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Leserbriefe
from ERKER 11 2021
by Der Erker
Liebe Leserin, lieber Leser,
in Südtirol, in Italien, ja in ganz Europa nehmen wir inzwischen einen eklatanten Fachkräftemangel wahr. Vom Handwerk über die Gastronomie bis hin zu den Pflegeberufen: In fast jedem Sektor wird schon beinahe händeringend nach Nachwuchs gesucht. Welche Berufsgruppen besonders systemrelevant sind, erkennt man spätestens dann, wenn man auf sie angewiesen ist. Ja, es ist ärgerlich, wenn man auf eine Reparatur warten muss, weil der Handwerker zu viel zu tun hat. Das sind – seien wir einmal ehrlich – aber Kleinigkeiten im Vergleich dazu, wenn es um die eigene Gesundheit oder die Gesundheit unserer Angehörigen geht. Auf einen Untersuchungstermin beim Arzt oder auf einen Pflegeplatz warten zu müssen, ist nicht mehr nur ärgerlich, das geht mitunter zulasten sowohl der physischen als auch psychischen Gesundheit. Dass es „brennt“, scheinen die politischen Verantwortlichen inzwischen verstanden zu haben. In den verschiedenen Gesprächen, die der Erker geführt hat, wurde jedenfalls deutlich, dass mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet wird.
Redakteurin
ZUGRIFFSZAHLEN:
1. – 24.10.21
SEITENAUFRUFE:
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„Der verkehrte Brenner“
Ja, der Brenner ist ein hochfrequentierter und wichtiger Pass für den Nord-Süd-Verkehr, sei es für Waren- als auch für den Personenverkehr. Natürlich freuen wir uns alle, wenn unsere online bestellten Artikel zeitnah geliefert werden. Und auch unsere Touristiker freuen sich über Gäste aus dem Norden. Aber muss das zu Lasten der Bürger der Gemeinde Brenner und des gesamten Wipptales sein? Dass wir von Frühjahr bis Herbst ein verstärktes Verkehrsaufkommen haben, ist schon seit Jahrzehnten klar. Der Ruf nach Verbesserung hat bis dato kaum etwas gebracht. Und jetzt auf einmal haben wir auch noch im „ruhigen“ Monat Oktober an ganz gewöhnlichen Wochentagen kilometerlange Staus! Das kann es nicht sein. Auch wenn das Verkehrsaufkommen heuer wieder höher ist und alle Rekorde gebrochen werden – oder gerade deshalb, wäre eine bessere Koordinierung der Baustellen der A22 und der Provinz zwingend nötig! Baustellen auf der Autobahn führen zu Stau, PKW und LKW wollen über die Staatsstraße ausweichen, und da jetzt südlich von Gossensaß seit April eine Ampel steht, ist alles verstopft. Von den Touris werden sogar schon die Schleichwege durch Wald und Wiesen genutzt. Unsere einheimischen Bürger werden sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Fahrt zur Arbeit dauert ewig, Luftqualität und Lärm lassen grüßen und hoffentlich passiert uns nichts, damit wir keinen Notarzt und Rettungswagen brauchen. Die Verantwortlichen der A22 und der Landesregierung mögen gerne zu uns kommen und sich ein Bild von der Situation machen. Und dann müssen Lösungen her!
Freie Liste Gemeinde Brenner
„Ziemlich niveaulos“
Ein Bild der Ignoranz bot sich uns an einem Sonntagmorgen, als wir mitten auf dem Radweg entlang der Jaufenstraße ein einfach so hingeschmissenes Fahrrad gesehen haben. Wer auch immer derartige Heldentaten vollbringt, sollte sich eventuell mal ins Gedächtnis rufen, dass auch andere Radfahrer und Fußgänger unterwegs sind, die den Radweg gefahrenlos nutzen wollen, ohne in der Dunkelheit darüberzustolpern oder darüberzufahren. Das Rad lag nämlich genau an einer Einfahrt. Ist es zu viel verlangt, dass man, wenn man das Fahrrad schon nicht mehr nutzen will, es an eine Mauer anlehnt, anstatt es einfach auf den Boden zu schmeißen? Anscheinend schon. Ziemlich niveaulos.
Manuela Niederkofler, Gasteig
„Verschandelung“
Es darf und soll gesagt sein, besonders mit Blick auf Schloss Sprechenstein: Die vier knallgelben Monsterkuppeln der Biogasanlage Wipptal sind ein Paradebeispiel für Landschaftsverschandelung.
Rudolf Pichler, Sterzing
DIE NOVEMBER-FRAGE
Befürchten Sie wegen des Pflegemangels einen Abbau von sanitären Diensten am KH Sterzing?
ERGEBNIS SEPTEMBER
Sind Sie mit den aktuellen Green-Pass-Maßnahmen einverstanden?
