilder hingegen kamen 1890 in die Kirche und sind eine Auftragsarbeit des aus Wiesen stammenden Malers Jakob Mair. Erwähnenswert ist zudem das über dem Sakristeieingang hängende Tschenstochauer Madonnenbildnis („Schwarze Madonna“ von Tschenstochau). Es wurde vermutlich von einem Pilger gestiftet. Ein Großbrand beschädigte das Gotteshaus 1938 schwer. Während der Dachstuhl von Kirchenschiff und -turm vollständig abbrannte und das Geläut zerstört wurde, blieb das Kircheninnere unbeschädigt. Der Wiederaufbau begann zwar bereits im Frühjahr 1939, doch konnte er aufgrund zahlreicher Widrigkeiten erst 1942 abgeschlossen werden. Ein schwerer Sturm hatte im Sommer 1939 die Giebelmauer der Fassade zum Einsturz gebracht und dabei das Gewölbe der Kirche schwer beschädigt. Das Gotteshaus erhielt schließlich 1949 neue Glocken.
Das Straßendorf Wiesen
von Alois Karl Eller
Das Foto hält den Fahrweg durch das Straßendorf Wiesen mit den angrenzenden Häusern fest. Es handelt sich dabei um eine der ersten bekannten Aufnahmen von Wiesen aus dem Jahr 1901. Das Dorf ist eine späte bajuwarische Siedlung und wird erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt (1288 als „Wisen“ bezeichnet). Wegen des moosigen Grundes (Wiesner Möser) und den alljährlich erfolgten Überschwemmungen durch den Pfitscherbach konnte das Terrain erst spät gerodet und besiedelt werden. Am Ende des 14. Jahrhunderts bestand das Dorf aus acht Höfen. Bis zu der Zeit, in der diese Aufnahme entstand, hatte die Altgemeinde Pfitsch stets mehr Einwohner als die Altgemeinde Wiesen. Dies änderte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts; heute zählt das Dorf mit Trens und Mareit zu den aufstrebenden Dörfern im Wipptal. Die Abbildung zeigt rechts die Villa Lex (neu erbaut um 1820), dahinter das alte Schulhaus (heute Gemeindehaus) und im Hintergrund die Hofstelle Gasserin (heute Apotheke), an der linken Straßenseite die Hofstellen Schmelzer und Mazeler.
Zum eingeschriebenen Text
in der Abbildung: Der Text gibt einen Hinweis auf die Tätigkeit, die der Unterzeichner „Theodor“ ausübte. Es handelte sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Handwerker, der in Sterzing und Wiesen auf die „Stör“ ging, was heißt, dass der Meister mit dem Sohn bzw. den Söhnen sein Gewerbe (Schuster oder Schneider) im Haus des Kunden ausführte. Dieser hatte für die Zeit der Arbeit für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen. Der Text lautet: „27.2.(19)01.
Das Dorf Wiesen bei Sterzing 1901. Fotograf unbekannt. Eigentümer Robert Amort
Heute und morgen bin ich in Sterzing. Weil schönes Wetter ist, nahm ich auch die Arbeit an, denn es trägt doch etwas. In Wiesen habe ich im Sommer öfters zu tun gehabt. Ist ½ Stunde von Sterzing entfernt. Von uns allen viele Grüße an Euch liebe Mame. Theodor.“