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1909: OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden | Seite

1909

OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden.

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Links die OTTO-Glocken von 1909 für die ehemalige Abteikirche in EssenWerden mit den montierten Glockentoren von Bierling. Mitte und rechts: Zeichnungen der Bierling Glockenjoche. Foto links: Privatbesitz Franz Josef Schmitt, Digitalisat durch den Geschichts- und Kulturverein Werden e.V. Abbildung rechts: Rainer Thümmel, Radebeul

30 G. Reinhold, 2019, S. 282 f. Ders.: OTTO-Glocken für Kirchen und Kapellen in der Stadt Essen, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, 133. Band. 2020, S. 143–196, hier S. 164 172. Ders.: Die Glocken der Basilika St. Ludgerus: „... vital und mit sattem Volumen“. Zur neueren Glockengeschichte der ehemaligen Abteikirche, in: Geschichten aus der Werdener Geschichte, Hrsg. Geschichts- und Kulturverein Essen-Werden, 19. Band, Essen-Werden 2021, S. 38-59. 31 G. Reinhold, 2019, S. 133 f. 32 Feldens, 1940, S. 100.

OTTO-Glocken in der Basilika St. Ludgerus, Essen-Werden

Die ehemalige Werdener Abteikirche erhielt im Jahr 1909 sechs Glocken, von denen heute noch fünf vorhanden sind. 30 Eine sechste Glocke wurde 1954 neu hinzugefügt. Die Glocken von 1909 sind auch deshalb interessant, weil sie anstelle der typischen OTTOGlockenkrone31 Tellerkronen tragen. „Die neuen Glocken wurden 1909 bei F. Otto in Hemelingen bei Bremen gegossen. Die Armatur stammt von der Firma C. A. Bierling in Dresden.“32 Ein kürzlich wieder entdecktes Foto zeigt die OTTO-Glocken für Werden mit den bereits montierten Glockenjochen der Fa. Bierling.

Der Grund für die Tellerkronen der OTTO-Glocken in Essen-Werden liegt in den Glockenjochen der Firma Bierling aus Dresden. Es sind gekröpfte/gestelzte Joche. Ihre Form und Ausführung sind auf den vorstehenden Bildern gut zu erkennen. Die Firma Bierling war eine Kunst- und Glockengießerei, die 1848 in Dresden gegründet wurde und sich zuerst dem Rotguss und dem Guss von Bronzeplastiken widmete, dann von 1872 und bis 1923 auch Bronzeglocken goss.33 Darüber hinaus entwickelte Bierling das „System Bierling-Köppke“ bei dem freischwingende Glocken nicht an geraden Holz- oder Stahljochen aufgehängt wurden, sondern an gestelzten/gekröpften Glockenjochen oder sogenannten Glockentoren aus Gusseisen.34 Bierling goss seine eigenen Glocken mit Tellerkronen, passend zu den Glockentoren. Bei vorhandenen Glocken anderer Gießer wurden die Henkelkronen beseitigt.35 Die Fa. Otto goss ihre Glocken für diesen Auftrag extra mit Tellerkronen.

Durch die Aufhängung an verkröpften Jochen wird der Drehpunkt der Glocke von der Krone nach unten Richtung Glockenhals oder -flanke verlagert. Die Glocke schwingt nicht mehr frei, sondern kippt eher hin und her, wie der Münchener Glockensachverständige Gerald Fischer sagt. Hierdurch wird der Dopplereffekt des Glockenklanges, der der Musik der Glocken eine besondere Lebendigkeit verleiht, verringert. 36 Gekröpfte oder gestelzte Joche, bei denen auch anstelle des fliegenden Klöppels solche mit Gegengewicht verwendet werden, sind aber aus musikalischen Gründen abzulehnen, weil dies „schwere (negative) Einbußen bei Resonanz und Klangentfaltung“ zur Folge hat.37 Die neuen Glocken von Otto wurden angeschafft, weil die alten Glocken klanglich nicht zufriedenstellend waren. Warum aber wurden die neuen Glocken dann an gekröpften Jochen aufgehängt, wenn doch bekannt war, dass darunter der Klang und die Singfreudigkeit der Glocken zu leiden hat?

Zum Zeitpunkt der Anschaffung der neuen Glocken, wurden Glocken noch per Seilzug von Hand geläutet. Für größere und schwere Geläute brauchte man mehrköpfige Läutemannschaften, die regelmäßig, zuverlässig und kompetent die Glocken zu läuten verstan-

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