Stimmen Sie ab auf www.dererker.it!
ja
36 %
nein
64 %
TED
Steinach Neuer Bürgermeister gewählt
Nachdem Ende August Josef Hautz aus gesundheitlichen Grün-
den als Bürgermeister von Steinach am Brenner zurückgetreten war, wählte der Gemeinderat Ende September mehrheitlich seinen bisherigen Stellvertreter Thomas Stockhammer (Allgemeine Heimatliste, l. im Bild) zu dessen Nachfolger, Karin Grissemann (Allgemeine Heimatliste) wurde – ebenfalls mehrheitlich – zur Vize-Bürgermeisterin gewählt. Grissemann ist damit die erste weibliche Vize-Bürgermeisterin im nördlichen Wipptal. Anfang Oktober wurde die neue Gemeindeführung von Bezirkshauptmann von Innsbruck-Land Michael Kirchmair angelobt.
9.106 Beschäftigte
Im Wipptal gab es im vergangenen Sommer 9.106 Beschäftigte, davon 5.246 Männer und 3.860 Frauen: 912 am Brenner, 1.644 in Freienfeld, 733 in Franzensfeste, 2.049 in Ratschings, 1.148 in Pfitsch und 2.652 in Sterzing. Die meisten Personen waren im öffentlichen Bereich tätig (1.689), gefolgt vom Gastgewerbe (1.459) sowie dem Industrie- und Handwerkssektor mit 1.702 Beschäftigten. Im Baugewerbe waren 1.619, im Handel 1.086 Personen beschäftigt. Am weitaus wenigsten Personen scheinen mit 291 Personen in der Landwirtschaft auf. Die Arbeitslosenrate ist in den Monaten Juni bis September sukzessive gesunken und lag durchschnittlich bei 436 Personen. Im vergangenen Jahr war es wegen der Corona-Krise zu einem starken Anstieg der Arbeitslosen gekommen. Im Vorcoronajahr 2019 waren in den sechs Wipptaler Gemeinden im Vergleichszeitraum 322 Personen arbeitslos.
FUGGERROPPE
Wenn mir Wipptoler vor lauter verstopfte Stroßn 's Wochenende von do niamer aweck kemmen, bleibmer woll ingalign saggrisch hintn.
Sterzing Erweiterung der Grünfläche beim Deutschhaus genehmigt
Die Zone für öffentliche Grünfläche südöstlich des Deutschhauses in Sterzing kann erweitert werden. Die Landesregierung hat die Änderung am Bauleit- und Landschaftsplan im Oktober genehmigt.
Die Abänderung zum Bauleitplan und Landschaftsplan war von der Gemeinde Sterzing mit Ratsbeschluss vom Juli 2021 beantragt worden. Der von der Änderung betroffene Bereich liegt im Süd-Osten des Deutschhauses von Sterzing und schließt an eine bestehende Zone für öffentliches Grün an. Insgesamt umfasst die Erweiterung rund 7.900 m2 . Die Landesregierung hat Anfang Oktober der Änderung zum Bauleitplan- und Landschaftsplan der Gemeinde Sterzing zugestimmt. Durch die Bauleitplanänderung soll eine zukünftige Erweiterung in Richtung Süden ermöglicht werden. Damit kann der Park vergrößert und ein Mehrwert für die Bevölkerung geschaffen werden; zudem wird das wertvolle Ensemble Sterzinger Pfarrkirche-Deutschhaus geschützt. Der Großteil der betroffenen Fläche ist derzeit als landwirtschaftliches Grün im Bauleitplan ausgewiesen, eine Fläche von 150 m2 ist als Wald eingetragen. Die Zone befindet sich im Friedhofsbanngebiet. Südlich wird das flache Gelände von der Jaufenstraße begrenzt; die Anbindung der Zone an den öffentlichen Verkehr ist durch eine Bushaltestelle an der Landesstraße (Jaufenstraße) gewährleistet. Im Osten befindet sich ein Fahrradweg bzw. eine Gemeindestraße. Die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung hatte sich im Vorfeld positiv für das Vorhaben ausgesprochen. Die Vorschriften der Kommission waren von der Gemeinde berücksichtigt worden. So muss eine Parkgestaltung die Vinkulierungen der Bannzone berücksichtigen, die Erhaltung der Sichtbezüge des Deutschhauses gewährleisten sowie dem historischen und künstlerischen Charakter des Denkmals Rechnung tragen. Weiters soll die Erweiterung der Naherholungszone zum Anlass genommen werden, den bestehenden Gewässerlauf (Riesenbachl) im westlichen Bereich
der Zone ökologisch aufzuwerten: Ein naturnaher Bereich entlang der Gewässer, der auch als Puffer zur ehemaligen Deutschordenskommende dient, soll geschaffen werden. Die weitere Planung der Naherholungszone muss in Abstimmung mit dem Landesamt für Natur erfolgen.
