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A22: Im Gespräch mit Präsident Hartmann Reichhalter

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Vor 100 Jahren

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„Arbeiten an schnelleren Abfertigungssystemen“

Im Gespräch mit A22-Präsident Hartmann Reichhalter

Erker: Herr Reichhalter, das

Wipptal fühlt sich an manchen Tagen wie der Auspuff

Südtirols. Können Sie das nachvollziehen?

Hartmann Reichhalter: Wegen der starken Verkehrsbelastung der Brennerachse durch LKW und der Fahrverbote für LKW in Nordtirol/ Österreich sowie aufgrund des touristischen Reiseverkehrs über den Brenner Richtung Südtirol und Italien sind das Eisacktal und das Wipptal leider einer starken Belastung ausgesetzt.

Auch die Covid-19-Pandemie konnte die seit Jahren zunehmenden und immer länger werdenden Staus auf der A22 im Wipp- und Eisacktal nicht vermindern. Im Wipptal wird man den Eindruck nicht los, die von Norden anrollenden

PKW und LKW werden an der

Mautstelle Sterzing ganz gezielt hergebremst, um weiter südlich den Verkehr flüssiger zu gestalten und ein Nadelöhr zu verhindern.

Zunächst: Heuer weist die A22 im Jahresschnitt einen Verkehrsrückgang von 26 Prozent auf, an der Brennergrenze sind es sogar rund 31 Prozent weniger. An Spitzentagen wird aus Sicherheitsgründen die Südspur an der Mautstelle Sterzing reguliert, um den Verkehrsfluss auf der Autobahn aufrechtzuerhalten. Der Grund dafür ist die oben bezeichnete Verkehrsüberlastung. Die A22 ist dabei aber stets bestrebt, diese Regulierung nur in äußersten Ausnahmefällen anzuwenden.

Die Nordeinfahrt, die es eigentlich gar nicht einmal bräuchte, verursacht zahlreiche zusätzliche Staus im

„Die Ökomaut muss mit dem Erhalt der neuen Autobahnkonzession gelingen, um Umwegverkehr abzubauen.“

Wipptal. Könnte man diese

Kartenausgabestelle nicht zurückbauen?

Aufgrund des italienischen Mautsystems auf allen Autobahnen Italiens, so wie vom Ministerium für Infrastrukturen und Transport vorgegeben, ist diese Mautstelle nicht abbaubar.

Fehlende saisonale Mauteinheber haben die Situation im vergangenen Halbjahr noch einmal verstärkt und

Rückstaus zusätzlich anwachsen lassen. Eine Geduldsprobe für Ihre Kunden, ein Ärgernis für die Wipptaler. Kürzlich gab es einen parteiübergreifenden Schulterschluss und schier alle politischen Verantwortungsträger wollen die langen Wartezeiten, damit verbundene kilometerlange Staus und eine nicht länger tragbare Abgasbelastung im Bezirk nicht mehr tatenlos hinnehmen.

Das erste Halbjahr 2020 hat keine diesbezüglichen Probleme bereitet. Der Grund dafür ist bekannt. In den Monaten August bis September sind diese Probleme aufgetaucht. Wir hatten aber im Mai und Juni die schwierige Aufgabe, die Prognosen für die Sommermonate zu erstellen und angesichts der Pandemie fielen diese negativer aus, als sie in Wirklichkeit waren. Das räume ich ein!

Hartmann Reichhalter, Präsident der Brennerautobahngesellschaft A22: „Die Autobahn A22 im Wipp- und Eisacktal wird zweispurig bleiben!“ rend der Pandemie zu verzichten, lag darin, möglichst wenig menschlichen Kontakt zur Eindämmung der Pandemie zu verursachen. Dies zum Schutz unserer Mitarbeiter und zum Schutz der Verkehrsteilnehmer. Bedenken Sie, dass ein Mitarbeiter bis zu 1.000 Abfertigungen am Tag macht. Eine Infektionskette ungeahnten Ausmaßes wäre das Risiko gewesen. Deshalb haben wir auf Automaten gesetzt, die allerdings zu einer Verlangsamung bei der Abfertigung an den Mautstellen führt. Dafür ersuche ich wiederum um Verständnis. Dennoch haben wir seit einigen Wochen zur Vermeidung der Staus an den Mautstellen reagiert und das Personalamt mit dem Geschäftsführer haben zugesagt, ab sofort saisonale Mitarbeiter, auch den Winter über, unabhängig von der Entwicklung der Pandemie, in den Dienst zu nehmen. Trotz rigorosem Sicherheitsprotokoll zur Eindämmung der Pandemie! Dabei nehmen wir erfahrene Mitarbeiter bevorzugt auf und achten darauf, dass die Zweisprachig-