Hürde gemeistert
Am 11. Juni haben SVP und Lega Salvini im Landtag ein Gesetz beschlossen, mit dem sie das Referendum über einfache Landesgesetze abschaffen wollten. Das Instrument des echten Referendums war nach jahrzehntelangem Ringen vieler Organisationen in parteiübergreifender Zusammenarbeit 2018 beschlossen worden. Seitdem ist das Referendum nie zum Einsatz gekommen. „Trotzdem hat es, von uns Bürgern unbemerkt, seine für die Politik heilsame Wirkung entfaltet“, so die Initiative für direkte Demokratie. Es habe die Mehrheit verpflichtet, mit der Minderheit zusammenzuarbeiten, und eine Gesetzgebung bewirkt, die mehr als bisher von einem halbwegs ausgewogenen Konsens gekennzeichnet war. „Genau das wollen SVP und Lega Salvini aber offensichtlich nicht. Sie wollen die Alleinherrschaft. Deshalb versuchen sie jetzt, das Referendum wieder abzuschaffen, die rechtlich vorgesehene Information zu Volksabstimmungen unter ihre Kontrolle zu bringen, so dass weder Neutralität noch gleichberechtigte Darstellung der Positionen garantiert sind, und den Bürgern die Einberufung der ausgelosten Bürgerräte zu entziehen. „Die SVP und die Lega Salvini rechnen damit, dass es in der herrschenden Situation vielen Menschen schwerfällt, sich mit solchen Fragen zu befassen. Ende 2019 – noch vor dem Ausbruch der Pandemie – hatte sie ihre Absicht, das Referendum wieder abzuschaffen, aufgegeben und den Gesetzentwurf fallen gelassen. Mitten in der Pandemie, im November 2020, meinte sie eine vermutete Wehrlosigkeit der Bürger nutzen zu können und bringt ihn wieder ein“, so Stephan Lausch, Koordinator der Initiative für direkte Demokratie. Bis Ende September hatten nun die Bürger das Wort. Um in einer Volksabstimmung zu verhindern, dass dieses Gesetz in Kraft tritt, mussten 10.000 beglaubigte Unterschriften gesammelt werden – und das Ziel wurde erreicht. Südtirolweit haben insgesamt 16.362 Bürger ihre Unterschrift in den Gemeinden oder bei „fliegenden“ Beglaubigern – in der Regel waren dies Gemeinderäte, -referenten oder Bürgermeister – hinterlegt. Auch im Wipptal wurde fleißig um Unterstützung geworben und diese auch gefunden – insgesamt haben sich 614 Personen an der Sammlung beteiligt. Kurz vor Ende der Unterschriftensammlung beantragten 14 Landtagsabgeordnete ebenfalls die Abhaltung einer Volksabstimmung zur Rettung des bestätigenden Referendums, namentlich sind dies Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba, Hanspeter Staffler (Die Grünen), Alex Ploner, Paul Köllensperger, Maria Elisabeth Rieder, Franz Ploner (Team K), Andreas Leiter Reber, Ulli Mair (Die Freiheitlichen), Sven Knoll, Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit), Sandro Repetto (PD), Diego Nicolini (Movimento 5 Stelle) und Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia). „Mit den gesammelten 16.362 Unterschriften – und das in so kurzer Zeit wie noch nie – sind alle Erwartungen übertroffen worden“, freut sich Lausch. Gebraucht hätte es 8.400, also knapp die Hälfte davon. Damit und mit dem mittlerweile auch von 14 Landtagsabgeordneten eingereichten Antrag werden Anfang 2022 alle Wahlberechtigten in einer Volksabstimmung darüber entscheiden können, ob das Landesgesetz, mit dem nicht nur das bestätigende Referendum über die einfachen Landesgesetze, sondern auch die unabhängige Redaktion für die Information im Hinblick auf Volksabstimmungen und die Möglichkeit für Bürger, selbst ausgeloste Bürgerräte einzusetzen, abgeschafft werden sollen, in Kraft treten soll oder nicht. Genauso haben die Bürger mit dem Referendum die Möglichkeit, sich ihre an die politische Vertretung delegierte Entscheidungsmacht, die in einer Demokratie grundsätzlich beim Volk liegt, auch in Bezug auf die einfachen Landesgesetze zurückzuholen. Das immer dann, wenn 13.000 Bürger der Meinung sind, dass eine Zustimmung der Bevölkerung für ein Landesgesetz fraglich ist. „Wenngleich der Aufwand und die Anstrengung enorm waren und die für die Volksabstimmung verbundenen Kosten zu tragen sind, für die allein die Regierungsmehrheit verantwortlich ist, weil sie davor gewarnt worden war, kann man ihr letztlich auch dankbar sein für diesen Schritt“, betont Lausch. „Denn auf diese Weise ist jener Teil der ‚Normalität‘, die wir am meisten brauchen, sind die direktdemokratische Kontrolle und Initiative von unten wieder hergestellt worden, können Menschen weiter auf Demokratie vertrauen, können Menschen erfahren, was es für ihr gutes Funktionieren braucht und sich im Hinblick auf die nächsten Wahlen ein Urteil bilden über den Umgang dieser Landtagsmehrheit mit den demokratischen Rechten.“
Mit 16.362 Unterschriften wurden „alle Erwartungen übertroffen“.
© Initiative für direkte Demokratie
WIPPTAL Unterschriften zum Erhalt des Referendums*
Brenner Gemeindesammlung „freie“ Sammlung 62 62
Franzensfeste Freienfeld 18 66 25
Pfitsch 45 94
Ratschings Sterzing
Wipptal
75 105 371
31 31 243
Knapp gescheitert
Wie können wir uns vor Lawinen schützen?
Knapp gescheitert ist Anfang Oktober ein Antrag zur Wiederaufnahme der Kontrollmessungen der Luftqualität im Wipptal. Mit 17 Nein- und 16 Ja-Stimmen stimmte der Landtag gegen den Antrag, eingebracht von Peter Faistnauer von der Fraktion Perspektiven Für Südtirol. Bis 2017 hat die Landesagentur für Umwelt Messungen der Luftqualität in Sterzing durchgeführt. Laut Messdaten wurden an diesem Standort jedoch keine Grenzwertüberschreitungen festgestellt, weshalb die Messstation abgebaut wurde. Faistnauer forderte neben einer Wiederaufnahme der Messungen in Sterzing die südtirolweite Installation von flexiblen Luftmessstationen an allen neuralgischen Punkten. Abgelehnt wurde Faistnauers Antrag mit der Begründung, dass das Land bereits veranlasst habe, neue Messstationen anzuschaffen, so Magdalena Amhof (SVP), die im Rahmen der Landtagssitzung zudem die Begründung lieferte, weshalb die Station in Sterzing abgebaut worden war: Das Wipptal sei eine besonders windige Gegend, deshalb hätten die alten Messstationen keine validen Daten geliefert. Die neuen Geräte sollten laut Amhof mit den widrigen Bedingungen jedoch besser zurechtkommen.
Sind alle Massenbewegungen gleich? Wie können wir uns vor Lawinen schützen? Antworten dazu gibt es auf der neuen Internet-Plattform „Naturgefahren“. Naturgefahren sind natürliche Prozesse, die negative Folgen für Menschen, Siedlungen, Infrastrukturen und Umwelt verursachen können. Zu den wichtigsten Naturgefahren in Südtirol zählen Überschwemmungen, Murgänge, Massenbewegungen, Lawinen, Sturm, Waldbrände und Windwürfe. Auf der neuen Plattform Naturgefahren werden auch die Strategien und Instrumente zum Management des damit verbundenen Risikos erklärt, etwa die Gefahrenzonenpläne. Von großem aktuellem Interesse sind die Auswirkungen des Klimawandels auf derartige Naturphänomene. Eine Übersicht über die vorhandenen Archive und Datenbanken wurde angelegt, wie auch eine Datenbank der in Südtirol umgesetzten Projekte. Die geografische Anwendung Hazard Browser ermöglicht die Visualisierung und Abfrage der verfügbaren geografischen Daten. Das Web-Portal naturgefahren. provinz.bz.it wurde im Rahmen des Interreg-Projektes Risikokommunikationsstrategien (RiKoST) entwickelt und wird vom Landeswarnzentrum in der Agentur für Bevölkerungsschutz koordiniert.
„Die Politik hat verstanden!“
„Die Lage ist ernst – trotzdem glaube ich, dass unser Team das schaffen wird“, betont Dr. Michael Engl, ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing. Im Gespräch mit dem Erker spricht er über die derzeitige Situation, in der sich nicht nur das Krankenhaus Sterzing befindet, sondern viele Strukturen, die pflegerische Dienstleistungen anbieten.
„Schuld“ an der derzeitigen Situation ist der Mangel an Pflegepersonal, der inzwischen ein signifikantes Ausmaß erreicht hat. „Die Pandemie hat uns alle massiv gefordert“, so Dr. Engl. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass man diese neuartige Virus-Erkrankung nicht so schnell in den Griff kriegen wird und Durchhaltevermögen gefragt ist, aber inzwischen sei man an die Grenzen der Belastbarkeit gelangt. Obwohl die Infektionszahlen im Bezirk inzwischen unter Kontrolle sind, werden allein durch die Sicherheits- und Hygienebestimmungen, die im Umgang mit dieser neuen Krankheit gefordert sind, personelle Ressourcen gebunden. Personal, das bereits vorher knapp war, durch die Suspendierungen noch knapper geworden ist und durch den Generationenwechsel – in den kommenden Jahren werden viele Pflegekräfte in Pension gehen – zusätzlich noch verschärft wird. Um nicht unnötig Kräfte zu binden, wird im Gesundheitsbezirk Brixen in den meisten Abteilungen jeweils ein Zimmer für Covid-Patienten freigehalten und mittels eines Rotationsmodelles belegt. Bezirksweit seien die Fallzahlen nämlich zu niedrig, um eine eigene Station für Covid-Patienten zu reservieren. Eigentlich eine positive Nachricht! Dennoch beanspruchen diese „Covid-Zimmer“ Personal und Ressourcen. Hinzu kommt, dass der Bereich Pflege mit zusätzlichen Aufgaben wie impfen und testen belastet wird. „Wir haben sehr viele Baustellen und die Personalressourcen sind nun einmal begrenzt. Hundert Prozent Leistung mit einem reduzierten Personalstand zu bringen, ist nicht möglich!