keit besteht, auch wenn wir dazu nicht verpflichtet sind.

Welche konkreten Maßnahmen wird die A22 nun zudem treffen, um die Situation zumindest etwas zu lindern?

Darf das Wipptal im nächsten

Jahr auf eine Besserung der angespannten Situation hoffen?

Leider gehöre ich nicht zu jenen Personen, die kopflos Hoffnungen aussprechen. Ich bevorzuge, mit Taten zu antworten. Das Ausgangsszenario darf aber nicht aus den Augen verloren werden: Leider wird der Verkehr wohl auch in den nächsten Jahren ansteigen, auch wenn die Pandemie dies einbremsen wird. Die Autobahn A22 speziell im Eisacktal und Wipptal wird aber zweispurig bleiben!

Zur Ankurbelung der Wirtschaft wird der Warenverkehr wohl kaum eingedämmt werden. Dennoch muss reagiert werden. Aber wie?

Bereits seit einiger Zeit sind innovative Verkehrsleitsysteme angedacht worden, die insbesondere von Landeshauptmann Arno Kompatscher vorangetrieben werden. Darauf setze ich meine Hoffnung. Grenzübergreifende Projekte mit Nordtirol und Bayern werden aufgebaut, die für die A22 federführend von Ingenieur Carlo Costa entwickelt werden und u. a. ein grenzübergreifendes Informationssystem der Verkehrssituation am Brenner zum Ziel haben. Damit sollen Verkehrsüberlastungen besser und frühzeitiger angezeigt werden. Unterstützt wird dieses Projekt von der Handelskammer Bozen und dem Land Südtirol. Dafür sind wir sehr dankbar. Die A22 hat mit dem Projekt BrennerLec gute Erfahrungen gemacht: Bei Limitierung der Geschwindigkeit kann der Verkehr flüssiger gehalten und gleichzeitig eine zehnprozentige Reduzierung der Schadstoffemissionen erzielt werden. Kurz gesagt: Weniger Bremsen und weniger Gas geben ist besser. Wir möchten dies auf das ganze Land ausdehnen, müssen aber das Okay von Rom bekommen. Weiters drängt das Land Südtirol auf die Einführung der sogenannten Ökomaut. Dies muss mit dem Erhalt der neuen Autobahnkonzession gelingen, um Umwegverkehr abzubauen und mehr Kostenwahrheit beim Warentransport zu erreichen. Parallel versuchen wir, umweltfreundliche Antriebsquellen anzubieten. Bereits heute bieten wir kostenloses Aufladen von E-Autos an rund 30 Aufladestationen entlang der Autobahn an. Innerhalb von zwei Jahren möchten wir fünf Wasserstofftankstellen entlang der A22 in Betrieb nehmen. All dies wird zur Absenkung der Umweltbelastung durch den Verkehr auf der Autobahn beitragen. Die Verbesserung der Situation an den Mautstellen muss nachhaltig erfolgen. Dafür müssen schnellere Abfertigungssysteme umgesetzt werden. An diesen arbeiten wir mit Nachdruck: Contactless-Zahlung mit Kreditkarte, europäische Telepassgeräte, Smartphone-Apps ... Leider sind wir eine der wenigen Gesellschaften, vielleicht sogar die ersten in Italien sind, die in diese Richtung gehen. Das erschwert die Überzeugungsarbeit beim zuständigen Ministerium in Rom. Allerdings haben wir bei Ministerin Paola De Micheli bereits positive Rückmeldungen erhalten, auch dank der Vorsprache von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Mal sehen, was wie schnell umgesetzt werden kann! Interview: lg

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