“, so der ärztliche Leiter. Ständig am und über dem Limit zu arbeiten, wirke sich negativ auf die Betreuung der Patienten sowie auf die Motivation und die Gesundheit des Personals aus. Burnouts seien die Folge und Mitarbeiter, die sich in die innere Emigration zurückziehen. Langfristig produziere man damit hohe Ausfälle, die man sich in der jetzigen Situation nicht mehr leisten könne. „Aus diesem Grund war es dem Pflegedienstleiter Harald Frena und mir wichtig, das Personal – vor allem die Pflege – nicht langfristig zu überfordern“, betont Dr. Engl. Gemeinsam mit den Verantwortlichen wurde die Entscheidung getroffen, in allen Abteilungen des Krankenhauses Sterzing die Kapazitäten anzupassen; eine weitere Umstrukturierung steht demnächst an: Die Dienste der Pädiatrie und Gynäkologie werden vorübergehend vom 1. Stock in andere Abteilungen verlegt, dadurch soll bei Bedarf die Bettenkapazität erhöht werden. Operationen an Kindern, die sich etwa Verletzungen beim Skifahren zuziehen, werden weiterhin in Sterzing durchgeführt, ebenso wie dringende gynäkologische Operationen. Die ambulante pädiatrische Betreuung wird wie gehabt beibehalten und auch bei den Bereitschaftsdiensten der Pädiater wird sich nichts ändern. Bei bestimmten pädiatrischen Krankheitsbildern werde man allerdings auf die Ressourcen des Krankenhauses Brixen zurückgreifen müssen, erklärt Dr. Engl. Die Verlegung der Pädiatrie-Betten wird jedoch zeitlich begrenzt, bis sich die Situation wieder normalisiert. Das Frauen-Kind-Zentrum befindet sich in Planung und wird nach der vorübergehenden Verlegung unter etwas anderen Rahmenbedingungen wieder öffnen, so der medizinische Leiter, der betont, dass die Kooperation der Abteilung Pädiatrie unter der Leitung von Primaria Dr. Micòl Cont zwischen Brixen und Sterzing sehr gut funktioniere. Niemand müsse Angst davor haben, nicht mehr gut versorgt zu werden. „Die Akutversorgung kann im Wipptal weiterhin auf alle Fälle garantiert werden.“
Ist Corona vorbei?
„Was uns wirklich Sorgen bereitet, ist nicht eine neuerliche Corona-Welle, sondern die nächste Wintersaison“, betont Dr. Engl. Man rechne zwar mit einem Anstieg der positiven Fälle, aber Dank der Impfung nicht mehr in einem derart dramatischen Ausmaß, wie das in den vergangenen zwei Jahren der Fall gewesen ist. Zu den Corona-Infektionen werden die im Winter typischen Fälle von Atemwegsinfektionen hinzukommen, die zu einer Zunahme der
Dr. Michael Engl: „Die Akutversorgung wird weiterhin garantiert.“
medizinischen Aufnahmen führen werden, und natürlich die Wintersport-Unfälle bedingt durch die Ski-Saison, die vor der Tür steht. Erfahrungswerte, wie mit einer solchen Situation umzugehen ist, gibt es keine. Erste Vorkehrungen wurden bereits getroffen, so stehen alle orthopädisch-traumatologischen Abteilungen des Landes und der Privatkliniken in engem Kontakt. „Gemeinsam werden wir versuchen, die Situation abzufedern und das zu tun, was möglich ist. Ich vertraue dem ganzen Team im Krankenhaus, dass wir das schaffen“, so Dr. Engl.
Pflegemangel – ein weites und vor allem komplexes Feld
Während der Sanitätsbetrieb bis vor einigen Jahren mit einem akuten Ärztemangel zu kämpfen hatte, wurde dieses Problem mittlerweile behoben. Durch verschiedene Kooperationsprojekte, u. a. mit der Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, können zunehmend junge Fachkräfte für die Arbeit in Südtirol gewonnen bzw. ausgebildet werden. Auch hat die Facharztausbildung nach österreichischem Modell landesweit wieder an Fahrt aufgenommen und auch am Krankenhaus Sterzing befinden sich bereits Ausbildungsassistenten, die diese Art der Facharztausbildung durchlaufen. Darüber hinaus gibt es Gespräche über eine medizinische Ausbildung in der Landeshauptstadt Bozen. „Dasselbe muss aber auch in der Pflege passieren“, zeigt sich der ärztliche Leiter überzeugt. Andernfalls werden die Leistungen nicht aufgrund des Ärztemangels, sondern aufgrund des Pflegemangels heruntergefahren oder sogar eingestellt werden müssen. Inzwischen betrifft der Fachkräftemangel den gesamten Pflegebereich: angefangen bei der Hauskrankenpflege über die Betreuung in der Altenpflege bis hin zur Pflege in den Krankenhäusern. Während vor 15 bis 20 Jahren im Vergleich zu den ausgeschriebenen Stellen zu viel Pflegepersonal vorhanden war, hat sich innerhalb zweier Dekaden die Situation grundlegend geändert. Zunehmend stehen die einzelnen Strukturen in Konkurrenz zueinander: Wer das beste Angebot auf den Tisch legt, bekommt die Fachkräfte. „Dadurch sind wir erpressbar geworden“, fasst Dr. Engl die Entwicklung zusammen. Das Problem des Pflegemangels resultiert aber nicht allein aus dem mangelnden Angebot und der hohen Nachfrage, sondern ist weitaus komplexer. Wie die medizinischen Fachbereiche haben sich auch die verschiedenen Arbeitsfelder in den Pflegeberufen stark diversifiziert. Die Arbeit im Krankenhaus wird zunehmend zu einer Teamarbeit, wo Ärzte und Pfleger aufeinander angewiesen sind – ein hochkomplexer ineinandergreifender Prozess. Wie Dr. Engl ausführt, sei man in Südtirol bei den angebotenen Leistungen teilweise nicht mehr kompetitiv. So gebe es etwa im Wipptal viele junge Absolventen mit einer Pflegeausbildung, die der Ansicht sind, dass sie in Innsbruck die besseren Voraussetzungen und Arbeitsbedingungen vorfinden als in Südtirol. Es sei nachvollziehbar, dass gerade junge Menschen das Bedürfnis haben, Neues kennenzulernen, und sich entfalten wollen – allerdings geschehe dies zum Nachteil der Gesundheitsversorgung in Südtirol. „Es ist schade, wenn Pfleger aus Sterzing oder den umliegenden Gemeinden nach Innsbruck pendeln, obwohl der Bedarf hier vor Ort sehr groß ist. Wir müssen diesen Leuten vermitteln, dass es auch am Krankenhaus Sterzing sehr gute und interessante Möglichkeiten gibt, sich beruflich und persönlich zu entfalten“, betont Dr. Engl. Bereits unter seinem Vorgänger Dr. Franz Ploner seien die Weichen gestellt worden, um
Nach einem jahrelangen Rechtsstreit können die Bauvorhaben am Krankenhaus Sterzing wieder aufgenommen werden.
spezialisierte Bereiche zu schaffen und damit wettbewerbsfähig und interessant für den Nachwuchs zu sein. Mittlerweile übe das Krankenhaus Sterzing im chirurgischen Bereich eine große Anziehungskraft aus. Rund 50 Prozent der Patienten kommen von außerhalb des Bezirks, um sich hier operieren zu lassen. Besonders im Bereich der Endoprothetik von Hüfte und Knie übe das Krankenhaus eine Magnetfunktion aus. Hier werden in Sterzing bereits heute die Technologien von morgen eingesetzt wie zum Beispiel computerassistierte OP-Techniken für Knieprothesen. Auch mit der Neuroreha verfüge Sterzing über eine hochspezialisierte Abteilung, wie es nur wenige gibt und die sich auch intensiv der Forschung widmet. Die Kooperation mit der Universität Essex und die Forschungen im Bereich Brain-Computer-Interface oder die Publikationen im Bereich „Long-Covid“ sind nur ein Teil der Forschungsaktivitäten, die an der Abteilung durchgeführt werden. Ebenso die Medizin mit dem gastroenterologischen Schwerpunkt unter Primar Dr. Hartmut Steinle, wo Leistungen auf Universitätsniveau angeboten werden. „Interessante und spannende Bereiche, die dazu beitragen, dass das
Krankenhaus auch in Zukunft als Arbeitsplatz attraktiv bleibt – nicht nur für Ärzte, auch für Pfleger“, so Dr. Engl.
„Die Politik nimmt uns ernst!“ Um die Gesundheitsversorgung mittel- und langfristig aufrecht erhalten zu können, müsse prioritär in die Pflegeausbildung in-
„Was uns wirklich Sorgen bereitet, ist nicht eine neuerliche Corona-Welle, sondern die nächste Wintersaison.“
Dr. Michael Engl vestiert werden. Der Sanitätsbetrieb unter Generaldirektor Florian Zerzer habe diesbezüglich die ersten Schritte eingeleitet und an vielen Stellen Initiativen ergriffen, die eine Verbesserung der Pflegesituation erwarten lassen, so Dr. Engl. Wichtig sei es, dass man Perspektiven aufzeige. „Ein Schwimmer, der kein Land sieht, wird irgendwann aufgeben. Perspektiven geben Hoffnung und damit die Motivation weiterzumachen! Als optimistischer Mensch bin ich überzeugt, dass die Politik die Lösungsvorschläge, die wir zur Diskussion stellen, aufgreifen und umsetzen wird“, betont Dr. Engl, der von seinen Erfahrungen mit den politischen Verantwortlichen berichtet: „Sie hören uns zu und nehmen uns ernst!“ Dies sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen. Die Politik sei aber auch weiterhin gefordert; sie habe immer wieder bestätigt, dass sie zum Konzept, das man im Krankenhaus Sterzing verfolgt, steht und die notwendigen Ressourcen – sowohl im materiellen als auch im personellen Bereich – zur Verfügung stellt. Dies war bei der Besetzung der Primariate der Fall und letzthin bei den Bauvorhaben, die nach einer jahrelangen Blockade durch einen in der Zwischenzeit gelösten Rechtsstreit nun wieder aufgenommen werden können. Hier sei es laut Dr. Engl vor allem Landesrat Thomas Widmann zu verdanken, dass die Vorschläge, die von den Verantwortlichen des Sanitätsbetriebes gemacht wurden, auch umgesetzt wurden. So können die inhaltlichen und strukturellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit das Krankenhaus Sterzing auch in Zukunft für Fachkräfte aller Kategorien attraktiv bleibt und seiner Rolle als Grundversorgungskrankenhaus mit Spezialisierungen in verschiedenen Bereichen im Netzwerk des Südtiroler Sanitätsbetriebes gerecht wird.
Mit Hochdruck arbeiten Politik und Sanitätsbetrieb an Lösungen, um den Pflegemangel in den Griff zu kriegen. Welche Lösungen das sind, erklärt Gesundheitslandesrat Thomas Widmann im Gespräch mit dem Erker.
Erker: Herr Landesrat, durch die
Impfpflicht wurde die Situation rund um fehlendes Personal zusätzlich verschärft: Betten müssen reduziert und Dienste heruntergefahren werden. Wie versucht man, dieses Dilemma – kurzfristig und langfristig – zu lösen?
Landesrat Thomas Widmann: Zunächst müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass all dem ein Gesetz zugrunde liegt, das uns Rom vorgegeben hat. Dieses versetzt uns nun in die Situation, dass mehr Arbeitslast auf weniger Schultern verteilt wird – weil sich verhältnismäßig sehr viele nicht haben impfen lassen. Das Problem besteht also nach innen genauso wie nach außen: Das geimpfte Personal steht unter noch höherem Druck. Wenn nun auch noch das Virus aufgrund der niedrigen Durchimpfungsrate Landesrat Thomas Widmann: „Von den in Südtirol wieder Fahrt Nicht-Geimpften wird es abhängen, aufnimmt, dann entsteht wie stark sich die nächste Welle auf die Krankenhäuser auswirken wird.“ ein zusätzlicher Mehraufwand, der schwer zu handhaben sein wird. Mittel- und langfristig haben wir für die internen Schwierigkeiten zwei Lösungsoptionen: erstens zusätzliches Personal einzustellen – was wir natürlich mit allen Kräften versuchen, wobei das Problem ja bereits seit langem besteht und neue Fachkräfte somit kaum zu finden sind – und zweitens mit den privaten Kliniken zu kooperieren und Dienste auszulagern. Diesbezüglich bestehen bereits zahlreiche Kooperationen, die weiter ausgebaut werden. Daneben setzen wir vor allem auf die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in Südtirol sowie das Angebot von Studienplätzen mit Landesstipendium, bei denen im Gegenzug eine Verpflichtung zur mehrjährigen Ausübung des Berufs in Südtirol unterzeichnet wird. Damit binden wir zukünftige Ärzte und Pflegefachkräfte ans Land und an den Sanitätsbetrieb als Arbeitgeber. Parallel dazu arbeiten wir daran, dass eben dieser Arbeitgeber für junge, aufstrebende Fachkräfte attraktiver wird, etwa indem wir unsere Krankenhäuser in ein Netzwerk für Forschung und Lehre einbinden.
Gibt es Überlegungen, Dienste in den peripheren Krankenhäusern Innichen, Schlanders und Sterzing zu reduzieren bzw. Personal abzuziehen, um die Dienste in den Zentralkrankenhäusern Bozen, Brixen, Meran und Bruneck aufrecht erhalten zu können?
Nein, im Gegenteil, ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir die kleinen Krankenhäuser stärken müssen und die angebotenen Dienste, sofern sie Sinn machen, noch weiter ausbauen sollten. Nicht umsonst haben wir in der ersten Legislaturhalbzeit acht neue Primariate an den Krankenhäusern Innichen, Schlanders und Sterzing eingerichtet. Dahinter stecken nicht nur strukturpolitische Überlegungen; die Pandemie hat uns auch gezeigt: Die kleinen Krankenhäuser sind ein wichtiges Rückgrat für die großen und erfüllen im Notfall eine wichtige Lungenfunktion, indem sie für die überlasteten großen Strukturen Betten und Dienste bereitstellen.
Glaubt man einigen Experten, steht die vierte Corona-Welle vor der Tür. Ist der Sanitätsbetrieb dafür gerüstet?
Der Sanitätsbetrieb hat sich anhand der bisherigen Erfahrungen für den Fall einer weiteren Welle sehr gut organisiert. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass wir uns mittlerweile in einer völlig anderen Ausgangssituation befinden. Vor einem Jahr war noch keiner von uns geimpft, nun ist es mehr als die Hälfte der Bevölkerung, was die Gefahr einer Ansteckung und insbesondere von schweren Verläufen immens reduziert. Dennoch gibt es nach wie vor eine relativ große Gruppe von ungeimpften Personen, sowohl in der Bevölkerung als auch im Gesundheitspersonal. Von ihnen wird es abhängen, wie stark sich die nächste Welle auf die Krankenhäuser auswirken wird.
Auf der jüngsten Gemeinderatssitzung wies Vize-Bürgermeister Fabio Cola auf die derzeitige ernste Lage am Krankenhaus Sterzing hin. Aufgrund des Fachkräftemangels würden Betten gestrichen und Dienste reduziert. Der Erker hat sich zum Gespräch mit ihm getroffen.
Erker: Herr Cola, wie nehmen Sie die derzeitige Situation am Krankenhaus Sterzing wahr?
Fabio Cola: Es war mir ein Anliegen, die derzeit schwierige Situation, die aufgrund des Pflegemangels entstanden ist, zur Sprache zu bringen. Der Mangel an Fachkräften in diesem Bereich ist ein Problem, das uns bereits seit geraumer Zeit beschäftigt, also noch bevor die Impfpflicht für das Pflegepersonal verordnet wurde. Natürlich kommt den Medizinern und Primaren eine sehr große Bedeutung zu, weshalb sich Politik und Medien während der vergangenen Jahre vor allem auf sie konzentriert haben. In meiner Stellungnahme während der Sitzung war es mir wichtig, den Fokus auf das Pflegepersonal zu legen, das – ebenso wie die Ärzteschaft – fundamental für die Gesundheitsversorgung ist.
Was macht Ihnen besonders Sorgen?
Die Anzahl der Patienten in unserer Gesellschaft, die immer älter wird, steigt, was man von der Anzahl der Pflegefachkräfte nicht behaupten kann. Ich frage mich, wie lange das Pflegepersonal, in den Krankenhäusern wie auch in den Altenheimen, diese Belastung noch durchhält, denn das Arbeitspensum und sowohl der physische als auch psychische Druck sind enorm. Der Gesundheitsbetrieb muss sich diesem Problem stellen und die Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigen – ohne genügend Pflegepersonal ist das allerdings nicht möglich. Ich fürchte, dass so gerade jene Personen draufzahlen, die Pflege oder Behandlungen benötigen.
Was macht den Bürgern, mit denen Sie sprechen, Sorgen?
Aufgrund der Bettenreduzierung und des Pflegemangels sind die Bürger sowohl um ihre eigene Gesundheit besorgt als auch um die Gesundheit ihrer Angehörigen. Eine weitere Sorge betrifft die Wartezeiten, die in einigen Fällen nicht mehr akzeptabel sind. Und schließlich bleibt nach der Schließung der Geburtenstation die große Angst, dass weitere Dienste unseres Krankenhauses geschlossen werden könnten. Ich bin aber davon überzeugt, dass ein weiterer Abbau nicht sinnvoll wäre. Bei der steigenden Zahl der zu behandelnden und zu pflegenden
Menschen kann sich der Sanitätsbetrieb keine weitere Reduzierung von Diensten erlauben.
Manche glauben, dass sich die Situation sogar noch verschlimmern wird. Worauf müssen wir uns in Zukunft einstellen?
Das ist eine schwierige Frage. Die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit haben uns gezeigt, dass wir nicht wissen können, was die Zukunft für uns bereithält. In meinem persönlichen Bekanntenkreis gibt es Familien, die unter großen Schwierigkeiten ihre Eltern und Angehörigen betreuen. Bei einem anderen Bekannten wiederum wurde mehrmals ein Operationstermin verschoben – das sind die Ergebnisse des Pflegemangels in unseren Altenheimen und Krankenhäusern. Ich fürchte, dass solche und ähnliche Fälle zunehmen werden, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Was kann die Gemeinde Sterzing, der Bezirk Wipptal oder das
Land Südtirol tun, nicht nur um den Fachkräftemangel zu überwinden, sondern auch die zunehmende Spaltung in unserer Gesellschaft, die sich u. a. aufgrund der Auseinandersetzung zwischen Impfbefürwortern und Impfgegnern immer mehr zuspitzt, zu überwinden?
Meine Stellungnahme zum Problem des Pflegekräftemangels hat nichts mit der Auseinandersetzung zwischen Pro-Vax und No-Vax zu tun, die Pandemie trägt nicht allein die Schuld an dieser Situation. In Südtirol ist das Gesundheitswesen Landeskompetenz, somit kann nur der Landtag die Weichen stellen und
Initiativen ergreifen, durch welche Maturanten ermutigt werden, sich für einen Beruf im Gesundheitsbereich zu entscheiden. Zudem wäre es wichtig, dass durch attraktive Arbeitsbedingungen jene Fachkräfte, welche außerhalb des Landes tätig sind, wieder zu uns zurückkehren und dass Fabio Cola: „Vereint für den Erhalt des vor allem die derzeitigen MitKrankenhauses kämpfen.“ arbeiter dem Betrieb erhalten bleiben. Der Betrieb muss also konkurrenzfähig sein. Die Bezirksgemeinschaft, die Gemeinde Sterzing sowie die anderen Wipptaler Gemeinden müssen vereint für den Erhalt des Krankenhauses Sterzing kämpfen – eine Struktur, auf die niemand verzichten will. at